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Wer waren die Griechen des Altertums und was haben sie uns heute noch zu sagen? Diesen Kernfragen kulturgeschichtlicher Betrachtung geht der vorliegende Band überblicksartig nach. Von der Entstehung der griechischen Stadtstaaten über die Perserkriege bis zum Zeitalter des Perikles und von der Ausbildung der Demokratie in Athen über die ökonomischen Grundlagen griechischer Gemeinwesen bis hin zu den grausamen Kriegen, die Griechen gegeneinander und gegen andere führten, spannt sich der narrative Bogen dieser Einführung. Geschichte, Kunst, Literatur und Alltagsleben der Griechen der archaischen und klassischen Periode werden in einem Gesamtbild einer Epoche präsentiert und ihre fortwährende Bedeutung für eine Gegenwart, die sich von humanistisch-klassizistischen Traditionen weit entfernt hat, wird kritisch analysiert. Dabei werden die Griechen einerseits von ihrem humanistischen Sockel geholt und ihre Lebensweise, ihre Gebräuche und politischen Institutionen als Teil einer uns doch recht fremden vormodernen Gesellschaft beschrieben, zugleich aber die nachhaltige Bedeutung ihrer Kultur für das Verständnis der europäischen Kulturgeschichte betont.
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Seitenzahl: 339
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Prof. Dr. Alexander Rubel ist Inhaber einer Forschungsprofessur am Archäologischen Institut der Rumänischen Akademie in Jassy (Rumänien), dem er seit 2011 als Direktor vorsteht. Neben Arbeiten aus dem engeren Bereich von Archäologie und Alter Geschichte publiziert er regelmäßig zu breiteren kulturgeschichtlichen Themen. Seine Forschungsschwerpunkte sind das klassische Griechenland, antike Religionsgeschichte, Romanisierung in den Provinzen des römischen Reiches und die Rezeption der Antike in Mittelalter und Moderne.
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Wer waren die Griechen des Altertums und was haben sie uns heute noch zu sagen? Diesen Kernfragen kulturgeschichtlicher Betrachtung geht der vorliegende Band überblicksartig nach. Von der Entstehung der griechischen Stadtstaaten über die Perserkriege bis zum Zeitalter des Perikles und von der Ausbildung der Demokratie in Athen über die ökonomischen Grundlagen griechischer Gemeinwesen bis hin zu den grausamen Kriegen, die Griechen gegeneinander und gegen andere führten, spannt sich der narrative Bogen dieser Einführung. Geschichte, Kunst, Literatur und Alltagsleben der Griechen der archaischen und klassischen Periode werden in einem Gesamtbild einer Epoche präsentiert und ihre fortwährende Bedeutung für eine Gegenwart, die sich von humanistisch-klassizistischen Traditionen weit entfernt hat, wird kritisch analysiert. Dabei werden die Griechen einerseits von ihrem humanistischen Sockel geholt und ihre Lebensweise, ihre Gebräuche und politischen Institutionen als Teil einer uns doch recht fremden vormodernen Gesellschaft beschrieben, zugleich wird aber auch die nachhaltige Bedeutung ihrer Kultur für das Verständnis der europäischen Kulturgeschichte betont.
Alexander Rubel
Die Griechen
Alexander Rubel
Kultur und Geschichtein archaischer und klassischer Zeit
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012
Lektorat: Dr. Lars Hoffmann, Roßdorf
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
nach der Gestaltung von Thomas Jarzina, Köln
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0261-1
www.marixverlag.de
0. Vorbemerkung
Hinweise zur Benutzung des Buches:
1. Einleitung: Raum, Zeit, Umwelt
2. Krieger und Seefahrer: Die Welt(en) Homers
Archaische Zeit
3. Griechischer Frühling. Die Entstehung der Poliskultur und die griechische Kolonisation
Was ist eine Polis?
Aufbruch zu neuen Ufern
Kunst und Kommerz
4. Aristokraten, Tyrannen, Demokraten. Politischer Raum und politisches Denken
Vom Königtum zur Adelsherrschaft
„Die Besten“. Politik und Lebensstil des Adels
Die griechische Tyrannis
Demokratisierung der Polis. Institutionen und öffentliche Räume
Klassische Zeit
5. Die Perserkriege und der Beginn der Unterscheidung zwischen Orient und Okzident
6. Sparta und Athen
Sparta
Ursprünge und Grundzüge
Gesellschaft und spartanische Erziehung
Spartas politische Ordnung
Athen
Athen und Sparta: Der Peloponnesische Krieg
7. Wie funktioniert direkte Demokratie? Athen im 4. Jahrhundert v. Chr.
Menschen und Institutionen
Die Volksversammlung und der Rat der 500
Die Ämter
Die Gerichte
Demokratie und Freiheit
Kultur und Gesellschaft
8. Literatur, Philosophie, Kunst und Architektur
Schriftlichkeit und Mündlichkeit
Literatur: Drama und Geschichtsschreibung
Drama
Geschichtsschreibung
Philosophie
Bildende Kunst und Architektur
Krieg und Gewalt
9. Religion
Von der Fremdartigkeit griechischer Religion
Götter, Menschen und Städte
Griechische Kultfeste: Ritual und Mythos
Rational und irrational im Polytheismus
10. Handel und Wirtschaft
Oikonomia
Landwirtschaft
Handel, Handwerk und Warenproduktion
Münz- und Kreditwesen
Primitive oder marktliberale Griechen?
11. Die griechische Gesellschaft
Sklaven und Freie
Frauen
Sexualität
12. Schlussbemerkung – Die Griechen und wir
Anhang
Zeittafel
Literaturhinweise
Allgemeine Darstellungen
Weiterführende Literatur zu den einzelnen Kapiteln
Bildnachweise
Danksagung
„We are all Greeks. Our laws, our literature, our religion, our arts, have their root in Greece.“ (P. B. Shelley)
„Man kommt ohne das Altertum aus“(W. Schuller)
Dieses Buch ist für Leser gedacht, die sich einen Überblick über die griechische Antike verschaffen wollen, ohne dabei auf mehr als sehr allgemeines Vorwissen zurückgreifen zu müssen. Die angelsächsische Welt hat dafür den passenden Begriff vom „general reader“ geprägt, der sich nicht recht ins Deutsche übertragen lässt. Es ist kein Buch für Fachleute und nur in sehr beschränktem Maße eines für solche, die es vielleicht einmal werden wollen. Es ist auch kein Nachschlagewerk oder „Minimalhandbuch“, in dem die wichtigsten Ereignisse der behandelten Epoche systematisch aufgelistet sind. Gleichwohl ist es ein Buch für alle diejenigen, die sich für das Altertum interessieren und sich über die Grundzüge der antiken griechischen Geschichte informieren wollen. Der „intendierte Leser“, also derjenige Leser, den sich der Autor beim Schreiben gewissermaßen als idealen Adressaten vorstellt, könnte jemand sein, der aus touristischem, aus allgemein kulturgeschichtlichem Interesse oder auch als Student einer geisteswissenschaftlichen Disziplin, die historische und inhaltliche Verbindungen zur antiken Kulturgeschichte aufweist (etwa Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft), zu diesem Büchlein greift. Idealerweise ist es einfach jemand, der aus reiner Wissbegier etwas über ein faszinierendes Volk und seine Geschichte erfahren möchte, dessen kulturelle Leistungen uns mittelbar und manchmal auch unmittelbar noch heute betreffen.
Das Buch behandelt die Kultur und Geschichte der Griechen des Altertums während der „archaischen“ und „klassischen“ Zeit. Unter Archaik versteht man die Epoche der Ausbreitung der griechischen Stadtstaatkultur im Mittelmeerraum und im Schwarzmeergebiet zwischen ca. 750 und ca. 500 v. Chr. Die Klassik, die Blütezeit der griechischen Zivilisation, umfasst die Periode von etwa 500 bis 338 (das exakte Datum bezeichnet die Niederlage Athens und seiner Verbündeten gegen den Makedonenkönig Philipp II., das gemeinhin als Ende der unabhängigen Stadtstaaten der Griechen gilt). Beide Epochen lassen sich kunstgeschichtlich und politisch deutlich voneinander scheiden. Die diesen Epochen vorangegangenen Hochkulturen der griechischen Bronzezeit (Minoische und Mykenische Kultur) können hier ebenso wenig behandelt werden wie die Zeit Alexanders des Großen und der von seinen Nachfolgern gegründeten makedonisch-griechischen Königreiche, die weit über die Mittelmeerwelt hinaus die Antike bis zum Siegeszug der Römer prägten –kulturell noch weit darüber hinaus. Diese thematische Beschränkung ist einzig Art und Umfang dieser Einführung geschuldet, die eine Ausbreitung von mehr als 1.500 Jahren Geschichte nicht zulässt.
Obwohl es sich bei dem vorliegenden Bändchen um eine sehr knappe Darstellung der griechischen Zivilisation der Antike handelt, in der keine Forschungsdiskussionen ausgebreitet werden können und auch kaum Raum für von der herrschenden Meinung abweichende Thesen bleibt, liegt ihm doch eine These gewissermaßen als Grundüberzeugung zu Grunde. Die These ließe sich etwas folgendermaßen formulieren: Das Interesse an der Antike ist auch im 21. Jahrhundert ungebrochen und bedarf einer adäquaten Pflege. Die allgemeinen Kenntnisse vom Altertum und seiner Kultur sind aufgrund der Veränderungen im Bildungswesen (in ganz Europa) stark zurück gegangen, was von Kulturkritikern häufig beklagt wird. Diesen Sachverhalt kann man betrauern, man kann ihn aber auch als Chance begreifen. Die Tatsache, dass immer weniger Bewohner der westlichen Welt in alten Sprachen ausgebildet werden, heißt ja nicht, dass das Interesse an der antiken Kultur erloschen sei, sondern nur, dass die Grundlage der „klassischen“, im 19. Jahrhundert begründeten Allgemeinbildung weg gebrochen ist und die Vermittlung der Antike neuer Kanäle bedarf. Dass diese These nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, scheinen die vielen Hollywoodadaptionen griechischer und allgemein antiker Stoffe zu bestätigen. Filme wie das Spartaspektakel 300, Alexander oder Troja mit Brad Pitt haben unabhängig von ihrer Qualität Millionen Menschen in die Kinos gelockt. Dokumentarfilme mit nachgestellten Szenen über antike Geschichte erreichen hohe Einschaltquoten, und Archäologieformate wie Terra X und Schliemanns Erben sind seit Jahren Quotenbringer bei den Fernsehsendern.
Wolfgang Schuller schrieb einmal in seiner Einführung in die Geschichte des Altertums, dass man gut und gerne ohne Kenntnisse über die Antike leben könne. Seine Aussage wurde diesem Vorwort etwas provokativ vorangestellt. Beim Zitieren habe ich jedoch den wichtigen Nachsatz unterschlagen, in dem der Autor betont, welchen Verlust es bedeutet, auf diese Kenntnisse zu verzichten: „Man kommt ohne das Altertum aus. Mehr aber auch nicht. Man kommt über die Runden, aber das ist ja nicht genug, wenn man von einer Sache wirklich etwas verstehen will“ (W. Schuller, Einführung in die Geschichte des Altertums, UTB, S. 12). Daran anknüpfend möchte dieses Buch eigentlich nur das Interesse an der griechischen Antike wecken. Wenn dieses Ziel bei dem einen oder anderen Leser erreicht wird, wäre der Autor schon sehr zufrieden. Wenn es ihm auf diesen wenigen Seiten darüber hinaus gelänge, zu vermitteln, dass die Beschäftigung mit dem Altertum eine lohnende und vor allem spannende Angelegenheit ist, und Kenntnisse über die griechische Kultur und Geschichte durchaus dabei helfen können, die kulturellen Wurzeln unserer eigenen, modernen Welt des 21. Jahrhunderts zu verstehen, dann wäre das bereits ein großer Gewinn.
Alle folgenden Daten beziehen sich – sofern nicht anders ausgewiesen – auf die Zeit vor Christi Geburt. Den Quellenzitaten liegen die Übersetzungen von J. H. Voß (Homer), G. P. Landmann (Thukydides), J. Feix und A. Horneffer (Herodot), K. Reinhardt (Sophokles) und H. Vretska (Xenophon) zugrunde, bisweilen wurden leichte Änderungen vorgenommen. Die übrigen, nicht gekennzeichneten Zitatübersetzungen, stammen von mir. Am Ende finden sich eine knappe Zeittafel und eine sehr kurze Auswahlbibliographie mit der wichtigsten weiterführenden Literatur (weitgehend in deutscher Sprache), sowie Literaturhinweise zu den einzelnen Kapiteln.
Im Jahr 401 machte sich ein rund 10.000 Mann umfassendes griechisches Söldnerheer unter Führung des Athener Heerführers und Schriftstellers Xenophon auf einen langen beschwerlichen Heimweg von Kunaxa im Zweistromland bis zur Südküste des Schwarzen Meeres. Ihr Arbeitgeber, der Thronprätendent des persischen Königreiches, Kyros, war seinem Bruder Artaxerxes unterlegen, die Griechen nach dem Tod des Kyros in der Schlacht arbeitslos. Nach langen Strapazen und vielen Kämpfen in unbekanntem und feindlichem Gebiet erklomm die Vorhut des Trosses eines Tages einen Berg. Xenophon hörte plötzlich von vorne laute Schreie und stürmte kampfbereit mit einer Reiterschar dorthin, weil er glaubte, die Vorhut sei angegriffen worden. Auf der Kuppe des Berges lagen sich jedoch seine Soldaten weinend und lärmend in den Armen und riefen immer wieder „Thalatta, Thalatta!“, „Das Meer, das Meer!“. Sie hatten an der Nordostküste der heutigen Türkei (bei Trabzon) endlich das Schwarze Meer gesichtet. Lassen wir Xenophon selbst zu Wort kommen: „Da liefen nun alle heran, auch die Nachhut, Zugtiere und Pferde wurden herangetrieben. Als alle auf die Berghöhe gekommen waren, da umarmten sie einander unter Tränen, sogar Strategen und Lochagen [Generäle und Offiziere].“ (Xenophon, Anabasis, 4, 5, 24-25).
Während in unserer heutigen Wahrnehmung das Meer das trennende Element ist und das Land uns verbindet, war es in der griechischen Antike genau umgekehrt. Das Meer bestimmte unmittelbar den Lebensraum. Es war zugleich wichtigster Verkehrs- und Handelsweg, bedeutender Nahrungslieferant und allgegenwärtiges Tor zur Welt. Für Xenophons Soldaten bedeutete der Anblick des Meeres die Rettung und eine baldige Passage in die Heimat. Für die Griechen des Altertums bestimmte das salzige Element den Alltag und war allgegenwärtig im Leben wie im Denken. Ein rechtes Verständnis für die Lebenswelt und die Kultur der Griechen lässt sich nur ausgehend vom Meer und seiner Bedeutung für dieses seit Odysseus sprichwörtliche Seefahrervolk gewinnen. Sogar das heutige Griechenland (in der Antike waren griechische Städte über den ganzen Mittelmeerraum bis ins Schwarzmeergebiet verteilt) verfügt über eine eindrucksvolle Küstenlänge von gut 4.000 Kilometer, rechnet man die zahlreichen Inseln hinzu, sind es über 13.000 Kilometer. Eine solche geographische Ausgangslage prägt die Bewohner nachhaltig, man musste sich mit dem Meer auseinandersetzen. Die See behielt dabei für die Griechen den Aspekt des gefährlichen, Verderben bringenden bodenlosen Elements. In ihren Tiefen verorteten Sagen und Legenden Meerungeheuer. Poseidon war unberechenbar, und wer einmal einen Sturm auf dem Mittelmeer erlebt hat, kann sich noch heute die Ängste antiker Seefahrer ausmalen. Selbst in der , dem Seefahrerepos , sagt etwa der König der Phäaken zum gestrandeten Odysseus (. 8, 137ff): „Denn nichts Schrecklichers ist mir bekannt, als die Schrecken des Meeres,/ Einen Mann zu verwüsten, und wär’ er auch noch so gewaltig.“ Dennoch gab es für die Griechen keine Alternative zur See, sie bildete das geographische Zentrum, das Zentrum der Verbindungslinien zwischen den Städten, was jede Karte auf einen Blick zeigt und sich auch in Platons Bemerkung wieder findet, mit ihren Städten säßen die Griechen um das Meer herum, wie Frösche um einen Teich ( 109). Bedenkt man weiter, dass die karstige Gebirgslandschaft mit sehr wenigen fruchtbaren Gegenden im Landesinneren des Festlandes und der Peloponnes nur eine begrenzte landwirtschaftliche Nutzung erlaubt und bereits in der Antike die Wälder Griechenlands weitgehend abgeholzt waren, wird die Bedeutung des Meeres, überhaupt die Relevanz von Raum und Umwelt für Kultur und Wahrnehmung der Griechen, deutlich. Viele Gebiete, selbst die des griechischen Kernlandes, waren angesichts der zerklüfteten Landschaft und der gefährlichen und beschwerlichen Landwege (meist Steilpfande) eigentlich nur über den Seeweg zugänglich.
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