Die Insel der roten Mangroven - Sarah Lark - E-Book + Hörbuch

Die Insel der roten Mangroven Hörbuch

Sarah Lark

4,8

Beschreibung

Jamaika, 1753: Deirdre, die Tochter der Engländerin Nora Fortnam und des Sklaven Akwasi, lebt behütet auf der Plantage ihrer Mutter und ihres Stiefvaters. Die jungen Männer der Insel umschwärmen sie trotz ihrer anrüchigen Herkunft. Doch Deirdre zeigt kein Interesse, bis der junge Arzt Victor Dufresne um ihre Hand anhält.

Nach einer prunkvollen Hochzeitsfeier schiffen sich Victor und Deirdre ein nach Saint-Domingue auf der Insel Hispaniola. Und was dort geschehen wird, soll alles verändern ...

Fesselnder Roman vor historischem Hintergrund. Bewegende Geschichte in grandioser Landschaft von der internationalen Bestsellerautorin Sarah Lark.

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Zeit:9 Std. 51 min

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SARAH LARK

DIE INSELDER ROTENMANGROVEN

Roman

Lübbe Digital

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes

Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG

Dieser Titel ist auch als Hörbuch erschienen

Originalausgabe

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Copyright © 2012 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln

Lektorat: Melanie Blank-Schröder

Landkarten: Reinhard Borner

Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel, punchdesign

Einband-/Umschlagmotiv: © Steven Wright/Shutterstock; Micha Rosenwirth/Shutterstock; belsazar/Shutterstock; Valery Shanin/Shutterstock

Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-8387-1974-0

Sie finden uns im Internet unter: www.luebbe.de

Bitte beachten Sie auch: www.lesejury.de

DANKSAGUNG

Wie immer möchte ich an dieser Stelle meinen Dank an alle aussprechen, die an der Entstehung dieses Buches beteiligt waren. Zu nennen sind meine Lektorin Melanie Blank-Schröder und meine Textredakteurin Margit von Cossart. Mein Agent Bastian Schlück tut immer noch Wunder, Christian Stüwe verkauft praktisch täglich neue Lizenzen … Überhaupt danke ich allen Mitarbeitern meines Verlages Bastei Lübbe und meiner Literaturagentur Thomas Schlück, die mein Buch mitgestalten und Anteil daran haben, es in die Buchläden zu bringen. Und da ich dieses Mal im Vorfeld schon weiß, dass Die Insel der roten Mangroven auch in anderen Ländern, auf jeden Fall in Spanien, erscheinen wird, möchte ich hier ebenfalls allen danken, die Sarah Larks enormen Erfolg in meiner Wahlheimat Spanien mitbegründet haben. Auf Buchmessen und anderen Veranstaltungen meine Leser kennenzulernen und viele der Buchhändler, die meine Bücher letztendlich »unter die Leute bringen«, macht mir sehr viel Freude; ich bin immer wieder begeistert von der Zuneigung, die mir entgegengebracht wird.

Last, but not least möchte ich meinen Freunden Johannes und Anna Puzcas danken. Ohne ihre Hilfe bei den Pferden sowie im Haus wäre mein Alltag sehr viel schwieriger zu organisieren – und ich könnte mich deutlich seltener an meinen Schreibtisch zurückziehen, um mir neue Geschichten auszudenken.

Sarah Lark

EINE BESSERE ZUKUNFT

Jamaika – Cascarilla Gardens

Kaimaninseln – Grand Cayman

Spätsommer 1753

KAPITEL 1

Eigentlich sollten wir das ja nicht unterstützen …«

Lady Lucille Hornby-Warrington schaute missmutig aus ihrer offenen Kutsche hinaus in den sonnigen Sommertag. Dabei gab es nicht viel zu sehen, die Wege zwischen der Hollister- und der Fortnam-Plantage waren staubig und gesäumt von Zuckerrohrpflanzungen. Die schilfähnlichen Gräser erreichten eine Höhe von bis zu sechs Metern – die Straßen erschienen wie frisch geschlagene Schneisen durch das üppige Grün. Die Lady war zwangsläufig gelangweilt. Lord Warrington, ihr Gatte, taxierte die Höhe und den Umfang der Pflanzen dafür umso interessierter. Schließlich bezog die Plantage, die er für den Onkel seiner Frau verwaltete, ihren Reichtum ebenfalls aus dem Zuckerrohr, und dieses Jahr deutete alles auf eine gute Ernte hin. Warrington wirkte denn auch erheblich besser gelaunt als seine Frau.

»Das meinst du nicht ernst«, beschied er die Lady gelassen und auch ein wenig spöttisch. »Ein Fest bei den Fortnams auslassen, nur weil dir der Anlass nicht passt? Darf ich dich daran erinnern, dass Nora und Doug die beste Köchin der Gegend haben, den schönsten Tanzsaal besitzen und stets die begabtesten Musikanten engagieren? Und das Mädchen ist doch auch ganz reizend.«

»Das Mädchen ist ein Halbblut!«, erklärte seine Gattin mit verkniffenem Gesicht. »Eine Mulattin. So was gehört ins Sklavenquartier. Man zieht es nicht als ›Tochter des Hauses‹ auf, und man feiert nicht groß seine ›Volljährigkeit‹. Aber Doug Fortnam tut ja so, als hätte er mit Zeugung und Aufzucht dieses Bastards eine Glanzleistung vollbracht!«

Warrington lächelte. Bekannt für die Zeugung von Bastarden mit schwarzen Sklavinnen war eigentlich eher Lord Hollister, Lucilles Onkel. Lucille und ihre Tante sahen zwar darüber hinweg, tatsächlich bevölkerten immer noch Dutzende ihrer Halbcousinen und -cousins die Hollister-Plantage. Auch ihr Kutscher Jimmy zeigte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Besitzer der Plantage, der sich seit einigen Jahren in sein Stadthaus in Kingston zurückgezogen hatte. Die Plantage hatte er Lucilles Gatten überlassen, nachdem er die junge Frau, die aus der mittellosen Beamtenfamilie Hornby in London stammte, an Kindes statt angenommen hatte. Mit seiner Gattin hatte Lord Hollister keine Kinder. Doug und Nora Fortnam dagegen hatten neben der heutigen Debütantin noch zwei jüngere Söhne.

»Ist das Mädchen nicht tatsächlich Noras außereheliche Tochter?«, fragte Lord Warrington.

So ganz durchschaute er die Verhältnisse auf der Nachbarplantage Cascarilla Gardens noch nicht, obwohl er inzwischen bereits fünf Jahre mit Lucille hier lebte. Aber die Fortnams hatten keinen sehr engen Kontakt zu ihren Nachbarn. Sie waren höflich und luden auch immer mal wieder zu Festlichkeiten ein, Freundschaften suchten sie hingegen nicht. Auch die anderen Pflanzer hielten eher Abstand zu den Besitzern von Cascarilla Gardens. Doug und Nora Fortnam pflegten einen sehr eigenwilligen Umgang mit ihren schwarzen Plantagenarbeitern. Zwar hielten auch sie Sklaven, wie alle hier auf Jamaika, aber sie beschäftigten kaum weiße Aufseher, gaben den Leuten häufiger frei als andere und setzten auf eine Art Selbstverwaltung unter Leitung eines schwarzen Vormanns.

Anfänglich hatten die Nachbarn deshalb mit einer Katastrophe gerechnet. Schließlich galt es als erwiesen, dass die Schwarzen faul und nicht selten gewalttätig waren, wenn man sie nicht streng unter Kontrolle hielt. Cascarilla Gardens florierte allerdings trotz des eigenwilligen Führungsstils seines Besitzers. Tatsächlich gehörte die Plantage sogar zu den reichsten Jamaikas, inzwischen brachten viele der anderen Pflanzer Doug Fortnam Neid entgegen. Allein, was er an den Gehältern der Aufseher sparte! Allerdings wäre keiner auf die Idee gekommen, sein Modell für die eigene Plantage zu übernehmen.

Lady Warrington stieß scharf die Luft aus. »Umso schlimmer!«, erklärte sie. Im Gegensatz zu ihrem Mann erinnerte sie sich sehr gut an die Einzelheiten. »Na ja, es war nicht Miss Noras Schuld, sie ist entführt worden und … und einer der Kerle hat ihr wohl Gewalt angetan. Doch gerade deshalb! Wer will denn die … die Frucht eines solchen Unglücks um sich haben?«

Warrington zuckte die Achseln. Auch für ihn war es befremdlich, dass Doug Fortnam die nach Jahren der Gefangenschaft in einem Widerstandsnest entlaufener Sklaven endlich befreite Nora nicht nur geheiratet, sondern auch ihre Tochter, die von einem der Aufständischen gezeugt worden war, adoptiert hatte. Das Mädchen selbst fand er allerdings ganz reizend, wahrscheinlich war es schon als Kind entzückend gewesen. Doug mochte es schlicht nicht übers Herz gebracht haben, Mutter und Tochter zu trennen. Der Mann hatte ein zu weiches Herz, doch darüber war man sich in der Umgebung von Kingston ja seit Jahren einig. Und irgendwann würde sich das auch rächen mit dieser laschen Haltung gegenüber seinen Schwarzen …

Die Kutsche passierte jetzt eines der letzten Felder der Hollister-Plantage, auf der eben eine Gruppe Sklaven damit beschäftigt war, neue Zuckerrohrpflanzen zu setzen. Die Männer sahen dabei kaum auf, was Warrington zufrieden vermerkte. Die Kerle sollten schließlich keine Maulaffen feilhalten und seiner Kutsche nachschauen, sondern arbeiten. Er nickte dem Aufseher anerkennend zu. Der stämmige Schotte saß auf seinem Pferd, Gewehr und Peitsche griffbereit, aber nicht im Dauereinsatz. Der Mann machte einen guten Job, anscheinend genügte seine Anwesenheit, um den Schwarzen eine Höllenangst einzujagen. Und offensichtlich unterstützte er nicht diese Singerei der Sklaven! Manche Aufseher versprachen sich höhere Erträge, wenn die Männer die Macheten im Takt eines Liedes schwangen. Auch aus Cascarilla Gardens klang mitunter Gesang herüber. Warrington schätzte das jedoch nicht, er liebte es eher ruhig – schon weil seine Frau zu viel redete. Jetzt allerdings schwieg sie indigniert. Anscheinend haderte sie nach wie vor mit ihrer Teilnahme an diesem Fest, gefangen zwischen Missfallen und Neugier.

Dann wurde die Stille jedoch unterbrochen. Als die Kutsche der Warringtons die Grenze nach Cascarilla Gardens überquerte, schallten schnelle Hufschläge und helles Lachen aus einem der Seitenwege. Der Kutscher Jimmy verhielt die Pferde abrupt. Lady Lucille fuhr ihn empört an, sie wäre beinahe vom Sitz gerutscht.

Warrington sah das gelassener. Ohne die scharfe Bremsung wäre es dem Mann wohl kaum gelungen, einen Zusammenstoß mit den beiden Reitern zu vermeiden, deren Pferde nun vor ihnen über den Weg preschten. Ein zierlicher Schimmel, geritten von einer jungen Frau im Damensattel, überholte eben einen wesentlich größeren Braunen. Der junge Mann, der ihn verzweifelt zu einer rascheren Gangart anfeuerte, rief den Warringtons eine flüchtige Entschuldigung zu. Der Schimmel war schon zwischen den Pflanzungen verschwunden.

Warrington schnaubte. »Der junge Keensley«, murmelte er.

»Und die Bastard-Tochter der Fortnams«, fügte Lucille gallig hinzu. »Skandalös! Ich sagte ja … wir sollten das nicht unterstützen!«

Warrington zuckte die Schultern. »Und dennoch werden wir den Abend genießen«, begütigte er. »Jetzt fahr zu, Jimmy! Auf den Schreck brauche ich einen guten Schluck Zuckerrohrschnaps. Oder Rumpunsch.«

Das Punschrezept von Fortnams Köchin war legendär, Warrington lief schon das Wasser im Munde zusammen. Und die Fortnam-Tochter bot wirklich einen höchst erfreulichen Anblick. Selbst wenn sie nur auf einem Pferd vorbeigaloppierte. Es würde zweifellos noch anregender sein, sie später beim Tanzen zu beobachten. Warrington fragte sich, ob es als väterlich durchginge oder einfach nur albern wirken würde, wenn er sich anbot, das Mädchen selbst durch ein Menuett zu führen …

»Hab ich’s Ihnen nicht gesagt? Alegría ist schneller als Ihr Brauner. Auch wenn er Rennpferdeahnen hat. Aber Alegría hat orientalisches Blut, sie ist eine Enkelin von Darley Arabian …«

Deirdre Fortnam begann sofort, auf ihren Begleiter einzureden, als sie die Pferde nach Überschreiten der Ziellinie – der Übergang der Plantagenwege in die befestigte Auffahrt von Cascarilla Gardens – zum Schritt durchparierten. Die kleine Schimmelstute hatte das improvisierte Rennen überlegen gewonnen.

Quentin Keensley, ihr hoch aufgeschossener rothaariger Begleiter, verzog leicht den Mund. Es fiel ihm schwer, sich mit der Niederlage abzufinden.

»Wobei sicher auch eine Rolle spielt, dass sie nicht viel Gewicht mit sich herumträgt«, konterte er. »Denn Sie, Miss Fortnam, wiegen ja kaum mehr als eine Feder. Die reizendste Feder des entzückendsten Kolibris, den unsere gesamte Inselwelt je hervorgebracht hat …«

Der junge Keensley zwirbelte seinen zur modischen »Fliege« gestutzten Bart und schenkte dem Mädchen ein Lächeln. Die geschliffene Rede lag ihm deutlich mehr als das Reiten – Pferde interessierten ihn nicht wirklich. Was ihn anzog, war allein Deirdre Fortnam.

Quentin war weit gereist. Seine Familie hatte ihm eine traditionell englische Erziehung angedeihen lassen und obendrein eine Europareise geschenkt, bevor er nach Jamaika zurückgekehrt war. Aber nie hatte er irgendwo ein schöneres Mädchen gesehen als die Tochter seiner Nachbarn. Allein diese Haut – Sahne mit einem Schuss Kaffee darin, zart und seidig. Quentin sehnte sich danach, sie zu berühren. Und ihr seltsames Haar … es war schwarz, jedoch weder glatt oder großlockig, noch wirklich kraus. Sehr viel feiner als das aller anderen Schwarzhaarigen, die er kannte, fiel es kaskadenartig in winzigen Ringellocken über ihren Rücken. Und dann ihre Augen! Sie wirkten wie Smaragde, geschützt von irritierend langen tiefschwarzen Wimpern. Dazu sprühten sie Feuer! Wie jetzt, als Deirdre ihn anblitzte.

»He, das klingt ja, als wäre ich nur Dekoration auf meinem Pferd!«, rügte sie. »Dabei will Alegría geritten sein! Können Sie gern mal ausprobieren, aber ich sag’s Ihnen, wenn Sie nicht wirklich reiten können, schaffen Sie es nicht, Alegría vor Kingston wieder anzuhalten!«

Die junge Frau streichelte den Hals ihrer Stute, die eigentlich ganz entspannt und umgänglich schien. Keensley war sich sicher, dass Deirdre übertrieb. Tatsächlich hätte er dem kleinen Pferd aber auch kein solches Höllentempo zugetraut, wie es eben vorgelegt hatte.

»Ich verbeuge mich vor Ihrer Reitkunst wie vor Ihrer Schönheit!«, erklärte er jetzt mit entschuldigendem Lächeln und senkte den Kopf.

Er hätte gern noch den Hut gezogen, aber sein Dreispitz war ihm schon zu Anfang des wilden Rittes verloren gegangen. Er würde gleich einen Sklaven hinausschicken müssen, um das gute Stück zu suchen.

Deirdre lenkte ihr Pferd nun um das Haus ihrer Eltern herum, einen verspielten Bau im Kolonialstil, der sie als Kind an ein Schloss erinnert hatte. Es gab Türmchen, Veranden und Balkone, gestrichen in Blau und Gelb, den Lieblingsfarben ihrer Mutter, und mit kunstvollen Schnitzereien verziert. Cascarilla Gardens bildete selbst Tischler und Holzschnitzer aus. Die Sklaven hier hatten sehr viel mehr Kinder als auf anderen Pflanzungen – Doug Fortnam akzeptierte Ehen unter seinen Leuten. Er riss keine Familien auseinander, indem er Männer, Frauen und Kinder einzeln verkaufte. Genau genommen verkaufte Doug überhaupt keine Sklaven. Wer auf Cascarilla Gardens geboren wurde, hatte hier Heimatrecht. Das war gut, da unter diesen Bedingungen fast nie jemand fortlief. Für all die jungen Schwarzen mussten jedoch Beschäftigungen gefunden werden.

Deirdre und Quentin trabten am Gartenzaun der Fortnams entlang, der ein weitläufiges, schon festlich geschmücktes Anwesen umgab. Die Gesellschaftsräume von Cascarilla Gardens gingen in die Gartenanlagen über, bei schönem Wetter wurden die weiten Türen des Tanzsaals geöffnet, und die Gäste konnten draußen sitzen oder sich zwischen den Bäumen und Blumenbeeten ergehen. Nora Fortnam war eine große Freundin der jamaikanischen Pflanzenwelt. Sie legte all ihren Stolz darein, möglichst viele Orchideenarten der Insel in ihrem Garten zu züchten, hätschelte ihre Accarabüsche und duldete auch die allgegenwärtigen bis zu zehn Meter hohen Cascarillas, die der Plantage ihren Namen gegeben hatten. Ein riesiger Blauer Mahoe beherrschte den Garten und bot im Sommer Schatten. Jetzt hingen Lampions in seinen Zweigen.

»Ist das nicht schön?«, freute sich Deirdre und wies auf die Dekoration. »Den Garten habe ich gestern mit den Hausmädchen und meinen Brüdern zusammen geschmückt. Sehen Sie den roten Lampion da oben? Das ist meiner, den habe ich gebastelt!«

»Sehr … hübsch …«, kommentierte Keensley verhalten. »Sie sollten sich Ihre Hände jedoch nicht durch Hausarbeit verderben …« In Quentins Familie hätte eine Lady die Sklaven allenfalls dabei beaufsichtigt, den Garten zu dekorieren. Und ganz sicher hätte sie sich nicht an der Herstellung der Lampions beteiligt.

Deirdre seufzte. »… und ich sollte beim Reiten Handschuhe tragen«, meinte sie mit einem schuldbewussten Blick auf ihre Finger, die Alegrías Zügel fast ständig leicht anspielten und die Stute dadurch aufmerksam hielten. »Ich vergesse es bloß immer wieder. Wobei Reiten und Gartenarbeit eher Schwielen machen als ein bisschen Papierfalten. Ist aber auch egal. ›Arbeit schändet nicht‹, sagt mein Vater immer …«

Doug Fortnam hatte sich seine Europareise in jungen Jahren durch Schuften in der Landwirtschaft und in Steinbrüchen selbst finanziert. Zuletzt hatte er sich sogar als Matrose verdingt, um die Rückfahrt nach Jamaika zu bezahlen.

Deirdre ließ ihr Pferd noch einmal kurz angaloppieren, um die Ställe schneller zu erreichen. Der Blick auf den geschmückten Garten hatte ihr ins Gedächtnis gerufen, dass sie längst nicht mehr auf dem Pferd sitzen, sondern sich umziehen und für den Abend zurechtmachen sollte. Dies war schließlich ihr Fest – die Fortnams feierten ihren achtzehnten Geburtstag.

Im Stallbereich war man längst auf den Empfang der Gäste vorbereitet. Kwadwo, der alte Stallmeister, erwartete die Kutschen vor dem Eingang, bereit, die Gäste zu begrüßen und ihnen ihre Pferde abzunehmen. Dabei hatte er es sich nicht nehmen lassen, sich in die traditionelle Livree des hochherrschaftlichen Hausdieners zu kleiden: hellblau mit gelben Aufschlägen am Kragen und an den Ärmeln. Dazu trug er eine weiße, gepuderte Perücke. Deirdre fand, dass er darin eher komisch wirkte, aber Kwadwo schien der Aufzug zu gefallen. Er pflegte würdevoll einherzuschreiten und den Damen und Herren mit elegantem Schwung die Kutschentüren zu öffnen. Dazu verbeugte er sich in der Manier eines Lakaien am Hofe des Sonnenkönigs. Irgendjemand musste ihm das einmal gezeigt haben, und Kwadwo hatte Gefallen daran gefunden, obwohl seine Herrschaft gar nicht so sehr auf Förmlichkeiten hielt.

Ansonsten war sein Verhalten allerdings keineswegs besonders unterwürfig. Im Gegenteil, als Busha, wie man einen schwarzen Vorsteher einer Plantage auf Jamaika nannte, vertrat er die Interessen der ihm untergeordneten Sklaven. Doug Fortnam schätzte ihn als Mittler zwischen Sklavenquartier und Herrenhaus. Außerdem hatte Kwadwo die Stellung des Obeah-Mannes inne, des spirituellen Führers der Sklaven seiner Plantage. Das war allerdings streng geheim. Unter den Weißen war der Obeah-Kult verpönt und auf den Plantagen gewöhnlich verboten. Die Sklaven schlichen sich nachts heimlich zu den Zeremonien. Doug und Nora Fortnam hätten ihren Nachbarn gegenüber nie zugegeben, dass sie die Obeah-Zusammenkünfte ihrer Leute duldeten. Aber tatsächlich drückten sie beide Augen zu und sahen großzügig darüber hinweg, wenn mal ein Huhn als Opfer für die Obeah-Götter verschwand …

Als Deirdre und ihr Begleiter nun ihre Pferde vor den Ställen verhielten, kam Kwadwo sofort zu ihnen. Allerdings sparte er sich bei der Tochter des Hauses die ehrerbietige Begrüßung. Im Gegenteil. Nach einem Blick auf den Stand der Sonne und die erhitzte Deirdre flog ein Ausdruck des Missfallens über sein breites, runzeliges Gesicht.

»Gute Güte, Missis Dede, was machst du … was machen Sie denn hier? Sie müssten längst im Haus sein. Ihre Mommy wird schimpfen! Und allein ausgeritten mit einem Herrn! Benimmt sich so eine Lady? Gib’s zu, du hast das Pferd allein aus dem Stall geschmuggelt, ich hätte dich nicht ohne Begleitung losreiten lassen …«

Deirdre lachte. »Dem Knecht wäre ich doch sowieso weggeritten!«, bemerkte sie.

Kwadwo wandte die runden, dunklen Augen theatralisch gen Himmel. »Und Mr. Keensley hast du wohl auch gleich abgehängt, oder? Wenn ich mir dein Haar so anschaue …«

Deirdre hatte ihre Locken vor dem Reiten sicher aufgesteckt und unter ihrem Hut versteckt, wie es sich gehörte. Aber bei ihrem wilden Ritt hatten sie sich gelöst. Deirdre wollte eben zu einer Entgegnung ansetzen, als Quentin sein Pferd zwischen den Diener und ihre Stute trieb. Der junge Mann neigte zum Aufbrausen. Schon das Ausbleiben der ehrerbietigen Begrüßung hatte ihn erzürnt – und jetzt erwies sich der Sklave auch noch als erstaunlich scharfsinnig in Bezug auf seine Niederlage beim Rennen.

»Wie sprichst du mit deiner Herrin, Nigger?«, fuhr er Kwadwo an. »Hab ich da eine unziemliche Anrede gehört?«

Die Reitgerte des jungen Mannes durchschnitt die Luft – doch der alte Stallknecht fing den Schlag mit seiner großen, schwieligen Hand ab.

»Nicht so, junger Herr!«, sagte er ruhig. »Ich bin kein Sklave, ich bin ein freier Mann. Und wie ich rede, darüber hab ich nur dem Backra Rechenschaft abzulegen und keinem …«

Kwadwo brach ab. Frei oder nicht frei, es ziemte sich nicht für ihn, den jungen Mann zu tadeln. Dabei hatte Keensley die Rüge durchaus verdient. Es war eines Gentlemans nicht würdig, ein Mädchen ohne Anstandsdame auf einen Ausritt zu locken. Deirdre war manchmal etwas unbedacht, aber Quentin Keensley hätte das nicht ausnutzen dürfen.

Quentin ließ die Blicke jetzt wütend und hilflos zwischen dem alten Schwarzen und der erschrockenen Deirdre hin- und herwandern.

»Wie redet der überhaupt?«, wandte er sich verwirrt an die junge Frau. »Das klingt ja, als … das klingt wie richtiges Englisch.«

Die meisten der aus Afrika verschleppten Sklaven sprachen die Sprache ihrer Herren nur gebrochen oder taten zumindest so, als wüssten sie sich nicht flüssig auszudrücken. Kwadwo und die anderen Sklaven auf Cascarilla Gardens verzichteten allerdings zumindest auf Letzteres, und die jungen Schwarzen hielt Nora Fortnam dazu an, in ganzen Sätzen zu sprechen. Kwadwo, der als junger Mann nach Jamaika gekommen war, hatte sich die Sprache schnell angeeignet. Seine früheren Herren durfte er das allerdings nie wissen lassen. Auch heute noch sprach er Pidgin, wenn Gäste kamen. Nur gegenüber Quentin hatte er sich eben vergessen.

»Kwadwo ist seit fünfzig Jahren hier«, gab Deirdre zurück und schaute ihren Kavalier böse an. Erst jetzt bemerkte Quentin ihre Empörung. »Da ist es ja wohl normal, dass er Englisch spricht. Aber Sie sollten sich schämen, alte Männer zu schlagen! Ich meine … junge Männer schlägt man natürlich auch nicht … Also, Sklaven überhaupt. Wobei Kwadwo kein Sklave ist, mein Vater hat ihm schon vor langer Zeit die Freiheit geschenkt. Kwadwo ist unser Busha. Und er gehört zur Familie!« Sie errötete leicht. »Also für mich ist er so was wie mein Großpapa …« Deirdre lächelte den alten Obeah-Mann verschwörerisch an.

Über Kwadwos Gesicht zog ein Strahlen. »Na, na, Missis, dafür bin ich wohl zu schwarz …«, wehrte er gutmütig ab, wohl wissend, dass Deirdres Großeltern väterlicherseits nicht weniger dunkelhäutig gewesen waren als er.

Aber Deirdre kam stark nach ihrer Mutter, und die Fortnams hängten ihre Abstammung nicht an die große Glocke. Sie galt als Noras und Dougs Kind – wenn über anderes getuschelt wurde, so nur unter der Hand. Wer die Geschichte damals nicht mitbekommen hatte, bezweifelte denn auch oft den Wahrheitsgehalt dieses Geredes.

»Du bist genau richtig, Kwadwo!« Deirdre lachte. »Hast du dir wehgetan?«

Sie wies auf seine Hand und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Quentins Angebot, ihr dabei Hilfestellung zu leisten, übersah sie geflissentlich.

Der Stallmeister schüttelte den Kopf, wobei er die langen Kräusellocken seiner Perücke in lebhafte Schwingungen versetzte.

»Aber nein, Missis. Ich hab schwielige, unempfindliche Hände … so wie du … wie Sie bald auch, wenn Sie nicht endlich Handschuhe anziehen beim Reiten …«

Wahrscheinlich hätte Kwadwo seine Schimpftirade gleich wieder aufgenommen, wäre jetzt nicht der Wagen der Warringtons die Auffahrt heraufgekommen. Kwadwo rief rasch nach ein paar Stallburschen, die Alegría und Keensleys Braunen in die Ställe führten, während er selbst sich um die Gäste bemühte.

»Mrs. Warrington, Backra Lord Warrington!« Kwadwo vollführte seine berühmte Verbeugung. »Willkommen auf Cascarilla Gardens! Sie gehabt gute Reise? Nicht zu heiß ohne Dach von Kutsche? Jimmy, Nichtsnutz, nicht hast gedacht, dass deine Missis sich wird verderben Teint bei Sonne …«

Deirdre lächelte, als sie sah, dass Quentin missmutig guckte. Kwadwo spielte erneut virtuos seine Rolle, aber Quentin schien die Komik darin nicht zu sehen. Überhaupt, dieser Quentin Keensley … Deirdre schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Wie hatte sie sich mit ihm abgeben können! Sie schenkte ihm keinen Blick mehr, als er sie jetzt zum Haupthaus begleitete. Auf einen aufgeschlossenen, klugen Begleiter hatte sie gehofft, als er von seinen Europareisen erzählt hatte. Aber jetzt erwies er sich doch nur als aufgeblasener kleiner Zuckerbaron: Immer schnell mit der Peitsche bei der Hand, wenn ein Sklave sich nicht wehren konnte. Jederzeit bereit, alle Menschen mit schwarzer Haut für dumm zu halten.

Und anständig reiten konnte er auch nicht!

KAPITEL 2

Nora Fortnam stand vor den Empfangsräumen bereit, die Gäste zu begrüßen und wirkte ebenso verärgert wie erleichtert, als Deirdre endlich hereinschlüpfte. Ihre Tochter schaute denn auch entsprechend schuldbewusst. Ohne Keensleys Begleitung hätte sie wahrscheinlich den Kücheneingang gewählt, um schnell und ungesehen ins Haus zu kommen, aber mit dem Kavalier ging das natürlich nicht – an die grundlegenden Regeln der Etikette hielt sich zum Glück auch ihre wilde Tochter. Wenngleich der junge Mann zurzeit nicht sonderlich vorzeigbar wirkte. Nora beobachtete, dass der Hausdiener an der Tür Quentins Aufzug indigniert in Augenschein nahm. Die bereits festliche Kleidung Keensleys hatte unter dem Ausflug mit Deirdre ein wenig gelitten. Sein zartblaues Brokatjackett und die passenden Kniehosen zeigten einen leicht rötlichen Schimmer von dem Staub auf den Wegen. Außerdem fehlte der Dreispitz, ein Muss bei der augenblicklichen Mode. Ohne den Hut unter dem Arm bei einer formellen gesellschaftlichen Veranstaltung zu erscheinen war schlichtweg nicht gentlemanlike, und Keensley schaute denn auch entsprechend verlegen. Über sein nicht ordentlich gepudertes Haar sah man im Hause Fortnam schon eher hinweg, schließlich pflegte sich der Hausherr selbst dieser Mode konsequent zu verweigern.

»Dede, wo bleibst du denn?«, wandte sich Nora nun an ihre Tochter. »Du solltest längst in vollem Staat neben mir stehen und die Gäste begrüßen! Du bist schließlich die Hauptperson! Und ich frage mal besser gar nicht, wo du mit wem gewesen bist!« Deirdres Reitkleid und ihr aufgelöstes Haar machten diese Frage auch weitgehend überflüssig.

Für den Begleiter ihrer Tochter hätte Nora fast Mitleid empfunden, wäre sie nicht so aufgebracht über die Verspätung gewesen. Wahrscheinlich hatte er sich Hoffnungen auf einen Flirt mit Deirdre gemacht, aber da brauchte Nora sich keine Sorgen zu machen. Bislang hatte ihre Tochter noch jedem Kavalier einen Korb gegeben. Sie war weit mehr am Rennreiten interessiert als am Austausch verbotener Zärtlichkeiten.

»Und Sie, Mr. Keensley, machen sich wohl auch besser ein wenig frisch!«

Nora sah sich nach einem Hausdiener um, der sich um Quentins Aufmachung kümmern konnte, und sandte zwei kleine schwarze Jungen aus, den Dreispitz des Gastes zu suchen. Deirdre verriet den beiden rasch die Route, über die sie Keensley geführt hatte. Sie wirkte dabei schon wieder belustigt, zweifellos hatte sie sich bestens amüsiert.

Nora seufzte. Auch sie war in jungen Jahren ein Wildfang gewesen und ritt heute noch gern schnell. Allerdings hatte sie in Deirdres Alter doch mehr auf Formen geachtet – oder zumindest so getan … Die Erinnerung an ihre eigenen Eskapaden hätte sie fast lächeln lassen, sie hielt sich jedoch gerade noch zurück. Deirdre war ohnehin hoffnungslos verwöhnt, da galt es jetzt nicht auch noch, Verständnis zu zeigen.

»Jetzt beeil dich, Deirdre, du wirst hier gebraucht!«, forderte sie ihre Tochter schließlich in strengem Ton auf. »Über dein Verhalten reden wir später … Es ist unmöglich, sich einfach so mit Mr. Keensley wegzuschleichen!«

Deirdre lächelte entschuldigend. »Ach, schimpf nicht, Mommy!«, bat sie und küsste ihre Mutter auf die Wange – um sich anschließend angewidert den Puder von den Lippen zu reiben. »Ich komm einfach später hinzu. Wenn alle schon da sind, werde ich die Treppe hinunter… hm … hinunterschweben, und alle werden bewundernd zu mir aufblicken.«

Sie richtete sich auf und bewegte sich mit tänzelnden, gekünstelten Schritten, als stecke sie jetzt schon in hohen Schuhen und Korsett.

Nora bemühte sich um eine ernste Miene, was ihr nicht wirklich gelang. »Jetzt schweb erst mal in dein Zimmer!«, sagte sie versöhnlich. »Die Mädchen warten schon, um dich zurechtzumachen. Sag ihnen, sie sollen sich beeilen. Wir veranstalten dieses Fest nicht zum Spaß, Deirdre. Es geht um deine Einführung in die Gesellschaft, und es wäre wünschenswert, wenn du dich entsprechend benehmen würdest …«

Nora selbst war längst formvollendet gekleidet – und bot einen imponierenden Anblick. Obwohl sie die Vierzig schon überschritten und drei Kinder geboren hatte, war sie immer noch schlank. An diesem Tag hatte sie sich zudem enger geschnürt als sonst. An sich hasste sie Korsetts und pflegte bei der täglichen Arbeit darauf zu verzichten. Nora war heilkundig und ersetzte für Schwarz und Weiß den Arzt auf der eigenen und oft genug auch auf den umliegenden Plantagen. Dabei bevorzugte sie leichte, bequeme Baumwollkleider. Zu Deirdres Geburtstagsfeier trug sie jedoch eine elegante dunkelgrüne Seidenrobe mit goldenen Bordüren und hatte sogar ihr kunstvoll aufgestecktes Haar gepudert und sich der Mode gemäß geschminkt. Sie hoffte, dass ihr Mann ebenfalls zu modischen Konzessionen bereit sein würde, machte sich aber keine zu großen Illusionen. Der Plantagenbesitzer und erfolgreiche Advokat fand es durchaus amüsant, seine Nachbarn ein bisschen zu schockieren, indem er mit den Konventionen brach. Doug Fortnam bevorzugte Breeches statt Kniehosen, besaß lediglich eine Perücke für Auftritte vor Gericht und verzichtete darauf, sein volles blondes Haar weiß zu pudern.

»Die Erfahrung zeigt«, so pflegte er zu dozieren, »dass das Haar des Menschen auf die Dauer ergraut, wenn man lange genug lebt – ich beabsichtige, das abzuwarten. Und auch die Totenblässe wird sich irgendwann von selbst einstellen. Ich denke gar nicht daran, dem vorzugreifen, indem ich mein Gesicht weiß anmale.«

Nora war ganz seiner Meinung, aber an diesem Tag war es ihr einfach wichtiger, einen guten Eindruck zu machen, als für ihre modischen Überzeugungen einzustehen. Dieses Fest war bedeutend für Deirdre – auch wenn das Mädchen selbst das nicht einsah und Doug nur in eingeschränktem Maße. Doch sie, Nora, beobachtete scharf, und ihr war nicht entgangen, dass Deirdre Gefahr lief, von der besseren Gesellschaft Jamaikas isoliert zu werden. Im Laufe des letzten Jahres hatte es viele Bälle und Empfänge in Kingston und auf den umliegenden Plantagen gegeben, anlässlich deren junge Mädchen debütierten. Dieser Brauch hatte seine Wurzeln in England, wo die jungen Damen des Adels in ihrem achtzehnten Lebensjahr traditionell der Königin vorgestellt wurden. Ab da galten sie als heiratsfähig und konnten von passenden jungen Herren umworben werden. In den Kolonien hatte man das für die eigenen, besonderen Verhältnisse modifiziert – wer eine Tochter im passenden Alter hatte, gab einen Ball, zu dem auch weitläufige Bekannte mit ihren Söhnen und Töchtern geladen wurden. So trafen sich junge Leute, die sonst auf weit auseinanderliegenden Plantagen lebten, und lernten einander kennen. Der Sinn des Ganzen war natürlich die Eheanbahnung.

Nora hatte denn auch seit etwa einem Jahr mit entsprechenden Einladungen für ihre Tochter gerechnet, aber tatsächlich blieben sie aus. Die Vertreter der besseren Gesellschaft von Kingston sagten es den Fortnams zwar nicht ins Gesicht und hätten sicher auch die Absicht geleugnet, Deirdre aufgrund ihrer zweifelhaften Abstammung auszugrenzen. Bei Einladungen pflegte man sie allerdings schon als Kind immer mal wieder zu »vergessen«, und bei den Debütantinnenbällen wurde das offensichtlich. Deirdre Fortnam war erkennbar unerwünscht.

Nora hatte sich das eine Weile angesehen und dann beschlossen, selbst aktiv zu werden. Deirdres achtzehnter Geburtstag sollte der Anlass für einen der glanzvollsten Bälle sein, die je in der Umgebung von Kingston und Spanish Town stattgefunden hatten. Und niemand, der an diesem Abend nach Cascarilla Gardens kam, konnte sich mehr davor drücken, Deirdre auf die Einladungsliste seiner eigenen Veranstaltungen zu setzen.

Doug, der immer noch bereit war, an einen Zufall zu glauben, gab zwar zu bedenken, dass die Leute ihren Empfang nur meiden müssten, um Deirdre weiter ignorieren zu können. Doch diese Befürchtung hegte Nora nicht. Cascarilla Gardens war zu groß und zu hochgeschätzt, Doug als Advokat und Experte für Internationales Handelsrecht zu bekannt und zu begehrt, als dass man hier einen Affront riskierte. Die geladenen Gäste würden kommen und sich dabei hoffentlich auch selbst davon überzeugen, was für ein schönes und wohlerzogenes Mädchen Deirdre Fortnam war! Wenn sich die junge Dame denn einmal zu zeigen geruhte … und wenn sie sich keine weiteren Eskapaden wie unbegleitete Ausritte mit Nachbarjungen leistete.

Deirdre hastete in den ersten Stock des Hauses und war froh, dabei wenigstens niemandem auf dem Weg in den Ballsaal zu begegnen. Die Gästezimmer waren längst belegt, die ersten Besucher aus Kingston und den Blue Mountains waren schon im Laufe des Vormittags eingetroffen. Die Fortnams sahen das als selbstverständlich an – man wohnte zu weit voneinander entfernt für Kurzbesuche, und wenn der Haushalt gut organisiert war, bedeutete das volle Haus auch kaum Mehrarbeit für die Gastgeber. An Personal mangelte es auf keiner der Plantagen – und die Hausangestellten auf Cascarilla Gardens waren besonders gut geschult. Zumindest die jüngeren von ihnen waren auf der Plantage geboren und schon früh unter die gestrenge Obhut der Köchin Adwea, von allen liebevoll Mama Adwe genannt, genommen worden. Gemeinsam mit Nora, einer in allen gesellschaftlichen Angelegenheiten gut geschulten Kaufmannstochter, und dem ersten Hausmädchen Carrie bildete Adwea hervorragende Küchenmädchen, Zofen und Hausdiener aus, die der Familie und ihren Gästen zur Verfügung standen.

Auf Deirdre warteten jetzt allein drei schwarze Mädchen, die schon aufgeregt nach ihr ausgeschaut hatten.

»Missis, jetzt aber schnell!«

Amali, das älteste der Mädchen, konnte Deirdre nicht rasch genug aus dem Reitkleid helfen. Genet, das zweite, hielt eine Schüssel warmes Wasser und einen Schwamm bereit, damit Deirdre sich abreiben und erfrischen konnte. Deirdre vermerkte genüsslich, dass das Wasser nach Rosen und Lavendel duftete, die Mädchen mussten ein paar Tropfen der Blütenessenzen hineingegeben haben. Sie wusch sich rasch, während Amali und Genet bereits seidenes Unterzeug, Strümpfe und das unvermeidliche Korsett für sie bereithielten.

Die meisten Damen der Gesellschaft hätten dabei nicht selbst zum Schwamm gegriffen. Fast alle überließen sich, was ihre Körperpflege anging, gänzlich ihren schwarzen Dienerinnen. Nora hatte allerdings immer Wert darauf gelegt, dass Deirdre selbstständig wurde. Sie fand es peinlich, sich bis in die intimsten Geheimnisse ihres Körpers der Dienerschaft zu offenbaren und hatte diese Scham auch ihrer Tochter vermittelt. Deirdre hatte keine »Leibsklavin« – obwohl sie es manchmal durchaus genoss, wie eine Prinzessin behandelt zu werden.

Kinah, das dritte der Mädchen, verstand sich aufs Frisieren. Sie bestand darauf, Deirdres Haar zu lösen und auszubürsten, bevor sie sich ankleidete.

»Es ist doch ganz schmutzig, Missis, und wenn der rote Sand auf das weiße Kleid kommt …«

Deirdre kicherte bei dem Gedanken an Quentin Keensleys verstaubten Feststaat und ließ die Mädchen an der Geschichte seiner Niederlage beim Rennen teilhaben. Die drei lachten denn auch bereitwillig mit. Vor allem die gleichaltrige Amali war Deirdre mehr Freundin als Hausangestellte.

»Aber wenn Sie so mit den jungen Gentlemen umgehen«, gab das Mädchen jetzt zu bedenken, »werden Sie nie einen Mann finden, Missis! Sie haben es uns doch vorgelesen: Ein Mädchen soll bescheiden sein und sanft und freundlich. Da stand nichts von Pferderennen in Ihrem Buch!«

Deirdre besaß mehrere Bücher aus England, in denen erklärt wurde, wie sich junge Ladys der besseren Gesellschaft zu benehmen hatten. Nora bestellte diese Literatur pflichtschuldig – getrieben von ihrem schlechten Gewissen. Sie wusste genau, dass sie ihre Tochter und auch die jüngeren Söhne erheblich zu frei aufwachsen ließ. Die Fortnam-Kinder spielten mit dem Nachwuchs der Sklaven in der Küche, im Garten und auch im Quartier der Schwarzen. Sie konnten schwimmen und reiten, trieben sich am Strand, im Wald und auf den Zuckerrohrfeldern herum. Deirdre hatte erst mit fünfzehn angefangen, halbwegs regelmäßig Schuhe zu tragen.

Ihr Hauslehrer, der sanfte Schotte Ian McCloud, nahm es mit der strengen Erziehung auch nicht allzu genau. In Sachen Durchsetzungsfähigkeit hatte er schon versagt, als Doug ihn ursprünglich als Aufseher für seine Sklaven eingestellt hatte. Nun war das durchaus im Sinne der Fortnams gewesen. Tatsächlich organisierten sich die Schwarzen in Cascarilla Gardens ganz hervorragend selbst unter Kwadwos Führung. Aber Doug hatte sich irgendwann dem Druck der Nachbarschaft fügen müssen, die ein Sklavenquartier ohne Aufseher als Gefährdung der öffentlichen Ordnung ansahen. Also stellte er McCloud auf Cascarilla Gardens ein. Der verbrachte die ersten Jahre auf der Plantage meist lesend oder träumend unter einer Palme – während seine Gattin Priscilla, ein selbst ernanntes Medium, Geister beschwor. Erst mit den Fortnam-Kindern fand Mister Ian, wie ihn die Schwarzen riefen, zu seiner wahren Berufung. Er vermittelte erst Deirdre und dann ihren jüngeren Brüdern eine umfassende Bildung. Doug schickte seine Kinder nicht nach England zur Schule, er hatte traumatische Erinnerungen an die eigene Zeit im Internat. Wenn Thomas und Robert später einmal studieren wollten, konnten sie immer noch ins Mutterland reisen.

»Vom Reiten stand sehr wohl etwas in den Büchern«, erklärte Deirdre jetzt, während sich Kinah mit ihrem Haar abmühte. »Doch nur Unsinn! Der Kavalier müsse darauf achten, dass seiner Dame nur das sanftmütigste und langsamste Pferd zur Verfügung gestellt würde … Aber in England scheint man wohl nur zum Vergnügen zu reiten, und nicht, um irgendwo anzukommen!«

Nora hatte Deirdre von Ausritten im St. James Park und Reitjagden in Schottland erzählt. Wobei eine Jagd zu Pferde die junge Frau bestimmt gereizt hätte. Hier auf Jamaika verbot Nora ihrer Tochter allerdings die Teilnahme an vergleichbaren Veranstaltungen. Man jagte rund um Kingston kein Wild, sondern kleine schwarze Jungen, die sich einen Spaß daraus machten, den Reitern zu entwischen. Die Kinder mochten das lustig finden, aber Nora erkannte es als menschenverachtend. Und Doug dachte dabei an die Sklavenjagden, an denen sein Vater stets gern teilgenommen hatte. Man hetzte entflohene Schwarze mit Hunden und Pferden – um sie dann drakonisch für ihren Fluchtversuch zu bestrafen. Die spielerischen »Reitjagden« dienten auch dazu, die Tiere dafür zu trainieren.

»Ich heirate jedenfalls keinen Mann, dem ich eine schüchterne, dumme Gans vorspielen muss, die nicht mal reiten kann!«, fuhr Deirdre fort. »Mein Gatte wird mich nehmen müssen, wie ich bin.«

Amali lachte beklommen. Sie wusste einiges von Deirdres Geschichte – in den Sklavenquartieren waren viel mehr Einzelheiten über Nora Fortnams Entführung und ihr Verhältnis zu Deirdres leiblichem Vater Akwasi bekannt als in der feinen Gesellschaft rund um Kingston. Deirdre konnte von Glück sagen, wenn sie überhaupt unter den jungen Männern der weißen Backras wählen konnte. Sie hätte ebenso gut als Dienerin im Sklavenquartier enden können. Vor dem Gesetz galt die Tochter eines entflohenen Sklaven als Schwarze – bis vor wenigen Jahren war es den Plantagenbesitzern nicht einmal erlaubt gewesen, ihren Leuten Freibriefe auszustellen. Inzwischen hatte sich das geändert. Kwadwo und Adwea waren frei – und auch für Deirdre lag irgendwo in den Truhen ihres Ziehvaters Doug Fortnam ein vom Gouverneur unterzeichnetes Dokument, das sie als freie Schwarze auswies. Es gab Deirdre Sicherheit – aber es machte sie nicht unbedingt interessanter als Heiratskandidatin für junge Männer wie Quentin Keensley.

Amali bedeutete ihrer jungen Herrin aufzustehen und begann, sie zu schnüren. Es ging leicht, Deirdre war sehr schlank und hätte der künstlichen Hilfestellung eigentlich gar nicht bedurft. Doch die mittels Fischbein geformte extreme Wespentaille war nun einmal Mode. Deirdre stöhnte, als Amali die Schnüre energisch anzog.

Schließlich halfen ihr die Mädchen in einen Reifrock und ein leichtes reinweißes Kleid, über das eine mit hellgrünen Schleifen besetzte Mantille gezogen wurde. Trotz des noch unfrisierten Haares sah Deirdre atemberaubend aus.

Amali lächelte ihrer Freundin und Herrin zu. Zum Glück war sie schön. Ein Ausspruch Mama Adwes … Die Männer würden nicht an Deirdres Abstammung denken, wenn sie die junge Frau ansahen und um ihre Gunst warben. Und ihre Familien würden es nicht wagen, Doug Fortnam von Cascarilla Gardens zu brüskieren, indem sie seine Ziehtochter kategorisch ablehnten. Das zumindest hofften die Fortnams – und ihre Dienerschaft. Es gab niemanden auf Cascarilla Gardens, der Deirdre Böses wünschte.

»Also, zum Schminken haben wir jetzt aber wirklich keine Zeit mehr!«

Es hatte lange gedauert, Deirdres widerspenstige Locken zu einem lockeren Zopf zu flechten und Orangenblüten hineinzuwinden. Deirdre wehrte ab, als Genet zum Abschluss noch zu den Schminktöpfen greifen wollte.

»Aber Missis Nora meinte …«

Genet schaute zweifelnd und machte Anstalten, etwas einzuwenden, allerdings halbherzig. Den schwarzen Mädchen erschien es als völlig unsinnig, die ohnehin hellen Gesichter der Weißen auch noch zu pudern. Zumal es Deirdre in keiner Weise schmeicheln würde. Keine Schminke der Welt konnte sie schöner machen, als sie es jetzt schon war. Ihre Haut war glatt und rein, und ihr natürlicher Teint passte viel besser zu dem weißen Debütantinnenkleid als die künstliche Blässe.

»Ach, Mommy meint das nicht ernst!«, behauptete Deirdre und stand auf. »Ihr habt das wunderbar gemacht!«, lobte sie die Mädchen. »Geht jetzt runter und sagt dem Zeremonienmeister Bescheid, dass ich komme, ja? Und Mommy natürlich. Es wird ein ganz großer Auftritt werden!«

In den hochhackigen eleganten Seidenschuhen bewegte sie sich nun wirklich so kokett, wie sie es ihrer Mutter zuvor demonstriert hatte. Den ganzen Abend darin herumzulaufen würde furchtbar werden … aber Deirdre wusste, dass sie sich nicht davor drücken konnte. Sie kicherte, als sie daran dachte, wie es wäre, barfuß auf ihrem Debütantinnenball zu erscheinen.

Deirdre folgte den Mädchen in ihrem Feststaat auf den Korridor, und während die drei schon die Treppe hinunterliefen, blieb sie noch einen Moment an der fein gedrechselten Brüstung stehen, um einen Blick von hier oben in den Saal zu werfen.

»Deirdre, wie schön du bist!«, hörte sie da hinter sich die Stimme ihres Ziehvaters. »Du erinnerst mich heute sehr an deine Mutter! Ich weiß noch, als ich sie das erste Mal sah – an einem Weihnachtsfest war das. Sie kam eine Treppe herunter und war so wunderschön … Ich hab mich gleich in sie verliebt. Und du wirst heute Nacht wohl jedem jungen Mann da unten den Kopf verdrehen! Pass bloß auf, dass sie sich nicht um dich schlagen!«

Doug Fortnam lächelte seine Ziehtochter spitzbübisch an. Er war ebenfalls auf dem Weg zu den Gästen, doch jetzt musste er erst einmal stehenbleiben und Deirdre in Ruhe ansehen. Sein etwas kantiges Gesicht war inzwischen von kleinen Fältchen durchzogen, die Sonne und Wind in seine stets gebräunte Haut geschnitzt hatten. Mitunter zeigte es allerdings immer noch den jungenhaften, verwegenen Ausdruck, in den Nora sich so viele Jahre zuvor verliebt hatte.

»Du siehst aber auch sehr gut aus!«, gab Deirdre das Kompliment zurück. »Richtig herausgeputzt. Ich fürchte, unter den ganzen Leuten hätte ich dich gar nicht erkannt.«

Doug lachte über die kleine Neckerei. Tatsächlich hatte er sich Noras Gebot gebeugt und sich in Kniehosen, Seidenstrümpfe, Spitzenjabot und Brokatjackett gezwängt. Die hohen Schnallenschuhe stießen ihm dabei am härtesten auf. Doug empfand seinen Aufzug als stutzerhaft und albern – und warum er in seinem eigenen Haus einen Dreispitz unter dem Arm tragen sollte, war ihm auch nicht klar. Aber er fügte sich ausnahmsweise der herrschenden Mode und hatte sogar sein üppiges blondes Haar weiß gepudert und mit einer Spange im Nacken zusammengefasst.

»Dann bleib doch erst mal bei mir, bis du dich an den Anblick gewöhnt hast«, sagte er augenzwinkernd und bot Deirdre den Arm. »Darf ich bitten, Prinzessin?«

Deirdre lächelte, als sie an seinem Arm die Treppe zum Ballsaal hinunterschritt. Der eigens für diese Dinge engagierte Zeremonienmeister stand am Fuß der Treppe bereit, die beiden anzukündigen.

»Mesdames, Messieurs … Ihr Gastgeber, Douglas Fortnam, und unsere Debütantin, die reizende Miss Deirdre …«

Die jungen Männer im Saal hielten bei Deirdres Anblick den Atem an. Ganz sicher würde keiner von ihnen mehr dulden, dass seine Eltern die Einladung dieses Mädchens beim nächsten Fest einfach »vergaßen«.

KAPITEL 3

Fertig. Bonnie ließ den Blick noch einmal über die beiden Räume des Hauses ihres Herrn schweifen, die sie eben geputzt hatte. Sie wirkten immer noch schäbig, all ihren Bemühungen zum Trotz. Bonnie pflegte sich wirklich anzustrengen. Es hätte ihr gefallen, wenn das Haus in der kleinen Hafensiedlung ein bisschen mehr wie ein Heim ausgesehen hätte. Aber Skip Dayton, ihr Backra, hatte wenig für eine Möblierung übrig, die über ein Bett, einen Tisch und ein paar primitiv zusammengezimmerte Stühle hinausging. An Vorhänge oder Tischdecken oder auch nur saubere Laken war gar nicht zu denken.

Saubere, duftende Laken – davon träumte Bonnie. Sie hasste das schmuddelige Bett des Backras. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Es war schließlich erst früher Morgen. Bis ihr Herr sie wieder begehren würde, würden noch viele Stunden vergehen. Und vielleicht ließ er sie an diesem Tag ja sogar ganz in Ruhe … Bonnie hätte darum gebetet, wenn sie nicht längst damit aufgehört hätte, die Götter um Hilfe zu bitten. Sie verschwendete keine Energie an aussichtslose Bemühungen, und bislang war nie ein Gebet von ihr erhört worden.

Sie brauchte dringend ein wenig Ruhe. Die letzte Nacht war hart gewesen. Bonnie erlaubte sich ein Stöhnen, während sie sich aufrichtete. Sie hatte den Fußboden auf Knien geschrubbt – anders war den Kautabakresten nicht beizukommen, die der Backra bedenkenlos auszuspucken pflegte. So gesehen war es vielleicht ganz gut, dass es keine Teppiche gab … Aber Bonnie würde weicher fallen, wenn es ihm wie in der vergangenen Nacht in den Kopf kam, sie zu strafen, indem er sie zu Boden schleuderte. Oder wenn er sie auf dem Boden nahm – auch dann schmerzte anschließend ihr ganzer Körper. Die dicken Holzbohlen, mit denen das Haus ausgelegt war, waren steinhart, und obendrein bohrten sich Splitter in ihren Rücken. Manchmal so tief, dass es Tage dauerte, bis sie herauseiterten.

Bonnie suchte Halt am Küchentisch, ihr wurde schwarz vor Augen, als sie auf die Beine kam. Am liebsten hätte sie sich für ein paar Stunden in den Verschlag hinter dem Laden des Backras, in dem sie gewöhnlich schlief, zurückgezogen. Vielleicht würden die Schmerzen aufhören, wenn sie sich hinlegte. Aber andererseits war auch der Schuppen nicht gerade ein gemütliches Refugium. Es stank bestialisch nach den Abfällen der Schlachttiere, die der Backra einfach am Wasser liegen zu lassen pflegte, und gerade an diesem Morgen hatte er wieder ein paar Felle und Eingeweide vors Haus geworfen. Dayton störte der Gestank, der entstand, wenn die Felle austrockneten und die Schlachtreste verwesten, nicht. Ebenso wenig das Blöken der Schafe, Ziegen und Rinder, die er vor der Schlachtung in völlig verdreckten Pferchen hielt, und die Milliarden Fliegen. Zu Beschwerden anderer Anwohner kam es auch nicht, denn seine Schlachterei lag am äußersten Ende der Siedlung, gleich dahinter begann der unberührte Sandstrand von Grand Cayman. Lediglich Bonnie litt. Wenn sie die Kraft dazu aufbrachte, warf sie Sand über die Kadaverreste, bevor sie schlafen ging.

An diesem Tag hätte sie jedoch gar nichts gestört, wenn sie nur etwas Ruhe gefunden hätte. Der Backra war am Abend zuvor betrunken nach Hause gekommen. Das passierte oft, aber dieses Mal hatte er auf dem Rückweg von den primitiven Spelunken am Hafen wohl wieder einmal bei Máanu hineinschauen und randalieren wollen. Solche nächtlichen Überfälle waren das, was Skip Dayton unter »Brautwerbung« verstand. Máanu, die Besitzerin der Gemischtwarenhandlung der Siedlung, fühlte sich nur davon belästigt. Sie hatte ihn denn auch gebührend empfangen, indem sie einen Nachttopf über ihm ausgeleert hatte – und außerdem war Jefe da gewesen, ihr Sohn. Bonnies Herz schlug immer etwas höher, wenn sie an Jefe dachte. Er war so groß und stark, so selbstsicher … und er beschützte seine Mutter. Bonnie wünschte sich auch einen Beschützer, in der vergangenen Nacht hätte sie ihn mehr als nötig gebraucht.

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