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In diesem Buch kommt die Herrschaft von Yoshinaka Kiso nach nur zwei Monaten zu Ende. Kamakuras Heer marschierte aus dem Osten Richtung Hauptstadt. Im Westen wurde Tairas Truppe gleichzeitig immer stärker. Yoshinaka und seine Armee waren in der Hauptstadt eingekesselt. Yoshinaka nahm Goshirakawa in seine Gewalt, um ihn mit in die Nordische Küstenregion zu nehmen, aber konnte sich dem Zauber der schönen Winterprinzessin nicht entziehen. Während Yoshinaka zögerte, die Flucht nach Norden zu ergreifen, griffen Yoshitsune und Noriyori Minamoto Kisos Heer in Uji und Seta an. Minamotos Einheiten schlugen Kisos Samurai nieder und befreiten Goshirakawa aus seinem Arrest. Yoshinaka und seine Generäle wurden getötet. Kamakuras Soldaten machten sich sofort auf den Weg nach Westen. Der Genpei-Krieg erreichte die nächste Stufe.
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Herr Kiso in der Hauptstadt
Anlagen:Wichtige Personen
Yoshinaka Kisos Feldzug gegen Taira
Die Gefechte in Uji und Seta 1184
Machtverhältnisse im Osten
Japans Provinzen
Japans Städte
Stammbaum Tenno
Beziehung der Tenno-Familie zu Taira
Stammbaum Taira
Stammbaum Minamoto
Dummköpfe und schlaue Raubtiere
Irgendwann wurde der Palast des ehemaligen Tennos, der Tempel Hojuji, völlig in eine Festung verwandelt. In einem alten Geschichtsdokument heißt es: „Die Zahl der Soldaten, die dazustießen und sich im Tempel verschanzt hielten, beträgt mehr als zwanzigtausend Mann.“ Mehr als zwanzigtausend Soldaten war sicher etwas übertrieben, aber es war klar, dass sich dort etwa die gleiche Truppenstärke wie die in der Hauptstadt stationierten Streitkräfte Kisos von drei- bis viertausend Mann befand.
„Die Vorsichtsmaßnahmen seiner Majestät sind völlig übertrieben. Herr Kanezane Kujo soll seiner Majestät seine Meinung gesagt haben, dass er damit zu weit gegangen sei.“
„Ohnehin sind doch die Getreidekammern eher mager gefüllt, und wenn die Soldaten und Knechte so zahlreich hinzugekommen sind, werden die Lebensmittel im Nu aufgezehrt sein.“
„In der ganzen Hauptstadt gibt es keine Lebensmittel mehr, aber ich höre, dass man am Hof etwas zu essen bekommen kann. Nicht nur Samurai, sogar Straßenjungen und bettelnde Mönche kommen zum Hof.“
„Was soll am Ende überhaupt daraus werden?“
Viele der Adeligen hatten längst die Vernunft verloren.
Dabei waren sie diejenigen, die Yoshinaka Kiso immer wieder angestachelt und ihn verunsichert hatten, weil sie mit gespaltener Zunge redeten. Schließlich hatten sie ihn in die politische Isolation gestürzt.
An diesem Tag war geschehen, was sie sich zusammen mit Goshirakawa herbeigewünscht hatten.
Trotzdem waren sie von dem Plan, den sie selbst ausgearbeitet hatten, und dessen Erfolg überwältigt. Die Adeligen verloren völlig die Kontrolle.
Als es so weit gekommen war, gab es weder Führung noch Ordnung. Die Lage wurde zu einem eigenständigen Phänomen; sie war wie ein launiges Lebewesen. Der Wille eines Einzelnen oder ein Befehl konnte nur einen winzigen Teil beeinflussen, während die Masse schwankte und sich in Bewegung setzte, wie sie wollte.
„He, wer bist du? Da oben auf dem großen Dach? Komm runter! Komm runter!“
Der Direktor der Trommel Tomoyasu, der ein Tor des Westpalastes bewachte, blickte in den dämmernden Himmel hinauf, wo noch die Sterne zu sehen waren, und schimpfte.
Mehr als zwei Menschen hockten wie Affen auf dem großen Dach. Sie balancierten mit ausgestreckten Armen über das Dach. Aber als sie Tomoyasus Stimme hörten, reckten sie ihre Hälse, um ihn besser sehen zu können. Sie antworteten: „Sie sagen, wir sollten runter kommen, aber unser Anführer hat uns befohlen, aufs Dach zu steigen. Sollen wir oben bleiben oder sollen wir runterkommen?“
„Zu welcher Truppe gehört ihr?“
„Wir stehen unter dem Kommando des stellvertretenden Gouverneurs der Provinz Hoki, Herrn Mitsutsune.“
„Wonach haltet ihr Ausschau?“
„Da eine Nachricht gekommen ist, dass Kisos Streitkräfte und unsere Soldaten am Flussufer eben eine Schlacht eröffnet haben sollen, hat uns unser Herr befohlen, die Lage von hier zu beobachten.“
„Was, was? Kisos Armee überfällt uns?“
Dies war nicht der Zeitpunkt, um zu nörgeln. Tomoyasu rannte stolpernd in die Richtung des Gartens des Hohen Saales, und teilte den aufgeregten Leuten mit, als er zurückkam: „Kiso probt den Aufstand gegen den ehemaligen Tenno und hat den Kampf eröffnet. Seine Majestät hat mich gerade kraft des persönlichen Erlasses seiner Majestät zum Koordinator des Krieges ernannt. Ihr hört alle auf meine Anweisung, verstanden!“
Aber bevor er zu Ende sprechen konnte, ignorierten die Fuß- und Reitersoldaten ihn bereits völlig und stürzten durch das Tor an der siebten Jo und das Osttor hinaus.
Der Palast war so groß, dass man nicht das gesamte Gelände im Blick behalten konnte. Der Palast des ehemaligen Tennos setzte sich aus fünf Gebäudegruppen der Tempelanlage Hojuji zusammen. Das Gebiet umfasste einen Quadratkilometer. Und wenn man die benachbarten Tempel Rengeoin und Saishokoin und andere mit einschloss, konnte man sogar sagen, dass das Gebiet vom Flussufer am Kamogawa bis hin zu den Bergen südlich der Bergspitze Amidagamine sowie zu dem Bergbach und den Teichen dort komplett zum Palast gehörte.
Dann war aus diesen Bergen erneut ein Schlachtruf zu hören.
Der Schlachtruf der in der Hauptstadt stationierten Samurai der Garde hatte einen zivilisierten Ton, aber der wütende Ruf von Kisos Soldaten verbreitete einen unbeschreiblichen, rohen Klang aus den Bergen.
„Da sind sie! Kisos Truppen sind bereits in die Berge vorgestoßen. Schneidet ihnen am Fuß der Berge den Weg ab und lasst die Feinde nicht zur Mauer vordringen!“
Der neu ernannte Koordinator des Krieges, Tomoyasu, erteilte seine Anweisung mit heiserer Stimme und rannte umher.
Die Truppen von Kanehira Imai und Yukichika Nenoi waren den ins feindliche Lager übergelaufenen Soldaten hinterhergelaufen und das Ostufer hinaufgestiegen. Dort standen sie den Soldaten des Hofes des ehemaligen Tennos gegenüber. In ihrem Rücken befand sich der Kamogawa, und sie wurden zurückgedrängt: „Gebt nicht nach! Wenn ihr zurückgeht, stürzen wir in den Fluss.“
Weil sich hinter ihnen ein natürliches Hindernis befand, konnten sie nur nach vorne marschieren.
Die Truppen von Shigetaka Ashiki und Shigeie Takada, die Kisos Lager verraten hatten und zum Lager des Hofes des ehemaligen Tennos übergelaufen waren, kehrten um und begannen Kisos Truppen skrupellos einzukreisen. Bis zum vergangenen Tag waren sie Freunde gewesen. Shigeie Takada rief von weit her: „Yukichika, Yukichika! Du willst nicht als Hund sterben. Gib auf! Auch Herr Kanehira Imai, legen Sie die Waffen gegen den Hof nieder und retten Sie Ihr Leben!
Wegen unserer früheren Freundschaft werde ich ein versöhnliches Wort für euch einlegen.“
„Du, Drecksau! Bleib da, Shigeie!“
Kanehira Imai ließ sein Pferd auf ihn zu springen.
Die Truppen des ehemaligen Tennos vermieden den Nahkampf, setzten Bögen aus der Entfernung ein und zielten nach und nach auf jeden von Kisos kühnen Männern. Da außerdem der Palast des ehemaligen Tennos in der Nähe war, kamen immer mehr Soldaten zur Unterstützung.
Imais Truppe wurde demzufolge von allen Seiten eingekreist und musste eine Niederlage hinnehmen.
Ihre Notlage wurde sofort dem Hauptquartier an der sechsten Jo übermittelt. Die meisten noch anwesenden Soldaten Kisos eilten herbei, um zu helfen: „Lasst uns hingehen!“ „Lasst Herrn Imai nicht fallen!“ Im Nu wurden die Soldaten des ehemaligen Tennos zurückgedrängt. Kisos Truppen kämpften dabei überwältigend und stießen bis an eine Ecke des Palastes des ehemaligen Tennos heran, als ritten sie auf einem Tiger. An der hohen irdenen Mauer wiederholten sie ihren flutwellenartigen Schlachtruf.
Dann hörte man, dass einer in der nachfolgenden Hilfstruppe rief: „Wir haben Shigetaka Ashiki gefunden. Goro Monoi hat Shigetaka Ashiki gefangengenommen.“
Als Kisos Soldaten die Männer sahen, die sie verraten hatten, umzingelten sie sie und schlugen blindlings auf sie ein. Sie traten auf sie ein und fügten ihnen alle erdenklichen Erniedrigungen zu. Voller Wut schimpften sie auf sie los: „Wer hat euch dazu überredet, auf die Seite des ehemaligen Tennos überzulaufen? Was kriegt ihr dafür?“
Darauf antwortete der gefangene Samuraianführer Shigetaka Ashiki, als sei er von der Frage überrascht: „Ihr schimpft auf uns, dass wir euch verraten hätten, aber die Person, die ich als meinen Herrn ansehe, ist nicht Herr Kiso. Das ist Herr Yukiie Minamoto von Shingu.
Ich wollte mich mit Herrn Yukiie Minamoto zusammentun und habe deshalb den Fluss überquert. Es ist kein Verrat.“
„Dieser Kerl! Halt die Schnauze! Du hast also eigenmächtig mit diesem Herrn Krüppel gemeinsame Sache gemacht.“
Yukichika Nenoi hatte Yukiie Minamoto schon immer gehasst.
Als Yukichika das hörte, befahl er seinen Männern, die um ihn herumstanden, ohne leiseste Nachsicht: „Lasst uns diesen Abtrünnigen als Zeichen unseres Sieges opfern. Wir werden unseren Leuten seinen Kopf zur Abschreckung zeigen!“
Goro Monoi näherte sich Shigetaka Ashiki. Sekunden später rollte der Kopf des Überläufers unter der glitzernden Klinge seines Schwertes auf den Boden und sein Rumpf fiel in die Blutlache.
Sein Kopf wurde auf die Spitze einer Hellebarde gespießt und von einem Reitersoldaten über den Soldaten, die vor Aufregung dröhnten und wippten, in die Höhe gereckt. Der Kopf wackelte und schwang durch sein Eigengewicht wie eine schwere Kugel, die man auf die Spitze eines Stabes steckte und in der Höhe präsentierte. Und unzählige Samurai blickten zu dem blutigen Kopf hinauf und stießen so undefinierbare Laute aus, dass man nicht verstand, ob sie ihn beschimpften oder um ihn trauerten. Daraufhin wackelte der tote Kopf noch mehr, als ob er den Samurai da unten etwas sagen wollte. Aus dem Mundwinkel lief Blut und der Kopf sah aus, als würde er lachen.
„Ruhe! Ruhe!“
Yukichika Nenoi bekam die verrückt tobende Menge endlich unter Kontrolle und teilte den Männern laut mit: „Männer, hört mir zu! Zum Glück haben wir Shigetaka Ashiki hiermit bestrafen können. Wenn wir aber verfehlen, diesen und jenen totzuschlagen, ist es nicht schlimm. Denn der eigentliche Verantwortliche für das Übel, dass wir in unserer eigenen Armee in zwei Lager gespalten worden sind, ist der böse Onkel unseres Herrn, Yukiie Minamoto. Wenn wir ihn entkommen lassen, war alles umsonst.“
Während er sprach, waren viele Stimmen des Zorns zu hören.
„Sie müssen uns nicht weiter belehren.“
„Er schützt sich hinter dem Schild unseres Herrn, weil er sein Onkel ist. Dieser unberechenbare Mann glaubt, dass unser Herr ihm nichts antun könnte.“
„Er tut nicht nur hier so. In der Nordischen Küstenregion war er genauso.“
„Jetzt reißen wir ihn in Stücke. Wenn wir den Befehl unseres Herrn einholen, würde unser Herr vorher von unserer Aktion wissen, und unser Herr müsste in der Nachwelt den schrecklichen Ruf eines Onkelmörders hinnehmen. Wenn wir seinen Onkel töten wollen, müssen wir es schon mit unseren eigenen Händen machen.“
Yukichika war es recht. Er äußerte in der Menge ganz offen seine Unzufriedenheit über Yukiie. Für die tobenden Soldaten goss er damit weiteres Öl ins Feuer.
Die Samurai, die ihr Schicksal auf Leben und Tod mit Yoshinaka teilten, seit sie Kisos Tal verlassen hatten, und ihn seitdem begleiteten, insbesondere die Samuraianführer, liebten Yoshinaka sehr. Man konnte an ihrer Reaktion erkennen, wie sehr sie schon immer über Yukiie verärgert gewesen waren und bedauerten, dass er zu ihrem Lager gehörte.
Sie betrachteten Yukiie zwar als Yoshinakas Onkel, aber hielten sein Verhalten nicht wirklich gut für ihren Herrn.
Auch wenn Yoshinaka sich niemals direkt so über seinen Onkel geäußert hatte, wussten Yoshinakas Mitarbeiter alle, aus welchen Gründen Yoshinaka seinen Feldzug nach Mizushima in der Provinz Bittschu so plötzlich abgebrochen hatte und in die Hauptstadt zurückmarschiert war.
„He, wartet! Eure Meinungen sind nachvollziehbar. Ich behaupte auch nicht, dass wir unbedingt die Weisung unseres Herrn einholen müssen. Wer mitmachen will, kommt mit mir! Wir überfallen jetzt den Schilfpalast und greifen diesen verkrüppelten Fuchs an, der sich hinter dem ehemaligen Tenno versteckt und in einer dunklen Steinhöhle lebt.“
„Oh, das ist es. Folgt Herrn Yukichika Nenoi!“
„Nein, nein, so viele Soldaten müssen nicht gehen.
Dreihundert Mann reichen. Der Rest bleibt hier. Ihr werdet von Zeit zu Zeit den Schlachtruf dröhnen und den führungslosen Haufen von Samurai aus dem chaotischen Hof hierherlocken. Sie agieren kopflos. Solange wir uns diesen geheimen Plan nicht anmerken lassen, können wir Yukiies Kopf noch vor dem Frühstück haben. Noch bevor die Sonne in den Ostbergen aufgeht, werde ich seinen Kopf am Zopf in meiner Hand halten.“
Yukichika gab sich schon siegessicher. So benahm sich ein Mann, der von einer fixen Idee völlig geblendet war.
Und er wählte etwa ein Fünftel seiner besten Soldaten aus seiner gesamten Truppe aus, nahm einen Umweg und eiltet zum Fuß des Berges.
Etwas später danach geschah Folgendes.
Es gab so etwas wie einen schwarzen Wirbelwind, der von einer Anhöhe an der Südseite des Berges Amidagamine einen Schlachtruf von sich gab, wie der heulende Wind in den Bergen. Dieser Wirbelwind stürzte den Abhang Kawarazaka wie eine Lawine hinunter und überfiel plötzlich den Schilfpalast, der an einer Ecke des Tempels Hojuji lag. Selbstverständlich war es die Truppe des Generals Yukichika Nenoi.
Aber Yukiie war nicht mehr im Schilfpalast.
Es gab keinen zweiten Mann wie Yukiie, der sich auf Veränderungen in der Umgebung so empfindlich einstellen konnte und sofort Maßnahmen einleitete.
In diesem Fall war es genauso.
Yukiie hatte dem ehemaligen Tenno plötzlich den Plan vorgelegt, für seine Majestät die befreundeten Samurai aus den Provinzen Izumi und Kawachi einzuberufen, eine Armee aufzustellen und Yoshinaka Kiso von Süden anzugreifen. Mit diesem offiziellen Vorwand war er vor zwei, drei Tagen bereits losgezogen. Er hatte sich in die Burg von Ishikawajo in der Provinz Kawachi geschlichen.
Wahrscheinlich hatte ihn der ihm eigene Geruchssinn solche Reaktionen gelehrt. Gleichzeitig fühlte er sich überhaupt nicht verantwortlich dafür, dass sich die Lage wegen seiner Taktik unmittelbar vor einer Explosion befand. Er hatte sich nur an einen Ort gerettet, der ihm, egal was es passieren sollte, sicher erschien, und dürfte von dort die nächsten Schritte nur aus seiner und sonst keiner Sicht geplant haben.
Yukiie Minamoto machte den Eindruck, als sei sein ganzer Körper voller kluger Ideen und er wisse mit so vielen Ideen gar nicht umzugehen. Der ehemalige Tenno und Yoshinaka Kiso dürften in seinen Augen wie ideenlose Dummköpfe erschienen sein.
Yukiie war bereits am Vorabend in die Provinz Kawachi einmarschiert. Man kann sich vorstellen, wie er mit seinen schlauen Augen und Ohren auf die Geräusche der Welt horchte, sich aus einem Fenster in der Burg Ishikawajo lehnte und dachte: „Es wird unweigerlich etwas passieren. Der jetzige Zustand wird auf keinen Fall ewig so bleiben. Aber wenn ich im Lager des ehemaligen Tennos bleiben und Yoshinaka siegen würde, würde er mich nicht am Leben lassen. Kann Yoshinaka auf der anderen Seite in der Hauptstadt überleben? Auf keinen Fall. Für Yoshinaka ist die Hauptstadt der Abgrund, in den er hineinstürzt.
Die Lage des ehemaligen Tennos dagegen ist die einer schwimmenden Qualle im Meer. Alles in allem läuft es darauf hinaus, dass Yoritomo im Zentrum stehen wird.
Yoritomo und ich stehen seit Jahren leider nicht gerade in einem erfreulichen Verhältnis. Jawohl, der Oberkommandierende General, der in die Hauptstadt einmarschieren soll, soll sein jüngerer Bruder, Herr Yoshitsune, sein, habe ich gehört. Zuerst sollte ich Yoshitsunes Kampf unterstützen, und danach allmählich ... Das ist es, dann allmählich ...“
Schwache Adelige, starke Adelige
Kisos Truppen ahnten nicht, dass Yukiie Minamoto bereits verschwunden war.
Sie umzingelten den Schilfpalast: „Jetzt! Lasst die Pfeile los!“
Sie stellten eine Reihe von Schützen mit gespannten Bögen auf und schossen probeweise alle auf einmal Pfeile auf die Fenster, die Außenfenster und Zimmertüren und unter den Boden. Es war eine Drohung.
Im Palast befanden sich nur wenige Hausangestellte, Knechte und Mägde, und sie stürzten panisch aus dem Haus. Einige wurden sofort von den erbarmungslosen Pfeilen niedergestreckt, andere schrien auf und flohen wieder ins Haus zurück.
„Das Haus ist schlecht bewaffnet. Wir dringen ein.“
„Überseht keinen, der wie ein Krüppel aussieht!“
Die Samurai stürzten mit ihren Straßenschuhen ins Hausinnere. Sie rissen Balken ein und stießen die Holztüren und die Schiebetüren mit den Füßen nieder. In diesem Krach durchsuchten und zerstörten sie mit blutrünstigen Augen das ganze Haus.
Als es sich herausstellte, dass alles vergeblich gewesen war, stampften Yukichika und seine Samurai vor Wut auf den Boden. Plötzlich hörten sie Schreie von draußen: „Zündet das Feuer an! Verbrennt alle, die darin stecken!“
Unerwartet waren Yukichikas Soldaten von den Soldaten des ehemaligen Tennos umzingelt worden.
Allerdings schienen diese Samurai vernünftig zu agieren, da dieses Gebäude ein Teil des Palastes war.
Eine laute Stimme, wahrscheinlich ein Anführer, schrie gleich den Mann an, der den Schilfpalast verbrennen wollte: „Um Gottes Willen, nicht! Überall in der Nachbarschaft gibt es wertvolle Häuser und der Sitz seiner Majestät ist auch nicht weit von hier. Ihr dürft nicht leichtfertig Feuer legen. Schießt Pfeile nach drinnen! Durchsiebt sie mit Pfeilen! Schlagt die Affen aus Kiso, die aus dem Haus herauskommen, einen nach dem anderen nieder!“
Die Soldaten des ehemaligen Tennos griffen Yukichikas Soldaten mit einer großen Wucht an.
Sie waren der Truppe von Kisos Samurai im Haus zahlenmäßig anscheinend deutlich überlegen. Wenn man sein Gesicht in einer Holztür sehen ließ, wurde man sofort mit Pfeilen beschossen, sodass man durch ein Loch in der Wand nach draußen spähen musste. Man stellte fest, dass draußen nicht nur reguläre Soldaten waren, sondern auch Mönche in Lumpen, Straßenjungen und ein Haufen von Männern, die nicht einmal einen Knieschutz anhatten.
„Es ist wahnsinnig, dass sie die Soldaten des Hofes des ehemaligen Tennos sein sollen.“
Yukichika Nenoi lachte herablassend über die Lumpensoldaten des Hofes und sagte: „Yukiie scheint samt seinen Stammesangehörigen sofort so getan zu haben, als sei er ein treuer Diener des ehemaligen Tennos. Er scheint den Hof zu bewachen.
Wenn es so weit gekommen ist, ist alles völlig egal. Wir zünden das Feuer selbst an. Wenn Yukiie das Feuer sieht und hierher zurückkommt, spielt uns das in die Karten.“
Im Ofen in der Küche glühte das Feuer, das die Hausknechte vorbereitet hatten, noch rot. Die Soldaten nahmen die noch brennenden Holzstücke in die Hände, trugen sie weg und verteilten sie überall im Gebäude.
„Was, was? Aus dem Gebäude steigt schwarzer Rauch.“
„Oh, ein Feuer! Sie haben Feuer gelegt.“
Die irritierten Stimmen kamen von draußen. Überall schoss Rauch aus dem Haus.
Gleichzeitig sprangen Kisos Soldaten mit einer noch stärkeren Wucht heraus als vorher. Ihr Angriff hatte die gleiche mörderische Kraft wie das Feuer.
Jedes Mal, wenn Kisos Samurai ihre großen Schwerter, ihre langen mit Schnur umwickelten Schwerter und ihre Hellebarden schwenkten und einzelne Feinde niederschlugen, die in alle Richtungen flohen, war ihre Mundart aus den Bergen zu hören, die sie sonst im Alltag nie sprachen. Die Tonart dieser bedeutungslosen Worte versetzte die Feinde in große Angst, weil es klang, als seien sie fremdartige Zaubersprüche. Der Ring der Soldaten seiner Majestät hatte Yukichikas Samurai umschlossen, aber löste sich langsam auf, so wie Laubblätter vom Winde verweht werden.
Heftige Flammen bedrohten die Menschen mit lautem Knistern von hinten.
Yukichikas Soldaten jagten unterdessen weiter den fliehenden Feinden des Hofes hinterher und stürzten in den großen Garten des Palastes. Die helle Flammensäule, die das große Schilfdach des Schilfpalastes auffraß, strahlte so hell, dass die wütenden Samurai vor dem Gebäude wie schwarze Ameisen erschienen. In diesem Moment leuchteten die großen Dächer des Westpalasts, des neuen mittleren Palastes, des Osthauses, das Wasser und die Bäume um das Teichhaus und den Bergbach plötzlich heller auf als am Tag. Sie verschwanden jedoch gleich wieder in dem trüben Morgendunst.
Wahrscheinlich war das Chaos im Hohen Saal des Palastes so dramatisch, dass man es nicht mit Worten beschreiben konnte. Natürlich sahen und glaubten sie, dass dieser Angriff von Yoshinaka Kiso sorgfältig geplant gewesen wäre.
„Ach Gott, die Aufständischen sind von der Rückseite hereingekommen.“
„Wo ist Tomoyasu, der zum Koordinator des Krieges ernannt worden ist?“
„Passt auf die Pfeile auf! Sie schießen in alle Richtungen.“
„Wo ist seine Majestät der ehemalige Tenno?“
„Die Samurai sollen sich auf dem Außenflur um das Haus des Himmelssohnes als Menschenschild aufstellen!“
„Seht da! Sind es Männer von Kiso oder unsere Leute?“
Jeder Stimme war die Aufregung und Verzweiflung anzuhören.
Trotzdem verhielten sich nicht alle Adeligen ängstlich.
Zu jeder Zeit waren unter ihnen auch die harten Knochen, die eine Partei der Falken unter ihnen bildeten und behaupteten, auf Gewalt mit Gegengewalt antworten zu müssen.
Unter diesen engsten Mitarbeitern des ehemaligen Tennos reagierte die Gruppe der Hardliner mit Widerstand. Es waren unter anderen der Sohn des Hauptabteilungsleiters des Schreibers Yorinari, der Leiter des Wasseramtes Chikanari, der Generalleutnant der Provinz Omi Tamekiyo, der Generalmajor der Provinz Echizen Nobuyuki, der Leiter des Pferdestallamtes der rechten Seite Suketoki, der Staatssekretär Toshitsune sowie der Ministerialdirektor der rechten Seite Kanemitsu. Sie hatten immer gewarnt:
„Wir dürfen Kiso nicht in den Staatsdienst einstellen“,
und waren mit der Linie einverstanden: „Wir sollen Kiso vernichten.“ Unter den jetzigen Umständen durften sie natürlich nicht wackeln. Sie legten alle Schuppenpanzer an:
„Auch wenn wir es nicht gewohnt sind, mit Pfeil und Bogen umzugehen, dürfen wir den verbotenen Palast nicht von diesen niederen Männern aus den Bergen zerstören lassen.“
Sie standen an den Geländern um das Gebäude und bildeten eine Gruppe unter dem Vordach. Sie zeigten einen noch stärkeren Kampfgeist als bei der Zeremonie des sogenannten Donnerschlages im Palast. Ihre Aufmachung leuchtete strahlend hell.
Aber einige Adelige vertrauten hinter ihrer leeren Haltung eines Möchtegernkriegers doch Yoritomo Minamoto:
„Bald wird Yoritomo Minamoto in die Hauptstadt einmarschieren. Yoritomos jüngerer Bruder Yoshitsune wird als erster kommen.“
Aber was sie in noch stärkeres Zittern versetzte, war die extrem schnell einsetzende Zuspitzung der Lage. Das hatte ihre Erwartung weit übertroffen. Sie schienen nicht gedacht zu haben, dass so früh eine militärische Auseinandersetzung ausbrechen würde.
Ein kriegerisches Ereignis wurde immer so geführt, dass man die Feinde überraschte.
Dass es früher als gedacht passierte, war nicht nur der Eindruck der adeligen Seite. Es galt auch für Yoshinaka.
Auch er dürfte sich erschreckt haben, als er den schwarzen Rauch sah. Er hatte nun zwei Möglichkeiten:
Er konnte sein Handeln bereuen, auf dem Boden strampeln und sagen: „Mist!“ Oder er konnte einen Entschluss fassen: „Wenn es so weit gekommen ist, müssen wir wohl da durch.“ Auf jeden Fall hatte auch er das Feuer an diesem Morgen nicht einkalkuliert.
Möglicherweise machte sich der Gott, der alle Schicksale in der Hand hielt und die Menschen gerne mal an der Nase herumführte, sich über seine Verwirrung und Aufregung lustig.
„Dumme Kerle sind sie. Selbst Higuchi scheint den Fluss überquert zu haben. He, Kaneyuki!“
Yoshinaka saß westlich vom Ufer an der siebten Jo auf seinem Pferd und rief Kaneyuki Ochiai, einen seiner Samuraianführer aus der Gruppe von hinten, herbei.
„Frag ihn, warum seine Truppe den Fluss überquert hat und eine interne Auseinandersetzung verfolgt, obwohl er selbst mir etwas Gegenteiliges mitgeteilt hat. Du sagst Kanemitsu Higuchi, er soll sofort zurückkommen. Nicht nur Higuchi, teile auch Yukichika Nenoi, Kanehira Imai und den anderen mit, dass sie sich sofort zurückziehen sollen.“
So lautete sein Befehl.
„Jawohl, ich habe verstanden.“
Die kleine Einheit von Yoshinakas Samuraianführern begann auf das andere Ufer überzusetzen. Aber sie wurden von der heftigen, trüben Strömung des Schneeschmelzwassers behindert. Zwei, drei Fußsoldaten verloren ihren Stand, wurden mitgerissen und krochen fünfzig Meter flussabwärts auf das Ufer.
„Seht euch das an! Sie haben keinen starken Willen, diese Kerle“, grinste Yoshinaka. „Dieser Fluss mit dem Schneeschmelzwasser erinnert mich an den Fluss Shinanogawa in unserer Heimat. Auf den Bergen müsste es ganz viel geschneit haben.“
Yoshinaka ließ seine Augen für eine Weile über den Himmel und die flussaufwärts liegenden Berge von Hieizan und Kuramayama streifen, während er auf dem Pferd saß und wartete.
Dann entdeckte er plötzlich weit entfernt flussaufwärts etwas Überraschendes.
Die Sonne war gerade aufgegangen und der morgendliche Dunst war so dick, dass es schwierig war, es verlässlich festzustellen. Aber es sah wirklich danach aus, als ob es auf dem Deich und vor den Häusern am Fluss von Mönchssoldaten wimmelte.
Sie schienen sich weder zurückzuziehen noch vorzurücken. Sie schrien etwas Unverständliches und bedrohten ihren Gegner beziehungsweise demonstrierten ihre Macht.
„Oh, die Bergmönche sind vom Berg gekommen. Die Mönche von Hieizan haben sich offensichtlich vom starken Getue des ehemaligen Tennos hinreißen lassen und kommen ins Dorf runter. Wie frech!“
Yoshinaka war unbeschreiblich besorgt und zornig.
Er hatte seine Maßnahmen gegenüber Hieizan keineswegs vernachlässigt und sein Hauptquartier damals vor dem Einmarsch in die Hauptstadt sogar noch nach Hieizan verlegt. Er kannte sich mit der Machtposition des heiligen Hieizan und Enryakuji aus.
Deshalb hatte er immer wieder ein Schreiben zum heiligen Berg geschickt, wenn er mit dem ehemaligen Tenno in einen Streit geraten war, um eine Zusicherung von Enryakuji einzuholen. Eine Zusicherung nämlich, die neutrale Position zu bewahren. Und so glaubte Yoshinaka brav, dass Hieizan weder Goshirakawa noch Kamakura militärisch unterstützen würde.
„Mitsusada! Mitsusada!“
„Jawohl!“
„Du versetzt deinem Pferd einen Hieb mit der Peitsche und siehst nach, was da los ist. Was macht diese Armee da, die man von hier aus sehen kann und die nach den Mönchstruppen von Enryakuji aussieht?“
Als Mitsusada Suwa auf diesen Befehl sein Pferd in Richtung der fünften Jo antrieb, sah man im Schatten des Berges auf der anderen Uferseite, wo es am Morgen etwas später hell wurde, südlich der Bergspitze von Amidagamine, deutlich, dass schwarzer Rauch aufstieg.
„Na nun, was ist das für Rauch?“
Yoshinaka, der nichts davon wusste, dass ein Teil seiner Soldaten bereits in den Garten des Hofes des ehemaligen Tennos hineingestürmt war und das Feuer angezündet hatte, wartete ungeduldig auf die Nachricht:
„Kaneyuki ist immer noch nicht zurück. Was macht Higuchi?“
„Takanobu, du reitest hin und holst sie herbei.“
So schickte er einen zweiten Samuraianführer zum gegenüberliegenden Ufer. Aber der Samurai Mitsusada Suwa, der noch vor Takanobu Takanashi zur fünften Jo geritten war, war so eilig zurückgekommen, dass sein Pferd vor Schweiß glänzte.
„Ich, Mitsusada, habe mir die Situation genau angesehen. Wie Sie gesagt haben, besteht die Truppe auf der anderen Seite in der Tat aus den Mönchen von Enryakuji. Es sind etwa dreihundert Mann. Sie haben Waffen bei sich und machen Lärm.“
„Sie sind wirklich von Enryakuji? Wenn sie das Mönchsvolk von Enryakuji sein sollen, sind sie aber zu wenig.“
„Nein, nein. Sie können von hier aus nur eine Truppe sehen, aber wenn Sie auf der Brücke der fünften Jo stehen, sehen Sie, dass östlich auf der Großen Allee der Wagen und an der von Kiefern gesäumten, Großen Allee von Omiya weitere Truppen von fünfhundert bis siebenhundert Mann verteilt sind. Es sind insgesamt mehr als eintausend Mann. Da aber der Weg zum Palast des ehemaligen Tennos von der Truppe des Herrn Kanemitsu Higuchi abgeschnitten ist, scheint es, dass sie zwar Lärm machen, aber nicht angreifen.“
„Wie bitte? Ist Higuchi nach Rokuhara geritten? Was ist mit dem Feuer am Fuße der Berge?“
„Das muss der Schilfpalast sein.“
„Das Wohnhaus meines Onkels Yukiie Minamoto, nicht?“
„Nun, in der Gegend hört man Pfeile sausen. Es ist bereits eine Kampfhandlung im Gange.“
„Was, eine Kampfhandlung? Wer hat eine solche Anweisung gegeben? Sicher nicht Higuchi. Imai auch nicht. Jetzt verstehe ich, warum Kaneyuki Ochiai und Takanobu Takanashi nicht zurückgekommen sind, nachdem sie den Fluss überquert haben. Ich kann sie nicht im Stich lassen.“
Eine krisenhafte Situation war entstanden, die unweigerlich seinen klaren Entschluss verlangte, was Yoshinaka entgegenkam. Er schrie laut einen Befehl.
Gleichzeitig trieb er sein Pferd durch das spritzende Wasser, ritt zur Sandbank mitten im Fluss, überquerte den trüben Fluss und steuerte geradewegs auf das andere Ufer zu, sodass Chikatada Tate und andere Samuraianführer auch losstürzten:
„Jetzt, unserem Herrn hinterher!“
„Jetzt hat unser Oberkommandierender General entschieden, dass der Krieg gegen den ehemaligen Tenno unvermeidbar ist.“
„Männer, zeigt eure Leistungen!“
Sie sprangen zum östlichen Ufer hinüber, ihm hinterher, ließen den Pferden keine Atempause und trieben sie immer weiter.
Auf ihrem Weg lagen gebrochene Bögen, unzählige Pfeile und zurückgelassene, mit Schnur umwickelte Schwerter, die von dem blutigen Kampf im Morgengrauen zeugten. Ob Feinde oder eigene Leute, die Samurai lagen unbeweglich auf dem Bauch oder auf dem Rücken, und Yoshinaka ritt zwischen den Leichen hindurch.
Mehrmals flogen Pfeile rauschend an Yoshinakas Körper vorbei. Beinahe hätten sie ihn getroffen. Dieses Rauschen klang in den Ohren eines Samurais wie eine Todesflöte.
Plötzlich wurde Yoshinaka von irgendwoher angesprochen:
„He, derjenige, der da reitet, ist doch der junge Herr von Kiso, nicht wahr? Herr General aus den Bergen von Kiso, wohin reitest du mit blutunterlaufenen Augen?“
Yoshinaka hielt sein Pferd an und blickte hinauf.
Wahrscheinlich hatte er bereits eine Ecke des Hofes erreicht, denn oben auf einer hohen Mauer stand ein adeliger Samurai, der wahrscheinlich auch ein General war.
„Ich habe dich von Anfang an durchschaut. Ich wusste, dass du irgendwann einen Aufstand planst, und endlich hast du dein wahres Wesen gezeigt, nicht? Du tust mir leid, Mann vom Lande, du bist ein Verbrecher, bleib da, wo du hingehörst! Hast du nicht verstanden, dass du deine Pfeile gegen den Himmel und die Sonne richtest, und schließlich selbst tödlich von deinen eigenen Pfeilen getroffen wirst.“
„Hm, was sagst du?“
Yoshinakas Augen leuchteten wie ein glühender Tiegel, als er diesen Mann anschaute.
Der adelige General auf der Mauer hatte zwar einen Hand- und Knieschutz an, aber darunter trug er nur ein Unterkleid aus rot-golden gewebter Seide. Auf seinem Kopf saß ein Kronenhelm. Er hielt in der einen Hand eine Hellebarde, in der anderen Hand ein religiöses Werkzeug einer handlichen Waffe mit Schellen. Er schwenkte diese Schellen immer wieder und schrie irgendwelche Worte, die nach einem Zauberspruch klangen.
„Uahahaha.”
Yoshinaka lachte mit aufgerissenem Mund. Es war eine solche Art von Lachen wie die eines Kindes, wenn es sich über einen göttlichen Tanz amüsierte. Aber sein ganzer Körper war erfüllt von Zorn und Hass gegenüber diesem Mann:
„Ach, du warst mal als Bote des ehemaligen Tennos in meinem Haus an der sechsten Jo. Du bist ein dummer Adeliger, noch grün hinter den Ohren, und heißt Direktor der Trommel Tomoyasu, nicht wahr?
Derjenige, der nicht weiß, wohin er gehört, bist du. Das hast du gut gesagt. Ja, das ist interessant. Lass uns testen, ob der Pfeil, den wir in den Himmel schießen, mich, Yoshinaka, trifft oder auf deinen Kopf fällt und dich tötet. Bleib da stehen!“
Yoshinaka zog über die Schulter einen Pfeil aus dem Köcher und spannte ihn auf seinem Bogen. Sofort stieß der Direktor der Trommel Tomoyasu einen schrillen Schrei aus und verschwand hinter der Mauer.
Feuerpfeile
Was passierte, als er dort hinunterfiel? Plötzlich brach ein dröhnendes Gelächter von vielen Menschen hinter der Mauer aus.
Es musste eine lustige Situation sein. Es entstand ein so großer Lärm, dass man für den Moment vergaß, dass gerade gekämpft wurde.
Das Schauspiel, wie der Direktor der Trommel Tomoyasu auf der Mauer mutig große Worte schwang, aber dann gleich völlig verängstigt in sein eigenes Lager hinunterstürzte, als Yoshinaka mit einer einzigen Beschimpfung seinen Pfeil auf ihn schoss, war kein rühmliches Bild. Die Männer hielten sich die Bäuche vor Lachen über ihn.
Aber Tomoyasu war hartnäckig und kroch ein weiteres Mal auf die Mauer. Er musste seinen guten Ruf gegenüber seinen eigenen Leuten verteidigen.
„Hört, ihr Männer aus den Bergen von Kiso, wenn ihr Ohren habt!“ spielte Tomoyasu noch dreister einen starken Mann und protzte mit seiner Aufmachung als Oberkommandierender General der Adeligen.
„Wenn ihr eure Bögen gegen keinen geringeren Herrn als den Himmelssohn spannt, werden eure Gesichter bis in die Ewigkeit unweigerlich mit dem Schandfleck der Aufständischen gebrandmarkt. Wenn früher ein persönlicher Erlass des ehemaligen Tennos herauskam, gingen sogar an verwelkten Bäumen die Blüten wieder auf, flohen verhasste Feinde, und stürzten fliegende Vögel zu Boden. Auch wenn die Welt einer Endzeitstimmung ähnelt, hat nicht einmal die Familie Taira eine solche Frechheit gewagt wie ihr. Die Götter werden euch und eure Stämme ganz bestimmt bestrafen.“
Daraufhin begannen Kisos Truppen zu lärmen, aber Yoshinaka sah man bereits nicht mehr unter ihnen. Er war längst weitergeritten.
Als Tomoyasu davon erfuhr, nahm seine rhetorische Rede noch mehr Fahrt auf. Er schüttelte die Schellen in seiner linken Hand, hielt die Hellebarde in seiner rechten; der Kronenhelm auf seinem Kopf, auf dem die Namen der Vier Himmelskönige Jikokuten (der Himmelskönig des Ostens), Komokuten (der Himmelskönig des Westens), Zojoten (der Himmelskönig des Südens), Tamonten (der Himmelskönig des Nordens) und anderer eingraviert waren, zitterte. In seinem rot-goldenen Unterkleid und seiner merkwürdigen Aufmachung rannte er auf der Mauer hin und her.
„Trotzdem lasst ihr euch von einem gewalttätigen Mann wie Yoshinaka Kiso anführen. Und was macht ihr, wenn ihr auch noch euer Leben verliert? Wenn ihr auf der Stelle aufgebt und zu uns ins Lager des ehemaligen Tennos überlauft, könnt ihr eure Leben bewahren und später als Samurai der Garde im Palast eine Stelle bekommen. Vor allen Dingen bekommen die Menschen dieser Welt keine Lebensmittel, wenn der persönliche Erlass des ehemaligen Tennos nicht befolgt wird.
Deshalb hat sich auch der stellvertretende Direktor der Provinz Shinano, Saburo Murakami, von Yoshinaka Kiso abgewendet und die Bewachung des Palastes übernommen, nicht wahr. Jeden Tag werden immer mehr von eurem Haufen vernünftig und kommen zu uns auf die Seite des ehemaligen Tennos. Noch ist es nicht zu spät. Gebt auf! Macht nicht den Fehler, eure Bögen und Pfeile gegen uns einzusetzen! Verlasst Kisos Truppen und kommt zu uns!“
Er glaubte an das, was er rief. Er schwenkte die Schellen und schrie, bis seine Stimme heiser wurde.
Als die Adeligen seines eigenen Lagers ihn sahen, sagten sie, so wurde überliefert: „Tomoyasu war von dem langnasigen Spuk besessen.“ Aber ihm selbst war so zumute, dass er nur seiner Überzeugung folgte. Und seine Überzeugungskraft verschaffte ihm in der Tat das Gehör der Feinde. Unter den Soldaten von Kisos Truppen, die draußen vor der Mauer standen, machte sich tief hinter ihren konzentrierten Blicken plötzlich so etwas wie Unentschlossenheit breit.
„He, der Kerl, der Direktor der Trommel heißen soll, tanzt und dröhnt wieder auf der Mauer. Es ist zwar leicht, ihn niederzuschießen, aber er ist ein lustiger Vogel. Fang diesen Lustvogel lebend!“
Kaum hatte einer der Samuraianführer von Kisos Truppen, Shiro Hoshina, diesen Befehl geschrien, meldete sich sofort ein Mann, der sich Arajiro Mukoda nannte, sprang auf die Schultern der eigenen Männer und erklomm die Mauer.
„Wer ist das?“
Der überraschte Direktor der Trommel warf sofort seine Handwaffe mit den Schellen des Donnergottes ins Gesicht des Samurais. Als sein Gegner das Gesicht abwendete, schlug Tomoyasu mit seiner Hellebarde mit voller Kraft auf dessen Helm los.
Der Eisenhelm des gegnerischen Samurais gab einen hellen Klang von sich, aber der Schlag schien seinen Kopf nicht verletzt zu haben. Umgekehrt zog dieser jetzt den Griff der Hellebarde von Tomoyasu an sich und wollte ihn zu Boden stoßen.
Aber der Direktor der Trommel war nicht dumm, er tat so, als ob er der Bewegung des Samurais nachgeben würde, und ließ plötzlich die Hellebarde los, sodass sein Gegner zusammen mit der Hellebarde außerhalb der Mauer auf den Boden stürzte. Dann sprang Tomoyasu wieder in den Innenbereich der Mauer zurück.
Gleichzeitig hörte man laute Hurra-Schreie hinter der Mauer. Diesmal war es keine Beleidigung. Es war der Freudenschrei seiner eigenen Leute, die seinen Mut und seine Klugheit hochpriesen.
Arajiro Mukoda war bitter enttäuscht. Er sprang sofort auf, kletterte wieder auf die Mauer, sagte seinen Männern: „Kommt mit mir!“ und sprang in den Haufen der feindlichen Soldaten hinein.
„Opfert Arajiro Mukoda nicht! Folgt ihm!“
„Steigt auf die Mauer und springt hinüber!“
„Durchbrecht die Mauer!“
Ein anderer Samurai aus Kisos Truppe, Shiro Hoshina und seine zwei-, dreihundert Männer bildeten eine Menschenmauer, überwanden die Mauer des Palastes und stürmten in den inneren Garten des Hofes.
Eine Ecke der Mauer wurde damit durchbrochen.
Diese Truppe hatte sich in den Garten des Hofes zurückgezogen, ohne die Gegner vorher mit Pfeilen von der Entfernung anzugreifen. Sie wagten sich direkt in den Nahkampf und waren außerordentlich mutig. Ein Haufen von führungslosen Soldaten des Hofes, die von dem adeligen Oberkommandierenden General angeführt wurden, war eigentlich gar kein Gegner für Kisos Soldaten.
Aber da der Garten des Hofes unheimlich groß war, war dieser Kampf keine Schlacht, die den gesamten Verlauf der Auseinandersetzung erschüttert hätte.
Die Situation war in der Tat so zu betrachten, dass der wirklich harte Kampf an diesem Tag sich am West-Tor zutrug, das in die Provinz Yamato führte und zu dem Yoshinaka Kiso geritten war. Denn dieser lag nah am Zentrum des Palastes des ehemaligen Tennos, sodass auch die Samurai des Hofes diese Stelle offensichtlich mit der größten Kraftanstrengung zu verteidigen versuchten.
Hinzu kam die Tatsache, dass dort der stellvertretende Direktor Saburo Murakami zum Kommandanten der Verteidigung ernannt worden war. Das war mit ein Grund dafür, dass der Kampf an dieser Stelle äußerst heftig war.
Saburo Murakami war eine Person, die von Kisos Seite zum Lager des Hofes des ehemaligen Tennos übergelaufen war. Für Kisos Samurai war er also ein Mann, mit dem sie niemals mehr zusammen in den Himmel hinaufblicken könnten. Als Kisos Soldaten ihn dort entdeckten, konnten sie ihren Hass nicht mehr zügeln. Der General Kanehira Imai und Goro Monoi, die vorher schon dort gekämpft hatten, schrien:
„Wir sind dir endlich begegnet, stellvertretender Direktor.“
„Wir ziehen erst von hier ab, wenn wir dich getötet haben.“
Sofort eröffneten sie eine heftige Pfeilschlacht. Gleich danach rannten sie über die vielen Pfeile, die auf dem Boden herumlagen, und stürmten durch die feindlichen Schilde hindurch.
Aber die Verteidigung des Hofes ließ sich nicht einfach überrennen. Der Generalleutnant der Provinz Omi Tamekiyo, der Generalmajor der Provinz Echizen Nobuyuki sowie andere befanden sich in diesem Verteidigungslager. Die Truppe von Kisos General Kanehira Imai wurde aus zwei Richtungen eingeklemmt und verlor ihren Fluchtweg. Außerdem waren Kisos Soldaten schon seit der Morgendämmerung ununterbrochen im Kampf. Die Soldaten waren hungrig und vor Ermüdung so schwerfällig wie Blei.
Dann hörten sie Yoshinakas Stimme:
„Seht da! Geht zur Rettung hin! Rettet Imai!“
Wie sehr die Hilfstruppe ihres Herrn sie wieder ermunterte!
Kisos Soldaten dröhnten erneut ihre Schlachtrufe, schlugen die Truppe des abtrünnigen Saburo Murakami nieder und schlugen bis zur Unkenntlichkeit auf den Verräter in dessen zusammenbrechender Truppe.
Die neue Hilfstruppe, die Yoshinaka mitgebracht hatte, verfolgte indessen den Generalleutnant der Provinz Omi Tamekiyo. Ein ganzer Haufen von Kisos Reitern krallte diesen von ihren Pferden aus mit ihren Harken, kesselte ihn ein und köpfte ihn.
Außerdem schossen sie mit Pfeilen auf den Generalmajor der Provinz Echizen Nobuyuki. Er rollte von seinem Pferd auf die Erde und wurde am Ende auch enthauptet. Damit brach die Verteidigung des Hofes des ehemaligen Tennos auf ganzer Linie zusammen. Die Truppen des Hofes flohen in die Tore des Palastes hinein. Kisos Truppen stürmten erdrutschartig in den Palast. Yoshinakas Pferd wieherte immer wieder und ritt auch hinein.
Alles hatte sich bereits in eine Höllenlandschaft verwandelt. Es gab keinen einzigen Samurai, der nicht vom Blutdurst berauscht gewesen wäre.
„Gut, der Feind verliert die Ordnung.“
Kisos General Kanehira Imai warf den Kopf des stellvertretenden Direktors Saburo Murakami, den er eben von seinen Leuten bekommen hatte, in ein Gebüsch, als sei er ihm lästig geworden.
„Hallo, Shichiro Sai. In deinem Köcher stecken noch Rübenpfeile, nicht wahr. Gib mir einen davon!“
Er stoppte Shichiro Sai, der vor ihm ritt.
„Was willst du mit meinem Rübenpfeil?“
„Ich benutze ihn als Feuerpfeil.“
Kanehira Imai ließ seine Soldaten glimmende Feuerreste einsammeln, die die feindlichen Soldaten hinterlassen hatten, und den Kopf des Rübenpfeils damit füllen. Man legte die Feuerklumpen in den knollenförmigen Pfeilkopf, der hauptsächlich dazu diente, beim Fliegen ein lautes Geräusch zu machen. Das Feuer glomm darin wie in einem zugedeckten Weihrauchfass.
Kanehira spannte diesen Pfeil auf seinen Bogen, zielte auf das große Dach des Palastes des ehemaligen Tennos und schoss. Während der Pfeil noch im Flug pfiff, zog er bereits eine dünne Rauchlinie hinter sich her und verlor kleine Funken. Der Feuerpfeil flog immer weiter.
Sekunden später stieg dünner Rauch von der Ecke des Daches an der Giebelseite im Ostgebäude auf.
Das Dach des mittleren neuen Palastgebäudes fing auch an zu brennen. Außerdem stiegen von den Tordächern hier und da Rauchwolken empor. Es gab schon gar keinen Bereich mehr, der nicht unter dem Rauch stand.
Immer wieder stießen Stichflammen wie ein Blitzschlag in den Himmel. Als die Männer und Frauen des Palastes sahen, dass das Feuer entlang der großen Dachrinne lief und schwarzer Rauch aus dem großen Vordach quoll, konnten sie es nicht mehr ertragen, im Gebäude zu bleiben, und stürzten wie ein Bienenschwarm aus dem Gebäude. Sie schrien, verloren ihre offiziellen Trachten, reckten ihre Hände zum Himmel und wussten nicht, wohin sie laufen sollten. Dienstmägde und -mädchen wurden vom Pfeilregen getroffen und fielen zu Boden.
Wenn man auf die liegenden Frauenkörper trat, schrie keine von ihnen mehr auf.
Sie waren fast nackt. Ihre sehr langen, hübschen Haare, auf die sie immer stolz gewesen waren, störten eher und waren jetzt ein Hindernis. Die Frauen wurden von den grausamen Soldaten an der Hand gefasst, auf hässliche Weise auf den Boden gedrückt und begrapscht oder in den Rauch gezogen. Man musste sich fragen, ob dies alles noch in dem verbotenen Palast geschah.
Aber diese Frauen hatten sogar noch Glück, denn sie blieben am Leben. Der Gouverneur der Provinz Hoki, Mitsutsuna, und sein Sohn Mitsutsune wurden dagegen auseinandergetrieben, an verschiedene Orte gebracht und beide getötet. Das Oberhaupt der Tendai-Lehre, Bischof Myoun, wollte auf einem Pferd fliehen, wurde von einem Samurai Kisos angeschossen und zusammen mit dem Pferd getötet. Sein Leben und das des Pferdes erloschen mit einem kurzen Blutspritzen.
Von den Mönchen wurde der in den Buddhismus eingetretene Prinz Ene getötet. Außerdem lagen überall Leichen der Mönche von Kofukuji, Nara und Enryakuji.
Diese Mönche und Gelehrten waren zu einer geheimen Beratung über die Bestrafung von Yoshinaka Kiso eingeladen gewesen, hatten dann aber nicht mehr aus dem Palast hinausgehen können und sich zusammen im Palast eingeschlossen.
Bei dieser Schlacht gab es jedoch weder innerhalb des Hofes noch in Kisos Armee eine richtige Kommandostruktur. Es herrschten weder Strategie noch Ordnung. Ein kleiner Anstoß hatte ausgereicht, um die schon immer vorhandene, gegenseitige Aversion und die machthaberischen Gebärden aus eigener Dynamik zur Explosion zu bringen.
Es war ein Streit zwischen einer dummen Masse und einer anderen dummen Masse.
Aber mitten in diesem dummen Haufen befand sich auf der einen Seite kein Geringerer als der absolute Herrscher. Auf der anderen Seite agierte der selbstsüchtigste Mann der Zeit, der Oberkommandierende General der Aufgehenden Sonne Yoshinaka. Man kann dieses Ereignis selbstverständlich als einen großen Aufstand gegen den absoluten Herrscher des Landes bezeichnen. Und in der Geschichte des Landes fiel der Palast zum ersten Mal dem großen Feuer des Krieges zum Opfer.
Als das Ostgebäude und der mittlere neue Palast anfingen zu brennen, war es schon Mittag, aber der Schilfpalast und die umliegenden Gebäude waren bereits am Morgen von der Truppe von Yukichika Nenoi in Brand gesetzt worden. Die Samurai seiner Truppe waren auf der Suche nach Yukiie Minamoto gewesen, um ihn gefangen zu nehmen. Die Truppe war nahtlos dazu übergegangen, den nordöstlichen Teil des Gartens des Hofes zu verwüsten.
Diesen tobenden Samurai, die nur nach dem eigenen Gefühl handelten, gingen bald die Pfeile aus und sie wurden müde. Ihre Schwerter und ihre mit Schnur umwickelten langen Schwerter waren satt von dem Blut, das sie aufgesogen hatten:
„Kommt zusammen! Versammelt euch vor dem Pferd unseres Oberkommandierenden Generals!“
Die Soldaten kamen mit der Zeit bei Yoshinaka Kiso zusammen, ohne klar einberufen worden zu sein.
Yoshinaka aber ließ seine Augen noch nicht ruhen.
Soweit er erkennen konnte, waren die Adeligen, die Beamten, die Samuraianführer und die Damen, ja sogar die einfachen Soldaten mit dem Rauch aus dem Hof geflohen. Das gesamte Gebiet des Palastes Hojuji stand unter seiner militärischen Kontrolle. Obwohl er das feststellen konnte, fragte er sich, ob und zu was die Besetzung des Hofes und diese primitive Genugtuung nützten.
Er musste in seiner düsteren Stimmung in dem schwarzen Rauch heftig husten.
„Jawohl, ich darf den ehemaligen Tenno Goshirakawa nicht entkommen lassen.“
Plötzlich wurde ihm der Fehler bewusst, der Taira unterlaufen war.
„Dumm bin ich.“
Nachdem er sich selbst beschimpft hatte, richtete er seine vor Aufregung funkelnden Augen auf seine Umgebung.
„He, He! Dumm bin nicht nur ich. Was habt ihr eigentlich damit bezweckt, als ihr eure Hände und Beine in Blut getaucht habt? Wozu strahlt ihr vor Stolz, dass ihr den Palast niedergebrannt habt? Unsere eigentlichen Gegner sind doch nicht die Adeligen oder die Frauen. Es ist der ehemalige Tenno Goshirakawa, der unsere Beute sein soll, die eingefangen werden muss. Sucht sofort nach ihm! Sucht nach dem ehemaligen Tenno!“
Er schickte die versammelten Truppen in alle Himmelsrichtungen. Damit hatte er zum ersten Mal als Oberkommandierender General der Armee einen Befehl erteilt.
Ein verlassenes kleines Boot
Am Fuße des Berges Kachozan, etwa unterhalb des Weges Kawarazaka, war kaum einer von Kisos Soldaten zu sehen.
Es gab viele Adelige, die sofort aus dem Palast geflohen waren, und einer, der am schnellsten geflüchtet war, war der Direktor der Trommel Tomoyasu.
Er hatte seinen schweren Kronenhelm weggeworfen, sich ein Damenkleid übergezogen, war im dichten Rauch hinausgeschlichen, hatte sich ein Pferd genommen und war so schnell wie er konnte gen Osten geritten. Es hieß, dieser Mann sei bald danach ununterbrochen bis nach Kamakura durchgeritten.
Dann war der Regent Motomichi Fujiwara gefolgt. Im Tagebuch „Gyokuyo“ ist zu lesen:
Herr Regent ist in Richtung Uji geflohen, noch bevor der Kampf begonnen hat.
Selbstverständlich hatte er nicht an der Spitze der Regierungstruppen gestanden. Er schien sogar noch vor dem ehemaligen Tenno Goshirakawa die Flucht ergriffen zu haben.
In der Tat dürfte Goshirakawa sich verantwortlich für diese Krise gefühlt haben. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Kampf ausgebrochen war, schien er sich voller Kampfgeist brüskiert zu haben: „Mich kriegen sie nicht.“
Er hatte mehrere Male gemurmelt: „Das ist bedauerlich.
Es ist eine Schande, dass ich von einem Kerl aus dem barbarischen Norden wie Kiso dermaßen erniedrigt werde.“
Zornig hatte er sich schließlich gezwungenermaßen in seine Sänfte gesetzt, als der Korridor des mittleren Hauses des Palastes bereits Feuer gefangen hatte.
Da die Sänfte erst spät hinausgetragen worden war, hatten die Soldaten, die ihn begleiteten, geschrien:
„Kommt zur Begleitung seiner Majestät! Leute, kommt zur Begleitung der Sänfte!“
Die Samurai, die zur Beschützung der Sänfte gekommen waren, waren nur noch wenige mehr als zehn Reitersoldaten gewesen.
Als seine Majestät im dichten Rauch fürchterlich hustend in Richtung der Großen Allee von Omiya hinausgehen wollte, hatte Kisos General Kanemitsu Higuchi die von Kiefern gesäumte Allee in dieser Richtung bereits abgesperrt. Dutzende Adelige waren schon festgenommen worden. Man hörte, dass sie an die Alleebäume gebunden worden waren. Die Eskortesoldaten des ehemaligen Tennos waren ratlos und unschlüssig: „Was machen wir jetzt?“ Daraufhin war aus der Sänfte die verärgerte Stimme seiner Majestät zu hören:
„Beeilt euch dann Richtung Süden. Wir gehen nach Kobata.“
Funken prasselten auf die Decke und die Leiste der Sänfte. Mehrere Male hätte die Sänfte beinahe Feuer gefangen. Dann schöpften der begleitende, stellvertretende Ministerialdirektor der linken Seite Mitsumasa, der Ministerialdirektor der rechten Seite Kanemitsu und der Leiter der Abteilung der Rüstungsläger Akizuna immer wieder Wasser aus dem Bach, der neben der Straße verlief, und gossen es über die Sänfte. Sie sagten dabei:
„Entschuldigen Eure Majestät bitte!“
Das Wasser verwandelte sich zischend in weißen Dampf, als symbolisierte es Goshirakawas Zorn selbst.
Als sie dann gerade auf der achten Jo nach Süden gingen, versperrte eine Truppe der Reitersoldaten den Weg und begann sofort, ununterbrochen Pfeile auf die Sänfte und die Begleitsoldaten seiner Majestät zu schießen.
„Um Gottes Willen, sie sind auch hier.“
„Das sind Kisos Leute, nicht wahr.“
Die Pferde wieherten ängstlich. Es gab auch schon einen Verletzten, der mit dem Zügel in der Hand aus dem Sattel stürzte.
„Ist der Weg hiermit zu Ende?“ Goshirakawa redete in seiner Sänfte mit sich selbst.
Seine Majestät hob den Vorhang der Sänfte selbst mit der Hand hoch und streckte den Kopf nach draußen, ohne verängstigt zu sein.
Goshirakawa hatte sein übliches Mönchsgewand an. Er trug nicht einmal seine Kopfbedeckung. Auf seinem riesigen kahlen Schädel, der in der Mitte eine Vertiefung hatte, sah man ungewöhnlich dicke blaue Venen pochen.
„Das ist nun also das Ende. Hm.“
Fast klang seine Stimme murrend.
„Munenaga, wir müssen einen kühlen Kopf bewahren.
Du reitest rüber und sagst, sie sollen mit dem unnötigen Schießen aufhören. Versuch diese blöden Soldaten vom Schießen abzuhalten“, befahl seine Majestät.
Der Generalmajor der Provinz Bungo Munenaga hatte ein Jagdkleid in Magnolienfarbe und einen Rabenhut an und ritt ganz allein nach vorne, in die Richtung, aus der die Pfeile kamen.
„Derjenige, der hier kommt, ist seine Majestät der ehemalige Tenno. Bewahrt euren Respekt! Macht keinen Fehler!“ schrie er aus der Entfernung.
Die Samurai hielten mit ihren Händen an den Bögen inne.
„Seine Majestät der ehemalige Tenno?“
„Um Gottes Willen, das ist der ehemalige Tenno Goshirakawa höchstpersönlich.“
„Jawohl. Das ist der, auf den wir lange gewartet haben.“
Munenaga schalt die Soldaten, die sich noch mehr aufregten:
„Wenn ihr seine Majestät grob behandelt, werdet ihr später schwer bestraft, obwohl es auf den heutigen Straßen nicht nach Ordnung aussieht. Stellt euch zuerst vor, von welcher Truppe ihr seid.“
Daraufhin stieg ein Samuraianführer am rechten Ende vom Pferd und teilte ihm mit:
„Ich bin von der Armee des Herrn Kiso und Bewohner der Provinz Shinano. Ich heiße Shigeyuki Yashima.“
Der Samuraianführer befahl seinen Soldaten, von den Pferden zu steigen und Respekt zu bekunden. Dann sagte er:
„Vorhin ist von meinem Herrn Yoshinaka Kiso die Anweisung erteilt worden herauszufinden, wohin seine Majestät der ehemalige Tenno gegangen ist. Ihr Schicksal endet hier. Egal wohin Sie fliehen, wird es kaum einen sicheren Weg geben. Wenn es keinen Unterschied macht, wohin Sie gehen, dann geben Sie sich in meine Hände. Wenn Sie nicht wollen, bin ich gezwungen, Sie mit meinen Pfeilen zu empfangen und gefangen zu nehmen.“
Es war trotz seines sanften Tones eine Drohung.
Er musste diese Worte nicht aussprechen; Goshirakawa hatte bereits den Entschluss gefasst aufzugeben. Seine Majestät dachte allerdings nicht, dass es seine endgültige Vernichtung wäre. Er hatte ein flexibles, strategisches Denkvermögen, auf das er sich immer verlassen konnte.
Er nahm die Realität als solche hin. Wenn er seine Lage so akzeptierte, dass es so nicht mehr weitergehen konnte, dürfte er in seinem Kopf bereits neue Ideen zum nächsten Umsturz und zu neuen Taktiken ausgearbeitet haben.
Seine Gesichtsfarbe nahm wieder ein normales Aussehen an. Unbeeindruckt teilte er mit: „Ich überlasse mich Shigeyuki Yashima. Shigeyuki, du führst mich, wohin du willst.“
Shigeyuki Yashima schickte sofort einen Boten los und wartete auf Yoshinaka Kisos Anweisung. Yoshinaka schickte Chikatada Tate, einen seiner Vier Himmelskönige, zu ihm. Dreihundert Reitersoldaten umringten sofort Goshirakawas Sänfte, begleiteten ihn zu seinem Heimatpalast an der fünften Jo, sperrten ihn dort ein und bewachten ihn Tag und Nacht streng.
Und dann war da auch noch der kleine Tenno Gotoba.
Der kleine Himmelssohn wurde von seinem Diener Nobukiyo und dem Gouverneur der Provinz Kii Norimitsu beschützt und floh mit ihnen, als das Feuer ausbrach. Da aber überall, wohin sie gingen, Pfeile pfiffen und Schlachtrufe zu hören waren, konnten sie am Ende nicht ihren geplanten Fluchtweg nehmen, sodass sie am Ufer eines großen Teiches in ein kleines Boot gestiegen waren. Sie ruderten auf dem Teich hin und her.
Die Augen der unbarmherzigen Samurai entdeckten bald das Boot:
„Das sind mit Sicherheit die Adeligen des ehemaligen Tennos.“
„Sie sind eine gute Zielscheibe für unsere Bogenübungen.“
Halb aus Spaß wetteiferten sie um die bessere Bogentechnik und einer nach dem anderen fing an, das verlassene kleine Boot zu beschießen.
Der kleine Tenno hatte in diesem August ahnungslos die Zeremonie der Thronbesteigung über sich ergehen lassen. Im Westen existierte nach wie vor der Tenno Antoku, den Taira zum Tenno ernannt hatte. Und in der Hauptstadt war der andere Tenno Gotoba der Himmelssohn im Hof des Tennos geworden.
Ängstlich klammerte sich Gotoba an die Knie der Dame des Gemachs von Tango und fing lauthals an zu weinen.
Da dieser Schrei über das Wasser hinweg zu hören war, wurden die ansonsten rauen Samurai aufmerksam:
„Wartet! Ich höre eine Kindesstimme!“
Sie ließen die Bögen sinken.
In dem Moment streckten der Gouverneur der Provinz Kii, Norimitsu, und der Diener Nobukiyo, die sich am Boden des Bootes niedergekauert hatten, ihre Köpfe hinaus:
„Wir haben hier keinen Geringeren als seine Majestät den Himmelssohn bei uns. Seine Majestät der Tenno ist höchstpersönlich in diesem Boot. Hört auf zu schießen!“
Er schrie so laut er konnte.
Als die Samurai hörten, dass der Himmelssohn in dem Boot war, schienen sie sehr erschrocken zu sein. Die Samurai, die auf den Pferden saßen, stiegen ab und die Fußsoldaten knieten auf dem Boden nieder.
„Wir schießen nicht mehr. Kommen Sie zum Ufer zurück!“ antworteten die Samurai laut.
Bald wurde der kleine Tenno in eine Kutsche gesetzt, die gerade zur Verfügung stand. Kanemitsu Higuchi begleitete ihn und brachte ihn in das Haus Kanindono im Süden an der zweiten Jo, das ehemalige Sommerhaus von Fuyutsugu Fujiwara.
Der Autor der klassischen „Geschichte von Taira“ beschrieb die Fahrt so:
Es ist töricht zu erwähnen, dass diese Eskorte des Tennos weit unter seiner Würde war.
Es ist wahrscheinlich, dass es gar keine übliche Eskorte gab. Unterwegs waren noch immer kleine Kämpfe zwischen Samuraitruppen und sinnlose Gewalttaten voll im Gange.
Fast zur selben Zeit starben ein Mönch namens Kagabo vom Stamm Kusaka, der persönliche Sekretär Nakayori und andere Anhänger des ehemaligen Tennos während ihrer Flucht einen grausamen Tod durch Kisos Schwerter.
Aber, obwohl die Kämpfe in einem solchen Ausmaß stattfanden, schienen die Menschen, die etwas entfernt von dem Schauplatz der Schlacht lebten, dem Verlauf der Dinge unerwartet gelassen zuzuschauen.
Zu ihnen gehörte zum Beispiel der Autor des Tagebuches „Kikki“, Tsunefusa Fujiwara. Er war in der Morgendämmerung nicht im Hof gewesen und trug für diesen Tag in seinem Tagebuch ein:
Am 19. November, gegen Mittag, gab es im Süden ein Feuer. Nachdem man sich das argwöhnisch angeschaut hatte, hieß es, dass das Feuer in der Gegend des Palastes des ehemaligen Tennos ausgebrochen sei. Ich habe mehrmals meine Leute dahin geschickt, aber, da es ein Kampfgebiet ist, konnten sie nicht bis zur Quelle des Feuers vordringen. Sie waren vor Aufregung ganz ungeduldig, aber sie konnten nicht in den Palast hineingehen. Man sagt, dass der ehemalige Tenno die Flucht ergriffen habe, nachdem die Sonne untergegangen war.
Er schien seine Schilderung nur auf die Gerüchte bezogen zu haben.
Es schien auch nur wenige Gaffer und Einbrecher gegeben zu haben, die Sachen aus den brennenden Palästen stahlen.
Der mittlere Sekretär Yorizane floh vom Palast in Richtung Ufer und geriet dort in die Hände der Knechte eines unbekannten Samuraianführers. Sie beraubten ihn seiner Kleidung und der Dinge, die er bei sich trug, und ließen ihn nackt zurück, hieß es.
Eine Truppe von Kisos Soldaten entdeckte den mittleren Sekretär Yorizane, der im kalten Wind am Flussufer zitterte, und schimpften auf ihn los: „Ein verdächtiger Mann! Lasst uns ihn köpfen!“
Yorizane erschrak und nannte seine Personalien. Doch da er nackt war, wollte ihm niemand glauben. Plötzlich trat aus der versammelten Menge der Gaffer ein einfacher Mönch hervor und bestätigte seine Herkunft:
„Er ist in der Tat der jüngere Bruder meines Herrn. Sein Vater ist der Minister der linken Seite Herr Tsunemune.“
Die Soldaten waren überrascht, dass es sich um einen so edlen Mann handelte.
„Dann bringen wir ihn zu seinem Vater, Herrn Minister.“
So zogen Kisos Soldaten dem niederen Mönch das Gewand aus, gaben es dem mittleren Sekretär Yorizane und begleiteten ihn bis zum Tor des Hauses des Ministers der linken Seite.