2,49 €
In der Arbeitswelt verbirgt die Programmiererin Dana ihre hinreißende Figur lieber unter nüchternen Kostümen. Ihr geht es ausschließlich um den Erfolg des neuen Computerprogramms. Genau wie ihrem Chef, dem faszinierenden Griff McKenna. Oder geht es ihm etwa um mehr? Immerhin küsst er sie heiß und macht ihr einen Vorschlag, der ihr Herz schneller klopfen lässt …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 198
IMPRESSUM
Die Hochzeitssuite erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1998 by Sandra Myles Originaltitel: „The Bridal Suite“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1497 - 2002 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Marion Koppelmann
Umschlagsmotive: Pixland, dmitroza/Thinkstock
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733742638
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY, CORA CLASSICS
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.
Den Zeitungen und „Wall Street“-Gurus nach zu urteilen war Griffin McKenna ein Finanzgenie ersten Ranges. Aber Dana Anderson wusste es besser: Bei dem Mann handelte es sich um einen Piraten. Er nahm sich, was er wollte, sei es nun eine Firma oder eine Frau.
Jawohl, er war ein Pirat! Wie sollte man einen solchen Menschen sonst bezeichnen?
Vielleicht als atemberaubend, wie die Autorinnen der Klatschspalten? Nun, Dana konnte sich schon vorstellen, dass ihn einige Frauen attraktiv fanden. Bei seinen saphirblauen Augen, dem dichten schwarzen Haar, dem Grübchen im Kinn und der beinah geraden Nase, die lediglich in der Mitte eine leichte Krümmung aufwies … All das passte hundertprozentig zu seiner auch sonst beeindruckenden Erscheinung. Er war groß, breitschultrig und wirkte überaus männlich.
Na und? Behauptete jemand, Piraten müssten unansehnlich sein?
McKenna kaufte Firmen auf, die in finanziellen Schwierigkeiten steckten, und machte aus ihnen Goldgruben. Überall las oder hörte man, wie außerordentlich gebildet, mutig und entschlossen er sei. Aber man vergaß immer zu erwähnen, dass er schon als vermögender Unternehmerssohn auf die Welt gekommen war und es ihm gefiel, andere Menschen zu gängeln. Auch dass er ein ganz außergewöhnliches Talent besaß, Leute – besonders Frauen – für sich einzunehmen, stand nirgends.
Aber nicht alle Frauen, dachte Dana, während sie den Flur entlang zu McKennas Büro ging. Nein, ganz bestimmt nicht alle. Sie, zum Beispiel, ließ sich kein bisschen von ihm beeindrucken. Von Anfang an war ihr klar gewesen, was sie von ihm zu erwarten hatte. Bei ihm handelte es sich nicht nur um einen modernen Piraten, sondern auch um ein Ehrenmitglied der guten alten Macholiga: einen arroganten, egoistischen, selbstgerechten Chauvinisten!
Aber schwärmende Kolumnistinnen und kriechende Mitarbeiter brachten ihn und die Firma nicht weiter – jemand musste ihm endlich mal reinen Wein einschenken. Und das würde sie jetzt tun. Vor seinem Büro blieb Dana noch einmal stehen. Natürlich durfte sie ihm nicht die Wahrheit bezüglich seines übertriebenen Selbstwertgefühls sagen. Sie war ja nicht dumm. Ihre Position bei „Data Bytes“ stellte nicht nur irgendeinen Job dar, sie war ein Sprungbrett auf der Karriereleiter. Dafür hatte Dana verdammt hart gearbeitet, und sie würde diesen Erfolg nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Oh nein! Deshalb wollte sie dem neuen Firmeneigner auch nur die Wahrheit über das hochgezüchtete Computerprogramm sagen, das übermorgen bei der großen Software-Konferenz in Miami vorgestellt werden sollte und dazu ausersehen war, die Firma vor dem Ruin zu bewahren.
Dummerweise verfügte der Programmcode noch über zahlreiche Schwachstellen. Das hatte Dana Griffin McKenna schon letzte Woche klarzumachen versucht. Aber als es um einen Termin gegangen war, hatte ihr seine fünfundfünfzigjährige Sekretärin Macy, die Wert auf die Anrede „Miss“ legte, erklärt: „Mr McKenna ist ein viel beschäftigter Mann.“ Doch Dana setzte dem entgegen, dass der ach so beschäftigte Mann beim letzten Meeting behauptet hätte, für seine Mitarbeiter jederzeit ein offenes Ohr zu haben. Sie verschwieg der Vorstandssekretärin allerdings, dass ihrer beider Chef ebenfalls hatte durchblicken lassen, von der Gleichberechtigung so viel zu halten wie ein Stinktier von Deodorant.
Das war ja auch kein Wunder! Wie sollte er sonst ständig zum Thema der Klatschspalten werden und jede Woche mit einer anderen Frau am Arm abgelichtet auf den Titelblättern der Boulevardpresse erscheinen? Oder auf die Idee kommen, bei einem Personalmeeting sexistische Witze zu reißen?
„Und denken Sie daran“, hatte er bei dieser Gelegenheit das letzte Mal betont, „wir sitzen alle im gleichen Boot. Wenn Data Bytes die Vision erfüllen soll, die mir vorschwebt – und ich kann Ihnen versichern, dass wir da hinkommen –, dann nur, weil jedermann sich hineinkniet.“
Als ihre Kollegin und Freundin Jeannie Aarons ergänzte: „Und jede Frau“, lächelte dieser McKenna genauso mitleidig wie die meisten anderen Männer im Raum. Und nachdem sich die allgemeine Erheiterung gelegt hatte, fügte er augenzwinkernd hinzu: „Ein interessanter Einwand, Miss Aarons, ich habe auch nie an den Qualitäten der weiblichen Spezies gezweifelt.“
„Das wette ich!“, schimpfte Dana nun leise vor sich hin. Die letzten diesbezüglichen Zweifel waren ihr genommen worden, als Macy ihr schließlich doch eine Audienz beim Chef gewährt hatte, und sich Dana im Gespräch unter vier Augen noch einmal bestätigte, wes Geistes Kind dieser McKenna war. Sie hatte sich gut vorbereitet, um ihm zu erklären, dass das neue Programm einfach mit zu vielen Fehlern behaftet sei. Aber McKenna wollte nicht auf sie hören, da Frauen bei ihm offensichtlich nur für eine ganz bestimmte Sache infrage kamen.
„Wie geht es Ihnen?“, hatte er bei ihrem Eintreten gefragt und sich von seinem Schreibtischstuhl erhoben wie ein Kaiser von seinem Thron, der sich dazu herabließ, einen Untertanen zu begrüßen. „Hätten Sie gern eine Tasse Kaffee oder Tee?“
„Nein danke“, hatte sie höflich geantwortet und mit ihrer vorbereiteten Rede begonnen, bis McKenna sie mit einer ungeduldigen Handbewegung unterbrach.
„Ja, ja, Dave hat mir schon gesagt, dass Sie sich wahrscheinlich beschweren würden.“
„Aber das tue ich nicht, Sir“, verteidigte sich Dana, bevor sie begriff, was McKenna damit ausdrücken wollte. „Dave hat Ihnen schon davon erzählt? Das heißt, Sie wissen bereits, dass es ein Problem gibt?“ Erleichtert über Daves Offenheit, lächelte sie. „Ich hätte mir ja nie träumen lassen …“
„… dass Sie bei der Beförderung übergangen werden.“ McKenna nickte. „Auch das hat mir Dave erzählt. Er versteht, warum Sie das ärgert.“
„Ich bin allerdings übergangen worden, aber darauf wollte ich gar nicht hin…“
„Er hat mir auch erklärt, dass Sie sich beschwert hätten, weil Sie für Ihre Arbeit nicht ausreichend entlohnt würden.“
„Ich soll mich beschwert haben?“
„Ganz höflich natürlich.“ McKenna schenkte ihr ein beinah väterliches Lächeln. „Er hat mir versichert, Sie wären dabei ganz Dame geblieben.“
„So“, sagte Dana kühl.
„Er war offen und ehrlich zu mir.“ Wieder lächelte McKenna, diesmal übertrieben mitleidig. „Sie müssen wissen, dass Dave und ich uns schon lange kennen. An der Universität waren wir in derselben Verbindung.“
„Was Sie nicht sagen!“, erklärte Dana noch eine Spur eisiger.
„Ich versichere Ihnen, Miss Anderson, dass Ihre Bemühungen honoriert werden. Ich beabsichtige, einen Prämienplan auszuarbeiten, und …“
„Mr McKenna …“ Dana atmete tief durch. „… deshalb bin ich nicht hergekommen, weder wegen einer längst überfälligen Gehaltserhöhung, noch wegen der Beförderung, die leider nicht stattgefunden hat. Ich bin hier, um Ihnen mitzuteilen, dass unser neues Programm nicht funktioniert! Falls Sie es bei der Konferenz in Miami vorstell…“
„Nicht ‚falls‘, Miss Anderson, sondern ‚wenn‘. Und nicht ich werde es vorstellen, sondern Dave. Ich schätze mal, Sie hatten gehofft, diejenige zu sein, die nach Miami …“
„Verdammt noch mal!“ Dana sprang auf. „Ich will mich nicht an Ihrer Schulter ausweinen, sondern Sie warnen, dass das Programm eine einzige Katastrophe ist. Aber wenn Sie das nicht interessiert, kann ich Ihnen auch nicht helfen.“
„Und warum ist das Programm eine Katastrophe, Miss Anderson?“
„Weil …“ Dana zögerte. ‚Weil Dave Alkoholiker ist‘, wäre ihr beinah herausgerutscht. Aber das hätte ihr McKenna niemals abgekauft, und deshalb sagte sie schließlich: „Weil es viele kleine Bugs hat: fehlerhaft geschriebene Programmteile.“
„Das hat mir Dave auch schon erzählt, und dass Sie sie geschrieben hätten, Miss Anderson. Nicht, dass er oder ich Sie dafür verantwortlich machen würden. Schließlich verfügen Sie gar nicht über die Erfahrung …“
„Was tue ich nicht?“
„Aber er hat mir versichert, Sie würden es schon noch lernen, weil Sie ziemlich helle und fix sind – für eine Frau.“
„Ach?“ Nicht nur entrüstet über diesen Zusatz, blickte ihn Dana wie gebannt an. „Dave hat also behauptet, ich hätte keine …? Das glaube ich einfach nicht. Ich kann nicht …“
„Es sei denn, Sie haben die Fehler absichtlich eingebaut. Als er ihren Blick sah, fügte er rasch hinzu: „Das war natürlich nur ein Scherz! Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …“ McKenna lächelte höflich, kam um den Schreibtisch herum und nahm Dana beim Arm, um ihr auch mit dieser Geste unmissverständlich klarzumachen, dass die Unterredung beendet war. „Danke, dass Sie hereingesehen haben“, sagte er noch, „Sie wissen ja: Ich habe immer ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter, Miss Anderson – oder darf ich Dana zu Ihnen sagen?“
Wütend hatte sich Dana von ihm losgemacht und böse erklärt: „Sie können mich Ms Anderson nennen.“
Wie töricht von ihr! Noch im Nachhinein lief es ihr bei dem Gedanken eiskalt den Rücken hinunter. Keiner, absolut keiner der Mitarbeiter von Data Bytes war so lächerlich förmlich wie sie. Die anderen redeten sich alle mit Vornamen an und kamen in Jeans und T-Shirt zur Arbeit. Sie war die Einzige, die lieber beim Sie blieb und fast immer Hosenanzüge und nur hin und wieder einmal ein Kostüm trug. Als Frau musste man nun einmal viel disziplinierter sein und härter arbeiten, um ganz vorne mitzumischen. Trotz all der Gesetze zur Gleichberechtigung waren die Trümpfe auf dem Schlachtfeld „Arbeitsplatz“ immer noch nicht gleichmäßig verteilt. Man brauchte doch nur mal daran zu denken, wie McKenna letzte Woche versucht hatte, ihr ein Kompliment zu machen, indem er betonte, sie hätte sich „damenhaft“ beschwert.
„Miss … Entschuldigung … Ms Anderson“, hörte sie jetzt hinter sich eine ihr bekannte Stimme, die zwar honigsüß klang, aber irgendwie an Donnergrollen erinnerte. Als Dana sich umdrehte, stand Griffin McKenna vor ihr.
„Mr McKenna, ich … Wie …? Ich dachte …“
„Dass Ihnen auch mal die Worte fehlen, Ms Anderson, hätte ich ja nie erwartet!“
Dana errötete und fragte sich gleichzeitig, was sie dazu veranlasst hatte. Irgendwie brachte einen dieser Mann immer dazu, sich … Was war das passende Wort? Unfähig zu fühlen? Nein. Sie wusste, wovon sie sprach, sonst wäre sie in der Firma wohl kaum so weit gekommen. Unsicher? Ja, das traf es. Er brachte einen dazu, sich unsicher zu fühlen. Das lag an dem spöttischen Lächeln, das seinen Mund umspielte, als würde er etwas wissen, das er den anderen vorenthielt.
„Haben Sie nach mir gesucht? Oder wollten Sie einfach nur ein bisschen hier im Flur stehen und schmollen?“
„Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht geschmollt, Mr McKenna, und war tatsächlich auf dem Weg zu Ihnen. Wir müssen uns unterhalten.“
„Schon wieder?“ McKenna zog eine Augenbraue hoch.
„Ja, schon wieder“, bestätigte Dana, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Nun …“, stirnrunzelnd warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und nickte, „einige Minuten könnte ich schon erübrigen.“
Wie großzügig! Dana rang sich ein Lächeln ab und ging vor ihm durch die Tür zum Vorstandssekretariat, an das sich sein Büro anschloss. Dabei ließ sie die völlig verblüffte Macy im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und betrat auf direktem Weg McKennas Büro. Normalerweise bewachte Macy die Tür wie ein Drache seine Höhle. Deshalb konnte sie jetzt auch nicht umhin, Dana hinterherzufauchen: „Sie haben keinen Termin!“
Aber McKenna beruhigte die Frau.
Griffin ließ „die kleine Anderson“, wie sein Freund Dave sie nannte, gern vorgehen. Das gebot schließlich die Höflichkeit. Höflichkeit? So ein Blödsinn! Wenn er ehrlich war, wollte er ihren Anblick genießen. Ms Anderson schritt aus wie eine Löwin, ganz stolz und vor Energie strotzend. Auch die blonden Haare passten dazu und ihre grünen Augen. Als sie sich jetzt zu ihm umdrehte, leuchteten sie wie Smaragde. Ihr Mund war weich und sinnlich und wirkte nur noch verführerischer, weil sie offensichtlich nie Lippenstift benutzte. Und diese Figur! Herrlich weiblich, trotz der furchtbar strengen Hosenanzüge, die sie meistens trug.
Griffin schloss die Tür, lehnte sich von innen dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war wirklich eine Schande, dass eine so schöne Frau so schwierig war. Aber Dave hatte ihn ja vorgewarnt. „Die kleine Anderson ist eine harte Nuss, Griffin“, hatte er gesagt. „Eine von denen, die lieber ein Mann geworden wären und jeden Tag verfluchen, dass es anders gekommen ist – wofür sie dann natürlich die Männer dieser Welt verantwortlich machen.“
Griffin seufzte, ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich. „Nun, Ms Anderson, was kann ich denn heute für Sie tun?“
„Mr McKenna, ich habe gerade das neue Programm getestet.“
„Und?“
Dana räusperte sich. „Wie ich schon das letzte Mal angedeutet habe, ist es eine einzige Katastrophe. Es kann übermorgen bei der Konferenz in Miami unmöglich richtig funktionieren. Und Dave …“
„Das scheint ja bei Ihnen langsam zur fixen Idee zu werden, Ms Anderson.“ Griffin klang höflich, aber sein Lächeln wirkte kühl. „Wir schätzen Ihre Mitarbeit wirklich sehr, doch das Gleiche gilt für Mr Forrester. Und er zeichnet für dieses Projekt nun einmal verantwortlich.“
„Genau“, platzte Dana heraus, „er trägt die Schuld an der ganzen Misere, weil er zu viel trinkt.“
„Ms Anderson, Dave ist der richtige Mann für diesen Job, und das hat gar nichts mit seinem Geschlecht oder seinen Aktivitäten nach Feierabend zu tun. Und was Sie betrifft … Ich schlage vor, Sie überdenken Ihre Haltung noch einmal. Data Bytes würde Sie gern weiterbeschäftigen, aber … wenn Sie nicht im Team arbeiten können, sollten Sie sich vielleicht woanders bewerben.“
Dana war immer stolz darauf gewesen, auch in brenzligen Situationen die Nerven zu behalten. Aber jetzt hätte sie Griffin McKenna am liebsten gesagt, dass er sich seinen Rat sonst wohin stecken könne. Aber natürlich hielt sie sich zurück. Bisher – das hieß, bevor dieser McKenna aufgetaucht war – hatte sich ihre Karriere wie geplant entwickelt. Und sie wollte verdammt sein, wenn sie zuließ, dass er ihre Pläne durchkreuzte.
„Habe ich mich klar ausgedrückt, Ms Anderson?“
Dana zwang sich, seinen eiskalten Blick zu erwidern und völlig ruhig zu antworten: „Allerdings. Schönen Tag noch, Mr McKenna.“ Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ erhobenen Hauptes das Büro.
Außer sich stieß sie kurze Zeit später die Tür zur Damentoilette auf und dachte: Dieser McKenna ist nicht nur ein Macho, wie er im Buche steht, sondern auch ein Obertrottel. „So ein Idiot!“, sagte sie leise, als sie zum Waschbecken ging. Dann stellte sie das Wasser an und kühlte sich die erhitzten Wangen. „Dieser dickschädelige, nichts wissende Macho!“
Sie riss ein Wegwerfhandtuch aus dem Spender, fuhr sich damit übers Gesicht und knüllte das Papier zusammen, bevor sie es in den Mülleimer feuerte.
War der Kerl denn mit Blindheit geschlagen? Er hatte sich seinen Erfolg zwar mit geerbtem Geld erkauft, aber ein bisschen Talent besaß er doch, auch wenn er keinen blassen Schimmer von Computerprogrammen hatte und auch nicht von seinem Studienfreund Dave – ihrem direkten Vorgesetzten. Dave brachte noch die ganze Firma um Kopf und Kragen, aber als sie, Dana, versucht hatte, McKenna das klarzumachen, hatte er ihr mit Kündigung gedroht. Und wieso?
Weil er und Forrester Freunde waren und weil sie als Frau niemals der Freund von einem Mann sein konnte. Auch wenn McKenna behauptete, das Geschlecht hätte nichts damit zu tun, dass man Dave zum Boss der Entwicklungsabteilung gemacht hatte, glaubte Dana ihm kein Wort. Sie war vielleicht direkt nach der Uni noch naiv genug gewesen, Sexismus in der Arbeitswelt – besonders bei den Programmierern – für überholt zu halten. Aber fünf Jahre in den Schützengräben hatten sie eines Besseren belehrt.
Wenn man ein Mann war, gab es bei entsprechender Vorbildung nach oben keine Grenzen, aber als Frau stieß man irgendwann unweigerlich an eine Glaswand, und bei ihr war es jetzt so weit. Die einzigen Frauen, mit denen die McKennas dieser Welt umgehen konnten, waren mit den Wimpern klimpernde Luxusweibchen. Und wenn Griffin McKenna mit seinen fünfunddreißig noch nicht jede gehabt hatte, dann nur, weil es ihrer leider immer noch zu viele gab.
In diesem Augenblick ging die Tür auf, und ihre Freundin Jeannie kam herein.
„Sprich mich bloß nicht an“, sagte Dana aufgebracht, woraufhin Jeannie erstaunt eine Augenbraue hochzog und locker erklärte: „Auch dir ein herzliches Hallo.“
„Wie kann dieser Mann überhaupt noch in den Spiegel sehen? Er ist doch der sturste, unfähigste Geschäftsmann der Welt.“
„Arthur?“
„Nein, McKenna.“
„Also ich finde, was sein Aussehen angeht, gibt es nichts an ihm auszusetzen. Nur ein Höhlenmensch würde ihn nicht wahnsinnig männlich finden. Und was seinen Ruf als Geschäftsmann betrifft … Soweit ich gehört habe, hat Griffin McKenna letztes Jahr wenigstens ein halbes Dutzend maroder Firmen aufgekauft und wieder in die schwarzen Zahlen gebracht.“
„Na, toll! Erst singt Arthur Lobeshymnen auf ihn und jetzt auch noch du.“
„Bitte, nenn mich nicht in einem Atemzug mit deinem Freund Arthur. Nachher färbt sein langweiliges Wesen noch auf mich ab.“
„Was du immer hast! Aber jetzt mal ehrlich, Jeannie, findest du, dass ich mich wie eine Närrin anhöre, wenn’s um geschäftliche Dinge geht?“
Jeannie sah ihre Freundin an und seufzte. „Dein Problem ist nicht, wie du dich anhörst, sondern wie du aussiehst. Normalerweise können Leute, die komplizierte Computerprogramme schreiben, Michelle Pfeiffer nicht doubeln. Nun ja, von deiner Frisur einmal abgesehen und wenn du dein Haar nur ein bisschen heller tönen und es offen …“
„Vergiss doch mal mein Aussehen“, unterbrach Dana sie scharf, „obwohl das wahrscheinlich zu dem Problem beiträgt, das ich mit McKenna habe. Wenn er mich ansieht, hat er nur Augen für die Frau in mir.“
„Wen wundert’s?“, erklärte Jeannie lächelnd. „Wann ist das Ganze denn passiert? Ich meine, wann hat er dich so weit getrieben, dass du denkst, du bekommst morgen deine Tage?“
„Letzte Woche und gerade eben. Ich habe ihn jetzt erst zweimal persönlich gesprochen, aber jedes Mal war es ein Fiasko.“
„Meinst du nicht, Dana, dass du da ein bisschen übertreibst?“
„Da täuschst du dich aber. Es gibt ein ernsthaftes Problem mit unserem neuen Programm dank meines direkten Vorgesetzten. Dave baut seit einigen Wochen Riesenbockmist.“
„Bist du sicher?“
„Ganz sicher.“ Sie atmete tief durch. „Er hat ein Alkoholproblem.“
„Du machst doch Witze!“
„Nein, ich mein’s todernst. Er lallt zwar nicht oder fällt stockbetrunken über die eigenen Beine, aber manchmal ist er so besoffen, dass er nicht einmal mehr den Monitor erkennt.“
„Hast du ihn darauf angesprochen?“
„Natürlich.“
„Und?“
„Er hat alles abgestritten und dann gesagt, mir würde sowieso niemand glauben. Schließlich wäre er derjenige mit dem berühmten Namen und der Erfahrung. Jetzt verbringe ich den halben Tag damit, seine Fehler auszumerzen, und die restlichen Stunden brauche ich, um mein eigenes Arbeitspensum einigermaßen zu bewältigen. Und das Ergebnis davon ist ein Riesendurcheinander.“
Jeannie biss sich auf die Lippe und fluchte leise vor sich hin. In diesem Augenblick ging die Tür auf, und der Raumpfleger Charlie, der mit dem Putzjob bei Data Bytes seine Rente aufbesserte, kam herein und strahlte die beiden an. „Es ist bereits kurz vor zwölf, meine Damen“, erklärte er fröhlich. „Zeit zum Wischen! Ich dachte, Sie wären schon in der Mittagspause. Aber ich habe extra geklopft, wahrscheinlich haben Sie mich einfach nicht gehört.“
„Schon in Ordnung.“ Jeannie warf Dana einen beschwichtigenden Blick zu. „Wir sind eigentlich fertig, und unsere Mittagspause beginnt erst in einer Stunde.“
„Hin und wieder ein Pläuschchen muss ja auch mal sein, nicht wahr, Mädchen?“ Charlie lächelte großväterlich, bevor er fortfuhr: „Und bestimmt haben Sie sich auch ein bisschen zurechtgemacht. Aber, meine Hübschen, ich kann Ihnen versichern, das hätte keine von Ihnen nötig gehabt.“
Als Jeannie Danas Gesichtsausdruck sah, unterdrückte sie ein Seufzen. Doch da erklärte Dana auch schon eisig: „Was sollten wir Mädchen auch tun, wenn uns kein Mann sein Okay geben würde?“
Charlie, der keine Ahnung hatte, dass er sich auf ganz dünnem Eis bewegte, grinste breit. „Nicht wahr!“
„Wollen Sie wirklich wissen, was ‚nicht wahr‘ ist?“ Mit erhobenem Zeigefinger ging Dana auf ihn zu, woraufhin Charlies Lächeln verschwand und er sich ganz dicht an die Tür drückte. „Nicht wahr ist, dass wir Mädchen sind: Wir sind Frauen. Und was Ihren ungefragten Kommentar zu unserem Aussehen angeht …“
Aber bevor Dana den Satz zu Ende führen konnte, hatte Jeannie sie beim Arm genommen und zog sie zum Ausgang. Auf der Schwelle warf Jeannie Charlie noch ein entschuldigendes Lächeln zu. „Das geht nicht gegen Sie persönlich, Charlie. Dana ist einfach nur aufgeregt!“
„Ich bin nicht aufgeregt.“ Dana machte sich von ihr los und fuhr herum. „Ich habe es einfach satt, so zu tun, als müsste ich von jedem Chauvi gehätschelt werden – als wäre ich ein Pudel.“
Völlig verblüfft sah Charlie von einer zur anderen. „Ich habe doch kein Wort von einem Pudel gesagt, Miss.“
„Oh, verdammt noch mal! Das hat doch überhaupt nichts mit Hunden zu tun. Ich wollte damit ausdrücken …“ Dana verstummte, warf entnervt die Arme hoch und stieß unwirsch hervor: „Männer!“, bevor sie endgültig die Damentoilette verließ.
Nur Augenblicke später stand Charlie vor Griffin McKennas riesigem Schreibtisch. Die weißen Augenbrauen hatte er immer noch zusammengezogen und erzählte seinem Boss, was passiert war.
Griffin mochte Charlie, aber er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Er überlegte zum Beispiel, wie er die Firma bei der übermorgen beginnenden Konferenz in Miami in einem guten Licht darstellen und mit dem neuen Finanzdatenbank-Programm Großkunden gewinnen konnte, damit Data Bytes zurück in die schwarzen Zahlen kam. Dazwischen dachte er immer wieder darüber nach, was eine atemberaubende Frau wie Dana Anderson dazu veranlasste, sich so unmöglich aufzuführen.
Griffin runzelte die Stirn. Warum verschwendete er überhaupt noch einen Gedanken an sie? Okay, sie sah umwerfend aus, war aber ansonsten eine elende Zicke. Wenn sie bloß zugeben würde, dass sie die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen hatte, und nur einmal tat, was man ihr sagte.
„ … nur, dass die beiden hübsche Dinger wären, so wie der Pudel der einen auch, glaube ich.“
Griffin zwang sich, wieder an Charlie zu denken. Der arme Kerl war wirklich total aufgelöst, aber weswegen? Griffin konnte sich die Frage genauso wenig beantworten wie noch vor fünf Minuten, als der alte Knabe an der furchterregenden Miss Macy vorbei in sein Büro gestürmt war. Griffin hatte die Sekretärin vom ehemaligen Vorstand übernommen. Sie war es einfach gewöhnt, die Tür zu bewachen wie ein Schießhund. Da konnte er noch so oft darauf hinweisen, dass er immer für seine Mitarbeiter zu sprechen sei.
„… meine Schwägerin hatte auch mal einen Pudel. Garstiges kleines Ding, das. Ständig am Zähnefletschen und kläffen, und zwar so hoch, dass es einem in den Ohren dröhnte.“
Griffin nickte verständnisvoll und sah in seinem Terminkalender nach, wann Dave das neue Programm noch einmal mit ihm durchgehen wollte.
„… und dachte mir, ich komme am besten gleich zu Ihnen, Sir, weil Sie doch immer sagen, Ihre Tür würde jedermann offen stehen. Stimmt’s?“
„Absolut richtig.“ Griffin räusperte sich. „Obwohl ich nicht ganz sicher bin, wo das Problem …“
„Nun, Sir, die junge Dame denkt, ich hätte sie beleidigt oder vielleicht auch ihren Pudel. Aber das hab ich doch überhaupt nicht.“
Griffin rieb sich das Kinn.
„Wer weiß schon, wozu die in der Lage ist. Womöglich beschwert sie sich noch bei Ihnen wegen sexueller Belästigung, oder so was. So’n dummes Zeug liest man ja ständig.“ Charlie wirkte richtig beunruhigt. „Mit ihren grünen Augen hat sie mich ganz böse angesehen und mit eiskalter Stimme erklärt, dass sie eine Frau sei und kein kleines Mädchen. Dabei wollte ich ihr doch nur ein Kompliment machen.“
„Um welche Frau handelt es sich denn?“, fragte Griffin, obwohl er es eigentlich schon wusste.
„Um Dana Anderson.“
Griffin rang sich ein Lächeln ab und stand auf, um Charlie zum Abschied die Hand zu reichen.