Die Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft - Georg Blumenthal - E-Book

Die Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft E-Book

Georg Blumenthal

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Beschreibung

"Georg Blumenthal war eine geschichtliche Persönlichkeit, ein Arbeiterführer, der als solcher noch nirgends gewürdigt worden ist. ... Obwohl allein, rief er eine neue Bewegung ins Leben. Sie sollte die Ideen Silvio Gesells aus der Theorie in die Praxis überführen, und zwar durch Mobilisierung der Arbeiterschaft" (Günter Bartsch in: "Versuch eines Porträts von Georg Blumenthal"). Extremer Reichtum und grassierende Armut, sinnvolle Investitionen in eine nachhaltige Zukunft, die nicht vorgenommen werden, weil sie sich - genauer gesagt das investierte Kapital - nicht rentieren, die unterschätze Macht der strukturellen Gegebenheiten des Geldwesens in Bezug auf die komplexen Abläufe in der Wirtschaft. Das sind die Symptome, die aktuell zu beobachten sind. Der Impuls Georg Blumenthals, dazu eine Schrift zu erstellen und Vorträge zu halten, liegt allerdings über 100 Jahre zurück. Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass bis zum heutigen Tage ein Problem ungelöst ist, dessen Auswirkungen ständig wiederkehren. Also bleibt auch ein Werk wie dieses aktuell und muss immer wieder gelesen werden. Georg Blumenthal hat darin eine exzellente und verständliche Analyse verfasst und eine Lösung präsentiert, die bis heute auf ihre Umsetzung wartet. "Die Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft" ist daher ein visionäres Werk, dessen Ideengehalt und Reformvorschläge auch gegenwärtig eine bemerkenswerte Relevanz aufweisen. Die anhaltende Bedeutung der dargelegten Kritik am Zinseszinssystem und die Vorschläge zur monetären wirtschaftlichen Reform, sowie der begleitend nötigen Bodenreform, zeigen, dass Blumenthals Ideen weiterhin eine entscheidende Rolle in den Diskussionen um eine gerechtere und nachhaltigere Wirtschaftsordnung spielen müssen. Es ist die Aufgabe der heutigen Generation, diese Anregungen breit in politischen und wissenschaftlichen Kreisen zu diskutieren und Elemente daraus sinnvoll in die Praxis zu integrieren. Georg Blumenthals Enkel Anselm Rapp ist dafür zu danken, dass eine seiner wichtigsten Schriften nun wieder als Reproduktion erhältlich ist. Andreas Bangemann, Redaktion Humane Wirtschaft

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Hinweise des Herausgebers

Georg Blumenthal war der erste und engste Mitstreiter des Sozialreformers Silvio Gesell. Seinem Schwiegersohn, meinem Vater Arthur Rapp, war es ein Anliegen, dass Blumenthals Schrift „Die Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft“, die er noch ein Dreivierteljahrhundert nach ihrem Erscheinen für lesenswert und aktuell hielt, neu verbreitet würde. Im Bewusstsein, dass seine eigene Wegstrecke begrenzt war, bat er mich 1989, als Herausgeber eines Nachdrucks als „Vorab-Kleinauflage“ zu fungieren. Im April 1990 starb mein Vater 86-jährig.

2010 erstellte ich eine Reproduktion der Schrift meines Großvaters Georg Blumenthal als E-Book. Ich habe sie dem Original möglichst genau nachgebildet. Die Seitenumbrüche konnten zwar nicht auf den Buchstaben, wenigstens aber auf den Satz genau durchgeführt werden, so dass die Seitennummern weitgehend mit dem Original übereinstimmen. Das E-Book ermöglicht Volltextrecherche und verfügt über ein elektronisches Inhaltsverzeichnis.

Inzwischen können Bücher ohne die riskanten Auflagenkosten auf Abruf gedruckt sowie als E-Books publiziert werden. Zudem erhalten sie eine ISBN, was Bestellung und kurzfristige Lieferung in den meisten Laden- und Online-Buchhandlungen ermöglicht.

Erst während der Erstellung des E-Books wurde mir bekannt, dass von der „Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft“ fünf Auflagen erschienen sind. Ich habe mich gefragt, weshalb mein Vater die erste Auflage nachgedruckt hat; die nachfolgenden sollten ihm zugänglich gewesen sein. Ich bin zu dem Schluss gelangt, dass das Absicht war: Die erste Auflage scheint mir ganz besonders leicht verständlich.

Grundsätzlich ist zu bedenken, dass seit Herausgabe der ersten Druckauflage über ein Jahrhundert vergangen ist. Manche Gegebenheiten haben sich geändert, erstaunlich viele sind unverändert. Wirklich erklärungsbedürftig scheinen mir nur die häufig verwendeten Begriffe Rentner und Rentier. Beide stehen offenkundig für Bezieher ganz oder teilweise gegenleistungslosen Einkommens und nicht, wie heute geläufig, für Personen im Ruhestand.

Es ist mir eine Ehre und Freude, meines Vaters Wunsch zu erfüllen und die Schrift meines Großvaters auf diese Weise nachzudrucken sowie auf elektronischem Wege zu veröffentlichen.

Möge die Reproduktion die Verbreitung finden, die sie verdient hat und die mein Großvater und mein Vater erhofften. Meiner Frau danke ich für ihre Unterstützung.

Anselm Rapp, im Juli 2024

Der Titel dieser Schrift ähnelt der Nazi-Parole „Brechung der Zinsknechtschaft“. Die Lektüre belegt, dass keinerlei ideologische (antisemitische, rassistische usw.) Gemeinsamkeiten bestehen. Die Freiwirtschaftsbewegung war während des Dritten Reichs verboten.

Alle Rechte — insbesondere das der Uebersetzung — vorbehalten.

Privilege of Copyright in the United States reserved under the Act approved March 3, 1905 by Georg Blumenthal.

Published June 1916.

Berlin-Lichterfelde, Druck von Fritz Herrmann.

Inhalts-Verzeichnis:

1. Teil.

I. Das Geld als Kulturfaktor

II. Das Geld als Tauschmittel

III. Die Unregelmäßigkeit des Geldumlaufes und ihre Wirkungen

IV. Wert oder Preis?

V. Angebot und Nachfrage

VI. Die Ausnahmestellung des Geldes in der Volkswirtschaft

VII. Das Geld als Ur-Kapital

VIII. Die Arbeitsprodukte als Realkapital

IX. Der Kapitalzins als Vorbedingung des volkswirtschaftlichen Kredites und als Ursache der Massenarmut

X. Was bedeuten 5% Kapitalzins in der Volkswirtschaft?

XI. Die indirekten Schädigungen der Volkswirtschaft durch den Kapitalzins:

a) Unterproduktion an Realkapital

b) Sogenannte „Ueberproduktion" an Waren

c) Erschwerung und Verteuerung des Handels

XII. Die Unterschätzung der Macht des Geldes

2. Teil.

I. Die Voraussetzungen für die Reform des Geldwesens

II. Das physiokratische Geld und seine öffentliche Verwaltung

III. Das Sparen und die Uneutgeltlichkeit des volkswirtschaftlichen Kredites

IV. Die Ueberfuhrung der Zinsrate des Kapitals in den Arbeitsertrag aller Arbeitenden

V. Die Wirkungen der Geldreform auf das Geschaftsleben und den Pnvat-Haushalt

VI. Wie die echte Ueberproduktion aussieht

Vorwort des Verfassers!

Den Grundriß zu der vorliegenden Arbeit bildete ein Vortrag, den ich am 13. März 1913, einer Aufforderung des Sozialwissenschaftlichen Vereins folgend, in der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin hielt.

Die Fragen und Einwände, welche die Zuhörer an meinen Vortrag knüpften, zeigten mir, daß man bei Ausführungen, wie sie auch in dieser Schrift vorliegen, gar nicht deutlich und umsichtig genug sein kann. Ich faßte deshalb schon damals den Entschluß, den Vortrag unter Hinzufügung und genauerer Ausarbeitung der ursprünglich weniger berücksichtigten Punkte, in Form einer kleinen Druckschrift herauszugeben.

Der inzwischen ausgebrochene Weltkrieg hat in seinem Verlauf zwar in mancher Hinsicht die wirtschaftlichen Verhältnisse geradezu auf den Kopf gestellt; die hier aufgedeckten Beziehungen zwischen Geld und Ware, Kapital und Arbeit bleiben aber im allgemeinen trotzdem bestehen und werden bei Eintritt normaler Verhältnisse wieder unbeschränkt Geltung haben. Soweit erforderlich, habe ich der gegenwärtigen, veränderten Sachlage durch einige kurze Hinweise Rechnung getragen.

Meine Ausdrucksweise wird manchen Lesern vielleicht etwas „umständlich" erscheinen; auch ließen sich Wiederholungen mancher Gedankengänge leider nicht vermeiden, was darauf zurückzuführen ist, daß die verschiedenen Gebiete der Volkswirtschaft den Einwirkungen des Geld- und Zinswesens, die hier in Betracht zu ziehen waren, ganz gleichmäßig unterliegen und sich zudem wechselseitig beeinflussen.

Immerhin hätte ich manchen stilistischen Mangel vermeiden können, mußte dann jedoch befürchten, daß dies die Deutlichkeit meiner Ausführungen und somit die Sicherheit des Verständnisses für nationalökonomisch weniger geschulte Leser beeinträchtigen könnte.

Vor diese Wahl gestellt, entschied ich mich, angesichts der Wichtigkeit, die der hier behandelten Materie für die breiten Volksmassen zukommt, vor allem so deutlich wie nur irgend möglich zu sein.

Was ich in diesen Blättern zu sagen habe, sollen alle verstehen können, welchen Standes und Bildungsgrades sie auch sein mögen. Ist mir dies gelungen, so will ich die sonstigen Mängel und Schönheitsfehler meiner Arbeit gern auf mich nehmen.

Indem ich die vorliegende Schrift der Öffentlichkeit übergebe, möchte ich nicht unterlassen, Herrn Silvio Gesell, meinem verehrten Freunde, für die mir allezeit erwiesene Belehrung und Förderung meinen aufrichtigen Dank auszusprechen.

Berlin - Lichterfelde, im Juni 1916.

Georg Blumenthal

II.

Das Geld als Tauschmittel

Die gewaltige Bedeutung des Geldes liegt — wie schon kurz erwähnt wurde — im Wesen der Arbeitsteilung begründet.

Die Arbeitsteilung unterscheidet sich von der Urproduktion vor allem dadurch, daß sie „Ware“ hervorbringt, d. h. Produkte und Güter, die eigens für den Austausch und den Handel (also für den „Markt“) erzeugt werden, ihren Verfertigern selbst aber in der Regel nutzlos sind. Die Waren, welche durch die Arbeitsteilung hervorgebracht werden, dienen also den Produzenten nur als Mittel, um sich ihrerseits durch Austausch wiederum in den Besitz anderer Waren und Produkte zu setzen, die sie zum Leben gebrauchen, die sie selbst aber nicht herstellen können, weil ihnen entweder das Rohmaterial fehlt, oder die nötigen Kenntnisse für den betreffenden Produktionszweig mangeln und sie zudem in Ihrem jeweiligen Spezialfach voll beschäftigt sind. Ebenso verlangt die Arbeitsteilung Teilarbeit und Leistungen, die denen, die sie tun, gleichfalls nichts nutzen können, sondern ebenfalls nur zur Erlangung all der verschiedenen Dinge dienen, die jeder einzelne für sich gebraucht.

Wir sehen also, daß die Arbeitsteilung vor allem auf der Austauschmöglichkeit all der unendlich verschiedenen Produkte, Waren und Leistungen beruht, daß aber alle diese Leistungen und Gegenleistungen nur mit Hilfe des Geldes ausgetauscht, nach Geld bemessen, mit Geld „bezahlt“ werden können. Die Geldsumme, die jeder für seine Teilarbeit, für seine Ware oder für seine Leistungen erhält, entscheidet wiederum zugleich darüber, wieviel er seinerseits nun auf dem Markt des Landes an Leistungen oder Produkten zu verlangen hat — also über „Mein und Dein". Das Geld ist demnach nicht nur das unentbehrliche Tauschmittel, sondern, soweit es durch die Währung zugleich die Grenzen von Mein und Dein schützt, auch ein zuverlässiger Maßstab für die Güterverteilung auf der Grundlage des Privateigentums.

Ohne das Geld wäre es einfach unmöglich, die millionenfach verschiedenen Waren und Produkte, die bis ins kleinste gehende Teilarbeit, die teils unwägbaren und unmeßbaren Leistungen untereinander abzuschätzen und miteinander auszutauschen. Wie wollen z. B. ohne Zuhilfenahme des Geldes ein Eisendreher, ein Bäcker, ein Landwirt, ein Postbote und ein Lehrer ihre Produkte und Leistungen untereinander wechselseitig austauschen? Eine kurze Ueberlegung wird jedem ohne weiteres die absolute Unentbehrlichkeit des Geldes zum Bewußtsein bringen.

Würde das Geld diese seine Aufgabe des Güteraustausches und zugleich die der Güterverteilung immer in befriedigender Weise erfüllen, so wäre es die vorzüglichste Einrichtung und über alle Kritik erhaben. Aber ebenso müssen sofort unheilvolle Folgen entstehen, wenn das Geld seine Funktionen nicht erfüllt, wenn, wie wir dies in zunehmendem Maße beobachtet haben, allerlei Störungen, unberechenbare Stockungen und Verschiebungen des Geldumlaufes eintreten. Die periodisch wiederkehrenden „Versteifungen“ des Geldmarktes, die Thesaurierungs-(Verstekkungs)Politik des Geldes bei Kriegsgerüchten und politischer Bewölkung4) die unheilvollen Wirtschaftskrisen, der ständige Wechsel der Konjunkturen, die unheimlichen Preissteigerungen usw. — dies alles lenkte bereits vor dem Kriege in zunehmendem Maße die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Geldwesen und läßt uns vermuten, das hier etwas nicht in Ordnung ist.

Es empfiehlt sich also, daß wir bei allen volkswirtschaftlichen Untersuchungen in erster Linie vom Geldwesen ausgehen, daß wir unser Augenmerk vor allem auf die Frage richten: Erfüllt das Geld seine Aufgabe in zuverlässiger Weise, d. h. vermittelt es ununterbrochen, gleichmäßig und unter allen Umständen den Austausch der Güter und Leistungen und entscheidet es wirklich einwandfrei über „Mein“ und „Dein“, über „Soll“ und „Haben“, also über die Güterverteilung im privat-und volkswirtschaftlichen Sinne?

Wir werden jedoch sehen, daß unser, aus dem grauen Altertum überkommenes Geldwesen, durchaus nicht diesen Anforderungen entspricht.

4)