Die erziehenden Familien - Friedrich Fröbel - E-Book

Die erziehenden Familien E-Book

Friedrich Fröbel

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Beschreibung

Im Jahre 1826 erschien das literarische Hauptwerk Friedrich Fröbels, 'Die Menschenerziehung'. Im selben Jahr - 14 Jahre vor der Gründung des ersten Kindergartens - veröffentlichte er zwischen Januar und April eine Zeitschriftenreihe in 16 Heften, welcher er den Namen 'Die erziehenden Familien' gab. Man konnte nun auf zehn Jahre Erfahrung in und mit der 'Allgemeinen Deutschen Erziehungsanstalt' Keilhau verweisen. Die erziehenden Familien geben einen Einblick in die Gedankenwelt des Schulmannes Friedrich Fröbel und punktuell auch in die praktische Umsetzung seines Denkens. Sie sind aber auch als ein Bild der Keilhauer Anstalt in ihren frühen Jahren anzusehen. Die erziehenden Familien - das waren anfänglich Friedrich Fröbel, seine Ehefrau Wilhelmine Henriette, weitere Mitglieder des Fröbelschen Familienkreises sowie seine Freunde Wilhelm Middendorff, Heinrich Langethal und der etwas später dazugestoßene Johannes Arnold Barop, ergänzt durch Zöglinge aus dem Fröbelschen Familienkreis sowie einen Bruder Heinrich Langethals. Dies hatte sich freilich 1825 geändert - weitere Lehrer und Zöglinge waren hinzugekommen, unter ihnen auch zwei Nachkommen aus dem Familienkreis des Reformators Martin Luther aus Möhra nahe Bad Salzungen. Die erziehenden Familien waren darüber hinaus der Ausdruck des Bekenntnisses Friedrich Fröbels zur Bedeutung der Familie für die Bildung, Erziehung und Entwicklung eines jeden Kindes - auch im Kontext zur institutionell organisierten Bildung und Erziehung des Schulwesens.

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Frühe Schriften zur Fröbelpädagogik – das heißt...

Der Erziehungswissenschaftler Michael Winkler sah sich 2010 zu der bemerkenswerten Feststellung veranlasst, dass Fröbel nicht zeitgemäß sei:

[...] nicht, weil er dem Denken und der Sprache des beginnenden 19. Jahrhunderts verhaftet blieb. [...] vielmehr weil er unserem gegenwärtigen pädagogischen Denken voraus ist, [...] Was er erkannt und verstanden hat, vor allem: wie er versucht hat, für die Komplexität vorrangig der kindlichen [...] Entwicklung [...] eine angemessene theoretische Sprache, zureichende Begriffe und eine sinnvolle Praxis zu entwickeln, das geht kaum zusammen mit dem, was gegenwärtig als Pädagogik diskutiert wird. [...] Da geht es [...] um Steuerung, Messung und Bewertung, um Integration von Bildungslandschaften, um neue Institutionen, [...] um Choreographien des Unterrichts, vor allem jedoch überall um Schule und Instruktionspädagogiken [...]1

Allenthalben ist ein anwachsendes Interesse an Friedrich Fröbel, seinen Ideen und seinem Wirken zu spüren. Dies wurde sicher auch von Veröffentlichungen wie Norman Brostermans „Inventing Kindergarten" oder Mitchel Resnicks „Lifelong Kindergarten" inspiriert.

Wir haben uns darum entschlossen, Interessenten von heute den Zugang zu Werken Fröbels, seiner Mitstreiter, Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfolger zu erleichtern, indem wir die nur noch schwer erhältlichen und noch dazu in Frakturschrift zugänglichen Werke der Fröbelzeit und der ersten Jahrzehnte danach in zeitgemäß rezipierbare Buchform zu bringen.

Die Transkription aus der Frakturschrift in Antiqualettern erfolgte jeweils unter weitestgehender Anpassung an die orthografischen Regeln, die zum Bearbeitungszeitpunkt Gültigkeit hatten. Ausnahmen bilden Archaismen sowie Friedrich Fröbel zuzuschreibende Wortschöpfungen. Der Satzbau blieb unverändert.

Wir werden, wo es möglich ist, den Internet-Zugang zum Faksimile des jeweiligen Werkes angeben. Für vorliegende Schrift ist das: www.froebelweb.de (21.01.2023)

Matthias Brodbeck (Herausgeber)

1 Winkler, Michael: Der politische und sozial pädagogische Fröbel. In: Karl Neumann, Ulf Sauerbrey, Michael Winkler (Hrsg.): Fröbelpädagogik im Kontext der Moderne - Bildung, Erziehung und soziales Handeln - edition Paideia, Jena 2010, S. 28ff.

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITENDE GEDANKEN

SONNABEND – 1 – DEN 7. JENNER 1826

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SONNABEND – 2 – DEN 14. JENNER 1826

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Einleitende Gedanken

Die 1820er Jahre waren für Friedrich Fröbel grundlegend und produktiv. In Griesheim bei Stadtilm hatte er im November 1816 mit fünf Zöglingen die „Allgemeine Deutsche Erziehungsanstalt" gegründet. Schon sieben Monate später konnte die Anstalt ihr „Standquartier" in Keilhau aufschlagen – dem Ort, in dem noch heute eine ursprünglich von Fröbel gegründete Einrichtung sich seinen pädagogischen Idealen verpflichtet fühlt.

Friedrich Fröbel ist landläufig und auch weltweit als Begründer der Kindergartenidee bekannt. Das darf aber nicht vergessen machen, dass er die längste Zeit seines Lebens Schulpädagoge und am Ende seines Lebens auch Berufspädagoge war, denn hierbei hat er sich nicht mindergroße Verdienste erworben.

In der Keilhauer Zeit erschien neben den sogenannten Keilhauer Werbeschriften (1820-1823) und den Ausarbeitungen zum Helba-Plan (1828/29) sein pädagogisches Hauptwerk „Die Menschenerziehung" (1826).

Im selben Jahr veröffentlichte er 16 Zeitschriften seiner „Erziehenden Familien". Einerseits konnte man nun schon auf zehn Jahre Erfahrung in und mit der Keilhauer Anstalt verweisen. Andererseits mag aber auch ein hoher Rechtfertigungsdruck auf Fröbel und seinen Mitstreitern gelegen haben, denn restaurative Bestrebungen – insbesondere auch des preußischen Staates - hatten auch Keilhau im Visier. Die Anstalt war in den Verdacht geraten, ein „Demagogennest" zu sein. Auch wenn eine amtliche Visitation für Keilhau ausgesprochen positiv ausging, geriet die Anstalt ins Wanken.

Die „Erziehenden Familien" geben einen Einblick in die Gedankenwelt des Schulmannes Friedrich Fröbel und punktuell auch in die praktische Umsetzung dieses Denkens. Sie sind aber auch als ein Bild der Keilhauer Anstalt in ihren frühen Jahren anzusehen.

Die „Erziehenden Familien" – das waren anfänglich Friedrich Fröbel, seine Ehefrau Wilhelmine Henriette, weitere Mitglieder des Fröbelschen Familienkreises sowie seiner Freunde Wilhelm Middendorff, Heinrich Langethal und des etwas später dazugestoßenen Johannes Arnold Barop. Es waren aber auch am Beginn vor allem Zöglinge aus dem Fröbelschen Familienkreis sowie ein Bruder Heinrich Langethals.

Dies hatte sich freilich 1825 geändert – weitere Lehrer und Zöglinge waren hinzugekommen, unter ihnen auch zwei Nachkommen aus dem Familienkreis des Reformators Martin Luther aus Möhra nahe Bad Salzungen.

Die „Erziehenden Familien" war darüber hinaus der Ausdruck eines Bekenntnisses Friedrich Fröbels zur Bedeutung der Familie für die Bildung, Erziehung und Entwicklung eines jeden Kindes – auch im Kontext zur institutionell organisierten Bildung und Erziehung des Schulwesens.

Jahre später schreibt Fröbel in einem Brief:

Wir nennen uns erziehende Familien warum?-

Weil wir erkannt haben dass die Erziehungsaufgabe nicht von einem Einzelnen von Einzelnen, und nur in vorüber gehenden Zeiten, sondern fortlaufend nur von ganzen Familien als Lebensaufgabe gelöst werden könne.

Wir nennen uns erziehende Familien! weiter; aus welchem Rechte?–

Weil wir die Gesetze der Lebensentwicklung und Gestaltung zu erforschen und ihrer Erkenntnis und Anerkenntnis nach unser und der unsrigen Leben gestalten wollen; weil die Erforschung der Lebensgesetze uns Lebensaufgabe ist, damit das Leben, Herz und Gemüt als die Pfleger und Bewahrer des Lebens der Tyrannei der Willkür, damit das Leben Herz und Gemüt der Sklaverei der Leidenschaften entrissen werde; darum nennen wir uns erziehende Familien; darum nennen wir uns als Glieder dieser Familien Menschenerzieher und Menschenerzieherinnen.

[...] Darum nennen wir aus gleichem Grunde uns Menschheitserzieher, denn [...] wir erziehen die Menschheit ihrem Ziele, wie ihrer Bestimmung, der Erreichung ihrer Bestimmung entgegen:

Darlebung des in der Menschheit Herz und Gemüt gefundenen Lebens nach dem in ihm selbst ruhenden Gesetze in Klarheit des Bewusstseins, und zwar als ein großes Gliedganze in innigem Zusammenhang mit Natur und mit Gott.

Quelle: Brief Friedrich Fröbels aus Willisau an Johannes Arnold Barop in Keilhau vom 07.-09. Februar 1835, (Hervorhebungen: M.B.)

Die Erziehenden Familien.

Wochenblatt für Selbstbildung und die Bildung Anderer.

Sonnabend – 1– den 7. Jenner 1826.

herausgegeben von Friedrich Wilhelm August Fröbel.

Das Blatt an die Leser.

Mit dem Beginne eines neuen Jahres erscheine ich bei Euch, nicht sowohl um in den Kreis Eurer Familien, deren Glieder Ihr seid, und in den Kreis Euer Bekannten neue einzuführen- als vielmehr um Euch als Familienglieder und die Familie als solche sich ihr selbst zuzuführen. Denn jede Familie ist ja ihrer Natur und ihrer Bestimmung nach eine erziehende,- durch sie soll der heraufwachsende Mensch dem Ziele der Menschheit entgegen gebildet werden. Dies ahnet wenigstens jeder dunkel, wenn er es auch noch nicht klar einsieht und erkennt; denn jeder, welcher nur da ist, ist schon dadurch, dass er da ist, Familienglied, und zwar zugleich mehrfaches, so z. B. Sohn, Vater. Bruder; und jeder, der, bis zu welchen Jahre es auch sei, heraufgewachsen, und sich seines Bildungsganges nur etwas bewusst ist, weiß, einen großen Anteil an der Form seines Erscheinens, Wirkens und Tuns, die Gesamtheit, der Geist der Familienverhältnisse hat, aus welchen er hervorgegangen, und in welchen er erzogen wurde, und dass er aus seiner Familie umso vollkommener hervorging, als bei Mannigfaltigkeit der notwendigen Familienglieder wahrhaft innere, verknüpfende Einheit in derselben herrschte und wirkte, je klarer und deutlicher sie sich ihres Zweckes bewusst, oder je lebendiger und unvernichtbarer, wenn auch unbewusst, sie davon durchdrungen war; und umgekehrt, je einseitiger und einzelner die Einflüsse auf den Menschen, je unklarer und ungeordneter sie oder die Familien in sich waren, dass dann verhältnismäßig und beziehungsweise umso mangelhafter auch seine ihm gewordene Entwicklung und Erziehung war. Klar ist es darum Euch allen bei nur einigermaßen erstem und festen Bilde in Euer Familienleben: – Familie und Erziehung kann nur die Ungebildetheit im Bewusstsein und wirklichen Leben, und darf nur die betrachtende Erkenntnis trennen; Familie und Erziehung ist im Leben Selbst eine ungetrennte und unzutrennende Einheit, wie Leib und Seele. Allein in der Wirklichkeit ist und findet es sich bei weitem nicht so.

Indem ich hier nun mit diesem neuen Jahre erziehende Familien in Euern Kreis und in den Kreis Eurer Bekannten einführe, wünsche ich eigentlich jede Familie sich in Beziehung auf ihre Bestimmung, die ja Eins mit ihrem Dasein und Leben ist, ihr selbst klar zu machen, und dasjenige, was notwendig – eben darum weil sie Familie ist schon mehr und minder hell und lebendig in ihr liegen muss, ihr Selbst zur Anschauung zu bringen: damit jede Familie in Beziehung auf die Erkenntnis und Erreichung ihrer Bestimmung: – fortschreitende, mit Bewusstsein und Einsicht fortschreitende Entwicklung und Ausbildung des Menschengeschlechtes für Darstellung der reinen Menschheit, des Göttlichen in der Menschheit, ich selbst prüfe: und da, wo sie erkennen und einsehen muss, dass und wie sehr sie von diesem Ziele sich entfernt, sich demselben entfremdet hat, möchte ich jede Familie sich ihr selbst wieder zuführen, sich gleichsam ihr selbst wiedergeben.

Mein Zweck ist, zu zeigen, wie da oder dort wirklich sich und andere erziehende Menschen das im Leben Erscheinende, zu diesem Zweck Erscheinende, dass sie Umgebende, zu diesem Zwecke sie Umgebende, zur Selbst - und Andrererziehung an - wenden. Mein Zweck ist, jedem Selbst - und Andrer - Erzieher das Einzelgute, welches er besitzt, nicht allein zur Einsicht und zum Bewusstsein zu bringen, sondern ganz besonders den notwendigen inneren Zusammenhang und die hohem allgemeinem Forderungen und Bedeutungen desselben zu zeigen. Mein Zweck ist, durch vorgeführtes Tun, durch die Folgen und Wirkungen dieses Tuns, die Familie als die erste, als notwendige von Gott ein - gesetzte Erziehungsanstalt des Menschen für reine Darstellung der Menschheit darzustellen, und so die Familie ihrem Wesen, ihrer hohen Bestimmung und Berufe nach nicht allein zur Erkenntnis zu bringen, sondern sie auch dieser getreu in allen Ständen hervorzurufen. Das, was ich Euch ausspreche, wird darum jederzeit Bild der Wirklichkeit einer bestimmten, wenigstens Bild der Wirklichkeit eines bestimmten, festen, unverwandten Strebens für Darstellung desselben.

Was Gott, Natur und Leben bestimmten erziehenden Familien nahe brachte, und wie sie es zur Selbst - und Andrererziehung nach – wie sie glauben und in sich fest überzeugt sind, nicht allein in der Menschennatur, sondern überhaupt in dem Wesen der Dinge selbst, tief begründeten Gesetzen benutzten und benutzen: dies soll hier unbefangen mitgeteilt werden, damit Andere sich vielleicht aufgefordert fühlen, in dem großen und wichtigen Schatz der lebendigen Selbsterfahrung entweder nur für sich und ihre Familienkreise, oder zu größerer allgemein menschlicher Darstellung zu lesen, umso selbst, was hier nur als Keim und Andeutung erscheint, vollkommener darstellen.

schon deshalb fürchte ich nicht, dass mir gleich beim ersten Erscheinen die missbilligende Frage: „warum führst du uns Familien, die schwerfällige Bekanntschaft von Familien zu?"— fürchte nicht, dass mir der zwar gutgemeinte, aber ungenügende Rath entgegen komme: —„ist Blatt! dein Zweck Erziehung, ist es dein Vorsatz und Ziel, deine Leser entweder über Erziehung, ihren Zweck, ihre Mittel und deren Gebrauch zu belehren, oder uns deine Überzeugungen, deine Erfahrungen über Erziehung und Unterricht, Menschenentwicklung und Bildung zur Prüfung, und – bewähren sie sich — zur Anwendung vorzuführen: so führe du, statt der zerstreuenden Bekanntschaft nicht allein einer Familie, sondern sogar mehrerer, einen einzigen Erzieher uns zu.

Verschaffe uns die Bekanntschaft eines wackeren und erfahrenen, eines einfachen und klaren erziehenden Mannes, lasse Einen Solchen Erzieher in unsern Kreis treten, er soll uns willkommen sein, sagt er uns Gutes und Wahres, sagt er uns im Leben sich Bestätigendes und Anwendbares, gern wollen wir ihm in einer geschäftsfreien Stunde unser Ohr leihen, und es in unserm Leben, soweit es unsere Lage und Verhältnisse möglich machen, benutzen Sagt er es uns noch überdies auf eine unterhaltende Weise, so soll er uns aufs freundlichste willkommen sein. Doch mit der Bekanntschaft einer ganzen Familie, und wie du gar im Sinne hast mit mehreren, damit verschone uns, wenn du anders bei uns zu verweilen wünschest und hoffst. „Ich fürchte nicht, dass mir dieser Rath entgegenkomme, denn wer könnte ihn geben?" müssten es nicht solche sein, welche entweder selbst einmal Erzieher waren oder Glieder von Familien, in deren Mine ein Erzieher lebte und wirkte: oder müssten sie nicht wenigstens befreundet mit Familien sein, welche einen Erzieher ihrer Kinder haben oder hatten? Welch ein Bild der Wirksamkeit, welche Hoffnungen von den Früchten derselben in der Zukunft würde und müsste in allen diesen Verhältnissen der Erzieher ihnen gegeben haben?—

Wie einzeln, allein und abgeschieden stand und steht in den gewöhnlichen und der Zahl nach bei weitem alles überwiegenden Fällen der Erzieher sowohl in Hinsicht auf seine Zöglinge, der Zöglinge zu ihm, als auch ganz besonders zu der Familie seiner Zöglinge selbst wie tot lind zerstückt, ohne alle lebendige unverkümmerte Erziehung auf die Kräftigung, Entwicklung und Ausbildung des Höchsten im Menschen steht: alles sein Tun! Findet sich denn auch wohl ein äußerer geselliger Verkehr und Verband zwischen dem Erzieher und der Familie, so wird dadurch die innere geistige Gemeinsamheit zur Erreichung des höchsten Erziehungszweckes an dem Zöglinge erschlafft erscheinen. Wiegt Ihr die Wirkungen des Erziehers auf seine Zöglinge gegen den Einfluss der Familie und der Familienglieder auf dieselben ab, so wird in den selben günstigsten Verhältnissen der entwickelnde und bildende Einfluss des Erziehers mit dem gewöhnlich so hemmenden und Störenden der Familienglieder kaum das Gleichgewicht halten; denn das leiseste Tun jedes, auch des geringsten Familiengliedes, ist in seinen Eindrücken und Folgen auf die Erziehung des Zöglings wirksamer, als das angestrengteste und aufopferndste des Erziehers.

Das Erziehergeschäft ist keineswegs eine geschiedene, für sich allein bestehende Kunst, und nur ein Geschäft des Einzelnen, sondern die Erziehung ist das Gesamtgeschäft, der Gesamtberuf aller Glieder des Menschengeschlechts, zunächst und vorwaltend das Geschäft aller Glieder der Familie, aus und in welcher der junge Mensch hervorwächst, und zwar geleitet entweder von der zwar unbewusst, aber lebendig und vorherrschend wirkenden Ahnung, oder von der bewusst im Kopfe und Herzen sich klar und bestimmt aussprechenden Einsicht in das Wesen und die Würde des Menschen. Darum kann der Einzelerzieher nie etwas Wahrheit Ersprießliches wirken, darum kann kein Einzelerzieher je das in dem Zöglinge wirken und erreichen, was durch die Erziehung bei demselben wirklich erreicht werden kann und soll denn der Erzieher, Sei er auch noch so gut an sich, meine er es auch wahrhaft gut, und strebe sein Herz nur nach dem Höchsten und Besten, und sein Sinn nach dem Reinsten und Bleibendsten: was sind demungeachtet die Früchte seines Wirkens?—

Er weiß und kennt nur sich in seinem Streben, in der Einheit und Reinheit, in der Kraft und Form seines Strebens, er kennt nur die dadurch bestimmte Art und Form seines Handelns: sein wollen, welches er nur als höchstes erkennen kann und muss, setzt er ganz so, wie er es in sich trägt, auch in die ihn umgebende Außenwelt: dass diese ein anderes Wollen, und darum auch andere, ihm untergeordneter erscheinende Mittel zur Menschenerziehung höher stellen, sie vorwaltend suchen, wählen und anwenden könne, das ist ihm fremd, ihm unbegreiflich. Lebt nun so Jugendkraft und Jugendmut, aber ohne Welt, in ihm fühlt er tief die Wahrheit, die er pflegend in sich trägt: ist die Überzeugung davon gleichsam eins mit seinem Wesen, und möchte er sie darum auch gern außer sich gestalten: so wird er eben so wenig von der Umgebung verstanden werden, als er die Welt versteht. Darum wird er schroff und ungefügig sein, und so noch weniger verstanden werden, und so noch weniger leisten, sein Handeln und Wirken noch weniger gute Früchte bringen. Durch seine Einseitigkeit stößt er an und ab, und wird in seiner Einseitigkeit an- und abgestoßen er fühlt sich beengt, gedrängt, er steht im Wege; Unheimlichkeit herrscht auf der einen, wie auf der anderen Seite: wo kann da guter Same gestreut werden, wo können da gute Früchte reisen?—

Sagt Ihr: aber der Erzieher, welchen wir meinen, hat mehr Welt, Soll mehr Welt haben: ich gebe dies zu: so wird dies jedoch zum Öfteren zugleich mit geringerer Kraft des Geistes verknüpft sein: es wird dieser Euer Erzieher zwar gefügiger, aber auch so, ehe Ihr es Euch verseht, umstrickt und gefesselt vor den äußeren Forderungen sein: und so wird er, was wahre und echte Menschenerziehung betrifft, wenig leisten, so sehr auch seine Zöglinge in der Well vielleicht ihr sogenanntes Glück machen können. Alle der Menge der noch übrigen gewöhnlichen Fälle möglicher Erzieher und Erzieherwirksamkeiten gar nicht gedacht. -

Doch ich will auch zugeben, der Erzieher, den Ihr meint, und den Ihr Euch fasst und vorstellt, habe Kraft, Welt und Erfahrung; das Erziehungsgeschäft sei ihm überdies nicht eine Posistation seines Lebens, nicht ein Durchgangspunkt, nicht ihm selbst nur eine Sprosse in der Leiter seines Lebens zu Erringung, zur Erreichung seines inneren und äußeren Lebens das Erziehungsgeschäft sei ihm Zweck an sich: wird er dann Einzelerzieher bleiben, wird eine Wirksamkeit ihm genügen, die seiner Tätigkeit. Seinem Streben und Wollen so enge Grenzen setzt? Allein es fesseln, es binden ihn dazu Versprechungen, Sagt Ihr ach bald, nur gar zu bald wird dann auch der Geist gefesselt sein, und Fesseln trennen, trennen umso mehr, als sie Schwer sich lösen. Darum gleicht ein solcher nicht in lebendiger Übereinstimmung und Ein- klang mit der Familie wirkender Erzieher einem Pendel ohne Übereinstimmung mit dem dazu gehörigen Uhrwerke, ohne den Einfluss der belebenden Feder- und Gewichtskraft des Familienlebens: und ohne diesen Ein- klang, diese Übereinstimmung vernichtet er sich und das Uhrwerk so der Erzieher sich oder die Familie.

Nun sagt man wohl, der Erzieher soll Freund des Hauses sein; aber was kann in diesem Falle nur der Sinn dieser Forderung sein?— sie kann doch keine gesellschaftliche, persönliche Bedeutung haben, sondern nur die Bedeutung und den Ausdruck des gemeinsamen, gegenseitig fördernden Sueben- der Darstellung des Höchsten und Besten, nicht Schein- und Zeitguten, an den und durch die Kinder, nach den Forderungen des Wesens und der Würde des Menschen. Dann aber sehen wir auch, sind beide, Erzieher und Familie, von dem höchsten Gedanken des Menschenwesens und der Menschenwürde durchdrungen; beide sind der Forderung derselben unterworfen: beide gemeinsam Streben ihr zu genügen; und in und aus der Familie, als der äußeren, sichtbaren Pflanzschule des Menschenge- schlechtes, muss darum jener Gedanke, und das Streben, ihm gemäß und getreu zu leben, zuerst hervorblühen, das Bedürfnis seiner Erfüllung und Befriedigung sich in ihr zuerst aussprechen, so dass also der Erzieher gleichsam aus dem innersten Leben und Bedürfnisse der Familie als Ein- mit ihr und dem geistigen Leben derselben hervorgeht. Von der Familie sehen wir darum, geht der Erzieher aus und muss er ausgehen, Soll seine Tätigkeit und Wirksamkeit dem Zwecke und Ziele entsprechen und genügen. Die Familie ist es. Sie vorwaltend ist er, welche in dem Zöglinge die Wirksamkeit, den Einfluss des Erziehers bedingt, ihn förderlich oder hinderlich, ersprießlich oder nachteilig macht. Die Familie bedingt also in Beziehung auf ihre Kinder den wahren Erzieher durch und aus sich selbst.

Die Wirksamkeit des Erziehers hängt also von der Erziehung der Familien, von dem Grade ihres Erzogenseins ab und solange es sonach nicht viele erzogene Familien gibt, und in dem Maße, als sie es nicht gibt. ist an wahrhaft genügende Frucht und heilbringende Erziehung auch nicht zu denken. „Bis es erzogene Familien gibt?!" „Gibt es doch jetzt kaum eine Familie, die nicht von sich meine, eine gebildete zu sein!"—

Und hat die Bildung in den Familien nicht einen solchen Umfang, eine solche Allgemeinheit und einen Solchen Grad gewonnen, dass sie zu den eigentümlichsten Erscheinungen der Zeit gehört: und noch Sprichst du von Erziehen und Erzogenwerden der Familien: bist du ein solcher Fremdling in der Well und in den gebildeten Familienkreisen?! —

Nicht diese Well- und gesellschaftliche Bildung ist es, lieber Leser, die ich suche und fordere, die ich darzustellen Strebe: denn wer kann jetzt in der Welt leben, ohne sie zu kennen, ohne ihren Forderungen unterworfen, ohne nicht oft von dem Glanze ihrer Abgeglättetheit fast geblendet worden zu sein? Nicht diese Bildung und Abgeglättetheit des Einzelnen gegen den Einzelnen, nicht diese Einzelbildung des Einzelnen, die in den gebildeten und gebildetsten Familien sich in den verschiedensten Richtungen durchkreuzet, und die, je mehr sie sich durchkreuzt, umso mehr den Bildungsgrad der Familie nach dem Zeitmaßstabe erhöht nicht diese äußere Einzeln- und selbst in einer Familie verschieden gerichtete Bildung der einzelnen Familienglieder als einzelner ist es, die ich meine und fordere: Sondern die Entwicklung und Erziehung der Familie als eines Ganzen und zu einem Ganzen, als eine Einheit, wo alle Glieder, jedes nach Maßgabe seiner Kraft, seiner Einheit und seiner Mittel, aber gemeinsam und in Übereinstimmung, nach dar- Stellung der reinen Menschheit, des Göttlichen im Menschen, als nach einem Zweck und Ziele Streben: wo diese Darstellung eine Gesamtaufgabe für alle Glieder einer Familie in Einheit ist. an deren Lösung sie alle in Gemeinsamheit und Einheit, und in Übereinstimmung mit Gott und Natur arbeiten. Jene Bildung des Einzelnen für Einzelnes, Mannigfaltiges ist wegen dieser Mannigfaltigkeit notwendig trennend: die Erziehung für Darstellung des inneren, für Einheit, ist darum notwendig einend, verknüpfend, sich gegenseitig Hilfe leistend.

Solcher Familien, Familien mit diesen Zwecken, gibt es aber wenig, sehr wenig; und dennoch ist nicht eher, bis es deren viele und nur in dem Maße, als es sie gibt, an gedeihliche, wahrhaft entwickelnde und sich lebendig fortbildende Erziehung zu denken: nicht eher, als es wahrhafte Familien gibt,— d. h. Gesamtheiten, von Gott durch die äußeren Bande der Natur zu einer inneren Einheit verbundener Menschen, welche die Bestimmung und den Beruf dieser Einheit erkennen, und wo jedes Glied das. was ihm an seinem Teile zur Erreichung dieser Bestimmung und dieses Berufes seiner Familie zukommt, treu und in Übereinstimmung, entweder nur durch ungestörten Lebensausdruck, oder mit Einsicht im Handeln tut, wo das Streben, den Zweck der Menschheit darzustellen, das Streben und Ziel aller ist: – nicht eher, als es wirklich in diesem Geiste und hierfür erzogene, in diesem Geiste lebende und wirkende Familien als eine Einheit, als ein Lebeganzes, gibt, und als diese geistige Einheit ebenso wie das Band des Blutes äußerlich im Leben dasteht, innerlich in dem Streben und bewusst lebt.

Für eine Solche Erziehung der Familien zur Einheit und Übereinstimmung im Denken wie im Handeln in Beziehung auf die höchste Angelegenheit des Menschen: Erkennen und Darstellen des Göttlichen in allen Dingen, besonders in und durch das Leben der Menschen, – zu wirken und zu sorgen, ist darum die Forderung der jetzigen Entwicklungsstufe der Menschheit, des Menschengeschlechtes: das Einzelempfinden und Wissen, die Erfahrung und das Erkennen, das Glauben und Hoffen des Einzelnen zu einem Lebeganzen im ersten von Gott selbst gegebenen Ganzen, der Familie, zu einen: dies muss darum die höchste und wichtigste Aufgabe der Zeit sein. Nur von ihrer Lösung dürfen wir in jeder Hinsicht Ersprießliches, dürfen wir die Erfüllung und Erreichung dessen hoffen, welches nur zu denken schon unser Herz Schwellt; sei diese auch wirklich erst einst und bei den folgenden Geschlechtern; aber beginnen müssen wir, denn unsere Kinder, das wissen wir, werden unsere Richter sein.

Daraus spricht sich klar und bestimmt aus: weder das Vorführen noch das Einführen eines Erzieher- als Solchen in Eure Familien, sei er ruhig, sei er besonnen und klar, sei er erfahren, ein- und umsichtig, kann die Menschenerziehung wahrhaft fordern; - denn ja nur von der Familie selbst geht nicht allein die wahre Fruchtbarkeit der Erziehung, sondern sogar der wahre Erzieher selbst aus: - sondern nur die Selbsterkenntnis der Familie in Beziehung auf ihre Bestimmung, auf den in ihr selbst liegenden, durch sie selbst ihr gegebenen Beruf zur Erziehung des Menschengeschlechtes für Entwicklung und Darstellung der reinen Menschheit, des Göttlichen im Menschen und in allen Dingen, und ein dieser Erkenntnis und Einsicht gemäßes Handeln und Wirken. Darum ist die Anschauung und Vorführung, wenigstens das Streben nach wirklicher Darstellung erziehender, d. h. ihres Berufes und ihrer Bestimmung bewusster, und dem getreu handelnder Familien das Erste und Notwendigste, was wir bedürfen, was uns als einem Gliede des Menschengeschlechtes und Teile der Menschheit jetzt wahrhaft Not tut.

Also eben so wenig das Aufstellen und Vorführen einer einzelnen und einzigen erziehenden Familie, als das Vor- und Einführen eines einzigen und einzelnen Erziehers kann genügen, kann in Beziehung auf Erziehung der Forderung der Zeit entsprechend und angemessen sein: denn greift nicht schon jedes einzelne Familienglied, wie es als solches zugleich mehrfaches Familienglied, z. B. Sohn, Vater, Großvater ist und sein kann, so auch zugleich in mehrere Familien bestimmend ein? Und wer weiß nicht, mit welcher Gewalt die großelterlichen Familien auf die Erziehung ihrer Enkel einwirken, und mit welcher Wichtigkeit Oheim und Basen (Onkel und Tanten): ja wohl Muhmen und Vettern, nicht minder Nachbar und Freund erlauben sich in die Erziehung Eurer Kinder einzugreifen: deshalb nun kann nur die Anschauung einer Mehrheit und Gesamtheit von, durch und für den höchsten Zweck, der Darstellung der reinen Menschheit, geeinten Familien genügen.

Darum denn möchte ich gern von einem erziehenden Dorfe, von einer solchen Gemeinde Euch erzählen, wenn es schon der Wahrheit entspräche: doch habe ich die Hoffnung, dass es mir einst noch möglich werden wird. Gar Manches werdet Ihr mir zwar jetzt noch dagegen sagen, wenn ihr in das Döschen blickt, aus welchem ich zu Euch komme, und wenn Ihr dabei bedenkt, dass auf das junge Menschengemüt alles erziehend wirkt, was es umgibt.

Doch zunächst will ich Euch auch noch nicht davon erzählen. Sondern nur von dem will ich in der nächsten Zukunft zu Euch reden, was Familien taten und tun, denen Erziehung der ihnen von Gott Gegebenen am Herzen lag und fliegt, denen sie höchste und schönste Aufgabe des Lebens ist, eine Aufgabe, deren Lösung sie ihr ganzes Leben widmeten was das Innere dieser Familien bewegt und bewegte, welche die Bestimmung und das Wesen der Familie, als einer Anstalt Gottes zur Darstellung des Göttlichen im Irdischen und Menschlichen erkennen: was sich ihnen in ihrem inneren und äußeren Leben als wahr bestätigte und bewährte; die Mittel und Wege, wie sie das in ihrem inneren als ewig wahr Erkannte zu erreichen und darzustellen suchten und strebten, welche Ahnungen, Hoffnungen und Überzeugungen über Leben, Wirken und Bestimmung, über das Wesen und den Beruf des Menschen in ihrer Seele leben, wie sie sie in menschlicher Gemeinsamheit mit menschlichem Herzen menschlicher Kraft und menschlichen Mitteln, d. h. der Kraft und den Mitteln, welche im Bereiche menschlichen Lebens und menschlichen Wesens liegen, an ihren jungen Gliedern darzustellen Strebten und streben was die erziehenden Familien besonders an ihren Söhnen erreichten, und wie sie es erreichten: das will ich Euch vorführen.

Wie sie arbeiten und schaffen, leiden, dulden und meiden, und sich des Lebens, der Forderungen des Lebens zu bemächtigen suchen, will ich Euch zeigen. „Hier" spricht es mir aus Euerm Herzen entgegen „Werden wir uns wohl selbst finden." Ja! das war der schönste Lohn meiner Wanderungen zu Euch, denn wohl weiß ich, Ihr ahnet, sucht, wollt und hofft das Beste nach Eurer Einsicht und Eurer Erkenntnis und Lebensansicht: aber darum eben möchte ich Euer Ahnen. Euer Hoffen und Euer Suchen Euch klar machen, ich möchte Euch die höhere, innere Bedeutung dessen zeigen, was Ihr äußerlich und um Euch Sucht und anstrebt. Ich möchte, dass Ihr durch das in mir und durch mich Ausgesprochene die Deutung der Euch selbst unbewusst kommenden und gekommenen Jugendahnungen Eures Gemütes fändet und die innere Wahrheit derselben sieht.

Werdet Ihr, die Ihr mich leset, werden Eure Freunde sagen, dass da, wo das Leben klar, rein, hoch, wahr und bedeutungsvoll geschildert und gezeichnet wurde, Ihr als Wirklichkeit vorschwebte: so will ich mich innig freuen, dass ich Euer Leben Euch zum Selbstbewusstsein, zur Klarmachung Eurer selbst, zu Eurer Freude und Stärkung Euch gleichsam im Spiegel und für Andere zur Erhebung und Belehrung zeigte.

Was mir im Leben in Beziehung auf des Menschen wichtigstes Geschäft: Erziehung und Darstellung des reinen Menschheitswesens, begegnet und begegnete, und wie's die Erinnerung mir beut, fuhr ich Euch vor: ich führe es Euch vor, wie es im Gemüte lebte und lebt, und im Leben sich bewährte und gestaltete, immer gleich frisch und gleich fröhlich.

Mein Zweck ist, das Gute und Wahre, was mehrfach zerstreut und einzeln wirklich für Menschenentwicklung und Erziehung geschieht, unter und in einem Bilde zusammen zu fassen, und so zu einem Gemeingute zu machen: und freuen wird es mich, wenn der Kreis erziehender Familien, von welchem ich ausgehe, sich so immer mehr und mehr zu unser aller Wohl verbreitet.

Ich will Euch möglich machen, das zu prüfen, was um Euch und unter Euern Augen, oder sonst für Erziehung und Unterricht geschieht: ich will Euch Mittel und Wege zeigen, Eure Kinder, oder die Kinder Eurer Freunde, Eure Geschwister zu entwickeln, vor- und fortzubilden; ich will Euch die Zwecke, den inneren Zusammen- hang und die notwendige Einheit dessen, was für Menschenentwicklung, Menschenerziehung und Menschenbildung geschieht, vorführen.

Da aber zwischen der Menschen- und Selbstkenntnis und der Kenntnis der Naturdinge ein Wechselverhältnis, eine Wechselbeziehung sich findet, und der Mensch, indem er die Natur erkennt, auch sich erkennt: so will ich mitteilen, was mir selbst über das Wesen des Menschen, über das Wesen der Natur und der Dinge kund ward, und wie es dem Menschen notwendig kund werden muss. Hinleiten möcht ich Euch zur klaren Erkenntnis des Verhältnisses Gottes zur Natur und zum Menschen und des Menschen zu Gott und zur Natur.

Nicht nur den notwendigen Zusammenhang des Unterrichtes und der Lehre in sich und unter sich, sondern auch mit dem Wesen des Menschen und dessen Leben den inneren notwendigen Zusammenhang des Lebens an sich will ich Euch kund zu tun versuchen.

Zeigen will ich Euch, wie das, was für Erziehung und Unterricht gleichzeitig Verschiedenes geschieht, nicht in sich widerstreitend, sich vernichtend und aufhebend ist, sondern dass es nur, wie es in sich verschieden ist, so verschiedenen, gleichzeitigen Entwicklungsstufen der Menschheit, des Menschengeschlechtes angehöre.

Wie von Woche zu Woche das Jahr und die Zeit erziehende Familien weiter führt zum Ziele der Menschenerziehung will ich Euch Sagen; besonders will ich auch den Eltern und deren Stellvertretern, die ihre Söhne dem bestimmten erziehenden Kreise, von welchem ich ausgehe, vertrauend Übergaben, wenn auch nur andeutend mitteilen, was durch denselben, und wie es für ihre Söhne geschieht, und wie das, was geschieht, mit dem Berufe, Gewerbe und mit der künftigen bürgerlichen Bestimmung notwendig zusammenhängt, und von derselben dahin, die bürgerlichen Forderungen der Familien mit den höheren menschlichen der wahren, der entwickelnden Erziehung in innere Übereinstimmung zu bringen.

Wie nun in der Familie gleichzeitig und ohne Wahl bald etwas mehr das Kind, dann etwas mehr das Alter Angehendes geschieht: so will und werde auch ich zu Euch sprechen, wie das Leben nur selbst es gibt und fordert, bald durch belehrende Benachrichtigungen, bald durch ausgeführte Unterrichtszweige, bald durch Erzählungen. Doch soll im Ganzen der Mensch in seiner allmähligen Entwicklung und Ausbildung, und die Familie selbst nach und nach heraufwachsend vorgeführt werden.

Sonnabends werde ich ausgehen, und sonntags zu Euch kommen. Prüfend beachtet mehr meinen Inhalt als meine Form: denn ich empfange meine Ab- und Ausfertigung nicht auf der Studier-, sondern in der Erziehungsstube, wo muntere Knaben kommend und gehend, spielend und lernend, fragend und bittend dazwischentreten. Ob ich jedoch das nächste und die folgenden Male wieder zu Euch kommen soll, wird von Eurer Bestimmung, Euerm Wunsche abhängen.

So lebet nun wohl, und lasst wenigstens meinen ersten und einzigen Besuch bei Euch nicht ohne Früchte für Euer Leben sein.

Die Erziehenden Familien.

Wochenblatt für Selbstbildung und die Bildung Anderer.

Sonnabend – 2 – den 14. Jenner 1826.

herausgegeben von Friedrich Wilhelm August Fröbel.

Seht die Lilie in dem Garten! Von dem Schoß der Erde still genährt, Aufgezogen von dem Sonnenlicht, steigt sie freudig ungehemmt empor von des Gärtners Auge wohl behütet, und erblüht in eigner lichter Schön' so die Seelenpflanz' im Garten Gottes, so der Mensch in der Familie: Er steht in der Hut des höchsten Wächters, Der ihm gleich zwei Engel zugesandt.

Ahnt die Mutterliebe diese Sendung, Nährt und pflegt sie so das teure Pfand, kann vom hellen Vaterblick begleitet Und von seiner Sorgfalt treu bewahrt Frei entfallen sich der Himmelsspross: Dann wird er entknospen und erblühen schöner als des Gartens Lilie, Und wird zeugen von dem Geist des Vaters, Den zu offenbaren er gesandt, Wie er uns so hell entgegen leuchtet in dem Tempel auf dem Jesuskind.

Der erziehenden Familien Überzeugung von dem Wesen und der Bestimmung des Menschen und von der Möglichkeit der Erreichung und Darstellung derselben im Leben.

Nichts ist für jede Familie, ist für eine, besonders durch das Band der Natur zu einem Schönen Kranze verbundene Mehrheit von Familien, die ihre, unmittelbar durch ihr Dasein ihnen gegebene Bestimmung und ihren Beruf: — erziehend zu sein, in sich erkennen, wichtiger, als reiner Einklang, innigste Einigung und Einheit in und unter der Gesamtheit ihrer Glieder in Beziehung auf die für die Menschen höchste und wichtigste Erkenntnis und Einsicht von dem Wesen und der Bestimmung des Menschen. Nichts ist wichtiger, als dass diese Einheit sich gleich ausspreche, gleich herrsche und wirksam Sei, wie in der ganzen Familie, so in den einzelnen Gliedern derselben, auf und in welcher Stufe der Entwicklung, des Alters und Geschlechtes sie auch stehen: sei es nun nur in deren stillen und unbewussten Lebensäußerungen, oder in dem lauten Ausdrucke verschiedener Grade der Lebensempfindungen und des Lebensbewusstseins. Aber darum ist es auch erhebend und hocherfreulich, dass, ganz in dem Maße, als inniges Einverständnis unter allen Familiengliedern in Beziehung auf die Erkenntnis und Darlegung des Wesens des Menschen hochwichtig ist, auch das Durchdrungensein von dem Wesen des Menschen in dem Gesamt- und Einzeltun der Familie in jedem Gliede derselben sich leicht ausspricht und gegenseitig kund tut, von den Stufen der Empfindung des reinen Lebens an, nur dadurch, dass das Wesen, der Geist des Menschen ungehindert und freitätig in ihnen wirke. bis zum Bewusstwerden und Einsehen, zuerst nur, dass sie es als hohes, reines und klares Leben in sich empfinden und wahrnehmen, und dann das Gefühl und die Empfindung desselben zum Wissen und Bewusstsein erheben, und als solches darstellen. Denn in dem Lächeln, dem Tätigkeits- und Lebenstriebe des Kindes, in seinem Fragen und Tun, in der Freude und Luft, in dem Bildungstriebe und Schaffen des Knaben, in dem Sehnen und Hoffen, in dem Streben, dem Gestalten und Bauen des Zöglings, in dem Denken und Tun des Mannes, in der Klarheit, dem Wissen und der Lehre des Greises, in dem männlichen Leben und Streben nach Hervorforderung, Erkenntnis und Durchleuchtung, wie in dem weiblichen Sehnen nach Bildung, Gestaltung und Belebung: überall spricht sich ein Geist. Ein Sinn und ein Leben aus.

Aber was ist denn nun der Beziehungs-, Einigungs- und Brennpunkt aller dieser Richtungen des menschlichen Lebens, der Lebenstätigkeiten (Lebensäußerungen) des Menschen?—