Die Briefe der Päpste (42-401), Band 2 -  - E-Book

Die Briefe der Päpste (42-401), Band 2 E-Book

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Beschreibung

In dem vorliegenden Werk, hier Band zwei von zwei, finden sich die wichtigsten Briefe der ersten Päpste. Beginnend im Jahre 42, als Petrus der erste Papst wurde, werden chronologisch die essentiellen Schriften der obersten Kirchenvertreter aufgeführt. In diesem zweiten Band beginnen diese bei Papst Miltiades im Jahre 310 und enden mit Anastasius I. im Jahre 410.

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Die Briefe der Päpste

(42 – 401)

 

Band 2

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

Die Briefe der Päpste 2

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849660826

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Miltiades (310 — 314)2

Sylvester (314 — 335)12

Marcus (336)40

Julius I. (337 — 352)43

Liberius (353 — 366)103

Felix II. (354 — 355)135

Damasus I. (366 — 384)140

Siricius (384 — 398)209

Anastasius I. (398 – 401)256

Fußnoten. 269

 

 

Die Briefe der Päpste 2

 

Bibliographische Angaben:

 

Titel Version: Echte und unechte Papstbriefe 2 (310—401) (BKV) Sprache: deutsch Bibliographie: Echte und unechte Papstbriefe 2 (310—401) In: Die Briefe der Päpste und die an sie gerichteten Schreiben. Band 2:Melchiades bis Anastasius I. (vom Jahre 310—401). Zusammengesetzt, übersetz, mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Severin Wenzlowski (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Serie, Band 35), Kempten 1876. Unter der Mitarbeit von: Frans-Joris Fabri.

 

 

 

 

Miltiades (310 — 314)

 

Vorwort

 

Mit dem Papste Melchiades treten wir in das zweite Zeitalter der Kirche Jesu Christi, da es der göttlichen Vorsehung, welche die Herzen der Könige wie Wasserbäche leitet, gefiel, auf den Thron des die Welt beherrschenden Römerreiches Männer zu berufen, welche nach dreihundertiährigem blutigem, aber fruchtlosem Vernichtungskampfe gegen das Reich Christi sich und ihre Völker unter das sanfte Joch Desjenigen beugten, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden. Wie mit einem Zauberschlage treten, kurze Unterbrechungen abgerechnet, an die Stelle grausamer und ungerechter Verfolgungsedicte von nun an Gesetze der römischen Kaiser, welche nach und nach der Kirche ihre volle Existenz- und Rechtsfreiheit verleihen, ja ste mit Ehren und Privilegien auszeichnen. Das erste derselben ist ein von dem Kaiser Maxentius und dem prätorischen Präfecten2an den Papst Melchiades im J.311 gerichtetes Schreiben, in welchem Jene die Rückerstattung der geraubten Kirchengüter anordnen. Hierauf folgten zwei Constitutionen des Licinius und Constantinus, von denen die erste gleichfalls verloren gegangen, die zweite uns von Eusebius (H. E. X. 5.) erhalten ist und hier wegen ihrer großen Bedeutung vollständig aufgenommen zu werden verdient; ebenso eine Constitution des Kaisers Constantinus an den africanischen Proconsul Paulinus. Ferner haben wir ein Schreiben Constantins an Melchiades in Angelegenheit des donatistischen Schismas und die Entscheidung über dieselbe auf der vom Papste zu Rom gehaltenen Synode. — Als unechte, resp. unsichere Documente sind aufzuführen: ein pseudoisidorisches Schreiben, 3aus welchem Gratian vier Decrete citirt, ferner zwei im Pontificalbuche dem Melchiades zugetheilte Decrete, von denen eines in Ps.-Is. Brief enthalten ist, und ein einzelnes bei Gratian.

 

1. Kaiserliche Constitution des Constantinus und Licinius4

Constantinus und Licinius gestatten den Christen und allen Übrigen volle Religionsfreiheit und verordnen die Rückerstattung der christlichen gottesdienstlichen und sonstigen den Kirchen gehörigen Gebäude.

Wir haben zwar schon oft, indem wir erwägten, daß die Religionsfreiheit nicht verweigert werden dürfe, sondern es eines Jeden Erkenntniß und Willen überlassen werden müsse, nach seiner Art und Weise Gott zu dienen,5einem Jeden befohlen, auch zu Gunsten der Christen,6den Glauben ihrer Häresie und ihrer Religion zu bewahren. Weil aber in jenem Rescripte, in welchem ihnen diese Freiheit eingeräumt wurde, viele und verschiedene Häresien deutlich empfohlen7zu sein schienen, geschah es vielleicht, daß Einige nach kurzer Zeit von dieser Observanz abwichen. Da nun wir. ich Constantinus, der Augustus, und ich Licinius, der Augustus, glücklich in Mailand angekommen sind und Alles, was das öffentliche Wohl befördern könnte, sorgfältig erforschten, haben wir unter Anderem, was in vielen Beziehungen Allen zu nützen schien, oder vielmehr vor Allem das anzuordnen für gut befunden, worin die Ehrfurcht und Verehrung gegen das göttliche Wesen enthalten wäre, d. i., daß wir den Christen und Allen die freie Wahl lassen, jener Religion zu folgen, welcher immer sie wollen, damit jenes göttliche und himmlische Wesen, wie immer es sei, uns und Allen, welche unter unserer Herrschaft leben, gnädig sein könne. Diesen unseren Willen nun haben wir mit gesunder und richtigster Absicht festgesetzt, damit durchaus Keinem die Freiheit benommen sei, dem christlichen Cultus oder Glauben zu folgen oder ihn zu wählen, und es Jedem freistehe, sich für jene Religion zu entschließen, welche er selbst für sich am angemessensten findet, auf daß uns das göttliche Wesen in Allem seine stete Sorge und Wohlgeneigtheit zuwenden könne. Es war nun geziemend, zu er- klären, daß uns Dieß so gefalle, damit nach gänzlicher Beseitigung der Häresien, welche in unserem früheren bezüglich der Christen an deine Heiligkeit gerichteten Schreiben enthalten waren, auch alles Das aufgehoben werde, was verkehrt und unserer Milde fremd zu sein erschien, und von nun an Jeder, welcher sich entschlossen hat, die Religion der Christen zu beobachten, dieselbe frei und einfach ohne irgend eine Belästigung beobachten könne. Dieß haben wir deiner Sorgfalt vollständigst mitzutheilen für gut befunden, damit du wissest, daß wir den Christen volle und unbeschränkte Freiheit verliehen haben, ihre Religion zu beobachten. Nachdem aber Dieß ihnen von uns gewährt worden, erkennt deine Heiligkeit, daß auch den Anderen die Freiheit gegeben sei, ihrem Cultus und Glauben zu folgen, welchem sie wollen. Daß Dieß die Ruhe unserer Tage befördere, ist offenbar, daß nemlich Jeder die Freiheit habe zu erwählen und zu beobachten jene Gottesverehrung, welche immer er will. Das aber haben wir gethan, damit es nicht den Anschein habe, als geschehe irgend einem Cultus oder irgend einer Religion von uns ein Eintrag. Aber auch Dieß beschließen wir noch ferner zu Gunsten der Christen, daß die Orte derselben, an welchen sie früher sich zu versammeln8pflegten, und über welche in dem früheren an deine Heiligkeit gerichteten Schreiben eine andere Norm in früherer Zeit festgesetzt war, daß dieselben Jene, welche sie entweder von unserem Fiscus oder von Jemand Anderem gekauft haben, ohne Geld und ohne irgend eine Rückforderung des ausserdem hinzugefügten Schadenersatzes den Christen ohne Säumen und Umschweife zurückerstatten; und daß Diejenigen, welche diese Orte etwa zum Geschenke erhalten haben, dieselben allsogleich den Christen zurückgeben, in der Weise, daß Diejenigen, welche, mögen sie nun jene Orte entweder gekauft oder zum Geschenke erhalten haben, von unserer Wohlgeneigtheit Etwas beanspruchen, sich an den Präfecten, der in der Provinz Recht spricht, wenden mögen, damit auch für sie durch unsere Güte Vorsorge getroffen werde. Daß nun alles Dieß jenen Bestimmungen gemäß der Körperschaft der Christen ohne irgend einen Aufschub übergeben werde, wird durch deine eifrige Sorge geschehen müssen. Nachdem ferner die Christen bekanntermaßen nicht nur jene Orte, an welchen sie sich zu versammeln pflegten, sondern auch andere besessen haben, welche nicht einem Einzelnen derselben, sondern dem Rechtes ihrer Körperschaft nemlich der Christen eigenthümlich waren, so wirst du auch alle diese nach dem vorher gegebenen Gesetz ohne irgend ein Bedenken den Christen zurückerstatten lassen, das ist ihrer Körperschaft und jeder ihrer Versammlungen, natürlich unter Beobachtung der oben erwähnten Bestimmung, daß Diejenigen, welche sie ohne Entgelt, wie wir vorher sagten, zurückgeben, ihre Entschädigung von un serer Wohlgeneigtheit hoffen dürfen. In allem Diesen mögest du für die oben genannte Körperschaft der Christen allen nur möglichen Eifer anwenden, damit unser Befehl auf das schnellste erfüllt werde, auf daß auch hierin durch unsere Milde für die öffentliche und gemeinsame Ruhe gesorgt werde. Denn durch diese Anordnung bleibt, wie schon gesagt, die göttliche Sorgfalt, welche wir schon in vielen Angelegenheiten erfahren haben, immerdar und zuversichtlich über uns. Damit aber die Bestimmung dieser unserer Gesetzgebung und Wohlgeneigtheit zur Kenntniß Aller ge bracht werden kann, als Schutz deiner Anordnung9ist es nothwendig, dieses von uns Niedergeschriebene allenthalben vorzulegen und zur Kenntniß Aller zu bringen, damit die gesetzliche Bestimmung dieser unserer Wohlgeneigtheit Niemand verborgen bleiben könne.10

 

2. Andere Constitution des Constantinus (und Licinius)

Abschrift einer anderen kaiserlichen Constitution, welche er abermals erließ,11 um anzuzeigen, daß dieses Geschenk einzig der katholischen Kirche verliehen wurde.

Sei gegrüßt, Paulinus,12 du uns Theuerster! Es ist unserer Güte eigen, daß wir Dasjenige, was fremdem Rechte zusteht, nicht nur frei von jeder Störung wissen, sondern auch wiedererstatten wollen, theuerster Paulinus! Deßhalb verordnen wir, daß du sogleich nach Empfang dieses Schrei bens, wenn Etwas von dem Eigenthume der katholischen Kirche der Christen in allen Städten oder anderen Orten jetzt von den Bürgern13oder von wem immer im Besitz genommen wäre, Dieß alsbald jenen Kirchen zurückerstatten lassest, nachdem wir beschlossen haben,daß Alles, was jene Kirchen vorher besessen haben, in ihr Recht zurückgegeben werde. Da nun deine Heiligkeit erkennt, daß dieß der bestimmteste Ausdruck unseres Willens ist, so beeile dich, daß Alles, es mögen Gärten oder Häuser oder was immer dem Rechte derselben Eigenthümliches sein, ihnen so schnell als möglich zurückgegeben werde, damit wir erfahren, daß du dieser unserer Anordnung auf das Sorgfältigste entsprochen habest. Lebe wohl, theuerster und geliebtester Paulinus!

 

3. Einladungsschreiben des Constantinus, in welchem er den Bischöfen die Abhaltung einer Synode in Rom wegen der Vereinigung und Eintracht der Kirchen befiehlt.

 

Einleitung

Wenn es auf den ersten Anblick scheint, als habe K. Constantinus sich bier als Herr der Bischöfe und der Kirche benommen, so ergiebt sich bei näherer Kenntnißnahme der Thatsachen ein ganz anderes Resultat. Vor Allem wurde der Kaiser zu diesem Schritte durch das uncorrecte Vorgehen der Donatisten gedrängt; diese nemlich, welche den Bischof Cäcilianus von Carthago nicht anerkannten, weil er vom Bischöfe Felix von Aptunga, einem angeblichen Traditor, ordinirt wurde, hatten sich durch den Proconsul Paulinus (Anulinus) von Africa wiederholt und ungestüm an den Kaiser behufs Untersuchung dieser Angelegenheit gewendet;14 der Kaiser, welcher Nichts sehnlicher wünschte, als daß überall Friede herrsche, und es sehr unliebsam aufnahm, daß derselbe durch Bischöfe gestört wurde, trat nun ein; weil er aber, wie Augustinus15sagt, „nicht wagte, in einer Angelegenheit eines Bischofes zu entscheiden, übertrug er die Untersuchung und Entscheidung derselben den Bischöfen;„ so erscheint denn der Kaiser nicht als Herr und Richter der Bischöfe und inneren Angelegenheiten der Kirche, sondern als der von den (schismatischen) Bischöfen angerufene Friedensvermittler. Wie lästig und peinlich ihm diese Interpellation gewesen, möge der Satz in dem Antwortschreiben an die zu Arles versammelten Bischöfe beweisen: „Sie (die Donatisten) fordern von mir ein irdisches Gericht, da ich doch selbst Christi Gericht erwarte;“ 16auch das nun folgende Schreiben wird Dieß zeigen. Dasselbe, dem J. 313 angehörig, hat uns Eusebius (H. E. X. 5.) aufbewahrt und war, wie die zwei vorhergehenden, ursprünglich in lateinischer Sprache abgefaßt.

 

Text.

Constantinus Augustus an Miltiades, den Bischof von Rom, und an Marcus.17

Nachdem (schon) mehrere derlei Schreiben von dem vortrefflichsten Paulinus, Proconsul Africas, an mich über- sendet wurden, in welchen berichtet wird, daß Cäcilianus, der Bischof der carthaginiensischen Stadt, von Einigen seiner Collegen in Africa in vielen Puncten angeklagt wird, mir aber Dieß überaus widrig erscheint, daß in jenen Provinzen, welche die göttliche Vorsehung aus freier Wahl meiner Heiligkeit unterworfen hat, und die stark bevölkert sind, das Volk, gleichsam in zwei Parteien gespalten, bei dem Schlechteren verharrt und auch unter den Bischöfen Zwietracht herrscht, habe ich beschlossen, daß Cäcilianus selbst mit zehn Bischöfen aus der Zahl seiner Ankläger und mit zehn anderen, welche er selbst für seinen Proceß als nothwendig erachtet, nach Rom abschiffe, damit er daselbst in euerer Gegenwart, sowie auch vor Reticius, Maternus und Marinus,18 eueren Collegen, welchen ich deßhalb befohlen habe, nach Rom zu eilen, gehört werden könne, wie ihr es dem heiligsten Gesetze gemäß erkennet. Damit ihr aber über alles Dieß die vollständigste Kenntniß erlangen könnet, habe ich die Copien der von Paulinus an mich gesandten Schriften im Anschlüsse an meine Schreiben eueren vorerwähnten Collegen überschickt. Nach deren Lesung wird euere Unparteilichkeit 19prüfen, auf welche Weise der obengenannte Streit auf das sorgfältigste untersucht und nach dem Rechte zu beenden sei. Denn es ist euerer Sorge nicht unbekannt, daß ich gegen die rechtmäßige 20 katholische Kirche eine so große Verehrung hege, daß ich wünsche, ihr möget durchaus kein Schisma oder Zwiespalt an irgend einem Orte zurücklassen. Die Macht21des größten Gottes beschütze euch, Theuerster, viele Jahre!

 

4. Urtheilsspruch des Melchiades über Cäcilian auf der röm. Synode 313

 

Einleitung

Die vom Kaiser veranlaßte Synode begann unter dem Vorsitze des Papstes Melchiades im Paläste der Kaiserin Fausta im Lateran am 2. October 313 und dauerte drei Tage; als nach den zwei ersten Tagen die Donatisten keine Zeugen für ihre Anklagen gegen Cäcilian beibringen konnten, wurde am dritten Tage Cäcilian für unschuldig erklärt, Donatus von Casa Nigra auf sein eigenes Geständniß hin, daß er wiedergetauft und gefallenen Bischöfen die Hände (zur Reconciliation) aufgelegt habe, verurtheilt. Gegen die übrigen Bischöfe seiner Partei wurde kein Urtheil ausgesprochen, vielmehr erklärt: wenn sie zur Einheit der Kirche zurückkehren wollen, sollten sie in ihren Würden verbleiben, so daß in jeder Stadt, wo ein cäcilianischer und donatistischer Bischof gewesen sei, der Ältere (der Weihe nach) die Gemeinde behalte, der Andere aber einer anderen Gemeinde vorgesetzt werden solle. Dieses Urtheil wurde vom Papste bestätiget, der zuletzt sein Votum abgab, von welchem uns Optatus22 folgende Worte erhalten hat:

 

Text.

Da es erwiesen ist, daß Cäcilianus von denen, welche mit Donatus gekommen sind, nach seiner Aussage23nicht beschuldigt wird, und es ferner erwiesen ist, daß er auch von Donatus in keinem Puncte überführt wurde, erkläre ich, daß er wieder vollständig in der kirchlichen Gemeinschaft zu behalten sei.

 

 

 

 

Unechte Schreiben

 

Einleitung

Als unechte, resp. unsichere Documente sind aufzuführen: ein pseudoisidorisches Schreiben, 24aus welchem Gratian vier Decrete citirt, ferner zwei im Pontificalbuche dem Melchiades zugetheilte Decrete, von denen eines in Ps.-Is. Brief enthalten ist, und ein einzelnes bei Gratian.

 

1. Pseudoisidorischer Brief an Marinus und die übrigen Bischöfe Spaniens

Den geliebtesten Brüdern Marinus, Benedictus, Leontius und den übrigen Bischöfen Spaniens und jener Gegenden (sendet seinen Gruß) Melciades.

Der Apostel befiehlt uns, den Juden und Heiden kein Ärgerniß zu geben; aber auch den Gläubigen selbst dürfen wir kein Ärgerniß geben; darum seid einander nicht feindlich, sondern traget Einer die Last des Anderen, (e. 1.) „Zuerst prüfet Alles sorgfältig, damit ihr mit Gerechtigkeit und Wahrheit entscheidet; verurtheilet Niemanden vor einer wahrhaften und gerechten Untersuchung; richtet Nie» wanden nach willkürlichem Argwohne, fondern prüfet zuerst, und dann fället ein liebevolles Urtheil; und waS ihr nicht wollet, daß es euch geschehe, wollet nicht einem An- deren thun.„25Sonst ist euer Urltheil ungiltig. Die Bischöfe hat Gott seinem Gerichte vorbehalten, (c. 2.) dieses Gericht aber dem heiligen Petrus übergeben, so daß vor dessen Stuhl alle wichtigeren Angelegenheiten der Bischöfe zu bringen sind. (c. 3.) Daher möge jeder Angeklagte an diesen heil. Stuhl appelliren. (c. 4.) Der Ungläubige ist geistiger Weise todt und kann gegen Lebende d. i. Gläubige keine Klage erbeben; wer Schaden stiftet, ist nicht weise, (c. 5.) „Bezüglich der Frage, über welche ihr Aufklärung wünschet, welches das größere Sacrament sei, die Händeauflegung der Bischöfe oder die Taufe, wisset, daß beide ein großes Sacrament sind; und sowie das eine von den Oberen, nemlich von den Bischöfen gespendet wird, weil es von den Niederen nicht vollzogen werden kann, so soll es auch in größerer Ehrerbietung stehen; doch sind diese zwei Sacramente so verbunden, daß sie, ausser es tritt der Tod inzwischen, durchaus nicht getrennt werden können, und kann das Eine ohne das Andere nicht gehörig vollendet werden.“26Denn das Eine kann zwar bei eintretendem Tode ohne das Andere das Heil wirken, nicht aber das andere. „Der hei-lige Geist, welcher über das Taufwasser in heilbringender Ergießung herabgestiegen ist, theilt in der (Tauf-) Quelle die Fülle (der Gnade) zur Unschuld mit, in der Firmung spendet er einen Zuwachs der Gnade. Weil wir während des ganzen Lebens, so lange wir auf dieser Welt weilen, zwischen unsichtbaren Feinden und Gefahren einherschreiten müssen, werden wir in der Taufe zum Leben wiedergeboren, nach der Taufe gestärkt (gefirmt) zum Kampfe. In der Taufe werden wir abgewaschen, nach der Taufe gestärkt, und wenn auch den (sogleich) Dahinscheidenden die Gnaden der Wiedergeburt genügen, so ist doch denen, die am Leben bleiben, die Hülfe der Stärkung (Firmung) nothwendig. Die Wiedergeburt rettet die, welche alsbald in den Frieden des seligen Lebens aufgenommen werden sollen; die Firmung aber rüstet und befähiget Jene, welche zu den Kämpfen und dem Streite dieser Welt erhalten werden sollen. Wer aber nach der Taufe mit der (in derselben) erlangten Unschuld unbefleckt zum Tode kommt, wird durch den Tod gefirmt, weil er nach dem Tode nicht mehr sündigen kann.„27(c. 6.) So kam auch nach dem Tode und der Auferstehung Christi der hl. Geist über die Apostel, weil sie, wie Christus sagte, jetzt noch nicht Alles tragen konnten; dieser lehrte sie alle Wahrheit und machte sie aus furchtsamen und bis zur Verleugnung ihres Meisters gefallenen Schülern zu muthigen und bis zum Martyrium standhaften Bekennern. So also lehrt und stärkt auch uns der hl. Geist. (c. 7.) „Am Sonntage und Donnerstage darf Niemand Fasten halten, damit zwischen dem Fasten der Christen und Heiden und der wahrhaft Gläubigen und der Ungläubigen und Häretiker ein wahrer und kein falscher Unterschied bestehe;“28 denn es steht geschrieben:29 „Was hat Christus mit Belial, oder was hat der Gläubige mit dem Ungläubigen zu thun?„ und: „Ziehet nicht an demselben Joche mit den Ungläubigen.“ Folgt über das treue Festhalten an der Lehre Christi und über das geistige, himmlische Leben in Christus Coloss. 2. 8-23 u. 3, 1—17; über das Verfahren gegen Irrende II. Thess.3, 13—15 und Segenswunsch Röm. 15, 5.

 

 

 

2. Einzelne Dekrete

 

a) Im Pontificalbuche.

Dieser verordnete, daß die consecrirten Opfergaben von der Consecration des Bischofs an die Kirchen geschickt werden sollen, was als Ferment erklärt wird. 30

 

b) Bei Gratian.

Das große Concil hat allgemein beschlossen, daß sich Niemand aus eigener vermessener Willkür bei einer anderen Kirche begraben lassen dürfe als bei jener, welcher er in Folge der von seinen Vorfahren geleisteten kirchlichen Abgabe untersteht, ausser er wäre Krankheits halber verhindert und in eine andere Gegend in irgend einer Angelegenheit fortgegangen. Überdieß wisse jener Vorsteher (einer Kirche), der dagegen zu handeln wagte, daß er dem kirchlichen Banne (der Excommunication) unterworfen sei. 31

 

 

 

 

Verlorengegangene Schreiben

 

1. Der Brief des Kaisers Maxentius an den Papst

der Brief v. J. 311. wahrscheinlich auf Bitten des Papstes von Maxentius gegeben, über die Rückerstattung der der Kirche geraubten Orte; denselben erwähnt Augustinus32also: „Auf der Collatio zu Carthago (im J. 411) wurden die Acten vorgelesen, in welchen es hieß, daß Melchiades die Diatonen (Strato und Cassianus) mit dem Schreiben des Kaifers Maxentius und dem des prätorischen Präfecten an den Stadtpräfecten gesandt habe, damit sie das zurückerhalten mögen, was zur Zeit der Verfolgung ihnen geraubt worden, und was der genannte Kaiser den Christen zurückzuerstatten befahl;" bald darauf bezeichnete er das, was zurückgegeben werden sollte, näher als „die kirchlichen Orte.“

 

2. Der erste Constitution der Kaiser Constantinus und Licinius

Der Brief v. J. 312, gleichfalls über die Rückgabe der kirchlichen Güter und zugleich ein Toleranzedict für alle möglichen Religionen und Confessionen, dessen in der zweiten, oben angeführten Constitution öfter Erwähnung geschieht.

 

 

 

 

Sylvester (314 — 335)

 

Vorwort

 

XXXIII.      Der heilige Sylvester (v. 31. Jan. 314 — † 31. Dec. 335.)33 

Obwohl das Pontificat Sylvesters nicht nur eines der längsten gewesen ist, sondern auch eines der wichtigsten und an epochemachenden Ereignissen fruchtbarsten, besitzen wir dennöch keine echten Schreiben dieses Papstes; nur zwei Briefe der Synode von Arles v. J. 314 an ihn sind uns erhalten. — Desto größer ist die Zahl der ihm unterschobenen Documente, welche zu ganz verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Personen fabricirt wurden, nemlich 6 auf das Concil von Nicäa bezügliche Schreiben, ein Brief des Papstes an die Bischöfe Galliens, eines an die Kirche von Trier, das Edict des Kaisers Constantin an Sylvester d. i. die sog. Schenkungsurkunde, Bruchstücke aus einem Bündnisse zwischen dem Kaiser und Papste einerseits und dem Könige der Armenier Tiridates und dem Bischofe Gregorius Illuminator andererseits, endlich ausser den Gratian aus den verschiedenen apokryphen Schriften entnommenen 16 Decreten noch sieben einzelne Decrete.

 

1. Erster Brief der Synode von Arles an Sylvester

 

Einleitung

Die vom Kaiser Constantinus in Folge der unaufhörlichen Interpellationen von Seite der Donatisten auf dem 1. August 314 berufene Synode zu Arles, welche zwar nicht eine ökumenische (Augustinus nennt sie ep. 43. c. 7. n. 19, ein plenarium ecclesiae universae concilium) aber wegen Anwesenheit von Bischöfen aus allen Theilen des Abendlandes eine abendländische Generalsynode genannt werden kann, hatte wohl zunächst die nochmalige Untersuchung gegen Felix von Aptunga, welchen die Donatisten noch immer für einen Traditor erklärten, zu pflegen, wie überhaupt die donatistischen Streitigkeiten zu entscheiden; aber sie wollte auch in anderen Punkten den Bedürfnissen der Kirche zu Hilfe kommen, namentlich den Streit über die Osterfeier beilegen, die Ketzertauffrage entscheiden und verschiedene Disciplinargesetze aufstellen; nach Beendigung ihrer Ver- handlungen richtete sie an den Papst, der übrigens auf derselben durch die Priester Claudianus und Vitus und die Diakonen Eugenius und Cyriacus repräsentirt war, zwei34Schreiben; in dem ersten berichtete sie zunächst über die Erledigung der donatistischen Angelegenheit (wozu sie eben berufen war) und fügte hierauf, nicht, wie Hefele35bemerkt, von den übrigen Beschlüssen eine kurze Übersicht, sondern nur die (nach der jetzigen Eintheilung) ersten acht derselben, diese aber fast wörtlich hinzu. Offenbar später36 folgte das zweite Schreiben an den Papst, worin sich die versammelten Väter nur im Eingänge und im 1.Canon mit kurzen Worten an ihn wenden und sogleich alle Canones, ohne der Donatisten mehr zu erwähnen, anführen.

 

Gruss.37

Dem geliebtesten Papste Sylvester (wünschen) Ma- rinus,38 Acratius39, Natalis40, Theodorus41, Proterius,42 Vocius, 43 Verus, 44Probatius,45 Cäcilianus, 46 Faustinus,47 Surgentius, 48 Gregorius, 49 Reticius, 50 Ambitausus, 51 Termatius, 52 Merocles, 53 Pardes, 54 Adelfius,55 Hibernius,56 Fortunatus, 57 Aristasius,58 Lampadius,59 Vitalis60 und Maternius, 61Liberius,62Gregorius,63Crescens, 64Avitianus, 65 Dafnus,66Orientalis, 67 Quintasius Victor,68Victor69Epictetus, 70 ewiges Heil im Herrn. Durch das Band der gemeinsamen Liebe und die Einheit (unserer) Mutter, der katholischen Kirche, (wie) mit einer Kette verbunden, grüßen wir, die wir nach dem Willen des höchstfrommen Kaisers uns in Arles versammelten, von da aus dich, glorreichster Papst, mit verdienter Ehrfurcht.

 

Text

Wir hatten hier lästige, unserem Gesetze und unserer Lehre verderbliche und zügellose Menschen71zu ertragen; diese aber hat sowohl die uns zur Seite stehende Auctorität Gottes 72wie auch die Lehre und Regel der Wahrheit derart geschlagen, daß sie weder irgend Etwas mehr zu reden, noch irgend eine Klage mehr vorzubringen oder zu beweisen im Stande waren; so sind sie durch Gottes und der Mutter, der Kirche, Urtheil theils verurtheilt theils zurückgewiesen worden. O daß doch auch du, geliebtester Bruder, dich gewürdiget hättest,73diesem so großen Schauspiele beizuwohnen! Gewiß wäre, glauben wir, gegen Jene ein strengeres Urtheil74 gefällt und unserer Versammlung, wenn auch du zugleich mit uns gerichtet hättest, größere Freude zu Theil s 34>geworden. Aber (du kamst nicht,) weil75du jene Theile (der Kirche) nicht verlassen konntest, in denen auch heute die Apostel den Sitz innehaben 76 und mit ihrem Blute unaufhörlich die Herrlichkeit Gottes bezeugen. Wir aber, theuerster Bruder, hielten es für nothwendig, nicht bloß über das zu verbandeln, wozu wir eingeladen worden waren; sondern wir beschloßen, auch für uns selbst zu sorgen, und weil sich in den verschiedenen Provinzen, aus welchen wir gekommen sind, auch Verschiedenes ereignet, was wir berücksichtigen zu müssen glauben. Wir beschloßen demnach unter dem Beistande des heiligen Geistes und seiner Engel, auch allen denen, welche ….. unseren Entscheid von der gegenwärtigen Ruhe mitzutheilen.77 Auch wurde beschlossen, daß (unsere Entscheidungen) vorher vorzüglich durch dich, der du mit höherer Gewalt betraut bist,78 Allen bekannt gegeben werden. Den Inhalt unserer Beschlüsse aber haben wir dem Schreiben unserer Wenigkeit beigefügt. Vor Allem nun mußten wir im Interesse unseres 79Lebens und Vortheiles darüber verhandeln, daß, weil Einer für Viele gestorben und auferstanden ist, auch von Allen diese80Zeit mit frommem Geiste so beobachtet werde, damit in der Feier einer so erhabenen Andacht keine Theilungen und Verschiedenheiten entstehen können.

 

Beschlüsse

Beschlüsse 81

1. Wir beschließen, daß das Pascha des Herrn auf dem ganzen Erdkreise an einem Tage gehalten werde.

2. Bezüglich Derjenigen auch, welche an was immer für Orten zu Dienern (des Altares) ordinirt wurden, daß sie an diesen Orten selbst verbleiben sollen.

3. Ferner wurde bezüglich Jener, welche die Waffen im Frieden wegwerfen, entschieden, sie von der Gemeinschaft auszuschließen.

4. Über die Wagenlenker des Circus, welche gläubig sind, wurde beschlossen, sie, solange sie (dieses Geschäft) treiben, von der Gemeinschaft zu trennen.

5. Bezüglich Jener, welche krank sind und den Glauben annehmen wollen, entschied man, ihnen die Hand aufzulegen.

6. Bezüglich der Statthalter aber, welche gläubig sind und sich bis zur Statthalterschaft emporschwingen, wurde beschlossen, daß sie zwar bei ihrer Beförderung kirchliche Gememschaftsschrelben erhalten sollen, doch so, daß für sie, wo immer sie ihres Amtes walten, von den Bischöfen dieses Ortes Sorge getragen werde und sie erst dann, wenn sie gegen die Disciplin (der Kirche) zu handeln begonnen hätten, von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.

7. Dasselbe gilt von den städtischen Behörden.

8. Wegen der Africaner, welche ihr eigenes Gesetz der Wiedertaufe haben, wurde entschieden, daß, wenn ein Häretiker zur Kirche kommt, man ihn das Symbolum ausfrage, und daß ihm, wenn man erkennt, daß er auf den Vater und Sohn und hl. Geist getauft ist, bloß die Hand aufgelegt werde. So er aber auf die Frage um das Symbolum nicht mit dieser Dreieinigkeit antwortet, so soll er mit Recht getauft werden u. s. w. Dann ließ er82(der Sache) überdrüssig 83 Alle zu ihren Sitzen zurückkehren. Amen.

 

2. Zweiter Brief der Synode von Arles an Sylvester84

Dem heiligsten Herrn Bruder Silvester — Marinus und die Versammlung der Bischöfe, welche in der Stadt Arles versammelt waren. Was wir in gemeinschaftlicher Berathschlagung beschlossen haben, theilen wir deiner Liebden mit, auf daß Alle wissen, was sie in Zukunft beobachten sollen.85

1. Can. Zuerst bezüglich der Beobachtung des Pascha des Herrn (bestimmten wir), daß dasselbe an einem Tage und zu derselben Zeit auf dem ganzen Erdkreise von uns beobachtet (gefeiert) werde und du der Gewohnheit gemäß (hierüber) an Alle Briefe richten mögest.86

2. Can. In Betreff derer, welche an was immer für Orten zu Dienern (des Altares) ordinirt worden sind, daß sie an diesen Orten verbleiben sollen87

3. Can. Bezüglich Derjenigen, welche die Waffen im Frieden wegwerfen, ist bestimmt, sie von der Gemeinschaft auszuschließen.88

4. Can. Über die (Wagen- und Pferde-) Lenker, welche Gläubige sind, wurde entschieden, sie, so lange sie lenken, von der Gemeinschaft zu entfernen.89

5. Can. Bezüglich der Schauspieler; auch diese werden, so wurde beschlossen, so lange sie (dieses Geschäft) ausüben, von der Gemeinschaft getrennt.

6. Can. In Betreff derer, welche in der Krankheit den Glauben annehmen wollen, wurde verordnet, daß denselben die Hand aufzulegen sei.90

7. Can. Bezüglich der Statthalter, welche sich als Gläubige zur Statthalterschaft emporschwingen, wurde entschieden, daß sie, wenn sie dazu befördert worden sind, kirchliche Gemeinschaftsbriefe erhalten, doch so, daß, an welchen Orten sie immer ihr Amt verwalten mögen, vom Bischof desselben Ortes für sie Sorge getragen werde, und sie erst dann, wenn sie gegen die (kirchliche) Disciplin zu handeln beginnen, von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt von den städtischen Beamten.91

8. Can. In Bezug auf die Africaner, welche ihr eigenes Gesetz der Wiedertaufe haben, ward beschlossen, daß, wenn Einer von der Häresie zur Kirche kommt, man ihn um das Symbolum frage; und ersieht man, daß er auf den Vater und den Sohn und den hl. Geist getauft ist, so soll ihm bloß die Hand aufgelegt werden, damit er den hl. Geist empfange. Gibt er aber auf die Frage nicht diese Dreieinigkeit zur Antwort, so soll er getauft werden.92

9. Can. Bezüglich Derjenigen, welche Bekenner-Briefe beibringen, wurde bestimmt, daß sie nach Tilgung jener Briefe andere Gemeinschaftsbriefe erhalten sollen.93

10. Can. In Betreff Jener, welche ihre Gattinen als ehebrecherisch erkennen, und die selbst im jugendlichen Alter stehen, und denen es verboten ist, (eine Andere) zu heirathen, wurde beschlossen, ihnen so eindringlich als möglich zu rathen, daß sie nicht bei Lebzeiten ihrer Frauen, seien diese auch ehebrecherisch, andere heirathen.94

11. Can. Über gläubige Mädchen, welche sich mit Heiden verehelichen, wurde verordnet, daß sie eine Zeit lang von der Gemeinschaft getrennt werden95

12. Can. Wuchertreibende Kleriker betreffend wurde bestimmt, sie nach dem göttlichen Gesetze von der Gemeinschaft auszuschließen.96

13. Can. Bezüglich Derjenigen, welche die heiligen Bücher oder Gefäße ausgeliefert oder die Namen der Brüder angegeben haben sollen, verordneten wir, daß, wer immer von ihnen aus den öffentlichen Urkunden, nicht nach einer bloßen (Privat-)Anklage (als solcher, als Traditor) erfunden wurde, abgesetzt werde. Denn wenn sie Einige ordinirt haben und die von ihnen Ordinirten tüchtig waren, so soll diesen die Ordination nicht schaden. Weil es auch Viele giebt, die im Widersprüche mit der kirchlichen Regel glauben, sie müßten durch erkaufte Zeugen zur Klageführung zugelassen werden, so sollen Diese durchaus nicht angenommen werden, wenn sie nicht, wie schon gesagt, (ihre Klage) aus den öffentlichen Acten bewiesen haben.97

14. Can. Diejenigen, welche ihre Brüder fälschlich anklagen, sind, wie bestimmt wurde, bis ans Lebensende auszuschließen.

15. Can. In Betreff der Diakonen, welche, wie wir erfuhren, an vielen Orten opfern, wurde verordnet, daß Dieß durchaus nicht geschehen dürfe.98

16. Can. Bezüglich Solcher, welche um ihres Vergehens willen von der Gemeinschaft geschieden werden, wurde verfügt, daß sie an eben denselben Orten, wo sie ausgeschlossen wurden, auch ihre Aufnahme erlangen.

17. Can. Kein Bischof darf einen anderen Bischof belästigen. 99

18. Can. Hinsichtlich der Stadt-Diakonen (verordnen wir), daß sich dieselben nicht so viel anmassen, sondern den Priestern die Ehre lassen und ohne Wissen derselben nicht Solches thun.100

19. Can. In Betreff der fremden Bischöfe, welche in die Stadt zu kommen pflegen, wurde verordnet, daß man dieselben opfern lassen solle.101

20. Can. Bezüglich Solcher, welche sich anmassen, daß sie allein Bischöfe ordiniren dürfen, wurde bestimmt, daß Dieß Keiner wage, ausser mit Zuziehung von sieben anderen Bischöfen. Wenn er aber nicht sieben (zusammenbringen) kann, so wage er es nicht, mit weniger als dreien zu ordiniren.

21. Can. In Beziehung der Priester und Diakonen, welche ihre Orte, in welchen sie ordinirt wurden, zu verlassen pflegen und an andere Örte übersiedeln, wurde angeordnet, daß sie an jenen Orten dienen sollen, für welche sie bestimmt wurden. Wenn sie nach Verlaffung ihrer Orte an einen andern Ort übersiedeln wollen, so sollen sie abgesetzt werden. 102

22. Can. Bezüglich Derjenigen, welche (von der Kirche) abfallen und sich niemals der Kirche vorstellen und nicht einmal Buße zu thun verlangen, wurde bestimmt, daß ihnen, wenn sie in der Krankheit die Communion (das hl. Abendmahl) begehren, die Communion nicht gegeben werden dürfe, ausser wenn sie genesen sind und würdige Früchte der Buße gebracht haben.103

 

 

 

Unechte Schreiben

 

Einleitung

Aufgrund der Bedeutung von Sylvester sind zahlreiche unechte Dokumente erhalten.

 

1. Schreiben der nicänischen Synode an den Papst Silvester. 104

Dem seligsten, mit aller Ehrfurcht zu verehrenden Papste der Stadt Rom, Silvester. (senden) Osius, Bischof der Stadt Corduba der spanischen Provinz, Macarius, Bischof der Stadt Jerusalem, Victor und Vincentius, Priester der Stadt Rom, ordinirt nach deinem Befehle, und die übrigen 318 Bischöfe Gruß im Herrn.

Inhalt: Dieselben übersenden nach hergebrachter Sitte die Beschlüsse des nicänischen Concils, aus dem Griechischen übersetzt, an den Papst, mit der Bitte, er wolle in Rom alle Bischöfe seiner apostolischen Stadt versammeln und die Entscheidungen der nicänischen Synode bestätigen; er möge für das ganze Concil beten. Abschickungstag 24. Juni 325, Ankunftstag des Briefes 20. Oct. 325 unter den Consuln Paulinus und Julianus.

 

2. Antwortschreiben des Bischofes Silvester an die nicänische Synode.105

Silvester, Bischof des apostolischen Stuhles und der heiligen Kirche der verehrungswürdigen katholischen Religion der Stadt Rom, (entbietet) denBrüdern und Mitbischöfen, welche zu dem Nicänischen Concil versammelt sind Gruß im Herrn.

Inhalt: Der Papst bestätigt die nicänische Trinitätslehre durch seine und seiner Schüler Unterschrift, verwirft den falschen Ostercyclus des Victorinus106und approbirt die Disciplinarvorschriften der Synode; Bitte um das Gebet der 318 Bischöfe. Abgeschickt am 28. Okt. 325, angekommen am 10. Febr. 326, als Constantin das siebente Mal und Constantius (sein Sohn) das vierte Mal107Consuln waren.

 

3. Schreiben des Bischofes Silvester

an das Nicänische Concil gerichtet durch den Priester Abundantius und den Diakon Abun- dius unter den Consuln Paulinus und Julianus am 20. Sept.108

Den seligsten heiligen Brüdern und Mitbischöfen und den Mitpriestern, welche im nicänischen Concile versammelt sind, (sendet), der Bischof Silvester, Vorsteher der apostolischen und katholischen Stadt Rom, Gruß im Herrn.

Inhalt: Der Papst macht Mittheilung von einer römischen Diöcesan-Synode, auf welcher der Bischof Victorinus und der Diakon Hippolyt, welche sich an die Manichäer angeschlossen, sowie Jobianus und Calixtus, welche in ihrem Übermuthe sagten, Pascha werde nicht an seinem Tage und Monate, sondern am 22. April gehalten, verurtheilt und excommunicirt worden seien; ebenso sei gegen Photinus, Sabellius und Arius das Anathem ausgesprochen worden; Bestätigung der nicänischen Beschlüsse. Gegeben am 27. Dec..

 

4. Acten des (angeblich 3.) Concils, welches der heil. Papst Silvester in Anwesenheit des Kaisers Constantinus zu Rom in den domitianischen Bädern mit 275 Bischöfen feierte, die von dem hl. Silvester berufen zur Synode gekommen waren. 109

 Inhalt: 1. Can. Silvester bestätigt die Beschlüsse des in Anwesenheit des Kaisers Constantinus gefeierten Nicänischen Concils und belegt die Übertreter derselben mit dem Banne.

2. Can. Alle Bischöfe sollen Ostern vom 14. bis 21. Nisan feiern, besonders den inneliegenden Sonntag.110

3. Can. Jeder dem Concil beiwohnende Bischof soll die Acten desselben unterzeichnen, bei seiner Rückkehr verkünden, damit so die Ordnung bewahrt werde.111

4. Can. Kein Kleriker darf ein weltliches Gericht betreten noch vor ein solches gezogen werden.112

5. Can. Um Priester werden zu können, müsse man 1 Jahr Ostiarius, 20 Jahre Lector, 10 Jahre Exorcist, 5 Jahre Acolyth, 5 Jahre Subdiakon, 5 Jahre Diakon gewesen sein; hat Jemand 6 Jahre würdig im Priesterthume zugebracht und wird er zum Bischofe erwählt, so kann er, nicht zur Befriedigung des Ehrgeizes, sondern in Anerkennung seiner Verdienste dazu erhoben werden 113

6. Can. Kein Bischof darf einem Neubekehrten irgend einen Ordo ertheilen, überhaupt Niemanden ohne Zuziehung der ganzen Kirchen weihen.

 

5. Das angebliche zweite römische Concil

Das angebliche zweite römische Concil mit dem Constitutum (oder Canon) des Silvester.114

 

a) Excerpte aus den Synodalacten des hl. Papstes Silvester115 oder kurzer Epilog zum folgenden Concil.116

Zu den Zeiten des hl. Papstes Silvester und des höchstfrommen Kaisers Constantinus wurde das große Concil zu Nicäa gehalten, wo sich auf die Berufung des Papstes 318 katholische Bischöfe versammelten, welche die reine, unverfälschte Lehre darlegten und den Arius, Photinus und Sabellius und deren Anhänger verdammten. Zu derselben Zeit am 19. (20.) Juni. als das nicänische Concil versammelt war, berief der schon genannte Papst auf den Rath des Kaisers Constantinus 277 117Bischöfe nach Rom und verurtheilte nochmals sowohl den Calistus als den Arius, Photinus und Sabellius und verordnete, daß Niemand den Priester118Arius, auch wenn er sich bekehrt, aufnehme, wenn nicht der Bischof des Ortes ihn aufnimmt und mit dem hl. Chrisma durch die Auflegung der bischöflichen Hände mit der Gnade des hl. Geistes, welche von Häretikern nicht gegeben werden kann, stärkt, (c. 1.) Auch wurde mit allgemeiner Übereinstimmung beschlossen, daß „kein Laie einen Kleriker anzuklagen wagen dürfe,„ 119 sowie daß „der Priester nicht gegen den Bischof, der Diakon nicht gegen den Priester, der Sübdiakon nicht gegen den Diakon, der Akolyth nicht gegen den Sübdiakon, der Exorcist nicht gegen den Akolythen, der Lector nicht gegen den Exorcisten, der Ostiarius nicht gegen den Lector irgend eine Klage vorbringen dürfe;“120„der Bischof solle nur auf 72 Zeugen hin verurtheilt, der oberste Bischof aber von Niemandem gerichtet werden, weil geschrieben steht (Matth. 10, 24): „„Der Schüler ist nicht über den Meister.„” (c. 2.) Ein Cardinalpriester121wird nur mit 44 Zeugen verurtheilt werden, ein Cardinal- diakon der Stadt Rom nur mit 36 122(a0Zeugen), ein Subdiakon, Akolyth, Exorcist, Lector, Ostiarius darf, wie geschrieben steht, nur auf 7123 Zeugen hin verurtheilt werden, (c. 3.) Zeugen und Kläger aber müssen ohne irgend eine entehrende Makel sein,“124Frauen und Kinder haben und ganz rechtgläubig sein.125(c. 4.) Das Zeugniß eines Klerikers gegen einen Laien darf Niemand annehmen; denn „kein Kleriker oder Diakon oder Priester betrete wegen irgend einer Angelegenheit den Gerichtshof, noch wage er es, vor einem weltlichen 126 Richter seine Sache zu verhandeln.127 „Wenn ein Kleriker mit einer Klage gegen einen (anderen) Kleriker den Gerichtshof betritt, so sei er im Banne.„128 (c. 5.) „Ferner hat er auf allgemeinen Rath der Synode verordnet, daß man das Opfer des Altares nicht auf einem seidenen noch auf einem gefärbten Tuche feiern dürfe, sondern auf einem reinen vom Bischöfe consecrirten Linnen, das von natürlichem Flachs gemacht und gewebt ist, gleichwie der Leib unseres Herrn Jesu Christi in einem reinen linnenen Tuche begraben wurde.“ 129 (c. 6.) Wer aber in kirchliche Dienste treten und vorrücken will, muß früher Ostiarius, dann Lector, hernach Exorcist sein, so lange es der Bischof bestimmt, hierauf 5 Jahre Akolyth, 5 Jahre Subdiakon, 5 Jahre Wächter der Märtyrer, 5 Jahre Diakon, 3 Jahre130 Priester und wohl bewährt sein, auch von den ausser (der Kirche) Stehenden ein gutes Zeugniß haben, der Mann e i n e r Frau sein, die aber den Segen des Priesters empfangen hat, und dann mag er, wenn er bewährt ist und Klerus und Volk für ihn stimmen, zum Bischöfe consecrirt werden. (c. 7.) Verbot und Strafe der Feindseligkeiten gegen Bischöfe. (c. 8.) Ebenso verordnete er auf der Synode, daß „kein Priester Messe zu lesen wage, ausser an den vom Bischöfe geweihten Orten, wenn er fernerhin des Priesterstandes theilhaft bleiben wolle.„ 131 (c. 9.) Auch hat er viele von anderen Bischöfen excommunicirte oder von den Tyrannen vertriebene Bischöfe wieder eingesetzt „angeordnet, daß ein überseeischer (Africaner) bei uns durchaus nicht zu den geistlichen Weihegraden zugelassen werden dürfe, wenn er nicht durch die Unterschriften von 5 Bischöfen dazu bestimmt ist.“ 132 (c. 10.)

 

b) Canon oder Constitutum des romischen Bischofs Sylvester, wie der Weihegrad und die Religion zu bewahren sei, zur Zeit des Kaisers Constantinus. 133

Cap. 1. Zu derselben Zeit, als Constantinus, welcher von Sylvester getauft und (hiebei) vom Aussatze befreit wurde, aus Dank hiefür Christum öffentlich pries, berief Sylvester in Übereinkunft mit Constantinus und dessen Mutter eine allgemeine Synode nach Rom in die Domitianischen, jetzt Trajanischen Bäder. Daselbst versammelte er 284134 Bischöfe, welchen der Kaiser Wägen und Getreide anwies; überdieß 57 Bischöfe aus Ägypten, 142135 Priester von Rom, 6 Diakonen, 6 Subdiakonen, 45 Akolythen, 32 Exorcisten, 90 Lectoren von Rom, 14 kirchliche Notare; Laie war Keiner anwesend. (Folgen die Namen der Bischöfe.) Nur die Bischöfe saßen, die Priester aber und die übrigen Kleriker standen hinter den Bischöfen. Zugegen war auch Calpurnius, früher Heide, nachher Christ und Stadtpräfect.

Cap. II. Untersuchung und Verurtheilung der Irrthümer des Calistus, Victorinus und Jovianus;136 Calistus hat (wird zuerst gesagt) mit Sabellius gelehrt, daß es nur e i n e göttliche Person gebe, indem er den Vater und Sohn und hl. Geist nicht gleichstellte, und hat (so heißt es hierauf im Widersprüche mit dem Vorigen) die Dreifaltigkeit gespalten; Victorinus137 aber hat nach seinem Gutdünken gelehrt und falsche Ostercyclen aufgestellt. So sprach der Papst in Gegenwart Aller über Hippolyt, Victorinus und Calistus den Bann aus.

C a p. III. Das oben im Epilogus als 2. und 3. Decret Citirte.

Cap. IV. Die kirchlichen Einkünfte sollen in 4 Theile vertheilt werden, von denen ein Theil dem Bischöfe zukommt, von dem zweiten soll die eine Hälfte für Reparaturen der Kirche, die andere für die Priester verwendet werden, die zwei übrigen Theile find für die übrigen Geistlichen und für die Fremden138bestimmt.139Der Nachlaß der Geistlichen soll, wenn diese keine Verwandten haben, der Kirche zukommen und in die angegebenen vier Theile geschieden werden.

Cap. V. Kein Priester darf das Chrisma bereiten.

Cap. VI. In den Pfarrkirchen sollen nicht mehr als 2 Diakonen angestellt sein, in Rom aber sind 7 Cardinaldiakonen.

C a p. VII. „Vom Subdiacon bis zum Lector sollen Alle dem Cardinal-Diakon der Stadt Rom unterworfen sein und ihm nur in der Kirche Ehre erweisen; dem Bischofe aber sollen die Priester, Diakonen, Subdiakonen, Akolythen, Exorcisten, Lectoren überall, sei es öffentlich oder innerhalb der Kirche, Ehrfurcht bezeigen, als dem Bischofe." 140

Cap. VIII. Den Subdiaconen wird das Heirathen verboten.141

Cap, IX. Kein Lector oder Ostiarius berühre Gefäße, „kein Akolyth reiche eine von dem Priester schon geweihte Sache einem Anderen, ausser er trage Etwas. was ihm der Priester auferlegt, das durch dessen Mund gesegnet ist."142

Cap. X. Kein Bischof soll eine Jungfrau vor dem 72. Jahre zur Braut Christi weihen; erst, wenn sie 72 Jahre alt, durch die Bewahrung der Keuschheit sich erprobt, kann sie durch die Salbung des Scheitels und Verhüllung des Hauptes eine Braut Christi werden143 Hierauf wird berichtet, daß die Bischöfe unterschrieben haben und zuletzt der Stadtpräfect Calpurnius; es unterschrieb auch der Kaiser mit seiner Mutter Helena. Nach einem Gebete (oder einer Rede) des Papstes gieng man aus einander.

[Cap. XI. Nonnen sollen vor dem 25. Jahre nicht eingekleidet werden, damit kein Ärgerniß entstehe, sondern damit der hl. Geist nach Entfernung aller diabolischen Gluth ein reines Gefäß finde.]144

 

Zweite Verhandlung.

Am anderen Tage versammelten sich alle Priester der Stadt Rom und die Diakonen und alle 284 Bischöfe an demselben Orte. Sylvester theilte (die Stadt) in 7 Regionen und übergab sie den Diakonen, deren Namen genannt werden, und von denen er zwei auf Wunsch des Volkes und Clerus erst ordinirte; hierauf verordnete er:

Kap. XI. Wer Bischof werden will, muß 30 Jahre Lector sein, 1 Tag Exorcist, 10 Jahre Akolyth, 5 Jahre Subdiakon, hierauf nach einer Prüfung durch 30 Priester 7 Jahre lang Diakon, 3 Jahre Priester; dann mag er, wenn er vom Volke und Klerus seiner Heiligkeit wegen zum Bischöfe verlangt wird. dazu consecrirt werden.145— Auf die Aufforderung des Papstes an die Bischöfe, frei zu sagen, was ihnen hiegegen als gerecht zu bemerken scheine, erwiderten sie: Die Gerechtigkeit wird siegen und die Heiligkeit weicht nicht von dir; wir werden deine Aussprüche nicht richten; hierauf fordert der Papst, daß sie seine Anordnungen durch ihre Unterschriften bestätigen.

Cap. XII. Niemand lege Einem eine Buße auf, ausser einem 40jährigen, der es verlangt; die Taufe aber spendet Allen predigend.

Cap. XIII. Keiner, der nicht beim Eintritte in den Ehestand den „himmlischen Schleier" vom Priester empfangen hat, darf in den Klerus aufgenommen werden.146

Cap. XIV. S. oben das 4. Decret.

Cap. XV. Niemand darf irgend einen Kleriker öffentlich ausfragen, ausser in der Kirche.

Cap. XVI. S. oben das 5. Decret.

Cap. XVII. „Niemand soll einen sündigenden Kleriker mit Prügel strafen: kein Priester, kein Diakon, kein Bischof lasse einen Kleriker oder Diener der Kirche zum Prügel führen. Wenn es aber der Fall des Klerikers so fordert, so werde er auf drei Tage seines Amtes entsetzt und kehre dann reumüthig zur Kirche, der Mutter, zurück."147

Cap. XVIII. Kein Diakon soll einen Priester wegen eines schändlichen Verbrechens anklagen.

Cap. XIX. Kein Priester darf vom Tage seines Priesterthumes an eine Ehe schließen. Thut er es dennoch, so soll er auf 2 Jahre148 deponirt werden.

Cap. XX. „Niemand kann den ersten Stuhl richten, weil alle Stühle von dem ersten Stuhle in Gerechtigkeit geleitet werden wollen; weder vom Kaiser, noch vom ganzen Klerus, noch vom Volke kann der Richter gerichtet werden." 149Es unterschrieben 284 Bischöfe und 42 Priester, 7 Diakonen, der Kaiser Constantin und dessen Mutter Helena. Diesen Canon hat Silvester fixirt und in Rom und an alle Bischöfe vertheilt am 30. Mai, als der Kaiser Constantin das 3. Mal und Priscus Consuln waren.150

 

6. Pseudoisidorisches Schreiben über die Uranfänge der Kirche und die Synode von Nicäa.151

Niemandem, der die hl. Schriften liest, ist es unbekannt, daß im Anfange der entstehenden Kirche Alle, die ein Herz und eine Seele waren, ihre Äcker und Besitzungen ver- kauften, von deren Erlös ein Jeder erhielt, so viel er bedürfte.152Die Apostel, denen der Herr aufgetragen hatte: „Gehet in die ganze Welt„153 u. s. w. und es daher bekannt war, daß sie aus Judäa sich über die ganze Erde zerstreuen werden, und die voraus sahen, daß die Kirche unter den Heiden sein werde, erwarben deßhalb dort keine Besitzungen, sondern nur deren Erlös zur Unterstützung der Nothleidenden. Als sich aber trotz aller Stürme und des Widerstandes der Welt die Kirche immer mehr ausbreitete, kam es so weit, daß nicht nur die Völker, sondern auch die römischen Kaiser, welche fast den ganzen Erdkreis beherrschten, Christi Glauben annahmen und sich taufen ließen. (c. 1.) Unter diesen hat als der erste Constantinus, ein höchst frommer Mann, den Glauben öffentlich angenommen und in seinem ganzen Reiche nicht nur gestattet, daß alle seine Unterthanen Christen werden, sondern daß sie sich auch Kirchen erbauen und Besitzungen erwerben können. Derselbe beschenkte auch auf das reichlichste die römische Kirche, ließ daselbst einen Tempel bauen und verließ die bisherige Residenz der römischen Kaiser, welche er dem hl. Petrus und seinen Nachfolgern überließ, (c. 2.) Derselbe, als er der in Nicäa versammelten Synode präsidirte und die an ihn von Einzelnen gebrachten Klagen vernahm, sagte: Ihr könnt von Niemanden gerichtet werden, weil ihr dem Gerichte Gottes vorbehalten seid; denn ihr heisset Götter, deßhalb könnt ihr nicht von Menschen gerichtet werden. (c. 3.) Von jener Zeit an haben gottesfürchtige Männer nicht nur ihre Besitzungen und Güter, sondern auch sich selbst dem Herrn geweiht, indem sie auf ihren Grundstücken Basiliken zu Ehren der hl. Märtyrer erbauten, in den Städten unzählige Klöster, in denen sich eine Schaar von Dienern Gottes versammelte.“154Deßhalb haben hernach die Könige und Obrigkeiten auch selbst überall zur Unterstützung der Armen, zur Erbauung von Kirchen und zum Unterhalte der Diener Gottes Geschenke gemacht, damit diese, nach der Mahnung des Apostels, dem Gebete und der Danksagung sich widmen können für alle Menschen und für die Obrigkeiten, damit Alle ein ruhiges und friedliches Leben führen können. (c. 4.) Keiner, der sich dem Dienste Gottes weihet, darf Dieß um schnöden Gewinnes willen thun oder sich in weltliche Angelegenheiten verwickeln, (c. 5.) „Die früher erwähnte Synode verordnete, daß fernerhin kein Kleriker Besitzungen pachten und sich in weltliche Händel mischen dürfe, ausser der Sorge für Waisen und Wittwen oder wenn ihm etwa der Bischof der Stadt die Besorgung des kirchlichen Besitzes überträgt, wie es klar ist, daß anders sind die weltlichen Geschäfte, anders die kirchlichen, (c. 6.) Lebte Moyses nicht in der Welt, obwohl er häufig in das (hl.) Zelt ein- und ausgieng, er, der innen von der Betrachtung hingerissen, aussen mit den Geschäften der Schwachen belastet war?„155Nach seinem Beispiele sollen die Priester der Kirche nach ihren äusserlichen Geschäften und Sorgen für die Untergebenen nach innen zur Betrachtung der (göttlichen) Gebote zurückkehren. „So sah auch Jacob die Engel auf- und niedersteigen, weil nemlich die Vorsteher der Kirche nicht nur in der Betrachtung Gottes nach dem verlangen, was oben ist, sondern auch, indem sie sich der Glieder derselben erbarmen, herabsteigen. So handelnd bewahren die Priester sich und tragen die Lasten der Untergebenen.“156Dann sind sie so, wie der Apostel sagt,157 und gebrauchen die Welt, als brauchten sie dieselbe nicht, und freuen sich, als freuten sie sich nicht.

 

7. Schreiben des Papstes an die Bischöfe Galliens über die Privilegien des Bischofes v. Vienne.

Silvester, der Papst, an alle Bischöfe Galliens und der 7 Provinzen.

Der 1. Theil, ist völlig gleichlautend mit dem 1. Cap. des 1. Briefes des P. Zosimus an die gallischen Bischöfe, nur wird das Recht, allen übrigen Bischöfen Galliens Empfehlungsschreiben zu geben (wenn sie nach Rom reisen), statt dem Metropoliten von Arles hier dem Bischofe Paschasius von Vienne und seinen Nachfolgern verliehen. Im 2. Theile werden die 7 dem Vienner Metropoliten unterstehenden Provinzen 158aufgezählt: 1. Vienne. 2. u. 3. Narbonne (1. u. 2.), 4. Aquitanien (1.) oder Bourges, 5. Aquitanien (2.) oder Bordeaux. 6. Guyenne, 7. Ebrodunum.159

 

8. Schreiben des Papstes an Agritius, Bischof von Trier.160

Einleitung. In der zwischen 1050 und 1070 verfaßten Lebensbeschreibung des hl. Agricius161 wird erzählt, daß der Cäsar Constantius (Chlorus), welcher zu Trier seine Residenz hatte, den ihm aus einer hochadeligen Frau dieser Stadt, Namens Helena, geborenen Sohn Constantinus als Cäsar in Gallien zurückließ. Als diese, die Mutter des späteren Alleinherrschers und Kaisers Constantinus, mit Gottes Hilfe in Jerusalem das heilige Kreuz auffand, bat sie den Papst Sylvester, er möge sich ihrer Vaterstadt Trier erbarmen und ihr einen geeigneten Lehrer und Bischof geben; der Papst habe nun den antiochenischen Patriarchen Agricius dazu erwählt, der hierauf mit vielen und kostbaren Reliquien von der Kaiserin beschenkt sich dahin begab und vom Papste Sylvester mit großen Privilegien ausgestattet wurde; hierauf führt der Biograph unseren Brief an.

Inhalt: Sylvester bestätiget den dem Bischöfe von Trier über die übrigen Bischöfe Galliens und Germaniens, nemlich Eucharius, Valerius und Maternus, von dem Apostelfürsten Petrus verliehenen Primat zu Ehren der erlauchten Frau Helena, welche ihre Vaterstadt auch durch den aus Judäa übertragenen Apostel Mathias zugleich mit dem Rocke und einem Nagel des Herrn, einem Zahne des hl. Petrus, den Sandalen des hl. Apostels Andreas, dem Haupte des Papstes Cornelius und vielen anderen Reliquien so großartig auszeichnete. Wer dieses Privilegium wissentlich mißachtet, verfällt dem Banne.162

 

9. Brief des Kaisers Constantinus an den Papst Silvester (Die sog. Schenkungsurkunde oder goldene Bulle Constantins.)163

 

Einleitung.164

Über Ort und Zeit der Entstehung dieses Documentes wie über seinen Verfasser und dessen Tendenz sind die schiedensten Hypothesen aufgetaucht, zu deren Beurtheilung eine kurze Geschichte des Documentes dienen möge. Die für spätere Zeiten so wichtig gewordene Thatsache, daß der erste christliche Kaiser, anstatt Rom zu seinem Sitze zu wählen, sich eine neue Residenz am Bosporus erbaute, wodurch in der alten Weltstadt der Glanz des Pontificates immer reicher sich entfalten konnte, ungehindert von der kaiserlichen Majestät, hat zu den berühmten Constantin-Sagen, darunter auch unserer Urkunde Anlaß gegeben. Die erste Spur derselben glaubte man165 in einem Briefe des P. Hadrian I. an Carl den Gr. v. J. 777 aufgefunden zu haben; allein Cenni166hat schlagend nachgewiesen, daß P. Hadrian I. diese erdichtete Urkunde gar nicht kannte; auch keiner seiner nächsten Nachfolger, auch nicht Nicolaus 1., der in seinen Briefen an Kaiser Michael III. so sehr die Würde seines Stuhles und die ihm von den christlichen Kaisern erwiesenen Ehren hervorgehoben hat, kannte sie. Zuerst begegnet uns das fragliche Document in einem s. g. Colbertinischen Codex (3368) einer gallischen Canonensammlung, welcher vor Pseudoisidor entstanden und sicher fränkischen Ursprungs ist; aber auch in diese wurde es erst später eingefügt. Dem Frankenreiche gehören auch die drei Autoren an, die zuerst im 9. Jahrh, dieses Stück anführen: Äneas, B. von Paris (um 868), Ado von Vienne († 875) und Hincmar von Rheims († 882). Im ganzen 10. Jahrh. findet sich, wenn wir von Luitprand und von einer nicht unverdächtigen Schenkungsurkunde Otto’s III. v. 999167absehen, keine Spur unserer Urkunde. Erst im 11. Jahrh. führte der aus Lothringen gebürtige Bruno, Bisch. von Toul. als Papst Leo IX. zuerst in seinem Briefe an Michael Cärularius längere Stellen aus unserem Documente an, dessen Echtheit er nicht bezweifelte. Dagegen bedient stch Gregor VII., der so oft sich darauf hätte stützen können, desselben nirgends. Nachdem unsere Urkunde zuerst in fränkische Canonensammlungen, die oben erwähnte, bald darauf in die pseudoisidorische aufgenommen und so allmählig bekannter wurde, nabmen sie auch Anselm von Lucca und der Cardinal Deusdedit in ihre Rechtssammlungen auf. Weit größeres Ansehen aber erhielt dasselbe im 12. Jahrh., seit Gratian’s Schüler es dessen Decrete einverleibten, und wurden bald größere, bald kleinere Theile desselben nach Bedürfniß zur Entscheidung von Streitigkeiten angeführt. Bald wurde das Document auch von den Griechen verwerthet, so zuerst von Theodor Balsamon, der bei der angeblichen Gleichstellung von Alt- und Neurom die Ehre und Macht des byzantinischen Klerus dadurch stützen zu können glaubte, wie das nachher auch Matthäus Blastares that, der eine andere (vielleicht auch kürzere) Recension vor sich hatte. Die Griechen, welche es kennen lernten, ließen es als echt gelten. Ebenso setzten die Wendländischen Häretiker die Echtheit voraus, auch diejenigen, welche die völlige Armuth des Klerus forderten, die Waldenser, die Begharden u. s. w.; sie behaupteten in der Regel Konstantin habe geirrt, als er die Kirche mit irdischem Besitze ausstattete. Auch die späteren Vertreter der weltlichen Gewalt beanstandeten noch lange nicht die Authentie des Actenstückes; sie machten nur verschiedene Einwände gegen die Rechtsgiltigkeit und Verbindlichkeit desselben. Auffallender Weise beriefen sich hingegen die Päpste des Mittelalters selten und da nur oberflächlich auf dasselbe und bringen ganz andere Belege für die Machtäusserungen des apostolischen Stuhles bei. Seit dem 15. Jahrh. wurde in Italien unter den Augen der Päpste die Supposition der Schenkungsurkunde erörtert, besonders seit Laurentius Valla. Trotzdem aber fanden sich noch bis in’s 17. Jahrh. Vertheidiger genug; noch um 1570 zählte der berühmteFranz Burfatus 22 Canonisten und 73 Juristen namentlich auf, die alle in der Annahme der Echtheit einig seien; seit Baronius aber, der in seinen Annalen an verschiedenen Stellen die Fälschung der Urkunde nachwies, nahm ihre Zahl immer mehr ab, und endlich war die Supposition völlig unbestritten.

 

Autor und Tendenz der Fälschung

Umsomehr suchte man jetzt den Vater und die Tendenz des Schriftstückes zu eruiren. Natalis Alexander168zählt folgende Hypothesen auf: 1) Die des Varonius, welcher meinte, unsere Urkunde sei von den Griechen verfaßt worden zum Beweise, daß der kirchliche Primat von den Kaisern, nicht von Christus eingesetzt worden sei; allein gibt man auch zu, daß in unserem Documente Silvester als der vom Kaiser erklärte Primas und Papst erscheint, so ist doch die Hypothese des Baronius schon deßhalb unhaltbar, wel in demselben die griechischen Patriarchen ausdrücklich dem Papste unterworfen werden, was in eine Parteitendenzschrift schismatischer Griechen gewiß nicht paßt. 2) Die des Johannes Morinus, welcher den in dem oben erwähnten Schreiben Otto’s III. bezeichneten „Diakon Johann mit den verstümmelten Fingern„ als Autor der Schenkungsacte annimmt, und weil ein solcher sonst nirgends erscheint, will Morinus denselben in jenem Diakon Johannes erkennen, der im J. 963 vom P. Johann XII. aus Rache für die Vertreibung vom päpstlichen Stuhle durch Otto I. als ergebener Agent desselben an Zunge, Nase und zwei Fingern verstümmelt wurde; aber unsere Urkunde war schon mehr als 100 Jahren bekannt und stand schon 850 in Pseudoisidors Sammlung.169 3) Die ganz unbegründete Vermuthung des Bischofes Petrus de Marca, welcher die Fälschung dem römischen Papste im Einverständnisse mit Pipin zuschreibt, und zwar hätten diese dadurch den Ansprüchen der griechischen Kaiser auf die von Pipin eroberten und dem Papste geschenkten Länder begegnen wollen. 4) Am Schlüsse fügt Natalis seine eigene Ansicht an, indem er Pseudoisidor für den Vater des fraglichen Schriftstückes erklärt; aber auch dieser Meinung können wir natürlich nicht beitreten. Wir müssen wohl darauf verzichten, den Verfasser unseres Documentes zu constatiren und uns damit begnügen, erklären zu können, daß dasselbe wohl nicht lange vor Pseudo-Isidor höchst wahrscheinlich dort, wo es zuerst bekannt und benutzt wurde, entstanden sei, also im Frankenreiche. Dem Verfasser lag als Materiale Wahres und Erdichtetes vor; denn es ist gewiß, daß „seit dem zweiten Dritttheil des 4. Jahrh. und aus Anlaß der Bekehrung Constantins zum Christenthume ein Kirchenstaat emporkeimte, sofern theils Constantin selbst,170theils in Folge der Gesetze, welche er oder seine nächsten Nachfolger zu Gunsten des Christenthumes erließen, Tausende reicher Eigenthümer ausgedehnte Latifundien an Petri Stuhl vergabten, welche nach und nach zu mehr oder minder geschlossenen Ganzen anschwollen; erdichtet dagegen ist, daß Constantin eine Schenkungsurkunde ausfertigte, welche Rom und Italien oder gar die Herrschaft über das gesammte Abendland dem Stuhle Petri zusprach. Die Volkssage liebt es überall, das große Messer zu füh- ren, insbesondere aber Erscheinungen, welche die Frucht allgemeiner Verhältnisse sind, an bestimmte Persönlichkeiten, die auf die fraglichen Verhältnisse einwirkten, anzuknüpfen. Die sog. goldene Bulle Constantins aber ist allen Anzeichen nach ursprünglich aus der Volkssage herausgewachsen.“171 Die thatsächlichen Schenkungen und Privilegiumsverleihungen Constantins an die Kirche und ihre Diener schmückte der Impostor größtentheils mit den in den apokryphen Acten des P.Sylvester172niedergelegten Legenden und mit den Ideen seiner Zeit in roher Form und grellen Übertreibungen aus. Eine bestimmte Absicht getraue ich mir demselben nicht unterzuschieben, wenn man sie nicht etwa in dem Bestreben der damaligen Zeit finden will, für alles Bestehende oder in der Entwicklung Begriffene alte Documente zu finden oder zu erfinden; und gerade diese unsere Schenküngsurkunde möchte ich keine glückliche Erfindung nennen; denn für das Accidentelle, Materielle, für die unerhört und unsinnig große weltliche Macht, die dem Papste zugetheilt wird und den Stempel der Lüge oder Übertreibung an der Stirne trägt,173 ist das Wesentliche, Geistliche, der göttliche Primat des Papstes preisgegeben und dem kaiserlichen Machtspruche zu verdanken. Die von Gfrörer174 beliebte Hypothese, daß unser Document von einem dem Könige Carl dem Kahlen ergebenen fränkischen Bischöfe gemacht sei, um gegen den Kaiser Ludwig II., welcher sämmtliches Kirchengut einzuziehen und seinen Thron in Rom selbst aufzurichten strebte, zu opponiren, ist chronologisch unhaltbar. Döllinger (I. c. S. 69 ff.) läßt unsere Urkunde von einem römischen Kleriker zwischen den Jahren 750 und 774 in der Absicht fabriciren, um den Anspruch der Päpste auf ganz Italien als einen rechtmäßigen, schon von dem ersten christlichen Kaiser gewollten zu documentiren; dagegen kann man wohl mit Recht entgegnen, daß das Document, wenn es auf Anstiften der Päpste gefälscht worden wäre, bezüglich der geistlichen Macht gewiß ganz anders hätte lauten müssen, daß es ferner unbegreiflich wäre, ein falsches Document zu seinen Gunsten zu erdichten und dasselbe dann nicht zu benutzen; Döllinger selbst gesteht, daß seit Hadrian I. kein Papst mehr sich darauf berief bis zu Leo IX., also bis 1053; wie will man es endlich erklären, daß ein angeblich in Rom verfertigtes Document in Italien so lange unbekannt und unbenutzt geblieben, dagegen im Frankenreiche seit der Hälfte des 9. Jahrh. allgemein verbreitet war?

Das Document selbst, welches in mehreren griechischen und lateinischen Recensionen existirt und hier nach Pseudo-Isidor übersetzt erscheint, theilt sich in zwei Abschnitte, deren erster, eine Art Prolog, die Taufe Constantins durch den P. Sylvester in Rom und das Glaubensbekenntniß desselben erzählt, der zweite aber die eigentliche Schenkung enthält.

 

1.

Im Namen der heil. und untheilbaren Dreifaltigkeit, des Vaters, des Sohnes und des heil. Geistes, der Kaiser Cäsar Flavius Constantinus, in Christus Jesus, Einem derselben heil. Dreifaltigkeit, dem Erlöser, unserem Herrn und Gott, gläubig, milde, groß, wohlthätig, (Herr) der Alemannen, Gothen, Sarmaten, Germanen, Britanen, Hunnen, fromm, glücklich, Sieger und Triumphator, immer erlaucht, an den heiligsten und seligsten Vater der Väter Silvester, Bischof von Rom und Papst und allen seinen Nachfolgern, welche auf dem Stuhle des hl. Petrus bis an’s Ende der Welt sitzen werden, sowie an alle ehrwürdigsten und von Gott geliebten katholischen, durch diese unsere kaiserliche Verordnung der hochheiligen römischen Kirche auf dem ganzen Erdkreise unterworfenen Bischöfe für jetzt und in Zukunft: Gnade, Friede, Liebe, Freude. Langmuth, Erbarmen von Gott dem allmächtigen Vater und Jesus Christus, seinem Sohne, und dem heil. Geiste (sei) mit euch Allen.

Was unser Erlöser und Herr Jesus Christus durch unseren Vater, den höchsten Pontifex Silvester, zu thun sich würdigte, wollen wir allen Völkern verkündigen. Zuerst unseren Glauben, in welchem wir von unserem Vater Silvester unterrichtet wurden; von dem Götzendienste und allem Pompe des Satans haben wir uns losgesagt und uns zu dem Glauben an Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren, und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn unsern Herrn, durch welchen Alles geschaffen ist, und an den hl. Geist, den Herrn und Lebendigmacher aller Creatur, gewendet. (c. 1.) Nähere Auseinandersetzung des Trinitäts- und Incarnationsgeheimnisses nach der Lehre des Papstes, (c. 2.) Deßhalb fordern wir alle Völker auf, mit uns denselben Gott zu ehren und anzubeten, (c. 3.) Gott, der sich meiner erbarmte, sandte mir seine Apostel, um mich zum Lichte der Wahrheit zu führen. Da ich von einem starken Aussatze befallen bei den Ärzten vergebens Hilfe suchte, erklärten die capitolinischen Priester, daß ich durch ein Bad in dem noch warmen Blute getödteter Kinder geheilt werden könne; schon war Alles bereit, aber die Thränen der Mütter schreckten mich von dieser Unthat zurück. In der darauf- folgenden Nacht erscheinen mir die hl. Apostel Petrus und Paulus und sagen mir. sie seien von ihrem Herrn und Gott Jesus Christus geschickt worden, um mir, weil ich den Verfolgungen ein Ende machte, ein Mittel zu meiner Wiedergenesung anzurathen; gehe, sagten sie, zu dem Bischofe Silvester, der sich bei dem Berge Soractes verborgen hält, er wird dir einen Teich zeigen, in welchem du, wenn du dreimal dich untergetaucht haben wirst, vom Aussatze gänzlich befreit werden wirst; als Dank dafür verordne, daß im ganzen Reiche alle Kirchen wieder hergestellt werden; dich selbst aber reinige von allem Götzendienste und bete den allein wahren und lebendigen Gott an. Vom Schlafe erwachend begab ich mich sogleich zu Silvester, unserem erhabenen Vater und Lehrer, erzählte ihm Alles und fragte ihn, was Petrus und Paulus für Götter wären, worauf er mir antwortete, es wären nicht Götter, sondern Apostel unseres Herrn Jesu Christi. Hierauf fragte ich wieder, ob er ein Bild der Apostel habe, um sie daraus kennen zu lernen; als er dasselbe durch einen Diakon herbei bringen ließ, erklärte ich vor allen meinen Begleitern, daß es Dieselben seien, welche ich im Schlafe gesehen hatte. Alsbald schrieb mir der Papst Silvester eine Zeit der Buße in unserem Lateranensischen Palaste vor, damit ich durch Wachen, Fasten, Thränen und Gebet für meine Sünden Verzeihung erlange. Nach der Händeauflegung der Kleriker kam ich Zum Bischofe selbst, welcher mich, nachdem ich dem Satan und allem seinem Pompe und Werken und allen Götzen widersagt und den Glauben an Gott und Jesus Christus bekannt hatte, in dreimaliger Untertauchung mit dem Wasser des Heiles reinigte. (c. 4.)

 

2.

Alsdann wurde ich mit weissen Kleidern angethan und gefirmt; ich erkannte nun den einen wahren Gott und daß alle Götter der Heiden Dämonen seien und das Werk von Menschenhänden; auch lernte ich die wunderbare und herrliche Gewalt, welche Petrus vom Herrn erhalten, kennen, daß, was er lösen oder binden werde auf Erden, auch gelöset oder gebunden sei im Himmel. Deßhalb „haben wir es für nützlich erachtet zugleich mit unseren Satrapen und dem ganzen Senate, den Optimaten und dem ganzen römischen, unserer Herrschaft unterworfenen Volke, daß, sowie ein Stellvertreter des Sohnes Gottes auf Erden bestellt wurde, so auch die Bischöfe, welch die Stelle des Apostelfürsten vertreten, mehr Gewalt als unsere irdische Gewalt ist, von uns und unserem Reich übertragen erhalten, indem wir uns den Apostelfürsten und seine Stellvertreter zu kräftigen Patronen bei Gott erwählen, und sowie unsere Gewalt eine irdische kaiserliche ist, so wollen wir auch die heilige römische Kirche in Ehrfurcht verehren und mehr als unsere Herrschaft und als unseren irdischen Thron den hochheiligen Sitz des seligen Petrus glorreich erhöhen, indem wir ihm die Macht und den Rang der Ehre und die Kraft und kaiserliche Ehrenbezeigung verleihen und verordnen, daß er den Vorrang habe sowohl über die vier Hauptsitze von Antiochien, Alexandrien, Constantinopel und Jerusalem, als auch über alle Kirchen Gottes auf der ganzen Erde. Der jeweilige Bischof dieser hochheiligen, römischen Kirche soll erhaben und der Erste sein unter allen Priestern der ganzen Welt, und Alles, was in Betreff der Gottesverehrnng und zur Befestigung des christlichen Glaubens anzuordnen ist, soll nach seinem Urtheile angeordnet werden.„ 175Denn es ist gerecht, daß das heil. Gesetz dort seine oberste Herrschaft habe, wo der Gesetzgeber, unser Erlöser wollte, daß der selige Petrus die apostolische Cathedra innehabe, wo derselbe durch die Kreuzigung seinen Meister und Herrn nachahmte, daß dort die Heiden ihre Nacken beugen um Christi willen, wo ihr Lehrer, der hl. Apostel Paulus, mit Darreichung seines Nackens den Martertod erlitten hat, und dort demüthig im Dienste des himmlischen Königes dienen, wo sie (bisher) stolz der Herrschaft eines irdischen Königs dienten. Alle mögen wissen, daß wir innerhalb unseres lateranensischen Palastes unserem Herrn und Erlöser Jesus Christus eine Kirche mit einem Baptisterium von Grund erbaut und daß wir nach der Zwölfzahl der Apostel von dem Fundamente 12 mit Erde gefüllte Körbe auf unseren eigenen Schultern davon getragen haben; dieselbe soll als die erste und Hauptkirche auf der ganzen Erde verehrt werden. Daselbst haben wir die heil. Leiber der Apostelfürsten Petrus und Paulus und das Kreuz, in kostbare Edelsteine und Gold eingehüllt, aufbewahrt und „haben wir diesen Kirchen zur Erhaltung der Lichter176 Güter und verschiedene Besitzungen übergeben und durch unseren kaiserlichen Befehl im Osten und Westen, im Norden und Süden, in Judäa, Griechenland, Asien, Thracien, Africa und Italien und auf den verschiedenen Inseln ihnen überlassen, so zwar, daß Alles nach dem Auftrag unseres seligsten Vaters, des Bischofes Silvester und seiner Nachfolger angeordnet wird.“177

 

3.

Mit uns mögen Alle allüberall sich erfreuen und Gott Dank sagen, daß er sich würdigte, uns durch seine hl. Apostel heimzusuchen, zum Empfange der hl. Taufe zu leiten und die Gesundheit des Körpers zu verleihen; dafür überlassen wir denselben hl. Aposteln, meinen seligsten Herrn Petrus und Paulus, und durch sie 178 „dem seligsten Silvester, unserem Vater, dem obersten Bischofe und allgemeinen Papste der Stadt Rom, und allen seinen Nachfolgern, welche bis zum Ende der Welt den Stuhl des seligen Apostels Petrus einnehmen werden, und übergeben nun unseren lateranensischen Kaiserpalast, welcher alle Paläste der ganzen Erde überragt, dann das Diadem, die Krone unseres Hauptes nemlich und zugleich das Phrygium,179sowie auch das Schultertuch, nem- lich das Lorum,180welches den kaiserlichen Nacken zu umgeben pflegt, aber auch den Purpurmantel und das scharlachrothe Unterkleid und alle kaiserlichen Gewänder, auch die kaiserliche Auszeichnung der Vorreiter, die kaiserlichen Scepter und alle Banner und Fahnen und die verschiedenen kaiserlichen Verzierungen und den ganzen Aufzug der kaiserlichen Hoheit und die Ehre unserer Macht.181

 

4.