Die Erfindung der Indianer - Lutz Spilker - E-Book

Die Erfindung der Indianer E-Book

Lutz Spilker

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Beschreibung

›Indianer‹ – ein Begriff, der Romantik, Abenteuer und Freiheit beschwört. Doch was verbirgt sich wirklich hinter diesem Wort? Das Sachbuch ›Die Erfindung der Indianer‹ beleuchtet die Entstehung eines Mythos, der mit der historischen Realität der amerikanischen Ureinwohner wenig gemein hat. Christoph Kolumbus, der glaubte, Indien erreicht zu haben, prägte eine Bezeichnung, die über Jahrhunderte hinweg als pauschales Etikett für die vielfältigen Kulturen Nordamerikas diente. Doch ›Indianer‹ sind keine homogene Gruppe – sie sind ein Kaleidoskop aus hunderten von Völkern mit einzigartigen Sprachen, Traditionen und Weltanschauungen. Dieses Buch zeigt, wie falsche Vorstellungen, Stereotypen und Mythen die Wahrnehmung indigener Völker verzerrten – von Kolonialzeiten bis zur Popkultur. Gleichzeitig dokumentiert es die schmerzvolle Geschichte der Enteignung, Verdrängung und kulturellen Unterdrückung, die diese Menschen erleiden mussten – und teilweise bis heute erleiden. Mit sachlichem Blick, aber ohne Scheu vor schonungsloser Darstellung, enthüllt ›Die Erfindung der Indianer‹ die Tragödien und Heldenmomente einer verdrängten Geschichte. Es ist ein Buch, das Mythen entzaubert, ohne Fantasien zu zerstören, und den Blick auf eine Realität öffnet, die nie in Vergessenheit geraten sollte. Ein aufrüttelndes Werk, das Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlägt.

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Eine Betrachtung

von

Lutz Spilker

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DIE ERFINDUNG DER INDIANER

MYTHOS UND REALITÄT DER UREINWOHNER AMERIKAS

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

 

Softcover ISBN: 978-3-384-45150-7

Ebook ISBN: 978-3-384-45151-4

 

© 2024 by Lutz Spilker

https://www.webbstar.de

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

 

Die im Buch verwendeten Grafiken entsprechen denNutzungsbestimmungen der Creative-Commons-Lizenzen (CC).

 

Sämtliche Orte, Namen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind daher rein zufällig, jedoch keinesfalls beabsichtigt.

Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mit Hilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, sind ohne ausdrückliche schriftliche

Genehmigung des Autors oder des Verlages untersagt. Alle Rechte vorbehalten.

Inhalt

 

Inhalt

Vorwort

Die Ankunft in der Neuen Welt: Kolumbus und der Irrtum der ›Inder‹

Die Sicht von Kolumbus

Der Begriff als Beginn eines Mythos

Der Beginn der Erfindung

Die Entstehung des Begriffs ›Indianer‹

Ein Wort, das die Vielfalt verdeckt

Vom Irrtum zur Ideologie

Die Macht der Sprache

Ein Name, der bis heute bleibt

Die Vielfalt der indigenen Kulturen Nordamerikas

Die Welt der Vielfalt

Sprache und Identität

Kunst und Spiritualität

Soziale Organisation

Die Vielfalt als Stärke

Gesellschaft und Spiritualität der Ureinwohner vor der Kolonisierung

Gemeinschaftsstruktur und Rollenverständnis

Die spirituelle Welt

Das Verständnis von Zeit und Kosmos

Konflikt und Harmonie

Ein Blick in die Vergangenheit

Die ersten Begegnungen mit europäischen Siedlern

Die erste Kontaktaufnahme

Das Aufeinandertreffen der Kulturen

Erste Konflikte und Kooperation

Von Misstrauen zu Gewalt

Ein Ausblick

Handel, Missverständnisse und erste Konflikte

Eine Handelsbeziehung voller Gegensätze

Der Konflikt um das Verständnis von Besitz

Missverständnisse im kulturellen Austausch

Die ersten Konflikte und ihre Folgen

Ein Balanceakt, der niemals stattfand

Die Rolle der Missionare: Bekehrung oder Zerstörung?

Hoffnung oder Überheblichkeit?

Schulen und ›Umerziehung‹: Ein Angriff auf die Kultur

Konflikte zwischen Missionaren und Siedlern

Das zwiespältige Erbe der Missionierung

Ein zerstörter Glaube und die Suche nach Erneuerung

Das Aufkommen der Landnahme durch die Kolonialmächte

Der Anspruch der europäischen Mächte

Verträge und Täuschungen

Gewalt und Vertreibung

Die Rolle der europäischen Mächte

Auswirkungen auf die indigene Gesellschaft

Die Landnahme als Ideologie

Ein unendlicher Verlust

Krankheiten als ungewollte Waffen: Die Rolle von Pocken und Grippe

Der erste Kontakt mit europäischen Krankheiten

Der größte Feind

Krankheiten als strategisches Mittel

Soziale und kulturelle Auswirkungen

Eine neue Form der Kolonisierung

Die bleibenden Narben

Die Enteignung durch Verträge: Vom Wort zum Betrug

Das Missverständnis der Vertragstreue

Hoffnung und Enttäuschung

Übersetzungsprobleme und bewusste Irreführung

Landrechte gegen leere Versprechungen

Betrug durch juristische Spitzfindigkeiten

Der emotionale und kulturelle Verlust

Ein Erbe des Unrechts

Der Verlust der Büffel: Überleben unter Druck

Die Bedeutung des Büffels für die Plains-Völker

Die Ankunft der Jäger und der Beginn der Massentötung

Der strategische Einsatz des Büffelverlusts

Überleben unter Druck

Der kulturelle Genozid durch den Verlust des Büffels

Die Rückkehr des Büffels

Der Pfad der Tränen: Umsiedlung und Vertreibung der Cherokee

Die Cherokee und ihre Welt vor der Vertreibung

Der Indian Removal Act und die Politik der Vertreibung

Die erzwungene Umsiedlung und der Pfad der Tränen

Die kulturellen und psychologischen Auswirkungen

Erinnerung und Bedeutung

Die Indianerkriege: Die blutige Expansion des Westens

Ein unausgewogenes Kräfteverhältnis

Die ersten Konflikte und die Verdrängung

Die Expansion nach Westen und der Ausbruch neuer Kriege

Die Zeit der großen Indianerkriege

Brutalität und Massaker

Das Ende der Indianerkriege und der Beginn einer neuen Unterdrückung

Ein schwieriges Vermächtnis

Die Schlacht am Little Bighorn: Mythen und Realitäten

Der Weg zur Konfrontation

Die Arroganz der Strategie

Chaos und Entschlossenheit

Mythenbildung und ihre politischen Folgen

Zwischen Ruhm und Realität

Ein Mahnmal der Geschichte

Die Rolle der Eisenbahn: Zerstörung und Wandel

Der Traum von einer verbundenen Nation

Landverlust und Enteignung

Der Niedergang der Büffel

Militarisierung und Kontrolle

Wandel und Anpassung

Das Vermächtnis der Eisenbahn

Reservate: Ein Leben in Isolation und Abhängigkeit

Die Entstehung der Reservate

Kulturelle und soziale Isolation

Wirtschaftliche Abhängigkeit

Assimilation und Widerstand

Die Situation heute

Die kulturelle Unterdrückung durch Internatsschulen

Die Entstehung der Internatsschulen

Der Alltag in den Internatsschulen

Psychologische und physische Gewalt

Die Folgen für die Gemeinschaften

Widerstand und Heilung

Ein Vermächtnis des Überlebens

Die Repräsentation der ›Indianer‹ in Literatur und Film

Vom Wilden zum Edlen

Hollywood und die Geburt des Stereotyps

Die Entmenschlichung

Die Wende in der Darstellung

Der Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung

Eine Chance für neue Narrative

Winnetou und die Erschaffung des Bilderbuchindianers

Der edle Wilde als moralische Instanz

Die Konstruktion eines Mythos

Winnetou und die europäische Sehnsucht

Kritik und Folgen

Winnetous Vermächtnis

Die Stereotypen: Rothäute, Häuptlinge und Krieger

Die Erfindung der ›Rothaut‹

Der edle Führer

Wild, unzivilisiert und heroisch

Die Wirkung der Stereotypen

Der Weg zu einem realistischeren Bild

Der Widerstand gegen die Kolonialmächte: Helden der Ureinwohner

Die Anfänge des Widerstands

Der Visionär

Der Geist des freien Lebens

Der ungebrochene Kämpfer

Die unsichtbaren Helden

Das Vermächtnis des Widerstands

Die Bedeutung der indigenen Sprachen und ihre Gefährdung

Die Sprachen als Schlüssel zur Welt

Wissen, das in Worten lebt

Die Bedrohung durch Kolonialismus und Assimilation

Wiederbelebung und Widerstand

Die Bedeutung für die Welt

Ein Vermächtnis für die Zukunft

Traditionen und spirituelle Praktiken im Wandel

Die Grundlage indigener Spiritualität

Die Bedrohung durch den Kolonialismus

Wiedergeburt und Anpassung

Wandel und Moderne

Konflikte und Chancen

Ein lebendiges Erbe

Die Bürgerrechtsbewegung der Ureinwohner im 20. Jahrhundert

Der Kontext der Unterdrückung

Der Aufstieg der Bewegung

Symbolische Aktionen und Meilensteine

Errungenschaften und Rückschläge

Das Erbe der Bewegung

Die juristischen Kämpfe um Landrechte und Ressourcen

Der historische Hintergrund

Kampf für Verträge und Souveränität

Ressourcen als Brennpunkt

Der Schutz heiliger Stätten

Der Weg nach vorne

Ein Vermächtnis des Widerstands

Die kulturelle Renaissance indigener Völker

Ein Aufbruch nach langer Dunkelheit

Sprache als Schlüssel zur Identität

Traditionelle Künste in neuem Licht

Zeremonien und Spiritualität: Rückkehr zu den Wurzeln

Neue Medien und moderne Kanäle

Bildung als Weg in die Zukunft

Herausforderungen und Hoffnungen

Die Diskussion um kulturelle Aneignung in der Gegenwart

Der Verlust des Kontextes

Hollywood und die Mythenbildung

Der wirtschaftliche Faktor

Aneignung oder Austausch?

Die Reaktionen indigener Gemeinschaften

Ein Weg nach vorn

Die Herausforderungen der modernen Indigenen-Gemeinschaften

Soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Marginalisierung

Bildung und kulturelle Identität

Die Umwelt als kulturelles und existenzielles Anliegen

Psychische Gesundheit und intergenerationale Traumata

Politischer Aktivismus und Selbstbestimmung

Hoffnung und Widerstandsfähigkeit

Die Wahrnehmung indigener Kulturen in der heutigen Gesellschaft

Harmonie mit der Natur

Stereotype in der modernen Medienlandschaft

Kulturelle Aneignung und ihre Folgen

Die Renaissance indigener Stimmen

Die Rolle der Bildung und der Medien

Zwischen Klischee und Realität

Zukunftsperspektiven: Erhalt der Kultur und soziale Gerechtigkeit

Der Kampf um den Erhalt kultureller Identitäten

Die Bedeutung von sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit

Bündnisse und Solidarität

Eine Generation des Wandels

Die Vision einer inklusiven Zukunft

Über den Autor

In dieser Reihe sind bisher erschienen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte,

machte eine böse Entdeckung.

 

Georg Christoph Lichtenberg

 

Georg Christoph Lichtenberg (* 1. Juli 1742 in Ober-Ramstadt; † 24. Februar 1799 in Göttingen) war ein Physiker, Naturforscher, Mathematiker, Schriftsteller und der erste deutsche Professor für Experimentalphysik im Zeitalter der Aufklärung. Lichtenberg gilt als Begründer des deutschsprachigen Aphorismus.

Vorwort

 

Die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner ist eine Geschichte der Missverständnisse, Mythen und unermesslichen Tragödien. Sie ist geprägt von romantisierten Erzählungen, die der Realität kaum gerecht werden, und von historischen Ungenauigkeiten, die bis heute das Bild dieser Kulturen verzerren. Dieses Buch mit dem Titel ›Die Erfindung der Indianer‹ ist der Versuch, Licht in die Schatten zu bringen, die diese Thematik umgeben.

 

Die Bezeichnung ›Indianer‹ selbst ist das Resultat eines Fehlers, der die gesamte Wahrnehmung der indigenen Völker Amerikas über Jahrhunderte hinweg prägte. Christoph Kolumbus (1451 - 1506), der glaubte, einen neuen Seeweg nach Indien gefunden zu haben, nannte die Menschen, denen er begegnete, ›Indios‹. Der Begriff hielt sich, obwohl diese Menschen mit den Bewohnern des asiatischen Subkontinents nichts gemein hatten. Mit diesem Namen wurde nicht nur eine grundlegende historische Ungenauigkeit etabliert, sondern auch eine pauschalisierende Sichtweise, die die kulturelle Vielfalt und Einzigartigkeit der indigenen Völker Nordamerikas ignorierte.

 

Doch dieses Buch geht über den Begriff hinaus. Es beleuchtet, wie diese falsche Vorstellung systematisch genährt wurde: von frühen Berichten europäischer Entdecker, über die literarische Verklärung durch Autoren wie Karl May, bis hin zur Darstellung in Filmen und Popkultur. Der ›Indianer‹, wie er in der westlichen Imagination existiert, ist eine Konstruktion – eine Erfindung, die mit der tatsächlichen Geschichte und Lebensrealität der amerikanischen Ureinwohner wenig zu tun hat.

 

Dabei soll dieses Buch kein Urteil über Fantasie und Kindheitsträume fällen. Für viele Menschen, insbesondere Kinder, sind Figuren wie Winnetou oder Geschichten wie ›Cowboys und Indianer‹ Teil einer unschuldigen, spielerischen Auseinandersetzung mit Abenteuer und Freiheit. Diese spielerische Ebene zu verteufeln, wäre ebenso falsch wie die historische Realität hinter den Mythen zu verschleiern. Ziel dieses Buches ist es, die Trennlinie zwischen der Welt der Fiktion und der Wirklichkeit klar aufzuzeigen.

 

Die wahre Geschichte der amerikanischen Ureinwohner ist eine Geschichte des Verlustes, der Ungerechtigkeit und der Unterdrückung. Vom Pfad der Tränen bis zur Schlacht am Little Big Horn, von den ersten Kontakten mit europäischen Kolonialisten bis zur systematischen Enteignung ihres Landes – diese Geschichte ist durchzogen von Tragödien, die in ihrer Dimension kaum zu begreifen sind. Dieses Buch dokumentiert diese Ereignisse in aller Sachlichkeit, ohne dabei zu polemisieren. Es soll aufklären, nicht anklagen; es soll Zusammenhänge sichtbar machen, nicht den moralischen Zeigefinger erheben.

 

Die amerikanischen Ureinwohner sind keine homogene Gruppe, sondern ein Mosaik aus hunderten von Völkern mit eigenen Sprachen, Traditionen und Weltanschauungen. Dieses Buch widmet sich der Herausforderung, diese Vielfalt zu respektieren, während es die kolonialistische Perspektive kritisch hinterfragt, die indigene Völker oft nur als Hindernis auf dem Weg zur Expansion betrachtete.

 

Gleichzeitig zeigt dieses Buch, dass das Leid der indigenen Völker nicht der Vergangenheit angehört. Viele der Herausforderungen, die durch Kolonialismus und Enteignung entstanden, sind bis heute spürbar: Armut, soziale Ausgrenzung und der Kampf um die Anerkennung ihrer Rechte prägen weiterhin das Leben vieler indigener Gemeinschaften.

 

›Die Erfindung der Indianer‹ ist daher auch ein Aufruf zur Reflexion. Es ist ein Versuch, die romantisierte Sicht auf die Geschichte zu dekonstruieren, ohne die Bedeutung von Träumen und Erzählungen zu schmälern. Denn nur durch das Verständnis der Vergangenheit können wir die Fehler der Gegenwart begreifen und eine gerechtere Zukunft gestalten.

 

Dieses Buch erhebt keinen Anspruch darauf, die gesamte Wahrheit zu erzählen – denn keine einzige Darstellung könnte das jemals leisten. Es ist jedoch ein Beitrag dazu, Mythen und Realität in Einklang zu bringen und ein umfassenderes Bild der Geschichte der amerikanischen Ureinwohner zu zeichnen. Möge es dem Leser eine wertvolle Orientierungshilfe auf diesem Weg sein.

 

Der Begriff ›Häuptling‹ ist eine Übersetzung, die stark von der europäischen Wahrnehmung und den kolonialen Vorstellungen geprägt wurde. In den verschiedenen indigenen Sprachen der amerikanischen Ureinwohner gibt es keine universelle Bezeichnung für einen ›Anführer‹, da jede Kultur und jedes Volk eigene Strukturen und Begriffe verwendet hat. Einige Beispiele für Begriffe in indigenen Sprachen sind:

• Ogimaa – bei den Ojibwa (Anishinaabe), was so viel wie ›Führer‹ oder ›Chef‹ bedeutet.

• Teyoshpaye Wičháša – bei den Lakota, was in etwa ›Führer der Gruppe‹ bedeutet.

• Mico – bei den Muskogee (Creek), eine Bezeichnung für einen Anführer oder Häuptling.

• Cacique – in verschiedenen indigenen Gruppen Süd- und Mittelamerikas, ein Begriff, der von den Spaniern übernommen wurde.

• Lakota/Dakota (Sioux): Der Anführer wurde oft als Itáŋčhaŋ bezeichnet, was ›Führer‹ oder ›Anführer‹ bedeutet.

• Cherokee: In der Cherokee-Sprache wird ein Anführer als Ugvwiyuhi bezeichnet, was ›oberster Führer‹ bedeutet.

• Irokesen (Haudenosaunee): Hier sprach man von einem Hoyaneh, was übersetzt ›Hüter der großen Friedenspfeife‹ oder ›Friedensführer‹ bedeuten kann.

• Navajo (Diné): Der Begriff für einen Anführer könnte Naataanii sein, der Führer oder Sprecher bedeutet.

Diese Begriffe spiegeln jeweils die spezifische soziale und politische Organisation der jeweiligen Völker wider. Viele Kulturen hatten dezentralisierte Führungsstrukturen, sodass die Funktion von ›Anführern‹ stark variieren konnte – von spirituellen Ratgebern über diplomatische Sprecher bis hin zu Kriegsführern.

Die Ankunft in der Neuen Welt: Kolumbus und der Irrtum der ›Inder‹

 

Im Jahr 1492 setzte Christoph Kolumbus, ein italienischer Seefahrer in spanischen Diensten, einen Meilenstein in der Geschichte. Er segelte im festen Glauben, einen neuen Seeweg nach Indien zu finden, über den Atlantik. Seine Expedition sollte Europa Zugang zu den sagenhaften Gewürz- und Reichtümern Asiens verschaffen – und endete stattdessen an den Küsten einer völlig unbekannten Welt. Kolumbus selbst war überzeugt, die äußeren Inseln Asiens erreicht zu haben. Als er auf die indigenen Bewohner der Karibik traf, prägte er für sie den Begriff ›Indios‹ – Inder. Dieser Irrtum blieb bestehen, ein Etikett, das sich hartnäckig über die Jahrhunderte hielt.

 

Kolumbus war jedoch nicht der erste Europäer, der auf amerikanischem Boden landete. Skandinavische Seefahrer hatten die Küsten Neufundlands möglicherweise Jahrhunderte zuvor erreicht. Doch Kolumbus’ Ankunft hatte eine andere Dimension: Sie war nicht nur die Entdeckung eines neuen Landes, sondern der Beginn einer kulturellen Kollision, die den Lauf der Geschichte für immer verändern sollte.

 

Die Sicht von Kolumbus

Für Kolumbus waren die Bewohner, die ihm auf den Bahamas begegneten, ein faszinierender Anblick. Ihre fremdartigen Gewohnheiten und ihr Verhalten deutete er aus seiner eigenen, europäisch-christlichen Perspektive. Die Arawak, die Kolumbus bei seiner Ankunft begrüßten, wurden in seinen Aufzeichnungen einerseits als friedfertig, gastfreundlich und naiv beschrieben – andererseits sah er sie als potenzielle Arbeitskräfte und Werkzeuge für den wirtschaftlichen Nutzen der spanischen Krone.

 

Die Bezeichnung ›Inder‹ war jedoch nicht nur ein geographischer Fehler. Sie symbolisierte auch eine fundamentale Missinterpretation der kulturellen und sozialen Identität der indigenen Bevölkerung. Die Europäer betrachteten die Bewohner der Neuen Welt als einheitliche Gruppe, deren Eigenheiten sie oft entweder ignorierten oder falsch interpretierten. In den Augen von Kolumbus und seinen Zeitgenossen handelte es sich bei diesen Menschen um ›edle Wilde‹, eine Vorstellung, die zugleich Bewunderung und Herablassung ausdrückte.

 

Der Begriff als Beginn eines Mythos

Die Verwendung des Begriffs ›Indios‹ legte den Grundstein für eine pauschale Wahrnehmung, die den Blick auf die Vielfalt der Kulturen Amerikas verstellte. Die Völker, die Kolumbus begegnete, waren nicht Teil einer homogenen Gruppe. Sie gehörten zu verschiedenen Gesellschaften mit eigenständigen Sprachen, Traditionen und politischen Systemen. Doch diese Unterschiede spielten für die europäischen Entdecker keine Rolle. Die Zuschreibung ›Inder‹ wurde zum Synonym für alle indigenen Völker, von den Arktisbewohnern bis zu den Stämmen der Anden.

 

Dieser Missgriff hatte tiefgreifende Folgen: Er entwertete die kulturelle Identität der indigenen Völker, indem er sie unter einer simplifizierenden Kategorie zusammenfasste. Aus der Perspektive der Kolonisatoren wurde die Bezeichnung ›Indianer‹ zu einem Werkzeug, um die Komplexität der indigenen Welt auf ein verständliches, europäisches Narrativ zu reduzieren.

 

Der Beginn der Erfindung

Kolumbus’ Irrtum war der Beginn einer kulturellen Konstruktion, die über Jahrhunderte gepflegt wurde. Die ›Indianer‹ wurden zum Inbegriff des Fremden und Exotischen, eine Projektionsfläche für europäische Fantasien und Ängste. Gleichzeitig begann mit der Ankunft der Europäer die systematische Marginalisierung der indigenen Kulturen.

 

Der Begriff ›Indianer‹ symbolisiert daher weit mehr als nur einen geographischen Fehler. Er steht für die kulturelle Überformung, die den Ureinwohnern Amerikas aufgezwungen wurde. Es ist ein Wort, das nicht nur einen Irrtum bezeichnet, sondern auch eine Geschichte von Verlust, Unterdrückung und Missverständnis erzählt.

 

Kolumbus selbst hätte wohl nie geahnt, welche Tragweite sein Irrtum haben würde. Seine Reise markierte nicht nur den Beginn einer neuen Ära der Entdeckungen, sondern auch das Ende einer Welt, wie sie die indigenen Völker Amerikas bis dahin gekannt hatten. Die ›Erfindung der Indianer‹ begann mit einem einfachen, irrtümlichen Namen – und entwickelte sich zu einem Symbol für die Begegnung zweier Welten, deren Folgen bis heute nachhallen.

Die Entstehung des Begriffs ›Indianer‹

 

Mit der Ankunft von Christoph Kolumbus in der Karibik im Jahr 1492 begann nicht nur die europäische Erkundung der Neuen Welt, sondern auch die Schaffung eines der langlebigsten und widersprüchlichsten Begriffe der Geschichte: Indianer. Dieser Begriff, der bis heute synonym für die indigenen Völker Amerikas verwendet wird, entsprang einer Mischung aus geographischem Irrtum, kulturellem Missverständnis und kolonialer Bequemlichkeit.

 

Kolumbus war überzeugt, die ›Indies‹ erreicht zu haben – die fernen, sagenumwobenen Inseln nahe des asiatischen Kontinents, die in Europa als Hort unermesslicher Reichtümer galten. Seine irrige Annahme stützte sich auf seine Karten, die den Erdumfang deutlich kleiner berechneten, als er tatsächlich ist. Als er schließlich die Bahamas erreichte und auf die Arawak traf, gab er ihnen kurzerhand den Namen ›Indios‹, abgeleitet von ›Las Indias‹.

 

Ein Wort, das die Vielfalt verdeckt