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Die Existenz des Bösen in einem Universum, das von einem vollkommenen Gott erschaffen wurde, ist ein Rätsel, mit dem sich die Philosophien und Religionen schon immer befasst haben. Indem sich Omraam Mikhael Aivanhov auf das Wesentliche der jüdisch-christlichen Tradition beruft, legt er vor allem Nachdruck auf die Tatsache, dass die wahren Antworten auf die Frage nach dem Bösen nicht in Erklärungen liegen, sondern in Methoden. Was auch immer der wahre Ursprung des Bösen sein mag, es ist eine innere und äußere Wirklichkeit, mit der wir täglich konfrontiert werden und mit der wir unzugehen lernen müssen. Es ist nutzlos und sogar gefährlich, das Böse bekämpfen zu wollen, denn der Kampf ist zu ungleich. Aber man sollte die Methoden kennen, mit denen man es meistern und umwandeln kann.
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Seitenzahl: 149
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Über den Autor
Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.
Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.
Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.
In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.
Kurzbeschreibung
Die Existenz des Bösen in einem Universum, das von einem vollkommenen Gott erschaffen wurde, ist ein Rätsel, mit dem sich die Philosophien und Religionen schon immer befasst haben. Omraam Mikhaël Aïvanhov betont, dass die wahren Antworten auf die Frage nach dem Bösen nicht in Erklärungen, sondern in Methoden liegen. Was auch immer der wahre Ursprung des Bösen sein mag, es ist eine innere und äußere Wirklichkeit, mit der wir täglich konfrontiert werden und mit der wir umzugehen lernen müssen. Es ist nutzlos und sogar gefährlich, das Böse bekämpfen zu wollen, denn der Kampf ist zu ungleich. Aber man sollte die Methoden kennen, mit denen man es meistern und umwandeln kann.
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Kurzbeschreibung
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Die beiden Bäume im Paradies
Kapitel 2: Das Gute und das Böse – zwei Kräfte, die das Rad des Lebens drehen
Kapitel 3: Jenseits von Gut und Böse
Kapitel 4: Das Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen
Kapitel 5: Die Philosophie der Einheit
Kapitel 6: Die drei großen Versuchungen
Kapitel 7: Die Frage der Unerwünschten
Kapitel 8: Über den Selbstmord
Kapitel 9: Das Böse durch Liebe und Licht besiegen
Kapitel 10: Sich spirituell stärken, um die Prüfungen zu überwinden
Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke
Vom selben Autor – Reihe Izvor
Vom selben Autor – Reihe Broschüren
Copyright
Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.
Kapitel 1: Die beiden Bäume im Paradies
Seit Jahrtausenden versuchen die Menschen, den Ursprung der Welt wie auch das Erscheinen des Bösen in dieser Welt und seine Folge, das Leid, zu verstehen. Sie haben diese Themen oft in Form von Mythen dargestellt, und darum finden sich in den heiligen Schriften aller Religionen symbolhafte Erzählungen, die man zu deuten wissen muss. Die christliche Tradition hat die Schöpfungsgeschichte von Moses übernommen, aber haben die Christen sie wirklich verstanden?
Schauen wir, was Moses schrieb. Am sechsten Schöpfungstag schuf Gott den Mann und die Frau und setzte sie in einen Garten namens Eden, inmitten von Tieren und Pflanzen aller Art. Zwei Bäume in diesem Garten hebt Moses besonders hervor: den Baum des Lebens und einen zweiten, der seitdem besonders berühmt wurde, den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Gott verbot Adam und Eva, von den Früchten dieses Baumes zu essen. Solange sie den Geboten des Herrn gehorchten, lebten sie in Glück und Überfluss. Doch dann kam die Schlange und überredete Eva, von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. Und Eva überredete Adam, auch davon zu kosten. Darauf vertrieb Gott sie aus dem Paradies. Wir werden gleich auf bestimmte Punkte dieser Geschichte näher eingehen.
Viele Menschen sind schon auf die Suche nach dem irdischen Paradies gegangen, weil sie glaubten, es müsse in Indien, Amerika oder Afrika liegen. Und natürlich haben sie es nicht gefunden. Das Paradies war sehr wohl auf der Erde, aber um welche Erde handelt es sich? Alles ist symbolisch, wie ihr sehen werdet. Aber es wird mir nicht möglich sein, alles zu erklären, weil diese Geschichte vom ersten Mann und der ersten Frau viel zu umfangreich ist. Zuerst werde ich euch jedoch etwas über die beiden Bäume sagen: den Baum des Lebens und vor allem über den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.
Adam und Eva lebten also im Paradies und durften von allen Früchten des Gartens essen, außer von den Früchten des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen. Aber ihr wisst nicht, was diese Frucht bedeutet: Sie ist das Symbol der Kräfte, die der erste Mann und die erste Frau noch nicht zu lenken, zu verwandeln und zu nutzen verstanden. Darum hatte Gott zu ihnen gesagt: »Es wird eine Zeit kommen, in der ihr von dieser Frucht essen könnt, aber im Moment seid ihr noch zu schwach. Wenn ihr sie esst und mit den in ihr enthaltenen Kräften in Berührung kommt, werdet ihr sterben.« Das hieße, sie würden ihren Bewusstseinszustand verändern. Diese Veränderung des Bewusstseinszustandes wird in der Genesis erwähnt, aber man hat diesen Hinweis nicht immer zu deuten gewusst. Von der Zeit, in der Adam und Eva glücklich im Paradies lebten, heißt es: »Sie waren beide nackt, der Mann und sein Weib, und schämten sich nicht.« Und später, als sie die verbotene Frucht gegessen hatten: »Da gingen beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.« Dieses plötzliche Bewusstsein ihrer Nacktheit beweist, dass sich etwas in ihnen verändert hatte.
Der Baum des Lebens stellt die Einheit des Lebens dar, in der sich die Polarisation noch nicht manifestiert, das heißt, wo es weder Gut noch Böse gibt, es ist ein Bereich über dem Guten und dem Bösen. Der andere Baum dagegen symbolisiert die Welt der Polarisation, in der man den Wechsel von Tag und Nacht, Freude und Leid usw. erleben muss. Die beiden Bäume sind also Regionen des Universums oder auch Bewusstseinszustände und nicht einfach Pflanzen. Und wenn Gott Adam und Eva verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, bedeutet dies, dass sie noch nicht in die Ebene der Polarisation eindringen sollten. Und warum nicht? Weil dieses Verbot eine Laune des Herrn war? Nein! War der Baum dann nutzlos? Nein, auch das nicht, denn Gott hat niemals etwas Nutzloses erschaffen. Die Idee eines Baumes, der Früchte trägt, die nie jemand essen kann und die keinem zugute kommen, widerspricht der göttlichen Weisheit, die nichts erschafft, was nicht auch nützlich ist.
Bestimmte Wesen aßen die Früchte vom Baum der Erkenntnis; doch sie konnten sie vertragen, Adam und Eva jedoch noch nicht. Denn die Früchte enthielten zusammenziehende Kräfte, unter deren Einfluss die feinstoffliche Materie ihrer Körper sich verfestigen und verdichten musste. Und genau das geschah. Deshalb spricht die Überlieferung von einem »Fall«. Dieser Ausdruck symbolisiert den Übergang von einer feinstofflichen in eine grobstoffliche Materie. Nachdem Adam und Eva von der verbotenen Frucht gegessen hatten, wurden sie schwer und plump, was die Worte ausdrücken: »Sie wurden gewahr, dass sie nackt waren.« Nackt waren sie auch vorher gewesen, aber sie sahen sich in Licht gekleidet. Nach ihrer Verfehlung fühlten sie sich jedoch plötzlich ihres Lichtkleides beraubt, sie schämten und verbargen sich.
Adam und Eva lebten weiter, nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gesessen hatten, aber für einen höheren Bewusstseinszustand waren sie gestorben: Sie wurden aus dem irdischen Paradies, dem Symbol dieses Bewusstseinszustandes, vertrieben. Und seitdem hütet ein mit einem Schwert bewaffneter Engel den Eingang. Adam und Eva wurden aus dem »irdischen« Paradies vertrieben; also waren sie schon auf der Erde. Was bedeutet es dann, dass sie nach dem Verlassen des Paradieses »auf die Erde« geschickt wurden? Um welche Erde handelt es sich? Die Kabbala lehrt, dass die Erde in sieben Formen existiert. Sie nennt ihre Namen, ihre charakteristischen Merkmale, die von den grobstofflichsten bis zu den feinstofflichsten reichen. Und gerade die feinstofflichste Ebene ist es, von der die Menschen vertrieben wurden. Was weiß man von der Erde? Nicht viel!
Der Einweihungswissenschaft zufolge hat die Erde ein ätherisches Doppel, das sie wie eine lichtvolle Atmosphäre umhüllt. Diese ätherische, feinstoffliche Erde ist die wahre, aus Gottes Händen hervorgegangene Erde, von der die Genesis spricht. Die wahre Erde ist nicht die erstarrte, verdichtete Erde, die wir hier berühren, sondern die ätherische. In diese Region, Paradies genannt, stellte Gott die ersten Menschen. Dort lebten sie mit dem strahlenden, lichten Körper, von dem ich eben sprach. Sie kannten weder Leid noch Krankheit noch Tod.
Und wisst ihr, dass es dieses Paradies immer noch gibt? Es nie aufgehört hat zu existieren? Obwohl man es nicht sieht, ist es überall, jedoch im feinstofflichen Bereich der Materie, denn die ätherische Ebene ist stofflich. Auch den Baum des ewigen Lebens gibt es noch im Paradies. Er steht für die Elemente, die die ersten Menschen aufnahmen, von denen sie sich nährten. Sie lebten in dieser ätherischen Substanz der Erde und nährten sich von ihr. Durch diese ätherische Substanz wurden Licht und Reinheit ihres Lebens aufrechterhalten. Ich erwähnte bereits, dass der Baum des Lebens kein Baum war, sondern ein Strom, ein von der Sonne ausgehender Strom. Die Menschen nährten sich von den Sonnenstrahlen, die diese Region durchströmen. Der Baum des Lebens ist die Sonne!
Und da der Mensch dieselbe Struktur wie in der fernen Vergangenheit seiner Erschaffung beibehalten hat, besitzt er noch die Fähigkeit in sich, erneut die Sonnenstrahlen aufzunehmen, wieder die Früchte vom Baum des Lebens zu essen, also in den Schoß Gottes zurückzukehren. Jede Religion hat ihre eigene Sprache, ihre eigene Ausdrucksweise, aber alle sprechen von der Wiedervereinigung mit Gott, von der Rückkehr zum Urgrund aller Dinge. Sie verwenden unterschiedliche Begriffe, aber sie sprechen alle von derselben Wirklichkeit.
Was ist nun der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse? Er stellt einen anderen Strom dar, der auch durch das Paradies zog. Und er ist es, der die Menschen mit der grobstofflichsten Form der Erde in Kontakt brachte. Gott hatte zu den ersten Menschen gesagt: »Begnügt euch damit, den Bereich des Lebensbaumes zu erforschen. Für euch ist die Zeit noch nicht gekommen, dieses Reich des Lichtes zu verlassen, um hinabzusteigen und die Wurzeln der Schöpfung zu ergründen. Lasst diese Frage im Moment beiseite, versucht nicht, alles auf einmal wissen zu wollen.« Da nun dieser zweite Baum auch existierte, konnte man ihn nicht einfach fällen, wie man auch einem Menschen den Darm oder die Leber usw. nicht einfach herausnehmen kann. Denn so wie das Universum, besteht auch der Mensch aus zwei Bereichen: einem höheren, der dem Baum des Lebens entspricht, und einem niederen, der durch den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse symbolisiert wird. In ihm befinden sich die Wurzeln der Dinge.
Die Früchte des Baumes der Erkenntnis hatten derart stark zusammenziehende Eigenschaften, dass die ersten Menschen ihnen nicht widerstehen konnten. Sie stellten die Strömung »coagula« dar, und der Herr wusste, dass sich durch den Kontakt mit ihr die Beschaffenheit des Bewusstseins von Adam und Eva sofort verändern würde. Und so geschah es. Bei der Berührung mit dieser zusammenziehenden Kraft verwandelte sich die Materie ihres Körpers und begann, fest, dicht, undurchsichtig und stumpf zu werden. Als Gott den ersten Menschen verbot, von diesen Früchten zu essen, das heißt diesen Strom zu erforschen, diese Kräfte der Natur zu erfahren, wollte Er sie vor Leid, Krankheit und Tod schützen – dem Tod des physischen Körpers natürlich und nicht dem Tod des Geistes – denn sie waren unsterblich erschaffen worden. Ihr lichtvolles Dasein war so jedoch gestorben, und sie erwachten zu einem anderen, finsteren und schweren Dasein. Sie mussten folglich dieses Reich verlassen, das Paradies, in dem sie in Unbeschwertheit, Licht und Freude lebten und in die niederen Schichten der Erde hinabsteigen, in denen wir heute leben. Denn wir sind jetzt auf dieser Erde, weil wir jene andere Erde, unsere ursprüngliche Heimat, verlassen haben.
Wer war nun diese Schlange, die Eva versuchte? Diese intelligente Schlange, die sprechen konnte und so überzeugende Worte fand? Die Schlange ist ein Symbol von sehr tiefer und umfassender Bedeutung, das in allen Religionen zu finden ist. Alle Eingeweihten haben sich zu allen Zeiten mit der Schlange beschäftigt, auch wenn sie nicht offen davon sprechen wollten. Dieses Symbol der Schlange repräsentiert scheinbar sehr unterschiedliche Wirklichkeiten: die Kundalinikraft, das Böse, den Teufel oder auch die magische Kraft, die die Dinge vom Himmel zur Erde und von der Erde zum Himmel leitet.
Die Eingeweihten halten die Schlange nicht für das absolute Symbol des Bösen. Sie unterscheiden einen niederen, stumpfen und dunklen Teil an ihr und einen höheren, lichtvollen. Für sie ist die Schlange das magische Agens, das sowohl das Gute als auch das Böse weiterleitet, das »Astrallicht«, wie Eliphas Lévi es nennt, das auf seinem Weg schädliche Wirkungen auslöst, wenn es unreine Elemente enthält. Wenn es aber mit den lichtvollen Gedanken der Heiligen und Propheten getränkt ist, leitet es diese bis zum Thron Gottes. Die Schlange ist also in ihrer höheren Hälfte lichtvoll und dunkel in ihrer niederen Hälfte. Im Sohar, dem »Buch des strahlenden Glanzes«, findet man ein Bild, das einen weißen lichten Kopf darstellt, der sich im Abgrund, im See der dichten Materie, als schwarzer, entsetzlicher Kopf widerspiegelt. Es ist der Schatten Gottes... Doch diese Dinge möchte ich für später zurückstellen, wenn ihr für ihr Verständnis besser vorbereitet seid. Die Schlange (oder der Drache) ist also ein Symbol dieses magischen Agens, welches das ganze Universum bis zu den Sternen durchdringt und sowohl gute als auch schlechte Ausstrahlungen weiterleitet.
Wenn ihr die Tarotkarten kennt, wisst ihr, dass die 15. Karte den Teufel darstellt. Stanislas de Guaita1 hat die Tiefe dieses Arcanums verstanden, denn er beschreibt auch ein Bild, das in der oberen Hälfte das strahlende, lichtvolle Antlitz eines siegreichen, allmächtigen Eingeweihten zeigt und in der unteren Hälfte wie ein Zerrbild das erschreckende, fratzenhafte, zornige Gesicht eines gefallenen Wesens: das Bild des Teufels. Beide zusammen bilden ein und dieselbe Wirklichkeit. Diese kann auch durch zwei Dreiecke dargestellt werden, die aber nicht wie beim Siegel Salomons F ineinander greifen, sondern in Bezug auf ihre Basis symmetrisch sind. Diese Figur bedeutet, dass der Teufel und das lichtvolle magische Agens dieselbe Wirklichkeit darstellen, jedoch in verschiedenen Regionen. Es ist wie beim Menschen: Seine niedere Seite ist schmutzig und abstoßend, seine höhere dagegen schön, himmlisch und göttlich. Alles hängt also davon ab, mit welchen Kräften er arbeitet, in welcher Region sich sein Bewusstsein befindet und mit welchen Elementen er umgeht und in Berührung kommt.
Die Schlange der Genesis stellt also einen von der Erde aufsteigenden Strom dar, der sehr hohe Regionen erreicht. In den Höhen ist er rein und lichtvoll, in den niederen Regionen dagegen matt und abstoßend. Auf jeden Fall befand er sich im Garten des Paradieses, denn das war auch sein Bereich. Eva ging dort spazieren. Da sie sehr neugierig war, wollte sie wissen, was dieser Baum der Erkenntnis von Gut und Böse eigentlich war. Sie prüfte ihn von weitem, um sich eine erste Vorstellung davon zu machen. Aber die Neugierde plagte sie, und so ging sie immer näher heran. Je länger sie ihn jedoch betrachtete, desto empfänglicher wurde sie für die Stimme der Schlange, das heißt für den irdischen Strom, die ihr klug zuredete: »Siehst du, du weißt nicht alles. Du musst noch zu uns kommen und lernen, denn wir besitzen ein großes Wissen.«
Diese Schlange war übrigens nicht ein Einzelwesen, sondern eine Schar von Geschöpfen, die Gott lange vor den Menschen erschaffen hatte – eine Generation von Engeln, Erzengeln und Gottheiten, von Gott beauftragt, in den Tiefen der Erde an Metallen, Kristallen, dem Feuer usw. zu arbeiten, alle unterirdischen Schätze vorzubereiten, und um nach getaner Arbeit wieder zu Ihm zurückzukehren. Ja, so sagt es die Überlieferung, nicht ich. Ich füge nur von Zeit zu Zeit ein paar kleine Ausschmückungen hinzu, ein paar Unterhaltungen, um die Erzählung lebendiger zu machen, aber ich erfinde nichts. Die Überlieferung bestätigt also, dass Gott Lichtwesen, eine ganze Hierarchie von Engeln und Erzengeln erschaffen hatte, die nach Erfüllung ihres Auftrages wieder in den Schoß des Ewigen zurückkehren sollten. Aber da sie frei waren, wollten einige, beeinflusst von diesem Leben da unten nicht mehr zurückkehren, und das war der Aufstand der Engel. Sie haben nicht oben im Himmel revoltiert, sondern als sie weit von Gott entfernt waren.
Der Schöpfer wollte sie jedoch nicht mit Tod oder Vernichtung strafen. Er sagte zu ihnen: »Bleibt dort unten; ihr werdet viel lernen, und wenn ihr genug habt vom Leben in Finsternis und Begrenzung, kommt zurück. Ich werde euch wieder aufnehmen.« Ja, sogar den gefallenen Wesen gab er die Möglichkeit, zu Ihm zurückzukehren. Seht ihr, so ist die Liebe Gottes. Wenn Gott Liebe ist, wie könnte er die Schuldigen, die zu Ihm zurückkehren wollen, für immer abweisen? Nein, das wäre Grausamkeit, das ist nicht möglich. Da Er die absolute Liebe ist, werden selbst die Dämonen zu Ihm zurückkehren können. Denn man darf nicht glauben, dass sie in dieser Situation glücklich sind. Nein, sie leiden; aber ihr Hochmut hindert sie daran, zu Gott zurückzukehren. Die Tür bleibt für sie jedoch offen, und wenn sie bereuen und aufhören, den Menschen zu schaden, werden sie den verlorenen Platz wieder einnehmen, und Luzifer wird wieder der Erzengel des Lichts werden.
Eine Überlieferung berichtet, dass in dem Moment, als Luzifer mit den aufständischen Engeln in den Abgrund gestürzt wurde, ein Stein aus seiner Krone fiel, ein riesengroßer Smaragd. Und aus diesem Smaragd soll der Heilige Gral geformt worden sein, der Kelch, in dem das Blut Christi aufgefangen wurde. Ja, welche Verbindungen bestehen zwischen Luzifer und Christus? Was haben sie miteinander zu tun...?