Die Liebe kam unerwartet - Angela Mackert - E-Book

Die Liebe kam unerwartet E-Book

Angela Mackert

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Beschreibung

Die Kostümdesignerin Jennifer arbeitet in der Schneiderei eines Theaters. Weil das Ensemble dringend neue Kostüme braucht, will sie auf dem Opernball ein offenes Ohr für die Verwirklichung ihrer Entwürfe finden. Als sie Oliver kennenlernt, scheint sie ihrem Ziel näher zu kommen. Hals über Kopf verliebt sie sich in ihn. Aber ist Oliver wirklich der, für den sie ihn hält? Jennifer gerät auf eine Achterbahn der Gefühle.

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Die Liebe kam unerwartet

Die Liebe kam unerwartetKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Über die AutorinLeseprobe: Die Farbe der Dunkelheit, Antiquerra-Saga 1Impressum

Die Liebe kam unerwartet

Ein Liebesroman von Angela Mackert.

Kapitel 1

Jennifer lehnte sich über die Brüstung der Galerie und sah hinunter in den großen Saal des Theaters. Wenn sie nur wüsste, wie der neue Intendant aussah! Sie presste die Lippen zusammen und schlug mit der Hand auf die Marmorplatte des Geländers. Wie hatte sie nur vergessen können, seinen Namen zu googeln! Im Internet gab es sicher ein Foto von ihm. Der Gedanke kam jedoch zu spät. Frustriert ließ Jennifer ihren Blick durch den Saal schweifen. Die üppigen Dekorationen betonten das festliche Flair des Opernballs. Was das wohl kostete? An solch vergänglichen Sachen sparte die Theaterleitung nie, aber für die Verwirklichung ihrer Kostüm-Entwürfe reichte angeblich das Geld nicht. Dabei brauchten die Künstler dringend eine neue Ausstattung. Die alten Gewänder konnten schließlich nicht ewig umgearbeitet werden. Hoffentlich zeigte sich der neue Intendant einsichtiger. Wieso hatte sie nicht an ein Foto von ihm gedacht! Plötzlich hellte sich Jennifers Mine auf. Vielleicht hielt er heute Abend eine Rede. Sicher würde er die Gelegenheit nutzen und sich vorstellen.

Der Saal füllte sich. Vorne auf der Bühne stimmte das Orchester die Instrumente ein. Die Klänge mischten sich mit dem Stimmengemurmel der Gäste. Viele liefen noch zwischen den Tischen umher und suchten nach ihren Plätzen: Männer in mehr oder weniger gut sitzenden Smokings, Frauen in mehr oder weniger geschmackvollen Abendroben. Automatisch tastete Jennifer über die meergrüne Seide ihres Kleides. Sie hatte es selbst entworfen und genäht. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ein solches Meisterwerk sollte ihr erst einmal einer nachmachen.

Durch die Flügeltür links neben der Bühne eilten Kellner heraus, um die ersten Bestellungen auszuführen. Jennifer schaute ihnen eine Weile zu, bis ihr Blick an der mittleren Tür des Saals hängen blieb. Sie führte in eine Bar. Das war der richtige Ort, um später ihren Erfolg zu feiern! Vorausgesetzt, ihr Plan ging auf … Jennifers Schultern sackten nach unten. Besser, sie setzte ihre Erwartungen nicht zu hoch an. Vielleicht stieß sie mit ihrem Anliegen wie üblich auf taube Ohren.

Ein Mann mit unübersehbarem Wohlstandsbauch schaute zur Galerie herauf und lenkte Jennifer von den Problemen ab. Wollte er etwas von ihr? Ah … Der Blick des Mannes blieb an ihrem Ausschnitt hängen. Sein Gesicht nahm einen lüsternen Ausdruck an. Fehlte nur noch, dass er anfing zu sabbern. Jennifer reckte den Busen vor und das Kinn dazu. Das half immer bei diesen unverschämten Typen, auch diesmal. Er verschwand hinter der Flügeltür rechts außen. Jennifer sah noch, wie er sich eine Zigarre in den Mund steckte. Dort ging es also in die Raucherlounge. Nun, in diesen Raum würde sie ohnehin nicht gehen.

Oh, nein! Vor Schreck rutschte Jennifer mit dem Ellbogen über die Brüstung. Was, wenn das eben der neue Intendant gewesen war? Dann konnte sie ihr Vorhaben vergessen. Sie richtete sich auf und trat hastig einen Schritt zurück.

Unten intonierte das Orchester einen Wiener Walzer. Niemand tanzte dazu, aber der Ball war schließlich noch nicht offiziell eröffnet. Jennifer seufzte und machte sich auf den Weg zu ihrem Tisch in der hinteren Ecke der Galerie. Wieso hatte sie diesen Mann provoziert? Sie hätte sich doch einfach abwenden können. In Gedanken flehte Jennifer alle guten Geister an. Dieser ordinäre Mann von eben durfte nicht der Intendant sein. Sie war mit ihren Tischnachbarinnen schon genug gestraft. Für was auch immer. Sie hatte nichts Böses getan und musste doch ausgerechnet neben Anna und Luise sitzen, den beiden Chorsängerinnen, die immer so viel tratschten. Aber sie würde es aushalten. Jennifer nahm sich das fest vor. Es ging immerhin darum, den neuen Intendanten für die Entwürfe der Theaterkostüme zu begeistern. Er sollte das Geld dafür lockermachen. Hoffentlich hatte sie sich nicht bereits alles verpatzt. Jennifer seufzte, hob die Hand und winkte den beiden Chorsängerinnen, die sie bereits entdeckt hatten. Es war besser, wenn sie sich vor Anna und Luise nichts anmerken ließ. Nach wenigen Schritten erreichte Jennifer ihren Tischplatz und setzte sich.

»Ein bisschen gewagt, dein Kleid …« Luise kniff die Augen zusammen und betrachte die geteilten Stoffbahnen, die Jennifers linkes Bein beim Gehen bis knapp unterhalb der Leiste freigaben und in ein gewickeltes Rockteil übergingen. Unter dem Schlitz blitzte ein freches, ziemlich kurzes, mit Pailletten und Glitzersteinen besetztes Unterkleid vor.

»Findest du?« Jennifer fragte betont unschuldig.

Luise sagte nichts mehr. Vermutlich lähmte der Neid ihre spitze Zunge. Dafür plusterte sich Anna auf. Kaum dass Jennifer saß, beugte sie sich herüber.

»Hast du schon gehört, Jenny? Maria ist im Krankenhaus. Ich bin die zweite Besetzung. Jeden Moment muss die Nachricht kommen, dass ich an ihrer Stelle heute Abend die Arie der Pamina singe.

Luise machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wahrscheinlich singt Marcella.«

»Pah, die Pamina-Arie muss eine Jüngere singen. Außerdem wird Marcella schon als Königin der Nacht auf der Bühne stehen. Da hat sie genug mit zu tun.« Anna beugte sich zu Jennifer vor und flüsterte hinter vorgehaltener Hand. »Marcellas Stimmbänder sollen ziemlich angegriffen sein.

Jennifer ließ die beiden reden. Als das vorbestellte Menu aufgetragen wurde, zog sie ihr Bolero-Jäckchen aus und hängte es über den Stuhl. Vergnügt registrierte sie die offenstehenden Münder ihrer Tischnachbarinnen. Ihre Blicke klebten an den funkelnden Steinchen, mit denen die dünnen Träger ihres Kleides verziert waren. Wenigstens diese Arbeit hatte sich gelohnt. Leider legte sich sofort ein Schatten über Jennifers Freude. Der aufdringliche Mann von vorhin! Hoffentlich blieb ihre Reaktion ohne Folgen.

Die unangenehmen Gedanken verflogen, als die Hauptspeise, rosa gebratenes Hasenfilet auf Kartoffelschaum und mit einer köstlichen Cognacsoße, aufgetragen wurde. Jennifer genoss jeden Bissen, schloss sogar zeitweise die Augen, um sich nicht von diesem Gaumenkitzel ablenken zu lassen. Anna und Luise warfen ihr deshalb missmutige Blicke zu. Die beiden stocherten in ihren Tellern, jammerten um ihre Figur und ließen die Hälfte zurückgehen.

Nach einer Weile konnte Anna ihre Zunge nicht mehr in Zaum halten. »Du wirst aus deinem Kleid platzen.«

Jennifer ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Hm, das schmeckt fantastisch! Ich verrate euch ein Geheimnis. Ich habe einen Zauberspiegel. Der sagt mir jeden Tag, dass ich eine gute Figur habe. Deshalb kann ich essen, worauf ich Lust habe, ohne dicker zu werden. Ihr solltet euch auch so einen Spiegel anschaffen.«

Ungerührt aß Jennifer weiter und lauschte dabei dem Orchester, das unten im Saal das musikalische Programm des Opernballs eröffnete. Allmählich entspannte sie sich. Als Jennifer nach dem Dessert, einer zart schmelzenden weißen Mousse au Chocolat mit geeisten Himbeeren, den Löffel weglegte, lehnte sie sich satt und zufrieden zurück. Doch nicht lange. Beifall brandete auf. Jennifer lauschte. Der Koloratursopran von Marcella erklang, klar und temperamentvoll. Scheinbar ohne Mühe sang sie Mozarts berühmte Hass-Arie. Jennifer stand auf und ging zur Brüstung, um ihr zuzuschauen, jedoch diesmal nicht wegen Marcellas Gesang. Sie musste aufpassen! Die Künstlerin galt als unbestrittener Star des Theaters. Vermutlich saß der neue Intendant in der Nähe ihres Tisches. Vielleicht konnte Jennifer ihn jetzt ausfindig machen.

Als die Sopranistin ihren Vortrag beendete, bekam sie stehende Ovationen. Es dauerte ein Weile, ehe sie die Bühne verließ, um zu ihrem Platz zurückzugehen. Jennifer ließ sie nicht aus den Augen. Zwei Männer traten der Diva entgegen und küssten ihr galant die Hand. Keiner der beiden ähnelte dem Zigarrenmenschen. Jennifer atmete auf. Einer der Männer musste der Intendant sein, sonst hätte Marcella sie nicht so nah an sich herangelassen. Vielleicht der große Schlanke? Jenny wunderte sich über ihr Herz, das auf einmal seinen Schlag beschleunigte. Der Mann, dem ihre Aufmerksamkeit galt, wandte ihr sein Profil zu. Jennifer biss sich auf die Lippen. Bitte! Schieb dein energisches Kinn zur Seite und strecke deine edle, griechische Nase woanders hin. Ich will nicht, dass du mir gefällst! Das bringt nur Komplikationen. Sie legte die Hand auf die Brust und atmete tief ein. Was war mit ihr los? Es ging um ihre Entwürfe! Nicht um attraktive Männer, nicht um Gefühle. Mit schnellen Schritten ging sie an den Tisch zurück und trank den Rest Wein aus ihrem Glas in einem Zug leer. Anna lehnte mit vor der Brust verkreuzten Armen in ihrem Stuhl.

»Sie hat das hohe F nicht sauber gesungen.«

Wie glatt die Lüge über Annas Lippen ging. Jennifer hatte auch Ohren, aber auf eine Diskussion über Marcellas Gesang würde sie sich garantiert nicht einlassen.

»Ich stürze mich ins Gewühl da unten«, sagte sie stattdessen.

Jennifer stellte ihr Glas zurück und ging die breite Marmortreppe zum Saal hinunter. Als sie die letzten fünf Stufen erreichte, blieb Jennifer stehen. Ein Schwindel erfasste sie. Sie dachte an das Glas Wein, das sie getrunken hatte. Aber seit wann löste Wein ein Gefühl von Schmetterlingen im Bauch aus? Und überhaupt … Sie griff Halt suchend nach dem Geländer, glaubte, eine Erscheinung zu haben. Unten stand der Mann mit der klassischen Nase und lächelte sie an.

Wie er sie anlächelte! Jennifer fühlte sich, als ob alles um sie herum bedeutungslos würde. Sein Blick aus grünen Augen fesselte sie, zog sie mit sich, hinein in die Tiefe eines unbekannten Ozeans. Es nahm ihr den Atem. Die Musik des Orchesters aus dem Saal schien leiser zu werden, genauso wie das Stimmengewirr der Menschen um sie herum. Sie nahm es kaum noch wahr. Es gab nur noch diesen Mann – und irgendwann, nach endlos scheinenden Sekunden, das Gefühl von zitternden Knien.

Es brachte Jennifer in die Realität zurück. Ihre Brust hob sich, als sie Atem holte und ihre Hand auf den kalten Marmor des Handlaufs presste. Allmählich nahm Jennifer ihre Umgebung wieder wahr. Trotzdem fühlte sie sich noch verwirrt, irgendwie überrumpelt. Jennifer verstand sich selbst nicht mehr. Sie war doch immerhin neunundzwanzig Jahre alt und kein Teenager mehr. Das da unten war ein Mann. Na und? Sie war nicht unerfahren und hatte schon vor ihm Männer kennengelernt. Aber nicht so einen!