Die Blumen des Koran oder: Gottes Poesie -  - E-Book

Die Blumen des Koran oder: Gottes Poesie E-Book

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Beschreibung

Milad Karimi, der Übersetzer des Koran, präsentiert eine außergewöhnliche Einführung in die faszinierende Welt des Koran. Er stellt die wichtigsten Verse zusammen und begleitet den Leser in die ausgewählten Passagen. Wie ist der Koran zu lesen? Welchen inneren Zusammenhang haben die Themen im Koran? Warum fasziniert der Koran die Muslime so sehr? Wie soll man den Koran aufschlagen? Das Buch lädt ein zu einer Reise in eine unbekannte Welt voller Rätsel und Schönheit.

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Ahmad Milad Karimi (Hg.)

Die Blumen des Koranoder: Gottes Poesie

Ein Lesebuch

Impressum

Alle hier wiedergegebenen Passagen aus dem Koran folgen dieser Ausgabe:

Der Koran.

Vollständig und neu übersetzt von Ahmad Milad Karimi.

Mit einer Einführung herausgegeben von Bernhard Uhde.

2. Auflage der Studienausgabe.

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014.

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: wunderlichundweigand, Stefan Weigand

Umschlagmotiv: © caracterdesign – iStock

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN (E-Book) 978-3-451-80395-6

ISBN (Buch) 978-3-451-31335-6

„Schönheit gibt es überall, wo du auch hinsiehst.Das steht in meinem Koran.“

Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran

„Es lohnt sich immerhin,Gott von Mohammed her gefühlt zu haben“.

Rainer Maria Rilke(Brief an Karl und Elisabeth von der Heydt)

Für Nicoletta

Inhalt

Prolog

1.In deinem Namen

2.Die erste Regung

3.Und gestaltet hat Er euch, schön eure Gestalt

4.Sein sind die Namen, die schönsten

5.Von der edlen Einfalt Gottes

6.Von der Kritik der Gottheit Jesu

7.Bei Ihm ist die schönste Heimkehr

8.Die schöne Ermahnung

9.Denn bei Gott ist der schöne Lohn

10.Die schönste der Erzählungen

11.Der Mensch im Exil

12.Und tut den Eltern Schönes!

13.Die schönste Erläuterung

14.Streitet nur auf die schönste Weise

15.Das schönste Ziel

16.Ihr habt ein Beispiel, ein schönes, an Abraham

17.Vom Gedenken Gottes

18.Doch die Geduld ist schön

19.Hingabe

Textnachweise

Prolog

„Die Schönheit wird die Welt erlösen.“

Fjodor M. Dostojewski

Im Anfang ist das Wasser. Das Wasser fließt leise über die Hände; aber es haftet nicht an den Händen. Das Wasser, das die Hände berührt, eröffnet den religiösen Akt. Vor der Berührung des Koran bestimmt Achtsamkeit den Augenblick. Die rituelle Waschung ist stets mehr als der Akt selbst. Sie nimmt die Begegnung mit dem Koran versinnbildlichend voraus. Die Seele, die an das Göttliche rühren will, kehrt zunächst zu sich selbst, reinigt das weltliche Gefäß; das fließende Wasser nimmt gleichsam alles Vergängliche hinweg. Der Gang zum Koran gleicht der Umrundung der Kaaba. Der Koran als Schrift steht nicht einfach im Regal. Er liegt über allen Büchern – von seidenen, zarten Tüchern umwickelt. Tuch für Tuch wird der Koran zunächst hingebungsvoll entschleiert.

Wie ist aber der Koran zu lesen? Halten wir ihn tatsächlich in den Händen? Obgleich er in unseren Händen liegt, ist er kein Gegenstand. Der Koran entgleitet uns im Akt der Rezitation; und gerade in der Rezitation scheint er ganz auf. Was im Koran steht, lässt sich nicht abstrahieren von der Weise, wie es im Koran steht. Inhalt und Form sind untrennbar, sie greifen ineinander. Wer einen Prosatext erwartet, so etwas wie einen Informationstext, der wird enttäuscht sein. „Die Sonne“ ist der Titel der Sure 91 des Koran. Der Name der Sure spielt auf den ersten Vers der Sure an, in der die Rede von der Sonne ist:

Sure 91: Die Sonne (al-šams) –Geoffenbart in Mekka

Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmers

1 Bei der Sonne, die strahlend erhellt,

2 und bei dem Monde, wenn er ihr Schritt hält,

3 bei dem Tage, wenn er glänzend funkelt,

4 und bei der Nacht, wenn sie dunkelt!

5 Beim Himmel und Dem, der ihn errichtet,

6 bei der Erde und Dem, der sie ausgebreitet,

7 und bei einer Seele und Dem, der sie geformt,

8 ja, ihr Sündigkeit und Gottesfurcht eingegeben!

9 Selig ist, wer sie reinigt,

10 unselig aber, wer sie verkommen lässt.

Die Sure beginnt mit einer Schwurfolge, bei der Sonne, der Nacht und immer fort. Dabei sind die Klangbilder der Schwurbegriffe der Form nach nahezu identisch mit der inhaltlichen Bestimmung der Begriffe. Die Nacht (layl), die dunkelt (yaġšāhā), klingt kehlig und dunkel, während der Tag (nahār), der glänzend funkelt (ǧallāhā), dem Klang nach hörbar ist. Dies lässt sich bei allen Schwurbegriffen am Anfang der Sure demonstrieren. Doch was steht in der Sure? Die erste Phase der Sure, die mit der Schwurfolge begann, endet (Vers 1–10) mit keiner Aufforderung, aber einer unterscheidenden Klärung zum seligen Leben. Wenn allein dies die Botschaft ist, warum die Schwurfolge – als Intensivierung der Aussage? Warum aber gerade diese Schwurfolge? Und warum dieses Anordnung der Worte? Und plötzlich ist die Rede von den Ṯamūd (einem altarabischen Volk der Nabatäer aus dem Westen der Arabischen Halbinsel vermutlich aus dem 8. Jhd. v. Chr. vermutlich):

11 Die Ṯamūd widersetzten sich und leugneten.

12 Als ihr Unseliger auftrat,

13 da sprach der Gesandte Gottes:„Beachtet die Kamelstute Gottes, und dass sie trinkt!“

14 Sie aber bezichtigten ihn der Lügeund durchschnitten ihr die Sehnen,für ihre Schuld brach ihr Herr herein über sie mit Zornund ebnete sie ein.

15 Und Er fürchtet ihre Folgen nicht.

Die Verse 11 bis 15 beziehen sich auf das Vergehen gegen die Kamelstute. Bemerkenswert ist durchaus, dass das Leben und der Umgang mit der Kamelstute den ganzen Zorn Gottes provoziert (vgl. hierzu 54,27–28). Der Gesandte, der das Volk zum Guten anleiten will, wird nicht namentlich erwähnt. Warum nicht? Um wen handelt es sich hier? Der intertextuelle Bezug (vgl. 7,73–79) legt nahe, dass es sich dabei um den Gesandten Ṣāliḥ handelt. Was wissen wir von ihm? Wie lassen sich die zwei Phasen der Sure aufeinander beziehen? Am Anfang der Sure wird Spannung erzeugt, Erwartung geweckt, mit jedem Schwur erhöht sich die Neugier, die Steigerung ästhetisiert die Botschaft. Der Kern der Aussage, der als allgemeine Norm abstrakt eingeführt wird, schlägt plötzlich in eine Geschichte um, die Deutung verlangt. Es wird nahezu plastisch demonstriert, dass der Koran mehr ist als der Koran expressis verbis. Jede Nichterwähnung, jede Offenheit, jede Anspielung, jede Leestelle, jeder Kontext, der nur in Andeutung vergegenwärtig wird, gehört konstitutiv zum Koran, zur Botschaft desselben, wie auch das kontextuell geprägte Subjekt der Lesung. Der Koran lässt sich nicht zusammenfassen, auf eine Botschaft reduzieren. Somit steht der Koran nicht für eine bestimmte Idee, die er repräsentieren würde, er hat keine Stellvertreterrolle. Weder sind die Themen einzuschränken, noch gelingt eine solide Trennung der einzelnen Motive. Die Verse stehen mit anderen Versen explizit oder implizit im Dialog. Oder der Dialog entfacht sich mit den Dingen, mit dem Gegenwärtigen, dem Vergangenen oder dem Zukünftigen. Doch der Dialog ist nicht eindeutig. Uneindeutigkeit lässt sich als das umgreifende Prinzip des Koran bestimmen. Es gibt keinen Gang der Handlung, keine Chronologie der Erzählung, es geht weder um eine Lebensgeschichte noch überhaupt um Geschichte; Chronos steht still; jedoch sind Geschichten über Geschichten zu finden, Brüche, Rede und Gegenrede, Gebete und Mahnungen, Erinnerungen und Träume, Normen und Weisheiten, die übereinander greifen, sich überlagern. Jede Auswahl bleibt dabei selektiv und subjektiv. Wer den Koran verstehen will, der muss sich dem Koran als Ganzem widmen. So dürfte jede Einführung in den Koran mehr über den Standpunkt des Einführenden erkennen lassen als über den Koran selbst. Philologischer Feinsinn ist dabei konstitutiv, weil der Koran sprachlich vermittelt ist, aber darin erschöpft sich der Koran nicht als das Ereignis, das er sein will: Offenbarung. Das unvermittelte Lesen und Durchblättern des Koran bleibt aber genauso dunkel wie verfehlt, wenn sich daraus bloß Urteile bilden sollen über den Koran. Naiv ist dieser Standpunkt deshalb, weil der Leser zu erkennen glaubt, was geschrieben steht. Die Naivität besteht nicht nur darin, nicht begriffen zu haben, dass am Wort zu hängen kein Verstehen generiert, sondern bloß das Wort verlautbart; vielmehr will dabei das Subjekt in eigner Selbstvergessenheit verstehen. Wer sich aber distanziert und von sich selbst abstrahiert, geht nicht ein in den Akt des Verstehens, begegnet nicht dem Koran, sondern behauptet allein eine Begegnung, die er nicht einholen kann. So bleibt ihm der Koran eigentlich fremd. Bleibt nicht jede noch so genaue Einführung und Beschreibung der Liebe unterbestimmt im Vergleich zum unmittelbaren Akt des Liebens, der Berührung? Beide Positionen, die eine verloren in der Philologie und Zerteilung der Themen und Aussagen, die andere befangen im unbekümmerten Lesen, dürften den Koran verfehlen. Weder das partikuläre Sinnen, noch die „leere Lust“ erringen das Eigentliche. Friedrich Hölderlin schrieb einmal in einer Vorrede zu seinem Hyperion: „Wer bloß an meiner Pflanze riecht, der kennt sie nicht, und wer sie pflückt, bloß, um daran zu lernen, kennt sie auch nicht.“ Die Blumen des Koran verlangen nach Begegnung. Begegnung ist immer ein unmittelbarer Akt, sinnlich, zitternd, wie eine erste Berührung. Das ästhetische Moment entsteht durch das alles umspannende Erlebnis des Poetischen. Der Koran ist nicht einfach ein Gedicht oder gedichtet. Er ist, wie es Friedrich Schlegel in dem berühmten Athenäums-Fragment Nr. 116 zum Ausdruck brachte, eine progressive Universalpoesie. Alle Sinne sind angeregt, alle Künste und Wissenschaften miteinander verbunden; das Synästhetische lässt Traum und Wirklichkeit nicht in Trennung, sondern in Verbindung denken. Die Poesie Gottes umfasst alle Dinge, und sie ist progressiv deshalb, weil der Koran dem Werden und der Veränderung verschrieben ist. Der Koran, er endet nicht, gerade im Fragmentarischen atmet die Seele auf.

So beansprucht das vorliegende Lesebuch in keiner Hinsicht Vollständigkeit. Jedes Kapitel ist ein Fragment, die Themen bleiben offen, die Konstellation der Suren und Verse spielen stets auf das Unvorgestellte an. Der Versuch, den Koran so zu öffnen, dass seine Charakteristika zum Vorschein kommen, dass erlebbar wird, warum die Muslime so verzaubert sind vom Koran, steht im Vordergrund. Der Koran will nicht verschlossen sein, er will anregen, provozieren, anleiten, träumen lassen, aber auch Würde verleihen, Hoffnung spenden. Wie fremd ist uns der Koran? Wie nahe war er Goethe und Rilke? Wie oft schrieb Goethe die Sure 114 in arabischer Schrift aufs Papier? Und warum? Wie kommt Sinn zustande? Warum sollen sich die Engel vor dem Menschen niederwerfen? Und wie fühlt sich Gott an, der Erhabene, der mir näher ist als meine Halsschlagader? Warum hat Hölle Wahrheit, wenn sie Gottesferne bedeutet? Das Lesebuch klärt auf, aber niemals vollständig und endgültig; jede Aufklärung will zugleich Verklärung. So enttäuscht der Koran all die, die Religion als Rezept begreifen. Das Unvollendete, das Zerbrechliche, das Unerlöste wird nicht verschwiegen. In jedem Klang des Koran ist Gott gegenwärtig, das Unbegreifliche. Diese Einsicht fordert Demut ein – im Akt des Verstehens. Darin dürfte ein Stück Koran verborgen sein. Die wenigen Zeilen im vorliegenden Buch inszenieren die Spannung zwischen Offenheit und Klarheit, Zweideutigkeit und Mehrdeutigkeit und immer fort. Das begleitende Prädikat des Ganzen ist die Schönheit. Nicht rezeptionsästhetisch die Schönheit der Form allein, sondern der jeweilige Inhalt, nahezu ausnahmslos, identifiziert sich mit dem wahrhaft Schönen. So dass über den Propheten Muhammad als den ersten Adressaten der Worte Gottes, aus dem Koran (33,21) zu entnehmen ist: „Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Gottes ein Vorbild, ein schönes“.

Münster, im Ramadan 2015Ahmad Mild Karimi

1. In deinem Namen

Das Papier wirkt zart, herbstlich; die Gedichtverse sind dicht aneinandergereiht, aber jedes Wort findet seine eigene Atmosphäre, wirkt bedacht und nachempfunden, ja gewürdigt, als wären die Buchstaben einzeln aufgelesen; die Überschrift ist unterstrichen, aber kaum lesbar, gleichsam gedrängt; der Blick wird gefangen von einer Schriftzeile, die alles Geschriebene überragt; die Feder ist dabei von rechts nach links geführt; die zerbrechlichen Buchstaben besitzen eine eigene Bestimmtheit; sie sind klar und zugleich liebevoll geschrieben, nahezu gezeichnet. Wer hat das geschrieben? Die Rede ist von Johann Wolfgang von Goethe. Aus der Feder des Dichters ist in arabischer Schrift zu lesen:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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