Zur Hölle, Companero - John Gray - E-Book

Zur Hölle, Companero E-Book

John Gray

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Als er aus der drückenden Hitze des Vormittags in das graue Adobegebäude unweit des Rio Grande trat, das das Stadtgefängnis von Laredo beherbergte, umfing ihn Halbdunkel und angenehme Kühle. Mit monotonem Summen kreisten Fliegen in dem niedrigen Raum. Hinter einem Schreibtisch lag zurückgelehnt in einem Korbstuhl ein schläfriger Mann mit schmalrückiger Nase und kleinen stechenden Knopfaugen. Auf seinem blassrot karierten Hemd steckte ein Messingstern. »Siesta-Zeit«, sagte er. »Kommen Sie später wieder.« »Ich bin Burnett.« Der große, breitschultrige Mann mit dem dunklen Indianergesicht blieb vor dem Schreibtisch stehen. »Aha.« Der Marshal nickte. »Merle Haggard?« »Er soll hier sitzen.« »Bombensicher.« Der Marshal änderte seine Haltung nicht. Er musterte Burnett von oben bis unten. »Den Revolver müssen Sie hierlassen.« Burnett zog den langläufigen Army-Colt aus der Halfter und legte ihn auf die zerkratzte Schreibtischplatte. Der Marshal deutete mit dem rechten Daumen auf eine Tür. Burnett schritt darauf zu.

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Die großen Western Classic – 52 –

Zur Hölle, Companero

… und auf nach Mexiko!

John Gray

Als er aus der drückenden Hitze des Vormittags in das graue Adobegebäude unweit des Rio Grande trat, das das Stadtgefängnis von Laredo beherbergte, umfing ihn Halbdunkel und angenehme Kühle. Mit monotonem Summen kreisten Fliegen in dem niedrigen Raum. Hinter einem Schreibtisch lag zurückgelehnt in einem Korbstuhl ein schläfriger Mann mit schmalrückiger Nase und kleinen stechenden Knopfaugen. Auf seinem blassrot karierten Hemd steckte ein Messingstern. »Siesta-Zeit«, sagte er. »Kommen Sie später wieder.«

»Ich bin Burnett.« Der große, breitschultrige Mann mit dem dunklen Indianergesicht blieb vor dem Schreibtisch stehen.

»Aha.« Der Marshal nickte. »Merle Haggard?«

»Er soll hier sitzen.«

»Bombensicher.« Der Marshal änderte seine Haltung nicht. Er musterte Burnett von oben bis unten. »Den Revolver müssen Sie hierlassen.« Burnett zog den langläufigen Army-Colt aus der Halfter und legte ihn auf die zerkratzte Schreibtischplatte.

Der Marshal deutete mit dem rechten Daumen auf eine Tür.

Burnett schritt darauf zu. Als er sie aufstieß, sah er sich einem untersetzten, dicken Mann gegenüber, der eine Schrotflinte auf den Knien liegen hatte und sich mit einem Messer fingerdicke Scheiben von einem riesigen Stück Speck heruntersäbelte.

»Alles in Ordnung, Stan!«, rief der Marshal hinter Burnett. »Er will zu Haggard.«

»Die letzte Zelle«, sagte der Wärter kauend und schob sich ein weiteres Stück Speck in den Mund.

Burnett blieb vor der letzten Gittertür stehen. Dahinter saß ein hagerer Mann in grauem Drillichzeug auf einer Pritsche. Als er Burnett sah, sprang er auf und näherte sich dem Gitter.

»Hallo, Haggard«, sagte Burnett. »Lange nicht gesehen.«

»Du wirst mich auch nicht mehr lange sehen.« Haggard lachte nervös. Er schielte den Gang hoch zu dem dicken Wärter, der eine Speckscheibe nach der anderen in seinen Mund schob.

»Wir haben uns vor drei Jahren zum letzten Mal getroffen«, sagte Burnett. »Omaha, Nebraska. Du hast beim Pokern fünfzig Dollar an mich verloren. Du hast bis heute nicht bezahlt.«

»Spar dir den Schuldschein für ein besseres Leben auf.« Haggards Stimme zitterte leicht. »Morgen hängen sie mich auf. Du bist der Einzige, den ich in dieser gottverdammten Stadt kenne.«

»Ich kenne deinen Namen«, sagte Burnett. »Aber sonst weiß ich nichts von dir. Brauchst du jemanden, bei dem du dich ausheulen kannst?«

»Du bist ein anständiger Kerl«, sagte Haggard. »Du wirst einem Mann, der in ein paar Stunden tot ist, keine Bitte abschlagen.«

»Was willst du, Haggard?« Burnett ärgerte sich plötzlich, dass er hergekommen war. Haggard hatte ihn vom Zellenfenster aus auf der Straße gesehen und nach ihm schicken lassen. Burnett wusste, dass Haggard an der Grenze einen Texas Ranger erschossen hatte und unmittelbar danach festgenommen worden war.

»Du wirst mir einen Gefallen tun, Burnett, nicht wahr?« Haggard klammerte sich wie ein Affe an das Gitter und presste das hohlwangige Gesicht gegen die narbigen Eisenstangen.

»Was willst du, Haggard?«

»Die Sache mit dem Ranger war ein verdammter Irrtum«, sagte Haggard. »Ich hab gedacht, so ein Greaser ist hinter mir her. Den Stern hab ich erst gesehen, als der Kerl schon tot war. Ich hatte den Rio gerade hinter mir, und drüben in Mexiko waren sie mir auf den Fersen.«

»Es gibt Irrtümer, die einem nicht unterlaufen sollten. Also, was ist los, Haggard?«

»Ich war Söldner drüben, bei Maximilian.« Haggards Stimme senkte sich.

»Söldner beim Kaiser? Du?«

»Warum nicht? Ich kann schießen, und es gab gutes Geld. Bis Juarez uns alle in den Sack gesteckt hat.«

»Immerhin bist du wieder hier.«

»Ob in Mexiko erschossen oder in Texas gehängt – wo ist da der Unterschied?« Haggard schüttelte den Kopf. »Bevor die Juaristas Queretaro stürmten, bin ich raus, zusammen mit einem Freund. Wir hatten den Auftrag, einen Teil des Kronschatzes in Sicherheit zu bringen. Aber die Juaristas müssen etwas gemerkt haben. Sie waren uns ein paar Tage später bereits auf den Fersen. Boggs Taylor, das ist mein Freund, hat einen Schuss abgekriegt. Ein übles Ding. Er konnte nicht weiter, und allein hab ich den Schatz nicht transportieren können. Ich hab ihn versteckt, mitsamt dem Gold, und hab dann eine falsche Spur gelegt und die Juaristas auf mich gelockt. Bis zum Rio Grande haben sie mich gejagt, dass mir die Stiefelsohlen gequalmt haben.« Er sah jetzt verzweifelt aus. »Ich war übermüdet, und ich hatte eine Scheißangst. Ich bin über den Fluss, und als dann plötzlich ein paar Reiter hinter mir aufgetaucht sind, hab ich gedacht, die Mexikaner sind mir über den Rio Grande gefolgt. Verstehst du? Ich hab einfach geschossen – und dabei waren es Texas Ranger.«

»Pech, Haggard. Und was soll ich dabei?«

»Taylor sitzt noch immer mitsamt dem Schatz drüben in Mexiko«, sagte Haggard. »Er wartet darauf, dass ich ihn hole.«

»Da kann er lange warten.«

»Du wirst ihn nicht hängenlassen, nicht wahr?«

»Ich? Ich kenne diesen Taylor doch gar nicht.«

»Aber mich kennst du.« Haggard starrte Burnett flehend an. »Sprich leiser, zum Teufel! Oder soll die ganze Stadt erfahren, über was wir reden?«

»Wen interessiert das?«

»Hast du eine Ahnung. Weißt du überhaupt, um wie viel Geld es geht?«

»Nein. Mir reicht schon, dass du von mir erwartest, nach Mexiko zu reiten und einen Mann herauszuholen, den ich nicht kenne, der einen Haufen Geld bei sich hat und den die Juaristas gern hätten.«

»Wenn es einer schafft, Boggs Taylor rauszuholen, dann bist du das.«

»Wo sitzt dieser verdammte Boggs Taylor?«

»In Calargo, einem kleinen Nest bei Monterrey. Er steckt dort bei einem Schneider namens Pedro Fango. Leicht zu finden.«

»Das muss ich mir überlegen.«

»Da gibt es nichts zu überlegen. Morgen bin ich tot. Ich brauche die Antwort jetzt.«

»Ich hoffe, du landest morgen in der Hölle«, sagte Burnett. »Was geht mich diese Geschichte an?«

»Taylor wartet«, sagte Haggard. »Hol ihn raus!«

Burnett blickte unschlüssig an dem anderen vorbei. Durch das schmale Gitterfenster an der Rückwand der Zelle fiel ein Streifen Sonnenlicht und zeichnete ein helles Viereck auf den gestampften Lehmfußboden.

Er dachte an Mexiko, in dem noch vor Kurzem blutige Kämpfe zwischen den Anhängern des Präsidenten Juarez und der Armee des Kaisers Maximilian getobt hatten. Der Kaiser war gestürzt und würde schon bald – wie es hieß – hingerichtet werden. Aber noch immer ging das Sterben im Ganzen Land weiter.

Die geschlagenen Anhänger des Kaisers waren auf der Flucht, und die Juaristen jagten jeden, der einmal gegen sie gewesen war.

»Angenommen, ich reite nach Calargo«, sagte Burnett. »Was passiert dann mit dem Kronschatz?«

»Taylor hat alle Instruktionen«, sagte Haggard. »Nur – hol ihn raus!«

»Und wenn Taylor mir nicht glaubt, wenn ich ihn holen will?«

»Du wirst also reiten?«

Burnett nickte.

Haggard langte unter das grobe Drillichhemd und zog eine durchgeschossene Goldmünze hervor. Ein mexikanisches Zwanzig-Peso-Stück.

»Gib ihm das, und er weiß, dass ich dich geschickt habe.«

Haggard ließ die Münze geschickt in Burnetts Rechte gleiten, ohne dass der Wärter am anderen Ende des Ganges etwas merkte.

»Wirst du morgen da sein?«, fragte Haggard.

»Ich mag keine Hinrichtungen.«

»Es würde mich beruhigen.«

»Ich glaube, du bist verrückt, Haggard.«

»Vielleicht«, sagte Haggard. »Ich bin auch noch nie gehängt worden.«

»Alles Gute, Haggard.« Burnett nickte dem Mann hinter der Gittertür zu.

»Danke«, flüsterte Haggard. Sein hageres Gesicht verzerrte sich unvermittelt. In den Augen flackerte Angst, und er umklammerte die Gitterstäbe so fest, dass die Knöchel seiner Fäuste weißlich unter der Haut hervortraten. »Ich bin erst vierundzwanzig.«

»Ich hab schon jüngere Burschen sterben sehen.« Burnett ging den Gang hinunter. Sein Ärger, dass er hier gewesen war und mit Haggard gesprochen hatte, kannte keine Grenzen. Aber er hatte versprochen, nach Mexiko zu reiten, und er hatte noch nie sein Wort gebrochen.

*

Die Sonne kroch hinter den Hügeln im Osten hoch, als Burnett den Hof des Gefängnisses betrat. Er nahm sofort den intensiven Geruch frischen Holzes wahr und sah in der Mitte des Hofes den Galgen stehen, der in der Frühsonne einen langen Schatten warf.

Burnett blieb unweit des Hoftores stehen. Er sah einige Texas Ranger in unmittelbarer Nähe des Galgens. Ein paar verschlafene Cowboys, die aussahen, als hätten sie die Nacht in einem Saloon verbracht, standen neben einigen Tramps, die in windschiefen Buden am Fluss hausten und für die eine Hinrichtung Abwechslung in ihr eintöniges Dasein brachte.

Neben der Hoftür des Gefängnisses lehnte ein hochgewachsener, schlanker Mann in einem grauen Prince-Albert-Rock. Burnett hatte das Gefühl, dass dieser Mann ihn beobachtete. Aber immer, wenn er zu ihm hinschaute, starrte der Mann angestrengt zum Galgen.

Unvermittelt öffnete sich die Gefängnistür zum Hof. Ein magerer, kleinwüchsiger Pfarrer tauchte auf. Er blieb auf der Schwelle stehen, blickte sich um und fröstelte. Dann fasste er die Bibel fester und bewegte sich mit energischen Schritten zum Galgen. Während seine Absätze noch auf die hölzernen Stufen pochten, traten der Marshal und sein dickleibiger Gefängniswärter auf den Hof. Sie führten Merle Haggard zwischen sich.

Das graue Drillichzeug schlotterte ihm um den hageren Körper. Er ging leicht gebückt und hielt den Kopf gesenkt. Die Handschellen an seinen Gelenken klirrten.

Haggard hob den Kopf erst, als er die Stufen des Galgens erreichte. Er schaute sich um, obwohl es schien, als würde er durch alle Personen auf dem Hof hindurchblicken. Er starrte zu Burnett herüber. In seinen Augen schien bereits kein Leben mehr zu sein.

Der Marshal stieß ihn an, und Haggard tappte unbeholfen die Stufen zur Plattform hinauf.

Der Priester mit der aufgeschlagenen Bibel trat auf ihn zu und begann leiernd zu lesen. Haggard beachtete ihn nicht. Er ließ sich willenlos vom Marshal auf die Falltür dirigieren und zuckte nicht einmal zusammen, als der dicke Deputy ihm mit rascher Bewegung die Hanfschlinge über den Kopf warf. Erst als er die Schlinge zuzog und den Knoten unter dem linken Kinnwinkel Haggards platzierte, riss Haggard den Kopf hoch.

»Ihr Schweine!«, brüllte er. »Es war doch nur ein Unfall …«

Der Marshal packte Haggard hinten an den Armen und zerrte ihn auf die Plattform zurück. Haggard wand sich und schrie. Er spuckte den Pfarrer an und versuchte, nach dem dicken Deputy zu treten.

Der Marshal fuhr blitzschnell herum und riss den Hebel für die Falltür zur Seite. Die Klappe sprang sofort auf, und Merle Haggard fiel hindurch. Der dicke Deputy, der ihn bis zuletzt festgehalten hatte, stürzte fast hinterher. Er wurde vom Pfarrer gestützt, während sich das Seil mit einem dumpfen Geräusch spannte und im selben Moment das gellende Geschrei Haggards abbrach.

Burnett zog die Schultern hoch und wandte sich ab. Er verließ den Hof und schlenderte die Straße hinunter. Überall öffneten sich jetzt die Türen. Die Stepwalks wurden gefegt. Die Morgensonne stand schräg über der Stadt, und die Luft erwärmte sich rasch.

Burnett blieb im Schatten eines weit vorgebauten Daches stehen und schaute sich unauffällig um. Da sah er den schlanken Fremden im Prince-Albert-Rock vor dem Jailgebäude. Der Mann blickte ihm angestrengt nach.

Burnett setzte sich wieder in Bewegung und ging zu seinem Boardinghouse, wo im Hof bereits sein Pferd gesattelt bereitstand. Die Satteltaschen waren prall mit Vorräten gefüllt. Am Sattelhorn hing eine volle Feldflasche, und bevor er aufsaß, hängte er sich einen Patronengurt quer über den Oberkörper.

Als er durch Seitengassen zum westlichen Stadtrand ritt, schoben zwei Mexikaner einen flachen, wackligen Karren aus dem Hof des Gefängnisses. Unter einer Decke lag darauf die Leiche Merle Haggards. Der Tischler von Laredo war bereits damit beschäftigt, das Galgengerüst abzubauen.

*

Die Sonne brannte ihm unbarmherzig auf den Rücken. Er lag zwischen kniehohen Salbeibüschen, deren süßlicher Geruch seine Schleimhäute reizte.

Von der Hügelkette oberhalb des Flusses konnte er über die Ebene zur Stadt hinüberschauen.

Er lag seit anderthalb Stunden hier. Sein brauner Morgan-Hengst stand ein Stück abseits im Schatten zweier Cottonwoodbäume.

Am Himmel stand keine Wolke. Ein paar Vögel kreuzten als schwarze Punkte den brennenden Horizont. Ab und zu spähte er zum Fluss hinüber, der keine fünfzig Yards entfernt lag. Er war gut eine Meile breit, und das Land am anderen Ufer verschwamm in der hitzeflirrenden Luft.

Als er am westlichen Rand von Laredo vier Reiter auftauchen sah, zog er die griffbereit im Gras liegende Spencer heran. Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgte er den Weg der Reiter, die die letzten Häuser hinter sich ließen und quer durch die Prärie preschten.

Burnett zog sich den Hut etwas tiefer in die Stirn und hielt sich außerdem zum Schutz vor der grellen Sonne die linke Hand flach über die Augen. Die Reiter näherten sich rasch, ihre Konturen schälten sich für ihn immer schärfer aus dem wabernden Hitzeschleier über der Ebene.

Als sie sich bis auf zweihundert Yards genähert hatten, gab es für ihn keinen Zweifel mehr daran, dass an der Spitze der Männer der Fremde im Prince-Albert-Rock ritt, den er bereits während Haggards Hinrichtung beobachtet hatte und der ihm danach gefolgt war.

Burnett stellte mit spitzen Fingern das Visier des Gewehrs hoch und legte die Waffe an. Seine Geduld hatte sich ausgezahlt, und seine Vermutung erwies sich jetzt als richtig.

Er war nicht der Einzige, der über den in Mexiko zurückgelassenen Schatz Bescheid wusste. Die Erschießung eines Texas Rangers hatte Staub aufgewirbelt, und das Interesse an Merle Haggard war entsprechend groß gewesen. Vermutlich hatte es Gerüchte gegeben.

Die Reiter waren noch hundertfünfzig Yards entfernt. Es gab für sie keinerlei Möglichkeit, sich in Deckung zu bringen, wenn er das Feuer eröffnete.

Als er das Gewehr an die Schulter hob, zielte er nur kurz und drückte ohne zu zögern ab.

Das Pferd eines der Reiter überschlug sich in vollem Lauf. Der Reiter wirbelte hoch in die Luft und stürzte schwer zu Boden. Die anderen drei Männer ritten ein Stück weiter, schwenkten aber seitlich auseinander.

Während der gestürzte Reiter sich mühsam aufraffte, begannen die anderen Männer zu schießen.

Sie wussten nicht genau, wo Burnett sich befand. Ihre Kugeln gingen hoch über ihn hinweg.

Als er das Gewehr wieder anlegte und den Repetierbügel betätigte, entdeckten sie ihn. Zwei Kugeln schlugen in rascher Folge unweit von ihm in den Boden ein und rissen die Grasnarbe auf. Ein weiteres Geschoss strich dicht an seinem Kopf vorbei.

Er hatte den Mann im Prince-Albert-Rock anvisiert, aber dieser wurde im selben Moment, als er abdrückte, von einem anderen Reiter überholt, den die Kugel traf und aus dem Sattel hob.

Burnett hörte einen schrillen Schrei. Der Reiter verschwand im Gras. Die anderen hielten an, lenkten ihre Pferde nach kurzem Zögern zurück und sprangen zu Boden.

Der Mann im Prince-Albert-Rock hob die rechte Faust und schüttelte sie drohend. Ein anderer Mann feuerte mit einem Henry-Gewehr, dessen blankes Messingschloss wie pures Gold in der Sonne glänzte.

Burnett zielte trotz des massiven Beschusses kaltblütig auf das Schloss des Gewehres und feuerte.

Das Gewehr wirbelte hoch. Der Schütze brüllte und stürzte, richtete sich aber schwankend wieder auf. Er taumelte zu seinem Pferd, während die beiden anderen Männer den reglos im Gras liegenden Körper hochzerrten und mitnahmen. Sie duckten sich im Sattel und sprengten zur Stadt zurück.

Burnett wartete, bis er sie nicht mehr sehen konnte. Dann zog er das Stangenmagazin aus dem Kolben des Spencer-Karabiners und füllte es auf. Er ritt in raschem Trab auf den Fluss zu, tauchte in das dichte Brushland am Flussufer ein und lenkte den braunen Morgan wenig später in die trägen Fluten des großen Stromes.

Den Spencer-Karabiner behielt er schussbereit vor sich im Sattel liegen. Beständig wanderten seine Blicke von Westen nach Osten, und immer wieder spähte er zum gegenüberliegenden Ufer hinüber.

Bald reichte das Wasser bis an die Steigbügel und schließlich bis fast zu den Knien. Die Strömung in der Mitte des Rio Grande war stark, und der Morgan hatte es nicht einfach, Grund unter den Hufen zu behalten. Aber er schaffte es.

Er wusste nicht, dass in dem Moment, da er die Mitte des Stromes kreuzte, auf dem Dach eines Hotels in Laredo ein mittelgroßer grauhaariger Mann in einem elegant geschnittenen Anzug aus englischem Stoff ein teures, mit Silber beschlagenes Spektiv absetzte, durch das er die Schießerei und Burnetts Grenzübertritt beobachtet hatte.