Die Eisprinzessin und der Playboy - Kathie DeNosky - E-Book

Die Eisprinzessin und der Playboy E-Book

Kathie Denosky

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Beschreibung

Brad Connellys Jagdinstinkt ist geweckt, als die faszinierende Elena ihn kühl zurückweist. Unter einem Vorwand lockt er sie in sein romantisches Haus am See. Gelingt es ihm, bei Kerzenschein das Herz seiner Eisprinzessin zum Schmelzen zu bringen?

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Seitenzahl: 192

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IMPRESSUM

Die Eisprinzessin und der Playboy erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2002 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Maternally Yours“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 287 - 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733768911

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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DIE CONNELLY-DYNASTIE

1. KAPITEL

Elena Delgado presste die Hand gegen den Magen, holte tief Luft und stand dann langsam auf. Sie schloss die Augen und lehnte sich gegen die Toilettenwand. Die Übelkeit sollte eigentlich nicht den ganzen Tag über anhalten, denn schließlich sprach man von morgendlicher Übelkeit. Aber ihr war von dem Moment an schlecht gewesen, als sich das Teststäbchen blau gefärbt hatte.

Es machte Elena nicht das Geringste aus. Sie würde alles ertragen, Hauptsache, sie bekam ein gesundes Baby. Sie biss sich auf die Unterlippe und atmete noch einmal tief durch. Dies war ihre letzte Hoffnung auf ein eigenes Kind – sie konnte sich einfach keinen weiteren Gang zur Samenbank leisten. Weder finanziell noch emotional.

Als sich ihr Magen beruhigt hatte, öffnete sie die Kabinentür und trat ans Waschbecken. Das Klacken ihrer halbhohen Pumps auf dem gefliesten Boden hallte im dem leeren Raum wider. Das hohl klingende Geräusch ließ sie erschaudern. Es lag so viel Einsamkeit darin.

Tränen traten ihr in die Augen, als sie in den Spiegel über dem Waschbecken blickte. Sie war ihr Leben lang allein gewesen. Warum fühlte sie sich ausgerechnet jetzt so einsam?

Ärgerlich auf sich selbst riss Elena Papiertücher aus dem Spender, hielt sie unter den Wasserhahn und drückte dann die nassen, kalten Tücher gegen ihre erhitzten Wangen. Ihr labiler Gemütszustand musste mit dem veränderten Hormonhaushalt während der Schwangerschaft zusammenhängen. Das war die einzig mögliche Erklärung.

Normalerweise weinte Elena Delgado nicht. Niemals.

Sie wischte die letzten Tränen weg und warf einen Blick auf ihre Uhr. Seufzend hängte sie sich die Tasche über die Schulter, schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass ihr Magen in der nächsten Stunde ruhig bleiben möge, und trat dann in den eleganten Empfangsbereich des Connelly Imperiums im Connelly Tower.

Elena eilte zu den Fahrstühlen. Sie hasste es, zu spät zu kommen. Es war unhöflich und rücksichtslos, Menschen warten zu lassen. Ungeduldig trat sie von einem Fuß auf den anderen, während sie auf einen der Lifte wartete. Eine weitere Verzögerung an einem Tag, der von einer Serie von Verspätungen und Frustrationen gekennzeichnet war.

Der Ärger hatte morgens mit dem Wachwerden begonnen. Die veraltete Heizung in ihrem Wohnblock hatte endgültig den Kampf gegen den kalten Chicagoer Winter aufgegeben und war irgendwann in der Nacht ausgefallen. Schlotternd vor Kälte hatte sie sich für die Arbeit fertig gemacht. Dann hatte ihr Wagen sie im Stich gelassen und war nicht angesprungen. Also war sie an diesem eisigen Morgen im Februar sechs Straßen weiter zur Station der L gelaufen, der Hoch- und Tiefbahn von Chicago.

Endlich glitt die auf Hochglanz polierte Messingtür des Fahrstuhls geräuschlos auf, und Elena betrat die Kabine. Sie drückte die Taste für die 17. Etage. Als der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte, wurde ihr erneut übel. Elena schloss die Augen. Schnelle Aufzüge sollten verboten sein, dachte sie, als die rasante Auffahrt ihren ohnehin empfindlichen Magen völlig durcheinanderbrachte.

Ein paar Sekunden später stoppte der Aufzug, die Tür glitt auf, und Elena trat auf wackeligen Beinen in einen mit Teppichboden ausgelegten Flur. Nach ihrem Termin mit Brad Connelly, bei dem die Gesprächstermine mit den restlichen Familienmitgliedern arrangiert werden sollten, würde sie das Wochenende nutzen, um wieder ein Mensch zu werden.

Aber sie würde nicht den Fahrstuhl benutzen, sondern die Treppe hinunterlaufen.

Brad Connelly klopfte mit seinem Füllhalter auf die polierte Oberfläche seines Mahagonischreibtisches. Zum dritten Mal innerhalb weniger Minuten blickte er auf seine Uhr, dann starrte er wieder aus dem Fenster auf den Michigan See, auf den die ersten Schatten des frühen Abends fielen.

Brad hasste es, wenn man ihn warten ließ. Sollte die Beamtin, die das Attentat auf seinen älteren Bruder Daniel untersuchte, nicht bald auftauchen, würde er Feierabend machen. Babe mochte es gar nicht, wenn er spät aus dem Büro nach Hause kam. Er konnte froh sein, wenn sie nicht seine Sachen zerfetzte, um es ihm heimzuzahlen. Es wäre nicht das erste Mal.

Das Summen der Sprechanlage auf seinem Schreibtisch riss ihn aus seinen Gedanken. „Ja, Fiona?“

„Die Dame, die um vier Uhr einen Termin bei Ihnen hatte, ist jetzt da, Mr. Connelly.“

„Danke. Schicken Sie sie herein. Sie können jetzt gehen, wenn Sie wollen.“

„Danke, Mr. Connelly. Dann bis Montag. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.“

„Danke, Ihnen auch, Fiona.“

Sekunden später wurde die Bürotür geöffnet, und eine junge Frau mit hellbraunen schulterlangen Haaren betrat den Raum. Brad konnte nicht anders, er starrte die Frau an. Das sollte die hoch geschätzte Kriminalbeamtin der Spezialeinheit beim Chicago Police Department sein?

Wow! Er hatte eine Frau mittleren Alters erwartet, die wie ein Mann aussah und sich knallhart gab. Stattdessen stand eine zierliche Frau von Mitte zwanzig vor ihm, die jede Schönheitskönigin in den Schatten stellte. Im Geiste machte er sich eine Notiz, seinen Vater anzurufen und sich bei ihm zu bedanken, dass er ihn zum Mittelsmann zwischen Familie und Polizei auserkoren hatte.

Brad stand auf. Unwillkürlich fiel sein Blick auf ihre Hand, um zu sehen, ob sie einen Ehering trug. Tat sie nicht.

Er sandte einen stummen Dank an den Mächtigen im Himmel, ging um seinen Schreibtisch herum, setzte sein charmantes Lächeln auf – das Lächeln, das ihm schon seit seinem letzten Jahr an der Highschool einen vollen Kalender mit Verabredungen beschert hatte – und reichte ihr die Hand. „Ich bin Brad Connelly. Leiter der PR-Abteilung. Mit wem habe ich das Vergnügen?“

Elena schüttelte seine Hand, erwiderte das Lächeln jedoch nicht. „Elena Delgado. Entschuldigen Sie, dass ich mich verspätet habe, Mr. Connelly.“

Sie gab keine Erklärung für ihre Verspätung, und Brad fragte nicht nach. Zu sehr lenkte ihn das prickelnde Gefühl ab, das sich in ihm ausbreitete. „Da wir eng zusammenarbeiten werden, nennen Sie mich bitte Brad, Mrs. Delgado.“ Er rieb mit dem Daumen über die weiche Haut ihres Handrückens.

Sie ließ seine Hand los, und ihr Blick gab ihm zu verstehen, dass sie weder von seinem umwerfenden Lächeln noch von seiner Berührung beeindruckt war. „Lassen Sie uns zur Sache kommen, Mr. Connelly“, sagte sie höflich, aber bestimmt.

Sachliches Gebaren gehörte sicherlich zu ihrem Job. Aber Brad erlebte es nur selten, dass er eine Frau nicht in seinen Bann ziehen konnte. Er sah es als persönliche Herausforderung an.

Als sie ihn weiter erwartungsvoll anblickte, fiel ihm etwas auf, was ihm bisher entgangen war. Elena Delgado sah müde aus. Sehr müde. Sie war blass, unter ihren schönen schokoladenbraunen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, und ihre Stimme klang erschöpft und matt. Vielleicht verhielt sie sich deshalb so distanziert und weigerte sich, ihn mit Vornamen anzureden.

Was auch immer der Grund für ihren Zustand sein mochte, ihr Desinteresse reizte ihn und forderte ihn heraus, etwas zu unternehmen, was ihre Stimmung verbesserte.

Brad sah auf die Uhr. Es war Essenszeit, und er kam sowieso zu spät nach Hause. Daniel und seine Frau Erin befanden sich auf dem kleinen Inselstaat Altaria in Sicherheit vor weiteren Anschlägen auf ihr Leben. Und Babe würde ihm auf jeden Fall die kalte Schulter zeigen. Wahrscheinlich hatte sie schon damit begonnen, sein Wohnzimmer zu verwüsten. Es würde also keinen Unterschied machen, wenn er noch eine oder zwei Stunden später kam.

Außerdem wirkte Elena so, als könnte sie etwas Aufmunterung gebrauchen.

„Ich wollte gerade Feierabend machen.“ Brad nahm sein Jackett von dem Garderobenständer aus poliertem Messing. Er schlüpfte hinein und griff nach seinem Ledermantel. „Lassen Sie uns die Details der Befragung beim Abendessen besprechen.“

Elena schüttelte den Kopf, und wenn der Ausdruck in ihrem hübschen Gesicht nicht täuschte, würde es nicht einfach werden, sie umzustimmen. „Lieber nicht, Mr. Connelly.“

Er ließ sich nicht abschrecken. „Ich habe nicht gefrühstückt und die Mittagspause durchgearbeitet“, sagte er wahrheitsgemäß. „Jetzt ist Zeit fürs Abendessen, und ich bin hungrig.“ Er lächelte. „Ich könnte wetten, Sie auch.“

In diesem Moment meldete sich ihr Magen vernehmlich, was jeden möglichen Protest ihrerseits im Keim erstickte. Elena wurde rot.

Seit Jahren hatte Brad keine Frau mehr erröten sehen. Er lachte. „Dann wäre das also geklärt.“ Er zog seinen Mantel an, legte Elena die Hand auf den Rücken und schob sie zur Tür. „Wir unterhalten uns beim Essen.“

Sie machte kein glückliches Gesicht, doch Brad wertete es als positives Zeichen, dass sie sich von ihm zum Fahrstuhl führen ließ. Die rasante Fahrt in die Tiefgarage verlief schweigsam, und er fragte sich langsam, ob er sein Gespür für Frauen verloren hatte. Elena fühlte sich in seiner Gegenwart ganz offensichtlich miserabel. „Wir kommen später hierher zurück, damit Sie Ihren Wagen holen können.“ Sie verließen den Fahrstuhl.

„Mein Wagen ist heute Morgen nicht angesprungen.“ Sie klang noch erschöpfter als zuvor. „Ich habe die Bahn genommen.“

„Zurück fahren Sie nicht mit der Bahn“, sagte er mit Nachdruck. Kripobeamtin oder nicht, ihm missfiel der Gedanke, dass eine Frau abends allein öffentliche Verkehrsmittel benutzte. Es war viel zu gefährlich. Bevor Elena protestieren konnte, führte er sie zu seinem schwarzen Jaguar Cabriolet und öffnete die Beifahrertür. „Mögen Sie italienisches Essen?“

Erschöpft sank sie in den Schalensitz. „Ja. Eigentlich liebe ich italienisches Essen, aber ich glaube nicht, dass es …“

„Gut, dann wäre das geklärt.“ Er schloss die Tür. Als sie zu ihm aufblickte, hatte er das Gefühl, dass sie etwas grün im Gesicht war. Doch er verwarf den Gedanken. Das Neonlicht in der Tiefgarage warf auf alles einen unnatürlichen Schimmer. Er ging um den Wagen herum, öffnete die Fahrertür und setzte sich hinter das Lenkrad. „Ich kenne ein tolles kleines italienisches Restaurant nicht weit von hier.“

Brad hatte das Gefühl, dass sie wieder protestieren wollte, doch als er den Motor anließ und ausparkte, presste sie die Lippen zusammen, schloss die Augen und lehnte sich zurück.

Brad hatte fast ein schlechtes Gewissen, dass er darauf bestanden hatte, sie zum Essen einzuladen. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich kam noch auf den Beinen halten konnte. Doch nun setzte sich die Fürsorge durch. Elena musste etwas essen. Und so brauchte sie sich nichts mehr zu kochen, wenn sie nach Hause kam. Zufrieden, dass er ihr mit der Einladung wahrscheinlich einen Gefallen tat, lenkte er den Wagen aus der Tiefgarage und fädelte sich in den dichten Verkehr auf der Michigan Avenue ein.

Zehn Minuten später führte Brad Elena an den Stammplatz bei seinem Lieblingsitaliener, half ihr aus dem Mantel und rückte ihr den Stuhl zurecht. Nachdem er auch seinen Mantel ausgezogen und beide an die Garderobe gehängt hatte, setzte er sich Elena gegenüber und starrte sie über die Kerze in einer Chianti-Flasche hinweg an. Sie wirkte schrecklich erschöpft.

„Lassen Sie uns unser Gespräch auf Montag verschieben“, schlug er vor. „Sie sehen aus, als würden Sie gleich zusammenbrechen.“

„Mir geht es gut.“ Sie zog einen Notizblock aus ihrer Tasche. „Ich würde gern heute alles erledigen, was im Vorfeld geregelt werden kann, damit ich am Montagmorgen direkt mit der Befragung beginnen kann. Sind Sie darüber informiert worden, was ich von Ihnen brauche, Mr. Connelly?“

Brad lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er versuchte, zur Sache zu kommen und das erotische Bild zu verdrängen, das ihre unschuldige Frage heraufbeschworen hatte. Ihm fielen einige sehr aufregende Dinge ein, die er mit Elena gern unternehmen würde, doch Treffen mit seiner Familie zu vereinbaren – das gehörte nicht dazu.

Brad räusperte sich und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die sein Vater ihm übertragen hatte und die er gern erfüllte. Er wollte unbedingt herausfinden, wer versucht hatte, seinen Bruder Daniel zu ermorden. „Mein Vater hat mir gesagt, dass Sie mit sämtlichen Familienmitgliedern sprechen möchten.“

Elena nickte. „Richtig. Ihr Vater hat mir zugesagt, dass Sie die Zeiten koordinieren und den Ort für die Gespräche festlegen würden.“

Brad lächelte. Seine effiziente Arbeitsweise und seine Fähigkeit, die Bedürfnisse anderer Menschen vorauszuahnen, hatten ihm den Ruf eingebracht, einer der besten PR-Männer in der Textilbranche zu sein. „Das ist alles schon erledigt. Ich habe dafür gesorgt, dass Ihnen ab Montag ein Konferenzraum im Connelly Tower zur Verfügung steht, damit Sie ungestört Ihre Gespräche führen können.“

„Gut.“

„Es kann jedoch einige Tage dauern, bis Sie mit jedem gesprochen haben.“ Brad stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Tisch ab und legte das Kinn in die Hand. Er beobachtete, wie sie sich eine Strähne ihrer seidig glänzenden Haare aus dem Gesicht strich. Wie gern würde er ihre makellose Haut berühren und ihr Haar zerzausen. Das Kerzenlicht warf einen sanften Schimmer auf ihr hübsches Gesicht. Brad fragte sich, wie es wäre, Elena in den Armen zu halten und sie zu küssen.

„Mir ist bewusst, dass es ein paar Tage dauern wird“, sagte sie und riss ihn aus seinen höchst angenehmen Gedanken. Sie blickte von ihrem Notizblock auf. „Ich würde auch gern einige der Angestellten befragen. Sie könnten über Informationen verfügen, die meinen Nachforschungen dienlich sind.“

„Das kann alles arrangiert werden. Sonst noch etwas?“

„Im Moment nicht.“ Sie sah auf ihre Notizen. „Natürlich muss ich auch Sie befragen.“ Sie lächelte ihn zaghaft an. „Und ich sehe keinen Grund, warum wir das nicht schon heute Abend erledigen sollten.“

Ermutigt durch ihr sanftes Lächeln kam er zu dem Schluss, dass noch nicht alles verloren war. Auch wenn es kein besonders warmherziges Lächeln war, der Anfang war gemacht.

Und darauf konnte er aufbauen.

„Nicht heute Abend.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich bin müde, und Sie sind es auch. Außerdem stehe ich am Montag als Erster auf Ihrer Liste.“ Er grinste. „Sie wollen doch den Zeitplan nicht durcheinanderbringen, bevor wir überhaupt angefangen haben, oder?“

Sie runzelte die Stirn. „Es macht sicher keinen Unterschied, wenn ich Ihre Aussage jetzt schon aufnehme.“

„Oh doch.“ Er versuchte, ernst zu bleiben. „Wir könnten unser Essen nicht genießen, was bei mir zu Verdauungsstörungen führen könnte. Das hätte dann zur Folge, dass ich die ganze Nacht wach liege und morgen nichts schaffe, weil ich so müde bin. Dieses wiederum würde bedeuten, dass ich am Sonntag alles nachholen muss, was ich am Samstag nicht erledigt habe, und …“ Er setzte eine bedauernswerte Miene auf. „Ich denke, Sie sehen ein, dass es meinen ganzen Zeitplan über den Haufen werfen würde.“

Elena starrte ihn eine Weile lang schweigend an. Dann legte sie ihren Stift auf den Tisch. „Lassen Sie uns eines klarstellen, Mr. Connelly. Dies ist kein …“

Genau in diesem Moment stellte der Kellner einen Korb mit Brot auf den Tisch. „Guten Abend, Mr. Connelly. Möchten Sie die Weinkarte?“

Brad warf Elena einen fragenden Blick zu. Diese schüttelte den Kopf und blickte zu dem Ober auf. „Für mich bitte keinen Wein.“

„Ein Glas Wein wird Ihnen helfen, sich nach einem stressigen Tag zu entspannen.“ Brad wandte sich an den Kellner. „Bringen Sie bitte zwei Gläser und eine Flasche von Ihrem besten Wein, Vinnie.“

Elena kochte innerlich. Was bildete der Mann sich eigentlich ein? Nur weil er ungewöhnlich attraktiv, sehr erfolgreich und Mitglied einer einflussreichen Familie war, hatte er noch lange nicht das Recht, über sie zu bestimmen. Es wurde Zeit, ihm das unmissverständlich klarzumachen.

Jede andere Frau würde wahrscheinlich im siebten Himmel schweben und dem Himmel danken, dass sie mit dem tollen Brad Connelly dinieren durfte. Aber Elena war nicht wie andere Frauen. Glücklicherweise war sie immun gegen sein attraktives Äußeres, seine ungewöhnlich blauen Augen und sein einnehmendes Lächeln. Auf so etwas war sie einmal hereingefallen. Ein zweites Mal würde ihr das nicht passieren. Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war eine Affäre mit einem Playboy, wie ihr Exmann einer gewesen war.

Sie wollte dem Kellner gerade sagen, dass er ihr kein Glas bringen sollte, als Brad sich wieder an den jungen Mann wandte. „Ich denke, wir nehmen beide einen Salat mit dem Hausdressing und dazu Calamares, Vinnie.“

„Sehr gern, Sir.“

Kaum hatte der Kellner sich entfernt, starrte Elena Brad an. „Finden Sie nicht, dass das etwas anmaßend war?“

„Mögen Sie keine Calamares?“ Brad machte ein erschrockenes Gesicht. „Ich dachte, jeder mag sie. Wenn Sie möchten, bestelle ich Ihnen etwas anderes.“

Als er die Hand hob, um Vinnie heranzuwinken, schüttelte sie den Kopf. „Darum geht es nicht, Mr. Connelly.“

Mit der widerspenstigen Haarsträhne, die ihm immer wieder in die Stirn fiel, dazu diesem verwirrten Gesichtsausdruck, sah er aus wie ein kleiner Junge, der nicht wusste, was er falsch gemacht hatte. Fast hätte sie gelacht. Sie könnte wetten, dass dieser Gesichtsausdruck Seltenheitswert hatte.

„Worum dann, Elena?“ Er bedeckte ihre Hand mit seiner. „Und bitte nennen Sie mich Brad.“

Plötzlich war er alles andere als ein kleiner Junge. Die Berührung und seine sympathische, warme Baritonstimme lösten die merkwürdigsten Gefühle in ihr aus. Auf einmal hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Hastig entzog sie ihm ihre Hand und legte sie auf den Schoß. Der Mann machte seinem Ruf als Playboy alle Ehre. Schade nur, dass er seinen Charme bei ihr verschwendete. Dank ihres Exmannes Michael war sie gegen diese Art von Anmache total immun.

„Ich habe Ihnen gesagt, dass ich keinen Wein trinken möchte.“ Die Schmetterlinge beruhigten sich wieder. Stattdessen verspürte sie ein unangenehmes Rumoren, und ihre Handflächen wurden kalt und feucht. „Ich denke, es wird höchste Zeit, dass wir ein paar Regeln festlegen, Mr. Connelly. Ich bin nur an der Aufklärung des versuchten Mordes an Ihrem Bruder interessiert. Sie können also aufhören.“

Er zog eine Augenbraue hoch und sah sie fragend an. „Wie kommen Sie darauf, ich hätte etwas anderes im Sinn, Elena? Ich will Sie lediglich bei Ihrer Arbeit unterstützen.“

„Mr. Connelly …“

„Brad, bitte.“

„Sie haben mich mit diesem Dinner überrumpelt.“ Sie steckte ihren Notizblock und ihren Stift in ihre Tasche. „Sie haben beschlossen, dass ich mit der Befragung bis Montag warten kann. Sie sind sogar so weit gegangen, mir Wein zu bestellen, obwohl ich klar und deutlich gesagt habe, dass ich keinen trinken möchte. Verstehen Sie, was ich meine, Mr. Connelly?“

„Nicht ganz.“

„Ich lasse mir nicht gern sagen, was ich zu tun habe.“ Um Abstand zwischen sich und Brad Connelly zu bringen, sprang Elena auf. Plötzlich begann sich der Raum um sie zu drehen, und Elena musste sich am Tisch festhalten. „Ich bin daran gewöhnt, das Sagen zu haben, wenn ich … an einem Fall arbeite.“

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ Brad stand auf.

Elena musste ihm zugutehalten, dass er ernsthaft besorgt schien. „Mir geht’s … gut.“ Sie schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, stand Brad neben ihr und hatte die Hand an ihren Ellbogen gelegt. „Es war ein langer, anstrengender Tag nach einer arbeitsreichen Woche, Mr. Connelly. Ich denke, ich lasse das Essen ausfallen und fahre mit dem Taxi nach Hause.“

„Ich fahre Sie.“

„Nein, das ist nicht nötig.“ Elena versuchte verzweifelt, gegen die aufsteigende Übelkeit anzukämpfen. „Bitte … bleiben Sie … und genießen Sie Ihr Essen.“

Brad sah sie nachdenklich an. Er wusste nicht, was das Problem war, aber er war sicher, dass Elena nicht nur unter Erschöpfung litt. Ihr Atem ging schwer, und ihr Gesicht war kreidebleich.

„Mario!“ Brad rief nach dem Chef des Restaurants. Als der kleine Mann zu ihnen geeilt kam, erklärte Brad: „Mrs. Delgado fühlt sich nicht wohl, und wir haben beschlossen, nichts zu essen.“

„Natürlich, Signore Connelly.“ Mario warf Elena einen besorgten Blick zu, als Brad ihr in den Mantel half. „Tut mit leid, dass die signorina krank ist. Ich hoffe, dass es ihr bald besser geht.“

Brad nickte. Er legte die Hand an Elenas Ellbogen und wollte sie zum Ausgang führen. Doch als sie sich umdrehte, kam sie ins Straucheln und blieb abrupt stehen.

Sie blickte zu ihm auf, und er sah die Angst und Panik in ihren ausdrucksvollen Augen. Und die Verzweiflung, als sie gegen ihn sackte. „Bitte … helfen Sie mir … Brad“, flüsterte sie. Im nächsten Moment verlor sie das Bewusstsein.

Ohne nachzudenken hob er sie auf seine Arme und trug sie zum Ausgang. Glücklicherweise hatte er direkt vor dem Restaurant geparkt. So waren es nur ein paar Schritte bis zum Wagen.

Er setzte sie auf den Beifahrersitz, schnallte sie an und lief dann um den Jaguar herum zur Fahrerseite, startete den Wagen, legte den ersten Gang ein und schoss vom Parkplatz.

„Halt durch, Elena“, sagte er und kämpfte gegen die ungewohnte Panik an, als er langsamer fahrende Autos überholte. „In zwei Minuten sind wir in der Notaufnahme des Memorial Hospitals.“

2. KAPITEL

3. KAPITEL

Zwanzig Minuten später parkte Brad auf seinem Platz in der Tiefgarage seines Apartmenthauses und begleitete Elena zum Fahrstuhl. Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Stöhnen, als er den Sicherheitscode eingab, um die Tür zu öffnen. Warum konnte er nicht im Erdgeschoss arbeiten und wohnen? Oder zumindest die Treppe hinauf zu seinem Apartment nehmen?

Elena hielt den Atem an und betete, dass das Medikament, das ihr die Ärztin in der Notaufnahme gegeben hatte, mittlerweile wirkte, als die Tür leise aufglitt und sie die Kabine betraten. Zu ihrer großen Erleichterung war die Fahrt bei Weitem nicht so schlimm wie befürchtet, und als Elena in der 12. Etage den Fahrstuhl verließ, verspürte sie nur leichte Übelkeit.

Brad führte sie ans andere Ende des Gebäudes zu seinem exklusiven Penthouse und schloss die Tür auf. „Wundere dich nicht, wenn hier das absolute Chaos herrscht“, warnte er. „Babe verwüstet die Wohnung immer, wenn ich zu spät von der Arbeit nach Hause komme.“

„Babe?“ Er lebte mit jemandem zusammen?

Brad nickte und schaltete das Licht in der Diele an. In dem Moment kam schon ein schwarzes Wollknäuel um die Ecke gestürmt. Der kleine Hund bellte aufgeregt und hüpfte fröhlich um Elenas Füße herum, doch als Brad sich bückte, um ihn hochzuheben, lief er davon, drehte sich dann um und starrte sein Herrchen an.

„Na, spielst du wieder die beleidigte Leberwurst?“ Brad lachte und brachte Elena in sein geräumiges Wohnzimmer. „Zu dir ist sie superfreundlich, aber mir wird sie den ganzen Abend die kalte Schulter zeigen.“

Als er Licht machte, stieß er einen leisen Fluch aus. „Sieht ganz so aus, als müsste ich wieder neue Kissen kaufen.“

Elena lachte auf, als sie die Füllung der Sofakissen auf dem dicken beigefarbenen Teppich verstreut liegen sah. „Verstehe ich das richtig? Du hast dies schon häufiger erlebt?“

Brad half Elena aus dem Mantel. „Jedes Mal, wenn ich zu spät nach Hause komme.“