Die letzten Tage von Kansas - Harvey Cole - E-Book

Die letzten Tage von Kansas E-Book

Harvey Cole

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Beschreibung

Adam Gatlin wird in einem kleinen Städtchen in Kansas in einen tödlichen Streit verwickelt. So gerät er zwischen die Fronten der “Grenzunruhen” am Vorabend des amerikanischen Bürgerkriegs.

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Harvey Cole

Die letzten Tage von Kansas

Kompaktroman

Carpathia Verlag

© 2012 Carpathia Verlag GmbH, Berlin

Covergestaltung: Robert S. Plaul

Illustration: Henry Alexander Ogden (Library of Congress)

ISBN 978-3-943709-36-0 (EPUB)

ISBN 978-3-943709-38-4 (PDF)

Mehr Kompaktromane unter www.kompaktroman.de.

www.carpathia-verlag.de

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 1

Sie waren nur dünn besiedelt, die Territorien Nebraska und Kansas. Und das Leben dort war friedlich, zumindest solange die alte Mason-Dixon-Linie noch Bestand hatte. Sie teilte die Vereinigten Staaten in solche, in denen die Sklaverei erlaubt war und in die anderen, in denen sie verboten war. Doch dann kam das Kansas-Nebraska-Gesetz. Machtgierige Politiker hatten es erlassen, unter dem Deckmantel der Demokratie. Mit dem Kansas-Nebraska-Gesetz zog die Gewalt in die einst friedlichen Territorien ein, und nichts sollte mehr so bleiben, wie es einst war. Die Mehrheit sollte dereinst über die Sklaverei entscheiden, wenn die Territorien reif waren, als Bundesstaaten in die Union aufgenommen zu werden. Von Nord und Süd strömten Siedler nach Kansas und Nebraska. Mit ihnen zogen Banden, die neue Siedler wieder vertreiben sollten – ja nach dem, auf welche Seite sie sich schlugen. Mord und Brandschatzung waren an der Tagesordnung. Gegner und Befürworter der Sklaverei bekämpften sich mit aller Härte und Brutalität. In Sachen Grausamkeit standen sie einander in nichts nach. Das alles geschah am Vorabend des amerikanischen Bürgerkrieges, und es gibt nicht wenige, die behaupten, dass auf den Gebieten von Nebraska und Kansas der Bürgerkrieg schon mal geprobt wurde. Man nannte es »The Border Riots«, die Grenzunruhen.

Wer versuchte, sich herauszuhalten, lebte gefährlich in diesen Zeiten. Das galt auch für Adam Gatlin. Adam war ein hochgewachsener, schweigsamer Mann, die aschblonden Haare hatte er meist unter einem gewaltigen schwarzen breitkrempigen Hut verborgen. Überhaupt galt ihm offensichtlich die Farbe schwarz für ganz besonders. Schwarz waren nicht nur Jacke, Weste, Hemd, Hose und Stiefel, schwarz war auch sein großes, kräftiges Pferd namens Roscoe. Doch das Seltsamste an diesem Tier war, dass es eine hellgraue, ja fast weiße Mähne trug, lang und seidig, ebenso wie der üppige Schweif. Derlei hatte man, zumindest in Kansas, noch nie gesehen.

Wie Adam nach Kansas kam, wusste er eigentlich selbst nicht so genau. Als junger Mann, kaum zwanzig, hatte er den amerikanisch-mexikanischen Krieg mitgefochten. Als der unglückliche Daniel Bowie mit seinen 180 Getreuen zum Alamo ritt, wäre er wohl auch dabei gewesen, wenn ihn nicht ein schlimmes Fieber ans Bett gefesselt hätte, von dem nicht wenige glaubten, dass es ihn das Leben kosten werde. Nun, er hatte sich vom Fieber erholt und Bowie war mit den anderen im Alamo zugrunde gegangen, dahingemetzelt von Santa Anna, der das kleine Grenzfort vier Wochen lang mit 3.000 Mann belagert hatte. Der mexikanische General hatte keinen am Leben gelassen, der ihm Widerstand geleistet hatte. »The Alamo« – das war zum Fanal dieses Krieges geworden, den die Mexikaner schließlich verloren hatten und der der Welt den kurzlebigen eigenständigen Staat Texas bescherten, der bald in die Union aufgenommen wurde.

Adam trieb sich nach dem Krieg im Süden herum, verdingte sich im Hafen von Savanna als Arbeiter, versuchte sich als Spieler in New Orleans und als Verwalter einer Pfirsichplantage in Georgia. Er war dort Aufseher über zwölf Sklaven, die von ihren Herren ebenso gut wie von ihm behandelt wurden, doch nach einem halben Jahr war Adam klar, dass dies nichts für ihn war. Er landete für ein Jahr als Vermesser beim Eisenbahnbau. Auch das hielt ihn nicht. Er ließ sich treiben. Dieses wunderbare Land war so unermesslich groß, dachte er sich, warum sollte man irgendwo Wurzeln schlagen.

So überschritt er eines Tages die Grenze nach Kansas. Er hatte wohl von den Grenzunruhen gehört und sich nicht besonders dafür interessiert. Er hatte kein besonderes Verhältnis zu Kansas und auch nicht vor, länger zu bleiben. Eigentlich war – wenn auch verschwommen – Montana ganz im Norden sein Ziel. Was er dort wollte, wusste er auch nicht so recht. Zumindest der Name gefiel ihm. So dachte er an Montana, als Roscoe ihn mit langsamen, ja majestätischen Schritten nach Harmsville trug. Das kleine Städtchen sollte das Leben von Adam Gatlin nachhaltig verändern.

Kapitel 2

Harmsville war ein kleines Städtchen mit ein paar Hundert Seelen. Es bestand im Wesentlichen aus einer Hauptstraße, an der sich drei Dutzend Häuser aneinanderreihten. Auf dem großen schwarzen Roscoe thronend, passierte Adam Gatlin einen Krämer, den Hufschmied mit Mietstall, das Büro des Sheriffs und den Saloon »Western Flower«. Gegenüber lagen das Hotel »George Washington« und ein Tischler. Ein Bestattungsunternehmer hatte seine Werkstatt nebenan. Eine weiß getünchte Kirche mit einem putzigen Glockentürmchen schloss sich an. Das ganze Ensemble wurde von einigen Privathäusern vervollständigt.

Adam war schon mehrere Stunden unterwegs und freute sich nun auf eine Erfrischung, ein Bad und eine Nacht im Hotel in einem richtigen Bett. Es war schon spät am Nachmittag. Die Schatten wurden länger, als er Roscoe am Saloon anband und durch die Schwingtür den Saloon betrat. An einem runden Tisch in der Ecke saßen drei Männer, die Poker spielten, der Barkeeper polierte die Gläser und hob nur die Augenbrauen, als er sah, dass ein Fremder in den Saloon kam.

Adam stellte sich an den Tresen, tippte sich an die Hutkrempe und fragte nach einem kühlen Bier. Der Barkeeper nickte, griff nach einem Krug und füllte ihn, bis der Schaum über den Rand trat. Dann schob er den Krug über den Tresen und fragte knapp: »Weiter Weg?« Nicht, dass es ihn wirklich interessiert hätte. Fremde kamen zwar selten nach Harmsville, aber man war auch froh, wenn sie bald wieder weiter ritten. Seit die Unruhen immer schlimmer wurden, waren die Bürger der kleinen Stadt froh, wenn sie möglichst unbehelligt blieben. Auch Adam zeigte wenig Neigung, von irgendwelchen Abenteuern zu berichten und antwortete so knapp, wie es die Höflichkeit erforderte: »Ziemlich weit.« Fast gierig zog er den Krug an sich und nahm einen tiefen langen Schluck, dann seufzte er zufrieden. Er setzte nur kurz ab und ließ das kühle Bier erneut durch seine ausgetrocknete Kehle rinnen. Welch ein Genuss. »Gibt es im Hotel freie Zimmer?«, fragte er den Barkeeper. Der stutzte einen Moment und brummte dann. »Schätze, es wurde dafür gebaut, dass Zimmer frei sind. Fremde sind hier selten.« Adam hörte aus der Antwort sehr wohl heraus, dass Fremde nicht besonders gern gesehen waren und nicht länger bleiben sollten, als unbedingt nötig. »Bleibe nur eine Nacht, will weiter nach Montana.« Der Barkeeper polierte weiter und brummte: »Das ist aber noch verdammt weit. Soll dort ziemlich kalt sein.« Adam setzte sein Bier ab, das inzwischen leer war. »Hab ich auch gehört. Gutes Bier habt ihr hier. Ich nehme noch eins.« Zum ersten Mal lächelte der Barkeeper und ließ ein weiteres Bier einlaufen. Doch plötzlich gefror ihm das Lächeln auf dem Mund. Die Schwingtür ging auf. Ein junger Mann von 18 oder 19 Jahren kam herein. Er hatte feuerrotes Haar und wurde von einem dicklichen Jungen begleitet, der vielleicht zwei Jahre jünger war.

»He Jungs!«, rief der Rothaarige. »Habt ihr gesehen, was da draußen steht? So einen Gaul habe ich ja noch nie gesehen. Weiß jemand, wem der gehört?«

Adam, den Ärger schon ahnend, zog seinen Hut tiefer ins Gesicht. Doch der Junge hatte ihn schon als Besitzer von Roscoe ausgemacht.

»Hey, Mister, sie sind so schwarz wie der Gaul da draußen, der gehört sicher Ihnen.«

Adam drehte sich langsam um und musterte den jungen Mann lange und eingehend.

»Ja, das ist mein Roscoe, was dagegen?«

»Nein, aber so ein Pferd, von so einem Pferd habe ich immer geträumt. Ich kaufe es ihnen ab.«

»Roscoe ist nicht zu verkaufen«, entgegnete Adam und drehte sich wieder um.

»Mein Vater ist der reichste Mann hier weit und breit. Nennen Sie mir einfach einen Preis und dann ist das Geschäft gemacht.«

»Roscoe ist nicht zu verkaufen«, wiederholte Adam und drehte sich diesmal nicht mehr um. Er hörte das Klicken eines Revolververschlusses und den Jungen sagen: »Ich will das Pferd aber haben.«

Jetzt drehte sich Adam um und blickte in den Lauf eines alten Armeerevolvers.

Ende der Leseprobe