Die Katze, die ihren Horizont erweitert - Elke Seidel - E-Book

Die Katze, die ihren Horizont erweitert E-Book

Elke Seidel

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Beschreibung

In ihrem zehnten Buch berichtet die unternehmungslustige Protagonistin Fritzi Kullerkopf von einer Epoche der Extreme. Sie erzählt von Aufbruchsgeist, unersättlicher Lebenslust und geistiger Kreativität, im Wechsel mit ernsthaftem Tiefsinn. Deren Wurzeln liegen wohl teilweise auch in ihrem Singledasein. Aber Fritzi ist optimistisch und gibt die Hoffnung nicht auf, eines Tages ihrem Traumkater zu begegnen. Eigentlich ist Fritzi eine Vagabundin, eine moderne Nomadin, die rund um den Globus bereichernde und ergänzende Entdeckungen machen möchte, sozusagen Horizonterweiterungen als Lebensphilosophie. Blöd ist nur, dass ihre Sherpa seit Wochen mit gebrochenem Bein auf dem heimischen Sofa sitzt, sofern sie nicht Krankenhaus-Hopping macht. Zeitgleich wurden die Landesgrenzen geschlossen und das soziale Leben kam fast völlig zum Erliegen. In ihrem neuen Werk erinnert sich Fritzi an die definitiv schrägsten Typen, die ihr begegnet sind. Es ist kein Tribut an Political Correctness, aber eine kätzische und auch menschliche Liebeserklärung an Außenseiter, in denen viel mehr steckt, als man auf den ersten Blick erkennen mag. In ihren Storys erzählt sie glaubwürdig, klug, tiefsinnig und mit dunklem, pointiertem Humor auch vom schwierigen Umgang mit Liebe, Bindung und all den Neben- und Unterformen. Unsentimental und zugleich von tiefen Gefühlen geprägt, trifft Fritzi Kullerkopf wieder einmal mitten ins Herz unserer Gegenwart. Man wird unwillkürlich hineingezogen in die von ihrer Ghostwriterin Elke mitreißend erzählten emotionalen Geschichten, die von den Wechselfällen des Lebens und der Liebe handeln, in denen sich sehr viel Realität mit recht wenig Fiktion mischen. Ein Roman voller Wehmut und Weisheit, Sehnsucht und Schweigen im richtigen Augenblick, einzigartig und zeitlos modern - eine literarische Perle!

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Für Katrin Biedermann und Volker de Ginder

Inhaltsverzeichnis

Teil I Die Katze, die viel Neues erleben möchte

Zum Anfang ein paar Worte über mich

Erinnerungen an Fritzis Eltern und ihre Geschwister

Rüdiger, Fritzis ehemaliger Lebensgefährte

Wichtige Personen, die inzwischen einer anderen Trommel folgen

Icke, Fritzis einstiger Bräutigam

Wie Fritzi die Storys für ihre Bücher

erfindet

Gehirn-jogging hält jung, behauptet Elke

Fritzi strebt eine Ausbildung als Barfuß-Therapeutin an

Überlegungen, ob Fritzi als Coach Berufschancen hätte

Geheime Hoffnungen und verborgene Träume

Was passieren mag, wenn Probleme ungelöst bleiben

Fritzi träumt von Meister Langohr

Wegen des Lockdowns vermisst Elke den Flughafen

Elke blockiert stundenlang den heimischen Computer

Während der Corona-Zeit bekommt Fritzi

Homeschooling

Fritzis neue Bekannte heißt Greta

Neuerdings gibt es ein dreizehntes Sternzeichen

Fritzi träumt von Elmo Kuschelspeck

Teil II Die Katze, die ihren Urlaub in

Bella Calabria

verbringt

Am Horizont bildet sich ein Silberstreifen der Hoffnung

Elke bucht eine Reise an die italienische Götterküste

Fritzi und Elke packen ihren Koffer

Nachts, am Frankfurter Flughafen

Mit Condor nach Lametia Terme

Auf dem Weg zum Matrosenturm

Im Clubhotel

Torre Marino

Susanne und Rosemarie, zwei etwas sonderbare Frauen aus Hanau

Die Gästebetreuerin mit Namen Ines

Im Zelt an der Strandbar

Fritzi und Elke gehen zum Abendessen ins

Ristorante

Beim Frühstück

Mit Anna und Vincenzo auf dem Weg in den sonnigen Süden

Was Anna über Mafia, ‘Ndrangheta und Camorra berichtet

Demnächst soll Natuzza vom Papst heiliggesprochen werden

Was Anna über die Italoalbaner

Arbëreshe

erzählt

In Reggio di Calabria scheint endlich die Sonne

Antike und moderne Kunstwerke

Im strömenden Regen durch Scilla und Chianalea

Fritzis neue Freundin hört auf den Namen Gianna

Das heutige Ausflugsziel heißt Gerace

Mit Rosa und Paolo durch das Aspromonte-Gebirge

Bergdörfer, verlassene Häuser und dunkelhäutige Erntehelfer

In der ehemaligen Bischofsstadt Gerace

Im sogenannten Museumspark von Locri

Emilia fährt ohne Fritzi und Elke nach Zungri

Mit Anna und Luca zu einer Olivenölverkostung

Im ehemaligen

Schtetl

von Nicotera

Gianna erzählt vom Wunder ihrer jungfräulichen Befruchtung

Matteo berichtet von den Aufregungen am Abend zuvor

Mit Anna und Valerio nach Serra San Bruno

In der Kartause des Heiligen Bruno

Anna berichtet über die Sitten und Gebräuche ihrer Heimat

Bei Signora Angela in der

Trattoria le Serre

Ein kurzer Stopp an der

Chisa di Piedigrotta

Erinnerungen an ein Gedicht, das Elke einst in der Schule lernte

In Pizzo isst Elke

Tartufo

-Eis und Fritzi entdeckt eine Ratte

Auf der Rückfahrt fehlen zwei Personen

Elke berichtet von ihrem Spezialitäten-Menü

Fritzi trifft Eros Berlusconi

Mit Claudia und Valerio nach Tropea

Fritzi und Elke pilgern zur Wallfahrtskirche

Santa Maria dell’Isola

Fritzi und Gianna treffen

Zia

Belladonna

Susanne und das letzte Cornetto

Mit Emilia und Antonio nach Spilinga

In der Wallfahrtskirche von Zungri

Fritzi und Elke besichtigen das kleine Heimatmuseum

Fritzi inspiziert das Höhlendorf

Fritzi und Elke halten Ausschau nach Urlaubs-Mitbringsel

Elkes Reise-Highlight

Einmal ist immer das letzte Mal

Morgens, auf der Fahrt zum Flughafen

In der Wartezone, nach der Sicherheitskontrolle

Der Rückflug nach Frankfurt

Teil III Die Katze, die ihre kranke Dosine therapiert

Elke will sich impfen lassen

Erinnerunen an die Ostseeinsel Riems

Im Impfzentrum ist das Mitbringen von Haustieren verboten

Elkes erste Covid-19 Immunisierung

Herr Naumann und Herr Dr. Unblutig

Ein Wiedersehen mit Tobias, Elkes ehemaligem Azubi

Offensichtlich hat Coonybert seinen ständigen Wohnsitz gewechselt

Fritzi trifft in Bad Soden den ehemaligen Asylanten Cooper

Auf der Suche nach der Hundepension

4 Pfoten

Yoda aus Dänemark schickt Fritzi eine Freundschaftsanfrage

Dandy, genannt

Commander Spock

Nach Elkes zweiter Covid-19 Impfung ist sie plötzlich sehr krank

Erfahrungen in der Notfallambulanz der Klinik in Höchst

Besuch von drei Sanitätern der Feuerwehr und einem Notarzt

Erlebnisse in der Notfallambulanz des Sachsenhäuser Krankenhauses

Das erste Frühstücksei war widerspenstig

Nancy und Elisabeth kommen zu Besuch

Mona ruft an

Fritzi entwischt von daheim

Fritzi hält Ausschau nach ihrem Nachbarn Joheunib

Aida ist nicht an ihrem Arbeitsplatz

Auf der Terrasse eines Hotels trifft Fritzi den Kater Kiyomi

Martina, Thomas und Axel wollen zu Besuch kommen

Kamée, die Raumpflegerin für einen Nachmittag

Zwischen Elkes Füßen bildet sich eine Pfütze

Elke rechtes Bein weist Ähnlichkeiten mit dem eines Reptils auf

Fritzis verhinderte Jagd auf eigenes Geflügel

Fritzi outet sich als weiblicher Ornithomaniac

Tom Jupiter und sein Bruder Paule

Eine böse Überraschung kommt selten allein

Ereignisse im Agaplesion Bethanien Krankenhaus in Bornheim

Der Orthopäde, ein weiterer Halbgott in Weiß

Fritzi agiert als Lebensberaterin

Erneute Konsultation in der CCB-Venenabteilung

Elkes Versuch, im

Apple Flagship Store

einen Termin zu vereinbaren

Die Fortsetzung der unwahren Versprechungen

Eine falsche Zusage kommt selten allein

Kemal, der

Troubleshooter

aus dem Verkauf

Die schöne Smilla und ihr Traum

Der dritte Besuch in der CCB-Venenabteilung

Sweety schickt Fritzi eine Freundschaftsanfrage

Fritzi sammelt Impressionen auf der Berger Straße

Natascha und Oleg, zwei Samojeden-Welpen

Fritzi und Elke begegnen einer alten Frau, die um Hilfe ruft

Teil IV Die Katze, die nach Bad Doberan fährt

Ein kurzer Besuch an der Ostsee

Fritzis und Elkes beschwerliche Fahrt nach Meck-Pomm

Das Wiedersehen mit Katrin

Komplikationen bei der Herausgabe des Zimmerschlüssels

Eine Haustüre, die sich nicht aufschließen lässt

Drei Nächte im prosaisch titulierten Lavendel-Zimmer

In der Konditorei Braun

Das Abendvergnügen auf der Terrasse des Restaurants Mesogios

Fritzis und Elkes erste Nacht in Deutschlands ältestem Heilbad

Die komplizierte Prozedur eine Rechnung zu bezahlen

Frank Zappa war nie in Bad Doberan

Die erfolgreiche Suche nach dem Gleis 2

Mit dem antiken Dampfzug

Molli

nach Heiligendamm

Was Katrin über das berühmte Seebad erzählt

Auf der Terrasse der

Coco

-Eismilchbar

Das merkwürdig Verhalten einiger Zweifüßer

Ein Spaziergang auf der Promenade am Meer

Der zweite Abend in Bad Doberan

Bei Nacht sind alle Katzen grau

Vorbereitungen, um die Klosterkirche zu erkunden

Fritzi und Elke besichtigen das berühmte Münster

Die vergebliche Suche nach der Touristeninformation

Mit Katrin auf Bildungstour durch die Geschichte

In der

Boutique happiness

Das Abschiedsessen im Weißen Pavillon

Die lange Heimfahrt nach Frankfurt

Im ICE mit Melody, Justin-Alexandre und Fleur-Salomé

Vorwort

Hallo, da bin ich wieder! Erinnerst du dich noch an mich, deine treue Freundin Fritzi Kullerkopf? Ich bin die verschmuste Schnurrbacke mit dem kugelrunden Gesicht, die zusammen mit meinem Lieblingsmenschen Elke (abwechselnd, je nach Stimmungslage auch Dosine, Dozilla, Despotin, Perle, Wärterin, Hygienebeauftragte, Putze, Sherpa und Sozialpartnerin genannt) wohnt.

Eigentlich bin ich eine sehr quirlige Katze, die ungern stundenlang bewegungslos stillsitzen mag. Für meinen zehnten Roman nahm ich mir fest vor, dass wir (meine Dosine und ich), in unseren hoffentlich bald stattfindenden Ferien, etwas ganz Anderes und sehr Besonderes unternehmen, über das ich dir anschließend episch breit berichten werde.

Liebend gern würde ich einen Pageturner über die großen Themen der jetzigen Zeit schreiben, über die #Me-Too-Debatte, die Macht der Shitstorms, die fehlende Chancengleichheit und über mutwillige Wahrheitsverdrehungen.

Schrecklich gern würde ich packend formulieren können, um eine zunehmende Spannung aufzubauen und sie zu halten, bis es am Ende meines Buchs zu einem perfekten Showdown kommt. Ich weiß, daran muss ich noch arbeiten und diesbezüglich auch viel Neues lernen. Schon seit meiner Kindheit bin ich verliebt in Buchstaben, Wörter, Sätze und Geschichten. Es freut mich immer wieder, wenn ich bei anderen Personen dieselbe Liebe wecken kann. Entzückt bin ich, wenn sie mir signalisieren, dass sie bereits eines oder mehrere meiner Fritzi-Bücher gelesen haben.

Jetzt im Moment, während ich diese Zeilen tippe, befinde ich mich sozusagen im Warte- und Durchhalte-Modus. Ich bin müde, deprimiert und auch irgendwie groggy vom Nichtstun.

Statt mich ständiger Kritik wegen meiner unorthodoxen Rechtschreibung und der eigenwilligen Interpunktion auszusetzen, fordere ich Diversität. Ich schreibe nicht wie der Mainstream, sondern wie mir das von meiner Perle gekaufte Rechtschreibprogramm meine angeblichen Tippfehler ferböhßert. Da ich ganz langsam tippe, verpasse ich voraussichtlich eh die nächste Duden-Anpassung.

*

Der Gedanke an einen zeitnahen Urlaub, mit vielen neuen Erlebnissen und Abenteuern, lässt meinen Blutdruck nach oben schnellen, mein Herz lauter klopfen und meine gute Laune zu Höhenflügen aufbrechen.

Angelehnt an den Wahlspruch der Pfadfinder, bin auch ich allzeit bereit, besonders wenn es sich darum dreht, in den Ferien zu verreisen! Als wäre es ein Fluchtreflex, würde ich dazu fast freiwillig in meinen Reiseknast aus brauner Weide springen. Mit jeder Faser meines Körpers sehne ich mich nach Sonne, Wärme und sportlicher Betätigung. Als eifrige und ehrenamtliche Eliminatorin von Kleinwild wünsche ich mir (nach Jagd-Ende) daheim im Arm gehalten und wegen meines Fleißes gelobt zu werden. Mit meiner Dosine kuschele ich oft. Das stärkt ihre Bindung zu mir und frischt sie immer wieder neu auf.

Kurzum, für die Zukunft wünsche ich mir inständig, beim Treffen mit Artgenossen meiner Großfamilie, zahlreiche Momente unbeschwerten Glücks.

Wegen des von meiner Despotin derzeit verhängten Ausgehverbots bin ich es leid, tagtäglich schier endlos lange fast bewegungslos herum zu liegen, in die Luft zu starren und Maulaffen feilzuhalten. Während ich im Halbschlaf auf einem unserer Sofas liege und meinen Tagträumereien fröne, kristallisierte sich in mir ein neuer Wunsch heraus. Fakt ist, dass ich wegen der nicht enden wollenden Covid-19 Seuche derzeit nicht zurück auf die Kanarischen Inseln fliegen kann, um mich (unweit der Insel El Hierro) auf den Salmor-Felsen davon zu überzeugen, ob dort die vom Aussterben bedrohten Gallotia simonyi-Echsen überlebt haben. In der Zwischenzeit, bis dies wieder möglich ist, möchte ich so lange auf fremden Pfaden wandern, bis sich an meiner Einstellung zu meinem Leben und zu dem Rest der Welt etwas grundlegend verändert hat.

Statt mit meiner Dosine von einem Ort zum nächsten zu flitzen und im Eilschritt einem lokalen Guide zu folgen, um die im Reiseführer aufgeführten Sehenswürdigkeiten abzuhaken, möchte ich in meinem nächsten Urlaub genau das Gegenteil tun. Mir schwebt vor, beim Wandern Langsamkeit und Minimalismus in die Tat umzusetzen. Sofern mir das gelingen sollte, berichte ich dir demnächst über meine neuen Erfahrungen. Versprochen.

*

Den Winter mit seiner Kälte und dem vielen Regen bin ich leid. Ich will einfach nur weg von daheim und in der Ferne Aufregendes und Neues entdecken. Sollte es mir nicht ermöglicht werden mit dem Flugzeug zu den Orten meiner Recherche zu gelangen, einen Zug dorthin zu nehmen oder mit dem Bus das Ziel meiner Nachforschungen zu erreichen, dann bin ich gezwungen, es auf Schusters Rappen zu versuchen.

In diesen verrückten Pandemie-Zeiten, in denen meine eigenen Reisen nur in meinen Träumen Wirklichkeit werden, vermehren sich von Woche zu Woche meine Fernwehgedanken. In meinem nächsten Urlaub möchte ich ausgeglichene Ruhe erleben, aber gleichzeitig auch kraftvoll Energie schöpfen können. Mein Fernziel ist, etwas für mein Selbstbewusstsein zu tun und sowohl mein Durchsetzungsvermögen als auch meine Zielstrebigkeit zu optimieren. Dies alles natürlich nur, sofern es sich um eines meiner Vorhaben handelt. Ich finde, dass ich eine unternehmungslustige Weltenbummlerin bin und die ideale Protagonistin meiner Bücher. Wenn ich als Globetrotterin unterwegs weile, sammle ich Begegnungen. Wieder daheim, schildere ich in meinen subjektiven Erinnerungen selbstironisch und unterhaltsam das Erzählenswerte meiner vorherigen Unternehmungen. Manchmal wandele ich mit überbordender Fabulierlust das zuvor Erlebte in ganz besondere Geschichten um. Man kann auch sagen, ich modifiziere das zuvor Geschehene ein wenig. Die meisten Inspirationsquellen bekomme ich auf meinen Reisen, die ich mit meiner Dosine durchführe.

Mir fehlt der Ehrgeiz einen weiteren Reiseführer zu tippen, denn die gibt es bereits über jeden Winkel der Welt zu kaufen. Ich verrate auch keine Geheimtipps, sondern erinnere nur an berührende Begegnungen mit Vier- und Zweibeinern.

Gelegentlich notiere ich auch nicht allzu wichtige Begebenheiten, da ich im Vorhinein noch nicht weiß, ob sie später vielleicht einmal wichtig werden. Die kannst du, wenn du magst, gern überblättern.

Bereits in zahlreichen Ländern betrieb ich Feldforschungen. Beim Blick über den Rand meines Näpfchens erlebte ich zumeist Mikroabenteuer; aber ich sage mir immer, ein kleines Ereignis ist besser als gar keins. Meine Neugierde und meinen Wissensdurst bewahrte ich mir über die Kindheit hinaus.

Mein heimischer Aktionsradius ist (wegen des zunehmenden Frankfurter Straßenverkehrs) bedeutend kleiner geworden, aber weiterhin stapfe ich erwartungsfroh und mit offenen Augen durchs Leben. Neues auszuprobieren ist mein Hobby, auch wenn es mich manchmal auf unbekanntes Terrain führt.

Im Laufe der Zeit erkannte ich, dass ich auf nichts warten muss und auf niemanden Rücksicht nehmen brauche. Um ein Abenteuer zu erleben benötige ich weder ein spektakuläres Setting noch viel Zeit; auch Geld und ausgeklügelte Planungen sind nicht unbedingt erforderlich. Ich muss nur raus aus unserer Wohnung und mich auf den Weg machen, stehe aber verstärkt unter der Aufsicht meines Lieblingsmenschen, die oft andere Pläne für uns hat.

Neulich, als sich Elke künstlich über ein vor mir verursachtes klitzekleines Missgeschick aufregte, rief sie zornig: „Fritzi, mach das nicht noch einmal! Hörst du! Sonst schieße ich dich auf den Mond!“

„Lass uns vorher noch rasch zu den Hottentotten fahren!“, erwiderte ich schlagfertig. Da musste sie lachen und beruhigte sich rasch wieder.

*

Mein Ratschlag lautet: Folgt mir auf meine verschlungenen Pfade, erlebt mit mir emotionale Momente des Zweifelns, der Betroffenheit und den Augenblicken gleißenden Glücks!

Inzwischen bin ich bescheiden geworden. Wenn es nicht anders geht, ist mein derzeitiger Wunsch, von Frankfurt zu den kleinen Dörfern an der Küste oder ins Gebirge zu wandern, obwohl ich vor Ort möglicherweise nur mit äußerster Konzentration und viel Imagination die Heimatidiome der Einheimischen verstehen kann. Das ist dann zwar nicht gerade die Karibik, aber doch irgendwie auch exotisch und schön.

Lass dich von mir zu meinen (bisher noch nicht ausgedeuteten) Zielen mitnehmen, in der Hoffnung, dass dich meine neuen Geschichten gut unterhalten und du für eine Weile alles um dich herum vergessen kannst. Sollte mir das gelingen, dann lacht mein kleines Herz vor Freude. Außerdem macht es mich rundum glücklich.

Frankfurt, im Sommer 2022

Teil I

Die Katze, die viel Neues erleben möchte

Zum Anfang ein paar Worte über mich

Mein Name ist Fritzi Kullerkopf. Ich bin eine hübsche Single-Katze mit einem dichten fuchsrot-getigertem Pelz und bernsteinfarbenen Augen. Derzeit teile ich mein Domizil mit Elke. Wir wohnen in Frankfurt am Main im Stadtteil Sachsenhausen, im ersten Stock eines weißen Mehrfamilienhauses in einer Einbahnstraße, die Im Hasenpfad heißt.

Einen selbstinszenierten Lifestyle mit unzähligen Selfies für Facebook, Instagram & Co. brauche ich nicht. Ich bin nicht nur kein It-Girl (sondern eine It-Cat) in den allerbesten Jahren, sondern auch die Mutter von vier gut geratenen Kitten, die inzwischen erwachsen sind und eigene Wege gehen. Außerdem bin ich eine (nicht mehr trauernde) Witwe mit einem ausreichenden Quantum an Verstand, Herz und Seele, die es nicht nötig hat, ihre Optik mit Fotoshop-Retuschen oder anderen Aktionen zur eigenen Selbstoptimierung zu pimpen (aufzumotzen).

Ich bin wie ich bin. Wer mich nicht mag, soll es lassen. Basta.

*

Obwohl ich meinen Lebenslauf nicht frei wählen durfte, zeichnet er sich durch Anpassungsfähigkeit, Aufopferungsbereitschaft, ungebrochenen Lebensmut, Wissensdurst, Offenheit, Empathie und Cleverness aus.

Als ich noch jung war flüchtete ich mich in meinen Tagträumen in ein Schloss, in dem ein scheuer Katerprinz wohnte, der nur auf mich wartete. Diese Traumgebilde waren der Nährboden für die ersten meiner später selbst verfassten Geschichten. In meinen Hirngespinsten beamte ich mich aus meiner damals meist tristen Umgebung in eine Art paradiesisches Eldorado. Dort war ich mutig und stark wie Catwoman, unternahm Unerwartetes und Beispielloses, riskierte mein Leben und rettete dabei heldenmütig – als sich sonst niemand traute – einem fremden Katzenbaby das Leben.

Fakt ist, es spielte sich alles nur in meiner überbordenden Fantasie ab.

*

Die angestrebte Zielgruppe der von mir eigenpfotig getippten 10 Fritzi Kullerkopf-Romane sind nicht Felidae-Hasser, mitten-in-der-Nacht-aus-dem-Bett-Aufsteher, Hygiene-Gurus, die ihren Vierbeinern die Zähne putzen, Aqua-Phobiker (zwanghafte H2O-Vermeider) und Veganer mit Sendebewusstsein, die nicht nur ihren Gästen, sondern auch ihren Haustieren tierproduktfreie Mahlzeiten vorsetzen. Meine Adressaten sind auch nicht halbtaube Techno-House-Hörer, Urlaubsnihilisten (Ferienverweigerer), Katzenhaar-Allergiker und schon gar nicht Moralapostel und Zölibat-Verfechter, die Soutanen tragen.

Die Zweifüßer, für die ich meine Bücher schreibe, sind ganz normale Leute, die das Herz auf dem rechten Fleck tragen und deren Grundeinstellung lautet: Leben und leben lassen.

Ungelogen, ich tippe meine Geschichten für Leute wie DICH!

*

Richtig schade finde ich, dass in der Senioren-Uni, wegen der drohenden Ansteckungsgefahr mit Covid-19 Viren, derzeit keine Präsenz-Vorlesungen stattfinden. In den Jahren zuvor nahm mich mein Lieblingsmensch mehrmals zu unterschiedlichen Seminaren mit, für die sie sich eingeschrieben hatte und die auch mich brennend interessierten. Obwohl ich um äußerste Konzentration bemüht war, übermannte mich dort aber gelegentlich eine bleierne Müdigkeit. Diese wurde durch die abgestandene Luft in den Lehrsälen verursacht und durch die mehr oder weniger einlullend vorgetragenen Referate der Dozenten noch verstärkt. Das Resultat war, dass ich gelegentlich bereits einschlief, bevor es interessant, lehrreich oder spannend wurde.

Wenn mich Elke zur Uni mitnahm war ich im trügerischen Glauben, mich recht nahe der Schnittstelle von Kultur- und Wissenschaftsgeschichte zu bewegen. Aber das ist jetzt schon eine Weile her.

Mein derzeitiger Input an neuen Kenntnissen beschränkt sich lediglich darauf, was ich mir beim abendlichen Fernsehgucken aneignen kann.

Erinnerungen an Fritzis Eltern und ihre Geschwister

In meiner Kindheit gab es für mich kein positives männliches Vorbild, an dessen Verhalten ich mich hätte orientieren können, denn meine Wurfgeschwister und ich wuchsen vaterlos auf. Auch an einen Onkel, Schwager, Cousin und den Vater oder Schwiegervater meiner Mutter kann ich mich nicht erinnern. So boten sich mir keine Möglichkeiten, männliche Verhalten miteinander zu vergleichen. Seitdem lautet mein Credo: Was ich nicht kenne, das fehlt mir auch nicht.

Erst im Nachhinein stellte es sich als Manko heraus, dass ich meinen Erzeuger nicht kennengelernt habe.

Meine schlaue Mama, eine dreifarbige Glückskätzin mit schönem schwarz-rotem Pelz auf weißem Untergrund, hört auf den wohlklingenden Namen Viola. Wahrscheinlich erhielt sie ihn nach den dreifarbigen Veilchen (Viola tricolor, Stiefmütterchen), die am Mainufer im Frankfurter Nizza-Park wachsen.

„Glückskatzen, kann man nicht züchten. Sie sind immer weiblich“, sagte Mama einmal mit Stolz in der Stimme, als sie meinen Wurfgeschwistern und mir ihre allabendliche Gute-Nacht-Geschichte erzählte. „Zeugungsfähige dreifarbige Kater mit rotem, schwarzem und weißem Pelz gibt es nicht. Das hat etwas mit den Genen zu tun. Jedenfalls sagte das einmal der Tierarzt, als ich mit meinen Menschen bei ihm war.“

Wir verstanden zwar nicht was das bedeutete, sahen aber rasch nach, wer von uns Kindern Mamas Dreifarbigkeit geerbt hatte. Es war Marie-Antoinette, die meine Geschwister und ich Mariechen nannten.

„Marie-Antoinette, unsere außergewöhnlich schöne Färbung nennt man auch Schildpatt, Tricolor, Calico, Mike und Tortoise. Sie kommt bei allen Katzenrassen vor“, fuhr Mama fort. „Wir Glückskatzen sind ein ganz besonderes Geschenk der Großen Katzenfee.“

*

Wie zahlreiche andere Kätzinnen war auch meine Mutter alleinerziehend. In meinem Beisein erwähnte sie meinen Vater mit keiner Silbe.

Erst nachdem ich sie mit meinen Fragen regelrecht gelöchert hatte, erhielt ich die wortkarge Information, dass er sich, als sie sich kennenlernten, mit den Worten ‚Ich bin der Amandus‘ vorgestellt hatte. ‚Amandus, der Liebenswerte.‘ Auf mein Bohren hin gab Mama verschämt lächelnd zu, dass sie – bis zum Tag ihrer Niederkunft – bis über beide Ohren in ihren Besamer verknallt gewesen war. Immerzu hatte sie vergeblich gehofft, dass der Verursacher ihrer Umstände reumütig zu ihr zurückkehren würde. Erst mehrere Wochen nach der Entbindung suchte er wieder ihre Nähe. Er besuchte sie aber nur, wenn es draußen bereits dunkel war und meine Geschwister und ich schon fest schliefen.

Noch genau erinnere ich mich an die Nacht, in der unsere Idylle Risse bekam und sich meine Mutter lauthals mit einem stattlichen rotweißen Kater stritt. Bildlich gesehen erinnerte er mich irgendwie an eine große Portion Pommes mit Mayo und Ketchup. Als er sie besteigen und erneut bestäuben wollte wehrte ihn Mama ab. Sie titulierte ihren Besucher als Lügner, Betrüger, Bigamisten und Heiratsschwindler. Kurz darauf wurde es handgreiflich und klatschte mehrmals. Mama fauchte, knurrte und stieß laute Verwünschungen aus. Anschließend herrschte eine Weile gespenstige Stille. Erst als sie sich wieder zu uns in den Schlafkorb legte und beruhigend zu schnurren begann, schlief ich wieder ein.

Als ich später einmal meine kluge Mutter nach ihren ehemaligen Verehrern fragte, gab sie mir den guten Rat: ‚Man/frau sollte eine neue Beziehung nicht mit einer emotionalen Hypothek aus einem früheren Verhältnis belasten.‘

Damals verstand ich nicht was Mama meinte.

*

Als ich noch klein war gab es ein ständiges Ringen um die Zuneigung meiner Mutter, denn meine Wurfgeschwister Alfred, Julius-Cäsar, Konrad, Roberta-Carlotta, Attila, Marie-Antoinette und Leonard beanspruchten sie auch für sich. Von Anfang an musste ich die Liebe meiner Mutti mit ihnen teilen. Für jeden von uns war ihre ungeteilte Aufmerksamkeit ein unerfüllbares Begehren.

Für mich spitzte sich die Situation dramatisch zu, als mich meine damaligen Menschen – bei ihrem Umzug in einen Nachbarort – versehentlich im heimischen Garten unter einem Pfingstrosenbusch zurückließen.

An bewusstem Tag verspürte ich zum ersten Mal am eigenen Leib, das wie mit einem scharfen Messer schneidende Gefühl, von den wichtigsten Personen vergessen worden zu sein. Ich fürchtete, alles was in meinem bisherigen Leben wichtig und wertvoll war, für immer und ewig verloren zu haben.

Diese verstörende Sinnesempfindung wiederholte sich in meinem späteren Leben noch mehrmals und zwar immer dann, wenn ich von Personen, die ich vorbehaltslos liebte und an denen ich mit jeder Faser meines Herzens hing, ohne eine Erklärung verlassen und anschließend – für mich grundlos – gemieden wurde.

Rüdiger, Fritzis ehemaliger Lebensgefährte

An oberster Stelle meiner bisherigen Partner steht Rüdiger, meine erste und einzige große Liebe. Fakt ist, dass jede Kätzin den ersten Kater ihres Lebens nicht vergessen kann. So war es auch bei mir. Rüdi war anfangs nur mein Spielkamerad, mein Urlaubsbegleiter, mein Sparringspartner und mein Freund. Später wurde er mein Geliebter und der Vater unserer gemeinsamen Kinder Klickerkopf, Murmelkopf, Marlon und Leroy.

Kaum war unser Nachwuchs aus dem Gröbsten heraus und ging eigene Wege, erkrankte mein Mann unheilbar an der sogenannten Zuckerkrankheit. Eigentlich war das total unlogisch, denn seit jeher verabscheute Rüdi alles Süße. In meinem Beisein aß er niemals freiwillig Kohlenhydrate. Lieber biss er sich auf die Zunge und hungerte.

Nachdem die Diagnose festgestellt wurde, fuhr unsere Dosine zweimal in der Woche mit ihm zu unserer Hausärztin Frau Doktor Grobiana, deren Praxis im Stadtteil Nordend liegt. Immer wenn Rüdiger zurückkam erzählte er mir die reinsten Gräuelgeschichten, die man ihm dort angetan hatte.

Grobianas Gehilfinnen Brutala und Resuluta hielten ihn jedes Mal mit roher Gewalt auf einem Stahltisch fest. Dann stach ihn die Ärztin mit einer dünnen Nadel in eines seiner großen rosa Ohren und drückte an der Einstichstelle so lange herum, bis sich ein Blutstropfen bildete. Vor Angst und Schrecken pullerte Rüdi dabei mehrfach auf den Tisch, auf dem man ihn festhielt. Dafür wurde er aber nicht ausgeschimpft, auch nicht im Wiederholungsfall; im Gegenteil, er wurde von allen anwesenden Frauen gelobt. Bei diesen Gelegenheiten konnten sie den in seinem Pipi enthaltenen Zuckergehalt messen, ohne ihm weh tun zu müssen. Als die Diagnose Diabetes mellitus feststand, stellte Elke von einem Tag auf den anderen Rüdigers Nahrung auf eine strikte Diät um, die aber für seine Gesundung nicht hilfreich war. Mir schmeckten Rüdis Rentierhäppchen aus den nördlich des Polarkreises importierten Konserven sehr gut, aber ich war auch nicht krank.

Vielleicht würde Rüdiger heute noch leben, wenn er sich nicht standhaft geweigert hätte, sich von unserer Dosine täglich ein lebensnotwendiges Medikament mit Namen Insulin unter die Haut spritzen zu lassen.

Als mein Mann so schwach war, dass er nicht mehr allein aufstehen konnte, brachte ihn Elke stationär zu Frau Grobiana in ihre Tierklinik. Vermutlich gelang es der Ärztin nicht mehr, ihn wieder gesund zu machen, trotz all ihrer Diplome und der zahlreichen Dankschreiben und Fotos, die in der Praxis an den Wänden hingen.

Vor Kummer brach mir damals fast das Herz, als mir bewusstwurde, dass ich meinen geliebten Partner in dieser Galaxie nicht wiedersehen würde.

Wichtige Personen, die inzwischen einer anderen Trommel folgen

Es war eine schreckliche Zeit, nicht nur für die, die meiner Dosine und mir vorausgeeilt waren und ohne ein Wort des Abschieds sang- und klanglos aus unserem Leben verschwanden. Elke und ich fielen von einer depressiven Verstimmung in die nächste. Es schien nicht enden zu wollen. Tristesse und Trauer wohin wir auch blickten.

Den Anfang machte unsere langjährige Freundin Ingrid, die am Leben verzweifelte und selbstbestimmt aus dem Leben schied. Damit sie und ihre Kunst so schnell nicht in Vergessenheit geraten, ließ ich in meinem siebten Buch einige ihrer schönsten Zeichnungen abdrucken. Die gerahmten Originale (und noch viele weitere) hängen bei uns daheim an der Wand. Meine Dosine war Ingrids größter Fan. In den Jahren zuvor kaufte sie ihr einen Teil ihrer Kunstwerke ab.

Solltest du nach Frankfurt kommen, dann rufe mich bitte vorher an, damit ich auch daheim bin. Dann kannst du dir die Bilder in unserem Wohnzimmer ansehen und sie auch bewundern.

*

Unser langjähriger Freund Joachim überwinterte schon seit seinem Rentenbeginn an der türkischen Ägäis, da ihn dort seine Gelenke (wegen des milden Klimas) nicht allzu sehr schmerzten. Pünktlich wie einen Zugvogel zog es ihn jedes Frühjahr zurück nach Frankfurt, bis er sich im Herbst wieder von uns verabschiedete. Von seiner Tochter erfuhren wir später, dass man ihn an einem sonnigen Februartag auf dem Friedhof von Bodrum nach moslemischem Ritus beigesetzt hatte. Vielleicht gab es dort keine andere Ruhestätte oder es war so unkomplizierter und preiswerter gewesen. Wer weiß das schon…

*

Zwei Monate später verunfallte unsere beste Freundin Johanna, mit der wir schon öfters zuvor unsere Urlaube verbracht hatten. Auf ihrem morgendlichen Weg zu einem Aushilfsjob als Messe-Hostess war sie vermutlich spät dran. Da ihr im Messe-Parkhaus kein kostenloser Parkplatz zustand, stellte sie ihr altes Auto in der Varrentrapp Straße ab, um den restlichen Weg zu Fuß zu gehen. Damit sie ihren Arbeitsplatz in Messehalle 3 nicht zu spät erreichte, ignorierte sie um kurz vor 6 Uhr in der Frühe eine rote Fußgängerampel. Die Straßenbahn 17 war schneller als sie und holte sie ein.

Sieben Wochen später starb eine gute Bekannte mit Namen Annemarie während ihres Urlaubs auf der Kanareninsel Teneriffa. Putzmunter hatte sie sich eine Stunde nach dem Mittagessen aufgemacht, um zum nahen Strand zu gehen. Sie erreichte ihn nicht mehr.

*

Anfang September erlag unser lieber Freund Rolf einer schweren Krankheit und trat für immer von der Bühne des Lebens ab. Er war der Grafiker, der die 74 witzigen Cartoons in meinen ersten drei Büchern zeichnete. Gern hätte Rolf auch noch meinen vierten Fritzi-Band mit seinen schönen Illustrationen geschmückt, aber ich hatte mein Manuskript noch nicht fertig getippt.

*

Im Sommer desselben Jahres wurde mein geliebter Rüdiger krank und immer schwächer. Als er im Winter nicht mehr laufen konnte, brachte ihn Elke zu Frau Dr. Grobiana in ihre Tierklinik. Wie inzwischen sicher jeder richtig vermutet, verließ er das Hospital nicht mehr lebend, sondern zog von dort um in das Land hinter dem Regenbogen.

*

Wenige Monate später konnten die Ärzte auch unserer lieben Freundin Camilla nicht mehr helfen. Die Tumore waren stärker als ihre Widerstandskräfte.

*

Alle diese außergewöhnlichen Personen verschwanden innerhalb von wenigen Monaten aus Elkes und meinem Leben. Unsere Freunde verließen uns, weil sie unheilbar krank waren, ein Opfer des Straßenverkehrs wurden, die Dämonen ihrer Depressionen stärker waren als ihr Überlebenswille oder ihre Lebenskerze umgefallen war und dabei erlosch.

Während dieser Zeit funktionierten Elke und ich nur. In dem betreffenden Jahr war ich nicht in der Lage ein neues Buch herauszugeben. Ich konnte mich noch nicht einmal dazu aufraffen ins Arbeitszimmer zu gehen, mich an unseren alten Äppel-PC zu setzen und mit dem Tippen des ersten Satzes einer weiteren traurigen Story zu beginnen. Alles schien mir sinn-, zweck- und bedeutungslos zu sein.

Die Begegnungen und Erfahrungen mit diesen liebenswerten Personen prägten mich (und wahrscheinlich auch meine Dosine) für die weitere Zukunft.

*

Es war wie verhext. In den Jahren zuvor gingen unsere Freundinnen und Freunde bei uns ein und aus. Manchmal schien es mir, als würde ich in einem Taubenschlag wohnen (bildlich gesehen). Die Zweifüßer waren auch unsere lieben Gäste, die ihre Bekannten mitbrachten, wenn meine Dosine jedes Jahr im April ihren Geburtstag feierte und im Herbst Partys veranstaltete, um ihre neuesten Schmuck-Kreationen zu zeigen.

Nicht nur mich befiel eine Schreibblockade, auch Elkes Kreativität war zum Erliegen gekommen. Sie räumte ihre vielen Materialien – ordentlich nach Farben getrennt – in zahlreiche durchsichtige Plastikschachteln und verstaute sie in der Schrankwand im Arbeitszimmer. Nichts lag mehr herum, nicht eine einzige Perle, mit der ich mir in meinen schlaflosen Nächten (bei Voll- und Neumond) die Zeit vertreiben konnte, indem ich sie abwechselnd mit Schmackes gegen die hölzernen Fußleisten schmetterte.

Kaum waren unsere Freundinnen und Freunde beerdigt, begann für uns eine neue Ära. Das Telefon klingelte kaum noch, denn in etwas mehr als einem Jahr hatte sich unser Freundeskreis um gut die Hälfte reduziert.

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Erst als unsere Schockstarre langsam nachließ und Elke und ich (diesmal ohne Johanna und Rüdiger) in unserem Urlaub nach Amerika flogen, änderte sich auch meine Situation wieder ins Positive. Ich verliebte mich erneut. Zeitweise war ich sogar kurz einmal glücklich und recht ausgelassen.

Allerdings gab es auch andere Kater, die mich mit Versprechungen zu-texteten und mir den Himmel auf Erden verhießen. Das waren meist die Typen, die umgehend desertierten, nachdem sie durchgesetzt hatten, was sie von mir wollten.

Zu meinem immer noch latent bestehenden Herzeleid zusätzlich vorsätzlich noch belogen und betrogen zu werden, war äußerst mies und wie ich finde auch irgendwie unmoralisch. Sich nach einem vollzogenen Schäferstündchen wie ein Gauner oder ein Geist davonzustehlen, sich wortlos aus dem Staub zu machen, das finde ich unverzeihlich. Ich vertraue darauf, dass die Große Katzenfee, das Universum oder vielleicht auch Karma ein solch betrügerisches Verhalten ahnden wird, sofern ich keine Gelegenheit dazu erhalte.

Icke, Fritzis einstiger Bräutigam

Wegen eines schwarzen Lackfellchens wanderte ich später sogar nach Sachsen aus. Meine große Liebe lernte ich bei uns zu Hause kennen, als uns Katrin aus Dresden besuchte und ihren Kater Icke mitbrachte. Bis über beide Ohren verliebte ich mich spontan in den aus Berlin stammenden Naturburschen. Alles schien von der Großen Katzenfee vorausbestimmt zu sein. Ich war mir zu 100 Prozent sicher, dass Icke der Mann meines Lebens war. Dies führte dazu, dass wir uns eines Nachts sogar miteinander verlobten. Dabei schworen wir uns grenzenlose Zuneigung mit Unendlichkeitsgarantie. Es fehlten nur die goldenen Ringe; aber die sind bei unsereins unüblich.

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Leider fehlte unserer Liebesbeziehung die Ausdauer, denn sie hielt nicht allzu lange an. Als mir klar wurde, dass mich mein chronisch untreuer Bräutigam outgesourct hatte, (mich mit zahlreichen Gespielinnen aus seinem Kiez abwechselnd betrog und mir durch sein Verhalten gefühlsmäßig kündigte) und er sein schändliches Verhalten noch nicht einmal ehrlich bedauerte, verließ ich ihn und zog wieder zurück zu meiner Dosine nach Frankfurt.

Du kannst meine anfangs unendlich scheinende Lovestory mit dem schönen Berliner Herzensbrecher in meinem 8ten Roman nachlesen.

Wie Fritzi die Storys für ihre Bücher erfindet

Dass ich einen kleinen Fanclub habe und eine Facebook-Seite mein Eigen nenne, ist dir sicher nicht entgangen.

Neulich wurde ich von einer mir nicht persönlich bekannten Dame gefragt, wie ich, eine hoffnungsvolle Nachwuchsautorin und Reise-Influenzerin, meine Geschichten schreibe. Sie wollte wissen, ob meine Erzählungen meiner übersprudelnden Fantasie entspringen, sie tatsächlich alle wahr sind und ob ich sie selbst erlebt habe.

Zuerst wusste ich gar nicht, was ich auf so viele depperte Fragen antworten sollte.

„Die Realität ist oft viel skurriler als jede Fiktion“, erwiderte ich aufrichtig. „Das Leben schreibt die besten Geschichten. Oft treffe ich überraschend witzige Personen in alltäglichen Situationen der Gegenwart an.“

Inzwischen bin ich in meinen Storys an einem Punkt angelangt, an dem ich fast alle gängigen Strukturen des Geschichtenerzählens ausprobiert habe. Im Gegensatz dazu ergeben sich im wahren Leben manchmal so kuriose Verknüpfungen, die ich mir für meine Erzählungen nicht selbst ausdenken könnte.

Für mich ist es ein Privileg, meine eigenen Geschichten erzählen zu dürfen, immer in der Hoffnung, dass sie möglichst bald (jedenfalls noch zu meinen Lebzeiten) gelesen werden. Auch wenn sich derzeit nicht allzu viele Personen dazu aufraffen können und sich stattdessen nur an den von Elke gezeichneten Bildchen ergötzen, geht deshalb die Welt nicht unter. Alles unterliegt einem Wandel, auch der Lesegeschmack.

Eigene Bücher zu schreiben gibt mir die Illusion von Beständigkeit. Außerdem sind sie ein sichtbares Resultat meiner Anstrengungen und meines Fleißes; nicht zu vergessen ist auch meine schier grenzenlos scheinende Ausdauer.

Für die Inhalte meiner Storys brauche ich mir nicht den Kopf zu zerbrechen. Mit offenen Augen und Ohren stapfe ich durch die Welt oder besser gesagt, ich lasse mich von meinem Roadie (meine mitreisende Dosine) in einem meiner Kängurubeutel umhertragen. Sänften kann man meine diversen Tragesäckchen nicht nennen; die sind derzeit aus der Mode gekommen.

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Wenn Elke aus dem Haus geht und mich mitnimmt, höre ich meistens den Gesprächen der Zweifüßer zu. Ich bin wie ein Chamäleon, das mit seiner Umgebung verschmilzt. Dabei sammele ich all die Anekdoten und Erzählungen der Personen, die uns begegnen und die uns ihr Vertrauen schenken. Unterwegs überlege ich nicht lang und breit und notiere mir auch nichts auf einem Zettel. Ich mache mir keinen Knoten in ein virtuelles Taschentuch, sondern merke mir einfach, was sie gesagt haben. Mit meiner dezenten Art und meinem ungeheuchelten Interesse gelingt es mir fast immer, den Gesprächen der Zweifüßer unterschiedlicher Couleurs zu lauschen. Natürlich muss es eine interessante Geschichte sein oder ein großes Thema, sonst besteht die Gefahr, dass ich mich langweile und vorzeitig einschlummere. Möglicherweise merken die Felllosen gar nicht, dass ich ihnen zuhöre und sie dabei beobachte. Oft schließe ich auch meine Augen, als ob mich ihr Gespräch nicht interessieren würde und tue so, als wäre ich vor

Langeweile eingeschlafen; aber trotzdem höre ich konzentriert zu. Später entsteht dann daheim - mit einem Quäntchen Fantasie gewürzt - meine eigene Version des zuvor Geschehenen oder meine Vision der stattgefundenen Wirklichkeit. Dann kommt die sprudelnde Geschichtenerzählerin in mir hervor.

Ich finde es faszinierend, am heimischen PC zu sitzen und die Kontrolle darüber zu haben, was in meinen Büchern passiert und wie die jeweiligen Geschichten ausgehen. Für mich ist jede neue halbwegs gelungene Story eine Ode an die Magie des Schreibens. Über meine Frustrationen, geheimen Wünsche und Sehnsüchte spreche ich in der Regel nicht laut, aber ich notiere sie, damit ich sie nicht vergesse und du sie später lesen kannst. Bei der Gelegenheit spare ich mir auch einen Therapeuten, denn beim späteren Schreiben wird mir so manches komische Verhalten klar.

Recherche gehört zu meinem alltäglichen Handwerk. Manchmal bitte ich Elke, mich zu einem Handlungsort zu begleiten, den ich beschreiben möchte. Oft merkt sie gar nicht, dass ich auf Motivsuche bin und fragt: „Fritzi, was willst du denn dort? Meines Wissens gibt es an dem bewussten Ort nichts Besonderes zu entdecken.“

‚Das musst du mir schon selbst überlassen‘, schnurre ich dann geduldig. ‚Ich sammle persönliche Eindrücke und mache mir gern eigene Gedanken.‘

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Vergangenen Freitag lümmelten Elke und ich wie so oft auf dem Sofa vor der Glotze. Auf N3 lief eine Talkshow. Zufällig wurde ich gerade in dem Moment wach, als die Moderatorin Barbara Schöneberger die Bestsellerautorin Eva Demski nach dem Wahrheitsgehalt ihrer Bücher fragte.

„Alles was ich bisher veröffentlicht habe ist wahr“, erwiderte die Schriftstellerin und lächelte. „Es war nur immer ein kleines bisschen anders.“

Da soll mir doch zukünftig kein Kritiker und keine Nörglerin vorwerfen, meine Geschichten würden nicht der Wahrheit entsprechen! Schließlich tippe ich auf unserem alten Äppel keine Dokumentationen, die ich zuvor bei Google falsch recherchiert und dann mit zahlreichen Fehlern abgetippt habe!

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Es gibt Zweifüßer, die sagen verschwörerisch zu meiner Dosine, wenn wir sie unterwegs treffen: „Elke, du wirst es kaum glauben, aber ich habe unlängst etwas unglaublich Spannendes/Aufregendes/Makabres/Witziges/Komisches erlebt! Die Geschichte muss ich dir unbedingt erzählen! Vielleicht kannst du sie in einem deiner nächsten Büchlein verwenden. Im Gegensatz zu dir habe ich nämlich nicht die Zeit, alles was mir widerfährt auch aufzuschreiben.“

Daraufhin vermute ich, dass gleich etwas extrem Interessantes folgen wird. Ich spitze meine Ohren, bin hellwach und voll fokussiert auf das, was jetzt folgen mag.

Aber nichts da, er oder sie labert ein bisschen herum, kommt nicht zum eigentlichen Punkt des langweiligen Geschehens, um sich plötzlich abrupt – wegen eines angeblichen Termins oder eines ultrawichtigen Telefongesprächs – zu verabschieden. Ein überaus rasches Bussi-Bussi, ein flüchtiges Umarmen, beim Weggehen ein hastiges Winken und schon sind Elke und ich wieder allein.

Später sitze ich dann daheim vor unserem PC, denke über den oder die Langweiler*in nach und weiß nicht, ob ich die zuvor gehörte mega-dröge Geschichte vergrößern, komprimieren oder besser ganz weglassen soll.

Ich bin immer auf der Suche nach dem großen Bogen, in dem sich meine Storys früher oder später wieder schließen, aber manchmal tun sie das nicht, egal was ich mache. Dann bleibt irgendwo noch eine Rechnung offen, was mich mächtig irritiert und auch stört.

Gelegentlich höre ich auch banale Geschichten, die ich nicht miteinander verknüpfen kann. Manchmal tippe ich sie trotzdem. Vielleicht werden sie auf den zweiten Blick irgendwann noch einmal wichtig.

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Wenn ich eine neue Geschichte beginnen will, laufe ich in unser Arbeitszimmer und springe auf den von meiner Dosine aus einem Abrisshaus geretteten schmiedeeisernen und von ihr mit weißer Ölfarbe gestrichenen Gartenstuhl. Mit den ausklappbaren Spikes meiner Pfötchen ziehe ich das dicke Rückenkissen mit dem geblümten Laura Ashley-Bezug auf das gelbe Sitzpolster herunter. Dies mache ich nicht um weicher zu liegen, schließlich bin ich nicht die Prinzessin auf der Erbse, aus dem Märchen von Hans Christian Andersen. Ich tue es ausschließlich deshalb, um vor dem Schreibtisch mit der Glasplatte höher zu sitzen, weil ich dann besser mit meinen Tatzen die Knöpfe der Tastatur erreiche.

Den Computer anzuschalten geht ganz einfach, denn er hat unten links einen bifunktionalen Knopf, auf dem steht on/off. Also, wenn ich mit meiner Nasenspitze diesen Button fest anstupse, erwacht das Gerät aus seiner Tiefschlafphase und ein melodisches Ding Dong erklingt. In dem flachen Kasten knipst dann jemand hinter dem Bildschirm das Licht an und nach kurzer Zeit wird die Schreibmaschine mit der Memory-Funktion arbeitswillig. Von meinem Lieblingsmenschen guckte ich mir ab, dass ich anschließend mit der schwanzlosen Synthetik-Maus in der ganz unten angebrachten Symbolleiste das große W anklicken muss, damit ich in dem Word-Schreibprogramm meine Geschichten in einer Art persönlichem Tagebuch notieren kann.

Die Firma Apple hat auch ein eigenes Schreibprogramm, das Pages heißt. Auf den ersten Blick sieht es so ähnlich aus wie das von Word. In der Praxis funktioniert es aber gaaanz anders; es ist überaus merkwürdig und bizarr. Mit dem komme ich nicht zurecht. Nein, Pages benutze ich nicht, auch wenn es bereits in unserem Gerät vorinstalliert war und zusätzlich nichts gekostet hat.

Wenn ich mit meinem Tagewerk fertig bin oder mir nichts mehr zum Notieren einfällt, speichere ich das zuvor Getippte. So bin ich mir sicher, dass es nicht für immer und ewig in einer imaginären Cloud (Wolke) verschwindet, in einer Art Bermuda-Dreieck des grenzenlosen Orbits oder in einem schwarzen Loch. Dann drücke ich noch einmal mit meiner Nasenspitze den on/off-Knopf, damit der kleine Mann hinter dem Bildschirm weiß, dass er das Licht im Inneren des Geräts ausschalten kann. Anschließend hat das Äppel-Männlein Feierabend. Es kann sich in seinen wohlverdienten Tiefschlafmodus begeben und ausruhen.

Gehirn-jogging hält jung, behauptet Elke

Vermutlich bin ich bereits neugierig auf die Welt gekommen. Meine Wissbegierde steigert meine Aufmerksamkeit und mein Interesse, ob ich es will oder nicht.

Ein bisschen stolz bin ich schon darauf, dass dies mein zehntes von mir selbstgeschriebenes Buch ist, das jetzt vor dir liegt. Andererseits finde ich es irgendwie auch blöd, dass es mir noch immer nicht gelang, einen Band mit richtigen Serienepisoden zu fabrizieren. Ich meine mit einem Cliffhanger auf der letzten Seite des allerletzten Kapitels, das abrupt endet und meine Fans heißhungrig und gierig auf den Fortsetzungsband fiebern lässt.

Natürlich möchte ich meine Leser nicht nur gut unterhalten, sondern sie auch mit Wissenswertem füttern, mit Informationen und für mich Neugewesenem, kurzum mit etwas, das ich erwähnenswert finde. Bei mir können Leseratten ihre Neugierde risikolos befriedigen, denn in den meisten Fällen gibt es in meinen Büchern ein klar definiertes Ende.

Einmal sagte Elke, es sei wohl mein größtes Hobby, mir Gedanken über Nützliches und Unnützes zu machen. „Nein“, widersprach ich rasch. „Ich spiele nicht das Spiel Was wäre, wenn…, denn ich mache mir keine Gedanken über ungelegte Eier.“ Aber ich muss zugeben, wie eine Mühlespielerin überlege ich gelegentlich schon, was ich als Nächstes tun soll und was ich besser unterlasse.

Wenn nichts Prickelndes passiert und ich nichts zu tun habe, ist mir grotten-langweilig. Um meinen Leerraum zu füllen gibt es drei Möglichkeiten. Entweder mache ich ein Nickerchen, groome (pflege) meinen Pelz und mache mich hübsch, oder ich versuche ein Problem, das mich irgendwie bedrückt, durch Nachdenken (nicht durch Aussitzen!) zu lösen. Bei dieser Gelegenheit bringe ich meist auch Ordnung in meine anderen Gedanken. Daran verliere ich nicht die Lust.

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So richtig Spaß macht es mir, wenn ich in eine Art Schreib-Flow gerate und innerlich in eine andere Galaxie abtauche, während meine Dosine nebenan vor dem Fernsehapparat liegt und mit offenem Mund den Frankfurter Stadtwald in handliche Frühstücksbrettchen zersägt. Dann vergesse ich alles um mich herum. Wenn es mir gelingt, meine Gedanken in Worte zu fassen, sie in unserem PC in eine neue Datei einzutippen und sie anschließend zu speichern, belohnt mich das mit einem großen Glücksgefühl. Ehrlich, ich liebe Gehirn-jogging.

Es geht mir weniger darum, stolz auf das erreichte Ergebnis zu sein, sondern in erster Linie, um meine Freude, erneut eine weitere Geschichte getippt zu haben.

Du musst dir das so vorstellen, als hätte ich ein intellektuelles Jucken hinter der Stirn, gepaart mit einem Zucken in den Ballenspitzen meiner Tatzen, das ich zeitnah stillen muss. Gleichzeitig hoffe ich dabei, etwas besonders Schönes und auch Erzählenswertes aufzuschreiben.

Meine Inspirationen für meine Storys hole ich mir darin, indem ich mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehe, auch wenn es meiner Umwelt vielleicht so scheint, als sei ich kurz vor dem Einschlafen; aber das täuscht. Manchmal ist es nur ein Geruch, den ich zufällig erschnuppere, der dann in meinem Kopf eine schon längst vergessen geglaubte Erinnerung wieder wachruft, die ich nur zu Papier bringen brauche, wenn ich wieder daheim bin.

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Meine Mama sagte früher einmal zu ihrer Tante, als diese lautstark monierte, meine Geschwister und ich wären wahrscheinlich an dem neumodischen ADHS (Aufmerksamkeitsstörung) erkrankt, denn wir wären hyperaktiv: „Liebe Herta, ich will dir ja nicht nahetreten, aber bei meinen Kitten hängt Neugierde positiv mit der Entwicklung ihrer Intelligenz zusammen.“ Daraus schloss ich, dass meine Cousinen und Cousins im Oberstübchen eher einfach gestrickt waren und sie (bildlich gesehen) nicht als die hellsten Kerzen auf der Torte brannten.

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Ich denke einfach gern nach. Es tut nicht weh, es kostet nichts und ein Einser-Abitur ist dazu auch nicht erforderlich. Jederzeit kann ich damit anfangen und nach Belieben auch wieder pausieren.

Neulich hörte ich wie Elke zu ihrer Freundin Gabi am Telefon sagte: „Auch im fortgeschrittenen Alter wirken sich Weltoffenheit, Neugierde und Wissensdurst positiv auf das Gehirn aus, indem dort neue Nervenverbindungen geschaffen werden, die der Vergesslichkeit und einer drohenden Demenz vorbeugen.“

„Dann halte dich daran und labere nicht immer nur davon“, miaute ich. Dabei sah ich meiner Dosine fest in die Augen.

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Bei dieser Gelegenheit fällt mir eine wahre Begebenheit ein, die sich schon vor Jahren zutrug, kurz nachdem sich meine Perle ihr erstes Smartphone zugelegt hatte. Seinerzeit lebte Rüdiger noch. Elke wollte an einem Sonntag nach Stuttgart zu einer Matinee fahren, um im Apollo-Theater das Musical Ich war noch niemals in New York von Udo Jürgens anzusehen und anzuhören. Zu gern hätte ich sie begleitet, aber Rüdi mochte nicht allein bleiben.

„Mit meinem neuen Schmartfohn nehme ich alles auf“, versprach sie. „Wenn ich anschließend das Aufladekabel in eine der drei Buchsen in unserem Äppel stecke, könnt ihr euch dort das Video der Aufführung ansehen und anhören. Das ist dann fast so, als wärt ihr mitgefahren und auch dabei gewesen.“

Es kam allerdings ganz anders, denn als sie uns abends nach ihrer Heimkehr das Video vorspielen wollte, blieb der Bildschirm unseres Äppels schwarz. Offensichtlich war nichts aufgenommen worden. Kein einziges Bild und auch kein Ton.

„Welchen Knopf hast du denn beim Aufzeichnen die ganze Zeit gedrückt, als du dein Handy in Richtung Bühne hieltest?“

Mein Lieblingsmensch zeigte ihn mir. „Na, den dort!“

„Das war der falsche! Mit dem Knopf knipst man die Taschenlampe an und anschließend wieder aus!“

Zuerst guckte mich Elke entsetzt an, dann rang sie verzweifelt ihre Hände.

Beim Weggehen schnurrte ich so laut ich konnte den Uralt-Hit des Sängers Markus: ‚Kleine Taschenlampe, brenn!‘

Fritzi strebt eine Ausbildung als Barfuß-Therapeutin an

Du kannst es mir getrost glauben, in den derzeitigen Lebenskrisen unserer Zweifüßer sind wir Schnurrbacken die reinsten Seelentröster und zusätzlich auch noch unentgeltliche Psychotherapeuten. Durch das Arbeiten im eigenen Home Office traten für unsere Sozialpartner neue Problematiken auf. Souverän lesen wir Schnurrbacken in ihren Bewegungen, den Gesten und der Mimik wie in einem offenen Buch. Wenn sie schlechte Laune haben, verkriechen wir uns und gehen ihnen aus dem Weg. Sind sie gut drauf, wuseln wir lebhaft um sie herum, schmusen mit ihnen und fordern sie zum Spielen auf. Instinktiv erkennen wir die Stimmungen unserer Mitbewohner. Wir sind empathische Teamplayer mit ausgeprägtem Sozialverhalten und können uns gut in das Seelenleben anderer Personen einfühlen. Das ist eine positive Eigenschaft, die uns von vielen Zweifüßern unterscheidet. Mit unserem Personal streben wir allzeit eine stressfreie Harmonie an.

Mit anderen Worten: Ich bin Balsam für Elkes zeitweise geschundene Seele, kalorienfreies Manna für ihre gestressten Nerven und die wertvollste Bereicherung ihres Lebens, ganz egal in welche Krisensituationen sie sich demnächst wieder hineinmanövrieren mag. Wenn sie Kummer hat bin ich immer für sie da, und wenn sie traurig und deprimiert ist, stehe ich ihr geduldig bei. An meinen schmalen Schultern kann sie sich anlehnen und sich dort auch ausweinen.

Zusätzlich gebe ich meinem Lieblingsmenschen das beruhigende Gefühl, gebraucht zu werden. Dadurch steigere ich bei ihr die Empfindung ihrer eigenen Wichtigkeit, denn schließlich ist sie für mein leibliches Wohl verantwortlich. Vermutlich ist es in anderen Lebensgemeinschaften zwischen Schnurrbacken und ihren Felllosen ähnlich.

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Seinerzeit war ich nicht zugegen, denn ich lebte noch bei meiner Mama und meinen Wurfgeschwistern, als das schlimmste Ende aller möglichen Dramen eintraf und sich der damalige Lebensgefährte meiner Dosine förmlich in Luft auflöste. Nach meinem Einzug teilte ich empathisch, verlässlich und geduldig das Leid mit ihr. Jetzt erinnert nur noch ein Foto in einem silbernen Rahmen an Wilfried, einen gutaussehenden Mann mit einem Schnäuzer auf der Oberlippe.

Auch in meinem Leben passierte ein ähnlicher Supergau, als mein Rüdiger nicht mehr aus dem Krankenhaus entlassen wurde.

Sowohl Elke als auch mir war damals egal, ob unsere Partner auf den Kirchhof desertiert waren oder in die Arme einer jüngeren Frau, denn das Resultat war identisch: unsere geliebten Männer waren unwiederbringlich fort.

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Nicht nur bei dem Verlust des eigenen Lebenspartners, sondern auch bei allen möglichen anderen seelischen und körperlichen Krankheiten, fördert eine Schnurrbacke eine zeitnahe psychotherapeutische Gesundung der Personen, mit denen sie unter einem Dach wohnen.

Eine Gast-Dozentin der U3L (Universität des dritten Lebensalters) sagte uns im letzten Semester in einer Vorlesung, es gälte als erwiesen, dass durch die von Katzen telepathisch ausgeübte Tiefenhypnose und durch Ausübung ihrer angeborenen magischen Kräfte, die Heilungsverläufe von Körper und Seele positiv beeinflusst würden.

Daraus schließe ich, dass allein durch unsere persönliche Anwesenheit am jeweiligen Krankenbett, kombiniert mit dem Auflegen unserer Pfötchen und dem melodischen Heilschnurren unseres Kehlkopfs, wir stark unterstützend zur Genesung beitragen.

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Als Ersatz für eine Faszienrolle bearbeiten wir Barfußärzte und ehrenamtlich tätigen Osteopathen mit unserem bewährten Reflexzonen-Milchtritt die verspannte Muskulatur unserer Menschen. Statt mit Akupunkturnadeln bestimmte Triggerpunkte im Körper zu reizen, die sich fern der schmerzenden Stellen befinden, therapieren wir unsere Patienten durch vorsichtiges Epidermis-Ritzing, unter Zuhilfenahme unserer scharfen Krallen. Sollte es uns dabei nicht gelingen, bis in das Unterbewusstsein der betroffenen Kranken vorzudringen, versuchen wir es durch therapeutisch ausgeführte Liebesbisse.

Wir sind verschwiegen wie ein Grab auf einem Friedhof, ersetzen eine Familienaufstellung bei einem Psychologen und sind mindestens ebenso hilfreich wie eine Urschreioder eine Gesprächstherapie. Zudem sind wir preiswerter als jede anwaltliche oder notarielle Beratung bei einem Juristen.

Wer uns Schnurrbacken ein Dach über dem Kopf bietet, ein volles Näpfchen und ein sauberes Klo, braucht für den Rest seines Lebens keine psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen; dafür sorgen wir vorausschauend in Eigenregie. Wir sind für ein gelungenes Leben unserer Zweifüßer so essenziell notwendig wie gesunde Ernährung, regelmäßige Verdauung, ausreichend Schlaf und saubere Luft.

Du musst es mir einfach glauben, dass jede liebevolle Begegnung mit einer Schnurrbacke das Herz und die Seele der Felllosen berührt und dort nicht verwehende Spuren hinterlässt.

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Seit geraumer Zeit bin ich auf der Suche nach neuen Selbsterkenntnissen. Außerdem möchte ich glücklicher, zufriedener und gelassener werden, denn mein Verhalten färbt auch auf meine Dosine ab.

Ich muss mein Zeitmanagement überdenken, denn ich möchte mehr Freizeit haben und mich weniger über die Schreiberei meiner Bücher definieren, durch die ich manchmal in einen unguten Leistungsdruck gerate. Derzeit befinde ich mich in einem Umbruch, in dem ich nicht nur meine Beziehungen zu meinem liebsten Menschen verbessern möchte, sondern auch die zum anderen Geschlecht. Außerdem würde ich mich gern selbst besser kennenlernen. Nein, ich will mich nicht optimieren, denn ich bin mir sicher, das geht gar nicht mehr.

Auf der Suche nach Antworten auf die großen Themen des Lebens komme ich gelegentlich vom Weg ab, verzettele mich und weiß dann nicht mehr, wie es weitergehen soll. In solchen Momenten sitze ich dann in meinem Elfenbeinturm (bildlich gesehen) im Arbeitszimmer, starre abwechselnd auf den leeren PC-Bildschirm, die graue Tastatur und die weiße Plastikmaus. Nicht immer kommen die Inspirationen rasch angeflogen, oft meiden sie mich tagelang und machen einen großen Bogen um mich herum.

Emotionale Intelligenz ist eine meiner Schlüsselkompetenzen, die ich gern an Zweifüßer weitergeben möchte, damit sie davon profitieren können. Praktiziertes Coaching to go, sozusagen.

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In Japan gibt es eine Frau, die Kurse abhält, wie man daheim in seinen Schränken Ordnung hält. So etwas Ähnliches möchte ich in Frankfurt für Zweifüßer anbieten. Ich glaube, man nennt es Coaching, wenn man Felllosen, die sich nicht selbst entscheiden können was sie tun sollen, die unterschiedlichen Wege und die möglicherweise daraus entstehenden Resultate aufzeichnet, die sie zukünftig gehen können.

Mit anderen Worten, ich möchte klarstellen, dass sich die Welt auch weiterhin drehen wird, wenn sich eine unsichere Person für etwas Falsches entscheidet. Dabei ist jede frei getroffene Entscheidung gut, auch wenn sie sich im Nachhinein als nicht allzu befriedigend oder gar als suboptimal entpuppt.

Chronische Entscheidungslosigkeit ist schlecht, denn im schlimmsten Fall entscheiden dann andere Personen für einen, obwohl man kein Kind, sondern bereits seit einer Weile erwachsen und volljährig ist.

Unterschwellig kann man zwar weiterhin anderen Personen die Schuld am eigenen Dilemma geben und sich weiterhin selbst belügen, aber nur wer sich selbst entscheidet (nach reiflichen Überlegungen oder durch spontanes Bauchgefühl), ist für sein eigenes Leben verantwortlich.

„Kummer und Leid bleiben niemandem erspart“, sagte ich neulich zu meiner Dosine, als sie am Küchentisch saß und wegen einer verpassten Chance schluchzte. „Es bleibt dir nichts anderes übrig als deine Vergangenheit zu akzeptieren, so wie sie war, denn sie ist unwiederbringlich vorbei. Nur wer in der Gegenwart lebt und mit den Füßen am Boden steht, hat die Freiheit selbst zu entscheiden, was man daraus macht.“

Kurz darauf hörte Elke auf zu weinen und gab mir eine Handvoll Schmackis. So war es eine Win-win-Situation für uns beide.

Viele Zweifüßer wissen nicht, dass Entscheidungen in Wirklichkeit oft keine sind, denn die meisten von ihnen kann man später noch rückgängig machen.

Probleme lassen sich fast immer lösen, nur die Methoden sind unterschiedlich.

Wir sind alle Produkte unserer Umwelt, die in der frühen Kindheit begann, als wir gefühlsmäßig von unserer Mutter oder von anderen Bezugspersonen geprägt wurden. Bereits hier entstand die Fähigkeit zu Liebe und Vertrauen – sich selbst gegenüber und auch zu anderen Lebewesen.

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Wenn meine Mama meine Wurfgeschwister und mich nicht immer dazu ermuntert hätte, etwas Neues auszuprobieren, dann wäre ich nicht die Fritzi Kullerkopf geworden, die ich heute bin.

Wenn ich es mir richtig überlege, hatte meine eigentlich megakluge Mutter mit ihren Partnern nicht das große Los gezogen, denn ich lernte weder meinen Vater kennen, noch die Erzeuger meiner Halbgeschwister aus ihren vorherigen Würfen. Vermutlich war Muttis optimistische Lebenseinstellung Beim nächsten Kater wird alles besser der Grund dafür. Jedenfalls blickte sie zuversichtlich und freundlich nach vorn. Indem ich sie kopierte und ihr Verhalten zu spiegeln versuchte, prägte sie mich dazu, freundlich und gleichzeitig vorsichtig zu sein und nicht allzu ängstlich oder gar pessimistisch in die Zukunft zu blicken.

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Manchmal frage ich mich, auf welche Personen ich ein wenig neidisch bin. Ob es ihr Besitz ist oder eine ihrer Fähigkeiten? Ich weiß es nicht.

Wie jeder weiß sind Missgunst und Neid eigentlich recht miese Gefühle. Andererseits geben sie einem einen Hinweis darauf, was im eigenen Leben (noch) zu fehlen scheint und in welche Richtung man/frau selbst streben sollte. Sie sind ein bisschen wie ein Kompass, der einem ein fernes Ziel zeigt, das man anpeilen muss, um das zu erreichen, was anderen Personen bereits zuvor gelungen ist.

Überlegungen, ob Fritzi als Coach Berufschancen hätte

Einen Berufsabschluss oder ein abgeschlossenes Studium kann ich nicht vorweisen, aber als Ausgleich besitze ich reichlich Herzensbildung und jede Menge praktische Lebenserfahrung. Außerdem besuchte ich (mit meiner Dosine zusammen) mehrere Psychologie-Vorlesungen in der Senioren-Uni, auch wenn das schon eine Weile her ist. Da mich die durchgenommenen Themen zum größten Teil interessiert haben, blieb ich des Öfteren noch länger wach, manchmal bis kurz vor dem Schlusssatz der Dozenten.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das für eine Zertifizierung als Lebensberaterin für Ratsuchende ausreicht, aber in der Praxis traue ich es mir zu. Zumindest würde ich es gern versuchen.

Sollte es nicht klappen, macht das auch nichts. Schließlich muss ich nicht selbst für mein tägliches Essen arbeiten; dafür sorgt mein Personal recht zuverlässig.

Negative Erlebnisse, die mir in der Vergangenheit passiert sind, versuche ich in positive Erkenntnisse umzuwandeln. Statt mich mit der zerstörerischen Frage zu martern: Warum ist mir das angetan worden? frage ich mich jetzt stattdessen: Warum habe ich zugelassen, dass mir das zugestoßen ist?

Alles ist besser als sich als Opfer selbst zu bedauern. Es macht keinen Sinn, in all dem eigenen Kummer und in einem selbst angelegten Tränensee das Seepferdchen-Schwimmdiplom nachholen zu wollen. Stattdessen sollte die Frage lauten: Wie komme ich zeitnah wieder aus dieser misslichen Situation heraus, ohne demnächst in dem Tümpel zu ertrinken?

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Als angehende Lebensberaterin ist es für mich wichtig, zuerst zu ergründen, ob eine ratsuchende Person ihre Situation überhaupt selbst verändern will, denn für viele Zweifüßer ist es überaus bequem und auch praktisch, wenn eine andere Person die Entscheidungen für sie fällt!

Wenn es am festen Willen zu einer eigenen Veränderung fehlt, würde ich sagen: „Willkommen in deinem von dir selbst gewählten geistigen Zuchthaus!“

Mir ist durch eigene Erfahrungen klar geworden, dass das Bestreben, einen Partner langfristig ummodeln zu wollen, vertane Energie und verplemperte Zeit ist. Erfolglos ist das Unterfangen sowieso.

Frau kann sich nur selbst ändern, bzw. ihre Einstellung zur eigenen Misere. Manchmal ist ein Auszug von daheim die bessere Lösung, als sich tagtäglich beschimpfen, schlagen, demütigen und belügen zu lassen.

Die Entscheidung zu einer befreienden Veränderung einer belastenden Situation liegt im eigenen Kopf jeder unglücklichen Person. Mein Wahlspruch lautet: Setze deinen Vorsatz zeitnah in die Tat um! Labere nicht nur ständig darüber, sondern schaffe Abhilfe! Tue es sofort! Mache es jetzt!

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Manchmal scheint es mir, als würden sich manche Personen gar nicht selbst ändern wollen, weil sie einem Vorbild nacheifern, das sie als normal ansehen. Wenn ein Kitten oder ein Kind sieht, dass seine Mutter von ihrem Partner verhöhnt, gequält und geschlagen wird, erscheint ihm das Verhalten irgendwann als alltäglich (sprich: normal), nicht als gestört, destruktiv, toxisch und falsch.

Manchen Veränderungen muss eine geistige Inventur vorausgehen, in denen Für und Wider abgewogen werden. Das kann anfangs schmerzlich sein, aber man/frau/katz kann ganz viel dabei gewinnen, beispielsweise Freiheit und Unabhängigkeit.

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Jede Person, die sich von einem Coach professionell beraten lassen möchte, ist bereits ein Experte seiner eigenen schwierigen Angelegenheiten. Der ihm (bisher) fremde Lebensberater kennt sowohl die unterschiedlichen Strategien des Problem- und Wegeaufzeichnens und ist mit ihnen vertraut; zumindest in der Theorie. Die Aufgabe eines Coaches ist es nicht, sein Gegenüber zu therapieren, oder ihm Schwierigkeiten bei mehr oder weniger wichtigen Entscheidungen abzunehmen. Er darf auch nicht die Probleme des Ratsuchenden lösen, um zu einem raschen Ziel zu gelangen. Das wird er bestimmt eh nicht tun, ganz im Gegenteil, denn die meisten Klienten zahlen die Rechnungen aus ihrem eigenen Geldbeutel.

Mit anderen Worten meine ich, dass ratsuchende Personen nicht von ihrem Coach an die Hand (bzw. die Pfote) genommen werden sollen und auch nicht auf einen bestimmten Weg gelotst werden dürfen.

Stattdessen wird der Beratende dem Ratsuchenden die sich bietenden Möglichkeiten der unterschiedlichen Entscheidungen aufzeigen, sie beim richtigen Namen nennen und so verdeutlichen. Jede Person muss selbstbestimmt und aktiv zu seinem Ziel aufbrechen. Der Weg dorthin fängt mit dem ersten kleinen Schritt an, auch wenn er der schwierigste von all den folgenden Schritten sein mag.

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Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es zum erfolgreichen Coachen bei alltäglichen Fragen der persönlichen Lebensführung diverse Methoden.

Zuerst würde ich den Ratsuchenden auffordern, sein Problem zu verbalisieren. Anschließend wiederhole ich das Geschilderte in einer gerafften Version mit meinen eigenen Worten, um zu erfragen, ob ich das Wesentliche erfasst habe. Anschließend miaue ich zuversichtlich: „Ist der Kern des Problems erkannt, ist es schon halb gebannt.“ Das beruhigt die ratsuchende Person. Dann sage ich: „Wenn du eine für dich nicht mehr erträgliche Situation dauerhaft ändern willst, dann muss ein guter Rat nicht teuer sein. Du brauchst jetzt einen guten Plan, mit einer Ziel- und einer Zeitvorgabe (Das sind eigentlich die Worte meiner Dosine, aber ich finde, dass sie zu dem Thema hier auch gut passen). Nennen wir ihn Plan A. Als Alternative überlege dir gleich noch einen Plan B, sollte es mit Plan A nicht richtig klappen. Sollten sich A und B als unmöglich erweisen, brauchst du, um erfolgreich zu sein, auch noch einen Plan C. Vertraue auch deinem Bauchgefühl. Wenn es in deinem Bauch zwickt und zwackt, dann lasse es!“

Um meine Worte optisch zu verdeutlichen, setze ich mich vor dem Ratsuchenden auf den Fußboden. Dazu miaue ich: „Ich sehe mehrere Wege zu deinem Ziel, die du einschlagen kannst. Wenn du diese Richtung (Plan A) wählst“, ich zeige mit den ausgefahrenen Krallen meines rechten Vorderpfötchens nach rechts auf Teppich/Parkett/Kacheln/Gartenweg oder Sand, „dann passiert wahrscheinlich Folgendes...“

In Kurzform schildere ich dann, was meiner Meinung nach wahrscheinlich geschehen wird. „Du kannst dein Ziel aber auch auf einem anderen Weg (Plan B) angehen.“ Kurz erläutere ich, was auf diesem Weg möglicherweise passieren wird und zeige mit meinem Pfötchen am Boden in eine andere Richtung. „Es gibt aber auch noch eine dritte Möglichkeit.“ Ich zeige nach links und umschreibe die eventuellen Fallstricke und Steine auf diesem Weg. „Jetzt musst du überlegen, ob du deine derzeitige Situation auch wirklich ändern willst, denn dann musst du dich selbst für einen der drei Wege entscheiden.“

Da ich bestrebt sein werde, dass der Ratsuchende noch länger in meine Praxis zu meinen Beratungen kommt und mein Coaching nicht hiermit beendet sein wird, sage ich gegen Ende der Sitzung: „Jetzt hast du eine Woche Zeit zum Überlegen. Wir sehen uns am kommenden Donnerstag um 16 Uhr wieder hier.“

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Nach ihrem Dienstschluss am Flughafen besuchte meine Perle (bis zum Ausbruch der Covid-Seuche) einmal in der Woche Psychologie-Vorlesungen der U3L (Goethe-Universität des dritten Lebensalters). Bereits vier oder fünf Semester saß sie sich auf einem der unbequemen hölzernen Klappstühle ihre vier Buchstaben platt. Seit geraumer Zeit stellt sich mir die elementare Frage: Was hat ihr das bisher gebracht? Nichts, fürchte ich.

Nachdem ich zuvor ausgiebig gequengelt hatte, nahm mich Elke mehrmals mit. Jedes Mal setzte sie sich in der letzten Reihe an den Gang, damit mich weder die Dozenten noch die anderen Kommilitonen entdecken konnten. Das war unnötig, denn nachdem uns die Person vorn am Pult begrüßt und das Licht gedimmt hatte, kam es vor, dass ich recht schnell in meinem Kängurusäckchen eingeschlummert war.

An das Thema eines sperrigen Referats erinnere ich mich noch: Lösungsansätze zur erfolgreichen Bewältigung diverser Ängste und Phobien.