Die Deutschstunde von Siegfried Lenz und ihre übersetzerische Behandlung im Translat von Jesús Ruiz unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Kunst und Landschaft - Vicente Berezo - E-Book

Die Deutschstunde von Siegfried Lenz und ihre übersetzerische Behandlung im Translat von Jesús Ruiz unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Kunst und Landschaft E-Book

Vicente Berezo

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Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Didaktik für das Fach Deutsch - Literatur, Werke, Note: 1,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist es, die spanische Übersetzung von Jesús Ruiz1 des Romans Deutschstunde 2 von Siegfried Lenz zu analysieren. Aufgrund des großen Umfangs des Gesamtwerkes und der Unmöglichkeit einer Gesamtkritik im Rahmen dieser Arbeit durchzuführen, wurden zwei bedeutende Aspekte des Romans, der Kunstbegriff und der Landschaftsbegriff ausgewählt, um auf diese näher einzugehen. Diese zwei Aspekte spielen innerhalb des Romans eine wichtige Rolle und in dieser Arbeit werden sie als roter Faden dienen, um uns bei der gesamten Analyse und Kritik der Übersetzung behilflich zu sein. Es wird in dieser Diplomarbeit die Ansicht vertreten, daß man den Ausgangstext (AT), bevor man eine Übersetzung anfertigt, genau analysieren soll. Bei der Analyse sollte man sich der hermeneutischen Interpretation bedienen, die die wichtigsten Charakteristika des ATs ans Licht führt. Diese hermeneutische Auslegung ist unerläßlich, wenn es sich beim AT um einen literarischen Text (wie im Fall der Deutschstunde) handelt. Daher werden im ersten Teil der Arbeit mit der Überschrift „Die hermeneutische Interpretation von Texten“ die Hauptmerkmale dieser Disziplin und ihre Anwendbarkeit auf die Übersetzung untersucht. Im ersten Teil der Arbeit wird also näher auf den Begriff der Hermeneutik und dessen Bezug auf die Interpretation von Texten eingegangen; Zunächst wird eine allgemeine Theorie erörtert, danach werden die Grundlagen und Schlußfolgerungen dieser Theorie im Hinblick auf die übersetzerische Tätigkeit untersucht. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird der gesamte Roman Deutschstunde unter Berücksichtigung der hermeneutischen Auslegung analysiert. Es handelt sich dabei nicht um eine vollständige Analyse, da sie nicht das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, sondern um eine Darstellung der für eine spätere Kritik der Übersetzung relevantesten Merkmale des Romans. Die hermeneutische Interpretation von Texten im Hinblick auf die übersetzerische Tätigkeit wird angewandt, um die wichtigsten Merkmale des Werkes Deutschstunde aufzuzeigen. [...] 1 Siegfried Lenz, Lección de alemán. Spanische Übersetzung aus dem Deutschen von Jesús Ruiz (Barcelona: Luís de Caralt Ed., 1973). Nachfolgend zitiert als ZT1 und Seitenangabe. 2 Siegfried Lenz, Deutschstunde (Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, 1968). Nachfolgend zitiert als AT und Seitenangabe.

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Inhaltsverzeichnis
1 Die hermeneutische Interpretation von Texten
1.1 Den Ausgangstext verstehen
2 Übersetzungsrelevante Analyse von Deutschstunde
2.1 Der Gesamteindruck
2.1.1 Textstruktur
2.1.2 Verbale Zeitebene
2.2 Die einzelnen Elemente
2.2.1 Über das semantische Gefüge
2.2.1.1 Zur Leitmotivik
2.2.2 Der Satzbau
2.2.2.1 Zur Syntax als konstitutiver Komponente des literarischen Stils
2.2.3 Die Lexik
2.2.3.1 Dialektale Elemente
3 Kunst und Landschaftsdarstellung in der Deutschstunde der
4 Die Landschaftsdarstellung in der Deutschstunde die
4.1 Sprachliche Merkmale
Kapitel
4.1.1.1 Syntax
4.1.2 Zum Inhalt: Semantik
5.1 Sprachliche Merkmale
5.1.1 Zur Form: Syntax und Lexik
5.1.1.1 Syntax und Rhythmus
5.1.1.2 Lexik
6 Übersetzungskritik als Interpretationshilfe
6.1 Zusammengehörigkeit zwischen Inhalt und Form
6.2 Lexikalische Auswahl als Entsprechung der semantischen
Konnotation des Ganzen
6.3 Das einzelne Wort als semantischer Träger der Intention des Autors
6.4 Auslassungen und die Grenzen der Übersetzung
6.5 Die Sprache der Farbe
6.5.2 Die Symbolik der Farben
6.6 Aspekte von Rhythmus und Klang

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Diplomarbeit über das Thema

DieDeutschstundevon Siegfried Lenz und ihre übersetzerische Behandlung im Translat von Jesús Ruiz unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Kunst und Landschaft.

dem Prüfungsamt bei der

Johannes Gutenberg-Universität Mainz Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft in Germersheim

vorgelegt von

Vicente Berezo Méndez

Prüfungstermin: Sommersemester 2003

Page 4

EINLEITUNG

Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist es, die spanische Übersetzung von Jesús Ruiz1des RomansDeutschstunde2von Siegfried Lenz zu analysieren. Aufgrund des großen Umfangs des Gesamtwerkes und der Unmöglichkeit einer Gesamtkritik im Rahmen dieser Arbeit durchzuführen, wurden zwei bedeutende Aspekte des Romans, der Kunstbegriff und der Landschaftsbegriff ausgewählt, um auf diese näher einzugehen. Diese zwei Aspekte spielen innerhalb des Romans eine wichtige Rolle und in dieser Arbeit werden sie als roter Faden dienen, um uns bei der gesamten Analyse und Kritik der Übersetzung behilflich zu sein. Es wird in dieser Diplomarbeit die Ansicht vertreten, daß man den Ausgangstext (AT), bevor man eine Übersetzung anfertigt, genau analysieren soll. Bei der Analyse sollte man sich der hermeneutischen Interpretation bedienen, die die wichtigsten Charakteristika des ATs ans Licht führt. Diese hermeneutische Auslegung ist unerläßlich, wenn es sich beim AT um einen literarischen Text (wie im Fall derDeutschstunde)handelt. Daher werden im ersten Teil der Arbeit mit der Überschrift „Die hermeneutische Interpretation von Texten“ die Hauptmerkmale dieser Disziplin und ihre Anwendbarkeit auf die Übersetzung untersucht. Im ersten Teil der Arbeit wird also näher auf den Begriff der Hermeneutik und dessen Bezug auf die Interpretation von Texten eingegangen; Zunächst wird eine allgemeine Theorie erörtert, danach werden die Grundlagen und Schlußfolgerungen dieser Theorie im Hinblick auf die übersetzerische Tätigkeit untersucht. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird der gesamte RomanDeutschstundeunter Berücksichtigung der hermeneutischen Auslegung analysiert. Es handelt sich dabei nicht um eine vollständige Analyse, da sie nicht das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, sondern um eine Darstellung der für eine spätere Kritik der Übersetzung relevantesten Merkmale des Romans. Die hermeneutische Interpretation von Texten im Hinblick auf die übersetzerische Tätigkeit wird angewandt, um die wichtigsten Merkmale des WerkesDeutschstundeaufzuzeigen. Zunächst bekommt der Leser einen Gesamteindruck des

1Siegfried Lenz,Lección de alemán.Spanische Übersetzung aus dem Deutschen von Jesús

Ruiz (Barcelona: Luís de Caralt Ed., 1973). Nachfolgend zitiert als ZT1 und Seitenangabe.

2Siegfried Lenz,Deutschstunde(Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, 1968). Nachfolgend

zitiert als AT und Seitenangabe.

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Romans, der später infolge der Analyse der Teile und ihrer wichtigsten sprachlichen Merkmale vervollständigt wird. Im dritten Teil der vorliegenden Arbeit werden die AspekteKunstundLandschaftin derDeutschstundebehandelt. Sie sind zwei Leitmotive, die in der gesamten Struktur des Romans eine entscheidende Rolle spielen. Die Analyse dieser Aspekte geschieht immer im Hinblick auf einer späteren Übersetzung. Bei der Auslegung dieser beiden Leitmotive wird auch die selbe Methode wie bei der Romananalyse angewandt: es wird zuerst über die Hauptmerkmale reflektiert, um später dessen bedeutsame linguistische Merkmale zu behandeln.

Im vierten und fünften Teil dieser Arbeit werden die Aspekte Kunst und Landschaft isoliert untersucht. Bei der Darstellung dieser Leitmotive werden insbesondere die sprachliche Form und Inhalt berücksichtigt und wie diese der Intention des Autors dienen.

In der ganzen Arbeit werden verschiedene Themen analysiert. Hierbei wird, wie in einem hermeneutischen Zirkel, einen ständigen Vergleich zwischen dem Ganzen und den Teilen durchgeführt. Anhand dieses analytischen Vorgangs werden die roten Fäden dargestellt, die zu einer angemessenen Übersetzung führen sollen. Dafür werden auch Beispiele gegeben, die einer übersichtlichen Analyse dienen. Denn:

... es ist viel leichter, anhand konkreter Beispiele zu zeigen, wo die Grenzen der Übersetzung überschritten wurden, als eben diese Grenzenin abstractoverbindlich festzuschreiben.3

Im sechsten und letzten Teil dieser Arbeit wird anhand konkreter Beispiele der spanischen Übersetzung, eine Kritik der verschiedenen Passagen, die sich mit den Aspekten Kunst und Landschaft beschäftigen, ausgeübt. Diese Kritik soll zum einen zu einer praktischen Anwendung der theoretischen Reflexionen der vorangegangenen Kapitel anregen, und zum anderen als Interpretationshilfe des Romans und seiner Leitmotive Kunst und Landschaft dienen. In diesem Kapitel wird die hermeneutische Lehre für die Interpretation von Texten anhand konkreter Beispiele untermauert.

3Jörn Albrecht,Literarische Übersetzung(Darmstadt: Wiss. Buchgess. , 1998), S. 244.

(Hervorhebung im Original). Nachfolgend zitiert als: Albrecht und Seitenangabe.

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1 DIE HERMENEUTISCHE INTERPRETATION VON TEXTEN

Im ersten Kapitel dieser Diplomarbeit werden die theoretischen Grundlagen gelegt, an denen wir uns im Laufe der ganzen Arbeit orientieren wollen. Dies erfolgt in zwei Ansätzen: zum einen wird, unter dem KapitelDen Ausgangstext verstehen,die allgemeine hermeneutische Lehre behandelt, was die Interpretation von Texten betrifft, zum anderen werden, unterDie Anwendbarkeit der hermeneutischen Lehre auf die Übersetzung,die zwei Disziplinen, Hermeneutik und Übersetzung, in einer gemeinsamen handlungsorientierten Theorie verbunden. Damit wird in dieser Arbeit die These vertreten, daß vor allem bei literarischen Texten, eine methodische hermeneutisch linguistisch orientierte Auslegung des Originals in der Ausgangssprache, die Voraussetzung ist, um eine adäquate Übersetzungsstrategie anzuwenden. Gleichzeitig wird aber auch diese Übersetungsstrategie nicht als festgelegtes Verfahren betrachtet, um es als universeller Methode für jede Übersetzung einzusetzen, sondern als Einstellung bzw. Haltung, die der Übersetzer einnehmen sollte, um seine persönliche, individuelle Übersetzung zu fertigen. Diese Strategie ist also keine Lösung, die uns eine „richtige“ Übersetzung ermöglicht, sondern eher eine Reflexion über das Phänomen Übersetzen und seine Beziehung zum Verständnis eines literarischen Textes. Das Original ist das sine qua non der Übersetzung und nur durch seine genaue linguistische Untersuchung und hermeneutische Ausdeutung durch den Übersetzer werden die notwendigen Grundlagen für eine angemessene Übersetzung gesetzt.

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1.1Den Ausgangstext verstehen

Die Überschrift dieses Kapitels mag wie eine Binsenweisheit klingen, aber in der Tat sind die meisten „Übersetzungsfehler“ reine Verständnisfehler des Übersetzers. Dies werden wir später im vierten Kapitel anhand konkreter Beispiele aufzeigen. Die hermeneutische Lehre,das wissenschaftliche Verfahren der Auslegung und Erklärung eines Textes oder eines Kunst- oder Musikwerks,4besagt, daß das Verstehen aus einem zirkelhaften Verhältnis von Ganzem und Teilen entsteht. Nach der hermeneutischen Lehre muß man also das Ganze und die Teile berücksichtigen, um das Verständnis von etwas zu erreichen. Wenn es um Texte geht, heißt das also: das Ganze ist der gesamte Text mit seiner semantischen Botschaft und die Teile sind die Struktur, die sich bis aus den kleinsten Bausteinen der Wörter zusammensetzt. Im Kapitel über die Analyse derDeutschstunde,werden wir auf die Charakteristiken dieser Struktur eingehen. Zunächst muß ein Übersetzer den Ausgangstext wirklich bis ins kleinste Detail verstehen, bevor er an die Übersetzung herangeht. Dieses Verstehen entsteht aus dem Dialog mit dem Text, auseiner kreisenden Bewegung,5aus Fragen, die dem Text gestellt werden und die dieser beantwortet. Hier wird die Synonymie der BegriffeVerstehenundInterpretationdeutlich: Indem man einen Text im Zuge der ersten Lektüre versteht, erfolgt eine Interpretaton, die nach weiteren, genaueren Lektüren verbessert wird. Um das Verständnis eines Textes wirklich zu erreichen, muß man ihn in seine verschiedenen Teile zerlegen, d. h. analysieren, ohne dabei das Textganze aus den Augen zu verlieren.Alle Einzelheiten eines Textes sind aus demcontextus,dem Zusammenhang, und aus dem einheitlichen Sinn, auf den das Ganze zielt, demscopus,zu verstehen.6

4Duden. Deutsches Universal Wörterbuch.

5Hans-Georg Gadamer,Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen

Hermeneutik(Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1990), S. 195. Nachfolgend zitiert als:

Gadamer und Seitenangabe.

6Gadamer, S. 179. (Hervorhebung im Original).

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Es kann also Teile ohne Ganzes geben, die keinen einheitlichen Sinn besitzen; es kann aber kein Ganzes ohne Sinn geben, denn das Ganze ist der Sinn, die Summe der Teile, die isoliert diesen einheitlichen Sinn nicht haben. Deswegen ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile. Das Ganze enthält den Sinn, die Botschaft des Textes, die Intention des Verfassers.

Ein Verständnis des Ganzen erreicht man, wenn man die Beziehung zwischen dem Ganzen und seinen Teilen erkennt. Es handelt sich um den schon zuvor erwähnten inneren Dialog mit dem Text, eine wiederholte Rückkehr vom Ganzen zu den Teilen und umgekehrt. Dieses Verfahren ist eine Kunst,weil sie nicht als Anwendung von Regeln mechanisiert werden kann7.Der Dialog mit dem Text ist eine unendliche und kreisende Bewegung. Diese begleitet die Lektüre des Textes und nimmt währenddessen immer mehr Konzepte auf, die eine Art Spinnennetz bilden. Jedes Konzept hat einen bestimmten Platz in diesem Netz, und formt am Ende die Struktur des Ganzen. Der Übersetzer muß diese Beziehungsstruktur des Ausgangstextes erkennen und sie in den Zieltext übertragen, und dabei die Absicht des Autors erkennen, eine Absicht, die die ganze Struktur zusammenhält.

Es ist also ein Grundsatz, der ganz im Geiste des Rationalismus die Forderung ausspricht, allein durch Denken, durch Entwicklung der in den Begriffen eines Autors gelegenen Konsequenzen, zu Einsichten zu gelangen, die der eigentlichen Absicht des Autors entsprechen - Einsichten, die er teilen müßte, wenn er klar und deutlich genug gedacht hätte.8Der Übersetzer muß also in seiner Rolle als Empfänger des Ausgangstextes (AT) und Sender des Zieltextes (ZT) weiter als der Autor des Originals gehen und alle Einzelheiten berücksichtigen. Es ergibt sich dann eine Struktur, die nicht als Ganzes bezeichnet werden kann, denn dieses Ganze steht über der sprachlichen Struktur und ist mehr als die Summe der Teile. Die Struktur des Textes wäre somitnurdas

7Gadamer, S. 193.

8Gadamer, S. 198 ( Meine Hervorhebung )

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Ergebnis dieser Summe, während das Ganze die Absicht, die Intention des Autors beinhaltet. Die verschiedenen Teile formen die Struktur und halten sie zusammen. Sie können ersetzt werden. Dies darf mit dem Ganzen nicht geschehen, denn es ist der Geist dieser Struktur des Textes. Wenn aber diese Teile nicht ersetzt oder inadäquat ersetzt werden, bricht die Struktur zusammen.

Der Übersetzer hat die Aufgabe, die Struktur aufzulösen und wieder zusammenzusetzen ohne das Ganze, d. h. die Intention, zu beschädigen. Die semantische Bedeutung der verschiedenen Teile des Ganzen muß mit der semantischen Bedeutung des Ganzen übereinstimmen. Dies erfolgt mithilfe des stetigen Dialoges zwischen dem Ganzen und den Teilen, den der Übersetzer führt.

Ein ebenfalls zu berücksichtigender Faktor ist die Tatsache, daß oft die Form den Inhalt des Textes beeinflußt.

Dies ist oft in der Literatur der Fall, vor allem in der Dichtung, aber auch in der literarischen Prosa.

Besonders in der Dichtung, aber nicht nur dort, drückt sich der Sinn eines Textes nicht nur in semantisch-syntaktischen Stilfiguren, sondern auch im sprachlichen Klang aus.9

Man hat es also beim Verständnis eines Textes zum einen mit der Beziehung zwischen dem Ganzem und seinen Teilen zu tun, also mit einem allgemeinen Schema und zum anderen mit den jeweiligen Formen und Inhalten, was wiederum eine konkretere Annäherung an das Verständnis ermöglicht. Aus rein linguistischer Sicht wären diese Kategorien, was die Form betrifft, mit dem BegriffStilund was den Inhalt betrifft mit dem Begriff Semantik, gleichzusetzen.

Die letztgenannte Kategorie findet man in einem Text auf alle Ebenen, d. h. Text- Satz- , oder Wortsemantik, die den Inhalt des Textes bestimmt und zum einheitlichen Ganzen führen. Als stilistischer Kategorien sind bedeutsam : Syntax, Lexik, Rhythmus und Sprachklang. Das Entscheidende ist, die Beziehung zwischen den verschiedenen Ebenen und

9Radegundis Stolze,Hermeneutisches Übersetzen(Tübingen: Gunter Narr Verlag, 1992), S.

240. Nachfolgend zitiert als: Stolze und Seitenangabe.

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Elementen eines Textes zu erkennen. Diese Beziehungen formen die Struktur des Textes, die Teile, die das Ganze zusammenhalten. Der Übersetzer muß, nachdem er die Struktur des AT erkannt hat, die entsprechenden Lösungen in der Zielsprache (ZS) finden, damit eine Wiedergabe des AT ohne Beschädigung des Ganzen und seiner Struktur überhaupt möglich ist. Damit wird deutlich, daß das richtige Verständnis des AT der erste Schritt, die Grundvoraussetzung vor einer Übersetzung ist.

1. 2 Die Anwendbarkeit der hermeneutischen Lehre auf die Übersetzung

Rezeption und Produktion10sind die Begriffe, die die Aufgabe eines Übersetzers zusammenfassen. Er steht innerhalb eines kommunikativen Prozesses und empfängt eine Botschaft, die er dem Empfänger weiter vermitteln muß. Diese Botschaft soll möglichst authentisch übertragen werden. Die Aufgabe eines Übersetzers besteht also darin, keine Spuren seiner Arbeit zu hinterlassen. Er muß eine Kommunikation ermöglichen, die ohne ihn nicht möglich wäre und gleichzeitig seine Anwesenheit verbergen, um diese Kommunikation nicht zu stören.