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Achtung Feuerquallen! - Beim Tauchen vor der Küste von Rocky Beach kann Mrs Baker den giftigen Tieren in letzter Sekunde entkommen. Aber dann erscheinen die Quallen plötzlich per E-Mail auf Mrs Bakers Computerbildschirm und bedrohen nicht nur ihre Dateien, sondern auch ihr Leben. Mit Hilfe von Tom Wood – einem Computerspezialisten – nehmen die drei ??? die Spur des anonymen Absenders auf. Wenn da nur nicht Dick Perry wäre, ein überheblicher Detektiv aus Santa Monica, der Justus, Peter und Bob die Ermittlung mehr als schwer macht...
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Seitenzahl: 156
erzählt von Ben Nevis
Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
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© 2002, 2005, 2008, 2011, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-12874-9
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Vollkommen erledigt schmiss Peter seine Sporttasche in die Ecke. »Puh, war das ein heftiges Schwimmtraining. Und alles nur für die Schulmeisterschaften!“
»Ach was!« Justus grinste. Schwimmen war so ungefähr die einzige Sportart, in der er mit Peter mithalten konnte und ihn mitunter sogar übertraf. Zumindest im Brustschwimmen. Auch heute war er wieder schneller gewesen. Prahlerisch reckte er die Brust. »Hier schau mal: Ich bin total locker drauf. Ich habe noch Power für tausend Meter …«
»Nun gib nicht so an!«, gab Peter beleidigt zurück. »Fett schwimmt eben.«
Das war eine Anspielung auf Justus’ stattliches Körpergewicht, doch der Erste Detektiv war viel zu gut gelaunt und ließ sich von Peter nicht ärgern. »Bei den Schulmeisterschaften hänge ich dich ab«, kündigte er selbstbewusst an und sah sich um. »Wo bleibt denn Bob? Als wir auf den Fahrrädern um die Ecke bogen, war er doch noch dicht hinter uns!« Die letzten Meter zum Schrottplatz waren die drei Detektive dann wie so oft losgesprintet, um zu sehen, wer zum Schluss die Nase vorne hatte.
Justus schob ein paar Musikzeitschriften zur Seite, um einen Blick auf den Anrufbeantworter zu werfen, den die Detektive in ihrer Zentrale installiert hatten. Das rote Blinklicht signalisierte, dass Anrufe eingegangen waren.
Auf die Telefonanlage mit dem selbstgebastelten Lautsprecher war Justus besonders stolz. Doch der alte Campingwagen bot noch weitaus mehr Überraschungen in seinem Inneren: Computer, Fotolabor und verschiedene Materialien für detektivische Nachforschungen hatten sich mit der Zeit zu einer fast schon professionellen Detektivausrüstung addiert. Es war nicht immer das Neuste, was sie sich zusammensuchten, denn dazu hatten die drei Jungen zu wenig Geld. Doch auf Onkel Titus’ Trödelmarkt, auf dem die Zentrale der drei ??? stand, fanden sich immer wieder ausgediente Geräte, welche die Detektive mit einigen Handgriffen für ihre Zwecke reparierten. So auch das Periskop, mit dem man vom Wohnwagen aus die nähere Umgebung des Campingwagens beobachten konnte. Während Justus den Anrufbeantworter abhörte, ließ sich Peter vor dem Guckloch nieder und hielt nach Bob Ausschau.
Die erste Anruferin, die sich meldete, war Tante Mathilda, die Frau von Titus Jonas. Das Ehepaar Jonas hatte nach dem Tod von Justus’ Eltern den Jungen bei sich aufgenommen. Leider war es eine Art Lieblingsbeschäftigung von Mathilda, Arbeitsaufträge zu verteilen. Ergeben ließ Justus den Anruf über sich ergehen.
»Hi, Justus! Wo treibst du dich schon wieder rum? Heute solltet ihr mir doch im Garten helfen! Die Erde muss umgegraben werden. Hast du das etwa vergessen?«
»Nein«, sagte Justus in Richtung des Anrufbeantworters. »Aber ich habe dir doch einen Zettel hingelegt, Tantchen. Schwimmtraining. So etwas übersiehst du wohl gerne …«
Die nächste Stimme auf dem Band war Kelly, Peters Freundin. Sie fragte, ob er am Samstag mit ihr ins Kino wollte. Sie würde dann die Karten vorbestellen.
»Was gibt’s denn zu sehen?«, fragte Justus seinen Freund.
Peter blickte vom Periskop auf. Bob hatte er immer noch nicht entdeckt. »Eine Dreifachnacht: ›Psycho‹, ›Die Vögel‹ und ›Vertigo‹.«
»Nicht übel. Ich hoffe, ihr kriegt den dritten Film noch mit.«
»Wie meinst du das?«
Justus grinste. Seit ein paar Wochen war zwischen Kelly und Peter wieder alles in Butter und sie knutschten an allen Ecken und Enden.
Das Band des Anrufbeantworters knackte. »Bestimmt wieder Tante Mathilda, die den Zettel gefunden hat und sich jetzt entschuldigen will«, vermutete er.
Doch dann ertönte eine ihm unbekannte weibliche Stimme. Die Frau klang ein wenig unsicher. »Hallo … hier spricht Meg Baker. Ich brauche Hilfe. Es geht um … Quallen, ja, diese schrecklichen Meerestiere, sie haben mich per E-Mail überfallen! Wie soll ich es nur beschreiben? Ach, ich hasse es, auf Anrufbeantworter zu sprechen! Die Quallen waren in einer E-Mail an mich versteckt … und nun ist das Gift in meinem Computer! Schockierend! Ihr könnt euch das nicht vorstellen … Ihr seid doch Detektive? Ich habe eure Nummer von einer Bekannten, der ihr mal geholfen habt. Ich muss euch dringend sprechen. Ich erwarte euren Rückruf in Kürze!« Sie nannte eine Telefonnummer. Dann stoppte das Band.
Justus sah auf das Display. »Der Anruf ist bereits zwei Stunden her«, sagte er. »Wir dürfen keine Zeit verlieren und sollten uns sofort bei ihr melden.«
»Bei wem melden?« Plötzlich war die Tür aufgegangen und Bob trat ein. Die letzten Worte hatte er aufgeschnappt. Doch eigentlich interessierte ihn das nicht wirklich. Unter dem linken Arm trug er einen Fahrradreifen. Seine Miene sprach Bände. »Als ich um die Ecke bog, bin ich über einen Nagel gefahren. Platten. Zum Glück nur im Vorderreifen. Ihr hättet wirklich auf mich warten können!«
Bob sah so verärgert aus, dass Justus lachen musste. »Um dein Rad kümmern wir uns später. Sieht so aus, als ob wir einen neuen Fall haben. Eine Mrs Baker sagte auf dem Anrufbeantworter etwas von Quallengift in ihrem Computer.«
Der dritte Detektiv starrte ihn an, als hätte Justus soeben verkündet, die Außerirdischen seien gelandet. »Quallengift im Computer? Diese wabbeligen, durchsichtigen Meerestiere, vor denen ich beim Baden im Meer immer Angst habe? Die Lady hat wohl ihren Computer mit einem Aquarium verwechselt.«
»Wie witzig«, antwortete Justus. »Sie hörte sich eher so an, als fühlte sie sich bedroht.«
»Klingt wirklich ziemlich seltsam«, warf Peter ein. »Wahrscheinlich ein Computervirus. Den hat sie sich per E-Mail eingefangen und nun bringt er ihren ganzen PC durcheinander. Da bräuchte sie eher einen Computerexperten als uns.«
»So einen wie Tom.« Justus zupfte an seiner Unterlippe. Tom war ein Mitschüler, der sehr schweigsam, aber im Grunde ganz in Ordnung war. Außerhalb der Schule schien er sich jede Minute mit seinem Computer zu beschäftigen. Ab und zu schickte er Justus merkwürdige Mails, die offenbar spaßig gemeint waren. Genau genommen mailte er sogar mehr, als er redete.
»Hat Tom nicht mal ein Aquarium besessen?«, fragte Bob.
»Stimmt! Damals, als er sich noch mit lebenden Fischen abgegeben hat. Inzwischen ist alles rein virtuell in seinem Computer. So braucht er sie wenigstens nicht mehr zu füttern.«
»Justus«, mahnte Peter, »immer diese Fremdwörter! Statt virtuell kann man auch ›scheinbar‹ sagen.«
»Du klingst ja schon wie die angesäuerten Mitglieder der Gesellschaft zur Reinhaltung der Sprache! Ich drücke mich nunmal gerne präzise aus!«
Bob fand es an der Zeit, das Thema zu wechseln, bevor sich hier ein Streit anbahnte. »Nun ruft sie schon an, diese Mrs Baker!«, schlug er entschieden vor. »Dann hören wir ja, was es mit den Quallen auf sich hat.«
Das erinnerte Justus daran, dass die Anruferin um sofortigen Rückruf gebeten hatte. Er nahm den Telefonhörer ab und wählte.
Er brauchte nicht lange zu warten. Ein Frau meldete sich. »Ja?«
»Hier Justus Jonas. Mit wem spreche ich?«, fragte Justus.
»Baker. Meg Baker.«
»Gut. Ich rufe Sie zurück, weil Sie um unsere Hilfe gebeten haben, Mrs Baker. Sie sagten etwas von … Quallen.«
Die Frau schwieg einen Moment. »Das … stimmt. Ich werde von einem giftigen Quallenvirus attackiert. Aber ich brauche euch nicht mehr. Eben habe ich einen anderen Detektiv engagiert. Er hatte Postwurfsendungen verteilen lassen und ich habe seinen Zettel gerade vorhin aus dem Briefkasten gezogen. Tut mir Leid, aber ihr habt euch zu spät gemeldet.«
Justus schluckte. »Entschuldigen Sie«, begann er überrascht zu stottern, »wir waren … wir hatten … wir wurden … wir sind eben viel beschäftigte junge Leute.«
»Detektive haben da zu sein, wenn man sie braucht«, erklärte die Frau kategorisch.
»Mrs Baker, genau das wollen wir doch!«, entgegnete Justus. »Sofort als wir nach Hause kamen, haben wir unseren Anrufbeantworter abgehört und sie postwendend angerufen!« Er hatte nicht vor, den Fall so mir nichts, dir nichts aufzugeben. »Vergessen Sie unseren Kollegen. Wir fahren sofort los, um Ihnen zu helfen. Darf ich fragen, wo Sie wohnen?«
»Barlington Road 29. Aber Mr Perry kommt doch ebenfalls!«
»Sie würden es sehr bereuen, wenn Sie uns nicht wenigstens in die nähere Auswahl nehmen«, lockte Justus. »In wenigen Minuten sind wir bei Ihnen! Versprochen.« Mit einem Blick vergewisserte er sich bei seinen Freunden, ob dies in ihrem Sinne war.
Peter und Bob nickten; Bob etwas zögerlicher als Peter, denn er dachte an sein kaputtes Fahrrad.
»Also gut«, erklärte Mrs Baker nach einer kurzen Pause. »Deine Hartnäckigkeit überzeugt mich. Ihr bekommt eine Chance. Wer zuerst da ist, der hat den Fall!«
»Na, dann nichts wie los«, rief Justus, nachdem er den Telefonhörer auf die Gabel geschmissen hatte. Er stopfte sich das T-Shirt in die Hose. »Peter, wir nehmen dein Auto.«
»Das steht in der Werkstatt«, gab Peter zu bedenken.
»Dann Bobs, auch wenn es langsamer ist.«
»Mein VW parkt leider bei mir zu Hause …«
»Dann eben die Räder!«
Wortlos zeigte Bob auf den platten Reifen.
Justus bekam einen Wutanfall. »So ein grandioser Mist! Der neue Fall geht uns noch flöten! Und Onkel Titus’ Auto bekommen wir auch nicht! Dann fahren eben nur Peter und ich!«
»Nein!«, entgegnete Bob entschieden. »Wir sind ein Team!«
Auch Peter wollte Bob lieber dabeihaben. Bei Justus wusste man nie, auf welche Ideen er wieder kam, und Bob und Peter gemeinsam konnten ihn manchmal von den wirklich gefährlichen Vorhaben abbringen. »Du bekommst mein Rad«, bot Peter Bob an. »Ich jogge hinter euch her.«
Justus war einverstanden. »Dann nix wie los!«, trieb er seine Kollegen an.
Bereits nach wenigen Metern ärgerte sich Peter schon über seinen Vorschlag. Es war immer noch sehr heiß draußen und nach dem Schwimmtraining hatte er ausgiebig geduscht. Nun war es vorbei mit der Frische. Und müde fühlte er sich dazu. Normalerweise war er ein guter Dauerläufer, doch das Training hatte ihn eine Menge Energie gekostet.
Justus und Bob hatten bereits viele Meter Vorsprung. Peter verschärfte das Tempo. Barlington Road, ging es ihm durch den Kopf. Da könnte ich doch eine Abkürzung nehmen. Er sprang über einen Zaun und überquerte eine ehemalige Weidefläche, die inzwischen trockenes Ödland war. Als er sich auf der anderen Seite durch den Maschendraht zwängte, blieb sein T-Shirt an einer spitzen Zacke hängen und zeriss. Doch jetzt war nicht die Zeit, sich darüber zu ärgern. Unbeeindruckt joggte der Zweite Detektiv weiter durch eine kleine Nebenstraße und erwischte an der Ecke gerade noch den 64er Bus, mit dem er drei Stationen fuhr. Nun waren es nur noch etwa vierhundert Meter. Immer wieder ging Peter Mrs Bakers Anruf durch den Kopf: Quallengift per E-Mail. Was hatte das nur zu bedeuten?
Als das Haus mit der Nummer 29 in Sichtweite kam, bemerkte er, dass gerade ein grauer Ford vor dem kleinen, frei stehenden Haus einparkte. Das musste Mr Perry sein, der andere Detektiv, der den drei ??? Konkurrenz machen wollte! Peter setzte die letzten Kräfte frei. Wer zuerst kam, hatte den Job!
Aus dem Auto stieg ein kleiner, rundlicher Mann. Mit kurzen Schritten trippelte er auf das Gartentor zu, das zu Mrs Bakers Haus gehörte. Der Zweite Detektiv drehte sich um: von Justus und Bob keine Spur. Also musste er Gas geben. Jetzt ging es um Sekunden. Seine Beine waren bereits so schwer, dass er die Bewegungen nicht mehr exakt kontrollieren konnte. Doch Peter legte trotzdem noch einen Zahn zu. Der Mann hatte bereits die Hälfte der Strecke bis zum Haus geschafft. Mit festem Blick peilte Peter das Gartentor an.
Jetzt bemerkte Mr Perry den Jungen und beschleunigte sofort seinen Schritt. Schon war Peter da. Doch zum Bremsen war es zu spät: Unmittelbar vor dem Gartentor prallte er mit voller Wucht mit dem Mann zusammen. Es tat einen dumpfen Schlag und beide stürzten zu Boden.
Schwitzend rappelte sich der Mann auf. Sein Hemd war aus der Hose gerutscht. »Kannst du nicht aufpassen! Du weißt wohl nicht, wohin mit deiner Kraft, du besoffener Halbstarker!« Er zog geräuschvoll die Nase hoch, so als hätte er Schnupfen, und sah Peter wütend an.
Auch der Zweite Detektiv richtete sich auf. Er war noch immer außer Atem, musste aber über den peinlichen Zusammenstoß grinsen. »Peter Shaw. Angenehm. Detektivbüro ›die drei ???‹. Entschuldigen Sie bitte die Begleitumstände unseres Kennenlernens«, sagte er.
Schöner hätte es auch Justus Jonas nicht ausdrücken können, der sonst immer für die geschwollene Redeweise zuständig war.
Der Mann stopfte wütend sein Hemd in die Hose und klopfte sich den Staub ab. Seine Augen blitzten. »Was willst du denn hier? Ich bin Dick Perry, Detektei Santa Monica.«
Von diesem Detektivbüro hatte Peter noch nichts gehört. Vermutlich bestand es nur aus einer Person: Dick Perry selbst. Da vernahm er die Bremsgeräusche zweier Fahrräder und atmete erleichtert auf: Endlich war Unterstützung da.
Justus und Bob stellten die Räder ab und traten näher.
»Justus Jonas von den drei ???«
»Bob Andrews. Ebenfalls drei ???«
Dick Perry blinzelte die Jungen misstrauisch an. »Die drei Fragezeichen also. Euer Ruf ist bis nach Santa Monica vorgedrungen. Aber falls ihr nicht zufällig hier aufgekreuzt seid, merkt euch eins: Das hier ist mein Fall. Mrs Baker hat mich bereits engagiert. Kennt ihr meinen Wahlspruch? Er lautet: Will dir jemand an den Kragen – musst du nur Dick Perry fragen!« Er lachte schrill.
»Mrs Baker hat es sich inzwischen anders überlegt«, sagte Justus trocken. »Sie gibt demjenigen den Auftrag, der zuerst bei ihr ist. Und wenn ich die Lage recht überblicke, war Peter vor Ihnen hier.«
»Das ist ein gewaltiger Irrtum!«
»Ich stehe näher am Gartentor«, behauptete Peter und machte unmerklich einen Schritt in die richtige Richtung.
Doch Mr Perry hatte es gesehen und wollte gerade mit einer entsprechenden Antwort aufwarten, als die Haustür aufging und Mrs Baker erschien. Sie war eine dunkelhaarige Frau um die fünfzig Jahre und es sah ganz so aus, als wolle sie den sich anbahnenden Streit kurzerhand beenden.
»Kommen Sie herein, meine Herren«, rief sie streng. »Sonst ruft einer meiner Nachbarn noch die Polizei! Und bitte nicht so laut. Bei einem Glas Tee werden wir schon alles klären.«
Die vier Detektive sahen einander verdutzt an. Peter ergriff als Erster die Initiative und setzte sich in Bewegung.
Doch weit kam er nicht, denn neben Mrs Baker saß ein kleiner Hund, den bisher keiner wahrgenommen hatte. Das Hündchen knurrte Peter drohend an.
»Ist gut, Harry«, zischte Mrs Baker und der Hund setzte sich folgsam, ohne Peter jedoch aus den Augen zu lassen.
Peter drückte sich an ihm vorbei und spürte, wie die Frau kritisch sein zerrissenes T-Shirt musterte. Justus und Bob folgten Peter auf dem Fuß, und schließlich schloss sich auch Mr Perry an.
Sie kamen in ein Haus, das seine besten Jahre schon gesehen hatte. Sofort fiel Justus die seltsame Dekoration auf: Meerestiere, Tauchermasken, Harpunen, Bilder von Korallenriffen, Fischen und einem Hai. Besonders hatten es Mrs Baker offenbar alte Schiffswracks angetan. Justus entdeckte gleich mehrere Bilder und Zeichnungen von gesunkenen Schiffen aus früheren und heutigen Zeiten.
Mrs Baker führte ihre Besucher ins Wohnzimmer und forderte sie auf, sich zu setzen. Die drei ??? fanden auf dem Sofa Platz, das aus einem anderen Jahrhundert zu kommen schien und mit einem Stoff aus kleinen Fischmustern bezogen war. Mr Perry ließ sich ächzend in den dazu passenden Sessel fallen und zog schon wieder die Nase hoch.
Mrs Baker hatte es gehört und sah ihn missbilligend an. Dann befahl sie ihrem Hund, sich auf eine Matte zu legen. Sie holte ein paar Tassen aus dem Schrank und stellte sie auf den Couchtisch.
Justus beobachtete die Frau dabei. Ihr Blick war fest, aber es lag eine leichte Unruhe darin. Ihre Kleidung wirkte sportlich, aber vollkommen unmodern. Justus fiel auf, dass sie trotz der Hitze ein Hemd mit langen Ärmeln und eine weite lange Hose trug.
Seine Gedanken wanderten zu einem anderen Punkt: Ihm war aufgefallen, dass Peter mit seinem zerrissenen T-Shirt und dem verschwitzten Gesicht nicht gerade Pluspunkte bei Mrs Baker gesammelt hatte. Wie sollten sie bloß die Frau davon überzeugen, dass sie im Vergleich zu Dick Perry die besseren Detektive waren? Es war nicht leicht, den richtigen Einstieg zu finden.
»Wohnen Sie allein hier?«, wagte er sich zögernd vor.
Mrs Baker nickte. »Seit zehn Jahren, ja. Tee, meine Herren?« Mrs Baker blickte fragend in die Runde. »Sie trinken doch alle Tee?«
»Aber ja«, erklärte Bob. »Zumindest wir drei.«
»Und Sie?« Mrs Baker wandte sich an Dick Perry.
»Ich liebe Tee«, erklärte Perry. Man sah ihm deutlich an, dass er gerne einen Kaffee gehabt hätte, doch offenbar wollte er nicht gleich unangenehm auffallen.
Mrs Baker verschwand in der Küche.
Justus’ Blick wanderte zu ihrem Konkurrenten. Dick Perry war ein unscheinbarer, untersetzter Mann, deutlich kleiner als Justus. Er war etwas schmuddelig gekleidet. Besonders gut konnte sein Detektivbüro nicht laufen, überlegte Justus. Vermutlich brauchte er Geld. Der Mann würde nur schwer nachgeben, wenn es um den Auftrag von Mrs Baker ging. Aber Justus wollte nicht klein beigeben. Dazu war er viel zu neugierig und außerdem ging es ihm um die Ehre der drei ???.
Perry spürte seinen Blick und beugte sich vor. »Es ist mein Job«, sagte er gepresst. »Versteht ihr? Ihr seid nur Hobbydetektive. Halbstarke dazu. Ich rate euch: sucht entlaufene Katzen. Entflogene Papageien. Stehlende Kinder. Aber mischt euch nicht in Angelegenheiten von Profis ein!«
Bevor einer der drei Detektive reagieren konnte, kam Mrs Baker mit einem Tablett aus der Küche zurück. Sie servierte den Tee und setzte sich auf den letzten freien Sessel.
Justus wollte unbedingt vor Dick Perry die Initiative ergreifen. »Sie lieben das Meer, Mrs Baker. Bestimmt gehen Sie oft tauchen?«
Mrs Baker blickte ihn überrascht an. »Aber ja, woher weißt du …?«
Mr Perry hüstelte und unterbrach sie. »Nun, das ist doch selbst für diesen Jungen nicht so schwer zu erraten, Mrs Baker. Die Bilder, die Meeresdekoration. Ein einfacher, logischer Zusammenhang. Es liegt doch nahe, dass Sie tauchen.« Er zog einen zerfledderten Block aus der Tasche und machte sich ein paar Notizen. Es sollte wohl professionell aussehen.
Justus schluckte.
»Aber seit einer guten Woche tauche ich nicht mehr«, fügte Mrs Baker mit einem bitteren Unterton in der Stimme hinzu. »Ich werde wohl nie wieder tauchen.«
»Wegen der Quallen«, folgerte Bob sofort.
Mrs Bakers Gesichtsausdruck wurde ernst. »So ist es«, antwortete sie. »Du schaltest schnell.«
Das hatte erneut einen Huster von Mr Perry zur Folge. Es gefiel ihm nicht, dass Mrs Baker Bob gelobt hatte. »Natürlich wegen der Quallen«, fiel er hektisch ein. »Ist doch klar. Lady, Sie tauchen nicht mehr. Sie sprachen am Telefon von den Quallen per E-Mail. Keine Frage. Absolut logisch. Sie tauchen nicht mehr. Deswegen haben Sie mich ja um Hilfe gebeten.«