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Die Ausbildung der Ausbilder ist eine recht kleine, aber anspruchsvolle Fortbildung. Sie ermöglicht die Übernahme der innerbetrieblichen Verantwortung für die Auszubildenden und stellt einen wesentlichen Teil der geforderten Eignungen dar. Darüber hinaus benötigen alle Dozierenden für geförderte Bildungsmaßnahmen mindestens diese Fortbildungsprüfung, um unterrichten zu dürfen. Diese Prüfung ist eine in der Wirtschaft hoch geschätzte Qualifikation und obligatorischer Teil jeder Meister/innen-Prüfung. Wir versuchen Ihnen die Grundlagen der Didaktik und Methodik in lesbarer Sprache und mit praktischen Beispielen umfangreich und verständlich zu vermitteln, wie wir das tausendfach in Seminaren präsent und digital schon getan haben und jeden Tag tun. Gutes Gelingen!
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Seitenzahl: 176
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ist aufgeteilt in 4 Handlungsfelder. Alle Handlungsfelder sind Teil der AEVO-Prüfung und wir werden sie behandeln. All dieses Wissen ist VII. Ihre Grundlage für eine gute Prüfung und Ausbildung. Dieses Buch ist frisch überarbeitet nach dem DIHK-Rahmenplan von 6.2023.
Handlungsfeld 1: „Ausbildungsvoraussetzungen prüfen und Ausbildung planen“, (§ 2 AEVO) beinhaltet den Nutzen von Ausbildung zu kennen, den betrieblichen Bedarf zu planen, das Bildungssystem zu kennen, passende Berufe auswählen zu können, Eignungen zu klären und Mitwirkende in ihre Funktionen einzubinden (s. § 3 AEVO).
Das finden Sie in diesem Werk in Kap. III.
Handlungsfeld 2: „Ausbildung vorbereiten und bei der Einstellung von Auszubildenden mitwirken“, (§ 2 AEVO) beinhaltet die Erstellung innerbetrieblicher Pläne, Kooperationen mit Berufsschule und Betriebsrat, die Wahl der Lernorte und ggf. Kooperationen mit externen Lernorten, die Einstellung von Auszubildenden und die Vertragserstellung (s. § 3 AEVO).
Das finden Sie in diesem Werk in Kap. IV und V.
Handlungsfeld 3: „Ausbildung durchführen“ (§ 2 AEVO) beinhaltet die Themen Lernen, Lehren und Methodik, Planung von Ausbildungseinheiten, Planung und Durchführung der Probezeit, Umgang und Gesprächsführung mit Auszubildenden vor dem Hintergrund von interkulturellen und sozialisationsbedingten Besonderheiten sowie die Leistungsbeurteilung und Bewertung (s. § 3 AEVO).
Das finden Sie in diesem Werk in Kap. I und II, teilweise in Kap. V.
Handlungsfeld 4: „Ausbildung abschließen“ (§ 2 AEVO) beinhaltet die Vorbereitung der Auszubildenden auf Prüfungen, das Prüfungswesen, Zeugniserstellung und die Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung nach der Ausbildung (s. § 3 AEVO).
Das finden Sie in diesem Werk in Kap. VI.
Herzlich willkommen und schön, dass Sie mit diesem Werk arbeiten.
Anders als in der AEVO (Ausbilder-Eignungs-Verordnung) und damit in vielen Büchern, starten wir mit den sogenannten Handlungsfeld 3 aus dem Rahmenplan der AEVO und damit mit dem Kern Ihrer AEVO-Prüfung.
Wir haben dieses Buch mit langen Jahren Erfahrung und tausenden von Teilnehmern/innen in Vorbereitungslehrgängen auf die arbeitspädagogische Prüfung nach AEVO verfasst. Diese Reihenfolge ist für uns alle von großem Vorteil:
Es geht gleich in die Vollen. Damit können wir schnellstmöglich wichtige Teile Ihrer Prüfung angehen und vorbereiten.
Schon sind wir mittendrin. Stoffaufbereitung und Reihenfolgen von Themen festlegen gehören ebenfalls zu unseren – Ihren – Aufgaben und Themen:
Lernen, Lehren und damit Didaktik und Methodik.
Wir haben es mit diesem Buch und in unseren Kursen getan: die Abfolge und Rahmenbedingungen von Ausbildung und Ausbildungseinheiten überdenken und Sinn finden, planen, strukturieren, ausprobieren und so lange ändern, bis ein optimales Ergebnis herauskommt. Und das sollen Sie später auch tun.
Nicht alles, was andere tun oder was immer schon so war, erfüllt diese Kriterien.
Dieses Buch beinhaltet keine Gesetzestexte!
Bitte besorgen Sie sich die notwendigen Gesetze (aus dem Internet).
Sie benötigen die aktuellen Fassungen von:
BBiG – Berufsbildungsgesetz
JArbSchG – Jugendarbeitsschutzgesetz
die Ausbildungsverordnung des Berufes, den Sie ausbilden wollen
AEVO – Ausbildereignungsverordnung
BetrVG – Betriebsverfassungsgesetz
Wir empfehlen das Werk des BMBF: „Ausbildung und Beruf“ als Download oder Druckexemplar. Diese Broschüre beinhaltet nicht nur das BBiG und das JArbSchG, sondern hat noch jede Menge gute Infos für Sie: jetzt, die AEVO-Prüfung und später; aber auch für VII. Ihre Auszubildenden.
I. Didaktik… und der Anfang
I.1 WEM
I.1.1. Lernen
I.1.2. Gruppen
I.2 WER
I.3 WOHIN
I.3.1. Ziele formulieren
I.3.2. Lernziel-Taxonomie
I.4 WAS
I.5 WIE
I.6 WOMIT
I.7 WO
I.8 WANN UND WIE LANGE
II. Methodik
II. 1. Lehre der Lehrverfahren
II.2. Ausbilder/innen-konzentrierte Methoden
II.2.1. Die 4-Stufen-Methode
II.2.2. Einarbeitungsmethode
II.2.3. Praktische Anleitung über Arbeitsblätter
II.2.4. Anleitung bei Bedarf
II. 3. Ausbilder/innenkonzentrierte gruppenorientierte Methoden
II.3.1. Lehrgespräch
II.3.2. Rollenspiel
II. 4. Auszubildenden-konzentrierte Methoden
II.4.1. Leittextmethode
II.4.2. Projektmethode
II.4.3. Fallmethode
II.4.4. Präsentation
II. 5. E-Learning
II. 6. Sonstige Methoden
II.6.1. Brainstorming
II.6.2. Moderation
II.6.3. LidA – Lernen in der Arbeit
II. 7. Lernerfolgskontrollen
II. 8. Nachbereitung von Ausbildungseinheiten
III. Wie Ausbildung im Betrieb anfängt
III.1. Das BBiG als Grundlage für Ausbildung
III.2. Ausbilden? Wer hat etwas davon?
III.3. Kosten/Nutzen der Ausbildung
III.4. Das schulische Bildungssystem
III.4.1. Die allgemeinbildenden Schulen
III.4.2. Varianten der Schullaufbahnen
III.4.3. Kreuz und Quer
III.4.4. Anrechnungsmöglichkeiten auf die Ausbildungsdauer
III.5. Ausbildungsverordnungen
III.6. Ziele, Pläne, Gesetzliche Grundlagen
III.6.1. Wiederholung
III.6.2. Der Betriebsrat
III.6.3. Jugend-Arbeits-Schutz-Gesetz (JArbSchG)
III.6.4. Sonstige Gesetze/rechtliche Grundlagen
IV. Vorbereitung/Organisation der Ausbildung
IV.1. Vorüberlegungen abschließen
IV.2. Ausbildungsplanung
IV.3. Bewerbungsverfahren
IV.3.1. Profil erstellen
IV.3.2. Werbemaßnahmen einläuten
IV.3.3. Bewerbungsschreiben auswerten
IV.3.4. Auswahlverfahren
IV.4. Vertragsabschluss
IV.5. Eintragung, Anmeldungen
V. Los geht´s! Ausbilden!
V.1. Der erste Tag
V.2. Anmelden bei den Sozialversicherungen
V.3. Probezeit und Onboarding
V.4. Ausbildung
V.4.1. Gespräche
V.4.2. Konflikte
V.4.3. Integration
V.4.4. Probleme der Auszubildenden
V.4.5. Schulprobleme
V.5. Bewertungen
V.5.1. Bewertungen und Beurteilungen
V.5.2. Zeitpunkte für Bewertungen
V.5.3. Beurteilungsfehler
VI. Prüfungen und Ende der Ausbildung
VI. 1. Erster Prüfstein in der Mitte der Ausbildung
VI. 2. Ende der Ausbildung, Vertragsbeendigung
VI. 3. Sanktionskette
VI. 4. Der Abschluss
VI. 5. Verlängerungen
VI. 6. Prüfungsausschüsse
VI. 7. Zeugnisse
VI. 8. Beratung für die Zeit nach der Ausbildung
VII. Ihre AEVO-Prüfung
Es geht um die Wissenschaft des Lernens und Lehrens, des Unterrichtens, die Theorie der Bildungsinhalte, ihrer Struktur und Auswahl bzw. der Lehr- und Lernziele und der ihnen zuzuordnenden Lehr- und Lerninhalte und -aufgaben, aber auch die Theorie der Steuerung von Lernprozessen.
Dafür und nachfolgend auch für die konkrete Planung von Ausbildungseinheiten helfen die
8-W-Fragen.
Diese W´s werden uns durch die kommenden Kapitel führen.
Die Beantwortung der WEM-Frage ist auch unter dem Begriff „Adressatenanalyse“ bekannt. Je mehr wir über die Adressaten wissen, umso passender wird die Planung aller weiteren W´s ausfallen. Wie fit, selbstständig und denkfähig und -freudig sind die Auszubildenden. Vorkenntnisse, Vorlieben, Lerntypen, Charaktereigenschaften, Probleme: zeitlich begrenzt (schlecht geschlafen, Pubertät, verliebt) bis chronisch (Lern- oder Leistungsstörungen wie Legasthenie, AD(H)S, Medikamenteneinnahmen) sind wesentliche, bestimmende Informationen. Schauen wir genauer hin:
Entwicklungsstufen
Die Wissenschaft kennt dazu viele Antworten – uns reicht eine. Wir können uns vorstellen, dass jede Person als Baby auf die Welt gekommen ist und über Kleinkind und Schulkind in eine schwierige Phase, die Pubertät, eingetreten ist. Dabei entwickeln sich Körper, Geist, soziales Verhalten, Moral, Denken usw. Nach der Pubertät kommt das Erwachsen werden, die Adoleszenz, bevor wir mit beiden Beinen im Leben stehen und Tag für Tag weiter abbauen. Oft bekommen wir als Auszubildende vielleicht noch Rest-Pubertierende oder junge Menschen in der Adoleszenz. Wir alle haben das durch. Beide Phasen sind für alle Beteiligten herausfordernd.
Sozialisation, Sozialisationsorte
Ganz entscheidend für die Entwicklung der sozialen Fähigkeiten ist die Sozialisation, also das Lernen durch die Umwelt zur Anpassung an die Umwelt. Dieses Lernen im sozialen Umfeld findet z. B. in der Familie, im Kindergarten, in der Schule und im Freundeskreis statt. Uns prägen auch Vereine, das Wohnumfeld, die Medien, religiöse Gemeinschaften oder der Arbeitsplatz. Das passiert überall und lebenslänglich. Je mehr Sie über die Sozialisation einer Person wissen, umso mehr werden Sie diese Person verstehen, sich in ihre Welt hineinversetzen können. Nur dann können Sie mit Verständnis, Wertschätzung und passender Förderung reagieren. Und wir können uns leicht vorstellen, wie verschieden die Sozialisation ausfallen kann – und damit haben wir sehr verschiedene Menschen vor uns. Diversität und Heterogenität sind die Schlagworte unserer Zeit.
Wir alle lernen, seit der Geburt und schon davor. Wir lernen jeden Tag unseres Lebens und seit Jahrzehnten postulieren alle Regierungen das „lebenslange Lernen“ als wesentliche Aufgabe der Staaten und letztendlich der Bevölkerungen, also wieder uns.
Oft ist das Lernen sehr bewusst und offensichtlich (intentional) – jetzt z. B. oder in der Schule. In diesem Fall ist es von anderer oder eigener Seite gesteuert. Das meiste Lernen im Alltag passiert jedoch unbewusst und wohl sehr oft ungesteuert (funktional).
Was ist Lernen?
Die Welt ist sich recht einig: Lernen bewirkt eine Veränderung.
Kurzfristige Veränderungen passieren sicher im Gehirn; da schauen wir gleich mal genauer hin. Langfristige Veränderungen können im Gehirn, und dann auch oft im Verhalten wiedergefunden werden. Lernen macht uns fähig, uns anzupassen und auf äußere Veränderungen zu reagieren. Lernen zeichnet uns Menschen aus, denn fast nur auf diesem Gebiet sind wir insgesamt befähigter als der Rest der Welt (Tiere und Pflanzen) … soweit wir heute wissen.
Hirn (Hirn- oder Gedächtnisinstanzen)
Eine kleine Einführung in die Arbeitsweise der grauen Zellen.
Unsere Aufnahmekapazität ist leider sehr begrenzt: Derzeit wird davon ausgegangen, dass fünf +/- zwei Informationen (Chunks: vorstellbare Datenmenge eines Chunks sind kurze Wörter oder ca. 4-stellige Zahlen) gleichzeitig aufgenommen werden können. Das ist nur ein winziger Teil von dem, was um uns herum stattfindet. Um überhaupt etwas mitzubekommen, muss die Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet werden – wie eine kleine Taschenlampe im dunklen Wald.
Wenn das klappt, kommt eine Info im Gehirn an und wird verarbeitet, also gespeichert. Alle Infos laufen ins Ultrakurzzeitgedächtnis oder sensorisches Gedächtnis. Hier wird entschieden, ob sich das Gehirn die Arbeit macht, sich näher mit der Info zu beschäftigen oder sie gleich wieder hinauswirft. Aufräumen und wegschmeißen kann unser Gehirn extrem gut. Wir reden hierbei von einer Zeitspanne von Sekundenbruchteilen. (Beispiele: Haben Sie schon einmal auf eine Uhr geschaut und dann wussten Sie sofort danach trotzdem nicht mehr, welche Uhrzeit Sie gerade abgelesen haben? Sie stehen auf, um etwas zu holen und haben dann vergessen, was Sie tun wollten?)
Sollten Sie, besser gesagt Ihr Gehirn, eine Info als wirklich wichtig einstufen, gelangt das Wissen in eine Art Arbeitsspeicher, das Kurzzeitgedächtnis. Ja, auch aus dem Kurzzeitgedächtnis werden alle Infos gerne wieder entfernt, weil hier die Kapazität sehr begrenzt ist. Die Bearbeitungszeit und Abrufbarkeit liegen bei einigen Sekunden bis Minuten – gut, weil wir sonst den Sinn von Sätzen nicht verstehen können: Anfang vergessen, wenn Mitte kommt.
Alles, was länger als Sekunden oder Minuten behalten werden soll, muss fest eingelagert, also dauerhaft gespeichert werden. Dazu sind Bautätigkeiten notwendig inklusive Bildung von neuen Nervenwegen und Synapsen. Sie haben Ihrem Hirn bewiesen, dass Sie diese Info dauerhaft benötigen, dann macht es sich halt die Arbeit. Das ist das sogenannte Langzeitgedächtnis mit verschiedenen Speichern, auf die wir hier nicht im Einzelnen eingehen müssen, und beinahe unbegrenzter Kapazität.
Heute glaubt die Forschung, dass die hier gelagerten Informationen nur sehr schwer wieder entfernt oder umgebaut werden. Macht nichts, Platz ist ja kein Problem. Die Schwierigkeit ist nicht, dass die Information nicht da ist, sondern, dass wir sie nicht wiederfinden können. Die Info liegt rum, aber die Güte der Wege dahin ist abhängig davon, wie oft wir diese Wege laufen. Manche Wege sind super schnelle Autobahnen (täglich benötigtes Wissen). Manche Wege sind eher Schleichwege und nicht selten wachsen die Wege auch völlig zu. Hier ist das Problem, dass das Erinnern, das Abrufen einer gespeicherten Info nicht mehr klappt. Auch ähnliches oder neues Wissen kann die Suche stören und die alten Wege vergessen lassen.
Tipp: Dagegen hilft Gehirn-Jogging: Sie laufen sich die Wege frei und festigen die Vernetzung.
Für das Lernen heißt das: Fokus, also eine gerichtete Aufmerksamkeit ist nötig, Wichtigkeit hilft ins Kurzzeitgedächtnis und ins Langzeitgedächtnis, doch ohne Wiederholungen war alles für die Katz! Nur Wiederholungen bringen das Wissen in den Abruf, die Erinnerung. Nur das Wissen, welches wir aktiv nutzen können, lässt uns besser handeln.
Lernmethoden
Wir alle kennen ein paar Lernmethoden, also Werkzeuge, die wir anwenden, um zu lernen. Lesen und markieren, Zusammenfassungen schreiben, mit anderen darüber reden, Karteikarten (dafür gibt es schöne Apps: s. Flashcards), Eselsbrücken, verbildlichen (Diagramme erstellen), Mind-Maps, ABC-Listen, Lerntagebücher schreiben, Videos schauen oder Audio-Inhalte (s. a. Lerntypen) anhören, auch hier hält die digitale Welt einiges vor: Lern-Apps gibt es mit und ohne passende Inhalte. Je hochwertiger das Lernen, je tiefer die Verarbeitung, umso besser. Nur in der Schule war auswendig lernen für die nächste Klassenarbeit ok – im echten Leben wollen wir das Wissen nicht wieder verlieren, wollen verstehen, anwenden … Je besser die Lernmethoden zu Ihrem bevorzugten Lernstil passen, umso leichter und schneller werden Sie erfolgreich lernen. Deswegen lohnt sich auch hier die genaue Analyse der Auszubildenden und die meisten kennen kaum Lernmethoden. Die dürfen Sie gerne beibringen und unterstützen.
Lernstile nach Wahrnehmung
„Da draußen“ gibt es ständig unzählige Informationen. Die müssen wir wahrnehmen, aufnehmen und verarbeiten können. Dazu benötigen wir (wie ein Handy) entsprechende Schnittstellen: Unsere Kameras heißen Augen, unsere Mikros Ohren. Auch wir haben eine berührungsempfindliche Oberfläche. Ja, es geht um unsere Sinne, auch Wahrnehmungskanäle genannt. Diese sind nötig, um Infos aufzunehmen und zur Verarbeitung weiterzugeben.
olfaktorisch
riechen
gustatorisch
schmecken
und den Lagesinn gibt es auch, der wird für Lernen sehr selten gebraucht.
Aber wir lernen nicht alle gleich. Jedes Gehirn mag eine andere Mischung von Wahrnehmungen, um gut zu lernen. Deshalb reden wir hier auch über Lerntypen. Dazu existieren tolle Tests und Apps.
Je nachdem, welcher Kanal besonders gut anspricht, funktionieren andere Lernmethoden. Z. B. lernen die meisten Menschen ganz gut visuell. Passende Lernmittel sind dann Bücher und Bilder. Passende Lernmethoden sind z. B. Zusammenfassungen schreiben, Mind-Maps oder Karteikarten erstellen. Speziell auditiv veranlagte Menschen lernen gut über das Hören. Für sie sind Bücher oft furchtbar, weil sie versuchen, über stummes Lesen den Inhalt zu erfassen. Das klappt oft nicht so gut. Sich etwas laut vorzulesen, dieses gleichzeitig aufzunehmen und ab dem zweiten Mal nur noch mit MP3-Aufnahmen (auf dem Weg zur Arbeit im Auto) zu lernen, funktioniert hier meist viel besser. Haptisch Veranlagte müssen sich bewegen. Laufen Sie gerne beim Telefonieren? Malen Sie irgendetwas, wenn Sie versuchen, sich zu konzentrieren? Warum sollten Sie dann versuchen, bewegungslos am Schreibtisch zu lernen? Gehen Sie Laufen, bewegen Sie sich, verbinden Sie Lernen mit Bewegungsabläufen.
Lernstile nach Verarbeitungstyp
Entdeckende (Divergierende) wollen echte Erfahrungen machen und beobachten, reflektieren, denken drüber nach, können sich Dinge gut vorstellen und sind breit gefächert interessiert und neugierig.Praktiker/innen (Akkomodierende) sind in Sachen Praxis den Entdeckenden ähnlich, aber statt des Reflektierens und Denkens probieren sie lieber alles aus – Versuch und Irrtum ist ihre Devise.Entscheider/innen (Konvergierende) sind die, die Theorie und Fachliches schätzen und am praktischen Experiment prüfen. Dadurch sind sie auch Macher/innen.Denkende (Assimilierende) haben mit der Praxis am wenigsten zu tun. Sie lieben Theorien und erstellen abstrakte Modelle.
Sind Sie eher Entdeckende, ist jede Form von Zusammenhängen reflektieren an der realen Welt, surfen im Internet oder reden mit anderen sicher gut. Sie überlegen mehr als die Praktiker/innen – die lieben zwar auch die echte oder virtuelle Welt, wollen dann aber weniger denken, sondern ausprobieren. Hier ist das echte Leben oder die Simulation perfekt. Als Denkende oder Entscheider/in benötigen Sie erst die Theorie, lesen Bücher, überdenken oder erstellen eigene Modelle und Zusammenhänge, bevor Sie in die Praxis starten. Ihren Verarbeitungstyp zu kennen ist eine hilfreiche Info, um zu wissen, an welcher Stelle Sie anfangen sollten.
Lernbereiche
Wo geht das Wissen hin, wenn es einmal drinnen ist?
Nun, das ist eine eher philosophische Frage und im übertragenen Sinn zu sehen. Schon damals hat Pestalozzi (einer von denen, die sich wirklich mit Lernen und Lehren auskannten) vom „ganzheitlichen Lernen“ mit Kopf, Herz und Hand gesprochen.
Es gibt den Lernbereich des kognitiven Lernens, der sich um Zahlen, Daten und Fakten kümmert. Diesen haben Sie gerade voll in Beschlag mit dem Lesen dieses Kapitels.
Aber Lernen findet nicht nur mit dem Kopf statt, sondern auch mit dem „Herzen“. Hier geht es um emotionales Lernen, um moralisches Verhalten und Setzen von ethischen Normen, um den Umgang mit anderen Menschen. Das ist der affektive Lernbereich. Was ist mein moralischer Anspruch an mich selbst?
Und zuletzt ist der psychomotorische Lernbereich zuständig für alle Bewegungsabläufe, Handgriffe und Fertigkeiten. (Beispiele: Haben Sie einen klaren, immer wiederholten Ablauf, in welcher Reihenfolge Sie duschen? Mit welchem Arm gehen Sie als erstes in die Jacke? Hat sich Ihr Autofahren von der ersten Fahrstunde bis heute verändert? Wissen Sie manchmal nicht, was auf den letzten Kilometern der Autofahrt so passiert ist, weil Sie den „internen Autopiloten“ angeschaltet hatten? Haben Sie schon einmal versucht, so etwas jemand anderem beizubringen?)
Alles, absolut alles Lernen findet in allen Lernbereichen statt. In welchem Maß welcher Lernbereich angesprochen wird, ist bei unterschiedlichen Themen sehr verschieden. Beispiel: Der/die Auszubildende soll Daten in den PC eintragen. Das Tippen ist psychomotorisch; zu wissen, welche Daten in der Software wohin gehören, ist kognitiv. Einzusehen, wie wichtig es ist, dass die Daten korrekt eingetragen werden, ist affektiv.
Art des Lernens
Was ist der Lernmechanismus, wie funktioniert das Lernen? Vorab: ja, ohne Wiederholungen können Sie wahrscheinlich nichts erinnern, aber wir unterscheiden üblicherweise das Speichern (Lernen) und das Wiederholen (Abrufe üben) voneinander. Deshalb gilt Wiederholen meist nicht als Lernart.
Wenn wir uns im Alltag ansehen, wodurch gelernt wird, fallen uns als Erstes Kinder ein, die durch abgucken lernen: das sogenannte Lernen am Modell. Mit dieser Form des Lernens hören wir niemals auf. Handwerker kennen das als „Klauen mit den Augen“. Aber nicht jeder Lernbereich kann auf diese Weise gleich gut angesprochen werden. „Abgucken“, also sehen, können wir nur psychomotorische Handlungsabläufe und affektive Anteile, die Form des Verhaltens z. B. Kunden gegenüber oder besonders ausgeprägte Sorgfalt (Lernen am Vorbild). Was im Kopf anderer Leute passiert, können wir nicht sehen. Also sind kognitive Inhalte auf diese Weise weniger gut zu lernen. Das Wort „Nachmachen“ ist eher auf psychomotorisches Kopieren ausgerichtet,
„Nachahmen“ zielt auf alle sichtbaren Informationen, auch Verhalten o. Ä. einer anderen Person, die ins eigene Verhalten übernommen werden können.
Noch eingeschränkter ist das Lernen durch Einsicht. Einsicht als Wort bezieht sich überwiegend auf den affektiven Lernbereich. Es geht darum, sein Verhalten als falsch zu bewerten und eigene neue Normen zu setzen. Manchmal geschieht das über Schmerzen, wie beim Berühren der heißen Herdplatte. (Dabei geht es nicht um die Herdplatte, sondern darum, den Warnungen der Eltern zu glauben.) Es ist die schnellste Art, negatives Verhalten zu verändern, aber nicht leicht zu erzeugen. Manche beziehen hier auch kognitives Lernen mit ein – das ist wenig wahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Die Prozesse kognitiven Lernens entsprechen eher dem instrumentellen oder operanten Lernen.
Für die Ausbildung eher ungeeignet ist die sogenannte klassische Konditionierung. Herr Pawlow hat damals erforscht, dass ein körperlicher Reflex, der von Natur aus auftritt, gekoppelt werden kann mit einem anderen Signal. Er fand bei Experimenten an Hunden heraus, dass die Tiere nicht erst mit der Gabe von Futter mit Speichelfluss reagierten, sondern schon auf den Klang der Schritte vom Pfleger. Das hat er dann vertieft: mit Licht und Glöckchen statt Schritten wiederholt und einen Nobelpreis dafür bekommen.
Im Alltag kennen Sie vielleicht, dass Sie zucken, wenn ein Handy oder Telefon mit Ihrem Klingelton zu hören ist, auch wenn Sie wissen, es ist nicht Ihres. Wäre es möglich, dass Ihr/e Auszubildende/r mit kurzem Hüpfen reagiert, wenn Kunden den Laden betreten? Ja, das könnten Sie mit leichten Stromschlägen klassisch konditionieren. Aber ob das moralisch ok ist? Hilfreich für die Ausbildung ist es sicher nicht.
Für fast alles rund um Ausbildung und für alle Lernbereiche ist die operante Konditionierung eine gute Option, das Lernen am Erfolg. Folgt auf ein Verhalten – bewusst oder unbewusst gezeigt – eine Bestärkung, ist das ein guter Grund, das nächste Mal wieder dieses Verhalten zu zeigen. Für Menschen (auch Tiere), die nicht so genau wissen, was Sie tun, funktioniert der Erfolg durch Belohnung oder Bestätigung von außen. Wissen wir, was wir tun, können wir unsere Erfolge selbst erkennen und uns auf die eigene Schulter klopfen. Dieser Erfolg kann auch durch Ausprobieren entstehen (instrumentelles Lernen). Erfolg lässt uns überleben, auch als Spezies. Also hat diese Lernart eine tief verankerte evolutionäre Funktion.
Das instrumentelle Lernen, das Lernen durch Versuch und Irrtum oder „learning by doing“, ist eine Unterart des operanten Lernens. Wir probieren Verhalten so lange aus, bis es klappt, also das erwünschte Resultat hat. Wir setzen ein Verhalten bewusst als Instrument für die gewünschten Folgen ein. Das funktioniert für alle Lernbereiche. Dabei ist diese Art des Lernens von einer Eigenschaft stark abhängig: der Geduld. Einige Menschen besitzen unendlich viel davon. Die freuen sich über diese Art des Lernens. Je schwieriger, desto besser. Aber viele Menschen bringen so viel Geduld eben nicht auf und werden schnell frustriert. Diese Art des Lernens kann zu Lernabbruch durch Frust führen, besonders bei jugendlichen Lernenden. So hochwertig diese Form des Lernens ist, so wenig effektiv ist sie, wenn es schon Lösungen gibt. Ist es nicht auch gemein, wenn alle in der Abteilung wissen, wie etwas geht, und Sie wünschen, dass die Auszubildenden es selbst herausfinden? Auf der anderen Seite lernen junge Menschen heute weniger denn je, mit Misserfolgen und Frustration umzugehen. Hier gäbe es ein wichtiges Förderpotenzial, was wiederum für diese Lernart spricht. Viele Menschen glauben, aus Fehlern lernen wäre immer garantiert, aber wir alle kennen Menschen, die aus ihren Fehlern nicht lernen können. Denken Sie mal drüber nach.
Wir/Sie werden als Ausbilder/in, je nach Gewichtung der Lernbereichsanteile, eine passende Art des Lernens wählen. Erst dann passiert das Lernen bewusst, gesteuert und erfolgreich.
Lernmodell nach H. Roth
Heinrich Roth, ein wichtiger Denker und Mitwirkender im „Dualen Bildungsbereich“, hat ein Lernmodell entwickelt:
Was sagt das Lernmodell aus?