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Die drei erfolgreichen Detektive aus Rocky Beach stehen vor einem Rätsel: Wer könnte Interesse an dem wertlosen Ölbild haben, das ihrem alten Freund, Kommissar Reynolds, entwendet wurde? Welches Geheimnis verbirgt sich hinter dem Bild, auf dem die Segelyacht "Gwendolyn" zu sehen ist? Die Ermittlungen führen Justus, Peter und Bob unversehens in ein gefährliches Abenteuer.
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Seitenzahl: 159
erzählt von Ben Nevis
Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
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© 2004, 2005, 2008, 2011, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-12881-7
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Justus Jonas hatte soeben den Campingwagen abgeschlossen, als er seinen Onkel Titus, bei dem Justus seit dem Tod seiner Eltern wohnte, auf sich zueilen sah. Auf den ersten Blick hin war Titus anzusehen, dass etwas passiert sein musste, das ihm nicht gefiel.
»Wartet einen Moment!«, wies Justus seine Freunde Peter und Bob an, die sich bereits ihre Fahrräder geschnappt hatten.
Kaum war Titus Jonas in Hörweite, platzte er auch schon heraus: »Justus! Hast du etwa in meinem Karteikasten gestöbert? Da herrscht eine totale Unordnung! Du sollst mich doch fragen, wenn du etwas wissen möchtest!«
»Ich habe nichts angerührt!«, antwortete Justus wahrheitsgemäß. »Ehrenwort!«
»Dann war es Mathilda! Ich kann es einfach nicht leiden, wenn im Karteikasten so ein Durcheinander herrscht wie ... wie ...«
»Wie auf deinem Schrottplatz!«, vollendete Justus schmunzelnd den Satz. Das war etwas frech und er musste sich geschickt ducken, um dem Öllappen auszuweichen, den Onkel Titus nach ihm geworfen hatte. Warum lag auch immer so viel Kleinzeug auf dem Schrottplatz herum. »Vielleicht war es ja ein Einbrecher!«, fügte Justus hinzu, als er sich wieder aufgerichtet hatte. »Schließlich notierst du auf den Kärtchen, wer bei uns den ein oder anderen verdächtigen Gegenstand gekauft hat, dessen Herkunft dir nicht ganz klar war!«
Jetzt musste Onkel Titus doch lachen. »Dass du auch immer gleich einen Fall für die drei ??? wittern musst! Ich wette, der wahre Grund für die Unordnung in meinem Kästchen ist: Deine Tante war mit dem Staubtuch unterwegs. Sie hat nämlich gerade die Putzwochen ausgerufen!«
»Gerade ist gut«, murmelte Bob in sich hinein. »Putzen ist doch ihre Dauerleidenschaft!«
Das war das Stichwort. »Wer von euch Jungs möchte beim Aufräumen helfen?«, drang plötzlich die kräftige Stimme von Tante Mathilda aus dem geöffneten Küchenfenster hervor. Wenn es um Arbeit auf dem Schrottplatz ging, witterte sie die drei ??? Meilen gegen den Wind. »Wo steckt ihr schon wieder?«
»Nichts wie weg!«, drängelte Peter nervös zum Aufbruch. »Es ist unhöflich, wenn wir bei Kommissar Reynolds zu spät kommen. Sonst wird ihm das Eis noch kalt!«
Die drei Detektive lachten, schwangen sich auf ihre Fahrräder und riefen Titus Jonas, der sich murmelnd nach dem Öllappen bückte, noch einen Abschiedsgruß zu. »Und verrate uns nicht!«
Schnell passierten sie das Ausfahrtstor. Die nächsten Minuten traten sie erst einmal kräftig in die Pedale. Erst als sie Rocky Beach fast durchquert hatten, drehte sich Bob zu Justus um, der hinter ihm radelte. »Ich dachte immer, Titus macht sich keine Notizen darüber, wem er etwas verkauft hat«, rief er seinem Freund zu.
Justus schreckte aus seinen Gedanken und schloss zu Bob auf. »Das stimmt«, gab er Bob Recht. »Normalerweise notieren wir uns nicht, an wen wir etwas verkaufen. Das ist viel zu aufwändig. Manchmal wird Onkel Titus jedoch etwas angeboten, dessen Herkunft zumindest zweifelhaft ist. Wenn Titus ahnt, es könnte sich um Diebesware handeln, lehnt er das Geschäft sowieso ab. Aber auch ein so erfahrener Händler wie er kann nicht immer sicher sein. Deshalb schreibt er sich bei manchen Gegenständen auf, an wen er sie verkauft, so dass bei späteren Nachfragen der Weg verfolgt werden kann.«
»Und wo steckt die Kartei?«
»Onkel Titus bewahrt sie in einem kleinen Schränkchen neben der Kasse auf. Normalerweise ist es abgeschlossen, aber das Versteck für den Schlüssel ist nicht besonders originell: Er liegt hinter dem linken vorderen Fuß des Schränkchens.«
Bob nickte und bremste das Fahrrad ab. Die drei ??? hatten Rocky Beach inzwischen verlassen. Jetzt standen sie vor der gefährlichen Aufgabe, über den viel befahrenen Pacific Coast Highway zu gelangen, ohne dafür mit dem Leben zu zahlen. Nach minutenlanger Warterei sprang die Fußgängerampel endlich für einige Sekunden auf Grün und die drei ??? konnten in die kleine Stichstraße rollen, die zu einer luftig gebauten Wohnanlage führte. Dort hatte sich Kommissar Reynolds nach seiner Pensionierung von seinen Ersparnissen eine hübsche kleine Wohnung gekauft. Sie lag im zweiten Stock und Reynolds musste sein gesamtes Geld in die Wohnung gesteckt haben. Von der Terrasse aus konnte man sogar das Meer sehen, das ein Stück weit unterhalb der Anlage unaufhörlich gegen die Felsen von Kalifornien stieß. Ein traumhafter Anblick, zumindest wenn nicht gerade mal wieder der Nebel über das Wasser heranzog und alles in seinem grauen Nichts verbarg.
Die drei ??? hatten den ehemaligen Kommissar schon einige Male dort besucht. Nie hatten sie ihm vergessen, dass er ihnen bei ihren Ermittlungen immer wieder Rückendeckung gegeben hatte. Und seit er nicht mehr Verbrecher jagte, war Reynolds ruhiger geworden, gelassener, ja man konnte fast schon von einem warmherzigen Verhältnis zu den Detektiven sprechen.
Die drei ??? legten die letzten Meter zurück, bogen vor einem grauen Lieferwagen, der am Straßenrand parkte, in einen Fußweg ein und stellten die Räder an einem Fahrradständer ab. Bob schnappte sich das Geschenk für Reynolds, das er vor einigen Tagen besorgt hatte.
Sie liefen einen schmalen Fußweg entlang, der durch einen parkähnlichen Vorgarten führte. Als sie einen saftig grünen Busch umkurvten, sahen sie, dass sie nicht allein gekommen waren. Ein kleiner, schwarz gekleideter Mann beugte sich gerade über die Klingelanlage des Hauses, als würde er etwas suchen. Als er die drei Jungen hörte, drehte er sich aufgeschreckt um. Die drei ??? sahen in ein tief gebräuntes, vom Wetter gegerbtes Gesicht. Dunkle Augen blickten sie abschätzend an. »Wohnt ihr hier?«
Justus ließ sich nicht leicht beeindrucken. »Zu wem möchten Sie?«, fragte er statt einer Antwort zurück.
»Ich suche zu Mister Samuel Reynolds, ja!«, gab der Mann an. Er sprach schlechtes Amerikanisch mit einem spanischen Akzent. »Ich kann Namensschild nicht finden. Hier stehen nur Appartement-Nummern.«
»Eine Sicherheitsmaßnahme der Anwohner«, sagte Justus. »Aber wir haben dasselbe Ziel. Bitte warten Sie hier! Wir werden Mr Reynolds fragen, ob er Sie empfangen möchte!«
Der Mann zögerte. »Nun ... ja.«
»Darf ich dazu noch Ihren Namen erfahren?«, fuhr Justus fort.
»Frank Escovedo«, kam es nach kurzem Zögern. »Du bist sehr ... neugierig, ja!«
»Ich würde es eher als ›vorsichtig‹ bezeichnen, Mr Escovedo. Ich weiß gerne, mit wem ich es zu tun habe. Und außerdem gebietet der Anstand, Mr Reynolds zu fragen, ob er Sie erwartet.«
Die drei ??? drückten auf den entsprechenden Klingelknopf. »Justus Jonas«, rief der Erste Detektiv knapp in die Sprechanlage und der Türsummer ging sofort. Bob hielt die Tür auf und Peter und Justus schlüpften hindurch. »Bitte warten Sie hier!«, wiederholte Justus noch einmal.
Die drei ??? stürmten die Treppe hoch.
Mr Reynolds stand bereits an der Tür. Ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen. »Hallo, Justus, Peter, Bob! Schön, dass ihr gekommen seid!«
»Es hat ja lange genug gedauert, Mr Reynolds!« Justus winkte Peter zur Tür. »Nach dir, Zweiter!«
Plötzlich hörten sie Schritte hinter sich.
Überrascht blickte Reynolds an Justus und Bob vorbei. »Wen habt ihr denn da mitgebracht?«
Der fremde Mann trat einen Schritt vor. »Gestatten, Frank Escovedo. Wir sind zufällig gemeinsam hier ... angekommen, ja! Ich möchte nicht lange stören. Ich habe nur eine kurze Frage.« Sein Blick wanderte neugierig durch Reynolds Flur, als suche er etwas.
»Na gut, treten Sie kurz ein«, brummte Reynolds, »aber Sie sehen ja: Ich habe Besuch und wenig Zeit. Also, um was geht es?«
»Schiffe, Mister Reynolds, Schiffe. Ich arbeite für Hollywoodregisseur. Sehr reich. Er sammelt über alte Segelschiffe. Schilder, Taue, Zeichnungen, Bücher, Modelle ... und ganz stark auch Bilder, ja. Ein Nachbar, der mir etwas verkauft hat, gab mir Tipp, Sie haben ein wundervolles Gemälde mit einem Segelschiff ... ah, ist es das nicht, ja?« Er deutete auf ein großes Bild, das neben der Garderobe hing.
»Welcher Nachbar sollte das gewesen sein?«, fragte Reynolds misstrauisch und rührte sich nicht vom Fleck.
»Oh, ich nenne keine Namen. Diskretion, verstehen Sie? Wenn Sie mir mit Tipp helfen, werde ich Sie auch nicht nennen, Mister Reynolds!« Unbeeindruckt ging der Mann an Reynolds vorbei und trat an das Bild. Es zeigte ein grün angestrichenes, schon etwas älteres Segelboot, das bei starkem Wind gut in der See lag. Vor allem durch den kitschigen Hintergrund – eine Insel mit Sonnenuntergang – wirkte das Bild etwas zu bunt.
Auch die drei ??? kamen neugierig näher. Sie kannten das Gemälde. Sehr gut sogar. Sie hatten es vor Jahren Kommissar Reynolds anlässlich seiner Pensionierung höchstpersönlich geschenkt. Nicht nur, weil Reynolds Schiffe mochte, sondern auch, weil es seinen Vornamen – Samuel – trug.
»Nun, es ist künstlerisch doch nicht so wertvoll, wie dachte«, murmelte Mr Escovedo etwas enttäuscht. »Obwohl ein sehr schönes Schiff, ja!« Er wandte sich an Reynolds, bei dem sich inzwischen bedenkliche Falten auf der Stirn gebildet hatten. »Ich würde es trotzdem gerne kaufen, Mister Reynolds. Ich kann bieten hundert Dollar. Das ist mehr, als Bild wert ist.«
Reynolds schüttelte den Kopf. »Nein. Das Schiff ist unverkäuflich.« Er zwinkerte den drei ??? zu. »Ich habe es von besonders lieben Freunden geschenkt bekommen.«
»Schade. Das Bild würde meinem Auftraggeber gefallen. Aber wenn Sie nicht wollen ...« Der Mann wandte sich zur Tür, blieb dort jedoch noch einmal stehen. »Mein Mister wäre bereit, für das Gemälde auch 200 Dollar zu zahlen!«
Reynolds blickte auf, sagte aber nichts.
»Zu wenig? Also 500 Dollar! Schlagen Sie ein?«
»Sie meinen, ich würde für 500 Dollar verkaufen?«, wiederholte Reynolds ungläubig.
»Okay. Ich biete 1000. Geld ist für Regisseur kein Problem, ja!«
»Kein Problem, aha«, sagte Reynolds und zögerte.
Justus sah den alten Kommissar an. 1000 Dollar für ein künstlerisch ziemlich wertloses Bild, das sie Reynolds geschenkt hatten! Warum sollte Reynolds eigentlich nicht verkaufen? 1000 Dollar waren nicht zu verachten. Aber ein wenig wäre Justus auch beleidigt, wenn der alte Kommissar auf den Handel eingehen würde. Schließlich war es ihr Geschenk an ihn. Und vor allem: Warum wohl war dem Mann das Bild so wichtig, dass er den Preis so schnell erhöhte? Stimmte die Geschichte vom reichen Hollywoodregisseur überhaupt? In Justus’ Hirn leuchteten sämtliche Alarmlämpchen auf.
Doch Reynolds schüttelte bereits den Kopf und schob den Mann unsanft durch die nach wie vor offen stehende Tür. Die körperliche Erscheinung des alten Kommissars war immer noch beeindruckend. »Tut mir Leid, mein Herr! Sie platzen hier bei mir herein und belästigen mich mit merkwürdigen Anträgen. Machen Sie Ihre Geschäfte woanders! Und schönen Gruß an Ihren Auftraggeber. Er soll sich selbst herbemühen, wenn er etwas von mir möchte!«
Der Kommissar schloss die Tür und drehte sich um. »Merkwürdiger Typ. Habt ihr wirklich auch nur eine Sekunde lang geglaubt, ich würde euer Bild verkaufen?«
»Nein«, log Justus.
»Ihr seht doch, es hat einen Ehrenplatz! Über euer Geschenk habe ich mich damals mehr gefreut als über alle Reden und offiziellen Präsente der Polizei. Woher wusstet ihr eigentlich, dass ich Schiffe mag?«
»Sie haben es uns mal erzählt«, sagte Bob. »Wenn Sie nicht Polizist geworden wären, wären Sie zur See gefahren. Und als wir in Onkel Titus’ Bildersammlung dieses Schiff fanden, das auch noch zufällig Ihren Namen trug, dachten wir, es würde Ihnen Spaß machen!«
Reynolds gab ihm nickend Recht.
»Es waren ursprünglich drei Gemälde«, erinnerte sich Justus. »Auf allen Bildern waren Segelschiffe. Onkel Titus hatte sie von einem fahrenden Trödler bekommen. Die anderen beiden Objekte dürften längst verkauft sein.«
Er trat noch einmal an das Gemälde und betrachtete es wie zum ersten Mal. »Das Bild trägt keine Signatur«, sagte Justus. »Nicht einen einzigen Hinweis auf den Maler. Seinen Namen zu hinterlassen schien ihm nicht wichtig gewesen zu sein.« Justus trat einen Schritt zurück, ohne das Bild aus den Augen zu lassen. »Viel verstehe ich ja nicht von Malerei, aber künstlerisch dürfte das Bild in der Tat wohl nicht besonders wertvoll sein. Allein dieser viel zu große kitschige Hintergrund mit der bunten Blumeninsel und der badenden Frau!«
Reynolds grinste. »Das stört mich nicht. Aber nun kommt endlich auf die Terrasse. Ich habe tolles Eis eingekauft!« Als Justus nicht reagierte, fügte er hinzu: »Oder vermutest du hinter dem Bild ein Geheimnis, Justus Jonas?«
Justus starrte immer noch auf das Gemälde. »Es wundert mich nur, warum es plötzlich so ein Interesse erregt.«
»Warum soll ein Hollywoodregisseur nicht alles über alte Schiffe sammeln?«, fragte Reynolds und zuckte mit den Schultern. »Solche Leute gibt es.«
Jetzt nickte Justus und folgte Reynolds auf die Terrasse.
Es war wirklich ein besonderes Eis, mit dem der alte Kommissar seine jungen Freunde überraschte. Drei große Fragezeichen lachten ihnen auf dem Tablett entgegen, das Reynolds auftrug, nachdem sie sich gesetzt hatten. Ein weißes, ein rotes und ein blaues. »Spezialanfertigung der italienischen Eisdiele«, erläuterte der Kommissar nicht ohne Stolz. »Er dachte, es gehe um die amerikanischen Nationalfarben. Tja, so hat jeder sein kleines Geheimnis. Ich schätze mal, ich ahne schon, wer von euch welches Eis wählen wird!«
Die drei ??? nickten und verteilten untereinander die Fragezeichen. Weiß für Justus, blau für Peter, rot für Bob – so hatten sie sich untereinander die Farben als Erkennungszeichen zugeordnet. Reynolds selbst begnügte sich mit einem traditionellen Vanilleeis, das er aber mit sichtlichem Hochgenuss und einem Schuss Amaretto-Likör verspeiste.
Kaum hatte Justus die ersten Löffel Eis verdrückt, kam er wieder auf das Thema zu sprechen, das ihn mehr als alles andere beschäftigte. »Kommissar, das Eis ist wirklich vorzüglich. Ich frage mich nur gerade, wer der Nachbar gewesen sein könnte, von dem Mr Escovedo den Tipp bekommen hat?«
Reynolds lachte. »Immer im Dienst, was? Da kommen wohl mehrere Personen in Frage, Justus. Ich kenne viele Nachbarn und einige von ihnen waren bereits bei mir zu Gast. Ich kann mich morgen ja etwas umhören, wenn du möchtest.«
»Gerne. Und es freut mich zu erfahren, dass Sie sich in Ihrem neuen Zuhause so gut eingelebt haben.«
»Ja, ja.« Kommissar Reynolds zögerte einen Moment. Dann zog er ein kleines eingewickeltes Päckchen hervor und überreichte es den drei ???. Bob durfte auspacken. Zum Vorschein kam ein kleiner Glasbär. »Für eure Zentrale. Der letzte ist euch doch bei einem Streit kaputtgegangen«, schmunzelte Reynolds.
Die drei ??? strahlten.
»Wir haben Ihnen auch etwas mitgebracht«, sagte Justus und schob das Päckchen über den Tisch.
Reynolds entfernte das Geschenkpapier und zum Vorschein kam ein Brettspiel für zwei: Meisterdiebin und Meisterdetektiv.
Der Kommissar bedankte sich und Bob sagte schnell: »Vielleicht können Sie es mit einem Ihrer Nachbarn spielen.« Bei aller Freude, die Reynolds über das Geschenk zeigte, hatte Bob den Eindruck, dass er einsam war. Die langen Jahre des Polizeidienstes hatten an ihm gezehrt. Er lebte allein hier, zwar umgeben von netten Nachbarn, aber letztlich doch allein. Das Geschenk hatte ihn daran erinnert.
»Das ist eine nette Abwechslung in meinem Alltag«, sagte Reynolds. »Aber ich möchte euch sowieso etwas fragen: Ich wollte immer schon mal eine der spannenden Geschichten aufschreiben, die ihr erlebt habt.«
»Das ist eine große Ehre, Mr Reynolds!«, sagte Bob mit einem Seitenblick auf Justus, der schon wieder gedankenversunken an seiner Unterlippe spielte. Früher – als er noch lebte – hatte der berühmte Filmregisseur Alfred Hitchcock die Erlebnisse der drei ??? als Bücher herausgegeben. Kommissar Reynolds war bestimmt der würdigste Nachfolger, den sich die drei ??? nur wünschen konnten.
Mit Mr Reynolds’ überraschender Bitte war indes ein schier bodenloses Fass eröffnet, dessen Inhalt selbst den grübelnden Justus von seinen Gedanken abbrachte. Ausführlich berichteten sie dem alten Kommissar von ihren letzten Abenteuern, von der Begegnung mit einem seltsamen Schlossbesitzer, Justus’ Auftritt in einer Quizsendung, dem Fall mit dem grünen Handy und auch von der gruseligen Fahrt in ein einsames Gespensterhotel.
Verwundert und kopfschüttelnd hörte der Kommissar zu und plötzlich lachte er dröhnend drauflos: »Da braucht man ja ein ganzes Heer von Leuten, um eure tausend Abenteuer aufzuschreiben!«
Stolz und sich gegenseitig ständig unterbrechend berichteten die drei ??? weiter. Wie im Fluge verging die Zeit und die schwarze kalifornische Nacht war bereits hereingebrochen, als sich die drei ??? endlich verabschiedeten.
Im Rausgehen warf Justus einen letzten Blick auf das Gemälde mit dem Schiff, als könnte er auf ihm noch etwas entdecken, was er die ganze Zeit übersehen hatte. Dann wandte er sich an den ehemaligen Kommissar. »Vielleicht schließen Sie Ihr Bild sicherheitshalber weg«, sagte er und schüttelte Reynolds die Hand.
Samuel Reynolds lachte. »Du bist wirklich ganz der Alte geblieben. Überall witterst du einen Fall. Nun, meistens ...« – er zog die Stirn in Falten – »... meistens lagst du goldrichtig. Aber wer sollte bei einem alten Kommissar schon einbrechen und ein einfaches Gemälde stehlen. Und ihr – ihr fahrt jetzt besser schnell nach Hause. Es ist wieder einmal später geworden, als wir dachten.«
»Das liegt an den spannenden Themen, Mr Reynolds«, antwortete Justus. »Doch bevor ich das Bett aufsuche, muss ich noch etwas klären. Ich denke, es wird sich nicht vermeiden lassen, dass ich anhand von Onkel Titus’ geheimem Karteikästchen überprüfe, ob ich mit einer bestimmten Schlussfolgerung richtig liege!«
»Irgendwann wirst du dir beim Formulieren deiner Sätze noch mal die Zunge abbrechen«, lachte Reynolds und winkte den drei ??? hinterher.
Als die drei ??? schließlich müde von der Rückfahrt in den Hof des Gebrauchtwarenlagers einbogen waren und ihre Räder abgestellt hatten, steuerte Justus ohne ein weiteres Wort zu verlieren den Schuppen an. Wie gewöhnlich hatte er seinen Gedanken nicht weiter erläutert. Peter und Bob kannten das. Offenbar war Justus der Meinung, dass seine Detektivkollegen ruhig von selbst auf den möglichen Zusammenhang kommen könnten, den er im Sinn hatte.
Justus öffnete die Tür, schaltete das Licht an und ging zu der alten Kasse, in der das Geld der Kunden verwahrt wurde, wenn es nicht gleich auf dem Hof in Titus’ Hosentasche verschwand. Links von der Kasse stand die Kommode, in der Titus sein Adresskästchen aufbewahrte. Der Erste Detektiv bückte sich, um den Schlüssel hervorzuziehen. Wie es sich gehörte, befand er sich in seinem Versteck. Mit einem erwartungsvollen Lächeln auf den Lippen schob Justus den Schlüssel in das Schloss und drehte ihn herum. Dann zog er die kleine Holztür auf. Das Fach war leer.
»Das Kästchen ist verschwunden!«, rief Justus erschrocken.
»Gestohlen?«, fragte Bob.
»Möglich.« Justus atmete tief aus. »Ich hoffe allerdings, Titus hat es selbst mitgenommen, um es neu zu ordnen.« Die Jungen warfen einen Blick hinüber zum Wohnhaus, doch dort war alles dunkel. Justus fiel ein, dass sich Tante Mathilda bis morgen Mittag zu einem Verkaufskurs für Küchengeräte verabschiedet hatte. Offenbar war Titus früh zu Bett gegangen. »Ich fürchte, wir werden uns bis morgen gedulden müssen«, sagte Justus enttäuscht.
»Ich fürchte, du wirst dich bis morgen gedulden müssen«, bemerkte Peter. »Denn ich habe keinen blassen Schimmer, um was es dir plötzlich geht, Just! – Du vielleicht, Bob?«
»Ich habe da so eine Ahnung. Es muss irgendetwas mit den Bildern zu tun haben ...«
Justus’ Stirn kräuselte sich ungeduldig. »Meine Vermutung ist ganz einfach, dass die Adresskärtchen der Schiffsbilder die Ursache dafür sind, dass die Kartei in diese Unordnung kam, über die sich Onkel Titus beklagt hat. Wenn die Adresskärtchen nicht sogar verschwunden sind! Kollegen, ich vermute, die Bilder hüten ein Geheimnis, um das wir uns dringend kümmern sollten!«