Die komplette Geschichte von Kyron und Salina in einer E-Box! (Die Geschichte von Kyron und Salina) - Nicole Alfa - E-Book

Die komplette Geschichte von Kyron und Salina in einer E-Box! (Die Geschichte von Kyron und Salina) E-Book

Nicole Alfa

0,0
8,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

**Finde die Liebe im Herzen deines Feindes** Seit die Wassermagierin Salina sich erinnern kann, macht das Licht Jagd auf die Schatten. Als Tochter des Anführers der Schattenwesen sollte sie sich also strengstens von allen Lichtwesen fernhalten. Doch das Herz folgt keinen Regeln. Und Salinas Herz will ausgerechnet Kyron, den Feuermagier und Sohn des Anführers der Lichtwesen. Gemeinsam kämpfen sie für ihre Liebe, während sich der Kampf zwischen Licht- und Schattenwesen immer mehr zuspitzt. Und plötzlich steht Salina nicht mehr zwischen zwei, sondern drei Fronten in einem Krieg aus Licht, Schatten und verlorenen Seelen … Berührend, außergewöhnlich und fantastisch! Eine verbotene Liebe zwischen den Kindern zweier verfeindeter Anführer mitten im urbanen London. Ein neues Romantasy-Highlight aus der Feder von Nicole Alfa, der Autorin des Bestsellererfolgs »Prinzessin der Elfen«. Im starken Autorinnenduo mit Wattpad-Entdeckung Saskia Reymann. //Dies ist die Gesamtausgabe der packenden und berührenden Romantasy-Reihe »Die Geschichte von Kyron und Salina«. Sie enthält alle Bände der Buchreihe: -- Band 1: Daughter of Shades -- Band 2: Son of Flames// Diese Reihe ist abgeschlossen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Sammlungen



www.impressbooks.deDie Macht der Gefühle

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

In diesem E-Book befinden sich eventuell Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Carlsen Verlag GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Impress Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2021 Text © Nicole Alfa, Saskia Reymann, 2021 Lektorat: Diana Steigerwald Coverbild: unsplash.com / © Paweł Czerwiński / © frank mckenna / © Lachlan Gowen / © Luke Stackpoole / pixabay.com Covergestaltung der Einzelbände: Allison Li Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck / Derya Yildirim Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund ISBN 978-3-646-60682-9www.carlsen.de

Impress

Die Macht der Gefühle

Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.

Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.

Tauch ab und lass die Realität weit hinter dir.

Jetzt anmelden!

Jetzt Fan werden!

Nicole Alfa, Saskia Reymann

Daughter of Shades (Die Geschichte von Kyron und Salina 1)

**Eine undenkbare Liebe zwischen Licht und Dunkelheit …**Salina ist ein Schattenmädchen und beherrscht die Magie des Wassers. Als Tochter des Anführers ist ihr Leben strengen Regeln unterworfen. Grenzen, gegen die sie um jeden Preis rebellieren will. Ein gefährliches Spiel, denn die Schattenwesen haben einen Feind. Seit Salina sich erinnern kann, macht das Licht Jagd auf die Schatten. Und dann begegnet sie ihm – Kyron. Der Feuermagier hat zunächst nur eins im Sinn: Salina fangen und seinem Vater bringen, dem Anführer der Lichtwesen. Doch die tiefen Gefühle, die Salina in ihm auslöst, lassen ihn zögern. Und plötzlich verliert alles, was die beiden zu wissen glaubten, an Bedeutung …

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Vita

Danksagung

Das könnte dir auch gefallen

© Photo Hübner

Nicole Alfa schrieb bereits mit elf Jahren die Erstfassung für ihre Debütreihe. Nachdem sie ihre Manuskripte auf einer Plattform für Autoren hochlud und dort Zuspruch von ihren Lesern bekam, verfestigte sich ihr Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Oft lässt sie sich für ihre Charaktere und deren Schicksale durch ihre Umgebung, Erfahrungen, Musik oder Fotos inspirieren. Ihr Motto ist es, nicht aufzugeben, auch wenn andere sagen, dass es unmöglich ist.

© Regina Claus

Saskia Reymann wurde in einer Dezembernacht 1995 geboren und wuchs in einem kleinen Dorf in Hessen auf. Sie veröffentlichte ihre ersten Werke auf einer Schreibplattform. Am liebsten fantasiert sie von zukünftigen Welten und magischen Wesen, die auf der Erde im Verborgenen leben. Neben dem Schreiben fährt sie gerne Inliner, macht Yoga und schaut Serien.

»Es gibt kein Gut oder Böse, kein Schwarz oder Weiß.«

- Salina Evans

Kapitel 1

Salina

Gelangweilt schlenderte ich an den Regalreihen entlang und summte leise zu der Musik, die aus den Lautsprechern über mir drang. Zahlreiche Drogerieprodukte buhlten mit bunten Verpackungen um meine Aufmerksamkeit. Von Shampoos, Rasierern, Tampons bis hin zu Kondomen war alles dabei. Mein Blick fiel auf ein junges Pärchen, das Händchen haltend vor dem Kondomregal stehen blieb. Das Mädchen kicherte nervös, während ihr Freund mit hochroten Wangen eine Packung herausnahm und sie unauffällig hinter seinem Rücken versteckte, damit eine ältere Dame mit Rollator es im Vorbeigehen nicht zu Gesicht bekam. Mit einer Mischung aus Neugier, Skepsis und Ekel beobachtete ich sie dabei.

Auf der einen Seite wollte ich mit Liebe nichts zu tun haben. Ich war eine unabhängige Person und das wollte ich auch bleiben. Auf der anderen Seite könnte ich sowieso nie einen Freund haben. Das hatte ich nicht verdient. Zumindest keinen unschuldigen, warmherzigen Menschen. Ein merkwürdiger Stich bohrte sich bei dem Gedanken schmerzhaft wie eine kalte Pfeilspitze in mein Herz. Es war kein geringes Selbstwertgefühl, das ich hatte, sondern reine Tatsache. Dass Schattenwesen wie ich nur Böses in sich trugen, war allgemein bekannt. Ich hatte Gutes nicht verdient.

Kurz stellte ich mir vor, ich wäre anstelle des Menschenmädchens. Dann müsste ich keine Angst haben, verfolgt zu werden und die, die ich liebe, zu verlieren.

Die größte Gefahr für uns ging von den Lichtwesen aus, die Jagd auf uns Schattenwesen machten. Wegen dem, was wir waren.

Lichtwesen waren die Reinheit in Person. Sie waren von Grund auf gut und imstande zu heilen oder Feuer zu entzünden und somit Wärme zu erzeugen. Einige beherrschten die Phasenverschiebung, was ihnen ermöglichte durch feste Objekte hindurchzugehen. Dadurch konnten sie Leute aus brennenden Häusern retten oder Verbrecher festnehmen, die sich hinter geschlossenen Türen versteckten. Schattenwesen wiederum hatten schlechte Fähigkeiten, die sich – wie bei den Lichtwesen – von Person zu Person unterschieden.

Mir fiel eine kleine Kaugummipackung im nächsten Regal ins Auge. Es kribbelte in meinen Fingern, das Wasser lief mir im Mund zusammen. Ich wollte mich abwenden, doch die bunte Schachtel zog mich an. Deshalb gab ich dem inneren Drang nach. Aufmerksam sah ich mich um, doch außer mir befand sich niemand in dem Gang. Die Überwachungskamera, die in einem Eck das Geschehen filmte, war auf die teuren Dinge fixiert.

Mit einem Lächeln auf den Lippen streifte ich im Vorbeigehen die Kaugummis, die – aus Versehen natürlich – zu Boden fielen. Ich setzte eine erschrockene Miene auf und kniete mich hin, um die rechteckigen, flachen Streifen aufzuheben. Dabei öffnete ich einen und schob mir unauffällig einen Kaugummi in den Mund. Zufrieden registrierte ich, dass es sich dabei um meinen Lieblingsgeschmack handelte: Erdbeere. Das zerknüllte Papier schob ich zurück in die Schachtel, die ich mit den restlichen im Regal verstaute, ehe ich weiterging.

Ich zog meine schwarze Lieblingsmütze mit der Aufschrift Cute but Psycho – ein Geschenk von meinem Beschützer und besten Freund Isaac – tiefer in meine Stirn und folgte nun etwas fröhlicher dem Duft der Parfümabteilung. Einige Flakons zogen meine Aufmerksamkeit auf sich, sodass ich sie nahm und mich auf Teststreifen verzichtend damit einsprühte. Perplex hielt ich inne, als mir ein ganz bestimmter Duft in die Nase stieg. Es roch nach Rosen. Ein Geruch, der oft an meiner Mutter gehaftet hatte, und mich an Geborgenheit und Liebe erinnerte. Mir schnürte es die Kehle zu und ich spürte, wie mir Tränen in die Augen traten. Hastig blinzelte ich sie fort.

Ich sah mich zu allen Seiten um, dann schob ich den Flakon unauffällig in meine Manteltasche. Für einen Augenblick spürte ich ein merkwürdiges Prickeln im Nacken und es kam mir so vor, als ob ich doch beobachtet wurde. Konzentriert ließ ich meinen Blick über die Kunden des Drogeriemarktes schweifen, die allesamt in ihre Einkäufe vertieft waren, und kam zu dem Schluss, dass es vermutlich nur Einbildung gewesen war.

Mein Vater und seine Leute hatten nicht die geringste Ahnung, dass ich mich in der Stadt herumtrieb. Er hatte mir verboten mich allein außerhalb des Unterschlupfes aufzuhalten. Sollte er es herausfinden, wäre ich so was von am Arsch. Ich sah mich bereits mit einer Fußfessel durch die Gänge laufen. Wenn mein Vater mich in dem Gemäuer einsperrte, würde ich einen Kollaps bekommen. Ich musste raus. Wollte nichts weiter sein als frei. Doch das würde ich als Schattenwesen nie sein.

Meine Kehle wurde eng und ich wusste, ich stand kurz vor einem Zusammenbruch. Dabei wollte ich stark sein. Stark und emotionslos. Gefühle waren gefährlich, ließen einen schnell die Kontrolle verlieren. Deshalb durfte ich mich von ihnen nicht übermannen lassen.

Erneut spürte ich dieses Prickeln im Nacken, weshalb ich mich schaudernd umsah. Die Ahnung, beobachtet zu werden, war wieder da. Da ich jedoch keine verdächtige Person entdecken konnte, verließ ich kopfschüttelnd den Laden.

Eine Weile bummelte ich durch die Gänge des Einkaufszentrums, in denen aufgrund der Vorweihnachtszeit reges Treiben herrschte. Wir Schattenwesen feierten kein Weihnachten. Wir hatten weder einen Baum noch tauschten wir Geschenke. Aber ich kam gerne her, um die Weihnachtsdekoration zu bewundern. Überall gab es geschmückte Bäume, Nussknacker und Engel. Alles war voller Lichter, was in krassem Gegensatz zu dem stand, was mich zu Hause erwartete.

***

Da es draußen bereits dunkel war und das Einkaufszentrum gleich schloss, begab ich mich schließlich zum Ausgang. Mittlerweile war ich ziemlich spät dran und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Dad herausfinden würde, dass ich nicht da war. Wenn er es nicht schon wusste.

Eisige Dezemberkälte schlug mir entgegen und streifte brennend wie Feuer mein Gesicht, als ich in eine Nebengasse abbog. Es war eine Abkürzung, die normalerweise keine Menschen nutzten, sodass ich unauffällig verschwinden konnte. Hier befand sich nichts weiter als ein paar einzelne Müllcontainer, von denen ein beißender Gestank ausging. Der schwache Schein einer Straßenlaterne tauchte die Gasse in ein gedämpftes Licht, das einem Horrorfilm alle Ehre machen würde. Fröstelnd vergrub ich meine Hände in den Taschen meines Mantels. Ich wollte mich gerade verwandeln und in die Schatten eintauchen, als mich wieder dieses Gefühl befiel, verfolgt zu werden.

Unauffällig sah ich über die Schulter. Am anderen Ende der Gasse erkannte ich eine einsame Gestalt, die lässig auf mich zukam.

Bestimmt war das nur ein Mensch auf dem Nachhauseweg, von dem keine Gefahr ausging. Ich lief langsam weiter, damit die Person mich überholen konnte. Doch als sie mich erreichte, griff sie mein Handgelenk und stellte sich mir in den Weg.

Reflexartig hob ich den Arm. Allerdings hielt die Person mich so unnachgiebig fest, dass sie gegen mich prallte. Wir stolperten zurück und ich wurde hart gegen die kalte Mauer des Einkaufszentrums gedrängt. Mein Magen sackte ab und mir entwich ein erschrockenes Keuchen. Das hatte ich nicht erwartet. Vor mir stand ein junger Mann, dessen Gesicht von einer Kapuze halb verdeckt war. Da ich meine Kräfte zutiefst verabscheute, wendete ich sie nur im Training und in Notfallsituationen an. Diese hier war eine. Ich hob bereits die freie Hand, da umklammerte mein Gegenüber auch mein zweites Handgelenk.

»Denk nicht mal dran, Schattenwesen«, sagte er, als hätte er meine Gedanken gehört.

Das letzte Wort spuckte er förmlich aus, sodass ich zusammenzuckte. Die Härte, der Hass und die Abneigung in seiner Stimme trafen mich mehr, als ich wollte. Mehr, als ich zulassen konnte.

Hätte ich nur auf mein Bauchgefühl gehört. Ich hatte mit meiner Vermutung, beobachtet zu werden, richtig gelegen.

»Du überfällst mich doch gerade!«, giftete ich zurück und war froh, dass meine Stimme nicht zitterte. Sein überraschender Angriff hatte mich erschreckt, obwohl ich mich nie so leicht aus der Ruhe bringen ließ. »Woher weißt du überhaupt, was ich bin?«

Sein Mundwinkel hob sich. »Das wüsstest du wohl gern, du Verbrecherin.«

Ich hatte keine Ahnung, was dieser Junge von mir wollte oder wer er war – ein Schattenwesen sicher nicht, da wir unseresgleichen nie so herablassend behandeln würden.

Was auch immer er war, er war allein und dadurch leichter zu überwältigen. Da wir als Schattenwesen ständig Gefahr liefen, von Lichtwesen aufgegriffen und festgenommen zu werden, hatte mein bester Freund Isaac genug mit mir für den Ernstfall trainiert. So sehr ich meine Kräfte hasste, sie konnten mir das Leben retten.

Der Junge, dessen Gesicht noch immer kaum zu sehen war, lachte freudlos auf. »Im Übrigen überfalle ich dich nicht, sondern sorge nur für Ordnung. Du hast einen Kaugummi und ein teures Parfum geklaut. Willst du so dringend in Schwierigkeiten geraten?«

Er zählte meine Vergehen an den Fingern auf. Dabei rutschte der Ärmel seiner Lederjacke ein wenig zurück und gab den Blick auf das Tattoo auf seinem Handgelenk frei. Ein Anker. »Ein bisschen Wagnis bringt Schwung ins Leben«, gab ich mit einem aufgesetzten Grinsen zurück.

»Bei diesem Motto wundert es mich, dass du noch am Leben bist«, konterte er, umgriff meine Arme nun mit einer Hand und schob langsam die Kapuze zurück.

Ich wollte etwas erwidern, doch meine Zunge versagte mir den Dienst. Ich hielt die Luft an, als er kaffeebraune Haare offenbarte, die im Halbdunkel geradezu schwarz wirkten. Sie standen wegen der Kapuze zu allen Seiten ab. Teilweise hingen ihm dunkle Strähnen in die Stirn, was ihn verwegen wirken ließ. Dunkelbraune Augen mit einem hellen Ring um die Pupille durchbohrten mich auf solch intensive Weise, dass mein kompletter Körper plötzlich unter Strom stand. Seine Lippen kräuselten sich zu einem amüsierten Lächeln, ehe er sich vorbeugte und mir so nahe war, dass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spürte.

Ich nahm seinen Geruch wahr – eine Mischung aus Sandelholz und derbem Aftershave – und eine mir unbekannte Hitze schoss mir in die Wangen. Bis auf meinen besten Freund, der wie ein Bruder für mich war, kam ich männlichen Wesen nie so nahe. Ich wusste nicht warum, aber dieser Junge brachte mich vollkommen aus der Fassung.

»Was willst du von mir?«, knurrte ich und versuchte ein wenig Abstand zwischen ihn und mich zu bringen.

Er legte den Kopf schief und lachte höhnisch. »Liegt das denn nicht auf der Hand?«

Er schob den Ärmel seiner Jacke ein Stück höher und mir gefror das Blut in den Adern, als ich einen Blick auf ein weiteres Tattoo erhaschte, das sich auf seinem Unterarm befand. Es war ein fünfzackiger Stern, der von einem kleinen Band umhüllt war, auf dem stand: Wahrer des Lichts. Es war das Erkennungszeichen für Lichtwesen, die – gemeinsam mit ein paar Menschen – die Regierung bildeten. Ich saß ziemlich tief in der Scheiße, wenn seine Kumpane in der Nähe lauerten.

Um mir meine Verunsicherung nicht anmerken zu lassen, hob ich eine Braue. »Ich mache mir schon vor Angst in die Hosen. Wo sind denn deine Lichtwesenfreunde?«, gab ich betont locker von mir. Meine Augen huschten suchend umher, doch außer einer Ratte, die leise hinter einem Müllsack verschwand, regte sich nichts weiter. Auch wenn ich wusste, wie ich meine Fähigkeiten anzuwenden hatte: Sollte dieser Junge mich nicht allein verfolgt haben … Ich hätte keine Ahnung, wie ich aus der Nummer wieder lebend herauskommen sollte.

Ohne auf meine Frage einzugehen, holte er Handschellen hervor, die er mit einem zweideutigen Grinsen vor meinen Augen baumeln ließ. »Sanft oder hart? Deine Entscheidung.«

Ich hatte bereits die übelsten Horrorgeschichten von Schattenwesen gehört, die sich in den Fängen der Regierung befunden hatten. Von endlosen Folterungen bis hin zu Exekutionen gingen bereits die schlimmsten Gerüchte herum.

»Lass mich in Ruhe! Ich werde mich sicher nicht von dir abführen lassen«, protestierte ich und überlegte fieberhaft, wie ich mich befreien könnte.

Der Junge vor mir verdrehte belustigt die Augen und das selbstgefällige Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter. »Ob du willst oder nicht, ist mir egal. Du bist hiermit im Namen der Regierung festgenommen.«

»Und warum?«, wollte ich wissen. Klar, ich hatte geklaut, aber dafür hätte er mich dem Sicherheitspersonal im Einkaufszentrum melden können, statt mich bis hierher zu verfolgen.

»Die Gründe habe ich dir gerade aufgezählt. Außerdem bist du ein Schattenwesen.«

Wieder einmal zeigte sich, dass Lichtwesen uns nach Lust und Laune das Leben zur Hölle machen konnten. In ihren Augen hatten wir es nicht verdient zu leben.

Der Lichtjunge trat einen Schritt an mich heran und sein Griff verfestigte sich, als er mir die Handschellen vor meinem Körper anlegte. Obwohl ich innerlich in Panik ausbrach, zwang ich mich zur Ruhe. Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Deshalb wartete ich, bis das kühle Metall klickte. Siegessicher streckte er den Rücken durch und stemmte mit einem triumphierenden Grinsen die Hände in die Hüften.

Er dachte, ich sei ein hilfloses Schattenmädchen, das sich der Regierung beugte und das er herumschubsen konnte, wie er wollte. Aber da hatte er sich gewaltig geirrt.

»Ist das deine erste Festnahme, Lichtjunge?«, fragte ich betont gelangweilt und hielt ihm meine Hände entgegen.

Die Handschellen öffneten sich und landeten mit einem lauten Scheppern auf dem Asphalt. Verblüfft sah der Junge erst zu Boden, dann wieder zu mir. Er starrte mich an, als könnte er nicht glauben, was gerade passiert war. Bei dem Gedanken musste ich lächeln. Er hatte mich unterschätzt.

Stirnrunzelnd legte er den Kopf schief und betrachtete mein Gesicht, nein, meine Augen näher. Mir wurde unwohl zumute. Als würde ich mich nicht eh schon wie ein Freak fühlen, hatte ich durch eine Pigmentstörung zwei verschiedene Augenfarben. Während meine linke Iris von einem kräftigen Blau war, vermischte sich auf der rechten Seite in der oberen Hälfte das Blau mit Grün und Braun. Ich sah aus, als hätte man in meinem Auge einen Regenbogen ausgekotzt.

Ein weiteres Mal sah er zu Boden, ehe er die Handschellen aufhob. Ich nutzte den Moment der Ablenkung und stieß ihn mit aller Kraft von mir. Überrumpelt stolperte er zurück, die Handschellen fielen erneut zu Boden. Mit vor Zorn zusammengekniffenen Augen baute er sich vor mir auf.

»Du willst es also auf die harte Tour? Kannst du haben.«

Er hob die Hände und für einige Sekunden passierte nichts. Bis Feuer durch seine Fingernägel brach, sodass es aussah, als hätte er lodernde Klauen. Alles lief auf einen Kampf hinaus. Dabei wollte ich genau diesen vermeiden. Die Kräfte eines Schattenwesens konnten viel Schaden anrichten.

Eindringlich sah ich ihm in die Augen.

»Bitte, hör mir zu«, versuchte ich die Situation zu entschärfen. »Es muss keinen Kampf geben. Lass mich einfach gehen und du wirst mich nie wiedersehen. Ich will niemandem wehtun.«

»Zu spät«, gab er kalt zurück. »Das hättest du dir vorher überlegen müssen.«

Im nächsten Moment schoss ein Feuerball an mir vorbei und prallte an der Steinmauer hinter mir ab.

Ich wich zur Seite, als ein paar Funken zu allen Seiten auseinanderstoben. Warum konnte er mich nicht einfach gehen lassen? Ja, ich hatte geklaut und wusste auch, dass das nicht in Ordnung war. Aber ich hatte niemandem wehgetan! Als ein weiterer Feuerball auf mich zuflog, erkannte ich, dass mir keine andere Wahl blieb: Ich musste kämpfen. Schnell rief ich mir meine gemeinsamen Trainingseinheiten mit Isaac ins Gedächtnis, der mir immer wieder eintrichterte, dass ich meinen Gegner kennen musste, um ihn besiegen zu können. Dieser Junge war ein überhebliches Lichtwesen, für das ich Dreck unter den Füßen war. So wie er sich verhielt, glaubte er die Oberhand zu haben. Wenn ich seinen Stolz kränkte, würde ich ihn sicher aus der Fassung bringen und besiegen können.

Aus diesem Grund hob ich betont gelangweilt eine Braue. »Du magst es wohl gern heiß. Soll mich das jetzt beeindrucken? Hat bisher nicht so gut geklappt.«

Damit schien ich seine Wut anzustacheln. »Du hast keine Ahnung, mit wem du dich hier anlegst«, knurrte er.

»Nein«, verbesserte ich ihn. »Du hast keine Ahnung, mit wem du dich anlegst.«

Sowie er einen kopfgroßen Feuerball formte, beschloss ich dem Ganzen ein Ende zu setzen. Obwohl sich alles in mir dagegen sträubte, konzentrierte ich mich auf seinen Körper. Sowohl die menschlichen als auch unsere Körper bestanden zu sechzig Prozent aus Wasser. Und das konnte ich sehen. Jeden einzelnen Tropfen. Jedes einzelne Wassermolekül.

Als er seine Hand hob, um mich mit dem Feuerball zu treffen, entzog ich ihm die Flüssigkeit. An seiner Miene und daran, wie das Feuer verpuffte, konnte ich sehen, dass es funktionierte. Sein vorher so selbstgefälliger Gesichtsausdruck wandelte sich in blankes Entsetzen, als er erkannte, was vor sich ging, und dass ich der Auslöser dafür war.

Winzige Wassertröpfchen lösten sich wie Schweißperlen aus seiner Haut und schwebten wie Sprühregen um ihn herum. Er griff sich an den Hals, die Miene vor Schmerz verzogen. Es bildeten sich bereits Falten in seiner Haut. Er wollte etwas sagen, brachte jedoch kein einziges Wort über die Lippen, die bereits trocken und spröde wurden. Ich sah ihm an, wie verzweifelt er gegen die Dehydration ankämpfte, und mit einem Mal tat er mir leid. Er hatte mich angegriffen und bedroht. Er hätte mich bestimmt der Regierung ausgeliefert und die hätte mein restliches Dasein in die reinste Hölle verwandelt. Ich verteidigte nur mich und mein Leben. Warum fühlte ich mich dann so schlecht dabei?

Entsetzt und verwirrt über mich selbst trat ich einen Schritt zurück und ließ den Bann brechen. Sofort kehrte das Wasser zurück in seinen Körper und sein Gesicht nahm wieder Glätte und Farbe an. Für einige Sekunden erwiderte er keuchend meinen Blick, die Hände auf die Knie gestützt. Er hatte Angst. Angst vor mir.

Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und rann über meine Wange.

»Es tut mir leid«, hauchte ich so leise, dass er es vermutlich nicht hörte. Aber ich meinte es ernst.

Mit einem letzten Blick auf den fremden Jungen, der mich nicht weniger schockiert ansah, tauchte ich in die Schatten hinter mir ein und verschmolz mit ihnen.

Kapitel 2

Salina

»Was hast du dir nur dabei gedacht?«, donnerte mein Vater so laut, dass ich zusammenfuhr, als hätte er mich geschlagen.

Kaum dass ich nach Hause zurückgekommen war, hatten mich seine Sicherheitsleute entdeckt und zu ihm gebracht. Ich hatte es nicht mal mehr in mein Zimmer geschafft.

Nun befanden wir uns in Dads Büro, das an sein Schlafzimmer angrenzte. Der Raum wurde lediglich von ein paar Kerzen erhellt, die auf dem aus Stein gehauenen Sims standen. Es gab nicht viele Gegenstände, außer einem kleinen Schreibtisch mit einem alten Holzstuhl, der jedes Mal gefährlich wackelte, wenn er sich daraufsetzte. Die dunklen Steinwände waren nackt, was das Zimmer noch düsterer erscheinen ließ.

Doch in den anderen Räumen sah es nicht besser aus. Bei unserem Zuhause handelte es sich um das größte Versteck von Schattenwesen in der Gegend. Unsere Spezies hatte hier Zuflucht gefunden. Allerdings lebten wir in keinem Fünfsternehotel. Im Gegenteil. Es war ein altes, stillgelegtes Bergwerk unweit von London im Süden Englands.

Da die Lichtwesen immer mehr Schattenwesen aufspürten, wuchs die Zahl der Geflüchteten monatlich, sodass wir kaum mehr Zimmer hatten.

Schon jetzt war es erdrückend. Die engen Gänge, der Platzmangel, die Angst um Nahrungsmittelknappheit, die andauernde Furcht, entdeckt zu werden. Oft gab es kein warmes Wasser und die Luft war stickig. Zwar gab es Schächte, um frischen Sauerstoff zu erhalten, dennoch roch es oft muffig. Wir hatten nicht genügend Strom und mussten mit Solaranlagen vorliebnehmen, mit denen wir Energie speicherten. Mein Vater war sehr sparsam, weshalb spätestens um neun Uhr abends die Lichter ausgingen. Die Sicherheitsleute, die auch nachts auf Patrouille gingen, hatten meistens geklaute Taschenlampen, da es uns an Geld fehlte. Allgemein waren die meisten Sachen, die wir besaßen, geklaut oder selbst zusammengebaut aus Materialien, die wir in der Umgebung gefunden hatten. Wir hatten uns an unsere Heimat gewöhnt. Doch auch wenn die Finsternis zu uns passte, war sie auf Dauer ungesund und ließ viele depressiv werden.

»Mit deinem rücksichtslosen Verhalten gefährdest du uns alle. Ist dir das klar, Salina?«

Statt zu antworten, kaute ich auf meiner Unterlippe herum. »Ich war vorsichtig«, gab ich schließlich zurück.

»Du wiegst dich zu sehr in Sicherheit. Ein kleiner Fehler und dann war es das!« Mein Vater rannte aufgewühlt hin und her, wobei er aufgrund der Enge nur wenige Schritte gehen konnte. Voller Verzweiflung reckte er die Hände in die Luft. Fehlte nur noch, dass er sich die Haare raufte. »Was mache ich nur mit dir?«

Reumütig zog ich den Kopf ein. Ich fühlte mich schlecht, wenn er enttäuscht von mir war. In dem Moment klopfte es an der Tür und kurz darauf trat einer unserer Schattenwächter in den Raum. Hinter ihm erkannte ich einen zweiten, jünger aussehenden Wächter. Sie trugen alle dunkle, zerschlissene Klamotten.

»Gerard, entschuldige die Unterbrechung.« Der ältere von beiden fuhr sich durch die kurzen, leicht ergrauten Haare und bedachte mich mit einem forschenden Blick, ehe er wieder zu Dad sah, der auffordernd nickte.

»Was ist los?«, fragte Dad.

»Einer unserer Späher kam gerade von seinem Streifzug zurück und hat berichtet, dass sich die Lichtwesen vermehrt in London und Umgebung herumtreiben. Sie scheinen immer mehr Schattenwesen anzugreifen und Geheimverstecke aufzuspüren«, antwortete der jüngere Wächter mit sorgenvoller Miene. »Momentan konzentrieren sie sich auf die umliegenden Dörfer, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie womöglich …«

»Hier ankommen«, beendete Dad den Satz ernst. Er war über ihr Erscheinen sichtlich unzufrieden, kniff die Lippen zusammen und senkte den Blick zu Boden. In seinem Kopf arbeitete es.

»Ich komme sofort«, sagte er mit finsterem Blick und nickte den Wächtern zu, die daraufhin nach draußen gingen.

Dad fuhr sich über das Gesicht. Seine Stirn war so gerunzelt, dass ich schon glaubte, die Falten würden nie mehr verschwinden. Dann massierte er sich die Nasenwurzel, wie er es immer tat, wenn er aufgewühlt war. Die Last als Anführer zeichnete ihn sehr. Er lachte nicht mehr so viel wie früher, seine kurz geschorenen Haare ergrauten allmählich und die Schatten unter seinen glanzlosen blauen Augen wurden immer länger. Ich machte mir Sorgen um ihn, aber jetzt wäre es mir lieber gewesen, wenn er den Wächtern direkt gefolgt wäre. Wenn sie uns unterbrachen, musste es ernst sein. Und diese Tatsache jagte mir eine Heidenangst ein. Die erhöhte Aktivität der Lichtwesen konnte ich bestätigen. Ich hatte dennoch nicht vor, den Lichtjungen zu erwähnen. Mein Vater würde durchdrehen und dann würde ich gar nicht mehr hinausgehen dürfen. Das konnte ich auf keinen Fall zulassen. Ich brauchte meine Freiheit. Sie war alles, was ich noch hatte. Alles, was mich noch am Leben hielt.

Außerdem würde mir mein Vater sowieso nicht glauben. Von einem Regierungstypen auf frischer Tat ertappt und dann nicht zu den Lichtwesen verschleppt zu werden, war schier unmöglich. Das klang nach einem Witz. Ich konnte es ja selbst kaum glauben.

Das Gesicht des Jungen ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Seine dunkelbraunen Augen, die mich überrascht angesehen hatten, als könnte er nicht glauben, was ich getan hatte. Und damit meinte ich nicht die Tatsache, dass ich ihn beinahe umgebracht hätte, sondern dass ich ihn hatte leben lassen, obwohl ich doch genau wusste, wie sehr uns die Lichtwesen verabscheuten. Sie waren schuld an dem Tod meiner Mutter, an meinem Schmerz, den ich seit ihrem Ableben verspürte. Und Dad ging es nicht anders. Er hatte die große Liebe seines Lebens verloren und später seinen Sohn, meinen Bruder. Aus diesem Grund hatte ich nur wenige Freiheiten. Ich war sein Ein und Alles, das einzige Familienmitglied, das er noch hatte. Aber ich hielt es hier nicht mehr aus.

Er schien immer noch ganz in Gedanken versunken, als ich einen Fuß zurücksetzte.

»Ich geh dann mal«, murmelte ich in der Hoffnung, der Streit sei vergessen.

»Salina! Wenn du jetzt durch diese Tür gehst, dann werde ich …«, schimpfte mein Vater.

»Keine Sorge«, unterbrach ich ihn erschöpft. »Ich gehe nur in meine Gefängniszelle«, schob ich hinterher, weil sein Kopf sofort in meine Richtung geschnellt war.

Dad sah mich lange an. Schließlich sackten seine Schultern nach unten, als hätte er einen harten Kampf verloren. Er seufzte schwer, dann trat er auf mich zu und legte mir seine Hand auf die Schulter. »Ich weiß, dass die Situation nicht einfach für dich ist. Das ist sie für keinen von uns. Aber ich mache mir Sorgen um dich. Bisher hat dich niemand entdeckt, aber das kann sich schnell ändern. Du musst nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein und sie könnten dich schnappen. Wenn sie dich in die Finger kriegen …« Er brach ab und schüttelte den Kopf, als wollte er sich das gar nicht vorstellen. »Das würde ich mir nie verzeihen.«

Der Schmerz in seiner Miene tat mir im Herzen weh. Er litt. Zwar versuchte er seine Trauer vor mir zu verstecken, doch in Momenten wie diesen gelang ihm das nicht.

»Du kannst mich nicht ewig beschützen, Dad«, gab ich leise zurück und dachte an Mum. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich musste schlucken.

»Ich weiß. Aber solange ich lebe, versuche ich es«, versprach er mir und nahm mich in die Arme. Ich schmiegte mich an ihn und atmete seinen vertrauten Duft nach Leder ein, während das Loch in meinem Herzen immer größer wurde. Wie sehr wünschte ich mir, Carter und Mum wären hier. Bei uns. Mit ihnen war dieses Leben erträglicher gewesen.

***

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen lief ich die Gänge des Untergrunds entlang. Immer wieder musste ich mich mit dem Rücken an die Wand stellen, um entgegenkommende Schattenwesen vorbeilaufen zu lassen. Die Lichter flackerten schwach. Teilweise wurden die Gänge durch Fackeln ausgeleuchtet, die in notdürftig in die Wände gehauenen Halterungen steckten. Sie warfen Schatten an die Wände, die mich zu verfolgen schienen. Manchmal bildete ich mir sogar ein, dass sie nach mir greifen wollten. Für Menschen war unser Unterschlupf so gut wie unerreichbar, weil das Bergwerk als einsturzgefährdet galt und der Zutritt offiziell verboten war. Einige der Gänge waren bereits eingestürzt, andere mussten notdürftig gestützt werden.

Auch wenn dies mein Zuhause und mein Leben war, hasste ich es. Ich verabscheute die finsteren, kalten Gänge, die einem schlechten Horrorfilm entsprungen sein könnten. Ich verabscheute die dunklen Zimmer. Denn ich kam mir vor wie Ungeziefer, das wir in den Augen der Lichtwesen auch waren.

In meinem Zimmer setzte ich mich mit brennenden Augen auf mein Bett und wischte schluchzend die Tränen weg, die sich rücksichtslos einen Weg über meine Wangen bahnten. Ich lehnte mich mit dem Rücken an die kalte Felswand hinter mir. Wie so viele unserer Betten war auch meines aus dem Stein der Wände gehauen worden. Als Kissen musste ein gefaltetes Handtuch herhalten, weswegen ich oft Nackenschmerzen hatte. Damit ich nicht fror, besaß ich eine große, wenn auch alte, Decke, die bereits müffelte und stellenweise gerissen war. Doch solange sie mich warm hielt, konnte ich damit leben. Ich wickelte mich in sie ein, als wäre sie mein Schutzumhang. Manchmal stellte ich mir vor, ich wäre Harry Potter und meine Decke sein Tarnumhang. Damit hätte mich der Lichtjunge nicht entdeckt. Wie sehr wünschte ich mir einen Brief aus Hogwarts zu bekommen, um diesem Elend zu entfliehen. Auch wenn es unrealistisch war, stellte ich mir vor in dieser Fantasiewelt zu leben. Wenn ich mich in die Welt der Bücher flüchten konnte, vergaß ich für kurze Zeit alles um mich herum. Meine Probleme, meine Sorgen, meine Ängste. Es half mir, mich zu beruhigen.

Sowie die letzten Schluchzer verebbt waren, kramte ich das Parfüm aus der Tasche. Ich litt nicht an Kleptomanie, doch manchmal überwog der Drang, etwas mitgehen zu lassen. Wir hatten kein Geld für solche Luxusgüter. Wir hatten ja kaum Geld für alltägliche Dinge. Smartphones, Fernseher, PCs, Bücher oder was auch immer andere Jugendliche in unserem Alter hatten, besaßen wir nicht.

»Bleibst du jetzt hier oder muss ich dich anketten?«, riss mich eine mir wohlbekannte Stimme aus den Gedanken.

Vor lauter Schreck zuckte ich zusammen und hätte beinahe den rechteckigen Flakon fallen lassen. Ohne Isaac anzusehen, den ich nicht kommen gehört hatte, sprühte ich das Parfüm auf den Kragen meines Kapuzenpullovers. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie sich der Eindringling lässig an meinen Zimmereingang lehnte und die muskulösen Arme vor der breiten Brust verschränkte. Die meisten Zimmer hatten keine Tür. So wie meins. Nur mein Dad besaß eine Stahltür für sein Büro, das früher einmal das des Bergwerkleiters gewesen war.

»Als würde mich das abhalten«, antwortete ich gleichgültig auf seine Stichelei. »Außerdem leben wir nicht mehr im achtzehnten Jahrhundert, Isaac.« Mein Beschützer und bester Freund neigte neckisch den Kopf, sodass ihm vereinzelte Strähnen seiner kurzen schwarzen Haare in die Stirn fielen. »Wenn ich mich recht entsinne, beherrschst du keine Pyrokinese, ergo könntest du die Ketten nicht schmelzen«, meinte er mit erhobener Braue. Logischerweise nicht. Nur Lichtwesen besaßen diese Gabe. Wie der Junge heute.

»Du weißt, dass dein Vater es nicht gern sieht, wenn du dich unter Menschen aufhältst, Salina«, erinnerte mich Isaac. Im Gegensatz zu mir hielt er sich strikt an Dads Regeln.

»Soll ich mich etwa für immer unter der Erde verkriechen?«, erwiderte ich. Ich wollte raus, weil mich diese Wände einengten und erdrückten.

»Du ziehst es also vor, von Lichtwesen gejagt und gefoltert zu werden? Schlimm genug, dass sie die Regierung bilden und …«

»Ich weiß«, stöhnte ich und zog das letzte Wort theatralisch in die Länge. Wieder ereilte mich der Gedanke, dass ich heute beinahe in die Fänge der gefürchteten Regierung geraten wäre. Mich schauderte bei der Vorstellung, von ihnen in einem dunklen Raum gefoltert zu werden.

Isaac runzelte die Stirn, beugte sich nach vorn, roch an mir und rümpfte die Nase, ehe er sich wieder zurückneigte. »Wo hast du dich denn wieder herumgetrieben? Du riechst wie eine alte Menschenfrau, Sally.«

Ich verdrehte die Augen, weil ich wusste, er zog mich nur auf. Isaac war mehr Bruder für mich, als mein richtiger Bruder es nach Mums Tod gewesen war. Auch wenn ich ihn öfter als mir lieb war, vermisste. Da war die beständige Ungewissheit in meinem Hinterkopf, nicht zu wissen, was mit Carter geschehen war. Hatte ihn die Regierung geschnappt? Wurde er gerade gefoltert? War er bereits tot? Oder noch schlimmer: Hatten ihn womöglich die Seelenlosen?

Wurde einem Schattenwesen die Seele geraubt, verwandelte es sich in einen Seelenlosen. Aus einem bislang unerklärlichen Grund geschah das nicht mit Lichtwesen, was für sie und damit die Regierung Grund genug war, uns zu jagen.

»Vielleicht vertreibe ich damit ja Lichtwesen«, feixte ich.

»Nicht nur die«, entgegnete Isaac trocken.

Daraufhin verpasste ich ihm einen Schlag gegen die Schulter, den er gekonnt abfing. Er umschloss meine Hand mit seiner und zog mich in eine warme Umarmung. Ich legte meine Hände an seine Brust und vergrub den Kopf an seinem Hals. Atmete seinen wohligen Duft nach Minze ein. Bei ihm fühlte ich mich sicher und geborgen.

Es fühlte sich so gut an, gehalten zu werden. Jemanden zu haben, der für mich da war, wenn es mir schlecht ging. Wir beide hatten Ähnliches durchgemacht, weshalb wir uns so gut verstanden. Wir teilten den gleichen Schmerz.

»Hau bitte das nächste Mal nicht einfach ab, sondern sag mir Bescheid, damit ich mir keine Sorgen um dich machen muss.« Eindringlich sah er mich an. »Versprichst du mir das?«

Ich biss mir auf die Unterlippe. Würde ich das wirklich tun, dann könnte ich meinen Hintern darauf verwetten, dass er – wenn er es meinem Dad nicht petzte – mitkommen und wie ein Kindermädchen auf mich aufpassen würde.

Ich schwieg, während ich nach einer Antwort suchte.

»Sally?«, sprach Isaac mich alarmiert an.

»Was war noch mal die Frage?«, sagte ich ausweichend.

Ich wollte mich von ihm lösen, als er plötzlich nach meinem Handgelenk griff. Schnell trat er um mich herum und drehte meinen Arm auf den Rücken.

Als Isaac vor ungefähr einem Jahr damit begonnen hatte, mich regelmäßig überraschend anzugreifen, war ich jedes Mal so überfordert und perplex gewesen, dass ich mich gar nicht mehr rühren konnte. Diese Hemmschwelle war nun verschwunden. Jetzt machte es sogar Spaß, solange Isaac mein Gegner war. Ich traf ihn mit der Ferse am Schienbein. Allerdings mit so wenig Kraft, dass ich ihn nicht verletzte.

»Streng dich an, Sally«, versuchte er mich zu motivieren. Das Grinsen war deutlich aus seiner Stimme herauszuhören.

»Kann ich gern tun, aber dann endet es für dich sehr schmerzhaft«, meinte ich, während sich auch auf meinen Lippen ebenfalls ein Grinsen ausbreitete.

Ich wollte mich gerade von ihm losreißen, als ich plötzlich etwas unter mir Knistern hörte. Kälte drang in meine Füße. Als ich nach unten sah, kletterte eine dünne Eisschicht über meine Schuhe.

Isaacs Fähigkeit war Kryokinese, was bedeutete, dass er Wesen und Objekte gefrieren lassen konnte. Diese Gabe hatte mich schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen begeistert. Ich war fasziniert davon, was er damit alles anstellen konnte.

Da ich so viel Schwung genommen hatte, aber sein Eis meine Füße am Boden hielt, ruderte ich verzweifelt mit den Armen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Dann fiel ich nach vorn und konnte mich mit den Händen gerade noch abfangen. Die fror Isaac sogleich ebenfalls am Boden fest, sodass ich weder meine Hände noch meine Füße bewegen konnte.

Er ging neben mir in die Knie. »Du machst jedes Mal den gleichen Fehler«, meinte er halb schmunzelnd, halb ernst.

»Du hast gemogelt!«, gab ich beleidigt zurück und funkelte ihn an. »Ich dachte, wir benutzen ohne Absprache keine Kräfte.«

Isaac sah mich eindringlich an. »Im echten Kampf warnt dich dein Gegner auch nicht vor. Man muss unfair kämpfen, um zu überleben.«

»Sei nicht so melodramatisch. Ich hab’s kapiert, Isaac. Lektion gelernt. Würdest du mich jetzt bitte wieder enteisen? Ich frier mir sonst meine Hände und Füße ab«, bat ich ihn mit klappernden Zähnen. Sofort löste sich die Eisschicht auf.

Isaac erhob sich und hielt mir seine Hand hin. Ich griff danach und lächelte siegesgewiss, als wir uns in die Augen sahen. Er keuchte und wollte sich von mir lösen, da hatte ich ihn schon mit einem Ruck zu mir nach unten gezogen, sodass er auf allen vieren neben mir landete. Ich sprang auf und fixierte die Luft um ihn herum. Dann entzog ich ihr Wasserpartikel und ließ einen kleinen Sprühregen auf Isaacs Hinterkopf nieder. Der drehte sich verblüfft zu mir um.

»Das könnte jetzt Wasser aus deinem Körper sein«, erinnerte ich ihn. »Im echten Kampf warnt dich dein Gegner auch nicht vor. Man muss unfair kämpfen, um zu überleben.«, äffte ich ihn nach.

Isaac schnaubte belustigt und stand auf. »Du hast deine Lektion tatsächlich gelernt, Salina.«

Mein Vater und er nahmen das Verteidigungstraining furchtbar ernst. Ich musste schon von klein auf mehrmals pro Woche trainieren, um meine Fähigkeit, aber auch meine Kraft und Ausdauer zu verbessern. Früher hatte ich es als unnötig angesehen, doch das harte Training hatte sich im Kampf gegen den Lichtjungen ausgezahlt.

»Aber jetzt mal im Ernst, Sally: Wo hast du dich wieder herumgetrieben? Dein Dad und ich machen uns jedes Mal Sorgen um dich«, schob er kopfschüttelnd hinterher und griff nach meinen Händen. »Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustieße. Und deinem Dad geht es genauso.« Ich schwieg. Schuldgefühle machten sich in mir breit.

»Ich war in London. Ich hatte Lust, einkaufen zu gehen«, gab ich betont locker zurück, wenngleich mir bei dem Gedanken, was danach geschehen war, übel wurde. Die Begegnung mit dem Lichtjungen hätte böse für mich enden können, wäre er nicht allein und so überheblich gewesen.

Ich überlegte, ob ich Isaac davon erzählen sollte. Auf der einen Seite wollte ich seinem Beschützerinstinkt nicht noch mehr Futter geben. Andererseits musste ich es jemandem erzählen und mein Vater war diesbezüglich keine Option, da seine Sorge stets doppelt so schlimm war wie Isaacs.

Ich knetete meine ineinander gefalteten Hände, die vor meinem Körper hingen, und sah zu Isaac hoch.

»Auf dem Nachhauseweg ging ich in eine Seitengasse, um unbemerkt mit den Schatten zu wandeln, als mich wie aus dem Nichts ein Lichtjunge angriff«, gestand ich ihm leise.

»Dich hat ein Lichtwesen angegriffen?«, donnerte mir die Stimme meines Dads entgegen. Isaac und ich fuhren erschrocken herum. Mein Vater stand im Eingang und starrte mich ungläubig an.

»Ich … Ehm …«, stotterte ich überrumpelt. So viel dazu, dass er von meinem Zusammentreffen mit dem Lichtwesen nichts erfahren durfte. Das hatte ja gut geklappt.

Er kam hereingestürmt und baute sich vor mir auf. »Isaac, verschwinde sofort«, befahl er, ohne mich aus den Augen zu lassen.

Mein Freund kam seiner Forderung wortlos nach. Anweisungen meines Vaters befolgte er, ohne zu murren. Ihm hatte er es zu verdanken, dass er an einem sicheren Ort lebte. Aber ich ahnte, dass er im Laufe des nächsten Tages wieder bei mir vorbeischauen würde, um mich über den Lichtjungen auszufragen.

Unter dem wütenden Blick meines Dads wurde ich immer kleiner. Vor dem Lichtjungen hatte ich selbstbewusst gewirkt, aber wenn mein Vater so zornig war, fiel mir nichts mehr ein.

»Ich rede mit dir!«, erinnerte Dad mich unnötigerweise. »Was ist passiert? Warum hast du mir das verheimlicht?« Seine Stimme triefte nur so vor Zorn und ich sah die Ader an seiner Schläfe pulsieren. Um einer Strafe zu entgehen, beschloss ich, es abzustreiten.

»Das habe ich mir ausgedacht, weil Isaac etwas Spannendes hören wollte«, erklärte ich.

»Unsinn«, meinte Dad kopfschüttelnd und musterte mich mit zusammengekniffenen Augen. »Lüg mich nicht an, Salina.«

Ich stieß hilflos die Luft aus. »Wenn du mich nicht einsperren würdest, müsste ich mich nicht im Dunkeln rausschleichen.« Nicht gerade die beste Argumentation, aber besser als nichts.

»Du könntest tot sein! Denk an deine Mutter.«

Reflexartig fuhren meine Finger zu meinem Hals und berührten die kühle Kette, die dort hing. Der Anhänger bestand aus einem fingerlangen scharfen Dolch, der am Ende gebogen war – meine Verteidigung gegen Seelenlose und die einzige fassbare Erinnerung an meine Mutter, die ich noch hatte. Sie hatte mir die Kette geschenkt, damit ich mich verteidigen konnte. Das war kurz vor ihrem Tod gewesen und nun fast zwei Jahre her. Doch ich wollte nicht länger darüber nachdenken, weil ich wusste, dass ich sie dann nur noch mehr vermissen würde.

»Hast du ihn erledigt?«, wechselte Dad abrupt das Thema.

Ich schwieg. Verbissen kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Ich traute mich nicht meinen Dad anzuschauen. Es erforderte keine weitere Erklärung. Er wusste auch so die Antwort auf seine Frage.

»Salina, bist du von allen guten Geistern verlassen? Ist dir klar, was das bedeutet? Was, wenn er dich verfolgt hat oder Jagd auf dich macht?«, warf mir mein Vater vor.

Dieser Gedanke ließ mich erschaudern. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Erst jetzt wurde mir bewusst, was mein Handeln für Auswirkungen haben könnte. Nicht nur für mich, sondern für uns alle.

»Er kann mir unmöglich gefolgt sein«, versuchte ich meinen Dad – aber auch mich – zu beruhigen. »Als ich geflohen bin, war er … Er war verletzt. Er weiß nicht einmal, wohin ich geflohen bin. Er hat mich bestimmt schon wieder vergessen.«

Fassungslos starrte mein Vater mich an. »Ich dachte, du wärst klüger, Salina. Ich bin hergekommen, weil ich mich für meinen harten Ton vorhin bei dir entschuldigen wollte. Stattdessen zwingst du mich dazu, dich zu bestrafen. Ich verbiete dir hiermit auf unbestimmte Zeit einen Fuß aus unserem Unterschlupf zu setzen. Du hast Hausarrest und wirst auch niemanden empfangen. Weder Isaac noch sonst jemanden. Die Trainingsstunden sind fürs Erste ausgesetzt. Ich hoffe, das wird dir eine Lehre sein und dich zur Besinnung bringen, damit du endlich verstehst, was alles auf dem Spiel steht.«

»Das kannst du nicht machen!«, fuhr ich ihn an. Mein Leben hier erdrückte mich ohnehin schon, aber das, was er da von mir verlangte, raubte mir jeglichen Atem. »Bitte, Dad«, flehte ich in der Hoffnung, ihn doch noch umzustimmen, seine Strafe abzumildern.

Doch mein Dad blieb knallhart. Mit eiserner Miene schüttelte er den Kopf. »Ich habe dir so viele Freiheiten eingeräumt, wie es mir möglich war. Ich habe sogar zugelassen, dass du hin und wieder an die Oberfläche durftest, obwohl ich jedes Mal tausend Tode starb, aus Angst dich zu verlieren. Aber du hast diese Freiheiten ausgenutzt und unser aller Leben gefährdet. Du hast mich enttäuscht, Salina«, sagte er tonlos, machte auf dem Absatz kehrt und ging.

Seine Schultern hingen herab. Er wirkte alt und gebrochen. Nicht mehr wie der Vater von früher, als Carter und Mum noch da gewesen waren. Er war nicht mehr der Vater, der mich in den Arm genommen und getröstet hatte, wenn ich wieder einmal wegen der miserablen Umstände, in denen wir lebten, geweint hatte.

Mums Tod und Carters Verschwinden hatten ihn verändert.

Ich schlang die Arme um den Oberkörper und ließ mich wieder auf mein Bett sinken.

Ich fühlte mich schrecklich. Dass er wütend auf mich war, konnte ich noch verkraften. Aber seine Enttäuschung zu sehen, brach mir das Herz.

Kapitel 3

Kyron

»Und sonst gab es keine auffälligen Vorfälle? Keine weiteren Sichtungen von Schattenwesen?«, hakte mein Vater argwöhnisch nach und sah mich über seinen Schreibtisch aus Edelholz hinweg fragend an.

Mein Vater war eine sehr akkurate Person. Sein Arbeitsplatz war sauber und aufgeräumt. Unterlagen, Schreibutensilien und sonstige Bürogegenstände sorgfältig sortiert und griffbereit. Alles, was er je bearbeitet hatte, lagerte er in dicken Ordnern, die gewissenhaft beschriftet waren, in einem großen Schrank an der Seite. Zwar besaß er einen Laptop, mit dem er alles in unserem internen System speichern konnte, doch Technik gegenüber war er grundsätzlich misstrauisch, weil man leicht gehackt werden konnte. Manchmal glaubte ich, dass er einen Kontrollzwang hatte. Genauso wie er ein wenig paranoid war.

Vorsichtshalber befand sich in der Schublade zu seiner Rechten ein Geheimfach, in dem eine selbstladende Pistole und Gift versteckt waren, damit er sich gegen mögliche Einbrecher und Angreifer verteidigen konnte. Falls sie den Fluss, die Mauern und sonstige Sicherheitsvorkehrungen überwunden hatten und an den Wachen vorbeigekommen waren.

Ich presste die Lippen aufeinander und schüttelte mit emotionsloser Miene den Kopf. Die Hände hatte ich hinter meinem Rücken verschränkt, mein Haupt aufrecht erhoben, um ihm meinen Respekt und meine Gehorsamkeit zu signalisieren. »Nein, Vater. Dieses Mal gab es keine Auffälligkeiten in meinem Sektor.«

Noch während ich ihm die Lüge auftischte, musste ich an die Begegnung mit dem Schattenwesen zurückdenken. Wie das Mädchen mich angesehen hatte. Ich war noch nicht so vielen jungen Schattenwesen begegnet, da sie sich meist verborgen hielten, um nicht gefasst zu werden.

Entweder war sie unfassbar dumm und naiv oder durch und durch bereit zu sterben. Vielleicht auch nur ein aufmüpfiges Mädchen mit einer zu großen Klappe. Missmutig musste ich daran denken, wie sie mir Konter gegeben hatte. Wie sich ihre Lippen zu einem selbstgefälligen Lächeln verzogen hatten. Der einzige Grund, weshalb ich meinen Vater belog, war die Tatsache, dass mir ein Schattenwesen entwischt war. Ich war sein Sohn, sein einziger Stolz und dazu noch Wächter in Ausbildung, was bedeutete, dass ich mir keine Fehler erlauben durfte. Würde er die Wahrheit erfahren, dann wäre er nicht nur enttäuscht. Meine Karriere als Wächter stünde auf dem Spiel, dabei war ich einer der besten in meinem Jahrgang. Ich wollte nicht sein Nachfolger werden. Ich wollte so werden wie Mum. Sie war eine Wächterin gewesen, die gegen das Böse, die Schattenwesen, gekämpft hatte. Deswegen konnte ich unmöglich zulassen, dass mein Vater davon erfuhr. Ebenso wenig wollte ich mich von meinen Freunden auslachen lassen. Also blieb ich stur bei meiner Lüge und tat so, als hätte ich einen langweiligen Routinetag hinter mir.

Mein Vater drehte nachdenklich einen Kugelschreiber zwischen seinen Fingern. Auf den ersten Blick wirkte er mit seinem faltenfreien Anzug und dem leicht melierten Haar wie ein Geschäftsmann. So wie seine Kleidung und sein Büro war auch sein Gesicht makellos. Er rasierte sich jeden Tag und legte immer das gleiche Aftershave auf. Seine kleinen braunen Augen wirkten ernst und aufmerksam. Er hatte den Blick eines Adlers.

Obwohl er mein Vater war, flößte er mir Respekt ein, weshalb ich meinen Rücken durchdrückte. Ich hielt den Atem an. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich fühlte mich wie bei einer Anhörung und kam ins Schwitzen, jedoch erwiderte ich seinen Blick ruhig – in der Hoffnung, er würde meine Lüge nicht durchschauen. Als er schließlich bedachtsam nickte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Er glaubte mir.

»In Ordnung«, brummte er und ordnete ein paar Blätter.

Dabei erhaschte ich einen Blick darauf und erkannte den Lageplan einer Landschaft. Einer Landschaft hier in der Nähe? Es sah nicht aus wie ein Stadtplan von London, die Gegend schien sich eher südlich oder östlich an einer Küste zu befinden. Ehe ich ihn genauer ansehen konnte, hatte mein Vater die Unterlagen bereits geordnet in einem Fach seines Schreibtisches verstaut. Er sah auf. »Du kannst gehen, mein Junge. Wenn ich eine neue Aufgabe für dich habe, werde ich dich rufen lassen. Ich wünsche dir noch eine gute Nacht.«

***

Nachts lag ich noch lange wach. Wenngleich ich es verhindern wollte, grübelte ich andauernd über den Vorfall mit dem Schattenmädchen nach. Ich hatte gelernt, dass Schattenwesen manipulativ und böse waren.

Das bewies das Verhalten des Mädchens, als es mir mit ihren Fähigkeiten das Wasser entzogen hatte. Ich wusste, dass Schattenwesen wie wir Lichtwesen verschiedene Fähigkeiten besaßen. Manche konnten Gift absondern, andere einem die Luft entziehen, bis man elendig erstickte – alles schlechte Eigenschaften, was zeigte, dass Schattenwesen ebenfalls schlecht waren. Aus diesem Grund machten wir Jagd auf sie.

Das Mädchen hatte mich eiskalt erwischt. Den passenden Augenblick abgewartet, als ich mich darüber gefreut hatte, sie geschnappt zu haben. Als ich mich in meiner Überlegenheit gesonnt hatte. Hochmut kommt vor dem Fall, pflegte mein Vater gern zu sagen. Ihm wäre dieser Fehler sicher nicht passiert. Er wäre nicht so unvorsichtig und überheblich gewesen wie ich. Von Gefühlen ließ er sich nicht leiten. Zumindest nicht seit dem Tod meiner Mutter.

Das nächste Mal würde ich diesen Fehler sicherlich nicht begehen. Sie hätte mir so lange das Wasser entziehen können, bis mein Körper ausgetrocknet und ich tot gewesen wäre.

Stattdessen hatte sie mich verschont. Ein Schattenwesen hatte mich verschont. Das passte überhaupt nicht zu meinen Erfahrungen. Sie waren eiskalt, ohne jegliche Emotionen und kannten keine Gnade.

Doch dieses Mädchen hatte sehr wohl Gefühle. Ich hatte es in ihren Augen erkannt. Den faszinierendsten Augen, die ich je gesehen hatte. Ein blaues und eines mit einer dreifarbigen Iris: blau, grün und braun. Wie Feenaugen.

Vielleicht hatte ich auch so etwas wie eine gute Fee oder einen Schutzengel gehabt. Sonst hätte sie mich nicht laufen lassen. Ich meinte sogar sie eine leise Entschuldigung flüstern gehört zu haben, die im Rauschen des Windes untergegangen war. Hatte ich mir das nur eingebildet?

Aufgewühlt fuhr ich mir über die Augen und drehte mich auf die Seite. Es war mitten in der Nacht und ich lag immer noch wach, weil ich über etwas nachgrübelte, über das ich gar nicht nachgrübeln sollte. Was war nur mit mir los?

***

Den Weg zum Training meisterte ich halb schlafend, weil ich hirnverbrannter Vollidiot kaum geschlafen hatte. Ich verbarg mein Gähnen hinter der Hand. Wehmütig hatte ich auf das Frühstück verzichtet, um wenigstens noch ein paar Minuten Schlaf abzugreifen. Das passierte mir öfter. Aber der Grund war normalerweise ein zu langer Abend mit meinen Kumpels oder meiner Freundin Jodie.

Das war der Vorteil, wenn man der Sohn des Anführers war. Niemand wollte es sich mit einem verscherzen. Meine Freunde waren cool, wir hatten viel Spaß zusammen. Das Problem war nur: Ich konnte mir nie sicher sein, ob sie sich wirklich für mich interessierten oder für meinen Stand. Womöglich erhofften sie sich durch mich einen höheren Rang in unserem System. Aus diesem Grund war ich froh meine beste Freundin Jodie an meiner Seite zu wissen. Die aber gerade Unterricht zum Thema Heilkunst – einer der beliebtesten Fähigkeiten der Lichtwesen – hatte, weshalb ich sie nicht sehen konnte.

Mit schnellen Schritten verließ ich das Gebäude, in dem mein Zimmer lag, und atmete die kühle, salzige Luft ein, die mir um die Nase wehte. Unser Stützpunkt befand sich direkt an der Themse im Südosten von London. Früher hatte er als Festung gedient, dann als Residenz für britische Könige und Königinnen, ehe ihn die Regierung übernommen hatte. Er war perfekt für uns Lichtwesen. Umgeben von Gräben, einer Außenmauer, die direkt an den Fluss grenzte, und mehreren Festungsringen, war der Komplex schier uneinnehmbar. Dazu kamen weitere Sicherungsvorkehrungen wie beispielsweise ein System aus Bewegungsmeldern mit automatischen Betäubungspfeilen, das Eindringlinge aus der Luft abwehrte.

Mein Blick fiel auf den White Tower – eine eindrucksvolle Festung aus massivem Stein mit vier Türmen –, der sich in der Mitte des Stützpunkts befand. Auch heute noch diente er als Gefängnis und Hinrichtungsstätte.

Jedes Mal, wenn ich am White Tower entlangging, schauderte ich. Ich war nicht der Typ dafür, Befragungen durchzuführen wie mein Vater. Mein Spezialgebiet waren die Außeneinsätze. Ich brachte die Schattenwesen hierher. Manche überlebten es nicht. Entweder starben sie bei Fluchtversuchen oder durch Folter, wenn man die nötigen Informationen nicht aus ihnen herausbekam. Den Rest von ihnen ließen wir am Leben und setzten sie ein, um weitere Standorte der Schattenwesen zu finden.

Wobei ich mich immer wieder fragte, ob das wirklich sein musste. Nicht alle Schattenwesen taten anderen etwas zuleide. Oft wurden sie bei normalen Alltagsdingen wie beim Einkaufen entdeckt. Andere, die unvorsichtiger waren, beim Feiern. Dabei waren viele noch so jung, teilweise so alt wie ich. Wäre ich in der falschen Familie geboren worden und aufgewachsen, stünde ich auf der anderen Seite. Dann hätte ich es sein können, den man hierher verschleppte, verhörte und im schlimmsten Fall umbrachte. Nur weil ich kein Lichtwesen wäre. Sofort rügte ich mich in Gedanken. Ich machte es schon wieder. Ich dachte über Schattenwesen nach, als wären sie wie wir. Als wären sie keine Monster. Aber genau das waren sie und deshalb mussten sie ausgelöscht werden.

Kopfschüttelnd fuhr ich mir durch die Haare und rieb mir die Schläfen, weil sich dort ein pochender Schmerz ausbreitete.

»Jo, Kyron. Was stehst du da so verloren?«

Ich fuhr kampfbereit herum. Eine nervige – aber auch nützliche – Angewohnheit, die ich dem täglichen Training zu verdanken hatte. »Bastian, du Mistkerl!«, stieß ich aus, als ich die Person erkannte, und ließ die Arme sinken. Mein Kumpel – eigentlich Sebastian, aber wir alle nannten ihn Bastian – lachte gehässig und strich sich seine welligen Haare zurück, die ihm bis zu den Schultern reichten, sodass er sie beim Training zu einem Zopf zusammenbinden musste. Seine haselnussbraunen Augen funkelten amüsiert. »Seit wann bist du so schreckhaft? Hast wohl wieder kaum geschlafen, was?«

Mein bester Kumpel kannte mich besser, als mir lieb war. Um meine Verwirrung über mein unübliches Verhalten zu verbergen, hob ich bloß missbilligend die Brauen. Hinter ihm tauchten Tyler und Matthew auf – der Rest meiner Freunde. Ich begrüßte sie mit einem Kopfnicken und einem flüchtigen Handschlag, wie es für uns üblich war.

»Irgendwann bringt dich das noch ins Grab«, fuhr Bastian scherzhaft fort und legte kumpelhaft einen Arm um meine Schultern.

»So einfach wird man mich nicht los«, erwiderte ich feixend. Als ich dabei jedoch an das Schattenmädchen dachte, verging mir das Grinsen. Wenn sie keine Gnade, oder was auch immer das gewesen war, gehabt hätte, würde ich jetzt nicht hier stehen.

»Leider«, sagte Matthew über seine Schulter hinweg und kratzte sich an seiner Hakennase.

Ich stieß ihn halbherzig gegen den Rücken. »Ich kann’s kaum erwarten, euch im Training fertigzumachen.«

»Oh, habe ich fast vergessen«, warf Bastian ein und drehte sich zu mir um. »Ein Kollege ist kurzfristig ausgefallen. Du sollst zu einem Auftrag aufbrechen.«

Ausgerechnet jetzt.

Kapitel 4

Salina

Ich stand am Rande der Kliffküste Seven Sisters in der Nähe des Bergwerks. Sie befand sich im Süden Englands zwischen Eastbourne und Seaford, etwa zwei Stunden Autofahrt von London entfernt.

Früher waren oft Touristen hierhergekommen, um die schöne Aussicht auf das klare, türkisblaue Meer zu genießen oder die Felsen zu bestaunen, die in der Sonne schneeweiß aussahen. Viele waren am Steinstrand spazieren gegangen, der sich entlang der Felsen befand.

Da allerdings Erosionsgefahr bestand und der Strand bei Flut komplett überschwemmt wurde, war das Gebiet gesperrt worden.

So hatte ich meinen ganz eigenen Rückzugsort. Einen Ort, an dem ich nur für mich war und mich frei fühlen konnte. Fernab der Finsternis im Bergwerk.

Um mich herum war nichts außer der grüne Wiesenboden. Hin und wieder gab es ein paar Bäume oder Sträucher. Es dauerte eine Weile, bis man zum Wald gelangte, wo sich das alte Bergwerk befand. Es war eiskalt. Wind rauschte in meinen Ohren und peitschte mir mein Haar mitten ins Gesicht. Er zerrte an meiner Kleidung.

Vor mir war das weite Meer. Am Horizont ging die Sonne gerade auf. Ihre ersten goldenen Strahlen spiegelten sich auf der glitzernden Wasseroberfläche. Die langsam verschwindende Dunkelheit ummantelte mich wie eine Decke. Ich musste mich beeilen. Ich schloss die Augen und breitete die Arme aus. Dann ließ ich mich fallen. Stürzte in die Tiefe.

Der Wind peitschte mir noch schärfer ins Gesicht, raubte mir die Luft zum Atmen. Ich genoss das Gefühl des freien Falls. Noch bevor ich unten aufschlagen konnte, verschmolz ich mit der Dunkelheit und schoss wieder nach oben. Es war wie fliegen, nur dass ich die Aussicht nicht genießen konnte, weil ich so schnell war. Ich raste hinweg über Bäume, Dörfer und kleinere Städte, bis ich London erreichte, wo ich ungesehen zwischen Bäumen Gestalt annahm.

Ich war stocksauer gewesen. Auf Dad, weil er mich noch mehr einengte, als ich es aufgrund der Wohnverhältnisse sowieso schon war. Er hatte mich die ganze Nacht bewachen lassen. Wie eine Gefangene. Während der zuständige Wächter am frühen Morgen vor der Toilette gewartet hatte, war ich durch einen Geheimgang geflüchtet. Als das Bergwerk noch nicht stillgelegt war, hatte man diese Gänge im Falle einer Verschüttung gebaut, um durch sie wieder ans Tageslicht zu gelangen.

Da ich Angst hatte, im Einkaufszentrum wieder auf Lichtwesen zu stoßen – auf eine weitere Begegnung mit diesem arroganten Lichtjungen konnte ich gut verzichten – schlenderte ich eine Weile in der Stadt umher, bis ich mich am frühen Nachmittag auf den Weg zum Hyde Park machte. Zur Winterzeit fand dort eine weihnachtliche Veranstaltung statt. Früher hatte es wegen der Fahrgeschäfte, dem Riesenrad und den Liveshows an einen Rummel erinnert. Heute gab es dort nur noch eine Eislaufbahn mit Livemusik und Weihnachtsständen, wo Essen oder Dekoartikel verkauft wurden. Seit Mums Tod kam ich jedes Jahr hierher. Unter den vielen Menschen war die Wahrscheinlichkeit geringer, von Lichtwesen entdeckt zu werden. Ich mochte das weihnachtliche Treiben. Jedes Mal stellte ich mir vor, ich wäre ein ganz normales Teenagermädchen.

Es dämmerte bereits, als ich an den Weihnachtsbuden vorbeispazierte. Der Geruch von Hühnchen und Fisch drang mir in die Nase. Es gab mehrere Feuerstellen, um die Menschen herumstanden, Marshmallows in den Flammen rösteten und sich lachend unterhielten. In den behandschuhten Händen hielten sie dampfende Tassen voller Glühwein oder heißer Schokolade. Mein Magen knurrte. Allerdings konnte ich mir nichts kaufen, weshalb ich mich schnell abwandte, ehe ich noch deprimiert wurde.

Ich blieb schließlich vor der Eisbahn stehen. In der Mitte gab es einen viktorianischen Pavillon, in dem eine Band weihnachtliche Musik spielte. Vom Dach des Pavillons aus zogen sich Lichterketten bis zum Rand der Eisbahn. Sehnsüchtig beobachtete ich die Menschen, die in warme Mäntel und Schals gehüllt über die glitzernde Fläche fuhren. Immer wieder stürzte jemand, aber sie lachten. So ausgelassen, wie ich mich gern gefühlt hätte.

Mein Blick fiel auf ein Pärchen, das Händchen haltend an mir vorbeischlitterte. Das Mädchen und der Junge strahlten sich fröhlich an. Sie drehten eine weitere Runde, ehe sie in meiner Nähe zum Stehen kamen, sich aneinander festhielten und küssten. Obwohl ich nicht hinsehen wollte, beobachtete ich sie mit gemischten Gefühlen. Trotz der Tatsache, dass in meinem Leben kein Platz für einen Freund war, fragte ich mich immer wieder, wie es sich wohl anfühlte, einen Jungen zu küssen. Wie es war, verliebt zu sein – wenn es Liebe überhaupt gab.

Ich wollte mich gerade abwenden, als ich eine einsame Gestalt am anderen Ende der Eisbahn bemerkte, die wie eine Statue dastand. Es war ein schmächtiger Junge, der in einen dunkelgrauen Mantel gehüllt war. Sein Gesicht war halb von einem Schal verdeckt und er trug eine schwarze Wollmütze. Mir blieb das Herz stehen.

»Carter?«, hauchte ich, weil der Junge von Weitem genauso aussah wie mein verschwundener Bruder.

Doch etwas war anders an ihm. Ich konnte es nicht genau erkennen, weil er zu weit weg stand. Aber irgendetwas war falsch. Es jagte mir eine eiskalte Gänsehaut über den Körper, weshalb ich fröstelnd meinen Wintermantel und meinen Schal fester um mich zog. Ich blinzelte kurz. Sowie ich wieder hinsah, war die Person verschwunden – als hätte sie nie dort gestanden. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und drängte mich an den Menschen vorbei, auf die Stelle zu, wo ich meinen vermeintlichen Bruder gesehen hatte. Doch er war nicht mehr dort. Hektisch sah ich mich um und suchte eine Weile weiter nach ihm, doch ich konnte ihn nicht mehr finden. Hatte ich mich geirrt? Wünschte ich mir so sehr ihn zu sehen, dass ich meinen Bruder so real heraufbeschwor?

Ich griff mir an den Kopf, als mich das ungute Gefühl beschlich, beobachtet zu werden. Wachsam sah ich mich um und mein Blick fiel auf drei Personen – eine Frau und zwei Männer –, die sich zwischen den Menschen verteilt hatten und mich unverhohlen anstarrten. Mir wurde kälter, als mir aufgrund der winterlichen Temperaturen sowieso schon war. Das konnte ich jetzt nicht gebrauchen.

Ich glaubte nicht, dass es sich um Menschen handelte, denn diese Leute schienen zu wissen, was ich war. Handelte es sich um Licht- oder Schattenwesen? Hatte mein Dad sie geschickt, um mich wieder einzufangen? Aber dann wäre sicherlich Isaac mit von der Partie. Da ich das Risiko, geschnappt zu werden, nicht eingehen wollte, wirbelte ich herum und drängelte mich zwischen den umstehenden Leuten hindurch. Es war Zeit für mich, nach Hause zurückzukehren und Dads Ärger über mich ergehen zu lassen, bis er endlich einsah, dass es nichts brachte, mich einzusperren.