Die großen Western 140 - Frank Callahan - E-Book

Die großen Western 140 E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Johnny Claydermans Gesicht blieb unbewegt, als er den Marshal von Elko erblickte. Nur in seinen harten Augen begann es stärker zu funkeln. "Du brauchst gar nicht abzusitzen, Mister", sagte der Gesetzeshüter. "Reite gleich weiter. Burschen deiner Sorte dulde ich nicht in meiner Stadt." Johnny fuhr sich mit der rechten Hand über die Stirn und schob dann seinen beigefarbenen Stetson in den Nacken. Dunkelblondes lockiges Haar quoll hervor. Dann glitt er mit einer Leichtigkeit, die man seinem groß gewachsenen Körper überhaupt nicht zugetraut hätte, aus dem Sattel. "Hören Sie zu, Marshal", klang seine ruhige Stimme auf. "Sie haben keinerlei Recht, mich aus der Stadt zu weisen. Ich kann für meinen Unterhalt aufkommen und bin kein Satteltramp." "Hau ab, Mister, ich rieche förmlich, dass es Ärger mit dir geben wird. Elko ist eine friedliche Stadt." Johnny blickte Marshal Russel eindringlich an. Der Gesetzeshüter war ein gedrungen wirkender Mann mittleren Alters, dessen Gesichtsfarbe nun einer überroten Tomate glich. "Sie dürfen nicht alle über einen Kamm scheren, Marshal. Ein anderer an meiner Stelle wäre schon explodiert und hätte sich Ihre Worte nicht gefallen lassen. Daran sollten Sie sehen, dass ich weder Ärger noch Streit suche." Ein meckerndes Lachen drang zwischen den wulstigen Lippen des Gesetzeshüters hervor. "So reden sie alle am Anfang, Mister. Dann verwandeln sie sich in reißende Bestien und stören den Frieden der Stadt." Bereits bei den letzten Worten zog Guy Russel seinen Remington-Revolver aus der Holster. Ehe es ihm jedoch gelang, die Waffe auf Johnny zu richten, spürte er bereits dessen Revolverlauf, der sich unsanft in seinen Bauch bohrte. Der Marshal

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Die großen Western – 140 –

Henker-Canyon

Frank Callahan

Johnny Claydermans Gesicht blieb unbewegt, als er den Marshal von Elko erblickte. Nur in seinen harten Augen begann es stärker zu funkeln. »Du brauchst gar nicht abzusitzen, Mister«, sagte der Gesetzeshüter. »Reite gleich weiter. Burschen deiner Sorte dulde ich nicht in meiner Stadt.«

Johnny fuhr sich mit der rechten Hand über die Stirn und schob dann seinen beigefarbenen Stetson in den Nacken. Dunkelblondes lockiges Haar quoll hervor.

Dann glitt er mit einer Leichtigkeit, die man seinem groß gewachsenen Körper überhaupt nicht zugetraut hätte, aus dem Sattel.

»Hören Sie zu, Marshal«, klang seine ruhige Stimme auf. »Sie haben keinerlei Recht, mich aus der Stadt zu weisen. Ich kann für meinen Unterhalt aufkommen und bin kein Satteltramp.«

»Hau ab, Mister, ich rieche förmlich, dass es Ärger mit dir geben wird. Elko ist eine friedliche Stadt.«

Johnny blickte Marshal Russel eindringlich an. Der Gesetzeshüter war ein gedrungen wirkender Mann mittleren Alters, dessen Gesichtsfarbe nun einer überroten Tomate glich.

»Sie dürfen nicht alle über einen Kamm scheren, Marshal. Ein anderer an meiner Stelle wäre schon explodiert und hätte sich Ihre Worte nicht gefallen lassen. Daran sollten Sie sehen, dass ich weder Ärger noch Streit suche.«

Ein meckerndes Lachen drang zwischen den wulstigen Lippen des Gesetzeshüters hervor.

»So reden sie alle am Anfang, Mister. Dann verwandeln sie sich in reißende Bestien und stören den Frieden der Stadt.«

Bereits bei den letzten Worten zog Guy Russel seinen Remington-Revolver aus der Holster. Ehe es ihm jedoch gelang, die Waffe auf Johnny zu richten, spürte er bereits dessen Revolverlauf, der sich unsanft in seinen Bauch bohrte.

Der Marshal machte eine Verbeugung nach vorn. Der Revolver polterte dumpf zu Boden. Aus schreckgeweiteten Augen starrte er Johnny Clayderman an.

Johnny wich zurück. Ein hartes Lächeln lag um seine Mundwinkel. Dann holsterte er seinen Revolver so blitzschnell, wie er ihn gezogen hatte.

»Das genügt wohl, Marshal. Ich gebe Ihnen den guten Rat, mich in Zukunft in Ruhe zu lassen.«

Nach diesen Worten machte Johnny kehrt, griff nach den Zügeln seines Rapphengstes und schritt in Richtung Mietstall los. Guy Russel aber stand noch immer regungslos und blickte dem hageren Mann mit weit offen stehendem Mund nach.

Er wusste, dass ein Tiger in die Stadt gekommen war, gegen den er nicht mehr Chancen hatte als ein Hundebastard. Russel fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißbedeckte Stirn, hob seinen Colt auf und sah sich forschend nach allen Seiten um. Es hatte jedoch den Anschein, als habe keiner der Bürger von Elko dieses kurze Zwischenspiel mitbekommen.

Vor sich hinfluchend stiefelte Russel den Sidewalk hoch und betrat sein Office. Und erst dort merkte er, dass seine Hände zitterten.

Der Marshal von Elko beruhigte sich erst wieder, nachdem er zwei Drinks durch seine Kehle gejagt hatte.

*

Als Johnny Clayderman den Barbierladen verließ, war er kaum wiederzuerkennen. Sein tagealter Stoppelbart war verschwunden, und er hatte frische Kleidung angelegt.

Sekundenlang blieb Johnny auf dem Sidewalk stehen, übersah die neugierigen Passanten und schritt dann zum Marshal’s Office hinüber. Er klopfte und trat ein.

Guy Russel nahm seine Stiefel vom Schreibtisch und starrte Johnny an, als habe er ein Wundertier mit zwei Köpfen vor sich.

Clayderman tippte gegen die Krempe seines Stetsons und zog sich unaufgefordert einen Stuhl heran, auf den er sich rittlings setzte.

Der Marshal staunte noch immer.

»Ich möchte eine Auskunft von Ihnen, Marshal«, sagte Johnny. »Ich bin nach Elko gekommen, um hier einen alten Freund zu treffen. Vielleicht können Sie mir sagen, wo ich ihn finde. Sein Name ist Tim Sparks. Haben Sie diesen Namen schon einmal gehört?«

Russels Nasenflügel begannen zu beben. Es sah aus, als nähme er eine unangenehme Witterung auf.

»So geben Sie doch Antwort, Marshal. Oder sind Sie vielleicht stumm geworden?«

Der Town Marshal von Elko zuckte zusammen. Johnnys Stimme hatte scharf geklungen.

»Tim Sparks?«

»Genau das ist sein Name. Er ist von meiner Größe und hat schwarzes Haar. Er müsste sich seit drei oder vier Wochen in der Stadt oder in der unmittelbaren Umgebung aufhalten, Marshal. Ich wurde leider auf meinem Trail nach hierher aufgehalten.«

Russel erhob sich. Mit Anzeichen sichtlicher Nervosität lief er im Office auf und ab. Endlich blieb er vor Johnny stehen, der an sich halten musste, um seine immer größer werdende Ungeduld zu bezähmen.

»Okay, Mister, ich sage Ihnen die Wahrheit, denn Sie würden es ja auch so herausbekommen.«

Johnnys Augen verengten sich. Und er fühlte instinktiv, dass eine unangenehme Nachricht auf ihn wartete.

»Ist etwas mit Tim geschehen?« Russel nickte ernst. »Yeah, das kann man wohl sagen. Ihr Freund ist tot, liegt auf dem Stiefelhügel außerhalb der Stadt.«

Johnny Clayderman hielt es nicht auf dem Stuhl, der krachend zu Boden stürzte, als er aufsprang. Er trat ganz dicht zu dem Gesetzeshüter, der erschrocken einen Schritt zurückwich.

»Tot?«

»Erschossen, Mister. Wir fanden ihn einige Meilen von hier und begruben ihn. Mehr konnten wir für Ihren Freund nicht tun. Sorry, Mister. Sie sind doch Johnny Clayderman?«

Johnny nickte mechanisch. Und er spürte den dumpfen Schmerz in seiner Brust.

Tim sollte tot sein. Ermordet von irgendeinem Hundesohn, der ihn dort draußen in der Wildnis liegen gelassen hatte.

Johnny Clayderman dachte daran, dass er und Tim Sparks wie Brüder gewesen waren. Lange Jahre waren sie Seite an Seite geritten und hatten manches, Abenteuer, manchen Sieg und auch manche herbe Niederlage erlebt.

Und nun sollte Tim tot sein!

Es war für Johnny nicht einfach, das in so kurzer Zeit zu verkraften. Der Marshal schwieg. Er ahnte wohl, was in diesen Sekunden in dem groß gewachsenen Fremden vor sich ging.

Johnnys Blick schien wie aus weiter Ferne zurückzukehren. Und Guy Russel erschauerte, als er in die stahlblauen Augen des vor ihm stehenden Mannes blickte.

»Woher kennen Sie denn meinen Namen, Marshal?«

»Sparks erzählte von Ihnen, Mister Clayderman. Er beschrieb Sie auch ausführlich, ehe er nach Deeth ritt. Es hätte ja sein können, dass Sie in der Zwischenzeit auftauchten.«

»Und aus diesem Grund versuchten Sie, mich aus der Stadt zu jagen, nicht wahr, Sie befürchteten Ärger, sollte ich von Tims Tod erfahren. So ist es doch, Marshal?«

Guy Russel senkte den Kopf. Man sah ihm deutlich an, dass er sich nicht besonders wohl in seiner Haut fühlte.

»Was wollte Tim in Deeth? Wenn mich nicht alles täuscht, liegt der kleine Ort ungefähr zwanzig Meilen von hier.«

Nun nickte der Marshal von Elko.

»So ist es, Mister Clayderman. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was Ihr Freund in Deeth wollte. Ehrlich, Sie müssen mir glauben.«

»Wer könnte Tim ermordet haben, Marshal? Sind Sie überhaupt der Sache nachgegangen?«

»Ich habe keine Ahnung, wer der Täter sein könnte. Wirklich nicht. Natürlich sah ich mich nach Spuren um, doch die waren längst verweht. Ihr Freund muss ein oder zwei Tage dort vor der Stadt gelegen haben. Er sah schrecklich zugerichtet aus.«

Sein Gesicht verzog sich vor Ekel und Abscheu.

Johnny Clayderman verlor nicht die Kontrolle über sich. Der Marshal sollte nicht den flammenden Hass erkennen, der in ihm brannte und sein Blut zum Wallen brachte.

Johnny dachte daran, dass sein Freund nur wenige Meilen von hier entfernt ermordet wurde. Und es sollte keinerlei Spuren geben, die auf den Täter deuteten.

Er glaubte nicht daran, glaubte vielmehr, dass Marshal Russel einiges wusste, jedoch damit nicht herausrücken wollte. Und als er in das ängstlich verzogene Gesicht des Gesetzeshüters blickte, wurde die Gewissheit immer größer.

Johnnys Hand zuckte plötzlich nach vorn, erwischte den Hemdkragen von Russel und zog den sich sträubenden Mann mit hartem Griff zu sich heran.

Heißer Atem wehte Russel ins Gesicht. Ein erstickter Schrei drang zwischen seinen zuckenden Lippen hervor. Johnny ließ den Marshal wieder los, der zurücktaumelte, über den Spucknapf stolperte und sich auf den Hosenboden setzte.

Dort blieb er sitzen, zitterte am ganzen Körper und starrte fassungslos auf Johnny Clayderman, der mit geballten Fäusten vor ihm stand.

Dann entspannte sich dessen Körper. Er reichte dem Marshal die Hand und half ihm wieder auf die Beine.

»Verzeihung, Marshal«, murmelte Johnny leise. »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Nun sollten Sie jedoch alles sagen, was Sie wissen. Und ich wette jeden Betrag, dass Sie ganz genau wissen, was für eine höllische Geschichte da läuft!«

Russel schüttelte den Kopf.

»Eigentlich müsste ich Sie verhaften, Mister Clayderman. Sie haben sich eines tätlichen Angriffs auf einen Gesetzesbeamten schuldig gemacht. Ich will darüber hinwegsehen, denn ich kann Ihre Erregung verstehen. Tut mir leid. Ich weiß sonst nichts. Niemand in der Stadt weiß etwas. Wenn ich Ihnen jedoch einen guten Rat geben darf, dann sollten Sie ganz schnell weiterreiten.«

Russel warf sich auf seinen Sessel, der protestierend ächzte. Dann legte er seine Beine wieder auf den Schreibtisch.

»Reiten Sie, Mister, und zügeln Sie erst nach dreißig Meilen Ihr Pferd. Mehr als diesen guten Rat kann ich Ihnen nicht geben.«

Mit entschlossenen Schritten verließ Johnny Clayderman das Office. Heiß brannte die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Die Main Street wirkte wie ausgestorben. Ein paar Krähen saßen auf dem Giebel eines zweistöckigen Hauses und krächzten herüber.

Johnny Clayderman schritt schneller aus.

Sein Ziel war der kleine Friedhof von Elko, der hinter den letzten Häusern lag. Johnny war vorbeigeritten, bevor er die Stadt erreicht hatte.

Und es dauerte auch nicht lange, dann stand er vor dem Grabhügel und blickte auf das schlichte Holzkreuz, auf dem der Name seines Freundes Tim Sparks mit ungelenker Hand geschrieben war.

Barhäuptig stand Johnny da. Sein dunkelblondes Haar wehte im leichten Wind, der von der East Humboldt Range herüberwehte. Die fernen Berge waren in einen Dunstschleier gehüllt.

Lange Minuten verweilte Johnny Clayderman vor dem Grab seines toten Freundes. Und er schwor in diesen Minuten, dass er alles daransetzen würde, um Tim Sparks Tod aufzuklären und den oder die Mörder an den Galgen zu bringen.

*

Vergebens hatte Johnny versucht, etwas über den Tod seines Freundes in Elko zu erfahren. Er prallte gegen eine Mauer des Schweigens. Niemand gab ihm Auskunft.

Auch ein nochmaliger Besuch bei Marshal Russel brachte nichts weiter ein. Russel empfahl ihm wiederholt, so schnell wie möglich weiterzureiten.

Und wieder merkte Johnny, dass Guy Russel Angst hatte. Es musste eine höllische Angst sein, die ihn in den Krallen hielt. Als sich die Abenddämmerung über das Land zu senken begann und die Schatten länger wurden, verließ Johnny Clayderman die Stadt. Zusammengesunken saß er im Sattel und hing seinen düsteren Gedanken nach.

Er wollte den Ort aufsuchen, wo Tim Sparks ermordet worden war. Guy Russel hatte ihm diese Stelle ausführlich beschrieben, dass er sie auch in der Dunkelheit nicht verfehlen konnte.

Eine halbe Stunde später erreichte Johnny den Ort. Er erkannte sofort, dass es ein geeigneter Platz für einen Überfall war.

Mächtige Felsbrocken lagen wahllos umher. Dazwischen wucherten Bäume und Sträucher. Das Gelände wirkte sehr unübersichtlich.

Es war in der letzten halben Stunde noch dunkler geworden. Die Konturen verblassten immer mehr. Längst war die Sonne hinter den fernen Mountains untergegangen.

Hier irgendwo hat es Tim erwischt, dachte Johnny. Er musste ahnungslos in eine tödliche Falle geritten sein. Wie Russel sagte, fehlte weder eine Patrone in seinem Revolver noch in seiner Winchester.

Und Johnny wusste, dass Tim ein Kämpfer war, der sich nicht so ohne Weiteres umbringen ließ. Also musste er nicht mit einem Hinterhalt gerechnet haben.

Johnny setzte sich auf einen Felsbrocken. Irgendwo heulte ein Wolf. Das klagende Echo klang von einem nahen Hügel zurück.

Eine Frage bewegte Johnny seit vielen Stunden. Was hatte Tim Sparks in Deeth gewollt?

Clayderman wusste, dass er eine Antwort auf diese Frage nur bekommen würde, wenn er selbst nach Deeth ritt. Und das wollte er tun.

Er trat zu seinem Pferd und zog sich in den Sattel. Diese gleitende Bewegung rettete sein Leben. So schrammte die Kugel nur über das Sattelhorn. Und wäre Johnny stehen geblieben, dann hätte das Geschoss sicherlich seinen Kopf durchbohrt.

Johnny Clayderman handelte augenblicklich. Es zeigte sich in diesen Sekunden, dass er ein erfahrener Westmann war, der seine Lektionen längst gelernt hatte.

Er ließ sich auf der anderen Seite vom Pferd fallen, landete auf allen vieren und rollte sich dann ab. Sein Rapphengst wieherte schrill, stieg auf der Hinterhand hoch und tänzelte dann einige Schritte zur Seite, wo er mit bebenden Flanken stehen blieb.

Währenddessen gelangte Johnny Clayderman hinter einen moosbewachsenen Felsklotz, der ihm ausreichende Deckung bot. Matt schimmerte sein Colt, auf dem Lauf reflektierte niedersickerndes Mondlicht.

Es herrschte absolute Stille.

Längst war die Schussdetonation verhallt. Nichts deutete mehr darauf hin, dass irgendein heimtückischer Mordbandit das Leben von Johnny Clayderman mit einem schnellen Schuss hatte auslöschen wollen.

Sekunden vergingen.

Clayderman verließ seine Deckung und huschte auf die Stelle zu, von wo aus der hinterhältige Schuss gefallen war. Dunkel standen ihm ein paar Felsklötze im Wege.

Johnny verhielt drei Pferdelängen davor bei einem Wacholderstrauch und lauschte.

Noch immer konnte er keinerlei verdächtige Geräusche vernehmen. Er schlich weiter.

In diesem Augenblick vernahm er die hämmernden Hufschläge eines angaloppierenden Pferdes.

Der heimtückische Schütze floh, nachdem sein Anschlag missglückt war. Zorn funkelte in Johnnys Augen. Er hätte es diesem Halunken gerne besorgt, wenn er nur gewusst hätte, wer ihn da über den Jordan hatte befördern wollen.

Johnny Clayderman lief zu seinem Pferd hinüber, zog sich in den Sattel und nahm die Verfolgung auf. Hufspuren konnte er nicht entdecken. Er folgte der feinen Staubfahne, die noch wie ein Schleier in der Luft hing.

Das Gelände wurde noch unwegsamer. Schon bald stellte Johnny Clayderman fest, dass der hinterhältige Schütze nur einen Bogen schlug und dann in Richtung der kleinen Stadt Deeth weiterflüchtete.

Noch schneller konnte Johnny sein Pferd nicht vorantreiben, denn es bestand die Gefahr, dass der Rapphengst straucheln und fallen würde.

Er bekam den Flüchtenden auch nicht zu Gesicht. Dazu war es zu dunkel. Außerdem versperrten immer wieder Hügel und riesige Felsschroffen die Sicht.

Zwei Stunden später sah Johnny Clayderman die ersten Lichter von Deeth. Die kleine Stadt lag gut geschützt in einem kleinen Tal. Terrassenförmig erhoben sich die Berghänge gegen den etwas helleren Himmel.

Johnny Clayderman zügelte sein Pferd.

Er wusste, dass der flüchtende Halunke längst die Stadt erreicht hatte. Und es würde sehr schwer werden, ihn dort unter all den Leuten herauszufinden.

Die silberne Scheibe des Mondes stand hoch am Himmel. Es mochte ungefähr zwei Stunden vor Mitternacht sein.

Johnny ritt weiter. Bald erreichte er die ersten Häuser. Auf den Straßen herrschte kein Betrieb mehr. Und das war nicht normal zu dieser Stunde.

Auch der einzige Saloon war geschlossen, und das fand Johnny Clayderman noch merkwürdiger. Normalerweise müsste die einzige Schenke dieser Stadt um diese Stunde berstend voll sein.

Johnny glitt aus dem Sattel.

Das Gefühl, in eine Falle zu reiten, wurde immer stärker in ihm. Seine Hand senkte sich auf den Kolben seines tiefhängenden Revolvers. Lauernd blieb er stehen, lauschte in die Dunkelheit.

Die fast gespenstische Stille zerrte an seinen Nerven. Er hatte das Gefühl, sich in einer ausgestorbenen Geisterstadt zu befinden. Trotzdem war es nicht so.

Aus den Fenstern vieler Häuser fiel goldener Lichtschein. Johnny erkannte auch dunkle Schatten, die sich hinter den Vorhängen bewegten.

Langsam stiefelte der groß gewachsene Mann auf den Mietstall zu. Die große Eingangstür war verschlossen. Gedämpftes Schnauben und Stampfen von Pferden klang heraus.

Ehe Johnny Clayderman die Türklinke niederdrückte, sah er sich nochmals forschend um. Alles blieb ruhig. Und trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, von vielen Augen beobachtet zu werden.

Knarrend schwang die Tür des Livery Stables zurück. Einige Schritte entfernt stand eine Kerosinlampe auf einem Wandbord. Bizarre Schatten reichten bis zu den Boxen, die zum größten Teil belegt waren.

Es mussten wohl einige Pferdeladys sein, die schnaubten, als sie Witterung von Johnnys Rapphengst aufnahmen.

»Hallo«, rief Johnny. »Ist hier jemand?«

Er bekam keine Antwort und rief nochmals. Knarrend öffnete sich die Tür eines Verschlages, der sich am anderen Ende des Stalles befand. Das Gesicht eines älteren Mannes wurde sichtbar. Verschlafen blinzelte er zu Johnny hinüber, der sich gegen die Krempe seines verstaubten Stetsons tippte.

»Hallo, Oldman«, sagte er. »Ist es möglich, mein Pferd unterzustellen?«