Prinzessin der Elfen 5: Verlorene Gefühle - Nicole Alfa - E-Book

Prinzessin der Elfen 5: Verlorene Gefühle E-Book

Nicole Alfa

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Beschreibung

**Bedroht vom Glanz der Elfenwelt** Die Feinde der Völker haben die Herrschaft an sich gerissen und Lucy unter ihre Kontrolle gebracht. Es ist ihnen gelungen, Lucy jegliche Emotionen zu nehmen und sie auf ihre Seite zu ziehen. Daan ist sicher die Prinzessin der Elfen, seine große Liebe, für immer verloren zu haben. Mit seinen Verbündeten bereitet er sich auf den alles entscheidenden Kampf um den Frieden der Elfenwelt und damit auf einen Kampf gegen Lucy vor. Er ahnt nicht, dass sie mit aller Macht gegen den Zwang des Banns anzukämpfen versucht...   Mit »Prinzessin der Elfen« kreiert Nicole Alfa eine bezaubernde Fantasy-Geschichte über die Kraft einer verbotenen Liebe. Dabei entführt sie uns in das faszinierende Reich der Elfen, aus dem kein Leser je wieder zurückkommen möchte.  //Alle Bände der zauberhaft-magischen Buchserie »Prinzessin der Elfen«:   -- Prinzessin der Elfen 1: Bedrohliche Liebe   -- Prinzessin der Elfen 2: Riskante Hoffnung  -- Prinzessin der Elfen 3: Zerstörerische Sehnsucht -- Prinzessin der Elfen 4: Verratenes Vertrauen -- Prinzessin der Elfen 5: Verlorene Gefühle// Diese Reihe ist abgeschlossen.

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Seitenzahl: 560

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Nicole Alfa

Prinzessin der Elfen 5: Verlorene Gefühle

**Bedroht vom Glanz der Elfenwelt**Die Feinde der Völker haben die Herrschaft an sich gerissen und Lucy unter ihre Kontrolle gebracht. Es ist ihnen gelungen, Lucy jegliche Emotionen zu nehmen und sie auf ihre Seite zu ziehen. Dann ist sicher die Prinzessin der Elfen, seine große Liebe, für immer verloren zu haben. Mit seinen Verbündeten bereitet er sich auf den alles entscheidenden Kampf um den Frieden der Elfenwelt und damit auf einen Kampf gegen Lucy vor. Er ahnt nicht, dass sie mit aller Macht gegen den Zwang des Banns anzukämpfen versucht …

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Vita

Danksagung

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© privat

Nicole Alfa schrieb bereits mit elf Jahren die Erstfassung für ihre Debütreihe. Nachdem sie ihre Manuskripte auf einer Plattform für Autoren hochlud und dort Zuspruch von ihren Lesern bekam, verfestigte sich ihr Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Oft lässt sie sich für ihre Charaktere und deren Schicksale durch ihre Umgebung, Erfahrungen, Musik oder Fotos inspirieren. Ihr Motto ist es, nicht aufzugeben, auch wenn andere sagen, dass es unmöglich ist.

Für Verena, danke für alles

PROLOG – EIN PAAR MONATE ZUVOR

Dylan

Das Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich der Zielperson unauffällig in den Supermarkt hineinfolge. Das ist mein erster Auftrag. Das ist das erste Mal, dass ich mich nach all den Jahren in ihrer Obhut endlich frei bewegen und endlich zeigen kann, was ich von ihnen gelernt habe und was in mir steckt. Ich will ihnen beweisen, dass ich meiner Aufgabe würdig bin.

Ich halte mich hinter einem Pärchen mittleren Alters, um nicht aufzufallen, während ich sie weiterhin beobachte, wie sie sich von Zielperson Nr. 2 und Nr. 3 fortbewegt, welche am Gemüsestand haltmachen, und auf die Regale mit den Backwaren zusteuert.

Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Perfekt. Die Zielperson blickt suchend zur Seite, scheint die Lebensmittel zu studieren und schlendert gemächlich an den Regalen entlang. Sie hat sich Kopfhörer in die Ohren gesteckt und scheint in ihrer eigenen Welt versunken. Würde ich nicht wissen, wer sie vermutlich ist, würde man meinen, sie wäre ein ganz normales Mädchen, das mit ihren Eltern einkaufen geht.

Schnell umrunde ich die Regale und steuere nun von der anderen Seite, die Hände in den Taschen meiner Lederjacke vergraben, frontal auf sie zu. Sie ist immer noch so versunken in ihre Gedanken oder die Musik, die sie hört und zu der sie ihren Kopf leicht hin und her wippt, dass sie mich gar nicht bemerkt. Als wir beinahe auf gleicher Höhe sind und sie mich immer noch nicht bemerkt hat, remple ich sie mit voller Wucht an, sodass sie direkt in mich hineinläuft. Ihre Kopfhörer verwickeln sich mit meiner Jacke und kommen mit einem leisen Klackern auf dem Boden auf.

»Kannst du nicht aufpassen?!«, schnauzt sie mich an und geht in die Hocke, um ihre Kopfhörer wieder aufzuheben. Dabei fallen ihr ihre goldblonden Haare ins Gesicht. Ich tue es ihr nach, sodass wir uns auf gleicher Augenhöhe befinden. Ich habe mir ihr Bild lange genug eingeprägt. Ich muss sichergehen, dass sie wirklich unsere Zielperson ist. Erst dann können wir zuschlagen. Nur auf meinen Befehl hin wird der Zugriff erfolgen. Wenn ich falsch liege, könnte das ernsthafte Konsequenzen haben. Doch wenn sie es wirklich ist …

Ich greife nach ihren Ohrhörern, ehe sie sie nehmen kann, und wende mich ihr schließlich zu, um sie ihr in die Hand zu legen. Unsere Finger berühren sich leicht. In diesem Augenblick treffen sich unsere Blicke und ich sehe zum ersten Mal in ihre grünen Augen. Sie haben eine unverkennbar strahlend grüne Farbe mit goldenen Sprenkeln. Diese eine Sekunde reicht, um mir zu sagen, dass sie es ist. Sie ist unsere Zielperson. Doch obwohl ich ihr Foto schon so oft gesehen habe und es unmöglich ist, dass wir uns je zuvor begegnet sind, kommt es mir so vor, als kennen wir uns von irgendwoher. Ich verspüre ein komisches Gefühl in der Magengrube. Kein Magenkribbeln wie es bei Verliebten beschrieben wird oder wenn man eine Person auf den ersten Blick attraktiv findet. Eher etwas anderes. Etwas, das ich bisher noch nie verspürt habe. Etwas ganz Warmes, das sich in mir ausbreitet. Ich empfinde ihr gegenüber eine tiefe Verbundenheit, die ich niemandem zuvor gegenüber verspürt habe.

Und als hätten die Berührung mit ihr und der Blickkontakt etwas weiteres in mir ausgelöst, schießen blitzartig merkwürdige Bilder vor meinem inneren Auge vorbei. Die Zielperson ist dabei deutlich jünger und trägt kürzere Haare, die ihr gerade mal bis über die Schulter reichen. Sie hat ihre Arme um meinen Bauch geschlungen und weint leise. Ich habe die meinen ebenfalls um sie gelegt und drücke sie fest an mich, während ich murmle: »Kein Grund, sentimental zu werden, Kätzchen.«

Eine entfernte Stimme, die den Namen der Zielperson ruft, reißt mich plötzlich aus den Gedanken und ich fahre hoch. Das Mädchen dreht sich um, sodass mir ihre langen Haare ins Gesicht peitschen. »Komme schon!«, antwortet sie so laut, dass es in meinen Ohren dröhnt und die umliegenden Kunden sie bestimmt auch gehört haben.

Diesen Moment der Abgelenktheit nutze ich, um zu verschwinden. Ich ziehe mir die Kapuze meines Pullovers, den ich unter meiner Lederjacke trage, über den Kopf und laufe, ohne auf die anderen Gäste zu achten, nach draußen.

»Bist du noch dran?«, ertönt es da in meinem Ohr.

Ich fahre vor lauter Schreck zusammen. »Ja«, antworte ich und betrete den Parkplatz vor dem Supermarkt, wo wir mehrere Überwachungswagen positioniert haben. Einen auffällig schwarzen Geländewagen, um zu beobachten, ob sie nervös werden, um sie aus der Reserve zu locken. Zusätzlich haben sich weitere Agenten an die Fersen der Zielpersonen geheftet. Nur ich war der einzige, dem die wichtige Aufgabe zuteilwurde, die Zielperson zu identifizieren.

»Ist sie es?«, höre ich die Stimme meines Kommandanten im Ohr. Vor lauter Aufregung kann er nicht einmal warten, bis ich bei ihnen angelangt bin. Kein Wunder, immerhin werden sie seit neun Jahren erfolglos gesucht und sind schon mehrmals entkommen. Der Zugriff darf nicht wieder fehlschlagen.

Ich bleibe stehen und zögere. Denn das Gefühl dieser Verbundenheit zur Zielperson hält an. Etwas tief in meinem Inneren will nicht, dass ich unseren Verdacht bestätige. Etwas tief in meinem Inneren will sie beschützen.

Doch dann schüttle ich den Kopf. Keine Ahnung, was auf einmal mit mir los ist. Vielleicht liegt es an der Nervosität meines ersten Einsatzes oder daran, dass ich sie so lange studiert habe. Deshalb hole ich tief Luft und sage: »Ja, Zielperson bestätigt.«

Auf der anderen Seite der Leitung herrscht kurz Stille. Das ist der Augenblick, auf den wir so viele Jahre über hingearbeitet haben. »Gut.« Ich höre das Lächeln meines Vorgesetzten heraus. »Dann können wir loslegen.«

KAPITEL 1

Die Absätze meiner hochhackigen Schuhe klackern auf dem kalten Steinfußboden, als ich flankiert von meinen Leibwächtern den Gang entlangmarschiere. Durch das Glas der hohen Rundbogenfenster bricht die Sonne herein, deren warme Strahlen den Flur in ein helles Licht tauchen. Hin und wieder kommen uns Bedienstete oder Wachen entgegen. Sobald sie mich sehen, verneigen sie sich vor mir. Gut so. Es gehört als Zeichen des Respekts dazu, dass sie mir diesen erweisen. Ich bin ihre Prinzessin.

Vor einer hohen Tür bleiben wir stehen. Die vier Wachen davor verbeugen sich ebenfalls, ehe sie beiseitetreten, um mir den Weg freizumachen.

Ich streiche mit den Fingern über mein knielanges himmelblaues Kleid und rücke meine silberne Krone zurecht, auch wenn sie bereits perfekt sitzt. Obwohl sie so filigran ist, ist sie schwerer, als sie aussieht. Ich trage sie mit Stolz. Ich nehme sie nur noch ab, wenn ich mich dusche oder zu Bett gehe. Ebenso wie die schweren mit Diamanten besetzten Kreolen an meinen Ohren, die Kette um meinen Hals, meine Armbänder und die Ringe an meinen Fingern.

Einer der Wachen öffnet mir die Tür. Ich nicke ihm dankend zu. Dann betrete ich den Thronsaal, während meine Personenschützer vor der Tür warten.

Der Thronsaal ist der größte und längste Saal im ganzen Palast. Die dunkelroten Vorhänge sind zurückgezogen, sodass sich auch hier die Sonne durch das hohe Zimmer bahnt. Über mir hängen schwere Kronleuchter. An den Wänden befinden sich Gemälde, die meine Eltern und ihre Vorgänger zeigen. Nur auf einem einzigen, das größer ist als alle anderen, ist eine Schlacht abgebildet, in der Elfen gegen die dreckigen Kobolde kämpfen.

Elfen haben ihre Flügel transformiert – manche von ihnen sitzen auf Pegasi, damit sie ihre Kräfte nicht durch das Flügelschlagen verbrauchen. Sie zielen von der Luft aus mit Pfeil und Bogen auf die Kobolde am Boden, welche nur mit Schwertern bewaffnet sind. Andere kommen auf Drachen angeflogen, welche Feuer in Richtung der Elfen speien. Der Künstler hat kein einziges Detail ausgelassen; blutige Leichen liegen auf dem Boden, er hat sogar einen Marienkäfer auf einer weißen Blüte erfasst, neben der ein blutender Elf mit weit aufgerissenen Augen liegt.

Das Bild erfüllt mich mit Wut und Trauer, weil wegen den Kobolden so viele Elfen umgekommen sind. Weil sie sich dazu erdreistet haben, in unsere Länder einzumarschieren, statt unter der Erde zu bleiben, wo sie hingehören!

Da mich mein Zorn zu übermannen droht und die Energie in mir brodelt, wende ich mich nach vorne. Bis auf ein paar Sessel und Stühle an den Seiten ist der Saal beinahe leer. Auf dem Steinboden sind geschwungene Muster gemalt, in der Mitte befindet sich das Wappen meiner Familie, über das ich hinweg auf meine Eltern zuschreite.

Mehrere Treppenstufen führen zu einer kleinen Erhöhung mit zwei großen goldenen Thronen, auf denen meine Eltern mit erhobenen Häuptern sitzen und mich aufmerksam beobachten. Passend dazu tragen sie ihre goldenen Kronen. Die Farbe der Kronen richtet sich nach dem Stand des jeweiligen Royal:

Der König und die Königin tragen Gold, während die von meinem Bruder und mir silbern sind. Mein Zwillingsbruder ist auch da. Er steht in einem marineblauen Anzug und nach hinten frisierten Haaren neben unserer Mutter und beobachtet mich wachsam.

Seit ich wieder zurück im Palast bin, haben wir uns nicht mehr gesehen. Kurz frage ich mich, ob er beleidigt ist, weil ich die Thronfolgerin bin und die Ältesten mich jetzt anscheinend lieber mögen als ihn. Ich weiß, wie gern er den Thron wollte. Doch es ist meine Bestimmung, nicht seine.

Auch wenn er es war, der das Königshaus kontaktiert hat, um den Unterschlupf der Rebellen aufzudecken. Sie und deren Sympathisanten stellen eine Gefahr für uns und die Regierung dar. Sie müssen gestoppt werden. Nachdem wir das Hauptrebellenversteck fanden und zerstörten, sind die Rebellen zwar in alle Richtungen geflohen, aber immerhin haben wir ihren wichtigsten Stützpunkt im Elfensektor eingenommen. So schnell können sie sich nicht wieder formieren, bis wir zum nächsten Gegenschlag ausholen.

Leider war ich damals noch so naiv und glaubte den Rebellen; verhalf ihnen sogar zur Flucht. Es ist meine Schuld, dass unsere Soldaten sie nicht gefangen nehmen oder töten konnten. Generell beging ich viele Fehler, indem ich die Rebellen beschützte. Doch jetzt kann ich das alles wiedergutmachen und den Ältesten und meinen Eltern beweisen, dass ich eine würdige Prinzessin und Thronfolgerin bin.

Wobei mir meine Eltern nicht einmal in die Augen schauen können. Selbst wenn sie mit mir reden, blicken sie an mir vorbei oder, wenn wir am Tisch sitzen, auf ihr unangerührtes Essen. Begeistert scheinen sie jedenfalls nicht von meinem Verhalten zu sein. Ich verstehe es nicht. Ich bin doch so, wie sie mich haben wollen. Ich stehe voll und ganz hinter ihrer Familie und den Ältesten.

Diese sind ebenfalls anwesend, zumindest drei von ihnen. Sie lehnen ganz entspannt hinter den Thronen meiner Eltern in bequemen Ledersesseln, die extra für sie herangeschafft wurden und lächeln zufrieden.

Kurz frage ich mich, warum keine Frauen zu den Ältesten gehören dürfen, weil es bestimmt auch Frauen gibt, die älter sind als die Männer, aber den Gedanken verschiebe ich wieder. Ich habe die Ältesten nicht zu hinterfragen. Wenigstens sie scheinen mich nicht mehr als die Katastrophe zu sehen, die ich einst beziehungsweise vor ein paar Tagen noch war, bis Onkel Reagon mit mir geredet und mich davon überzeugt hat, dass ich einige Fehler begangen habe.

Er ist als engster Vertrauter meiner Eltern und größter Anhänger des Rates ebenfalls anwesend. Allerdings steht er am Fenster und blickt nach draußen auf den Palastgarten, wo unsere Soldaten auf der freien Wiesenfläche patrouillieren.

Wir befinden uns im Krieg. Gegen die Kobolde und gegen die Rebellen. Deshalb müssen wir vorbereitet sein.

»Wir haben das Hauptquartier der Rebellen gefunden. Die meisten konnten zwar entkommen, aber wie sollen sie sich ohne Stützpunkt organisieren?«, erklärte der kleinste Älteste mit seiner tiefen dröhnenden Stimme, die man ihm aufgrund des ersten Eindrucks gar nicht zugetraut hätte. Er schaute mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Prinzessin Lucyana, du kennst die Rebellen besser als wir. Du warst dort, als wir sie angegriffen haben. Wohin sind sie geflohen?«

»Ich weiß es nicht«, hatte ich ehrlich erwidert.

»Bist du dir da wirklich sicher?«, hatte sich mein Onkel mit ins Gespräch eingeklinkt. Er saß mir gegenüber, sein Blick durchbohrte mich. Schwindel hatte mich befallen, als er in meine Gedanken eingedrungen war, und ich hatte es zugelassen. Ich hatte nichts zu verbergen.

»Sie haben nichts gesagt. Lorcan meinte, wir müssten sie nicht suchen, die Rebellen würden uns schon finden.«

Ich hatte gleichgültig mit den Achseln gezuckt, wenngleich es mich ärgerte, dass ich ihnen nicht sagen konnte, wo sich die Rebellen versteckt halten könnten. Hätte ich nur besser aufgepasst, hätte ich vielleicht eine brauchbare Information aufgeschnappt, die uns hätte weiterhelfen können. »Anscheinend haben sie uns nicht genug vertraut.«

Ich schüttle den Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben. Aus der Konferenz hatte sich nicht viel ergeben, aber dass sie mich in den Thronsaal bestellt haben, ist äußerst selten. Es muss Neuigkeiten geben.

»Ihr habt nach mir verlangt?«, frage ich in die Runde, als ich vor der ersten Stufe stehen bleibe und den Kopf hebe, um ihnen allen in die Augen zu sehen. Dabei ignoriere ich das Dutzend Wachen, die sich neben den Treppenstufen aufgestellt haben. Den Tattoos ihrer Unterarme nach zu urteilen gehören sie zur Armee des Ältestenrats.

»Ja, das haben wir. Gesell dich doch zu uns, Lucyana. Du kommst gerade rechtzeitig«, erwidert der kleinste Älteste. Obwohl er auf einem Sessel sitzt, kann er aufgrund seiner Größe und den kurzen Beinen den Boden nicht berühren, weshalb seine Füße in der Luft baumeln. Er erinnert mich eher an einen Gnom oder ein kleines Kind, wären da nicht die schulterlangen, seidigen weißen Haare und der lange Bart.

Ich nicke und lasse meinen Blick zu meinen Eltern wandern, die weiterhin kein einziges Wort mit mir gewechselt haben. Tiefe Falten durchziehen die gefurchte Stirn meines Vaters. Seine Arme liegen locker auf den Lehnen seines Throns, aber seine Hände sind geballt und seine ganze Haltung angespannt.

Meine Mutter wirkt auch alles andere als gelassen. Ihre Augen huschen unruhig umher und obwohl sie viel Wert auf ihr Aussehen legt und ein deckendes Make-up trägt, sieht man ihre dunklen Augenringe und die roten Flecken – vermutlich aufgrund der Nervosität – hervorschimmern. Die Finger hat sie ineinander verschränkt, dennoch bemerke ich ihr Zittern. Sie hat Angst. Die Frage ist nur: Wovor?

Irgendwie wirkt ihr Abbild fast lächerlich. Sie sind der große Elfenkönig und die große Elfenkönigin. Dabei erinnern mich meine Eltern eher an Marionetten, deren Fäden die Ältesten in den Händen halten.

Stolz gehe ich die Treppenstufen nach oben und stelle mich neben meinen Bruder, der überhaupt nicht stillstehen kann. Auch er wirkt sehr aufgewühlt und tritt von einem Fuß auf den anderen. Fragend hebe ich eine Braue, er erwidert meinen Blick unschlüssig. Doch bevor er etwas sagen kann, winkt der kleinste Älteste einer Wache zu, die ich noch gar nicht bemerkt habe und die vor einer zweiten Tür rechts von uns steht.

»Bringt sie herein!«

Die Wache öffnet die Tür und mehrere Soldaten schreiten mit vier Gefangenen herein. Angeführt werden die Soldaten von ihrem Kommandeur, einem breitschultrigen Elfen, der mit federndem Schritt hoch erhobenen Hauptes zu uns marschiert und vor dem langen Tisch stehen bleibt. Er verbeugt sich vor uns. »Eure Majestäten.«

Dann schaut er wieder auf. Mittlerweile habe ich mich an sein Gesicht gewöhnt, das bei einem Kampf in der Vergangenheit übel zugerichtet wurde. Eine langgezogene Narbe zieht sich von seiner Braue bis hin zu seinen Lippen, was ihn noch gefährlicher wirken lässt als sein muskelbepackter Körper. Der Kommandeur war damals mit dabei, als sie Delavar, Freya und mich auf der Erde angriffen. Und er war dabei, als ich mit Aislinn und Daan durch den Wald floh. Er hat mich wieder zurückgebracht. Er ist kein Soldat meiner Eltern, sondern gehört dem Ältestenrat an.

»Hier sind wie befohlen die Gefangenen.« Er macht eine ausschweifende Handbewegung und tritt beiseite, sodass wir Blick auf die Gefangenen haben.

Die Soldaten stoßen die Elfen, deren Kleidung von Dreck und Blut beschmutzt ist, in den Raum. Als sie zu Boden fallen, packen sie sie im Nacken und ziehen sie hoch, sodass sie vor uns knien. Die Köpfe halten die zerlumpten Elfen gesenkt, sodass ihnen ihre Haare in die Stirn fallen.

Doch traut sich einer den Kopf zu heben, und er wirft seine kinnlangen lockigen Haare zurück, um mir direkt in die Augen sehen zu können. Purer Hass blitzt mir aus einem jugendlichen Gesicht entgegen. Über seiner Braue verläuft eine kleine Narbe.

Mir stockt der Atem, als ich das Gesicht wiedererkenne, in das ich blicke. Cian. Es ist Cian. Der Elf, der mich vor ein paar Wochen an der Akademie missbrauchen und dann im See ertränken wollte.

Ich warte darauf, dass sich etwas in meinem Inneren tut. Wenigstens das Anzeichen einer geringsten Regung. Doch ich fühle nichts. Rein gar nichts. Es ist mir völlig egal.

Plötzlich bin ich wieder dort an jenem düsteren Abend an der Akademie, als ich Aislinn wegen Magenproblemen auf die Krankenstation brachte und dann zu meinem Wohnhaus gehen wollte.

Wie es aus Kübeln goss und mich der Pfeil in der Schulter traf. Wie ich bewegungslos dalag. Wie ich weder sprechen noch meine Kräfte benutzen konnte. Wie die vier Elfen über mir standen. Wie sie mich durch den strömenden Regen über den unebenen Waldboden zerrten. Ich spüre den durchweichten Boden, den Regen, der meine Kleidung durchnässt, die Äste und spitzen Nadeln der Bäume, die sich in meine Haut bohrten. Wie Cian sich über mich beugte, mich berührte. Wie sie mich in den See hineinwarfen. Wie der Druck auf meine Lungen immer stärker wurde und ich glaubte, zu ertrinken. Ich japse auf und hole Luft. Kurz muss ich blinzeln. Ich befinde mich wieder im Hier und Jetzt im Thronsaal.

Genau diese vier Elfen knien nun vor mir. So, wie sie dasitzen, scheinen sie Schmerzen zu haben. Vermutlich wurden sie gefoltert.

Neben Cian befindet sich Shon mit dem rothaarigen Irokesenschnitt. Obwohl er den Kopf gesenkt hält und sich nicht traut aufzuschauen, kann man sein blaues Auge erkennen. Kay hingegen, der breite Elf mit der Hakennase und den blonden Haaren, hat sich vornübergebeugt, als habe er Bauchschmerzen. Er lässt die Augen nach einem Fluchtweg suchend umherwandern. An seiner Seite kniet Noah, ein braunhaariger Elf mit einem Muttermal am Kinn, und zittert am ganzen Körper. Seine Lippen beben merklich. Er schien damals Mitleid mit mir gehabt zu haben, hatte jedoch nichts unternommen, um mir zu helfen. Vermutlich aus Loyalität zu seinem Freund. Er wirkt eingeschüchtert, so wie er den Kopf eingezogen hat. Außerdem ist er leichenblass im Gesicht, das ganz aufgequollen ist, als hätte er geweint.

Ich sehe wieder Cian in die Augen, der meinen Blick stur erwidert. Er ist am übelsten zugerichtet. Er sieht aus, als hätte man ihm mehrmals ins Gesicht geschlagen. Seine Lippen sind aufgeplatzt. Seine verfilzten Haare sind fettig und er riecht übel nach Schweiß und Blut. Obwohl er Schmerzen zu haben scheint, kann er sie gut verbergen. Lediglich das leichte Beben seiner Unterlippe verrät mir, dass er doch nicht so kalt ist, wie er tut.

»So sehen wir uns wieder«, krächzt er mit belegter Stimme.

»Du hättest mich fast umgebracht«, entfährt es mir.

Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie meine Mutter kurz zusammenzuckt und sich die Hand vor den Mund hält. Mein Vater setzt sich aufrechter hin, seine Haltung bleibt weiterhin steif.

»Du hast mehr Schutzengel als ich dachte. Auch gut für mich. Nicht dass ich mir noch etwas eingefangen hätte, wenn ich dich genommen hätte«, kontert er und kneift das nicht angeschwollene Auge zu einem schmalen Schlitz zusammen.

Es überrascht mich, dass er in seiner ausweglosen Situation noch so ein großes Mundwerk hat, statt uns um Gnade zu bitten.

Die alte Lucy hätten seine Worte und der unverkennbare Abscheu in seiner Stimme getroffen. Ich höre in mich hinein, warte darauf, ob ich etwas fühle, doch ich fühle rein gar nichts. Stattdessen erwidere ich Cians Blick unbeeindruckt, was ihn verunsichert zurückzucken lässt. Seine Reaktion lässt mich lächeln. Ich bin nicht mehr das schwache Mädchen, das er zerstören wollte. Ich bin die Thronfolgerin.

»Warum sind diese Elfen hier?«, wende ich mich an meine Eltern und die Ältesten.

»Diese Elfen sind Rebellen«, erwidert der kleinste Älteste. »Sie sind gegen unsere Regierung. Sie sind gegen die Herrschaft deiner Familie. Sie sind gegen uns. Außerdem sind sie verurteilt wegen Entführung, Körperverletzung, versuchter Vergewaltigung und versuchten Mordes an der Prinzessin der Elfen und künftigen Königin.«

Bei jeder weiteren Aufzählung ihrer Vergehen werden die vier Elfenrebellen immer bleicher im Gesicht.

»Was wird mit ihnen geschehen?«, hake ich nach.

Der glatzköpfige Älteste verzieht den Mund zu einem schmalen Lächeln. »Prinzessin, welche Strafe erwartet die Rebellen laut unseren Gesetzen?«

Ich bemerke, wie mich alle neugierig beobachten. Meine Mutter wirkt eher besorgt, mein Vater schaut ebenfalls nicht gerade sehr glücklich drein und mein Bruder zieht die Stirn kraus. Mit unbewegtem Gesicht und emotionsloser Stimme sage ich: »Die Todesstrafe.«

Das Lächeln des glatzköpfigen Ältesten wird noch breiter. »So sei es.« Er nickt dem Kommandanten mit der quergezogenen Narbe über dem Gesicht zu. »Tötet sie.«

»Nein! Bitte!«, schluchzt Noah plötzlich auf. »Bitte, ich tue alles! Aber bitte, töten Sie uns nicht! Wir haben Familie! Geschwister!«

Auch Shon und Kay werden unruhig. Auch sie flehen uns an. Einzig allein Cian bleibt ruhig, die Lippen zu einem schmalen Strich aufeinandergepresst. In seinen Augen spiegelt sich sowohl Zorn als auch Hilflosigkeit wider, die er zu verbergen versucht. Nach außen hin mag er stark wirken, aber ich weiß, dass er Angst hat.

»Das hättet ihr euch überlegen sollen, bevor ihr euch den Rebellen angeschlossen und die Prinzessin angegriffen habt«, unterbricht ihn der dritte Älteste mit schneidender Stimme, sodass Noah zurückzuckt.

»Muss das denn wirklich sein?«, mischt sich auf einmal meine Mutter ein, als die Soldaten hinter die Elfenrebellen treten, und wendet sich zu ihm um. Alle blicken sie überrascht an. Auch ich hätte nicht erwartet, dass sie ihm Einhalt gebietet. Jammerlappen traut sich ja doch, etwas zu sagen.

Der Älteste kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Willst du dich über das Gesetz erheben, Joanne?«

Mein Vater schüttelt kaum merklich den Kopf, doch sie beachtet ihn gar nicht. Sie strafft ihre Schulter. »Sie sind noch Kinder. Es gibt sicherlich eine andere Möglichkeit außer der Todesstrafe. Sie könnten sich bestimmt anderweitig als nützlich erweisen.«

Ich bemerke, wie die Elfenrebellen erleichtert aufatmen, doch da spricht bereits der Älteste weiter: »Wenn wir jedes Mal Gnade walten lassen, haben sie keinen Respekt mehr vor uns. Sie wissen von den Gesetzen und den Strafen bei Verstößen. Sie waren sich dessen voll und ganz bewusst. Sie haben sich ihr eigenes Grab geschaufelt. Nun müssen sie mit den Konsequenzen leben beziehungsweise sterben.«

»Seht es als Warnung gegenüber eurem Volk an«, mischt sich nun der kleinste Älteste mit seiner tiefen dröhnenden Stimme ein. Obwohl ich sie bereits kenne, jagt sie mir dennoch immer wieder eine Gänsehaut über den Rücken. »Dieses Schicksal wird jedem Natura widerfahren, der die Gesetze missachtet, sich euch oder den Ältesten widersetzt oder all diejenigen angreift, die uns unterstützen. Entweder sie sind für oder gegen uns. Wenn du die Elfenrebellen verteidigst, bist du gegen uns, Joanne. Bist du das?«

Meiner Mutter öffnet den Mund, um etwas zu sagen, presst ihre Lippen dann aber wieder aufeinander, als mein Vater seine Hand auf die ihre legt und sich an den Ältesten wendet.

»Was meine Frau und Königin damit sagen möchte, ist, dass sie kein Blut sehen kann. Das ist alles. Wir stellen euch nicht infrage.«

»Gut.« Für einige Sekunden starrt der Älteste meine Eltern an, als versuche er, in ihre Seelen einzudringen. Dann wendet er sich den Soldaten wieder zu.

Mir fällt auf, dass die Wachen, die neben uns an der Treppe stehen, ihre Hände an ihre Waffen gelegt haben und meine Eltern scharf beobachten, als warten sie nur darauf, meine Mutter und meinen Vater ebenfalls festzunehmen. Es kommt mir so vor, als wäre das Königspaar gefangen.

»Tötet sie endlich!«, ertönt es erneut von dem kleinsten Ältesten, woraufhin Noah laut aufschluchzt und den Kopf schüttelt. Kay beginnt erneut zu flehen, während Shon aufspringen und weglaufen will, doch eine Soldatin stößt ihn wieder zurück und zwingt ihn mit dem Lauf ihres Gewehrs, sich wieder hinzuknien.

Dann treten die vier Soldaten zwei Schritte zurück und legen die Gewehre an. Mein Bruder steht stocksteif und mit kreidebleichem Gesicht neben mir. Es wundert mich, dass es ihn so mitzunehmen scheint, immerhin hatte er letztens auch kein Problem damit, als unsere Soldaten die Sympathisanten und Kinder niederschossen.

Meine Mutter hat die Hand meines Vaters fest umklammert. Wider Erwarten hat sie ihren Blick nicht abgewandt, sondern fest auf die flehenden Elfenrebellen geheftet. Ebenso wie mein Vater die Jungen unverwandt anblickt. Sein Kiefer mahlt.

Noah, der vorhin noch wimmerte, wird auf einmal ganz ruhig, ebenso wie Kay und Shon, die stocksteif vor uns knien. Cian hingegen sieht mich direkt an. Der Hass in seinem Blick durchbohrt mich. Aber ich sehe auch die Todesangst in ihm, wenngleich er das Kinn stolz gereckt hat. Dann weiten sich seine Augen plötzlich, als wäre er in Trance.

Der Thronsaal ist kein passender Ort für eine Hinrichtung. Sie könnten die Exekution auch woanders vollführen. In den Kerkern oder draußen im Garten, wo man das Blut mit Wasser wegschwemmen könnte. Doch ich habe die vage Vermutung, dass die Ältesten meiner Familie Angst einjagen wollen nach dem Motto: Ihr könntet die nächsten sein, wenn ihr euch nicht an unsere Regeln haltet.

In diesem Augenblick gibt der Kommandeur den Befehl zum Schießen. Schüsse hallen im Saal wider. Blut färbt den Steinboden rot, als die Rebellen vor unseren Füßen zusammenbrechen.

KAPITEL 2

In dieser Nacht träume ich sehr unruhig. Ich befinde mich mitten in unserem Palastgarten auf einer weiten Wiesenfläche, die unseren Soldaten zum Trainieren von Kampfübungen und Bogenschießen dient. Über mir funkeln am Nachthimmel Millionen von Sternen. Als ich mich umdrehe, wäre mir beinahe ein erschrockener Aufschrei entfahren.

Vor mir steht ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid. Ihre honigblonden Haare reichen ihr bis zur Brust. Sie hat ein schmales Kinn und hervorstechende dunkelgrüne Augen. Mir stockt der Atem. Das bin ich! Besser gesagt eine jüngere Version von mir. Da hebt sie den Kopf.

Ich warte ab, ob sie etwas sagt, doch sie bleibt still, starrt mich lediglich an.

»Was willst du von mir?«, frage ich daher.

Statt einer Antwort dreht sie sich um. Sie wirft noch einen kurzen Blick über die Schulter, als wolle sie mir stumm etwas mitteilen, dann marschiert sie los, in den angrenzenden Wald hinein.

»Wo willst du hin?«

Sie antwortet nicht, sondern geht einfach weiter. Ich sehe mich zu allen Seiten um, aber ich kann nirgends Wächter entdecken. Ich bin allein. Dennoch folge ich ihr. Das hier ist ein Traum. Hier kann mir nichts geschehen. Und es hat bestimmt einen Grund, weshalb mir eine jüngere Version von mir selbst in meinem Traum erscheint.

Zielstrebig marschiert die kleine Lucy an den unzähligen Nadelbäumen vorbei. Hin und wieder huscht ein Eichhörnchen oder ein Marder über einen Baum. Ab und zu vernehme ich auch den Ruf eines Vogels. Eine Eule fliegt an uns vorbei, ebenso wie einige Feen, die durch die Gegend schwirren und ihren silbernen oder goldenen Glitzerstaub verteilen. Doch sie ignorieren uns, blicken nicht einmal in unsere Richtung. Sie sehen uns nicht. Jedoch höre ich die leise Musik, die sie spielen. Es wirkt so real, dass ich mir nicht mehr ganz sicher bin, ob es wirklich nur ein Traum ist oder ob ich mich in der Zwischenwelt befinde.

Plötzlich bückt sich mein jüngeres Ich vor einer Reihe von Büschen, schiebt Blätter und Zweige beiseite, woraufhin ein versteckter Tunnel freigelegt wird, in den sie hineinkrabbelt.

Ich ducke mich unter den Ästen und Zweigen der Büsche und Bäume hinweg und knie mich hin. Mir kommt der Tunnel bekannt vor. Ich war hier schon einmal. Ohne zu zögern folge ich ihr, wenngleich ich mich auf den Bauch legen und hindurch robben muss, während sie auf allen vieren krabbelt.

Zum Glück weitet sich der Tunnel bald. Ich krieche heraus und richte mich auf. Wir befinden uns auf einer kleinen Wiese, die von einer hohen Hecke, Büschen und Bäumen umgeben ist. Erneut habe ich das Gefühl, dass ich hier schon einmal war.

Ist es eine Erinnerung? Ein Traum? Oder bin ich wirklich in der Zwischenwelt? Aber wie kann das nur sein? Bisher konnte ich nur in die Zwischenwelt wechseln, als mich Daan zu sich rief. Daan, der … mir klappt die Kinnlade herunter.

Mitten auf der Lichtung befindet sich ein kleiner Junge mit schwarzbraunen Haaren. Er hat unverkennbar eisblaue Augen, die in meinem Innersten plötzlich etwas aufwallen lassen, von dem ich glaubte, ich würde es nie wieder spüren. Es fühlt sich so an, als hätte sein Blick eine Flamme in mir entfacht, die ich für erloschen glaubte.

Daan, es ist Daan, der Prinz der Kobolde. Doch er schaut nicht mich an, sondern mein jüngeres Ich, das langsam auf ihn zutritt und mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm stehen bleibt. Da er auf die Ellbogen gestützt auf der Wiese sitzt und den Kopf in den Nacken gelegt hat, muss er nach oben schauen. Doch das tut der Arroganz in seiner Miene nichts ab.

»Habe ich es mir doch gedacht. Was machst du hier?! Du hast hier nichts zu suchen! Das ist mein Versteck und mein Palast!«, faucht die kleine Lucy.

»Pech gehabt. Jetzt ist es mein Versteck. Es gefällt mir hier und ich habe nicht vor, so schnell wieder zu verschwinden. Und der Palast wird irgendwann auch mal mein sein.« Er zwinkert ihr zu.

Die kleine Lucy stemmt eine Hand in ihre schmale Hüfte und deutet auf den Gang. »Verschwinde sofort!«

Schweigen entsteht zwischen ihnen, da sich der kleine Daan für mehrere Sekunden nicht regt. Dann steht er plötzlich auf, sodass ich schon glaube, dass er tatsächlich geht. Zu meiner und vermutlich auch der Überraschung meines jüngeren Ichs bleibt er direkt vor der kleinen Lucy stehen und sieht ihr tief in die Augen. Mich scheint er gar nicht wahrzunehmen.

»Warum kommst du dann her, wenn du wusstest, dass ich hier bin, obwohl du mich ja – wie du es unmissverständlich ausgedrückt hast, nicht sehen willst?«

Er will mein jüngeres Ich einschüchtern. Und das scheint auch zu funktionieren, denn der kleinen Lucy fehlen die Worte. »Ich … Blödkobold!«

Er tritt einen weiteren Schritt an sie heran und schließt so den halben Meter Abstand, der noch zwischen ihnen lag. Ein überhebliches Grinsen liegt auf seinem Gesicht. »Aber dafür bin ich ein cooler Blödkobold, oder?«

Und dann neigt er sich einfach nach vorn und küsst mich! Er küsst die kleine Lucy! Und sie lässt es auch noch zu, dass dieser Kobold sie küsst!

Ein Teil von mir will nach vorn stürmen und die beiden auseinanderreißen, doch meine Füße sind wie festgefroren. Und nicht nur das. Zu allem Überfluss regt sich etwas in mir. Plötzlich durchrauschen mich die verschiedensten Emotionen, die sich einen heftigen Kampf in meinem Innersten liefern: Ekel und Wut gepaart mit Entsetzen trotzen gegen dieses flaue Gefühl, als hätte ich eine Armee von umherschwirrenden Feen im Bauch, das sich in mir breitmachen will. Aber da ist noch irgendetwas in meinem Inneren, das dieses Gefühl blockiert, sodass es sich nicht gänzlich in mir verteilen kann.

Die jüngeren Versionen von Daan und mir scheinen endlich fertig zu sein, sich zu küssen, denn sie blinzeln sich überrascht an, als könnten sie nicht glauben, was sie da gerade eben getan haben.

Der junge Daan reißt die Augen auf. »Denk nicht, dass das jetzt irgendwas zu bedeuten hat. Ich hasse dich!« Daraufhin stürmt er an ihr vorbei in den Tunnel.

Ich höre noch, wie die kleine Lucy flüstert: »Ich hasse dich auch.«

Dann tritt eine weitere Person aus den Schatten des Dickichts in mein Sichtfeld und stellt sich neben die kleine Lucy, die sich von ihrem Schock anscheinend wieder erholt hat und mich durchdringend anblickt, als wolle sie mir etwas mitteilen. Der Mann an ihrer Seite hat eine aufrechte Haltung und trägt einen dunkelblauen Anzug mit mehreren Abzeichen und Medaillen, die an seiner Brust hängen. Ein rotes Tuch reicht von seiner Schulter quer über seinen Oberkörper bis zu seiner Hüfte. Klare, smaragdgrüne Augen fixieren mich wachsam.

»Großvater?!«, entfährt es mir, als ich ihn sofort wiedererkenne, auch wenn ich ihn nur sehr kurz kannte, weil ich mich an ihn nicht mehr erinnern konnte und er wenige Tage, nachdem wir uns im Palast wiedertrafen, gestorben war. »Ist das ein Traum? Oder befinde ich mich wieder in der Zwischenwelt?«

Mein Großvater schmunzelt. »Beides. Das gerade eben war eine alte Erinnerung. Der Rest ist ein Traum und du befindest dich aber auch in der Zwischenwelt.«

»Aber … wie kann es ein Traum und gleichzeitig real sein?«, stottere ich verwirrt.

»Anfangs hast du geträumt. Wenn man schläft, gibt es mehrere Traumphasen. Du befandest dich im Tiefschlaf, sodass du es gar nicht mitbekommen oder vergessen hast, wie du in die Zwischenwelt hinübergewechselt bist«, erklärt er mir geduldig.

Ich sage nichts, weil das wohl logisch klingt. Ich wende mich meiner jüngeren Version zu, die mich nach wie vor ohne zu blinzeln anstarrt. Da wir uns in der Zwischenwelt befinden, braucht sie diese Körperfunktion nicht.

»Warum sehe ich mich selbst als jüngere Version? Und wenn das eine Erinnerung war … meine Erinnerungen sind doch eigentlich von Freya und Delavar blockiert worden. Wie kann ich mich wieder an etwas erinnern?«

Wobei ich seit meiner Rückkehr nach Phönix immer wieder Visionen über meine Vergangenheit habe. Doch diese sind bisher eher selten aufgetreten.

»Weil deine Seele gespalten ist«, antwortet er mit einem Funkeln in seinen smaragdgrünen Augen. »Wie soll ich das verstehen?«

»So wie die Menschen werden auch Natura von Ereignissen und Einschnitten in ihr Leben geprägt. Mit jeder Veränderung, jedem Schicksalsschlag, jedem Ereignis, das uns prägt, verändern wir uns und sind nicht mehr die Personen, die wir vorher waren. Stirbt zum Beispiel jemand, lässt du einen Teil deiner Seele mit dieser Person zurück, weil alles, was du mit dieser Person erlebt hast, dann der Vergangenheit angehört. Dieses Mädchen hier …«, er legt meinem alten Ich eine Hand auf die Schulter, »… ist ein Teil von dir. Die Lucy, die sich hinter den blockierten Erinnerungen und Gefühlen befindet, die dich zu der Person gemacht haben, die du gerade bist.«

»Die ich gerade bin? Was meinst du damit?«

»Du hast dich verändert.«

»Na und? Jeder verändert sich im Leben. Das hast du gerade eben selbst gesagt. Das ist doch ganz normal.«

Er fährt sich über die Schläfe, die kleine Lucy verzieht traurig das Gesicht. »Es macht einen Unterschied, ob man sich selber verändert hat durch die einschneidenden Ereignisse oder ob der Geist manipuliert wurde. Die, die du gerade bist, das bist nicht du.«

»Natürlich bin ich das!«, rufe ich. Natürlich haben die vergangenen Ereignisse mich verändert. Aber was mein Großvater sagt, ist Blödsinn! Ich wurde nicht manipuliert! Sie haben mir nur ins Gewissen geredet und ich habe endlich erkannt, wie falsch ich lag. Aufgewühlt balle ich die Hände zu Fäusten. »Ich bin genauso, wie mich die Ältesten und meine Familie haben wollen! Lange genug durfte ich mir anhören, dass ich nicht gut genug für den Thron sei und jetzt, wo ich endlich so bin, wie es von mir verlangt wird, passt es immer noch nicht! Ich kann es niemandem recht machen!«

»Und seit wann bist du so?«, fragt mein Großvater herausfordernd.

Wortlos starre ich ihn an, weil ich seine Frage nicht beantworten will. Er will mich nur manipulieren wie alle anderen.

Er tritt mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen einen Schritt auf mich zu. Die jüngere Lucy folgt ihm wie ein Schatten.

»Ist es nicht so, dass du anders denkst, seit Reagon mit dir allein war, nachdem du im Palast wieder aufgewacht bist?«, hakt er nach.

Ich schweige, was ihn dazu bestärkt, weiterzumachen.

»Und du kannst dich an nichts mehr erinnern, nicht wahr? Du weißt nur noch, dass Reagon mit dir gesprochen hat. Mehr aber nicht.«

Er hat recht. Ich erinnere mich nur noch vage daran, dass meine Eltern kurz da waren. Gemeinsam mit den Ältesten, um sich nach meinem Wohlergehen zu erkundigen. Zumindest vermute ich das. Warum sollten sie sonst nach mir sehen? Aber jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke, ist alles wie ein dichter Nebel, der sich nicht lichten will. Und jedes Mal, wenn ich meine, eine Erinnerung an diesen Tag zu finden, verblasst sie wieder, ehe ich nach ihr greifen und sie festhalten kann. Ich weiß nur noch, wie ich gemeinsam mit Daan den Rebellen geholfen und mit ihm, Aislinn und Lorcan durch den Wald geflohen bin, wo Aislinn getötet wurde und wir uns von Lorcan trennten, damit sie nicht jeden von uns zu fassen kriegen konnten. Ich weiß noch, wie ich angeschossen wurde und Daan fortgeschickt habe. Und ich erinnere mich noch daran, wie unsere Soldaten mich fanden, ehe alles schwarz wurde und ich im Palast wieder aufwachte.

Aber das hat doch nichts zu bedeuten. Laut einer Ärztin habe ich eine Amnesie, die häufig bei Unfallopfern oder Traumapatienten auftaucht.

»Was willst du mir damit sagen?« Ich kann meine Skepsis nicht verbergen.

»Das kannst du dir selbst erschließen«, erwidert mein Großvater und tritt einen weiteren Schritt an mich heran. »Was deine Erinnerung von gerade eben angeht: Das Manipulieren der Erinnerungen oder des Geistes ist wie ein Puzzle. Unsere Erinnerungen bestehen aus Bildern und Szenen, an die wir uns erinnern. Wir können zwar das Puzzle zusammensetzen, aber es ist nie ganz glatt wie ein Foto, das man ausdruckt. Es gibt immer Verläufe, die die Puzzleteile zeigen oder Lücken. Mal verliert man ein Puzzleteil. Manchmal findet man es nicht wieder. Doch manchmal …«

Sein bedeutungsschwerer Blick liegt auf mir. Statt den Satz zu vollenden, tritt er einen weiteren Schritt auf mich zu. Ich verspüre erneut den Drang, zurückzuweichen oder abzuhauen, doch da verwischt plötzlich die Umgebung. So als würde dunkelgrauer Nebel aufkommen, der über den Boden kriecht und alles in vollkommene Finsternis taucht.

Orientierungslos drehe ich mich um die eigene Achse, versuche, etwas zu erkennen, und balle kampfbereit die Fäuste. Als sich der Nebel wieder lichtet, stehen wir inmitten eines Konferenzraums, der sich im Zentrum von Phönix befindet. Mehrere kleinere Kronleuchter hängen in Abständen von den Decken, tauchen jedoch den Raum in ein eher gedämpftes Licht. Mehrere in Anzüge gekleidete Natura haben sich dort auf gepolsterten Bänken versammelt, die in einer U-Form nebeneinander gereiht sind. Es gibt jeweils vier Reihen, die bis zur Wand hinter reichen. An der leeren Seite stehen fünf Lederstühle, die mit ihren kunstvollen Verzierungen und den vergoldeten Lehnen einem Thron ähneln.

Auf ihnen sitzen fünf alte Natura. Einen von ihnen kenne ich bereits: Es ist der kleine Elf des Ältestenrates. Seine Haare sind ein wenig kürzer und er hat weniger Falten als die anderen. Sein Blick ist scharf und wandert aufmerksam durch den Saal. Neben ihm befinden sich vermutlich die Ältestenräte der anderen Völker: ein Schattenelf mit einer Halbglatze, ein Kobold und ein Schattenkobold mit dunkelgrauen Haaren und ein Elb, dessen weiße Haare bis zum Boden reichen. Zu ihren Seiten befinden sich zwei Bänke, auf denen weitere Älteste aller fünf Völker sitzen. Alle tragen dunkle Roben. Sie alle sehen sehr alt aus, aber mittlerweile weiß ich, dass ihr Aussehen über ihre Macht, über die sie verfügen, hinwegtäuscht.

An den Seiten stehen überall Wachen positioniert, die Hände griffbereit an ihren Gewehren. Die Ärmel ihrer Uniformen haben sie zurückgekrempelt, sodass sie den Blick auf ihre Unterarme freigeben, auf denen sie alle dasselbe Tattoo auf ihren Unterarmen tragen: ein Pentagramm, durch dessen Mitte ein Schwert gestoßen ist. Sie sind Soldaten des Ältestenrates.

Das verwundert mich ein wenig. Wo sind die Soldaten der Könige und Königinnen? Warten sie, wie es sonst immer üblich ist bei wichtigen Versammlungen vor den Türen? Doch warum ist die Armee des Ältestenrates dann hier?

Mein Blick wandert weiter zu einem großen Tisch inmitten der Bänke, an dem mehrere Männer und Frauen mit goldenen Kronen auf den Köpfen Platz genommen haben: die Könige und Königinnen der fünf Völker. Sie sitzen alle auf verschiedenen Seiten. Die Königspaare der Elfen und Schattenelfen befinden sich an der linken Längsseite des Tisches, die Kobolde und Schattenkobolde gegenüber von ihnen und die Elben an der Breitseite gegenüber vom Ältestenrat.

Wahrscheinlich sind die Natura in den Anzügen, die sich auf den Bänken zu ihren Seiten verteilt haben, ihre Berater und Minister. Diese rutschen unruhig auf ihren Sitzen umher. Ein nervöses Raunen und Gemurmel geht durch die Runde, als hätten sie gerade eben etwas sehr Schlimmes erfahren.

Unter ihnen entdecke ich meinen Großvater, der mit gerunzelter Stirn die Ältesten betrachtet. Es ist komisch, dass er hier direkt neben mir steht, aber auf der anderen Seite seine jüngere Version hockt. Doch wenn er hier ist, muss …

Ich halte die Luft an, als ich unter den Königen meinen anderen Großvater, König Aden, entdecke. Er hat das gleiche kantige Kinn und dieselbe schiefe Nase wie mein Vater. Ebenso trägt er seine honigblonden Haare schulterlang. Damit sie ihm nicht ins Gesicht hängen, hat er sie hinter seine spitzen Ohren geschoben. Er hat dunkelblaue Augen und trägt einen dazu passenden Anzug.

Neben ihm sitzt eine etwas ältere Elfe mit blonden, leicht ergrauten Haaren. Auf ihrem schmalen Gesicht sind bereits ein paar kleine Falten zu sehen, ihre grünen Augen sind ebenso wach und aufmerksam wie die von allen hier Anwesenden. Ihre Hand liegt auf seinem Oberschenkel, ihr besorgter Blick auf seinem Gesicht. Das muss meine Großmutter sein.

Als ich meine Großeltern anstarre, mir ihre Gesichter einpräge, spüre ich einen Stich. Das, obwohl ich mich in der Zwischenwelt außerhalb meines Körpers befinde. Ich spüre es stärker als in den letzten Tagen. Ich spüre Sehnsucht, Frustration und Trauer, weil ich die beiden nie live getroffen habe, und wenn, dann kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Soweit ich weiß, starb König Aden vor meiner Geburt. Aber ich erkenne ihn von einem der zahlreichen Gemälde im Palast wieder.

Er scheint besorgt, denn seine Stirn hat sich zu tiefen Furchen verzogen, wie es mein Vater auch immer macht, wenn ihn etwas sehr beschäftigt.

»Das könnt ihr nicht tun!«, protestiert er und stemmt die Hände auf die Tischplatte, während er die Ältesten wütend anfunkelt. »Ihr würdet damit Tausende von Elfen, Kobolde und Elben zum Tode verurteilen!«

»Wenngleich ich die Elfen zutiefst verabscheue …«, wirft ein weiterer Mann mit ein, der mir ebenfalls vage bekannt vorkommt. Er hat rabenschwarze Haare und obsidianfarbene Augen. Seine Haltung ist gerade, sein breites Kinn stolz emporgereckt. Er trägt eine eiskalte Miene zur Schau und hat einen stechenden Blick, bei dem ihm bis auf die Ältesten jeder ausweicht. Er macht eine kurze Pause, um seinen Blick über die Natura in diesem Saal schweifen zu lassen.

Ich habe ihn schon einmal gesehen. Bei genauerem Betrachten seines Gesichts weiß ich auch, woher er mir so bekannt vorkommt: Als ich in die Erinnerung von Daans Vater eindrang, war er mir begegnet. Er ist Daans Großvater!

»Wenngleich ich sie verabscheue«, greift er seinen Satz wieder auf, »… finde ich, dass König Áquila recht hat.« Er wirft meinem Großvater einen kurzen Blick zu. »Ich will ungern mein eigenes Volk töten. Dazu Kinder …«

»Und was sollen wir Eurer Meinung nach tun?«, widerspricht ihm der kleine Älteste mit seiner tiefen Stimme. »Tatenlos dabei zusehen, wie unsere Völker untergehen? Die Bevölkerungsdichte muss gesenkt werden. Natura, die nicht gewinnbringend sind, müssen entfernt werden, um unser Überleben zu sichern. Je mehr Kinder geboren werden, umso mehr Münder sind zu füttern, umso mehr Platz benötigen wir und umso größer ist die Chance, dass diese wieder Kinder bekommen. Es wird ewig so weitergehen, wenn wir keine klaren Grenzen ziehen. Vorerst wird der Beschluss nur auf das normale Volk ausgelegt. Angehörige der Königsfamilien und des Ältestenrates sind davon ausgeschlossen. Der Beschluss tritt mit dem heutigen Tag in Kraft, um Phönix eine gute Zukunft zu sichern.«

»Nein!«, ruft mein Großvater. Er schlägt mit der Hand auf die Tischplatte, sodass diese erbebt. »Ich weigere mich, das zu akzeptieren! Ich werde dem nicht nachkommen und ich werde nicht zulassen, dass Elfen getötet werden!«

Der Älteste der Elfen zuckt nicht einmal mit der Wimper. Sein eisiger Blick richtet sich auf meinen Großvater. Ein kaum merkliches Lächeln legt sich auf seine Lippen, als er mit erhobener Stimme verkündet: »Wachen! Nehmt ihn fest.«

Augenblicklich treten alle Wachen des Ältestenrats mit gezückten Waffen nach vorne und zingeln meinen Großvater ein, die Könige und Königinnen in seiner Nähe außer meine Großmutter, die sich schockiert die Hand vor den Mund geschlagen hat, weichen ängstlich zurück.

Ungläubig blickt mein Großvater den Ältesten an. »Das ist nicht Euer Ernst! Was habe ich verbrochen, damit Ihr mich festnehmen könnt? Ich bin der König der Elfen. Ich sollte über das Wohl meines Volkes frei entscheiden können! Doch Ihr nehmt mir diese Freiheit, indem Ihr mir auch noch meine eigene Meinung verbietet! Ihr solltet aufgrund Eurer Erfahrung unsere Berater sein. Ihr missbraucht Eure Befehlsgewalt!«

Ein paar der anwesenden Berater ziehen scharf die Luft ein. Niemand traut es sich, so mit den ältesten Natura zu reden. Der kleine Elfenälteste kneift die Augen zusammen. »König Aden Áquila: Hiermit verurteilen wir Euch wegen Ungehorsam zum Entzug Eurer Kräfte, die Ihr erst wiederbekommt, wenn Ihr Euch uns gefügt habt und langfristig unseren Befehlen Folge leistet.«

Entsetzt schüttelt mein Großvater den Kopf. »Das könnt Ihr nicht machen! Das ist Erpressung! Niemand hat das Recht dazu, uns die Kräfte zu nehmen! Wir haben sie aus gutem Grund!«

»Holt den Stein«, befiehlt der kleine Elf, ohne auf seine Proteste einzugehen. Seinen durchdringenden Blick wendet er kein einziges Mal von meinem Großvater.

Wind kommt auf, der die langen Haare der Elben zerzaust und die Kronleuchter gefährlich zum Schwingen bringt. Sie klirren, als die Kristalle aneinanderschlagen. Doch plötzlich ist es vorbei. König Aden hat die Hände zu Fäusten geballt und die Lippen aufeinandergepresst. Schweißperlen rinnen ihm von der Stirn, sein ganzer Körper ist angespannt. Er scheint gegen etwas anzukämpfen, doch dann geht er in die Knie.

Meine Großmutter sitzt starr vor Schreck auf ihrem Stuhl und schweigt. Eine einzelne Träne stiehlt sich aus ihrem Augenwinkel, die sie schnell wegwischt. Allerdings sagt und tut sie nichts, um ihrem Mann zu helfen. Wie auch? Wenn sie es täte, wäre sie vermutlich die Nächste.

Eine Tür wird aufgestoßen, zwei Wachen kommen mit einem ovalen Gegenstand, der von einem ledernen Tuch umwickelt ist, herein und legen diesen auf dem Tisch ab. Die Könige und Königinnen bis auf meine Großeltern haben sich in die ersten Reihen der umliegenden Bänke verzogen. Vermutlich haben sie Angst, dass sie die gleiche Strafe ereilen könnte.

Die Wachen treten zurück, um den Ältesten Platz zu machen, welche aufgestanden sind und sich wie eine dunkle Mauer um den Tisch herum versammeln. Der kleinste Älteste greift nach dem Ledertuch und wickelt den sich darin befindlichen Gegenstand aus. Ein ovaler, saphirblauer, glatter, etwa straußeneiergroßer Stein kommt zum Vorschein.

Mein Großvater sitzt weiterhin wie erstarrt da, lediglich seine Augen sind schreckgeweitet. Meine Großmutter sieht ihn bestürzt an.

Dann stellt sich der Älteste mit dem Stein in der Hand vor meinen Großvater, welcher wie mechanisch die Arme hebt, um mit seinen Fingern ebenfalls den Stein zu berühren. Plötzlich beginnt dieser zu leuchten, immer heller, bis er den gesamten Raum in ein neonfarbenes, gleißendes Licht taucht, sodass sich alle die Hände schützend vor die Augen halten müssen.

Mein Großvater stößt einen markerschütternden Schrei aus, als das Licht ihn einhüllt. Nach wenigen Sekunden ist es vorbei. Das Leuchten verschwindet und der Stein nimmt wieder seine normale blaue Farbe an. König Aden sackt entkräftet nach vorn, die Starre oder die unsichtbaren Kräfte, die ihn dazu gezwungen haben, still zu sitzen, scheinen ihn wieder freizugeben.

Meine Großmutter ist sofort bei ihm und fängt ihn auf. Sie schlingt ihre Arme um seinen Oberkörper und presst ihn an ihre Brust. Mein anderer Großvater hat den Kiefer angespannt. Er wirkt betroffen, steht jedoch nicht auf, um zu seinem Schwager zu gehen.

Zufrieden sieht sich der kleine Elfenälteste um, den Stein fest in seinen Händen haltend. »Nun, ist noch jemand gegen den Beschluss, der soll seine Einwände vorbringen.« Sein Blick gilt vor allem den anderen Königspaaren, denen allesamt das Blut aus ihren Gesichtern gewichen ist. Sogar der ehemalige König der Kobolde senkt unterwürfig den Kopf. Niemand wagt es, sich zu regen. Das Lächeln des Ältesten wird noch breiter. »Wer ist für den Beschluss?«

Es dauert ein paar Sekunden, bis die ersten Ratsmitglieder zögernd ihre Hände heben. Am Ende geben schließlich alle ihre Zustimmung, wenngleich die meisten nicht gerade sehr glücklich wirken.

»Im Namen der vereinten Völker von Phönix tritt mit sofortiger Wirkung der Beschluss in Kraft. Kein Natura darf mehr als zwei Kinder haben. Überflüssige Kinder werden entweder getötet oder – sollten sie vielversprechend sein, zu Soldaten rekrutiert. Behinderte Natura werden umgehend getötet. Alle, die dagegen verstoßen, bezahlen ebenfalls mit dem Leben. Der Beschluss gilt nicht für die Königsfamilien und Mitglieder der Ratsversammlung.«

Die Umgebung verschwimmt. Erneut kommt Nebel auf, der uns einhüllt, sodass ich nur noch mit meinem Großvater und der kleinen Lucy dastehe, die ich ganz vergessen habe, weil ich mich so auf das Geschehen fokussiert habe.

»Warum hast du mir das gezeigt?«

»Weil ich wollte, dass du mit eigenen Augen siehst, was damals vor sich ging. Dass sich niemand aus freien Stücken dazu entschieden hat, wie die Ältesten allen vorgaukeln. Wir – oder die meisten von uns – waren gegen diesen Beschluss. Aber nachdem König Aden Áquila die Kräfte entzogen wurden, traute sich niemand mehr, etwas gegen die Ältesten zu sagen. Sie waren froh, dass sie und ihre Familien fürs Erste von dem Beschluss verschont blieben. Und manche glaubten an die Idee, dass dadurch die Bevölkerungsdichte gesenkt würde, was das Problem der überbevölkerten Länder gelöst hätte.«

»Aber es half nichts?«

Er schüttelt den Kopf. »Die Länder hätten gereicht. Irgendwann könnte es zu einer Überbevölkerung kommen. So ist es auf der Erde auch. Aber die Menschen halten zumindest an ihren Menschenrechten fest: Jedes Lebewesen hat ein Recht auf Leben. Leider gibt es so etwas in unseren Gesetzen nicht. Ebenso, wie sie ihm die Kräfte entzogen haben. Es war gegen die Natur. So etwas sollte nur in Ernstfällen geschehen, wenn die Macht missbraucht wird, was Aden nicht getan hat. Ganz im Gegenteil, er hat sie dafür verwendet, um Gutes zu tun.« Mein Großvater lächelt ein wenig. »Er hat sich nachts als Bettler verkleidet aus dem Palast geschlichen, um kranke Elfen zu heilen oder Armen Geld vor die Haustüren zu legen. Wenn es Probleme gab, bei denen man seine Kräfte benötigt hatte, war er sofort zur Stelle.«

»Schön und gut, wenn er mit seinen Kräften Gutes getan und einen auf Robin Hood gemacht hat«, sage ich wie aus der Pistole geschossen. »Er war gegen die Ältesten. Er wusste, welche Strafe ihn erwartete, oder? Also war er selber schuld.«

Es ist, als spräche jemand anderes aus mir, während ein Teil von mir gegen die Worte protestiert und mich anbrüllt, dass König Aden unschuldig war und recht hatte.

»Die Ältesten wissen, was gut für uns ist«, presse ich hervor, weil sich etwas in meinem Inneren erneut einen heftigen Kampf liefert, was denn nun richtig und was falsch ist. »Und der Beschluss hat doch seine Wirkung gezeigt, oder? Die Bevölkerungsdichte ist gesunken.«

Mein Großvater seufzt auf. »Ja, die Bevölkerungsdichte ist gesunken. Doch zu welchem Preis?«

»Haben sie ihm mit diesem Stein die Kräfte genommen?«, wechsle ich das Thema, weil ich keine Lust habe, weiter darüber zu diskutieren und weil es mich ganz verrückt macht, dass sich in mir anscheinend zwei Lucys streiten, die anderer Meinung sind.

»Ja, dieser Stein befand sich in den Händen des Ältestenrates. Er sollte wie vorhin erwähnt nur eingesetzt werden, wenn die Kräfte missbraucht oder damit anderen Lebewesen Leid zugefügt wurde.«

»Und wo ist er jetzt?«

Mein Großvater lächelt. »Die Ältesten haben ihn nicht mehr. Ich habe bis zu meinem Tod dem Ältestenrat für ein paar Jahre angehört. Ich habe mir ihr Vertrauen erarbeitet und ihn gestohlen.«

»Aber warum?«

»Weil sie damit Unrecht getan haben. Sie haben vielen Königen und Königinnen zuvor die Kräfte entzogen und über den Stein auf sich übertragen.«

Ungläubig sehe ich ihn an. Davon wusste ich nichts.

Er muss meine überraschte Miene richtig gedeutet haben, denn er fährt grimmig lächelnd fort: »Warum glaubst du denn, konnten die Koboldältesten euch im Palast der Kobolde mithilfe der Elemente angreifen? Warum glaubst du, sind sie so mächtig? Früher waren es nur drei Älteste pro Volk, doch um ihre Macht zu vergrößern, haben sie die Anzahl auf fünf Älteste pro Volk erweitert. Nicht alle von ihnen sind Royals. Sie haben die Kräfte der Royals auf sich übertragen. Deshalb sind sie so mächtig! Allein war ich zu schwach, um sie ihnen wieder zu nehmen, also habe ich den Stein gut versteckt.«

»Du musst ihn wieder zurückbringen!«, fahre ich ihn an und balle die Hände zu Fäusten, weil ein anderer Teil in mir sagt, dass er das Richtige getan hat. »Und was ist mit König Aden geschehen? Du meintest einmal, Blut hätte Blut verraten und dass er ermordet worden wäre.«

»Die Ältesten haben angeordnet, ihn ermorden zu lassen. Als ich sagte, Blut habe Blut verraten, meinte ich damit, dass er von seinem eigenen Bruder getötet wurde, einem Anhänger des Ältestenrats. Er dachte, er würde auf den Thron kommen. Dann haben sie sich aber für den rechtmäßigen Thronfolger entschieden: deinen Vater.«

Ich muss an meinen Zwillingsbruder denken, der sehr ehrgeizig ist und unbedingt König werden will. Würde Danny mich töten, um auf den Thron zu kommen?

Mir schwirrt der Kopf, zudem ich keine Ahnung habe, was mir das hier bringen soll. Ich weiß jetzt, wie der Beschluss beschlossen wurde und was mit meinem anderen Großvater geschah. Wozu das alles?

Energisch blicke ich meinen Großvater an. »Sind wir fertig?«

Dieser schüttelt den Kopf. »Ich habe dir noch mehr zu zeigen.«

Ehe ich widersprechen kann, lichtet sich der Nebel, in dem wir uns befanden und wir stehen plötzlich im Thronsaal vor den Thronen meiner Eltern, vor uns knien die vier Elfenrebellen.

Ich trete einen Schritt zurück, als sie synchron ihre Köpfe heben und mich emotionslos anstarren. Blut tritt aus Schusswunden an ihren Oberkörpern. Es färbt den Palastboden dunkelrot. Ich warte darauf, dass sie etwas sagen, dass Noah um sein Leben bettelt oder Cian mich provoziert, doch sein starrer Blick durchbohrt mich nur. Lieber wäre es mir, er würde etwas sagen oder Emotionen zeigen. Aber er starrt mich nur mit toten Augen an.

Mein Großvater hat die Hände hinter dem Rücken ineinander verschränkt und blickt die vier Jungen traurig an. »Wenn es nicht beendet wird, werden sie nicht die letzten Opfer gewesen sein. Natura sind wie Menschen und Tiere. Wenn sie gewaltsam aus dem Leben gerissen werden, können sie oft schwer Frieden finden.«

»Willst du mir damit sagen, dass sie irgendwo im Palast herumgeistern? Und warum zeigst du mir das alles und sprichst in Rätseln? Warum sprichst du nicht einfach Klartext?«

Mein Großvater lächelt bedrückt. »Wir Toten dürfen uns nicht in das Leben der Lebenden einmischen. Ebenso wie diese die Toten ruhen lassen sollen. Dafür kann ich dir zeigen, was war, was ist und was sein könnte.«

Erneut verwischt die Umgebung. Ich bin wie erstarrt, als wir uns plötzlich auf einer großen Wiesenfläche wiederbefinden. Obwohl ich weiß, dass es in der Realität gerade mitten in der Nacht ist, strahlt die Sonne vom wolkenklaren Himmel herab.

Um mich herum sind überall Natura der verschiedensten Arten. Elfen, Kobolde und Elben, die bewaffnet sind und deren Kleidung mit Blut befleckt ist. Einige Elfen haben Pfeilköcher auf dem Rücken und Bögen um ihre Oberkörper geschwungen, Kobolde halten mit Dreck und Blut verkrustete Schwerter in den Händen, Elben dunkelrot verfärbte Stöcke. Es wirkt so, als wären sie gerade erst aus einer schweren Schlacht gekommen.

Sie haben einen Kreis um etwas gebildet. Da sie jedoch so dicht beieinanderstehen, kann ich nicht sehen, was sie da betrachten. Ein unruhiges Raunen geht durch die Menge. Ohne auf meinen Großvater zu achten, schiebe ich mich durch die Umstehenden hindurch und bleibe abrupt stehen, als mein Blick auf zwei Leichen auf dem Boden fällt, um die alle herumstehen.

Ich schüttle den Kopf. »Nein! Nein!«

Es sind Daan und ich, die dort mit geschlossenen Augen im mit Blut getränkten Gras liegen. Unsere Hände liegen nebeneinander, jedoch berühren sie sich nicht. Unsere Gesichter sind voneinander weggedreht. Ein langer Schnitt zieht sich über Daans Wange, an der verkrustetes Blut klebt. Auch mein Gesicht hat Kratzer abbekommen. Unsere Kleidung ist dreckig und voller dunkelroter Flecken, unsere Haut ist marmorfarben. Auf den ersten Blick wirkt es so, als würden wir nur schlafen, aber ich weiß, dass wir tot sind.

Daneben steht die kleine Lucy. Doch etwas an ihr hat sich verändert. Bei genauerem Betrachten erkenne ich, dass ihr Kleid an einigen Stellen verschmutzt und voller Blut ist. An einer Seite ist es eingerissen. Über einer Schulter trägt sie eine Rüstung aus Metall, die ihre Schultern schützt. Ein Bogen ist um ihren Oberkörper geschlungen, hinter ihrem Rücken ragt ein Köcher voller Pfeile hervor. In ihrer Hand hält sie ein Schwert, das ebenfalls voller getrocknetem Blut ist. Dabei sollte ein kleines Mädchen keine Waffen in den Händen halten oder mit Blut befleckt sein.

Neben ihr taucht auf einmal der kleine Daan auf, auch seine Kleidung ist rot und mit Dreck verschmiert. Sein Gesicht ist vom Weinen ganz geschwollen. Er wirkt so unschuldig. Dabei ist er mein Feind! Mein Feind, neben dem ich tot liege!

»Großvater …« Entsetzt starre ich meinen Großvater an, der sich neben mich stellt und unsere Leichen betrachtet. »Willst du mir damit sagen, dass wir sterben werden?«

»Ich habe dir die Vergangenheit und die Gegenwart gezeigt. Die Zukunft ist noch nicht geschrieben. Hier zeige ich dir nur eine mögliche Zukunft, wie sie im Moment verlaufen könnte. Ob ihr und eure Völker sterbt oder überlebt, ob und wie die Prophezeiung erfüllt wird, hängt ganz allein von euch ab«, erwidert dieser. »Du musst wieder zu dir zurückfinden, Lucy. Dein Volk und deine Freunde brauchen dich. Nur gemeinsam könnt ihr gegen die Ältesten bestehen. Daan und du, Drache und Adler haben sich bereits vereint, als ihr euren Seelenbund geschlossen habt. Der Krieg ist bereits angebrochen, die Dinge haben bereits ihren Lauf genommen. Nur ihr könnt jetzt entscheiden, welche Richtung dieser Lauf nehmen wird.«

KAPITEL 3

Die nächsten Tage verlaufen ähnlich ab. Was mir mein Großvater gesagt und gezeigt hat, lässt mich nicht mehr los. Tagsüber mache ich weiter wie bisher, lasse mich von ausgewählten Lehrern am Palast in Etikette, Politik, Militärtaktik und anderen Fächern unterrichten, die für mich als Thronfolgerin wichtig sind. Am Abend esse ich gemeinsam mit meiner Familie, auch wenn der Ablauf jedes Mal derselbe ist: Wir alle starren nur unsere Teller an und stochern darauf herum, ohne miteinander zu reden. Meine Eltern und mein Bruder schaffen es nicht einmal, mir in die Augen zu sehen. In der Zwischenwelt hatte ich kurzzeitig Gefühle, ich dachte darüber nach, aber jetzt ist mir wieder alles egal.

Dennoch kreisen meine Gedanken andauernd um den Traum. Auch in dieser Nacht kann ich nicht schlafen wie so oft in letzter Zeit. Ruhelos werfe ich mich im Bett umher, bis ich es schließlich nicht mehr aushalte und die Decke zurückschlage.

Ich ziehe mir meinen Morgenmantel über, weil es allein mit meinem Nachtkleid zu kalt ist, und schlüpfe in flache Schuhe. Zuerst will ich durch die Tür hinausgehen, bis mir wieder einfällt, dass dort die Wachen warten. Zu meinem Schutz wurde angeordnet, mich nicht allein zu lassen. Die einzigen Ausnahmen sind, wenn ich in meinem Zimmer oder im Bad bin. Aber ich habe jetzt keine Lust darauf, dass sie mir auf Schritt und Tritt folgen. Ich will und brauche jetzt meine Ruhe.