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El Dorado – ein Mythos, der Generationen von Abenteurern, Eroberern und Forschern in seinen Bann zog. Doch was verbirgt sich wirklich hinter der Legende vom goldenen Land? ›Die Erfindung von El Dorado‹ erzählt die faszinierende Geschichte eines Trugbilds, das die Welt veränderte. Spanische Konquistadoren durchkämmten den südamerikanischen Dschungel, riskierten ihr Leben und opferten ganze Heerscharen in der Hoffnung auf unermesslichen Reichtum. Doch war El Dorado je mehr als eine Illusion? Dieses Buch nimmt Sie mit auf eine Reise durch die Jahrhunderte – von den ersten indigenen Erzählungen über die blutigen Expeditionen der Eroberer bis hin zu den modernen Spuren des Mythos in Literatur, Film und Popkultur. Ein Sachbuch, das sich liest wie ein Abenteuerroman – voller Intrigen, historischer Irrtümer und ungebrochener Sehnsucht nach dem Unmöglichen. Tauchen Sie ein in die größte Schatzsuche der Geschichte!
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Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2025
Eine Betrachtung
von
Lutz Spilker
DIE ERFINDUNG VON EL DORADO – ZAUBER, SAGEN UND SCHÄTZE
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Softcover ISBN: 978-3-384-55467-3
E-Book ISBN: 978-3-384-55468-0
© 2025 by Lutz Spilker
https://www.webbstar.de
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
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Genehmigung des Autors oder des Verlages untersagt. Alle Rechte vorbehalten.
Inhalt
Inhalt
Das Prinzip der Erfindung
Vorwort
Teil 1: Die Wurzeln des Mythos
Der goldene Mann
Die Muisca und ihr Verhältnis zum Gold
Die Zeremonie des goldenen Mannes
Die ersten Berichte über El Dorado
Der Mythos wächst
Indigene Königreiche und ihr Umgang mit Gold
Das göttliche Metall
Kunsthandwerker des Goldes
Goldene Städte am Pazifik
Gold als Geschenk der Sonne
Die Missdeutung durch die Europäer
Gold als Erbe
Die Ankunft der Spanier
Kolumbus und die ersten Berichte über Gold
Von der Neugier zur Gier
Die ersten Gerüchte über ein Land voller Gold
Ein neuer Kontinent voller Möglichkeiten – und Missverständnisse
Die Eroberung des Aztekenreichs
Ein Vorgeschmack auf Reichtum – Cortés und die Plünderung Tenochtitlans
Der Marsch ins Unbekannte
Die erste Begegnung mit Moctezuma
Der Goldrausch der Spanier
Die Nacht der Flucht
Die Geburt des Goldtraums
Die Zerschlagung des Inkareichs und die Suche nach mehr
Pizarros Feldzug in Peru und die Legende von Paititi
Die List des Pizarro
Der Mythos von Paititi
Expeditionen ins Unbekannte
Realität oder Fata Morgana?
Die ewige Suche nach mehr
Teil 2: Der Wahnsinn beginnt – Die großen Expeditionen
Gonzalo Jiménez de Quesada und der Marsch nach Bogotá
Der Marsch ins Ungewisse
Hüter des Goldes
Die Eroberung Bogotás und das Ende eines Traums
Die unendliche Suche
Sebastián de Belalcázar
Rivalitäten und blutige Kämpfe – Spanische Konquistadoren im Wettlauf um Reichtum
Ein Aufstieg im Schatten Pizarros
Die Eroberung Quitos und der Kampf um Kolumbien
Das blutige Patt von Bogotá
Der Fall eines Eroberers
Der Krieg der Konquistadoren
Nikolaus Federmann
Der Deutsche im Dschungel
Deutsche Kaufleute in der Neuen Welt
Ein Höllentrip durch die Savanne
Die große Expedition nach El Dorado
Die unerwartete Begegnung
Das unrühmliche Ende eines Entdeckers
Francisco de Orellana und die Entdeckung des Amazonas
Eine Suche, die zum größten Fluss der Welt führte
Die Expedition von Gonzalo Pizarro
Orellana übernimmt das Kommando
Der endlose Fluss
Hunger, Hoffnung und die unaufhaltsame Strömung
Die Legende lebt weiter
Pedro de Ursúa und Lope de Aguirre
Wahnsinn auf dem Orinoko – Verrat und Wahnsinn in der Wildnis
Die Expedition des Pedro de Ursúa
Die Expedition wird zur Meuterei
Aguirre – Der Zorn Gottes
Das Ende eines Wahnsinnigen
Teil 3: Täuschungen, Intrigen und Illusionen
Das Phantom von Manoa – Walter Raleighs Vision
Die Geburt eines Mythos
Die Expedition nach El Dorado
Raleighs Propaganda
Das Erbe einer gescheiterten Suche
Die Rolle der Kartografen
Die Macht der Karten
Der Wandel des Mythos auf Karten
Die Karten, die den Mythos nährten
Der langsame Tod eines Phantoms
Die Stadt, die durch Linien erschaffen wurde
Die Kirche und El Dorado
Die göttliche Rechtfertigung der Eroberung
Zwischen Glauben und Pragmatismus
Gold als Zeichen der göttlichen Gunst
Der moralische Zwiespalt
Das Vermächtnis
Das Ende der Konquistadoren
Der Zerfall des Mythos
Die Wildnis als unüberwindbarer Feind
Der politische und wirtschaftliche Wandel
Das Vermächtnis der Konquistadoren
Die letzte Hoffnung
Ein neues Spanien, eine alte Legende
Die Expeditionen des 18. Jahrhunderts
Die letzten Träume einer sterbenden Epoche
Das endgültige Ende einer Suche
Teil 4: Die Moderne und das Erbe des Mythos
Archäologische Funde und die Wahrheit über die Muisca
Die Zeremonie des Goldenen Mannes
Archäologische Entdeckungen am Guatavita-See
Die Bedeutung des Goldes für die Muisca
Was bleibt vom Mythos?
El Dorado als Metapher
Die Transformation eines Mythos
El Dorado im modernen Sprachgebrauch
Die dunkle Seite von El Dorado
Ein Mythos, der ewig lebt
Literatur und Legenden
El Dorado als verlorenes Paradies
Der unheilvolle Ruf des Goldes
El Dorado als Satire auf den Goldrausch
El Dorado als literarisches Motiv
Hollywoods Version
Goldene Städte und wagemutige Helden
Wahnsinn und Gier
Ironie und Fantasie
El Dorado als filmisches Chamäleon
El Dorado in der Popkultur
Zwischen Abenteuer und Satire
El Dorado als digitales Abenteuer
Zwischen Sehnsucht und Gier
Ein Mythos, der sich ständig neu erfindet
Teil 5: Mythos und Realität – Die Spurensuche geht weiter
Der Fluch des Goldes
Gold als Rechtfertigung für Eroberung und Gewalt
Die Zerstörung der Reiche der Azteken und Inka
Die Muisca und der Mythos von El Dorado
Versklavung und Zwangsarbeit in den Goldminen
Die kulturelle Auslöschung
Ein Erbe der Wunden
Ein Mythos mit tödlichen Folgen
Neue Expeditionen
Alexander von Humboldt und die Suche nach Wahrheit
Percy Fawcett und die verlorene Stadt ›Z‹
Francisco de Orellanas Spuren
Moderne Schatzsucher
Auf der Spur des Unsichtbaren
Zwischen Wissenschaft und Sensation
Warum suchen wir immer noch?
Der Mythos lebt weiter
Der Guatavita-See
Der See der Zeremonien
Die Jagd nach versunkenem Reichtum
Ein Wahrzeichen Kolumbiens
Die wahre Bedeutung des Sees
Künstliche El Dorados
Die moderne Stadt aus Gold
Ein neues El Dorado
Ein Symbol für Erfolg
Der Mythos lebt weiter – aber zu welchem Preis?
Teil 6: Die Wahrheit hinter El Dorado
Gold im Amazonas
Die verschollenen Schätze der Inka
Übertriebene Fantasie oder echte Beobachtung?
Was die Wissenschaft heute sagt
Gibt es noch unerforschte Schätze?
Die Wahrheit hinter dem Mythos
Verlorene Städte
Das verlorene Reich der Inka
Wahrheit oder Schwindel?
Weitere mythische Orte Südamerikas
Der ewige Reiz des Verborgenen
Die Wissenschaft des Goldes
Die Psychologie hinter der Gier nach Gold
Gold als wirtschaftlicher Motor
Die dunkle Seite des Goldes
Ein Mythos, der nie vergeht
Die letzte Frage
Der Mythos als Spiegel der menschlichen Natur
Die Lektionen aus der Jagd nach dem Unbekannten
Der wahre Reichtum von El Dorado
Ein Mythos, der niemals vergeht
Nachwort
Über den Autor
In dieser Reihe sind bisher erschienen
Gaily bedight,
A gallant knight,
In sunshine and in shadow,
Had journeyed long,
Singing a song,
In search of Eldorado.
But he grew old,
This knight so bold,
And o'er his heart a shadow,
Fell as he found,
No spot of ground,
That looked like Eldorado.
And, as his strength,
Failed him at length,
He met a pilgrim shadow;
"Shadow," said he,
"Where can it be,
This land of Eldorado?"
"Over the mountains
Of the moon,
Down the Valley of the Shadow,
Ride, boldly ride,"
The shade replied,
"If you seek for Eldorado!"
Edgar Allan Poe
Edgar Allan Poe (* 19. Januar 1809 in Boston, Massachusetts; † 7. Oktober 1849 in Baltimore, Maryland) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er prägte entscheidend die Gattung der Kurzgeschichte sowie die Genres der Kriminal-, Horror- und Schauerliteratur. Einzelne Erzählungen haben spätere Autoren der Science-Fiction wie Jules Verne
beeinflusst. Seine Lyrik, in Europa u. a. von Charles Baudelaire rezipiert, wurde zum Fundament des Symbolismus und damit der modernen Dichtung.
Das Prinzip der Erfindung
Eine Erfindung ist etwas Erdachtes.
Jemand denkt sich etwas aus und stellt es zunächst erzählend vor. Das Erfundene lässt sich nicht anfassen, es existiert also nicht real – es ist ein Hirngespinst. Man kann es aufschreiben, wodurch es jedoch nicht real wird, sondern lediglich den Anschein von Realität erweckt.
Vor etwa 20.000 Jahren begann der Mensch sesshaft zu werden. Der Homo sapiens überlebte seine eigene Evolution allein durch zwei grundlegende Bedürfnisse: Nahrung und Paarung. Alle anderen, mittlerweile existierenden Bedürfnisse, Umstände und Institutionen sind Erfindungen – also etwas Erdachtes.
Auf dieser Prämisse basiert die Lesereihe ›Die Erfindung …‹ und sollte in diesem Sinne verstanden werden.
Vorwort
Seit Jahrhunderten übt El Dorado eine unwiderstehliche Faszination auf die Menschheit aus. Es ist eine Erzählung von schier unermesslichem Reichtum, von einem verborgenen Ort voller Gold und Edelsteine, von einem Versprechen, das Eroberer, Entdecker und Glücksritter in seinen Bann zog. Doch die Geschichte von El Dorado ist weit mehr als ein einfacher Mythos – sie ist ein Spiegel menschlicher Sehnsüchte, Hoffnungen und Irrtümer.
Die Vorstellung von einem Land, in dem Gold so reichlich vorhanden ist wie Sand am Meer, befeuerte nicht nur die Ambitionen der spanischen Konquistadoren, sondern veränderte den Lauf der Geschichte Südamerikas. Expeditionen wurden organisiert, gewaltige Ressourcen aufgebracht, Leben geopfert – und all das für einen Traum, der sich stets als Illusion erwies. Was als vage Erzählung in den Anden begann, entwickelte sich zu einer der größten Legenden der Neuzeit, einer Erzählung, die bis heute in Literatur, Film und Kunst nachhallt.
Doch war El Dorado je ein realer Ort? Oder war es vielmehr eine Erfindung, die durch Missverständnisse, Übertreibungen und gezielte Manipulation genährt wurde? Die Wahrheit ist, dass es keine einfache Antwort gibt. El Dorado war zu verschiedenen Zeiten für verschiedene Menschen etwas anderes: ein tatsächlicher Schatz, ein spirituelles Konzept, eine politische Utopie oder schlichtweg eine List, um Abenteurer und Investoren in die Irre zu führen. Diese Mehrdimensionalität des Mythos ist es, die ihn so faszinierend macht – und genau dieser Facette widmet sich dieses Buch.
Mit ›Die Erfindung von El Dorado – Zauber, Sagen und Schätze‹ lade ich Sie ein, mit mir auf eine Reise zu gehen. Eine Reise, die nicht nur die historischen Wurzeln dieses Mythos erforscht, sondern auch die menschliche Psyche beleuchtet, die sich nach Reichtum, Abenteuer und dem Unerreichbaren sehnt. Wir werden die frühen indigenen Legenden erkunden, die Berichte der ersten spanischen Eroberer unter die Lupe nehmen und die zahllosen Expeditionen nachverfolgen, die sich durch den Dschungel kämpften – oft mit tragischem Ausgang.
Doch diese Geschichte endet nicht mit den Konquistadoren. Der Mythos von El Dorado hat über die Jahrhunderte hinweg überlebt und ist tief in unser kollektives Bewusstsein eingewoben. Sei es in den romantisierten Erzählungen europäischer Schriftsteller, in Hollywoods Abenteuerfilmen oder in der modernen Schatzjäger-Kultur – El Dorado bleibt lebendig und inspirierend. Selbst heute noch gibt es Menschen, die sich von der Hoffnung auf einen verborgenen Schatz leiten lassen und die Suche nicht aufgeben wollen.
Dieses Buch ist kein klassischer Abenteuerroman – und doch wird es sich anfühlen wie eine Expedition in unbekanntes Terrain. Es ist eine Einladung, Mythen von Fakten zu trennen, die historische Wahrheit aufzuspüren und gleichzeitig das magische Glitzern dieser Geschichte nicht zu verlieren. Denn wenn El Dorado eines zeigt, dann dies: Manchmal ist es nicht der Schatz selbst, sondern die Suche danach, die uns antreibt.
Begleiten Sie mich auf dieser Spurensuche. Lassen Sie uns die Erfindung von El Dorado entschlüsseln – und dabei vielleicht ein wenig mehr über unsere eigene Natur erfahren.
Teil 1: Die Wurzeln des Mythos
Der goldene Mann
Die Legende von El Dorado beginnt nicht mit einem verborgenen Goldland oder einer versunkenen Stadt, sondern mit einem einzigen Menschen – einem Mann, der in Gold gehüllt wurde und sich in die Fluten eines heiligen Sees stürzte. Diese rituelle Zeremonie der Muisca, eines indigenen Volkes im heutigen Kolumbien, war der Ursprung eines Mythos, der über Jahrhunderte hinweg wuchs, sich veränderte und schließlich zu einer der größten Schatzsuchen der Welt führte.
Die Muisca und ihr Verhältnis zum Gold
Die Muisca waren eines der bedeutendsten indigenen Völker Südamerikas, lange bevor die Spanier den Kontinent betraten. Sie siedelten auf den Hochebenen des heutigen Kolumbiens und entwickelten eine hochorganisierte Gesellschaft, die auf Handel, Landwirtschaft und einer tief verwurzelten Spiritualität basierte. Gold spielte dabei eine zentrale Rolle – jedoch nicht in dem Sinne, wie es die europäischen Eroberer verstanden. Für die Muisca war Gold nicht in erster Linie ein Symbol für Reichtum oder Macht, sondern ein heiliges Metall, das mit den Göttern in Verbindung stand.
Anders als die Azteken oder Inka häuften die Muisca kein Gold in Form riesiger Schätze an. Sie betrachteten es als Geschenk an die Götter und benutzten es zur Herstellung ritueller Kunstgegenstände, Schmuckstücke und Opfergaben. Diese feingearbeiteten Objekte wurden nicht als persönlicher Besitz gehortet, sondern bei Zeremonien geopfert – häufig im heiligen Guatavita-See, einem kreisrunden Kratersee, der später zum Zentrum der El-Dorado-Legende wurde.
Die Zeremonie des goldenen Mannes
Die berühmteste Tradition der Muisca war das Ritual zur Amtseinführung eines neuen Herrschers, des Zipa von Bacatá (dem heutigen Bogotá). Dieser Herrscher wurde nicht durch Erbfolge bestimmt, sondern musste eine spirituelle Prüfung durchlaufen. Wenn ein neuer Zipa gewählt wurde, musste er sich einer langen Phase der Askese und Isolation unterziehen, bevor er offiziell in sein Amt eingeführt werden konnte.
Der Höhepunkt dieses Ritus war die Zeremonie am Guatavita-See. Der künftige Zipa wurde mit einer dicken Schicht aus feinem Goldstaub bedeckt, der mit Baumharz auf seiner Haut haftete, sodass er im Licht der Sonne glänzte. In dieser Gestalt wurde er als göttliche Gestalt verehrt – als El Hombre Dorado, der goldene Mann.
Begleitet von den wichtigsten Priestern und Würdenträgern der Muisca bestieg er ein kunstvoll geschmücktes Floß, das mit Gold- und Smaragdopfern beladen war. Während der gesamten Zeremonie erklangen Gesänge, Trommeln und Flötentöne, die den Moment feierlich untermalten. In der Mitte des Sees angekommen, warf der zukünftige Herrscher die wertvollen Schätze als Opfer für die Götter ins Wasser – und sprang schließlich selbst in die Fluten, um sich von dem Goldstaub zu reinigen. Damit war er offiziell als Zipa anerkannt und trat sein Amt mit dem Segen der Götter an.
Für die Muisca war diese Zeremonie kein Beweis von Reichtum oder Verschwendung, sondern ein Zeichen ihrer spirituellen Verbindung zur Natur und den höheren Mächten. Doch als die ersten spanischen Eroberer davon erfuhren, nahmen sie diese Erzählungen auf ihre eigene Weise wahr – und die Legende von El Dorado war geboren.
Die ersten Berichte über El Dorado
Die Spanier, die im 16. Jahrhundert nach Südamerika kamen, waren von einem einzigen Gedanken besessen: Gold. Sie hatten bereits die gewaltigen Reichtümer der Azteken und Inka geplündert und glaubten fest daran, dass weitere goldene Königreiche darauf warteten, entdeckt zu werden. Als sie von den Einheimischen Geschichten über eine Zeremonie hörten, bei der ein mit Gold bedeckter Mann in einen See tauchte, interpretierten sie dies auf ihre eigene Weise. Sie glaubten, dass dieser ›goldene Mann‹ der Herrscher eines mächtigen Reiches sein musste, in dem Gold in unglaublichen Mengen existierte.
Der erste Europäer, der eine schriftliche Erwähnung dieser Geschichte hinterließ, war der spanische Chronist Juan de Castellanos. In seinen Schriften aus dem späten 16. Jahrhundert beschrieb er, wie die Ureinwohner von einem König erzählten, der sich regelmäßig mit Gold bedeckte und Opfergaben in einem heiligen See versenkte. Dies passte perfekt zur Vorstellung der Spanier, dass irgendwo im unerforschten Landesinneren ein Reich lag, das unermessliche Schätze barg.
Mit der Zeit verbreitete sich die Geschichte und wurde weiter ausgeschmückt. Aus dem goldenen Mann wurde ein goldenes Königreich, aus einem Ritual ein verborgenes Eldorado, das darauf wartete, entdeckt zu werden. Spanische Konquistadoren wie Gonzalo Jiménez de Quesada, Nikolaus Federmann und Sebastián de Belalcázar zogen los, um dieses vermeintliche Wunderland zu finden – doch sie fanden nur endlose Dschungel, unwegsame Berge und einen Mythos, der sich ihnen immer wieder entzog.
Der Mythos wächst
Je weiter sich die Legende verbreitete, desto größer wurden die Erwartungen. Bald glaubte man, dass El Dorado nicht nur ein einzelnes Reich, sondern eine ganze Kette goldener Städte sei, versteckt irgendwo im dichten Regenwald Südamerikas. Es wurde zu einem Versprechen, einem Symbol für unermesslichen Reichtum und grenzenlose Möglichkeiten. Und so setzte sich eine der größten Schatzjagden der Weltgeschichte in Gang – ein Wettlauf, der Hunderte von Männern das Leben kostete und den Kontinent nachhaltig veränderte.
Doch alles begann mit einer einfachen Zeremonie der Muisca – mit einem Mann, der sich in Gold hüllte und in einen See stieg, nicht um Reichtum anzuhäufen, sondern um die Götter zu ehren. Der ursprüngliche spirituelle Akt wurde von den Europäern missverstanden, überhöht und zu einer Erzählung umgestaltet, die Jahrhunderte überdauerte. Heute wissen Historiker, dass die Muisca nie ein ›goldenes Königreich‹ besaßen, sondern dass ihr Reichtum in ihrer Kultur, ihrer Kunst und ihren Bräuchen lag. Doch der Mythos von El Dorado lebt weiter – als eine der größten und verführerischsten Legenden der Menschheitsgeschichte.
Indigene Königreiche und ihr Umgang mit Gold