Die Dämonen des Anthropozän - Dr. med Ulrich Kübler - E-Book

Die Dämonen des Anthropozän E-Book

Dr. med Ulrich Kübler

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Beschreibung

Die mythologische Geschichte des Golems setzt sich heute mit Gen-Scheren, künstlichen Intelligenzen und selbstlernenden neuronalen Netzwerken fort. Es soll ein künstliches Bewusstsein geschaffen werden. Man will den digitalisierbaren und digitalisierten Menschen und letzten Endes ihn und seine Zellen, ja die ganze Natur ins Internet einbauen. Hier wird ein heiliger Bereich betreten, nämlich der der Zelle. Bisher waren die Zellen der Pflanzen, der Tiere und der Menschen Mittlerinnen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wir wollen nun die Zukunft verändern, in Besitz nehmen, mitgestalten, indem wir Dinge tun, deren Folgen wir wahrscheinlich selbst nicht mehr erleben werden. Wir benötigen eine Art von ethischem Imperativ, eine Ethik für die Anwendung künstlicher Intelligenzen und in Bezug auf die Eingriffe in genomische Datenspeicher. Wir dürfen nicht alles wollen, was wir können. Selbstlernende Systeme steuern bereits den Börsenbereich, Flugzeug und bald Autos. Sie sind zu einem produzierenden Faktor geworden, aber auch im Bereich der Zellen zu einem verändernden Faktor. Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Digitale Transaktionsprotokolle werden dann immer häufiger Entscheidungs- und Handlungsbasis sein. Ohne eine entsprechende Szenariotechnik mit Datamonitoring und Bibliometrie unter Einbeziehung neuronaler Netzwerke, wird die Angelegenheit entgleisen. Wir müssen Rücksicht auf die Evolution nehmen und Respekt vor dieser haben, wenn wir Mitschöpfer werden. Nicht nur das genomische, sondern auch das epigenomische Profil verdient diese Rücksichtnahme. Wollen wir die optimierten oder digitalisierten Sklaven des Internetkapitalismus und der selbstlernenden Algorithmen künstlicher Intelligenzen sein? Dies ermöglicht fraglos die bessere Vermarktung von Menschen und Zellen, aber verstärkt auch das Manipulations- und Ausgrenzungspotenzial. Informierte Entscheidungen sind nötig. Dieses Essay soll dabei helfen.

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Dr. med. Ulrich Kübler

Die Dämonen desAnthropozän

Copyright: © 2016 Dr. med. Ulrich Kübler

Lektorat: Erik Kinting /www.buchlektorat.net

Umschlag & Satz: Erik Kinting

Titelbild: © LuisPortugal, istockphoto.com

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Gibt es noch leere Räume, ungestörte Träume?

Anthropozän nennt man das von menschlichen Handlungen und Technologien geprägte Zeitalter der Erde. Als Erster verwendete der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen diesen Begriff.

Das Anthropozän erschüttert das historische Kontinuum zwischen Mensch und Natur immer heftiger.

Der Mensch ist ein Täter in geohistorischer Dimension. Die bisherige Globalisierung war eine rücksichtslose Raubritterei; der Mensch griff gewaltig in die Biosphäre ein und geht jetzt auf die Jagd nach den letzten Rohstoffen.

Es entsteht Zellkontrolle

Körper-Kontrolle

Zu transhumanen Parallelschöpfungen

»Es laufen in den USA bereits Versuche, um menschliche Organe in Tieren zu züchten und Mischwesen zu erzeugen. Menschliche Stammzellen werden zu diesem Zweck in wenige Tage alte Schweineembryonen injiziert. Der Embryo wird in ein Muttertier eingepflanzt, die menschlichen Stammzellen ersetzen das fehlende Organ und bilden ein menschliches Herz oder sonstiges Organ. Sobald das Schwein gross genug ist, wird es geschlachtet und das Menschenherz soll in den Menschen transplantiert werden.« 4 Mit Pavianen als Empfänger so erzeugter Herzen hat man scheinbar bereits erfolgreich experimentiert.

»Kritiker befürchten, dass die Schaffung solcher Mischwesen außer Kontrolle gerät: Wie viele humane Nervenzellen benötigt ein Schwein, um menschliche Intelligenz zu entwickeln?«5

Andererseits wäre es unter Umständen und unter Begrenzung der Begehrlichkeiten ein Weg, die mit der sogenannten Organspende verbundenen Komplikationen, Verknappungen und kriminellen Auswüchse (Organhandel) zu vermeiden.

Künstliche Intelligenzen entstehen

Noch antworten die Suchmaschinen, bald stellen sie Fragen und Kampfmaschinen wie Drohnen entscheiden schon heute über Tod und Leben.

Das sind Fragen und Taten von immenser ethischer und globaler Bedeutung. Es stellen sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen und Aufgaben:

Wer sichert die faire Daten-Hoheit oder wie gewinnen wir diese zurück? Brauchen wir einen europäischen digitalen Souveränitätsakt? Denn die Allianz aus Silicon Valley, Internet und Geheimdiensten teilt die Welt wie in einem mittelalterlichen Feudalstaat in Cloudies und Non-Cloudies, Abgehörte und Gespeicherte und noch nicht Abgehörte und noch nicht Gespeicherte ein. Der Mensch ist kein Individuum mehr, sondern ein Datensatz in einer Daten-Cloud.

Das darf nicht sein.

In Zeiten fast exponentiell wachsender technischer Möglichkeiten gilt:

Werden personenbezogen erhobene Daten letztendlich zu analytischen und kommerziellen Zwecken gespeichert, sind sie als geldwerte Leistung zu qualifizieren und bedingen eine in Geldwert auszuweisende Gegenleistung – der digitale Kapitalismus bedarf der Kontrolle und ist zu besteuern.

Es entsteht bereits ein digitales Prekariat und wir verlieren unsere Arbeitsplätze zunehmend an Roboter mit künstlicher Intelligenz.

Die Schöpfer der Long-Short-Time-Memory-Algorithmen träumen nicht nur den Traum, ein Programm und eine Maschine zu bauen, die klüger ist als der Mensch, sie verknüpfen dies auch mit ihrer eigenen Selbsteinschätzung. So sagte Prof. Jürgen Schmidhuber, der Schöpfer technisch bedeutsamer Algorithmen, die u. a. von Google und bei der Spracherkennung genutzt werden, in einem Interview mit Zeit Online am 2. Juni 2016:

Als Bub begriff ich: Ich kann nichts Bedeutsameres erreichen, als etwas zu bauen, das lernt, klüger als der Mensch zu sein. Eine künstliche Intelligenz, die sich rapide selbst verbessert.

Auch erscheint es offensichtlich: Da der weitgehend lebensfeindliche, doch höchst roboterfreundliche Weltraum weit mehr Ressourcen bietet als der dünne Biosphärefilm Erde, werden viele KI (=künstliche Intelligenzen) bald das Interesse an uns verlieren, das Sonnensystem besiedeln und umgestalten, dann innerhalb von Jahrmillionen die Milchstraße, und schließlich innerhalb von Jahrmilliarden auch den Rest des erreichbaren Universums, im Zaum gehalten nur von der beschränkten Lichtgeschwindigkeit.

Nach gut zehntausend Jahren Zivilisationsgeschichte, so sah ich es, schien das Universum bereit zu sein, seinen nächsten Schritt zu tun in Richtung noch unfassbarerer Komplexität, einen Schritt, vergleichbar mit der Entwicklung des Lebens vor über drei Milliarden Jahren.

Ich empfand es als grosses Glück, diese Zeit mitzuerleben, dieser Revolution beizuwohnen und vielleicht etwas zu ihr beizutragen.

Seither arbeite ich an selbstverbessernden allseits einsetzbaren künstlichen Intelligenzen, zunächst noch recht allein und oft eingeschränkt durch langsame Rechner.

Doch schon in den 1970er Jahren war abzusehen, dass Maschinen bald nach der Jahrtausendwende die rohe Rechenkraft eines Menschenhirns besitzen würden, denn jedes Jahrzehnt verhundertfachte sich die für eine Deutsche Mark erhältliche Rechenleistung. Dieser Trend hält noch an, und in einigen Jahrzehnten werden relativ billige Rechner mit der Rechenleistung der gesamten Menschheit existieren. Vielen ist nicht bewusst, wie rasch diese exponentielle Entwicklung voranschreitet.