Die großen Western 134 - John Gray - E-Book

Die großen Western 134 E-Book

John Gray

0,0

Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Jim Bonner zügelte seinen Palomino-Hengst oberhalb der Sandhügel. Er spähte zu den beiden parallel verlaufenden Schienenwegen hinunter, die schnurgerade das weite, leere Land durchschnitten. Zwei riesige Wassertanks warfen lange Schatten. Gleichzeitig bemerkte er die Reiter, die sich ihm von Nordosten näherten. Es waren sechs Männer. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet. Keine zehn Schritte vor ihm brachten sie ihre Pferde zum Stehen. Der Anführer schaute zu ihm hoch. Es war ein Mann wie ein Baum, mit einem Schädel wie aus Granit, was sein eisgrauer Vollbart noch unterstrich. Trotz der glühenden Hitze, die drückend auf dem Land lastete, trug er einen alten, zerlumpten Pelzmantel, der fast bis zu seinen Knöcheln reichte. An seinem Sattelhorn hing eine abgesägte Schrotflinte. Er zügelte sein Pferd als Erster, stemmte die Fäuste auf das Sattelhorn und beugte sich vor. Seine Augen erinnerten an einen Raubvogel. Die Bedrohung, die von ihm ausging, konnte Bonner beinahe körperlich spüren. "Was treibst du hier?", fragte er. Seine Lippen bewegten sich kaum, während er mit tiefer, knarrender Stimme sprach. "Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht." Bonner veränderte seine Haltung nicht, aber seine Muskeln spannten sich. Er blickte aufmerksam von einem zum anderen. Er schätzte sie schnell ein, es waren Strauchdiebe, und Bonner fragte sich, was sie in dieser menschenleeren Gegend taten. Der Bärtige stieß ein kurzes, bösartiges Lachen aus. "Ein Spaßvogel!", schnarrte er über die Schulter zurück. Seine Begleiter lachten ebenfalls. Zwei von ihnen setzten sich in Bewegung und ritten auf Bonner zu. "Du sitzt auf einem sehr hohen Ross", sagte der Bärtige. "Wir werden dich herunterholen,

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 137

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die großen Western – 134 –

Hartes Land

John Gray

Jim Bonner zügelte seinen Palomino-Hengst oberhalb der Sandhügel. Er spähte zu den beiden parallel verlaufenden Schienenwegen hinunter, die schnurgerade das weite, leere Land durchschnitten. Zwei riesige Wassertanks warfen lange Schatten. Gleichzeitig bemerkte er die Reiter, die sich ihm von Nordosten näherten. Es waren sechs Männer. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet.

Keine zehn Schritte vor ihm brachten sie ihre Pferde zum Stehen. Der Anführer schaute zu ihm hoch. Es war ein Mann wie ein Baum, mit einem Schädel wie aus Granit, was sein eisgrauer Vollbart noch unterstrich.

Trotz der glühenden Hitze, die drückend auf dem Land lastete, trug er einen alten, zerlumpten Pelzmantel, der fast bis zu seinen Knöcheln reichte. An seinem Sattelhorn hing eine abgesägte Schrotflinte.

Er zügelte sein Pferd als Erster, stemmte die Fäuste auf das Sattelhorn und beugte sich vor. Seine Augen erinnerten an einen Raubvogel. Die Bedrohung, die von ihm ausging, konnte Bonner beinahe körperlich spüren.

»Was treibst du hier?«, fragte er. Seine Lippen bewegten sich kaum, während er mit tiefer, knarrender Stimme sprach.

»Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht.«

Bonner veränderte seine Haltung nicht, aber seine Muskeln spannten sich. Er blickte aufmerksam von einem zum anderen. Er schätzte sie schnell ein, es waren Strauchdiebe, und Bonner fragte sich, was sie in dieser menschenleeren Gegend taten.

Der Bärtige stieß ein kurzes, bösartiges Lachen aus.

»Ein Spaßvogel!«, schnarrte er über die Schulter zurück. Seine Begleiter lachten ebenfalls. Zwei von ihnen setzten sich in Bewegung und ritten auf Bonner zu.

»Du sitzt auf einem sehr hohen Ross«, sagte der Bärtige. »Wir werden dich herunterholen, damit du siehst, wie groß du wirklich bist. Wir dulden in diesem Land keine Satteltramps.«

Die beiden Reiter hatten Bonner fast erreicht. Er behielt sie fest im Auge, unterdrückte seinen aufkeimenden Zorn und sagte: »Hör zu, du mottenzerfressenes Pelztier …! Dreh deinen Gaul um und verzieh dich mit deinen Ratten, bevor ich ungemütlich werde!«

Der andere klappte den Mund auf, er starrte Bonner sprachlos an.

Die beiden Kerle vor Bonner griffen an. Gleichzeitig zuckte die Faust des Bärtigen zu seiner Schrotflinte am Sattelhorn.

Bonner duckte sich unter dem Hieb des einen Mannes, beugte sich vor und rammte dem Kerl seine rechte Faust auf das Brustbein. Der Reiter ächzte, verlor den Halt und kippte seitlich aus dem Sattel. Bonner bemerkte aus den Augenwinkeln, dass der zweite Angreifer seinen Karabiner wie eine Keule schwang. Bonner hämmerte dem Palomino die Absätze in die Weichen. Der Hengst tat einen Satz nach vorn. Der Kolbenhieb ging fehl, und der Schwung des Schlages riss den Angreifer beinahe selbst aus dem Sattel.

Bonner riss sein Pferd herum, richtete sich steil im Sattel auf und zog mit einer gleitenden Handbewegung seinen Colt.

Der Bärtige hatte seine Schrotflinte bereits hochgerissen. Als er Bonners Revolverlauf hochschwingen sah, erstarrte er im Sattel. Der Mann hinter ihm dagegen riss seine Waffe heraus.

Bonner feuerte. Die Mündungsflamme zuckte an dem bärtigen Mann vorbei und versengte seinen rechten Mantelärmel. Der andere Reiter schwankte im Sattel, als die Kugel seinen Oberarm durchschlug. Er stürzte fast, ließ seine Waffe fallen, presste die linke Hand auf die Wunde und beugte sich stöhnend nach vorn.

Bonner beschrieb mit dem Revolver einen Halbkreis. Aus der Mündung kräuselte sich eine graue Pulverdampffahne.

»Keine Bewegung!«

Er überhörte das Stöhnen des Verletzten und sah, dass der Mann, den er aus dem Sattel geschlagen hatte, sich schwerfällig aufrichtete und die Hände hob.

Bonner zog mit der linken Hand die schwarze Lederweste zur Seite. Auf seinem Hemd wurde das silberne Abzeichen eines Marshals der Union Pacific sichtbar.

»Jetzt werden wir uns vernünftig unterhalten«, erklärte Bonner mit freundlichem Gleichmut, wobei seine Augen stahlhart schimmerten. »Wer bist du, Freund, und was treibst du hier?«

»Es war – nur ein Missverständnis.« Sehr vorsichtig, als handele es sich um einen besonders zerbrechlichen Gegenstand, hängte der Bärtige seine Schrotflinte zurück ans Sattelhorn.

»Das wollte ich nicht wissen. Sag deinen Namen!«

Bonner hörte hinter sich das Schrillen einer Dampfpfeife.

»Buster Caine.«

»Dieses Land gehört der Union Pacific, Caine.«

Wiederum war das grelle Pfeifen zu hören. Bonner wandte unwillkürlich den Kopf und schaute zum Schienenstrang hinunter.

»Fang an zu erzählen, was ihr hier tut, oder wir werden uns in Cheyenne weiter unterhalten. Ich werde …«

Ein Schuss krachte. Bonner spürte die Kugel glühend heiß an sich vorüberstreichen. Für einen Moment war er wie gelähmt. Der Ton der Dampfpfeife hatte ihn abgelenkt. Er hatte die Kerle hinter dem Bärtigen aus den Augen gelassen. Instinktiv ließ Bonner sich aus dem Sattel fallen. Sein Palomino tänzelte zur Seite. Bonner schlug hart am Boden auf, wälzte sich herum und sah, wie der Mann, den er aus dem Sattel geschlagen hatte, sich mit einem gewaltigen Satz auf den Rücken seines Pferdes warf.

»Stehen bleiben!«, schrie Bonner. Er hob den Colt und feuerte. Im selben Moment gruben sich zwei Kugeln unmittelbar vor seinem Kopf in den Boden und rissen die dürre Grasnarbe auf. Eine Handvoll Dreck traf Bonner im Gesicht. Für einen Sekundenbruchteil war er blind. Hufschlag dröhnte in seinen Ohren. Er hatte das Gefühl, zertrampelt zu werden. Mehrere Pferdehufe wirbelten nur wenige Zoll von seinem Kopf entfernt an ihm vorbei.

Bonner sprang auf. Da jagten die Reiter mit dem Bärtigen an der Spitze bereits in die Ebene hinaus. Bonner hob seinen Colt, ließ ihn aber mit einem leisen Fluch sinken. Er ging zu seinem Hengst, der ein Stück auf den Schienenstrang zugelaufen war, und stieg wieder in den Sattel. Er hatte keine Zeit, die Kerle zu verfolgen, er glaubte auch nicht, dass er sie noch einmal zu Gesicht kriegen würde.

In raschem Trab lenkte er sein Pferd zu den Wassertanks hinunter. Von Westen näherte sich ein sich stetig verlangsamender Zug, der von einer Baldwin-440-Lok gezogen wurde.

Neben den Wassertanks kam der Zug zum Stehen. Der Heizer stieg aus dem Führerstand, zog an einer Eisenkette das Rohr von einem der Tanks herunter und öffnete das Ventil über dem Kessel, der schnaufend grauweiße Dampfwolken ausstieß.

Bonner winkte ihm und dem Lokführer zu und ritt zum ersten Waggon hinter dem Tender. Die Schiebetür öffnete sich scheppernd. Mehrere Männer mit hohen Messlatten und anderen Geräten in Kisten und Ledertornistern stiegen aus. Aus einem der Viehwaggons am Ende des Zuges wurde eine Rampe geschoben, über die einige Pferde und Maultiere getrieben wurden.

»Hallo, Bonner!«, rief ein bulliger Mann in durchschwitztem weißem Hemd. »Wir haben Sie erst gar nicht gesehen.«

»Es gab ein bisschen Ärger.« Bonner beugte sich im Sattel vor und reichte dem anderen die Hand. »Guten Tag, Milford. Es gibt Strauchdiebe in dieser Gegend. Sie werden vorsichtig sein müssen.«

»Das sind wir gewöhnt.«

Die Landvermesser sattelten ihre Pferde und packten ihre Ausrüstung auf die Maultiere, während der Zug langsam wieder anfuhr und puffend, stampfend und zischend in die Weite hinausdampfte.

»Haben Sie sich die vorgesehene Route schon angesehen, Marshal?«

»Flache Prärie, ein paar Hügel.« Bonner schob sich den Hut in den Nacken. »Es dürfte keine allzu schwere Strecke sein.«

»Das denkt man manchmal, Marshal. Und dann sitzt man plötzlich mitten im Treibsand, oder der Boden ist von Präriehunden so unterhöhlt, dass der Bahndamm unter dem ersten Zug wegsackt wie eine alte Matratze. In ein paar Tagen haben wir die Strecke vermessen und den Boden untersucht, dann kann nichts mehr passieren. Gibt es Rothäute in dieser Gegend?«

»Sie sind schon zu weit nach Norden verdrängt. Achten Sie auf weißhäutige Schakale. Ich reite morgen nach Cheyenne zurück.«

Bonner blickte in die Richtung, in die die fremden Reiter verschwunden waren. Während er sich über das Kinn strich und sich überlegte, dass er wieder eine Rasur nötig hatte, fragte er sich, was die Männer hier gewollt haben konnten und wieso sie versucht hatten, ihn zu verjagen.

Das Land zwischen der Hauptlinie der Union Pacific und dem südlichen Platte-Fluss war keine besonders anziehende Gegend. Es befand sich seit Wochen im Besitz der UPRR und würde in Kürze von einem Seitenstrang der Bahnlinie durchzogen werden. Bonner bezweifelte, dass es dadurch für erfahrene Siedler attraktiver werden würde. Vermutlich war es sogar als Weideland für anspruchslose Longhorns nur bedingt geeignet.

Bonner schüttelte die Gedanken ab. In ein paar Tagen würde er wieder in Cheyenne sein und sich nicht länger um diese dürre baum- und strauchlose Landschaft kümmern müssen. Er brauchte nicht mehr unter freiem Himmel zu schlafen.

Bonner setzte sich an die Spitze des Vermessungstrupps und führte ihn auf den alten Indianertrail zu, auf dem die neue Nebenstrecke angelegt werden sollte. Sie würde nach Fort Morgan führen. Schon in wenigen Wochen würden hier Züge rollen, und der Schrei des Feuerrosses würde auch durch diese unwirtliche Wildnis schallen. Bonner vergaß Buster Caine und die anderen Reiter.

*

Zahllose Fuhrwerke rollten durch die Main Street von Julesburg. Räder knarrten, Hufe trappelten, Peitschen knallten. Die Rufe von schwarzen Lastenträgern hallten über die Köpfe der Menschen, die sich auf den hölzernen Gehsteigen bewegten.

Niemand achtete auf die Reiter, die von Westen in die Stadt kamen und die Main Street hinunterritten. Sie waren so staubbedeckt wie ihre Pferde. Der Mann an der Spitze trug trotz der brütenden Hitze einen alten Pelzmantel. Einer der Reiter, die ihm folgten, hatte einen durchbluteten Verband am rechten Oberarm. Er hielt sich nur mit Mühe im Sattel.

Buster Caine lenkte sein Pferd in eine Seitengasse und hielt vor einem unscheinbaren, einstöckigen Holzgebäude an, auf dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift »Homestead Company« angebracht war.

»Bringt die Pferde in den Stall und Jamy zu einem Arzt.«

Caine stieg schwerfällig ab und klemmte sich seine abgesägte Schrotflinte unter den Arm. Er warf einem anderen Reiter die Zügel seines Pferdes zu. »Wir treffen uns im Angel-Saloon.«

Ohne auf Antwort zu warten, drehte er sich um und stapfte die Stufen des Vorbaus hoch. Er stieß die Tür mit dem Schild auf und trat in das Haus.

Seine wuchtige Gestalt wirkte in dem engen Raum mit der niedrigen Decke noch gewaltiger. Er nahm den breitrandigen Stetson ab und hängte ihn an einen Haken an der Wand.

Der Raum, den er betreten hatte, war bis auf ein paar wacklige Stühle leer. An den Wänden hingen ein paar gelbbraune Fotografien, die glückliche Farmer vor sauberen Häusern zeigten, neben denen Kürbisse in der Größe von Bierfässern zu sehen waren. Ein besonders stolzer Pionier trug einen Maiskolben auf der Schulter, der so groß wie ein sechsjähriges Kind war. Daneben hing ein Plakat, auf dem es hieß: »Kommen Sie in das fruchtbare Nebraska und in die Kornkammern Colorados! Ein Paradies wartet auf Sie! Ohne Anstrengung verdienen Sie ein Vermögen. In wenigen Monaten sind Sie Herr über wogende Kornfelder. In diesem gesegneten Land gedeiht alles, was Sie pflanzen, in einer Größe und Qualität, wie Sie es nirgends sonst auf der Welt sehen können. Im Garten Eden sind noch Parzellen frei!«

An einer anderen Wand waren herrliche Landschaftsansichten aus »Frank Leslie’s Illustrated Papers«, angebracht.

Caine streifte all das nur mit einem kurzen Blick. Er kannte die Bilder zur Genüge. Auch den Text auf dem Plakat. Er hatte noch nie in seinem Leben eine paradiesische Landschaft im Westen gesehen. Früher hatte er sich manchmal gefragt, woher die riesigen Kürbisse und die gewaltigen Maiskolben auf den Fotografien stammten. Inzwischen war ihm auch das egal. Die Siedler, die an so etwas glaubten, hatten es nicht besser verdient. Caine war der Überzeugung, dass alle, die in den Westen zogen, nichts anderes sehen und hören wollten. Sie wollten belogen werden. Die Wahrheit hätten sie doch nicht geglaubt, und Buster Caine interessierte es einen Dreck, was aus den Leuten wurde.

Er durchquerte den Raum und stieß ohne anzuklopfen eine weitere Tür auf. Er trat in ein riesiges Office, an dessen Ende ein großer Schreibtisch stand. An den Wänden dieses Offices hingen ähnliche Bilder wie im ersten Raum. Auf dem Fußboden stapelten sich Flugblätter mit den herrlichsten Versprechungen über ein Leben in Glück und Reichtum im goldenen Westen.

Hinter dem Schreibtisch erhob sich ein untersetzter Mann in mausgrauem Anzug und blütenweißem Hemd. Sein Kopf war fast kahl. Er hatte einen sorgfältig gestutzten Schnurrbart und strahlte Zuverlässigkeit aus.

»Gut, dass Sie zurück sind, Caine«, sagte er. Er reichte Caine über den Schreibtisch hinweg die Hand. »Es ist alles vorbereitet.« Er deutete auf die Flugblätter. »Die ersten sind schon verteilt. In einigen Zeitungen entlang der Bahnstrecke sind Anzeigen erschienen. In ein paar Tagen werden wir uns vor Anfragen kaum retten können.«

»Werden die Leute eigentlich nie klug, Craig?«

»Nie!«, erklärte der untersetzte Mann mit ernstem Gesicht, während Caine sich setzte. »Sie würden glauben, dass mitten in den Rocky Mountains Zitronen wachsen, wenn wir es ihnen erzählen und ihnen das Bild eines Mannes zeigen würden, der in den Bergen steht und eine Zitrone in der Hand hält, die so groß wie ein Kinderkopf ist. Wir müssten danach nur schnell genug verschwinden, bevor die ersten Trecks in den Bergen wären.«

»Wir sind immer schnell genug weggekommen.« Caine schnippte mit den Fingern, und der untersetzte Mann öffnete eine kleine Kiste auf dem Schreibtisch und warf Caine eine schwarze Zigarre zu. Caine rollte sie genüsslich zwischen den Fingern, biss die Spitze ab, spuckte sie auf den Boden und zündete die Zigarre an. Versonnen schaute er den dichten Rauchschwaden nach, die langsam zur Decke schwebten.

»Wie sieht es aus?«, fragte Craig. Er hatte die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet und musterte mit kaum verhohlener Missbilligung den mottenzerfressenen Pelz Caines.

»Es wird Zeit für uns«, erklärte Caine. »Wir müssen uns beeilen. So ein Schnüffler von der Union Pacific ist aufgetaucht.« Seine Augen schimmerten unvermittelt hart. »Sie hätten mir sagen müssen, dass zwischen der Bahnstrecke und dem südlichen Platte­ eine Nebenlinie der UPRR geplant ist.«

»Das ist mir neu.« Der andere zuckte mit den Schultern.

»Dann erkundigen Sie sich demnächst genauer!« Die Stimme Caines hob sich. Der andere zuckte nervös mit den Augenlidern. »Um ein Haar hätte der Kerl uns geschnappt. Er hat einem von meinen Jungs eine Kugel aufgebrannt. Es sieht ganz so aus, als sollten die Bauarbeiten bald losgehen.«

»Das konnte ich nicht voraussehen. Aber das macht nichts. Dann werden wir den Siedlern erzählen, dass ihr Land demnächst einen Bahnanschluss kriegt. Dafür können wir sogar noch einen Aufschlag verlangen.«

»Hoffentlich kommt keiner auf die Idee, bei der UPRR nachzufragen. Wenn er erfährt, dass das Land uns gar nicht gehört, das wir verkaufen, sind wir erledigt.«

»Aber das ist doch immer so gewesen.«

»Woanders ist nie die Union Pacific aufgetaucht und hat uns gestört. Wenn Sie mich fragen … Wir sollten ein anderes Gebiet nehmen!«

»Dazu ist es zu spät.« Craig schüttelte den Kopf. »Es wird schon alles gut gehen, Caine. Wir verkaufen die Parzellen. Sie bringen die Siedler hin und sorgen dafür, dass alle bezahlen. In spätestens drei Wochen ist alles abgewickelt. Wenn die Union Pacific mit ihrem Streckenbau anfängt, sind wir längst über alle Berge. Dann kann die Eisenbahn sich mit den Siedlern herumschlagen.«

»Mir ist nicht wohl dabei.« Caine erhob sich. Er balancierte die Zigarre von einem Mundwinkel zum anderen. »Es gibt sehr viel leeres Land, wir müssen uns nicht unbedingt mit der UPRR anlegen.«

»Wir legen uns ja gar nicht mir ihr an. Lassen Sie mich nur machen, Caine. Besorgen Sie alles, was Sie für den Treck in das Siedlungsgebiet brauchen. Ich bin sicher, nächste Woche können Sie aufbrechen.«

»Sie haben Nerven, Craig. Sie sitzen hier in Julesburg und halten sich den Hintern warm. Ich bin mit meinen Jungs draußen in dieser elenden Steppe. Die Siedler sind sauer, wenn sie das Land sehen, und wir müssen mit ihnen fertig werden. Wenn wir auch noch die UPRR auf den Hals kriegen, dann gute Nacht!«

»Ein Risiko gibt es bei jedem Geschäft«, erwiderte der andere kühl. »Sie sind müde und erschöpft, Caine. Trinken Sie was und schlafen Sie sich aus. Als Sie in Kansas Postkutschen überfallen haben, haben Sie wenig verdient.«

»Zum Teufel mit Ihnen«, antwortete Caine. Er stapfte mit hochgezogenen Schultern zur Tür und zog vorn den Mantel fest zusammen, als sei ihm kalt.

In dichte, würzig duftende Rauchwolken der teuren Havanna-Zigarre gehüllt trat er auf die Straße. Die Schrotflinte locker in der Rechten und die linke Hand tief in der Manteltasche vergraben, bewegte er sich den Stepwalk hinunter. Er stieß beinahe mit einem schwarzen Telegrammboten zusammen, der die dunkelblaue Uniform der »Western Union Telegraph« trug.