Die fast vollständige Geschichte der Menschheit - Helmut Igl - E-Book

Die fast vollständige Geschichte der Menschheit E-Book

Helmut Igl

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Die vorliegende Lektüre ist eine chronologische Zusammenfassung der Menschheitsgeschichte von der Entstehung der ersten menschlichen Arten bis ins 15. Jahrhundert. Das Buch richtet sich an alle Leserinnen und Leser, die sich in prägnanter und leicht verständlicher Weise über die Entwicklung der Menschheit informieren möchten. Von den Ursprüngen des Menschen bis zum ausgehenden Mittelalter werden wegweisende Momente, faszinierende historische Ereignisse und herausragende Persönlichkeiten beleuchtet, die den Lauf der Geschichte maßgeblich beeinflusst haben.

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Seitenzahl: 317

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Zu diesem Buch:

Die vorliegende Lektüre ist eine chronologische Zusammenfassung der Menschheitsgeschichte von der Entstehung der ersten menschlichen Arten bis ins 15. Jahrhundert. Das Buch richtet sich an alle Leserinnen und Leser, die sich in prägnanter und leicht verständlicher Form über die Entwicklung der Menschheit informieren möchten. Von den Ursprüngen des Menschen bis zum ausgehenden Mittelalter werden wegweisende Momente, faszinierende historische Ereignisse und herausragende Persönlichkeiten beleuchtet, die den Lauf der Geschichte maßgeblich beeinflusst haben.

 

 

Der Autor:

Helmut Igl ist Dipl.-Ing. (FH) und war über 25 Jahre als Fachlehrer und Fachberater im technischen und bildnerischen Bereich an bayerischen Schulen tätig.

Beim Verfassen dieser Abhandlung lag sein Fokus darauf, aus der umfangreichen Stofffülle das Wesentliche herauszuarbeiten, sodass im Ergebnis ein leicht lesbarer Streifzug durch die frühere Geschichte der Menschheit entstand.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Die frühe Entwicklungsgeschichte des Menschen

Der aufrechte Gang

Die Steinzeit

Die Zähmung des Feuers

Der Beginn der Wanderschaft

Die Eiszeiten

Wie kommt es zu Warm- und Kaltzeiten?

Die Eiszeitkunst

Der Beginn der Keramikherstellung

Die Neolithische Revolution

Die Domestizierung von Wildtieren und Pflanzen

Die Kupfersteinzeit

Die Bronzezeit

Die Himmelsscheibe von Nebra

Das Wagenrad

Die Geschichte der Schrift

Die Pyramiden von Gizeh

Stonehenge, der mystische Steinkreis

Die Chinesische Mauer

Die Terrakotta-Armee

DIE WELTRELIGIONEN

Der Hinduismus

Das Judentum

Jerusalem und der Tempelberg

Der Buddhismus

Das Christentum

Der Islam

Die Eisenzeit

Salz, das weiße Gold

Die Kelten

Die Germanen

Die Griechen

Alexander der Große

Das antike Geld

Der Baustoff Beton in der Antike

Die Römer

Die Punischen Kriege

Hannibal, der Alpenbezwinger

Kimbern und Teutonen – die erste Wanderung

Julius Cäsar

Das Römische Reich unter Octavian

Das Jahr 1

Die Varusschlacht

Der Limes

Der Hadrianswall

Konstantin der Große

DIE VÖLKERWANDERUNG

Die Goten

Die Hunnen

Der Wanderzug der Westgoten

Die Hunnenherrschaft unter Attila

Die Eroberung Italiens durch die Ostgoten

Die Vandalen erstürmen Karthago

Die Angeln und Sachsen erobern Britannien

Die Rückeroberung des Weströmischen Reiches

Die Langobarden

Die islamische Expansion

DIE MEROWINGER UND KAROLINGER

Karl der Große

Otto der Große

Die Wikinger

Die erste Sichtung Amerikas

DAS MITTELALTER (ca. 500 – 1500)

Der Alltag im Mittelalter

Die Hanse

Die mittelalterliche Burg

Die Ritter

Die mittelalterlichen Erfindungen

Die Geschichte des Papiers

Das Weben

Der Buchdruck

Die kleine Eiszeit

Die Pest

Die Judenverfolgungen

Die Hexenverfolgung

Das Mongolenreich unter Dschingis Khan

Marco Polo

Die fast vollständige

Geschichte der Menschheit

(vom Anbeginn bis zum ausgehenden Mittelalter)

 

Rund acht Milliarden menschliche Individuen leben derzeit auf unserem Planeten. Sie alle gehören derselben Spezies an und unterscheiden sich anpassungs- und mutationsbedingt lediglich in ihren Körpermerkmalen wie z. B. der Haut-, Haar- und Augenfarbe, den Körpermaßen oder der Gesichtsform.

Die frühe Entwicklungsgeschichte des Menschen

Den biologischen Ursprung des Menschen findet man bei den Primaten, auch Herrentiere genannt, den Urahnen der heutigen Affen. Eine Untergruppe hiervon sind die Menschenaffen, eine bereits höher entwickelte Säugetiergattung, aus denen die Orang-Utans, die Gorillas und die Schimpansen hervorgingen. Parallel zum Schimpansen entstand aber noch ein anderer Zweig im Stammbaum der Evolution: die Gattung Homo - der Mensch. Wie heutige DNA-Analysen zeigen, stimmt das Erbgut des modernen Menschen mit seinem nächsten Verwandten, dem Schimpansen, zu rund 98,5 % überein.

Der Stammbaum des Menschen

 

Auf der Grundlage entdeckter Fossilienfunde haben die Menschenaffen, also die Orang-Utans, Gorillas und Schimpansen, ihren Ursprung vor ungefähr 10 Millionen Jahren in Ostafrika. Während die Orang-Utans innerhalb der nächsten Jahrmillionen von dort nach Asien abwanderten, trennten sich in Afrika die Entwicklungslinien von Gorillas und Schimpansen. Die Abspaltung zwischen den Schimpansen und der Familie der Homininen [= alle menschlichen Unterarten] ereignete sich nach der klassischen Evolutionstheorie vor rund 5 Millionen Jahren. Schließlich entwickelte sich vor etwa 3 Millionen Jahren die Spezies Homo [lat.: Mensch oder Mann] und am Ende dieser Ahnenreihe der anatomisch moderne Jetztmensch (Homo sapiens), der all seine Vorfahren der Gattung Homo als Einziger überlebte.

Die einzelnen Evolutionsphasen können allerdings nur näherungsweise bestimmt werden, denn zum einen sind die Fossilberichte oft lückenhaft und zum anderen sind die Datierungsmethoden mit Ungenauigkeiten verbunden. Die überaus komplexe und mitunter umstrittene frühmenschliche Entstehungsgeschichte ist also durchaus kritisch zu betrachten, zumal jeder neue Fund oder jede neue wissenschaftliche Erkenntnis das fragile Hypothesengerüst ins Wanken bringen kann.

Der aufrechte Gang

Nach der gängigen Entwicklungstheorie gab es in der Evolution des Menschen einen entscheidenden Moment, als sich bei seinen frühen Vorfahren die Fortbewegungsart allmählich vom Vierbeiner zum Zweibeiner mit aufrechtem Gang vollzog.

1974 wurde in Äthiopien ein gut erhaltenes Teilskelett eines weiblichen Vormenschen gefunden (nach einem Beatles-Song „Lucy“ getauft), dessen Alter Paläontologen auf ca. 3,2 Mio. Jahre festlegten. Hinsichtlich seines Skelettaufbaus kann eindeutig belegt werden, dass sich Lucy bereits aufgerichtet auf zwei Beinen fortbewegt hat.

Vier Jahre später stieß man in der Olduvai-Schlucht in Tansania auf die ungefähr 3,5 Mio. Jahre alten fossilen Fußspuren von aufrecht gehenden Vormenschenarten der Gattung Australopithecus.

Auch in Südafrika wurden Australopithecus-Fossilien ausgegraben. Die in der Sterkfontain-Höhle nahe Johannisburg entdeckten Schädel- und Skelettteile früher Hominini-Arten ergaben nach einer aktuellen Neudatierung ein Alter von 3,4 Mio. Jahren und sind damit ähnlich alt wie vergleichbare Funde im östlichen Afrika. Die Beschaffenheit der untersuchten Fußgelenkknochen lässt den Schluss zu, dass diese Vormenschen bereits aufrecht gehen konnten.

Waren die Wissenschaftler bis dahin noch mehrheitlich der Meinung, Afrika sei die „Wiege der Menschheit“, führten die auf der Insel Kreta gefundenen und knapp 6 Mio. Jahre alten versteinerten Fußabdrücke eines zweibeinig laufenden menschlichen Vorfahrens zu einem Umdenken. Diese ältesten Belege für den aufrechten Gang wurden erstmals im Jahre 2017 bekanntgegeben und revolutionierten das bisherige Verständnis der menschlichen Evolution grundlegend.

Ende 2019 machte eine Meldung Schlagzeilen, welche die Standardtheorie, der aufrechte Gang sei in Ostafrika entstanden, ebenfalls in Frage stellte. In der Nähe von Kaufbeuren in Bayern hatte eine internationale Forschergruppe einen außergewöhnlichen Fund gemacht: In einer großen Tonabbaugrube förderten die Geowissenschaftler 37 Knochenfragmente eines bislang unbekannten Menschenaffen zu Tage, dessen Alter auf annähernd 12 Mio. Jahre bestimmt wurde. Die versteinerten Bruchstücke zeugen vom wahrscheinlich ersten aufrecht gehenden Urverwandten des Menschen und deuten darauf hin, dass sich der ca. ein Meter große Primat offensichtlich sowohl auf zwei Beinen als auch kletternd fortbewegte. Die Besonderheit, dass sich der Prozess des aufrechten Gangs offenbar zuerst in Europa vollzogen habe, war für die Wissenschaft eine kleine Sensation.

 

Die Evolution des Menschen

Der aufrechte, zweibeinige Gang brachte einige Vorteile mit sich:

- die Hände waren nun frei für den Transport des Nachwuchses oder von Gegenständen bzw. für den Gebrauch von Werkzeugen und Waffen

- die bessere Rundumsicht im Stehen sorgte für ein schnelleres Erkennen von Gefahren

- die effizientere Fortbewegung auf nur noch zwei Beinen hatte einen geringeren Energieverbrauch zur Folge

- durch die aufrechte Körperhaltung wanderte der Kehlkopf nach unten, sodass sich Stimmbänder ausbilden konnten – eine entscheidende Voraussetzung für die spätere Sprachentwicklung.

Durch die Anpassung an den aufrechten Gang verloren die Arme und Hände ihre ursprüngliche Bedeutung in der Fortbewegung und begannen sich langsam zurückzubilden, während die Beine durch die neue Art des Gehens bzw. Laufens immer länger und gestreckter wurden. Gleichzeitig trug die Bewältigung zunehmend größerer Distanzen dazu bei, dass sich die Zehen allmählich verkürzten und sich die gesamte Fußanatomie an die neuen Gegebenheiten anpasste. Ein weiterer relevanter Evolutionsvorteil des Menschen gegenüber seinen Artverwandten aus dem Tierreich war die Veränderung der gesamten Hand, die sich mit den immer komplexer werdenden Aufgaben stetig weiterentwickelte. Der Daumen wurde länger, kräftiger und beweglicher, bis er problemlos alle 4 Fingerspitzen berühren konnte. Erst mit einer solch flexiblen Hand war es möglich geworden, auch präzise Arbeiten auszuführen.

Auf die Frage, weshalb unsere Vorfahren ihr Fellkleid verloren haben, können nach wie vor nur Spekulationen angestellt werden. Bestimmte Belastungsspuren an fossilen Knochen deuten darauf hin, dass die Homininen ausgiebig wanderten und sogar imstande waren, längere Zeit zu laufen. Diese schrittweise erworbene Fähigkeit gestattete es ihnen, vor wilden Tieren davonzurennen sowie harmlose Tiere in Hetzjagden zu erlegen. Um die Körperwärme während der ausgedehnten Läufe effizienter abzuleiten, reduzierte die Evolution allmählich die Körperbehaarung. Zusätzlich bildeten sich zur effektiveren Wärmeabfuhr Schweißdrüsen. Lediglich auf dem Kopf blieb das Fell, möglicherweise zum Schutz gegen die Sonne, erhalten. Der Verbleib der Behaarung im Intimbereich oder unter den Achseln hatte wahrscheinlich Fortpflanzungsgründe, vermutlich um den körpereigenen Geruch zu bewahren bzw. zu verbreiten.

Nach dem Vorbild der fleischfressenden Tiere in ihrer Umgebung lernten die frühen Menschen mit der Zeit, dass sich neben Pflanzen, Früchten und Wurzelgemüse insbesondere das energiereiche und nährstoffhaltige Fleisch von Tierkadavern oder erlegten Tieren als Nahrungsquelle eignete. So folgten sie den wandernden Tierherden und optimierten dabei immer mehr den aufrechten Gang.

 

Homo erectus - Modell des Gesichts einer erwachsenen Frau

Tim Evanson, CC BY-SA 2.0 (8)

Eine der bedeutendsten Populationen, die innerhalb der Gattung Homo entstanden, war der Homo erectus. Diese erdgeschichtlich am längsten existierende hominine Spezies verbreitete sich vor ungefähr 2 Mio. Jahren relativ zügig über die Kontinente Afrika und Europa bis hin nach Asien.

Die Steinzeit

Ein Meilenstein in der Evolution des Menschen war die Herstellung von Werkzeugen. Im Gegensatz zu höher entwickelten Tieren, die werkzeugähnliche Hilfsmittel im Allgemeinen nur benutzend einsetzen, waren die Urmenschen imstande, diese selbst herzustellen. Eines der ersten komplexen Werkzeuge der Menschheit war der Faustkeil aus Stein.

 

Der Faustkeil

José-Manuel Benito Álvarez, CC BY-SA 2.5 (9)

Der Faustkeil wurde aus geeigneten Felsbrocken oder Geröllsteinen, in manchen Gebieten aus dem sog. Feuerstein hergestellt. Feuerstein bzw. Flint hat gegenüber gewöhnlichen Steinen den großen Vorteil, dass nach der Spaltung besonders scharfkantige Splitter jeglicher Größe entstehen. Mit solch einer Art Messer war es möglich geworden, Tierkadaver aufzuschneiden, Felle abzuschaben, Holz zu bearbeiten oder einfache Gebrauchsgegenstände sowie erste primitive Waffen herzustellen. Dank der Steinschneide ergänzte der frühe Mensch seine pflanzliche Nahrung nun immer mehr mit Fleischbeilagen. Man nimmt an, dass der Konsum des eiweißhaltigen Fleisches mit den darin enthaltenen wertvollen Proteinen zur Stärkung der Muskulatur wie auch zur Vergrößerung des Gehirns beigetragen hat.

Im Jahre 1931 wurden in der weltberühmten Olduvai-Schlucht im Norden Tansanias bis zu 2,5 Mio. Jahre alte Tier- und Vormenschen-Fossilien sowie prähistorische Steinzeitwerkzeuge gefunden. Die weltweit ältesten und mit über 3 Mio. Jahre datierten Steingeräte kamen 2011 in Kenia ans Tageslicht.

Die Zähmung des Feuers

Anfangs noch durch sich ausbreitende Buschfeuer bedroht, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Urmensch seine Furcht vor den Flammen verlor und ihren unschätzbaren Wert erkannte. Kontrolliertes Feuer brachte nicht nur Licht und Wärme in die Dunkelheit, sondern schützte zudem vor wilden Raubtieren und hielt lästige Parasiten fern. Mit der Bändigung des Feuers konnten neben dem Fleisch nun auch Pflanzen gegart werden. Außerdem ließen sich die Nahrungsmittel durch das Braten leichter verdauen und es wurden zusätzlich noch schädliche Keime abgetötet. Nicht zuletzt erfüllten die Lagerfeuer einen weiteren wichtigen Zweck: Sie dienten der Sippe als sozialer Treffpunkt. Es wird vermutet, dass das gesellige Beisammensein das Gehirnwachstum förderte und wesentlich zur Sprachentwicklung beigetragen hat.

Der Beginn der Wanderschaft

Nach traditioneller Auffassung begannen vor ca. 2 Mio. Jahren die Frühmenschen, in einer ersten Ausbreitungswelle zunächst den afrikanischen Kontinent zu besiedeln. Danach verließen sie Afrika, entweder über den Norden der Sinai-Halbinsel oder über die Meerenge des Roten Meeres, und zogen nach Europa, Indien, China und Indonesien (›Out-of-Africa-Hypothese‹). Auf der Reise durch die Kontinente entwickelten sich aus der Gattung Homo erectus unabhängig voneinander einige regional begrenzteUnterarten wie beispielsweise in China der ›Pekingmensch‹, in Indonesiender ›Javamensch‹ oder in Europa der ›Heidelbergmensch‹. Die Überreste des Heidelbergmenschen wurden 1907 in der Nähe von Heidelberg entdeckt, wo er vor etwa 600.000 bis 200.000 Jahren lebte. Aus ihm ging wahrscheinlich der ›Neandertaler‹ hervor, benannt nach seinem ersten Fundort im Neandertal bei Düsseldorf. Dieser breitete sich, nachgewiesen durch zahlreiche Neandertaler-Fossilien, vor ungefähr 200.000 Jahren in vielen europäischen Ländern und im Mittleren Osten bis hin zur Mongolei aus.

 

Lebend-Rekonstruktion eines Homo neanderthalensis

Pressebilder Neanderthal-Museum, Mettmann, CC BY-SA 4.0 (10)

Dass die geistigen Fähigkeiten der Steinzeitjäger dem heutigen Menschen viel ähnlicher waren als lange Zeit angenommen, beweisen die 1994 bei Schöningen in der Nähe von Braunschweig im Schlamm eines Braunkohle-AbbaugebietsgefundenenSpeere, die rund 300.000 Jahre alt sind. Diese weltweit ältesten und gut erhaltenen Jagdwaffen dokumentieren die Intelligenz und die handwerklichen Fertigkeiten ihrer Erfinder, denn sie sind eine technologische Meisterleistung. In Experimenten mit originalgetreuen Nachbauten hat man herausgefunden, dass die Schöninger Speere bis zu 70 m weit geschleudert werden konnten. Außerdem geben sie darüber Aufschluss, dass unsere Vorfahren bereits fortgeschrittene Jagdtechniken und komplexe soziale Strukturen entwickelt haben müssen.

Als die Frühmenschen schon weite Gebiete besiedelt hatten, entstand in Afrika aus einer Seitenlinie des Homo erectus erneut eine Menschenart: Der Homo sapiens [= der weise, kluge Mensch], der anatomisch moderne Mensch und Urahn aller heute lebenden menschlichen Individuen. Ging man bisher davon aus, dass dessen Geburtsstätte vor rund 200.000 Jahren in Äthiopien gelegen habe, zeigen die in den 60er-Jahren und 2004 in Marokko entdeckten Fossilien und Steinwerkzeuge ein anderes Bild. Dort wurden bei archäologischen Ausgrabungen mit rund 300.000 Jahren die derzeit ältesten homininen Überreste wie Schädelteile, Zähne und Knochen gefunden, die eindeutig dem homo sapiens zugeschrieben werden.

 

Vermutliche Ausbreitung des Menschen von Ostafrika ausgehend(11)

Nachdem sich der moderne Mensch in Afrika ausgebreitet hatte, verließ er schließlich seine angestammte Heimat, begann den europäischen und asiatischen Kontinent zu besiedeln und verteilte sich so im Laufe der nächsten Jahrzehntausende auf dem gesamten Globus.

Im Vergleich zu allen anderen Arten vor ihm gelang es jedoch dem Homo sapiens, sich besser an die gegebenen Umweltbedingungen anzupassen. Dank seines Ideenreichtums überwand er sogar das in Europa vorherrschende eiszeitliche Klima. Er stieß dort vor ca. 45.000 Jahren auf den Neandertaler, der schon lange vor ihm in dieser Region umherstreifte. Dabei kam es vereinzelt zu Begegnungen – auch sexueller Natur, was dazu führte, dass noch heute 1 – 4 % unseres Erbgutes auf den Neandertaler zurückgehen. Weshalb der Neandertaler vor rund 30.000 Jahren auf rätselhafte Weise von der Bildfläche verschwand, kann nur vermutet werden. Vielleicht machte ihm das eisige Klima zu schaffen oder er fand nicht mehr genügend Nahrung. Möglicherweise brachte der Homo sapiens Infektionskrankheiten mit, denen der Neandertaler nicht gewachsen war. Wahrscheinlich wurde er aber vom modernen Menschen verdrängt, der seinen Siegeszug als letzter Überlebender der Gattung Homo unaufhaltsam fortsetzte. Heute gehören alle Menschen der Spezies Homo sapiens an und sind genetisch zu 99,9 % mit dem frühen Homo sapiens identisch.

Der erste „Amerikaner“

Ging man bislang davon aus, dass der amerikanische Doppelkontinent während der letzten Eiszeit vor ungefähr 13.000 Jahren von Norden her über die damals passierbare Bering-Landbrücke zwischen Sibirien und Alaska besiedelt wurde, deuten die in den 60er Jahren gemachten Sensationsfunde im Dschungel Brasiliens auf ein weiteres Szenario hin. Moderne Messungen an den tausenden Felszeichnungen von Tieren und jagenden Menschen, die im Nationalpark Serra da Capivara entdeckt wurden, sowie die durch Steinwerkzeuge zerkratzten Knochen von einst hier lebenden Säbelzahntigern und Riesenfaultieren ergaben nämlich, dass diese Relikte aus der Vergangenheit mindestens 14.000 Jahre alt sind. Außerdem fand man mit Steinen umsäumte ringförmige Feuerstellen, deren Holzkohle auf 22.000 Jahre datiert wurde. Deshalb nimmt man heute mit ziemlicher Sicherheit an, dass in dieser Gegend schon Steinzeitmenschen gelebt haben müssen. Doch von woher kamen sie? Es gibt Hinweise darauf, dass diese frühen Einwanderer aus Westafrika stammten und mit primitiven Booten den Atlantik in Richtung Brasilien überquerten. Begünstigt wäre eine solche Überfahrt von den hier vorherrschenden westwärts gerichteten Meeresströmungen und Passatwinden gewesen.

Dass eine Ozeanüberquerung mit prähistorischen Booten überhaupt möglich ist, bewies 1970 der norwegische Forscher Thor Heyerdahl, als er mit seinem Papyrusboot Ra II von Marokko aus in See stach und nach acht Wochen die Insel Barbados auf der gegenüberliegenden Seite des Atlantiks erreichte. Als ein Indiz für die Besiedlung des südamerikanischen Kontinents von Afrika aus wird ein Felsbild angesehen, das ein Schiff darstellt, das eine ähnliche Form wie Heyerdahls Ra mit hochgezogenem Bug und Heck aufweist.

Die Eiszeiten

Im Zusammenhang mit den globalen Wanderungsbewegungen des modernen Menschen sind die Eiszeiten von entscheidender Bedeutung. Als vor etwa 115.000 Jahren die Durchschnittstemperaturen deutlich abnahmen, rückten in der Folge die arktischen Gletscher bis nach Berlin vor und aus den Alpen schoben sich die Eismassen bis in die Regionen südlich von München. Während dieser Zeit banden die weltweiten Eispanzer aus den Niederschlägen so viel Wasser, dass es zu einer extremen Absenkung des Meeresspiegels kam.

 

Die Nordsee vor ca. 9.000 Jahren

Max Naylor, (Bild bearb.), CC BY-SA 3.0 (12)

Auf dem Höhepunkt der Gletscherbildung vor etwa 22.000 Jahren, als der Meeresspiegel um rund 120 m niedriger lag als heute und sich deshalb die Nordseeküste um etwa 600 Kilometer nach Norden verschoben hatte, bestand eine Landverbindung zwischen England und dem europäischen Festland. Selbst die Beringsee zwischen Ostsibirien und Alaska war jetzt durch den niedrigen Wasserstand über eine durchgängige und eisfreie Landbrücke trocken überquerbar.

Per Definition befinden wir uns seit 2,7 Millionen Jahren in einem Eiszeitalter, in dessen Verlauf sich kalte und warme Phasen abwechseln. Die letzte Kaltzeit endete vor ca. 12.000 Jahren mit einem abrupten Temperaturanstieg. Damit begann gleichzeitig unsere heutige Zwischeneiszeit, die man als „Warmzeit“ bezeichnet. Von einem „Warmklima“ spricht man erst dann, wenn die Erde auch an den Polkappen von Eis befreit ist. Dieser Zustand war in 80 - 90 % der Erdgeschichte der Normalfall.

Das wohl bekannteste und am besten untersuchte Beispiel einer langanhaltenden Treibhausphase ist die sog. Kreidezeit vor 145 - 65 Millionen Jahren, als die Dinosaurier die Erde bevölkerten. Wie globale Klimamodelle aufzeigen, lagen auf dem Höhepunkt vor ungefähr 100 Millionen Jahren die durchschnittlichen Luft- und Meerestemperaturen um bis zu 10 °C höher als heute. In diesem feucht-heißen Supertreibhausklima, in dem der Planet einem Dampfbad glich, befand sich die Meeresoberfläche ca. 250 m über dem heutigen Niveau. Hauptursache für die damals herrschenden extrem hohen Temperaturen war ein Gas, das auch in der momentanen Klimadiskussion eine entscheidende Rolle spielt: das Kohlendioxid (CO2). Es lässt sichtbares Sonnenlicht passieren, hält aber die von der Erdoberfläche ausgehende Wärmestrahlung zurück und wirkt so wie das Glasdach eines Treibhauses.

Auf der Antarktika-Scholle befinden sich heute noch Gletscher von bis zu 5 Kilometern Dicke. Bei einem vollständigen Abschmelzen dieser Eismassen mitsamt des umgebenden Schelfeises würde der Meeresspiegel sukzessive um rund 60 m ansteigen. In einem solchen Szenario käme es zu einer Abnahme des Zirkumpolarstroms, also zu einer Abschwächung der eiskalten Strömung rings um den antarktischen Erdteil, wodurch sich alle Meeresströmungen auf dem Globus verändern würden – mit entsprechenden klimatischen Nebenwirkungen.

Wie kommt es zu Warm- und Kaltzeiten?

Ein wesentlicher Grund für die Erwärmung bzw. Abkühlung der Erde ist die sog. Plattentektonik, die Verschiebung der Kontinente auf der äußeren Erdhülle. Beispielsweise driftete vor rund 200 Millionen Jahren eine riesige Landmasse zum Südpol, auf der sich anschließend eine kilometerdicke Gletscherschicht bildete. Von dieser antarktischen Platte löste sich ein Teilstück ab, das von Süden her gegen das eurasische Festland drückte und dabei den indischen Subkontinent sowie das mächtige Himalaya-Gebirge entstehen ließ. Dieser Vorgang hatte eine grundlegende Veränderung der regionalen Temperaturen und Wetterverhältnisse zur Folge. In ähnlicher Weise werden sich in den nächsten 50 Millionen Jahre ebenso die Alpen zu einem Hochgebirge auftürmen, da sich der afrikanische Erdteil kontinuierlich unter die europäische Platte schiebt und resultierend daraus das Mittelmeer verschwinden lässt. Auch als sich Südamerika, nachdem es sich von der afrikanischen Platte abgetrennt hatte, an Nordamerika anheftete, veränderte dies radikal die Strömungsverhältnisse der dortigen Meere. Es entstand der ›Golfstrom‹, ohne den in Mitteleuropa ein ähnliches Klima herrschen würde wie in Kanada, das durch seine langen und zum Teil sehr kalten Winter sowie durch kurze, heiße Sommer charakterisiert ist.

Von klimatologischer Bedeutung sind nicht zuletzt gewaltige Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinschläge, die mit ihren weiträumigen Staub- und Aschewolken den gesamten Erdball verdunkeln können und dadurch die Einstrahlung der Sonne erheblich abschwächen. Als vor 66 Millionen Jahren ein etwa 10 Kilometer großer Asteroid mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 70.000 km/h im Norden der mexikanischen Halbinsel Yucatán einschlug und dabei einen 180 Kilometer großen Krater hinterließ, löste die erzeugte Hitze- und Druckwelle verheerende Tsunamis, Erdbeben und Flächenbrände aus. Durch die Unmengen an Staub, die beim Einschlag aufgewirbelt wurden und sich danach rund um den Globus in der Atmosphäre verteilten, fiel die Jahresdurchschnittstemperatur so vehement ab, dass über Jahre hinweg eisiges Klima herrschte. Dieser weltweite Wintereinbruch führte nach gängiger Vorstellung zu einem globalen Massensterben in den Meeren und an Land, wovon nicht nur die Dinosaurier, sondern alle Tiere und Pflanzen betroffen waren. Nach neuesten Erkenntnissen könnte zusätzlich noch eine außergewöhnliche Vulkantätigkeit in Indien für die abrupte Abkühlung und das fast gänzliche Aussterben der damaligen Populationen verantwortlich gewesen sein.

In gewissem Umfang bewirken auch die leicht elliptische Umlaufbahn der Erde um die Sonne, Schwankungen der Neigung der Erdachse sowie die Zu- oder Abnahme der Sonnenfleckentätigkeit eine Veränderung der Intensität des einfallenden Sonnenlichts.

Die Eiszeitkunst

Als der moderne Mensch während der letzten Kaltzeit von Afrika aus in Europa angekommen war, hinterließ er die derzeit ältesten Zeugnisse figürlicher Kunst der Erdgeschichte.

 

Venus vom Hohlefels

Ramessos, CC BY-SA 3.0 (13)

In der Nähe von Ulm wurden in unterirdischen Höhlen eine Reihe von geschnitzten Kunstwerken aus Mammut-Elfenbein ausgegraben, die von Menschen während der Eiszeit geschaffen worden waren und über 35.000 Jahre alt sind. Darunter eine Knochenflöte, eine menschliche Gestalt mit Löwenkopf, Elfenbeinperlen und eine 6 cm große Figurine, der man den Namen ihres Fundortes ›Hohle Fels‹ gab. Aus dem gleichen Material und ähnlichem Alter sind auch einige in der Umgebung zu Tage geförderten Kleinkunstplastiken wie z. B. ein Wildpferd und ein Mammut.

Neben der figurativen Kunst entstanden zeitgleich die ersten Höhlenmalereien. 1994 spürten Höhlenforscher in Südfrankreich die nach einem ihrer Entdecker benannte ›Chauvet-Höhle‹ auf, die heute zu einem der bedeutendsten archäologischen Fundplätze zählt. In ihr sind über 400 farbige und in den Felsen eingeritzte Tierdarstellungen wie z. B. Bären, Wollnashörner, Löwen, Bisons und Wildpferde abgebildet, die vor etwa 36.000 Jahren im Schein des Feuers an den Höhlenwänden verewigt wurden.

 

Höhle von Lascaux: Auerochsen, Pferd und Hirsche

Prof saxx,CC BY-SA 4.0 (14)

Auch in anderen Felsengrotten, vorwiegend in Südeuropa, haben Menschen faszinierende Abbildungen ihrer Erfahrungswelt hinterlassen. Die beiden bekanntesten der etwa 40 lokalisierten Bilderhöhlen sind die ›Höhle von Altamira‹ in Spanien und die ›Höhle von Lascaux‹ im Südwesten Frankreichs. Letztere war 1940 entdeckt worden und ist künstlerisch so bedeutend, dass sie in Anlehnung an Michelangelos Deckengemälde im Vatikan als „Sixtinische Kapelle der Vorgeschichte“ bezeichnet wird.

Ein internationales Forscherteam hat im Jahr 2018 wissenschaftlich nachgewiesen, dass die in drei weiteren südspanischen Höhlen lokalisierten Malereien rund 65.000 Jahre alt sind und somit eindeutig dem Neandertaler zugeschrieben werden müssen.

Das älteste bekannte Musikinstrument, eine Knochenflöte, wurde 1995 bei Ausgrabungen in der Divje-Babe-Höhle in Slowenien gefunden. Ausgangsmaterial der nachweislich vor 60.000 Jahren von einem Neandertaler hergestellten vierlöchrigen Flöte war der Oberschenkelknochen eines mittlerweile ausgestorbenen Höhlenbären.

 

Fragment einer Knochenflöte, 19.000 v. Chr.

Wolfgang Sauber (Bild bearb.), CC BY-SA 4.0 (15)

Andere Knochenflöten jüngeren Datums wurden entweder aus dem hohlen Flügelknochen des Gänsegeiers, aus Röhrenknochen oder aus Mammut-Elfenbein gefertigt.

Während der letzten Kaltzeit beschäftigte sich der Homo sapiens nicht nur mit Kunst, er stellte ebenso sein technisches Verständnis unter Beweis. Um Tierfelle o. ä. miteinander zu verbinden, verwendete er anfangs als Nadel stabile Fischgräten oder Dornen mit einem gespaltenen Ende, in das er aus Tiersehnen hergestelltes Garn einklemmte. Seinem erfinderischen Drang folgend entstand schließlich in einem weiteren Entwicklungsschritt vor ungefähr 20.000 Jahren die Nähnadel mit Öhr.

 

Knochennadel

Wolfgang Sauber, CC BY-SA 4.0 (16)

Die Nadel wurde aus Knochen, Horn oder Elfenbein gefertigt, das Öhr mit Feuersteinspitzen durchbohrt. Als Fäden dienten Tier- und Pflanzenfasern. Damit konnten die Eiszeitmenschen gebrauchsfähige Fellkleidung herstellen, ohne die sie das damals lebensfeindliche Klima nicht überstanden hätten.

Der Beginn der Keramikherstellung

Die Keramikproduktion gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Um Gegenstände aus Keramik formen zu können benötigt man Ton, ein Werkstoff, der durch die Verwitterung von Gesteinen wie Granit entsteht und an vielen Orten zu finden ist. Seine in feuchtem Zustand gute Plastizität machte ihn schon früh zum idealen Material für die Herstellung von Lehmziegel sowie von Gefäßen und Geschirr.

 

Venus von Dolní Věstonice

Petr Novák, Wikipedia, CC BY-SA 2.5 (17)

Eine der ersten Kunstkeramiken war die ›Venus von Dolní Věstonice‹, eine aus Ton gebrannte, 11 cm große Frauenstatuette, die vor über 25.000 Jahren aus gelblichem Lösslehm geformt und 1925 zusammen mit zahlreichen Tierfiguren in Tschechien gefunden wurde.

 

Brennen von Tonkrügen in Osttimor

Tatoli Ba Kultura, CC BY-SA 3.0 (18)

Ursprünglich an der Luft getrocknet, stellten die Steinzeitmenschen im weiteren Verlauf sowohl Ziegel als auch Tongefäße im sog. offenen Feldbrand bei mindestens 700 °C her. Die Gegenstände wurden dabei schrittweise mit glühender Holzkohle überdeckt und rund 5 Stunden der Hitze ausgesetzt. Durch den Brennprozess erhielten die Lehmformlinge nach dem Abkühlen eine wesentlich höhere Festigkeit und waren zudem formbeständiger und haltbarer.

Die Entwicklung geeigneter Brennöfen und Brennverfahren vor etwa 6.000 Jahren im Vorderen Orient ermöglichte es in der Folge sachkundigen Handwerkern, ihre Töpferwaren mit noch höherer Qualität und in größerem Umfang zu produzieren.

Die Erfindung der Töpferscheibe mit Fußantrieb in Mesopotamien etwa 1.000 Jahre später leitete dann den Beginn der keramischen Massenproduktion ein.

Die Neolithische Revolution

Der allmähliche Übergang vom mobilen Nomaden der Altsteinzeit zum sesshaften Leben als Ackerbauer und Nutztierhalter in der Jungsteinzeit wird als Neolithische Revolution bezeichnet und gilt als eine der fundamentalsten Umwälzungen in der Menschheitsgeschichte. Dieser tiefgreifende Wandel setzte, begünstigt durch die verbesserten klimatischen Bedingungen, gegen Ende der letzten Kaltzeit ein und klang regional unterschiedlich mit dem Beginn der Bronzezeit aus (in Mitteleuropa rund 2.000 v. Chr.).

 

Karte des Fruchtbaren Halbmondes vor ca. 9.500 Jahren

NormanEinstein, (Bild bearb.), CC BY-SA 3.0 (19)

In der Gegend um Mesopotamien und Nordägypten, dem sog. Fruchtbaren Halbmond, ließen sich vor mehr als 14.000 Jahren erste Gruppen steinzeitlicher Jäger und Sammler nieder. Sie errichteten dort nach und nach feste Behausungen und bildeten bäuerliche Gemeinschaften. Ihre erworbenen Kenntnisse über Ackerbau und Viehzucht gelangten schließlich durch weitläufige Wanderungsbewegungen über Anatolien nach Mitteleuropa.

Während der folgenden Jahrtausende des Umbruchs entstanden kontinuierlich größere Siedlungen, die eine Neuanpassung der Menschen erforderlich machten. Das gemeinsame Zusammenleben ermöglichte den Austausch von Ideen und brachte in der Konsequenz Techniken und Fertigkeiten hervor, die das einzelne Individuum allein kaum zustande gebracht hätte. Gleichzeitig schritten die landwirtschaftliche Selbstversorgung, die Nahrungsmittelbevorratung sowie die Nutztierhaltung voran, was zu einer verbesserten Ernährungssicherheit und größerer Unabhängigkeit führte.

Wie man heute weiß, entwickelten sich auch außerhalb des östlichen Mittelmeerraums wie z. B. in Pakistan und China sowie in Mittel- und Südamerika unabhängig voneinander ähnlich hohe Kulturen mit Ackerbau, Vieh- und Pflanzenzucht, allerdings zu unterschiedlichen Zeiten. Von diesen ursprünglichen Entstehungsgebieten breitete sich dann die neue Lebensweise über die ganze Erde aus.

Die Domestizierung von Wildtieren und Pflanzen

Neben der Tierzucht spielte darüber hinaus die Züchtung von Getreide aus wilden Gräsern und wildem Korn eine entscheidende Rolle und veränderte die menschliche Gesellschaft wie kaum eine andere Errungenschaft.

 

Mahlstein, Reibstein für Samen und Körner

Tamorlan, (bearb.), CC BY 3.0 (20)

Altsteinzeitliche Funde an unterschiedlichen Orten belegen, dass schon vor mindestens 23.000 Jahren Mahl- und Reibsteine zum Zerkleinern der Samen von Süßgräsern und Wildgetreide verwendet wurden. Der gewonnene, mehlartige Schrot war dadurch verdaubar geworden und diente zum Anrühren einer breiähnlichen Masse. Um Brot zu erhalten, wurde der ausgebreitete Brei entweder auf flachen Steinen über dem Feuer oder direkt in der Glut geröstet. Einen Nachweis für die kulturelle Technik des Brotbackens haben Forscher 2018 in Jordanien erbracht, als sie dort halbverkohlte Teigbrocken aufspürten, denen ein Alter von 14.400 Jahren zugeschrieben wird.

Nach traditioneller Auffassung hat der systematische Anbau von wildem Getreide vor ca. 11.000 Jahren in den Regionen des Fruchtbaren Halbmonds begonnen. Die ersten in Mitteleuropa rund 4.000 Jahre später eingeführten Getreidesorten waren neben Hafer und Gerste das Einkorn und der Emmer, beide Vorläufer des Weizens. Das gemahlene und eingeweichte Getreide in Form von Brei oder Suppe bzw. weiterverarbeitet zu gebackenem Brot war seither eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Bevölkerung. Zu einer der frühen Kornarten zählt auch der Roggen, der ursprünglich als Wildgras aus dem Kaukasusgebiet stammt und über Kleinasien als anfangs unbedeutende Kornfrucht zu uns gelangte.

War das Brot zunächst fladenförmig, entdeckten die Ägypter vermutlich vor 3.500 Jahren den Sauerteig, der es erstmals ermöglichte, lockeres Brot zu backen. In seiner Urform entstand Sauerteig, indem man eine kleine Menge Roggenteig einige Tage lang stehen ließ, bis dieser zu gären begann. Der vergorene Sauerteig wurde anschließend mit frischem Teig vermischt und gebacken.

Brot und Getreidebrei als unentbehrliche Lebensmittel waren jedoch nicht nur Segen für die Menschheit, denn die im Korn enthaltene Stärke, eine kohlehydrathaltige Zuckerverbindung, führte ohne Mundhygiene zu Karies, Zahnfäule und verfrühtem Zahnausfall.

Dass die Geschichte des Getreides untrennbar mit der Geschichte des Bieres verbunden ist, belegen die 1956 in einer israelischen Höhle entdeckten vergorenen Kornreste, die nachweislich vor ca. 13.000 Jahren zur Herstellung eines Ur-Bieres verwendet wurden. Bier in seiner einfachsten Art entsteht, wenn wässriger Getreidebrei, der einige Tage lang offen gelagert wird, unter dem Einfluss von Wärme keimt und zu gären beginnt. Die ältesten schriftlichen Zeugnisse darüber stammen von den in Mesopotamien lebenden Sumerern, die vor annähernd 6.000 Jahren den Herstellungsprozess dieses alkoholischen und kalorienhaltigen Getreidesafts auf Keilschrifttafeln festhielten. Von dem vornehmlich aus Gerste oder Emmer gebrautem und eher einer Suppe als einem Getränk gleichenden Gebräus sind nachweislich 20 verschiedene Sorten aus jener Zeit bekannt.

Um Bier herzustellen, ließen die Ägypter halbgebackenes Brot mit Wasser gären. Bier und Brot wurden hier sogar zur Bezahlung des Militärs und für Beamte verwendet. Selbst die ägyptischen Arbeiter sollen für ihre anstrengende Tätigkeit beim Bau der Pyramiden pro Tag zwei Karaffen Bier und ein paar Brote zugeteilt bekommen haben.

In Mitteleuropa fand die ›Neolithische Revolution‹ vor ungefähr 7.500 Jahren statt, als die damaligen Bewohner mit ihren wachsenden Kenntnissen in der Tier- und Pflanzenzucht die Basis für die Zivilisation legten. Man nimmt an, dass die einheimischen Wildbeuter und die Ackerbauern lange Zeit, womöglich rund 2.000 Jahre, nebeneinanderher gelebt haben, bevor sich der kulturelle Wandel in vollem Umfang vollzogen hatte. Neben pflanzlichen Produkten wie Gerste, Emmer, Linsen und Erbsen standen durch die Nutztierhaltung nun auch eine proteinreiche Fleischversorgung, nährstoffreiche Milch sowie Felle, Leder, Wolle usw. für den täglichen Bedarf zur Verfügung.

Der Umbruch in der Gesellschaftsstruktur barg zweifellos auch Risiken, denn durch das enge Zusammenleben zwischen Mensch und Tier kam es vermehrt zu Krankheiten. Außerdem führte die sich in der Landwirtschaft entwickelnde Arbeitsteilung sowie der aufblühende Handel bei einigen Personen zur Anhäufung materieller Besitztümer, wodurch sozial ungleiche Schichten aufkeimten.

Die Kupfersteinzeit

Als Kupfersteinzeit oder Kupferzeit wird die Periode zwischen der Jungsteinzeit und der Bronzezeit bezeichnet. In diesem Zeitabschnitt wurden neben dem Abbau von Metallerzen grundlegende Verfahren zur Gewinnung von Metallen und deren Verarbeitung entwickelt. Ein epochaler Schritt in der Evolution der Menschheit.

Kupfererz

Daniel Stucht, CC BY-SA 3.0 (21)

Kupfer [lat.: Cuprum] kommt sowohl in reiner Form als auch in Erzlagerstätten vor. Seinen Namen hat das Weichmetall vermutlich von der Insel Zypern [lat.: Cyprium], aus dessen Minen damals ein Großteil des im Umlauf befindlichen Kupfers kam. Kupfer war zwar schon lange bekannt, doch erst vor rund 7.000 Jahren gelang es versierten Handwerkern im Vorderen Orient, in größerem Stil aus Erz reines Metall zu gewinnen.

Der wohl bekannteste Mensch aus der Kupferzeit ist der 1991 in den Ötztaler Alpen in Südtirol als Gletscher-Mumie vorgefundene und ca. 1,54 m große Mann, der nach seinem Fundort den Namen Ötzi erhielt. Neben ihm lagen u. a. ein komplett erhaltenes Kupferbeil, ein Messer mit Feuersteinklinge, ein Bogen samt Pfeilen und Köcher sowie zwei Birkenrindengefäße, in denen er eine Glut zum Anfachen eines Feuers mit sich trug. Bei Untersuchungen seines Darms konnte man noch Spuren seiner letzten Mahlzeit ermitteln, die den Urweizen Einkorn enthielt. Der wahrscheinlich durch einen feindlichen Pfeil ums Leben gekommene 46-jährige Mann hat um das Jahr 3.200 v. Chr. gelebt.

 

Nachbildung eines Ötzi-Schuhs

Josef Chlachula, CC BY 3.0 (138)

Die Bronzezeit

Ein Meilenstein in der geschichtlichen Entwicklung des Menschen war die Herstellung der Bronze, die wegen ihrer enormen Bedeutung einer ganzen Epoche den Namen gab. Die Bronzezeit begann in Mesopotamien und Ägypten ungefähr 3.000 v. Chr. und endete mit dem Beginn der Eisenverhüttung. Es dauerte rund 1.000 Jahre, bis das Wissen um die Bronzezubereitung nach Mitteleuropa gelangte.

Bronze ist eine Legierung, also eine Mischung aus zwei Metallen, die etwa 90 % Kupfer und 10 % Zinn enthält. Die Verschmelzung dieser beiden Weichmetalle bei einer Temperatur von rund 1.000 °C führt zu einem neuen Werkstoff, der wesentlich härter und formbeständiger ist als die beiden Ausgangsmaterialien. Doch Kupfer und Zinn waren nur begrenzt verfügbar. Vor allem das seltene und daher sehr wertvolle Zinn musste größtenteils von weit her, zum Beispiel aus Afghanistan oder England, importiert werden.

Neben der Kaltbearbeitung der Bronze war insbesondere der Bronzeguss ein wichtiger Produktionsprozess. Dabei wurde ein zuvor angefertigtes Wachsmodell mit Lehm umhüllt und anschließend die flüssige Bronze in die Form gegossen.

 

Speerspitzen und Beil aus der Bronzezeit

Wolfgang Sauber, CC BY-SA 3.0 (22)

Werkzeuge, Pflüge, Beile oder Waffen, die aus dem Wundermaterial Bronze geschmiedet wurden, waren aufgrund ihrer Materialeigenschaften weitaus stabiler und schnitthaltiger als ihre kupfernen Gegenstücke. Das machte sie entsprechend teuer, weshalb sich vorwiegend nur die Wohlhabenden das begehrte Metall leisten konnten. Allerdings war Bronze spröde und damit bruchanfällig und deshalb für Hiebwaffen nicht besonders geeignet. Trotzdem war die Nachfrage nach diesem neuen Werkstoff enorm.

Die Himmelsscheibe von Nebra

Einer der bedeutendsten aus der Bronzezeit stammenden Funde ist die Himmelsscheibe von Nebra, die 1999 nahe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt von Raubgräbern ausgebuddelt und dabei beschädigt wurde. Neben der geschmiedeten Bronzescheibe, deren Versicherungswert 2006 bei 100 Mio. Euro lag, befanden sich noch zwei Schwerter, zwei Beile und ein Meißel aus gegossener Bronze sowie div. Bruchstücke spiralförmiger Armreife.

 

Die Himmelsscheibe von Nebra

Dbachmann, CC BY-SA 3.0 (23)

Die um 1.600 v. Chr. hergestellte Bronzeplatte gilt als eine der weltweit ältesten Himmelsdarstellungen. Experten haben herausgefunden, dass die Scheibe, auf der die Sonne (oder der Vollmond), Mondsichel und Sterne sowie das Siebengestirn Plejaden abgebildet sind, als Sonnen- und Mondkalender verwendet wurde. Astronomische Rekonstruktionen, bezogen auf die zur Entstehungszeit der Scheibe herrschenden Gestirnkonstellationen, deuten darauf hin, dass die Sicheldicke des Mondes in der abgebildeten Position beim nächsten Vollmond den Frühlingsanfang ankündigte. Dieser Schlüsseltermin war ausschlaggebend für den klimatisch richtigen Zeitpunkt der nächsten Aussaat und damit äußerst wertvolles Wissen.

Irgendwann wechselte die 32 cm große Scheibe aus unbekannten Gründen den Besitzer, der danach die goldenen Horizontbögen auf der linken und rechten Seite der Scheibe einsetzte. Deren Enden entsprechen genau den Winter- und Sommer-Sonnwenden am Fundort (der Bogen links ist abhandengekommen). Der Rundbogen aus Gold am unteren Rand, wiederum aus anderer Herkunft, soll nach Ansicht der Wissenschaftler ein Schiff darstellen, das über den Himmel fährt und dabei die Sonne transportiert. Zusätzlich zur Funktion als astronomisches Instrument könnte die bronzene Platte auch religiösen Zwecken gedient haben. Weshalb die Himmelsscheibe zusammen mit den Beigaben vergraben wurde, ist nicht bekannt. Der archäologische Fund wurde 2013 von der UNESCO in das Weltdokumentenerbe aufgenommen.

Das Wagenrad

Es wird angenommen, dass sich das Rad aus der Töpferscheibe entwickelt hat. Doch wo es genau erfunden wurde, ist nicht zweifelsfrei feststellbar. Sicher ist nur, dass rund 3.500 Jahre v. Chr. an verschiedenen Orten unabhängig voneinander erste Rad-Wagen-Konstruktionen, anfangs noch aus Ton, in Form von zweirädrigen Ochsenkarren hergestellt worden sind. Dies ist durch Funde in Europa, im Schwarzmeerraum sowie in Mesopotamien belegt. Vermutlich ging man später dazu über, mit entsprechenden Werkzeugen aus Baumstämmen scheibenförmige Räder herauszuarbeiten oder massive Halbschalen aus Holz miteinander zu verbinden.

 

Modell eines Planwagens aus Ton, 2.000 v. Chr. (Mesopotamien)

Thomas Ihle, CC BY-SA 3.0 (24)

 

Relief von Amarna, Ägypten, um 1.340 v. Chr.

Wilhelmy, (Bild bearb.), CC BY-SA 3.0 (25)

Um das hohe Gewicht der klobigen Holzräder zu reduzieren, erfanden um 2.000 v. Chr. die Sumerer das wesentlich leichtere Speichenrad aus gegossener Bronze. Mit der Zähmung des Pferdes entstanden nun für kriegerische Auseinandersetzungen konzipierte zweirädrige Streitwagen, die aber nur den höchsten Würdenträgern vorbehalten waren. Da Bronze extrem teuer war, wurden im weiteren Verlauf die Felgen und Speichen durch Holz ersetzt.

Die Geschichte der Schrift

Zu einer der größten Errungenschaften der Menschheit zählt die Schrift, die über Jahrtausende hinweg in mehreren Regionen der Erde auf unterschiedlichste Art und Weise entwickelt wurde.

Die erste wirklich bedeutsame Schrift war die Keilschrift, die von den im Süden Mesopotamiens lebenden Sumerern erfunden worden war. Vermutlich zunächst als eine Art Strichliste für Buchführungszwecke verwendet, wurden diese Zeichen schließlich in abgewandelter Form um 3.400 v. Chr. für den individuellen Gebrauch eingesetzt.

 

Ugaritische Keilschrift

(Ugarit war ein Stadtstaat in der Nähe der syrischen Mittelmeerküste)

M. Adiputra, CC BY-SA 3.0 (26)

Die Schrifttextur entstand durch Eindrücken eines meist aus Schilfrohr angefertigten Dreikantgriffels in eine noch weiche Tonplatte, die nach dem Aushärten ein unveränderbares Dokument hinterließ. Dieses Schriftsystem, das später auch von den Babyloniern, Assyrern und Persern benutzt wurde, war bis zum 1. Jh. n. Chr. in Gebrauch.

In etwa zur gleichen Zeit (ca. 3.200 v. Chr.) entstand in Ägypten ein eigenes Zeichensystem, die Hieroglyphenschrift[griechisch: heilige Einmeißelungen], die sich im Wesentlichen aus schematischen Bildern, den ›Piktogrammen‹, zusammensetzte.

Anfänglich beinhaltete die Bilderschrift rund 700 Zeichen, die dann im Laufe der Jahrhunderte auf annähernd das 10-fache anwuchsen. Von den tausenden von Schriftzeichen wurden allerdings während der verschiedenen dynastischen Perioden immer nur etwa 700 verwendet. Dieses Schriftsystem war in Ägypten und im weiter südlich gelegenen Nubien bis etwa 400 n. Chr. gebräuchlich.

 

Ägyptische Hieroglyphen