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Die Gebetshausbewegung wächst. Immer mehr Menschen fühlen sich von einem Lebensstil der Hingabe und Anbetung angezogen. Überall entstehen neue Initiativen, die ein paar Stunden pro Woche bis rund um die Uhr beten. Rainer Harter gründete selbst vor fast 20 Jahren das Gebetshaus Freiburg. In diesem Praxisbuch erläutert er nicht nur die theologischen und kirchengeschichtlichen Grundlagen, sondern zeigt auch praktisch, auf was man bei der Gründung achten muss und wie die Mitarbeit konkret aussehen kann. Ein unverzichtbares Buch für alle, die der Faszination auf den Grund gehen und selbst praktisch loslegen wollen.
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Seitenzahl: 330
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RAINER HARTER
DIEGEBETSHAUSBEWEGUNG
Ein Buch für Interessierte, Gründer und Mitarbeiter
SCM R.Brockhaus ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-417-22905-9 (E-Book)
ISBN 978-3-417-26835-5 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck
© 2018 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH
Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scm-brockhaus.de; E-Mail: [email protected]
Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:
Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Witten/Holzgerlingen.
Weiter wurden verwendet:
Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (LUT)
Hoffnung für alle ® Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis – Brunnen Basel. (HFA)
Bibeltext der Schlachter Bibelübersetzung. Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft.
Wiedergegeben mit der freundlichen Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten. (SLT)
Umschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, Weil im Schönbuch
Titelbild: Icon Flamme: Gebetshaus Augsburg, Icon Herz und Haus: freepik.com
Satz: Christoph Möller, Hattingen
Über den Autor
Widmung
Vorwort von Dr. Johannes Hartl
Über das Buch
Teil 1 – Historische und biblische Grundlagen
Einleitung
Das erste 24-Stunden-Gebetshaus
Die Ordnungen Davids
Kontinuierliches Gebet in der Kirchengeschichte
Der Ruf ins Gebet
Wofür Gebetshäuser stehen
1. Die Notwendigkeit und Schönheit des Gebets
2. Der Ruf zur Intimität mit Gott
3. Die Bedeutung der Einheit
4. Die Jagd nach Heiligung
Theologische Prägung der Gebetshäuser
Faszination Gebetshaus
Die Strategie des Heiligen Geistes
Teil 2 – Gebetshaus und du
Die Berufung von Hanna
Der Weg in ein Gebetshaus
Freisetzung
Auf den Spuren Abrahams
Leben aus Gott
Balance halten
Leben in Gemeinschaft
Leben in Begleitung
Leiten wie Jesus
Teil 3 – „Betriebsanleitung“ für Gebetshausgründer und Gebetshausmissionare
Das Wichtigste zuerst
Herausforderungen zu Beginn der Gründung
Im Team
Das Leitungsteam
Falsche Erwartungen
Die Zusammenarbeit (intern und extern)
Organisatorisches
Die Vision
Die Vision teilen
Einheit
Das levitische Vorbild
Das Gebet
Der Gebetsraum
Im Gebetsraum
Das Gebet der Nähe
Harfe und Schale
Mit der Bibel beten
Beten ohne Unterlass
Lebenslanges Lernen
Schlusswort: Der suchende Gott
Anhang
Dank
Anmerkungen
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
RAINER HARTER, geboren 1964, lebt in Freiburg. Dort gründete er 2003 das überkonfessionelle Gebetshaus, welches er seither leitet. Er ist ein gefragter Sprecher auf Seminaren und Konferenzen. Sein Herz schlägt für Einheit und dafür, dass die Kirche wieder neu von Jesus fasziniert wird.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Der Boden, aus dem die Gebetshäuser heute wachsen, wurde durch die treuen Gebete vieler Menschen, die zum Teil jahrzehntelang in der Verborgenheit gebetet haben, bereitet. Das Reich Gottes ist ein Reich der Beziehungen und so hat auch die Bewegung der Gebetshäuser ihre Wurzeln in der Geschichte, die andere vor ihr geschrieben haben. Persönlich möchte ich besonders den Pionieren der Gebetsbewegungen im deutschsprachigen Raum danken. Daneben gilt mein Dank aber auch allen unbekannten und treuen Betern, die einfach nicht damit aufgehört haben, den Himmel zu bestürmen.
Vor diesen beiden Gruppen und ihrer Demut, ihrem Glauben und ihrer Ausdauer verneige ich mich. Als ein Repräsentant der Gebetshausbewegung im deutschsprachigen Raum möchte ich euch mit größtem Respekt zurufen: Ihr seid unsere Helden, unsere Väter, unsere Wegbereiter! Wir gehen dankbar in euren Spuren.
Euch ist dieses Buch gewidmet.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Es ist schon eine eigenartige Sache, die sich hier vor unseren Augen vollzieht. Eine Idee, die beinahe zu einfach klingt, um neu zu sein, zieht immer weitere Kreise. Freilich, ein Massenphänomen ist es noch nicht, doch dass Christen im 21. Jahrhundert an immer mehr Orten auf die Idee kommen, Tag und Nacht zu beten, entspricht auf den ersten Blick nicht den geläufigen Vorstellungen von Säkularisierung und Postmoderne. Bemerkenswert ist, dass darunter Gläubige aller Konfessionen sind und viele junge Menschen.
Rainer Harter erläutert in diesem Buch, wie es dazu kam und wo die Ursprünge der Bewegung liegen. Seine Geschichte ist exemplarisch für die ganze Gebetshausbewegung. Er ist nicht in erster Linie Leiter, nicht in erster Linie Gründer oder Motivator. Er ist in erster Linie Beter. Er selbst lebt jede Zeile von dem, worüber er schreibt. Er ist ein in Gott verliebter, von ihm faszinierter Mensch. Und das ist vielleicht das Interessanteste an dieser neuen Gebetswelle: Sie ist eine Bewegung der Faszination und der innigen Liebe, nicht der schnellen Effekte, der einfachen Lösungen. Aus der tiefen persönlichen Reflexion und jahrelanger Praxis ist auch der Inhalt dieses Buches gewachsen. Den Leser erwartet weder eine theologische Abhandlung noch ein Modellbaukasten für die Kirche der Zukunft. Es ist ein Bericht über eine Bewegung der brennenden Herzen von einem, der selbst brennt. Rainer Harter gibt dabei auch Einblick in seine eigene Geschichte und das Leben im Gebetshaus Freiburg.
Der Titel „Gebetshausbewegung“ könnte den Eindruck erwecken, dass es sich um eine Bewegung handelt, die von einem bestimmten Punkt ausgeht. Doch diese Bewegung ist anders. Die Gebetshäuser entstehen überall auf der Welt und werden nicht von einer einzigen Gemeinschaft oder Organisation getragen. Rainer Harter hat daher in insgesamt vierzehn Gebetshäusern in Deutschland mit ganz unterschiedlichem konfessionellen Hintergrund eine Umfrage gemacht und beschreibt anhand dieser die Trends der Bewegung, die nicht als starre Gesetze zu verstehen sind. Man spürt: Hier ist vieles am Wachsen, hier wird vom bisher Gelernten erzählt, während der Lernprozess noch immer andauert. Doch darin besteht auch der Reiz der Sache. Nicht Totes wird obduziert, sondern Wachsendes beschrieben.
Wer wirklich verstehen will, was ein Gebetshaus ist und was das Besondere daran ist, der muss einmal ein paar Tage in einem verbringen. Erleben, wie sich die Beter abwechseln, egal ob Besucher dazukommen oder nicht. Das Eigentliche ist das Leben, nicht die Theorie darüber. Doch wer verstehen will, welche biblische Themen und praktische Strukturen vielen Gebetshäusern zugrunde liegen oder Tipps für die Umsetzung sucht, der wird in diesem Buch fündig.
Es ist Zeit für eine Wiederentdeckung des Gebets. Authentische Spiritualität war nie aus der Mode, heute ist sie gesuchter denn je. Möge Ihr Herz beim Lesen dieses Buches mit dem gleichen Feuer entfacht werden, das in dem des Autors brennt. Und möge es nicht mehr erlöschen.
DR. JOHANNES HARTL LEITUNG GEBETSHAUS AUGSBURG
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker.
JESAJA 56,7
Ende der 1990er-Jahre begann sich – zunächst im Verborgen – ein Geschehen zu entwickeln, das mit der Zeit immer mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollte: An verschiedenen Orten der Welt brachen unabhängig voneinander kleine Feuer des Gebets aus. Mittlerweile sind es so viele geworden, dass ihr helles Brennen nicht mehr zu übersehen ist. Die Geschwindigkeit, mit der der Funke überspringt, ist beachtlich. Es scheint, als ob es einen geistlichen Brandstifter gäbe, der überall neue Feuer entfacht.
Ich glaube, es gibt diesen geistlichen Brandstifter wirklich. Ich bin überzeugt davon, dass es der Geist Gottes ist, der uns eine weltweite Gebetserweckung schenkt, die der Leib Jesu auf Erden dringend braucht. Als Kirche im Gesamten sind wir in den letzten Jahrzehnten immer schwächer geworden und haben viel von unserer gesellschaftlichen Relevanz verloren. Glücklicherweise hat Jesus uns versprochen, dass seine Gemeinde nicht vom Bösen überwunden werden wird – deshalb greift er durch seinen Geist ein und facht überall das Feuer des Gebets an. Er ruft die Gemeinde dazu auf, sich leidenschaftlich an ihn zu wenden, um wieder stark und zu einem hellen Licht der Hoffnung in einer sich verdunkelnden Welt zu werden. Dies wird durch die Kraft des Vordringlichsten geschehen, das ein Christ tun kann: das Gebet.
Mit diesem Buch möchte ich die Leserinnen und Leser einladen, sich diesem Feuer zu nähern und es etwas genauer zu betrachten. Ich möchte zeigen, dass die Gebetshausbewegung einer kritischen Betrachtung standhalten kann und es sich nicht um ein Strohfeuer handelt, das heute hell brennt und morgen wieder verloschen sein wird.
Gebetshäuser entstehen oft völlig unabhängig voneinander. Noch vor einigen Jahren dachten viele Gründer, sie wären die einzigen Menschen auf der Welt, die diesen Wunsch in sich spüren. Als Gott mir 1999 den Impuls gab, ein Gebetshaus zu gründen, kannte ich niemanden in Europa, der eine ähnliche Idee gehabt hätte. Doch nach und nach stellte sich heraus, dass es überall auf der Welt Menschen wie mich gab, die Gott dazu aufrief, etwas wieder zu stärken, was in der Kirche schwächer und schwächer geworden war.
Die Gebetshausbewegung breitet sich in einem Tempo und Umfang aus, die ich persönlich niemals für möglich gehalten hätte. Unzählige Menschen schließen sich ihr an und lernen, das zu lieben, was unsere einzige Chance für eine Rückkehr zu einer starken Kirche ist: Zu beten.
Bei vielen Christen weckt das Wort „Gebet“ noch immer eher ein diffuses Gefühl des Unbehagens oder sogar Schuldgefühle. Etliche erleben Gebet als eine Last, als langweilig, anstrengend oder als eine vergebliche Anstrengung. Doch mitten in der Stagnation des christlichen Betens entwickeln plötzlich immer mehr Gläubige eine echte Leidenschaft für das Gebet und verbringen einen großen Teil ihrer Zeit damit. Woher kommt die plötzliche Freude, von der sie ergriffen werden? Warum versammeln sich so viele Christen unterschiedlichster theologischer Prägung in den Gebetshäusern? Warum fühlt sich das Beten dort so anders an, als wir es von vielen Gebetsversammlungen aus der Vergangenheit kennen?
Legt man für eine erste ehrliche Beurteilung der Gebetshausbewegung den weisen Rat des Pharisäers und großen Gesetzeslehrers Gamaliel aus der Apostelgeschichte1 zugrunde, muss der Zweifel daran, dass Gott als Initiator hinter der weltweiten Bewegung steckt, bereits kleiner werden. Zwar ist angesichts der zweitausendjährigen Kirchengeschichte die Zeit seit Ausbruch des Gebetsfeuers in den Gebetshäusern noch sehr kurz, doch immerhin brennt es nun schon seit einem Vierteljahrhundert und breitet sich immer weiter aus. Es gibt keine Konfession, in der der himmlische Brandstifter nicht versucht, seine Funken zu schlagen. Mittlerweile haben auch sehr viele Christen zumindest schon einmal von dem neuen Feuer gehört. Es wird auf der ganzen Welt sichtbar und steht als unübersehbares Zeichen für den immer lauter werdenden Ruf Gottes ins Gebet. Deshalb ist es an der Zeit, sich mit dem Phänomen dieses Feuers zu befassen.
Seit fast zwanzig Jahren beobachte ich die Gebetshausbewegung und stelle fest, dass es mehr als nur ein paar Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Gebetshäusern gibt, obwohl sie oft völlig unabhängig voneinander entstanden sind. Egal auf welchem Kontinent sie sich befinden, zu welchem Kulturkreis sie gehören, und unabhängig davon, ob es sich um Gebetshäuser handelt, in denen viele Mitarbeiter rund um die Uhr beten, oder ob sich Gebetshauspioniere in einem kleinen Dorf in einem Privathaus treffen: Da ist eine Wesensverwandtschaft, die wiederum auf einen einzigen Urheber hindeutet, der hinter jeder einzelnen dieser Initiativen steht.
Man trifft dort stets auf Menschen, die sagen, dass sie Gebet lieben. Seit Langem bin ich selbst von solchen Menschen umgeben und weiß, dass ihre Freude am Gebet authentisch ist. Ich erlebe sie im wahrsten Sinne des Wortes als „begeistert“. Ihre Ausdauer im Gebet und ihre Hingabe erstaunen mich. Manche von ihnen erinnern mich an die Prophetin Hanna, von der im Lukasevangelium berichtet wird: Sie „wich nicht vom Tempel und diente Gott Nacht und Tag mit Fasten und Flehen“ (Lukas 2,37).
Allerdings weckt das rasche Entstehen immer neuer Gebetshäuser in mir ambivalente Empfindungen. Mein Inneres ist größtenteils erfüllt von großer Freude über diese Entwicklung. Aber es gibt da einen kleinen Teil meines Herzens, der sich Sorgen darüber macht, dass wir aus dem bedeutsamen Erwachen des Gebets einen geistlichen Modetrend machen könnten. Ohne das richtige Verständnis darüber, was der Heilige Geist mit der erwecklichen Bewegung beabsichtigt, und ohne einen demütigen Umgang mit den aktuellen Entwicklungen geraten wir in die Gefahr, dem Wirken Gottes unseren Stempel aufzudrücken und es unbewusst für unsere eigenen Zwecke zu missbrauchen.
Eben weil ich glaube, dass die Bewegung der Gebetshäuser kirchengeschichtlich eine große Bedeutung hat, habe ich dieses Buch geschrieben, denn die Erweckung des Gebets in unserer Zeit ist zu kostbar, als dass wir unreflektiert damit umgehen könnten.
Tatsächlich gab es schon das eine oder andere Gründerteam, das nach anfänglichem Enthusiasmus sein Gebetshaus wieder auflösen musste, weil sich die Dinge entweder nicht so schnell entwickelten, wie die Mitarbeiter sich das gewünscht hatten, oder weil im Vorfeld die Kosten nicht wirklich überschlagen worden waren. Wer sich auf die Reise macht, um ein Gebetshaus aufzubauen, muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass er sich auf einen kurzen, schnellen Lauf begibt. Er schaut den Herausforderungen eines Marathons ins Gesicht. Daher enthält dieses Buch viele Hilfestellungen dafür, wie man eine solide Grundlage legen und das „Haus“ mit zunehmender Größe „statisch“ weiter verstärken kann. Anhand von Aussagen aus der Bibel und den Erfahrungen, die Gründer in verschiedenen deutschen Städten gemacht haben, möchte ich veranschaulichen, welche Schritte auf dem Weg wichtig sind und mit welchen Herausforderungen gerechnet werden muss.
Einerseits möchte ich mit diesem Buch sachlich informieren und andererseits das Herz der Leser begeistern und Faszination in ihnen wecken. Ich möchte all denen, die beabsichtigen, ein Gebetshaus zu gründen oder in einem mitzuarbeiten, ein Buch in die Hand geben, das ihnen in Theorie und Praxis eine Hilfe bietet. Neben vielen praktischen Fragen beleuchte ich die kirchenhistorischen und theologischen Grundlagen für ein Gebetshaus, die biblische Verwurzelung und das biblisch fundierte Mandat.
Dieses Buch soll dazu beitragen, dass Gebetshäuser zu Orten werden, an denen sich Christen aller Konfessionen zum gemeinsamen Gebet treffen. Es ist mir ein Anliegen, dass sie im Gefüge der lokalen oder regionalen Gemeindelandschaft ihren Platz und ihre Rolle finden, um dadurch zum Segen für die Menschen der Stadt und Region zu werden, in denen sie beheimatet sind.
Neben den Christen, die bereits in der Gebetshausbewegung verwurzelt sind, und denjenigen, die sich zu ihr hingezogen fühlen, gibt es einen weiteren Kreis von Menschen, für die ich dieses Buch geschrieben habe. Es sind diejenigen, welche die Bewegung vorsichtig hinterfragen oder ihr vielleicht sogar kritisch gegenüberstehen. Ich habe Verständnis für ihre Fragen bezüglich der zugrunde liegenden Theologie, der biblischen Verortung und der Auseinandersetzung mit dem Sinn und Ziel der Gebetshausbewegung. Ich kenne die Herausforderungen, die in einer Gemeinde entstehen können, wenn Mitarbeiter ihren Investitionsschwerpunkt in ein Gebetshaus verlagern. In einer Zeit, in der die Bereitschaft zu ehrenamtlicher Arbeit abnimmt, kann das zu Problemen führen.
Dann wiederum treten die theologischen und theoretischen Fragen in den Hintergrund und werden von Emotionen überlagert, mit denen sich die Beteiligten ebenfalls auseinandersetzen müssen. Wie soll man miteinander umgehen? Sind Gebetshäuser eine Konkurrenz für die Gemeinden? Die praktischen, theologischen und emotionalen Herausforderungen, die das starke Wachstum der Bewegung mit sich bringt, dürfen nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Deshalb möchte ich auch auf die Frage der Koexistenz von Gemeinde und Gebetshaus eingehen.
Der Aufbau eines Gebetshauses fordert von den jeweiligen Pionieren eine große Portion Weisheit und Demut. Von den ersten Gründungsüberlegungen an sind eine gute Kommunikation und ein Rat suchender Austausch mit den geistlichen Leitern vor Ort von unschätzbarem Wert. Meine Bitte an alle Pastoren, Pfarrer und andere geistliche Leiter ist dabei, dass sie zwar einen genauen, aber auch einen wohlwollenden Blick auf die neue Initiative werfen und Kommunikationsbereitschaft signalisieren. Viele der geistlichen Verantwortungsträger unserer Stadt gehören heute zu meinen Freunden. Selbst einige, die dem Gebetshaus Freiburg zu Beginn skeptisch gegenüberstanden, sehen heute in unserer Arbeit einen bedeutsamen Dienst in und an der Stadt und ein Beispiel für gelebte Einheit. Diese Freundschaften sind langsam gewachsen, auf der Basis von Beziehung und Offenheit.
Dieses Buch soll jedoch nicht ausschließlich meine Meinung vermitteln. Vielmehr geht es darum, einen möglichst objektiven Überblick über die Entwicklung der Gebetshausbewegung zu geben. Deshalb finden sich auf den Seiten immer wieder Aussagen von geistlichen Verantwortungsträgern, die sich mit der Bewegung auseinandergesetzt haben, ohne selbst Teil davon zu sein. Zusätzlich habe ich 2017 unter vierzehn deutschen Gebetshäusern eine Umfrage durchgeführt, deren Ergebnisse denen eine Hilfe sein sollen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Gebetshaus zu gründen. Die Auswahl der Fragen entstand vor dem Hintergrund, die bei sehr vielen Gründern auftretenden Herausforderungen zu eruieren, damit andere aus der Umfrage lernen und ihre Schlüsse ziehen können.
Es waren offene Fragen, sodass einerseits ein breites Feld an Antworten möglich war und andererseits die teilnehmenden Gebetshäuser nicht alle Punkte genannt haben, die für sie relevant sind, weil sie in dem Moment oder bei dieser Frage nicht an diese Punkte gedacht haben. Beispielsweise nannten auf die Frage, warum Menschen in den Gebetshäusern mitarbeiten wollen, nur drei einen Ruf von Gott. Wären Antworten zum Ankreuzen vorgegeben gewesen, hätte vermutlich die Mehrheit, wenn nicht sogar alle 14 Gebetshäuser diesen Punkt angekreuzt.
Dass keine Antwortmöglichkeiten vorgegeben wurden, hat außerdem dazu geführt, dass manche Fragen nicht von allen Teilnehmern beantwortet wurden oder Antworten wenig aussagekräftig waren. In der Datenauswertung habe ich deshalb nur diejenigen Antworten aufgeführt, die sich direkt auf die Fragen beziehen oder die eine konkrete Strategie zur Bewältigung einer Problemstellung benennen. Hier wurde als eine der häufigsten Antworten „Gebet“ genannt, was ein Zeichen dafür ist, wie sehr die Menschen, die Gebetshäuser gründen oder leiten, darum bemüht sind, alle Weiterentwicklungen, Maßnahmen und Entscheidungen auf die Grundlage des Gebets zu stellen. Daher habe ich „Gebet“ als Antwort in der Auswertung nicht separat aufgeführt. Die Fragen und Umfrageergebnisse habe ich an passenden Stellen in den Text eingefügt.
Befragt wurden folgende Gebetshäuser, bei denen ich mich ausdrücklich herzlich für die Teilnahme bedanke2:
• Gebetshaus Allgäu (2015)
• Gebetshaus Augsburg (2005)
• Gebetshaus Berlin – „Rund um die Uhr“ (2010)
• Elija Generation, Darmstadt (2015)
• Kingdom Impact Gebetshaus; Denkingen (2011)
• Gebetshaus Freiburg (2003)
• Gebetshaus Hamburg (2015)
• Gebetshaus Heidelberg (2011)
• Gebetszentrum Karlsruhe (2016)
• Gebetshaus Krefeld (2017)
• Gebetshaus Leipzig (2013)
• Gebetshaus für die Nationen, Lüdenscheid (2005)
• Gebetshaus Ravensburg (2012)
• Gebetshaus Walddorf (2010)
Inhaltlich ist „Die Gebetshausbewegung“ folgendermaßen aufgebaut:
Der erste Teil dieses Buchs beschreibt, was ein Gebetshaus überhaupt ist und welche biblischen Grundlagen hinter der Idee stecken, die bereits dreitausend Jahre alt ist. In einer faszinierenden Reise durch Geschichte der christlichen Kirche gebe ich einen Einblick in zeitgenössische Orte des kontinuierlichen Gebets in verschiedenen Jahrhunderten und zeige deren Auswirkungen auf Kirche und Gesellschaft auf. Zum Schluss folgt ein Überblick über die in dieser Form noch nie da gewesene Gebetsinitiative „Gebetshaus“, die ich im Licht der Bibel und im Hinblick auf ihre Früchte beleuchte.
Im zweiten Teil geht es um die Frage, was Menschen tun können und sollten, die einen Ruf in ein Gebetshaus verspüren. Vieles ist sicher nicht neu und gilt auch nicht ausschließlich für Gebetshausmissionare, aber ich betrachte es besonders mit diesem Fokus, weshalb die Berufung von Hanna dieses Kapitel einleitet.
Der dritte und letzte Teil ist eine Art „Betriebsanleitung“, denn darin geht es um die Praxis. Welche Herausforderungen gibt es vor allem zu Beginn einer Gründung, wie kann die Vision geteilt werden, wie sollte ein Gebetsraum konkret aussehen und welche Formen des Gebets gibt es? Auch das biblische Vorbild wird hier näher betrachtet.
Trotz vieler allgemein gültiger Inhalte ist „Die Gebetshausbewegung“ kein Rezept, dessen Zutaten bei Berücksichtigung automatisch zum Erfolg führen. Die ausschlaggebenden Elemente dafür, dass in unseren Städten stabile Gebetshäuser entstehen, sind einerseits Menschen, die von Gott beauftragt wurden, und andererseits und vor allem der Heilige Geist, der in unserer Zeit und vor unseren Augen eine Gebetserweckung schenkt, die das Potenzial hat, die Kirche neu zu beleben.
Noch ein Hinweis zum Schluss: In diesem Buch verzichte ich aufgrund der besseren Lesbarkeit darauf, stets beide Geschlechter zu nennen. Wenn ich von „dem Beter“ oder „dem Gebetshausmissionar“ schreibe, meine ich selbstverständlich sowohl Frauen als auch Männer, die diesen Dienst tun.
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In den vergangenen 10 bis 15 Jahren sehe ich in Europa, aber auch in vielen anderen Ländern der Welt einen wunderbaren Trend im Leibe Christi, der zu großer Hoffnung Anlass gibt. Während die Masse der Christen die innige Gebetsbeziehung mit Jesus Christus vernachlässigt und in alle möglichen fruchtlosen Aktivitäten verfällt, lassen sich immer mehr einzelne Menschen an Gottes Herz und zu einem außerordentlichen Gebetsleben rufen. Eine Form wachsender Gebetsbewegungen sind die überkirchlichen Gebetstage im Rahmen des Christustags, eine andere die Gebetstreffen von geistlichen Leitungspersonen auf lokaler und nationaler Ebene. Alle diese und weitere geistliche Initiativen fußen jedoch auf dem beständigen, intensiven Gebet in den Gebetshäusern.
Es gibt für mich kaum etwas Ermutigenderes als die Gebetshäuser, die gerade in den vergangenen Jahren sowohl zahlenmäßig als auch an geistlichem Tiefgang gewachsen sind; Häuser, in denen Tag und Nacht Gott angerufen wird. Vor allem in Westeuropa sind es im Moment gerade sie, die von Gott gebraucht werden, um Gläubige aus verschiedenen kirchlichen Hintergründen zu gemeinsamer Fürbitte und Anbetung Gottes in einer Art Herzensökumene zu vereinen. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag für ein zunehmendes erweckliches Wirken Gottes, das gemäß der biblischen Verheißung in den kommenden Jahren auch Europa verändern wird. Bedingung dafür ist, dass die Beterinnen und Beter in den Gebetshäusern an ihrem so wichtigen göttlichen Auftrag festhalten, auch wenn die Frucht nicht immer sofort sichtbar ist.
HANSPETER NÜESCH, CAMPUS FÜR CHRISTUS, FACILITATOR CHRISTDAY INTERNATIONAL, KOORDINATOR DES SCHWEIZER LEITERGEBETS
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Kurz vor der Jahrtausendwende gab ein unvermutetes und völlig unerwartetes Erlebnis meinem Leben eine neue Richtung. Davor war ich ein aus meiner Sicht ganz normaler Christ, Familienvater, Berufstätiger und ein ehrenamtlicher Mitarbeiter in einer Kirchengemeinde gewesen. Doch 1999 fand ich mich plötzlich an einer Weggabelung und musste mich entscheiden, welchen Weg ich künftig gehen wollte. Damals fiel mir auf, dass meine Beziehung zu Gott in erster Linie zu einem Arbeitsverhältnis geworden war. Ich war zwar zu einem treuen Mitarbeiter in Gottes Reich herangewachsen, aber meine Liebe zu Jesus hatte sich nicht mehr weiterentwickelt oder vertieft. In meinem Herzen spürte ich, dass ich Konsequenzen ziehen musste, denn ich wollte unbedingt zu der „ersten Liebe“ zurückkehren, von der Jesus in Offenbarung 2,4 spricht. Mein Leben sollte wieder neu und in erster Linie von der Liebe zu Gott geprägt werden. Alles andere – auch meine Investition in die unterschiedlichsten Dienste für ihn – sollte allein dieser Motivation entspringen.
So suchte ich das Gespräch mit den Leitern meiner Gemeinde und erklärte ihnen, was ich in mir entdeckt hatte und wie sehr mein Herz von dieser Entdeckung bewegt wurde. Ich bat sie um eine einjährige Freistellung von einem Teil der Aufgaben, für die ich damals verantwortlich war. Die dadurch frei werdenden Stunden wollte ich nutzen, um Gott zu suchen und meine Beziehung zu ihm zu vertiefen. Es begann eine Zeit, die mich stärker prägen sollte, als all die Jahre davor, die ich bereits mit Jesus gelebt hatte. Nie hätte ich mir vorstellen können, wie radikal Gott mein Herz verändern würde und welche Pläne er für den Rest meines Lebens mit mir hatte.
Meine Suche nach Gott hatte unterschiedliche Formen. Zum Beispiel begab ich mich auf Wanderungen und wählte dabei bewusst abgelegene Wege, um in der Abgeschiedenheit der Wälder mit Gott allein zu sein. In der Schönheit und Stille der Natur unterwegs zu sein, seinem Willen für mein Leben nachzuspüren und aufmerksam hinzuhören, ob er zu mir sprechen wollte, öffnete mein Herz für seine Gedanken. Manchmal blieb ich stehen, um noch konzentrierter zu lauschen oder um über Gottes Nähe zu staunen und sie auf mich wirken zu lassen. Es war eine Zeit höchster Intimität zwischen ihm und mir.
Auf einer dieser Wanderungen geschah etwas, das ich als mein Berufungserlebnis bezeichnen möchte: Gott sprach so deutlich wie kaum jemals zuvor in mein Herz hinein. Seine Worte änderten den Kurs meines Lebens. Was er sagte, verwirrte und überraschte mich zugleich, niemals wäre ich selbst auf derartige Gedanken gekommen. Ich wanderte an diesem Tag einen schmalen, verborgenen Pfad entlang, der zu einer kleinen Lichtung führte, auf der eine Holzhütte stand. Als ich neugierig auf die Hütte zuging, um sie mir näher anzusehen, hörte ich unvermittelt Worte in meinem Herzen, die etwas in Gang brachten, von dem ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht die geringste Vorstellung hatte:
An jenem Tag richte ich die verfallene Hütte Davids auf, ihre Risse vermauere ich, und ihre Trümmer richte ich auf, und ich baue sie wie in den Tagen der Vorzeit, damit sie den Rest Edoms und all die Nationen in Besitz nehmen, über denen mein Name ausgerufen war, spricht der HERR, der dies tut.
AMOS 9,11-12
In meinem Inneren war ich tief getroffen vom Reden Gottes. Fragen stiegen in mir auf: Was war die Hütte Davids? Was war dort geschehen? Gott, was meinst du?
Darauf begann Gott, mir die Bedeutung seiner Worte und das, was ich tun sollte, zu erklären. Die inneren Eindrücke, Worte und Gedanken, die ich an diesem verborgenen Ort empfing, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
„Schau dir diese Hütte an. Eigentlich sollte sie ein Ort des Schutzes sein, doch die Wände sind durch ein Feuer beschädigt, sodass Regen und Wind eindringen können. Überall liegt Müll, und die verbliebenen Wände sind mit obszönen Sprüchen beschmiert. Eigentlich sollte man von dieser Hütte einen freien Blick über das Land haben, doch niemand hat sich um sie gekümmert, und deshalb konnten wilde Büsche und Bäume wachsen, welche die Sicht auf die Stadt fast völlig versperren. Diese Hütte ist ein Bild für den Zustand der Kirche. Auch sie sollte ein Ort sein, an dem Menschen Schutz finden, doch wichtige Teile fehlen und das ganze Gebäude ist instabil geworden. Sie ist berufen, ein heiliger Ort der Reinheit und der Heilung zu sein, doch auch in der Kirche gibt es viel Unreinheit und verborgene Sünde. Sie ist gedacht als ein Ort der Gemeinschaft, doch stattdessen ist sie geteilt, zerstritten und uneins. Sie sollte hoch oben stehen und meine Sichtweise auf das Große und Ganze kennen, doch ihr Blick ist verstellt, weil sie meine Gedanken nicht kennt.“
Der Vergleich zwischen dem traurigen Zustand der einstmals schönen Hütte und der Kirche in unserem Land wühlte mich auf. Dann folgte eine weitere Überraschung, als Gott mir sagte:
„Ich möchte, dass du in Freiburg ein überkonfessionelles Gebetshaus aufbaust. Dieses Haus soll dazu beitragen, dass meine Kirche wieder geheilt wird.“
Obwohl ich noch immer nicht verstand, wie das alles zusammenhing und was ich als Reaktion auf Gottes Reden tun sollte, fügten sich bereits einzelne Aussagen wie Puzzleteile zusammen und formten ein Bild:
Die Kirche von heute gleicht einem Gebäude, das dringend Erneuerung erfordert. Sie ist wie die „verfallene Hütte Davids“ und soll neu aufgebaut werden. „Die Kirche“ sind aber nicht die anderen, sondern ich bin selbst ein Teil von ihr und trage deshalb Mitverantwortung. Sie ist unser aller Heimat und das sichtbare Zeichen des Leibes Jesu auf Erden. Wenn sie krank ist, kann sie die Aufgaben, die Jesus ihr übertragen hat, nicht mehr erfüllen und verliert ihre Strahlkraft, die dazu dient, Menschen zu Jesus, zum Herrn der Kirche zu führen, bei dem sie ewiges Leben finden können.
In seinem Buch „Mutig führen“ schreibt Bill Hybels:
Die Ortsgemeinde ist die Hoffnung der Welt. Es gibt nichts, was mit der Ortsgemeinde zu vergleichen ist, vorausgesetzt, sie funktioniert richtig. Ihre Schönheit ist unbeschreiblich. Ihre Kraft ist atemberaubend. Ihr Potenzial ist unbegrenzt. Sie tröstet die Trauernden und heilt die Zerbrochenen durch die Gemeinschaft. Sie baut Brücken zu Suchenden und bietet denen, die sich nicht mehr auskennen, die Wahrheit an. Sie hilft denen, die in Not sind, und breitet ihre Arme für die Vergessenen, die Unterdrückten und die Desillusionierten aus. Sie bricht die Ketten der Abhängigkeit, befreit die Gefangenen und gibt denen ein Zugehörigkeitsgefühl, die am Rande dieser Welt stehen. Egal, wie groß die Kapazität für menschliches Leid ist, hat die Kirche doch eine größere Kapazität für Heil und Heilung.3
Die Gemeinde Jesu repräsentiert ihn selbst. Deshalb muss es ihr erstes Bestreben sein, zu werden wie er: Rein, heilig, barmherzig, Schutz gebend und liebend. Nur dann kann sie wirklich die „atemberaubende Kraft“ entfalten, von der Hybels spricht. Kirche wird nicht dadurch Kirche, dass sie die „richtigen“ religiösen Dinge tut und weiß, sondern indem sie dem Sohn Gottes folgt und ihre Glieder ein Leben führen, welches aus der Liebesbeziehung zu ihm motiviert ist. Die Hauptberufung Gottes für uns ist, wie Jesus zu werden.4 Doch es gibt nur einen einzigen Ort, an dem wir als Einzelne und als Gemeinschaft in sein Bild verwandelt werden: das Gebet.
Egal ob es sich um eine Gemeinde oder um einen christlichen Dienst handelt, gilt für jeden Teil der Kirche dasselbe biblische Prinzip, an der er sich messen lassen muss. Der Prophet Jesaja bringt es auf den Punkt, wenn er beschreibt, was eigentlich ein Haus Gottes ausmacht und was dort geschehen soll: „mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker“ (Jesaja 56,7).
Nur die Umsetzung dieses Grundsatzes macht es möglich, dass dauerhaft „Frucht“ entstehen kann und eine Gemeinde oder eine Gemeinschaft ihre Kraft nicht aus den begrenzten Kapazitäten ihrer Mitglieder ziehen muss, die dann irgendwann ausbrennen. Die Kirche braucht Gottes Gegenwart, und die ist dort zu finden, wo gebetet wird. Der Ort des Gebets ist der Ort der Beheimatung Gottes, diesen Ort nennt er „mein Haus“.
Die Eindrücke, die damals auf mich einstürzten, trafen mich mit großer Wucht. Eine einzige große Frage stieg in meinem Inneren auf: Was soll ich jetzt tun?
Nahe ist der Herr allen, die ihn anrufen, allen, die ihn in Treue5 anrufen.
PSALM 145,18
Wenn man eine Vision von Gott empfangen hat, sollte der erste Blick nicht unbedingt der Zukunft und der Frage gelten, wie sie umgesetzt werden kann, sondern der Vergangenheit. Es gilt herauszufinden, ob die Schriften des Alten und Neuen Testaments etwas Spezifisches über das Thema sagen. Finden sich dort vielleicht sogar Beispiele und Vorbilder für das, was einen so sehr bewegt? Wie sieht es in der Kirchengeschichte aus? Gab es zuvor schon Menschen, denen Gott etwas Ähnliches aufs Herz gelegt hat?
Ist man fündig geworden, zeigt das im besten Fall, dass die neue „Idee“ nicht einfach zusammenhangslos im Raum steht, sondern in der Bibel verwurzelt ist und durch eine gesunde kirchengeschichtliche Tradition getragen wird. Diese Herangehensweise gilt auch für eine Beurteilung der Gebetshäuser. Deshalb möchte ich zu Beginn der Auseinandersetzung mit diesem Thema eine Reise in die Vergangenheit unternehmen.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Der erste Haltepunkt auf dieser Reise liegt etwa dreitausend Jahre vor unserer Zeit. Es war die Zeit, in der ein junger Mann namens David von Gott auserwählt wurde, um an die Stelle Sauls, des ersten Königs Israels zu treten, nachdem Gott diesen verworfen hatte.6 David war ein ungewöhnlicher und leidenschaftlicher Mensch. Sein Herz brannte lichterloh für Gott. In den überlieferten Liedern und Gebeten Davids kann man die Intensität seiner Liebe zu Gott geradezu spüren. Durch seine Hingabe an Gott, sein Gebetsleben, dem wir viele der Psalmen verdanken, aber auch durch seinen Mut und seine Demut zugleich, ist David ein großes Beispiel für eine Gottesbeziehung, die von Vertrautheit und Liebe geprägt ist. Sein Leben war voller Zuneigung und Hingabe, obwohl er auch große Schwächen hatte und dunkle Abgründe in sich trug, die ihn immer wieder in Sünde fallen ließen. Trotzdem wird er uns in der Bibel als jemand vorgestellt, über den Gott sagt: „Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der meinen ganzen Willen tun wird“ (Apostelgeschichte 13,22).
Dieser Mann steht beispielhaft für die Art von Beziehung, die Gott sich zu uns Menschen wünscht, ein Leben, das durch Gebet geprägt ist. Der Ursprung des Wunsches nach nie mehr endendem Gebet liegt in einem brennenden Herzen, das sich nach Gott verzehrt. Das, was David vor mehr als dreitausend Jahren zum Gebet motivierte, lässt sich heute auch in vielen der Menschen finden, die sich in Gebetshäusern einbringen. Es ist die gleiche Sehnsucht und Leidenschaft, die den Wunsch entstehen lässt, Gott Tag und Nacht Anbetung und Gebet – also ungeteilte Aufmerksamkeit – zu schenken. David war zeit seines Lebens von diesem besonderen Verlangen getrieben, das er selbst so formuliert hat:
Eins habe ich vom Herrn erbeten, danach trachte ich: zu wohnen im Haus des Herrn alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Freundlichkeit des Herrn und nachzudenken in seinem Tempel.
PSALM 27,4
Davids Herzensanliegen, also die eine Sache, die für ihn über allem anderen stand, war die Sehnsucht nach Nähe zu seinem Gott. In diesem einen Vers definiert er nicht nur seine erste Priorität („eins“) und seine wichtigste Bitte („habe ich vom Herrn erbeten“), sondern beschreibt das, was er vor allem anderen tun möchte („danach trachte ich“). Nicht nur ist die Aussage des Psalmwortes an sich schon erstaunlich, sondern auch der historische Kontext, in dem David sie offenbar gemacht hat. Der Text zeigt, dass er sich zu der Zeit auf der Flucht vor Feinden befand, vermutlich spricht er von Saul (Vers 2, 3, 10, 12). David wäre demnach zu diesem Zeitpunkt bereits vom Propheten Samuel zum König gesalbt worden. Obwohl er von Feinden verfolgt wird, die ihm nach dem Leben trachten, und er zugleich das Wissen in sich trägt, dass er von Gott zum König seines Volkes auserwählt worden ist, überragt eine Sache die eminente Bedrohung seines Lebens genauso wie den Ausblick auf eine grandiose Zukunft: Das Wichtigste für David ist es, in Gottes Nähe zu sein. Er stellt weder seine Rettung noch seine Berufung als König von Israel in den Vordergrund seines Denkens und Handelns, sondern seine Sehnsucht nach Gott.
David ist der Inbegriff eines leidenschaftlichen Beters. In ihm vereinen sich ein gewaltiges Verlangen, das allein durch die direkte Begegnung mit Gott gestillt werden kann, das Bewusstsein der eigenen Zerbrochenheit und die daraus resultierende, völlige Abhängigkeit von Gottes Gnade. Über allem zeichnet ihn eine durch Liebe motivierte Hingabe aus, durch deren Kraft er in der Lage ist, Gott an die erste Stelle seines Lebens zu stellen. Auch diese Merkmale fallen mir immer wieder bei denjenigen auf, die ihre Zeit und ihre Gaben in ein Gebetshaus einbringen. Sie sind erfüllt von einem inneren Brennen, das der Hitze des Feuers in Davids Herzen gleicht. Ihr Beten entspringt an erster Stelle aus dem Verlangen, nah bei Gott zu sein und mit ihm zu kommunizieren. Davids außergewöhnliche Leidenschaft für Gott sollten wir im Blick behalten, wenn wir im Folgenden betrachten, wie er in späteren Jahren als König seiner Sehnsucht Ausdruck gibt.
In der von ihm eroberten und zur Hauptstadt seines Reiches erwählten Jebusiterstadt Jerusalem7 errichtete er das erste 24/7-Gebetshaus, dem später durch die Kirchengeschichte hindurch viele folgten. Bevor der König diesen Ort des kontinuierlichen Gebets schaffen konnte, musste er allerdings die Bundeslade nach Jerusalem überführen, die das Volk im Kampf gegen die Philister verloren hatte. Sie war der wichtigste religiöse Gegenstand Israels, denn Gott hatte zu Mose gesagt, dass er an dem Ort zwischen den beiden Cherubinen, die oben auf der Bundeslade angebracht waren, erscheinen und dort zu ihm sprechen werde.8
Nachdem die Bundeslade, begleitet von außergewöhnlichen Zeichen und Wundern, nach Jerusalem gebracht worden war, stellte sie David dort in ein Zelt, welches er extra für sie errichten ließ. Eigentlich verstieß er damit in mehrfacher Hinsicht gegen die Anweisungen, die Gott für die Aufbewahrung der Bundeslade gegeben hatte. Sie sollte im Heiligtum der Israeliten, das als „Zelt der Begegnung“ oder „Stiftshütte“ bekannt ist (siehe Anhang), ihren festen Standort haben. Doch David wollte einen neuen Ort für sie schaffen, an dem etwas zuvor nie Dagewesenes stattfinden würde: Gott sollte bei Tag und bei Nacht ohne Unterbrechung angebetet werden. Bisher existierten zwar Vorschriften für den Gottesdienst Israels, aber ein ununterbrochenes, musikalisches Beten gehörte nicht dazu. Es war David, der das Verlangen hatte, Gott ewigen Lobpreis zu schenken. Mit der sogenannten „Hütte Davids“ fing an, was später im Tempel Salomos über viele Jahre fortgeführt wurde. Insgesamt 4000 Musiker und 288 Sänger9 wurden angestellt, um für die ununterbrochene Anbetung zu sorgen.
Weil die „Hütte Davids“ der Ursprung und das biblische Modell für die 24/7-Gebetshäuser ist, möchte ich sie und ihre Geschichte im folgenden Abschnitt genauer betrachten.
Mein Vater David hatte schon lange einen großen Wunsch: Er wollte dem Herrn, dem Gott Israels, einen Tempel bauen.
1. KÖNIGE 8,17 (HFA)
Obwohl die Idee des ununterbrochenen Lobgesangs im Herzen Davids entstanden ist, ist er doch nicht der eigentliche Urheber dieses Gedankens, vielmehr entspringt dieser einem Geschehen, welches es im Himmel in Ewigkeit geben wird. Vielleicht hat David, der im Neuen Testament als Prophet bezeichnet wird10, in seinem Geist einen Blick in die himmlische Realität geworfen und konnte nicht anders, als ein irdisches Pendant zu schaffen. Eines Tages sprang wohl ein Funke auf Davids Herz über, in dem bereits so viel Zunder vorhanden war, dass der Funke ein gewaltiges Feuer entzündete, das niemals aufhörte, zu brennen. Der Hirtenjunge und spätere König liebte Gott so sehr, dass diese Liebe nicht von seinem Status abhängig war. Er wurde nicht erst zum Liebhaber Gottes, nachdem er für ihn und das Volk Israel völlig überraschend durch den Propheten Samuel zum König gesalbt worden war. Soweit wir es aus den biblischen Berichten und den von David verfassten Psalmen herauslesen können, war er ein Mensch, der Gott mit jeder Faser seines Seins liebte. Davids Liebe, die er ihm entgegenbetete und -sang, berührte Gott mehr als seine Leistungen und wog schwerer als seine Sünden. Deshalb ist er zu einem „Mann nach dem Herzen Gottes“ (1. Samuel 13,14) geworden, ein Mensch, den Gott seinen Freund nennt.
David ist der Archetyp des (An-)Beters. Die folgende Geschichte gewährt uns einen Blick in sein Herz und zeigt, wie Gott darauf reagiert hat. Wenn ich einen Schluss aus der Geschichte der „Hütte Davids“ ziehen kann, dann den, dass Gott auf das kontinuierliche Gebet eines in Gott verliebten Menschen hin nicht anders kann, als die Welt zu bewegen und Segen im Übermaß auszugießen. In unserer Zeit sehen wir, wie Frauen und Männer mit einem Herzen und Glauben wie David auf der ganzen Welt sichtbar werden. Oft sind sie es, die wie der israelitische König damals den Ruf Gottes hören, ein Gebetshaus zu gründen oder sich einem bestehenden anzuschließen. Die große Liebesgeschichte zwischen Mensch und Gott, wie sie uns die Bibel am Beispiel von David erzählt, wiederholt sich in diesen Tagen tausendfach. Wir erleben das Erwecken einer „davidischen Generation“, die das Potenzial hat, die Welt zu verändern und die Kirche neu zu beleben. Sie kann uns zurückführen zu dem, was die Bibel als „erste Liebe“ beschreibt.
Die nähere Betrachtung der Geschichte rund um die „Hütte Davids“ zeigt, warum Gott sowohl im Alten als auch im Neuen Testament durch seinen Geist davon spricht, „die Hütte Davids“ wieder aufzurichten.11 Die Zusammenfassung der damaligen Ereignisse legt Zeugnis davon ab, wie an diesem heute kaum mehr bekannten Ort der Anbetung etwas begann, das noch immer die Kraft besitzt, die Schönheit Gottes in einer Welt offenbar zu machen, die sich immer weiter von ihm entfernt. Was sich dort ereignet hat, soll wieder geschehen. Eine Herzensmotivation, wie sie David antrieb, den Dienst der kontinuierlichen Anbetung aufzurichten, und Werte, wie er sie in seinem Inneren trug, gehören auch in unserer Zeit zu den Voraussetzungen für die alles verändernde Erweckung, die wir für unsere Länder ersehnen. Deshalb baut Gott diese „Hütte“ wieder auf und stellt die sogenannten „Ordnungen Davids“ wieder her, von denen im Folgenden noch die Rede sein wird und deren Berücksichtigung erstaunliche Ergebnisse nach sich zog.
Die Entwicklungen, die zur Errichtung des ersten 24/7-Gebetshauses führten, wurden durch einen sehr schmerzhaften Verlust ausgelöst. Zu jener Zeit gab es Krieg zwischen Israel und den Philistern. Nachdem sie in einem ersten Gefecht geschlagen worden waren und Tausende Kämpfer gefallen waren, beschlossen die Israeliten, die Bundeslade als Zeichen der Gegenwart Gottes mit in den nächsten Kampf zu nehmen, um so mit Gottes Hilfe zu siegen:
Und als das Volk ins Lager zurückkam, sagten die Ältesten von Israel: Warum hat uns der Herr heute vor den Philistern geschlagen? Lasst uns von Silo die Lade des Bundes des Herrn zu uns holen, dass er in unsere Mitte komme und uns aus der Hand unserer Feinde rette! Da sandte das Volk nach Silo. Und man brachte von dort die Lade des Bundes des Herrn der Heerscharen, der über den Cherubim thront.
1. SAMUEL 4,3-4
In ihrer Not griffen die Ältesten Israels zu einer Methode, die einem falschen Verständnis