Die Modemacherin von Paris – Mit ihren Kleidern verzauberte Elsa Schiaparelli die Menschen. Für ihr Glück und ihr Kind musste sie kämpfen. ​ - Mina König - E-Book
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Die Modemacherin von Paris – Mit ihren Kleidern verzauberte Elsa Schiaparelli die Menschen. Für ihr Glück und ihr Kind musste sie kämpfen. ​ E-Book

Mina König

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Beschreibung

1922: Als Elsa Schiaparelli mit ihrer schwerkranken Tochter nach Paris kommt, scheint ihr großer Traum endlich in greifbarer Nähe. Schon immer will sie die Welt mit ihren farbenfrohen Modeentwürfen erobern. Mit Kleidern, die mutiger und expressiver sind als je zuvor. Inspiriert von ihren Freunden, Künstlern wie Man Ray, Jean Cocteau und Pablo Picasso entwirft Elsa Kreationen, die zu wahren Kunstwerken der Moderne werden und stellt die Grande Dame Coco Chanel damit in den Schatten. Doch Elsa kämpft auch an einer anderen Front: Wird ihre Tochter je wieder gehen können? Auf einer rauschenden Party trifft sie auf den Künstler Théo, mit dem sie bald nicht nur die Leidenschaft zur Mode teilt … Hat sie in ihrem Leben noch Platz für die Liebe?

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Das Buch

1922: Als Elsa Schiaparelli mit ihrer schwer kranken Tochter nach Paris kommt, scheint ihr großer Traum endlich in greifbarer Nähe. Schon immer wollte sie die Welt mit ihren farbenfrohen Modeentwürfen erobern. Mit Kleidern, die mutiger und expressiver sind als je zuvor. Inspiriert von ihren Freunden, Künstlern wie Man Ray, Jean Cocteau und Pablo Picasso, entwirft Elsa Kreationen, die zu wahren Kunstwerken der Moderne werden, und stellt die Grande Dame Coco Chanel damit in den Schatten. Doch Elsa kämpft auch an einer anderen Front: Wird ihre Tochter je wieder gehen können? Auf einer rauschenden Party trifft sie auf den Künstler Théo, mit dem sie bald nicht nur die Leidenschaft zur Mode teilt … Hat sie in ihrem Leben noch Platz für die Liebe?

Die Autorin

Mina König ist das Pseudonym der österreichischen Autorin und Journalistin Emily Walton, die sich intensiv mit den Biografien bedeutender Frauen in der Geschichte beschäftigt. Während ihrer Kurztrips nach Paris entdeckte sie die Kreationen von Elsa Schiaparelli in Museen, ebenso das Maison Schiaparelli am Place Vendôme und begann über diese faszinierende, exzentrische Modemacherin zu recherchieren.

Emily Walton studierte Germanistik und Journalismus in Wien und verbrachte einige Jahre in Brüssel, wo sie ihre Liebe für die französische Sprache entdeckte. Heute lebt sie mit ihrer Familie im Süden von Wien. »Die Modemacherin von Paris« ist ihr dritter Roman im Heyne Verlag.

MINA KÖNIG

DIE MODEMACHERIN VON PARIS

ROMAN

WILHELMHEYNEVERLAGMÜNCHEN

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Originalausgabe 06/2023

Copyright © 2023 dieser Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Dieses Werk wurde entwickelt in der lit.factory, Germany.

Redaktion: Dr. Katja Bendels

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design

unter Verwendung von Shutterstock.com

(Natalya Bidyukova, Ironika, Neirfy)

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-30156-9V001

www.heyne.de

Für Philipp, Oscar & Benjamin

Dress designing, incidentally, is to me not a profession but an art.

Elsa Schiaparelli

Prolog

Rom, 1898

Was auch immer passiert, sorge dafür, dass deine Schwester Elsa nicht mit einer ihrer verrückten Ideen das Haus in Brand oder unter Wasser setzt!«, sagte Maria-Luisa Schiaparelli zu ihrer ältesten Tochter Beatrice, denn sie wollte ihre Töchter an diesem Vormittag alleine in ihrem Appartement im Palazzo Corsini zurücklassen, um zu einer Freundin zum Tee zu gehen.

Die Mutter drückte Beatrice zum Abschied einen Kuss auf die Stirn. Elsa hingegen, die im Hintergrund in ein paar Schuhe des Vaters geschlüpft war und damit vor dem Spiegel posierte, schenkte sie bloß einen mahnenden Blick.

»Mach mir ja keinen Unsinn, Elsa!«, fauchte sie, ehe sie die Tür hinter sich zuzog.

Sobald Maria-Luisa Schiaparelli fort war, verschwand Beatrice wieder in ihrem Zimmer, um weiter ihre Schönschrift zu üben. Wie konnte man nur gebetsartig Zeile um Zeile mit den immer gleichen Buchstaben schwingen und dabei auch noch Spaß haben?, fragte Elsa sich immer wieder.

Sie selbst brauchte es im Leben bunt, wild und abwechslungsreich – ein Grund, warum der strenge Hauslehrer, Signor Riccardo, sie immer wieder mit Strafaufgaben beglückte. Er ließ die Achtjährige Ausmalbilder exakt bis zu den Rändern ausmalen, keinen Nanomillimeter darüber, und zwang sie, Ziffern und Buchstaben nach Linealmaß zu schreiben. In Schwarz natürlich. Nicht in Rot, Orange oder Lila, wie seine Schülerin es wollte.

Endlich war Elsa allein im Salon. Aus der Küche drang das Klappern von Geschirr. Das Dienstmädchen Anna-Sofia hatte für heute Ossobuco angekündigt. Sie würde für Stunden in der Küche beschäftigt sein. Und Papa kam dieser Tage ohnehin nicht vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause. Der König selbst hatte Celestino Schiaparelli, den landesweit bekannten Intellektuellen aus dem Piemont, dazu bestellt, die beeindruckende Bibliothek der Accademia Nazionale dei Lincei zu leiten, was er seit Jahren mit Herzblut tat.

Elsa musste sich also keine Sorgen machen, erwischt zu werden.

Mit aller Kraft zog sie den schweren und mit weinrotem Samt bezogenen Stuhl unter das Fenster und kletterte über den Sitz und die Lehne hinauf auf das kühle Fensterbrett. Ratsch! Zu spät bemerkte sie, dass sie an einem der Holzschnörkel, welche die Lehne zierten, hängen geblieben war. Der Riss im Stoff ihres Rocks zog sich von ihrem Knöchel bis zu ihrem Knie hinauf.

»Das macht überhaupt nichts«, flüsterte sie ihrer Stoffgiraffe zu. »Ich finde, ein Rock mit einem solchen Schlitz sieht irgendwie frisch und frech aus, findest du nicht, Torquet?«

Sie bewegte den Hals des Stofftiers zu einem Nicken, ehe sie die Hand nach dem Metallgriff des Fensters ausstreckte. Es gelang ihr nicht auf Anhieb, das Fenster zu öffnen, also stand sie auf, wobei sie gefährlich wackelte. Wenn ihre Mutter das Fenster öffnete, sah es immer kinderleicht aus.

»Endlich!«, jubelte Elsa, als sich der Griff mit einem lauten Klacken drehte und ihr die inneren Flügel des Kastenfensters entgegenschwangen. Sekunden später hatte sie auch das äußere Fenster geöffnet. Sengende Mittagshitze drang herein. Zufrieden setzte Elsa Torquet auf das Fensterbrett, ehe sie nun ihre Malblätter und das Glas mit den Buntstiften vom Stuhl hinaufhob. Danach setzte sie sich selbst hin, die Füße nach draußen baumelnd, ein schwarzes Notizbuch auf den Knien. Wenn sie sich streckte, konnte sie durch einen Häuserspalt das Blaugrau des Tibers sehen.

Vier Stockwerke unter ihr war noch alles still auf der Piazza. Dann aber begannen die Kirchenglocken zu läuten, und das Tor des benachbarten Klosters öffnete sich. Die erste Nonne trat heraus. Elsa konnte die Spitze der weißen Haube schon sehen. Ihr Herz schlug schneller.

»Elsa, was machst du da?«, kreischte Beatrice plötzlich hinter ihr. Genervt drehte Elsa sich um. Ihre Schwester hatte die Arme verschränkt und die Stirn in Falten gelegt. Eine Haltung, die sie sich von ihrer Mutter abgeschaut hatte. »Wehe, du spuckst den Nonnen auf die Köpfe. Das ist Gotteslästerung!«

»Keine Sorge, Bea.« Elsa streckte ihrer acht Jahre älteren Schwester die Zunge raus. »Ich möchte bloß ihre Kutten sehen.«

»Pass auf, dass du dabei nicht aus dem Fenster fällst! Am Ende gibt Mama noch mir die Schuld!«

»Wenn, dann fliege ich wie ein Vogel davon!«, rief Elsa ihr nach und streckte die Arme aus, woraufhin Torquet beinah vom Fensterbrett glitt. Rasch griff sie nach ihm und presste ihn schützend gegen ihre Brust.

Onkel Giovanni hatte ihr das Stofftier zum fünften Geburtstag geschenkt. Damals war Elsa sofort die bläuliche Spitze im leicht offen stehenden Mund aufgefallen.

»Giraffen haben tatsächlich blau schimmernde Zungen. Ich wusste, das gefällt dir!« Der Onkel mit dem Ziegenbärtchen hatte gezwinkert, ehe er sich zu Elsa hinunterbückte und mit der Giraffe ein paar Hopser über den kalten Marmorboden machte, während die anderen Erwachsenen weiter ihren Gesprächen über Kunst und Politik nachgingen. »Die Giraffe ist das höchste Tier der Welt. Ein treuer Begleiter für ein Mädchen, das hoch hinauswill«, flüsterte Onkel Giovanni.

Auch wenn Elsa nicht genau wusste, was ihr Onkel damit meinte, nahm sie die Giraffe, die sie Torquet taufte, fortan überallhin mit, selbst wenn sie im Park auf Bäume kletterte – oder wie heute auf das Fensterbrett stieg.

Inzwischen waren zwei Dutzend Nonnen auf die Piazza hinausgetreten und hatten sich in ihren schwarzen Gewändern mit den weißen Kragen und ausladenden weißen Hauben im Kreis aufgestellt. Elsa presste mehrfach die Augen fest zu und riss sie dann wieder auf, sodass sich das Muster unter ihr, einem Kaleidoskop gleich, immer wieder veränderte. Sie wünschte, es gäbe einen Weg, dieses Zusammenspiel auf Papier zu bringen!

Kurz darauf setzten sich die Schwestern langsam in Bewegung: Sie gingen nun im Kreis, die Rosenkränze baumelten von ihren Händen. Das sanfte, monotone Brummen ihres Gebets drang zu Elsa hinauf, während sie selbst nun begann, die Kragenformen der Nonnen abzuzeichnen. Wie durch Zauberhand gelenkt, flogen ihre Hände über das Papier. Mal waren die Kragen breiter, mal schmaler; die Hauben mal spitzer, mal flacher. Am Ende färbte Elsa sie alle mit ihren Lieblingsfarben ein.

»Es ist entsetzlich schade, dass diese Hauben den Schwestern vorbehalten sind, findest du nicht, Torquet?«, fragte sie ihre geliebte Giraffe, und als diese nicht antwortete, warf sie den Kopf zurück und streckte sich. »Ich wäre die schönste Signorina der Stadt mit solch einem Kragen!«

»Ich sehe schon, deine Faszination für die Mode ist ähnlich wie meine für die Gestirne«, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihr.

»Onkel Giovanni!«, rief Elsa. Sie war so vertieft gewesen, dass sie weder die Tür noch seine Schritte gehört hatte.

»Cara Elsa! Meine liebe Nichte!«, begrüßte Onkel Giovanni sie mit seiner freundlichen, weichen Stimme, die selbst das Furcht einflößendste Märchen schön klingen ließ. Er drückte ihr einen Kuss auf den Hinterkopf, ehe er zu ihr in den Fensterkasten kletterte.

»Was machst du da, meine Süße?«, fragte er neugierig und beugte sich über ihren Zeichenblock. Sie zeigte ihm ihre Skizzen.

»Ich male neue Kleider! Gefallen sie dir, zio?«

»Und wie! Weißt du, wenn wir etwas wirklich gerne machen, spiegelt sich darin unsere Seele wider«, erklärte Giovanni und strich mit dem Finger über den leuchtend orangen Kragen, den Elsa gemalt hatte. Er drückte seine junge Nichte an sich, und sie ließ sich in seine Achselbeuge sinken. Sofort spürte sie eine Geborgenheit, die sie bei ihren Eltern nie erleben durfte.

»Vielleicht kann ich eines Tages solche Kleidungsstücke in echt machen«, dachte sie laut.

»Unbedingt! Wenn du das wirklich möchtest, dann lass es dir von nichts und niemandem ausreden. Es ist wichtig – nein, überlebensnotwendig! –, im Leben nach den Sternen zu greifen«, sagte Onkel Giovanni und zwinkerte. »Als Astronom kannst du mir das glauben!«

Elsa runzelte die Stirn. Zwar wusste sie, dass Onkel Giovanni Direktor eines berühmten Observatoriums war und wichtige Forschungen zu den Kometen betrieb – und doch sprach ihr geheimnisvoller Lieblingsonkel für sie immer wieder in Rätseln.

»Was meinst du damit, Onkel Giovanni?«

»Dein ganzes Leben liegt vor dir, Elsa. Die Welt steht dir offen. Und du, meine Liebe, kannst machen, was auch immer dein Herz begehrt.«

»Auch die ganze Welt in bunte Kleider hüllen?« Elsa kicherte und tippte auf ihre Zeichnung.

»Auch die ganze Welt in bunte Kleider hüllen«, wiederholte Giovanni bestimmt und schaute sie mit seinen geheimnisvollen grünen Augen an. Sie funkelten wie Edelsteine und ließen Elsa manches Mal glauben, dass ihr Onkel Zauberkräfte besaß. Dann setzte er seiner Nichte zärtlich einen Kuss auf die Stirn – und schenkte ihr damit eine Zuversicht, die sie ihr Leben lang nicht vergessen würde.

1

1922, New York – Paris

Schals und Handtücher wedelten wild durch die Luft, als der Transatlantikdampfer sich an diesem Junimorgen langsam, aber zielsicher vom New Yorker Pier fortschob. Elsa musste sich ducken, um nicht vom Hut ihres Nachbarn getroffen zu werden.

»Passen Sie doch auf! Wir sind hier nicht beim Rodeo«, zischte sie, und der Mann neben ihr starrte sie böse an. Sie musste sich beherrschen, ihn nicht zu beschimpfen, aber sie wollte ihrer Tochter Gogo kein schlechtes Vorbild sein.

In dem runden Bullaugenfenster hinter ihr prüfte Elsa ihre Frisur. Das schwarze Haar war zu einem Vogelnest auf ihrem Kopf frisiert und saß noch fest. Ihre dunklen Augen leuchteten aus der Scheibe heraus, und ihre kerzengrade, typisch römische Nase stach ein wenig hervor. Auch den schneeweißen, übergroßen Kragen konnte Elsa in der Spiegelung noch ausmachen, das rote Kleid darunter allerdings nicht mehr. Das Fenster war zu hoch, um einer zierlichen Person wie ihr als anständiger Spiegel zu dienen.

Neben ihr saß Gogo in ihrem sperrigen Rollstuhl und steckte die alte, zerkuschelte Plüschgiraffe Torquet zwischen die Stäbe der Reling, damit auch sie den Trubel mitansehen konnte. Es wärmte Elsa das Herz zu sehen, wie sehr ihre Tochter ihr altes Stofftier liebte.

»Bye-bye Nu Yak, bye-bye Nu Yak«, brabbelte die Kleine.

Elsa streichelte den Nacken der Zweieinhalbjährigen mit sanften, gleichmäßigen Zügen. Ihr Herzschlag verlangsamte sich noch in der Sekunde, in der sie die samtweiche Haut ihrer Tochter berührte.

Sie waren endlich – endlich! – an Bord. Fünf Tage noch, dann würden sie Paris erreichen und alles, was hier in New York geschehen war, hinter sich lassen.

Elsas Finger glitten über Gogos Wollschal, den sie für ihre Tochter mit kleinen roten Drachen bestickt hatte. Selbst unter diesem dicken Umhang spürte sie die hervorstehenden Knochen des dünnen Kindes.

»Armes Ding«, hörte sie plötzlich eine Stimme neben sich. Eine Passagierin mittleren Alters mit übergroßem Dutt und roten Wangen hatte sich ihnen zugewandt und blickte auf Gogos leblos herabhängendes Bein hinunter.

»Kinderlähmung, wenn ich fragen darf?«, flüsterte die Fremde mit unüberhörbarem deutschen Akzent.

Elsa nickte. Sofort sprach Mitleid aus den Augen der Deutschen, und Elsas Hände ballten sich zu Fäusten. Wohin sie auch ging, immer wieder begegnete man ihr und Gogo mit diesen treuherzigen, traurigen Blicken. Am liebsten wollte sie brüllen: Das arme Kind hat schon genug mitgemacht! Hören Sie auf, uns anzustarren wie Ausstellungsstücke in einem Museum!

Stattdessen aber hatte sie es sich angewöhnt, ihrem Gegenüber kurz und knapp zu erklären, warum ihre Tochter im Rollstuhl saß – und das mit einer Zuversicht in der Stimme, die keine Zweifel daran ließ, dass sie fest daran glaubte, ihre Tochter eines Tages wieder laufen zu sehen.

»In Paris werden wir sie wieder auf die Beine bekommen«, sagte Elsa entschlossen zu der Fremden.

Die Dame nickte und kramte aus ihrer Tasche eine Packung Weingummi hervor. Sie reichte Gogo ein paar Stücke, und das Gesicht des Mädchens erhellte sich sofort.

»Meinen Neffen hatte es auch erwischt«, erzählte die Frau Elsa mit gedämpfter Stimme. »Wir waren in Angst und Bange. Aber zum Glück hat er keine bleibenden Schäden davongetragen. Nur ein leicht hängendes Lid. Mehr nicht.« Sie legte die Hände gebetartig zusammen und blickte dann ein wenig beschämt zu Boden. »Ich habe als Krankenschwester in Brooklyn auf der Kinderstation gearbeitet und kenne die Bandbreite der Folgen.« Sie machte eine kurze Pause. »Es tut mir entsetzlich leid für Sie und Ihr Mädchen, Madame.«

»Kein Kind ist in den heißen Sommermonaten vor diesem Virus gefeit. Es kann alle treffen«, erwiderte Elsa sachlich. Das war eine Tatsache, die sie sich in den vergangenen Monaten geradezu mantraartig aufgesagt hatte. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Heute schossen ihr die Tränen in die Augen.

»Na, na, Liebes«, sagte die Dame.

Und da war es schon, das Tätscheln der Hand. Doch diesmal kam es Elsa aufrichtig vor.

Ehe sie jedoch antworten konnte, begann ein Mann neben ihr lautstark, seine Freude über die Abreise kundzutun. »I really am on my way to Paris!«, rief er aus voller Kehle. »I just can’t believe it!«

Elsa sprang erschrocken einen Schritt zurück und trat der deutschen Dame auf den Fuß.

»Wir haben wohl alle ein dünnes Nervenkostüm, wenn wir eine Reise über den Atlantik antreten, was?«, fragte die Dame ruhig. Aber Elsa konnte nicht antworten. Diese Stimme des Mannes! Für einen Moment hätte sie schwören können, dass es ihr Ex-Mann Wilhelm war. Es war der gleiche Tenor, derselbe arrogante, selbstverliebte Ton. Elsa krallte sich an der Reling fest. Ihre Fingerknöchel stachen weiß hervor.

Panisch sah sie sich um. Wo war Gogo? Gerade war sie doch noch neben ihr gewesen.

»Gogo!«, kreischte sie.

Doch dann atmete sie erleichtert auf, als sie ihre beste Freundin, Gabi Picaba, und Gogo etwa fünf Meter von ihr entfernt entdeckte. Gabi hatte die Kleine abgelenkt, während Elsa mit der Fremden gesprochen hatte. Gerade zeigte sie Gogo, wo die Rettungswesten verstaut waren.

»Ich muss zu meiner Tochter«, entschuldigte Elsa sich kurzatmig bei der verwunderten Deutschen und stürzte zu ihrem Kind.

»Bitte macht das nie wieder!«, rief sie und klammerte sich an den Griffen des Rollstuhls fest.

»Elsa, wir waren doch nur zehn Schritte entfernt«, verteidigte Gabi sich.

»Zehn Schritte zu viel«, presste Elsa hervor. Sie zitterte am ganzen Körper.

»Was ist denn los, Liebes? Du bist doch sonst nicht so aus der Fassung, wenn man dich nach Gogos Erkrankung fragt.«

»Der Mann dort.« Elsa nickte über ihre Schulter. »Für einen Moment dachte ich, er sei Wilhelm.«

Sofort nahm Gabi Elsa in ihre Arme. »Sch … Ruhig Blut, chérie«, flüsterte sie. Elsa spürte die warme Hand ihrer Freundin auf ihrem Rücken.

»Wilhelm ist nicht hier«, erklärte Gabi bestimmt. »Er kann euch nichts mehr anhaben. Du musst dich nicht fürchten.«

Selten war Elsa so dankbar für die Zuversicht gewesen, die die dunklen haselnussbraunen Augen ihrer Freundin ausstrahlten.

»Und wenn doch?« Nervös schielte sie an Gabi vorbei. Ihr Atem war flach. Lauerte dort jemand hinter der Tür, die in den Speisesaal führte? Und der Matrose dort mit dem Bart und der Kappe so tief in die Stirn gezogen – gehörte er tatsächlich zur Belegschaft?

»Wilhelm ist in Mittelamerika, Elsa. Das haben wir doch vor ein paar Tagen in der Zeitung gelesen«, besänftigte Gabi sie. »Jetzt kann er dort die Menschen täuschen und belügen.«

Elsa dachte an die Kurzmeldung in der New York Post, die Gabi ihr vor wenigen Tagen am Frühstückstisch in ihrem Zimmer in Greenwich Village vorgelesen hatte: »›Wilhelm de Wendt de Kerlor, der sich hierzulande einen Namen als spiritueller Berater gemacht hat, ist in Kuba, um ein Büro für experimentelle Psychologie zu eröffnen.‹«Noch heute stellte es ihr die Haare im Nacken auf, wenn sie nur daran dachte.

»Berater ist also seine neue Berufsbezeichnung«, zischte sie ihrer Freundin zu, den Blick auf die New Yorker Skyline gerichtet. »Als Hellseher und Wahrsager ist er wohl wieder einmal nicht weitergekommen. Wenn Wilhelm eine Sache kann, dann, sich selbst inszenieren. Das ist ihm damals schon in London geglückt, als ich auf ihn hereingefallen bin.«

Es kam ihr vor wie gestern, als sie als Studentin in der ersten Reihe des Londoner Auditoriums gesessen hatte. Die Familie, bei der sie damals als Kindermädchen arbeitete, hatte ihr den Nachmittag freigegeben, damit sie zum Vortrag des gefeierten Mediums – The Wonderful Mr. De Wendt de Kerlor – gehen konnte. Onkel Giovanni hatte in ihr den Samen für alles Mystische und Übersinnliche gepflanzt, und schon die ersten Worte von Wilhelm de Wendt de Kerlor vorne am Pult über die Macht der Seele und das Leben im Jenseits hatten Elsa in ihren Bann gezogen. Sie war sofort von diesem gut aussehenden Mann geblendet und kurz darauf Hals über Kopf verliebt gewesen – bereit, diesem verführerischen Fremden durch die ganze Welt zu folgen, was sie immerhin bis nach New York getan hatte.

»Wir waren alle mal jung und haben Fehler gemacht«, sagte Gabi, während der Transatlantikdampfer sich seinen Weg ins offene Meer hinaus bahnte.

Gabi nahm einen genüsslichen Zug von ihrer Zigarette und streckte ihr Gesicht der milchigen Sonne entgegen. Elsa bemerkte die kleinen Fältchen um die Augen ihrer Freundin, die einundvierzig und damit um neun Jahre älter war als sie selbst. Diese Linien zeugten von Glück und Sorgen zugleich. New York hatte für Gabi nur ein kurzes Intermezzo sein sollen, eine kreative Horizonterweiterung für ihren Mann Francis Picabia, den aufstrebenden Avantgarde-Maler. Mit Appartements auf beiden Seiten des Atlantiks hatte das Paar zwischen der Pariser Bohème und dem New Yorker Highlife hin und her pendeln wollen. Doch dann hatte eine junge Französin einen Strich durch diese Pläne gemacht: Francis war mit seiner Germaine nach Südfrankreich abgehauen, während Gabi nun in Etappen die Überreste ihrer New Yorker Tage zurück nach Paris übersiedelte. Ihre Kinder waren bereits dort im Internat; auch der Nachzügler Vincente, ein frecher Dreijähriger, war längst mit dem Kindermädchen in die alte Heimat zurückgekehrt.

»Wenigstens wirft Francis dir nicht vor, das Leben deiner Kinder zu gefährden«, erwiderte Elsa. Ihr Nacken versteifte sich, als sie an Wilhelms Drohbriefe dachte. Du bist eine Zumutung als Mutter. Nur wegen dir und deiner groben Vernachlässigung meiner geliebten Tochter wird sie niemals gehen können. Du bist schuld an ihrer infantilen Paralyse! Deshalb sehe ich mich gezwungen, sie zu mir zu nehmen. Und wenn du mir die Kleine nicht freiwillig gibst, werde ich sie mir holen und ihr endlich das Leben bieten, das sie verdient! Wieder und wieder waren Vorwürfe wie diese in den vergangenen Wochen in ihrem Briefkasten gelandet. Am Ende war Elsa allein schon beim Anblick des Postboten zusammengebrochen.

»Du hast alles für deine Tochter getan, Elsa«, betonte Gabi. »Wilhelm hat leicht reden, schließlich hat er dich zwei Wochen vor der Geburt sitzen gelassen.«

»Aber vielleicht habe ich zu sehr darauf geachtet, dass genug Geld in der Kasse war, anstatt mich um Gogos körperliches Wohlbefinden zu kümmern«, murmelte Elsa. Ihre Stimme wurde dünn.

Anfangs hatte sie ihr neugeborenes Baby gemeinsam mit Gabis Kindern bei deren Kindermädchen unterbringen können. Später aber, als das Kindermädchen mit Gabis Kindern nach Frankreich gereist war, hatte Elsa Gogo bei einer Amme am New Yorker Stadtrand unterbringen müssen, um mit diversen Gelegenheitsjobs für ihren Unterhalt sorgen zu können. Die ersten Worte ihrer Tochter waren »Go, go, Mommy!« gewesen, woraus sich der bleibende Spitzname Gogo abgeleitet hatte. Seither trug die Kleine nur noch in ihren Dokumenten den klingenden Namen Maria Luisa Yvonne Radha de Wendt de Kerlor.

»Unsinn, Elsa!«, schalt Gabi sie streng. »Du hast dafür gesorgt, dass du deinem Kind ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch bieten kannst.«

»Aber ich hätte merken müssen, dass mein Mädchen keine Anstalten macht zu gehen«, erwiderte Elsa.

»Das hast du doch! Wir haben stundenlang versucht, sie mit Teddybären, Bällen und Schokolade vom Fleck zu locken. Der Kinderarzt selbst hat erst viel zu spät gemerkt, dass etwas mit ihr nicht stimmt.« Gabi legte die Hände auf Elsas Schultern und sah sie ernst an. »Du hast dir nichts vorzuwerfen, hörst du?«

Elsa nickte stumm. Wieder und wieder strich sie über Gogos seidenweiches Haar, wie um auf diese Weise eine tief verborgene Kraft in sich selbst heraufzubeschwören.

Und langsam, ganz langsam, wandelte sich ihre Verzweiflung in Mut. Sie spürte das Blut in ihren Adern aufwallen. Ja, sie hatte wirklich alles für ihre Tochter getan – und würde das auch in Zukunft tun. Es wurde Zeit, Wilhelm und seine grässlichen Vorwürfe aus dem Kopf zu bekommen und endlich hinter sich zu lassen. Sie würde kämpfen! Für ihr neues Leben in Paris. Für Gogos Genesung. Für ihre eigenen Träume. Für ihr gemeinsames Glück als Mutter und Tochter.

Vorsichtig wagte Elsa es, Gogo wieder loszulassen. Sie fischte eine Zigarette aus ihrer dunkelgrünen Handtasche, die sie selbst mit Pailletten bestickt hatte, und blickte hinaus aufs Meer. Die unendliche blaugrüne Weite kam ihr mit einem Mal vor wie ein unbeschriebenes Blatt – ein Sinnbild für ihr neues Leben.

Als Gabi Elsa vor wenigen Wochen vorgeschlagen hatte, sie zurück nach Paris zu begleiten, hatte sich augenblicklich eine unbeschreibliche Wärme in Elsas Bauch ausgebreitet. Sofort hatte sie den Duft von café noir in der Nase, der so viel kräftiger war als jener der Plörre in New York; sie hatte förmlich gespürt, wie ein buttrig weiches pain au chocolat an ihrem Gaumen zerging, und in ihrem Kopf brummte ein melancholisches Chanson eines Akkordeonspielers. Ja, das war die Lösung. Es gab keinen Grund mehr für sie, in New York zu bleiben.

»Wenn wir Glück haben, löst sich mein größtes Problem in Europa von selbst«, sagte sie nachdenklich und hakte sich bei Gabi unter. »Wilhelm ist viel zu feige, um sich nach Europa zu trauen.«

»Meinst du, die Fahndung nach ihm in Frankreich ist überhaupt noch aufrecht?«, fragte Gabi. »Er wurde doch von der Polizei gesucht, weil er als Wahrsager gearbeitet hat, nicht wahr? Deswegen musstet ihr doch überhaupt erst nach New York auswandern.«

Elsa nickte. »Ob aufrecht oder nicht: Ein Egozentriker wie Wilhelm riskiert bestimmt nicht seine Freiheit, nur um seine Tochter zu sehen.«

»Siehst du, du musst absolut keine Angst haben.« Gabi streichelte Elsa sanft über den Rücken, und Elsa versuchte krampfhaft, das flaue Gefühl in ihrem Magen zu verdrängen. Es konnte nur besser werden. In Paris würde ein neuer Lebensabschnitt beginnen.

Elsa schloss die Augen und versuchte, sich die Stadt auszumalen. Sie konnte den Eiffelturm schon vor sich sehen, ebenso wie die majestätische Oper und den prachtvollen Boulevard Haussmann, gesäumt von den weltschönsten Kaufhäusern.

Vor vielen Jahren, es war gerade erst der Anfang des Jahrhunderts gewesen, hatte sie Paris für ein paar kurze Tage besucht, und schon damals hatten die Frauen dort ausgesehen, als seien sie direkt von den Seiten einer Modeillustrierten spaziert.

Ein wohliger Schauer der Aufregung lief ihr über den Rücken. Vielleicht würde sich in Paris die Chance auftun, endlich aktiv an dieser Modewelt teilzunehmen, dachte Elsa. Wie gerne würde sie in einer Boutique arbeiten oder in einem der angesagten Kaufhäuser. Oder, besser noch, selbst ein Geschäft eröffnen! Es war höchste Zeit, ihre Träume anzupacken, denen sich das Leben bislang in den Weg gestellt hatte.

Was die Pariserinnen wohl in diesem Sommer tragen würden? Bestimmt würden die Frauen jetzt sogar noch schillernder aussehen als damals, mit ihren frechen, kurzen Kleidchen, die mit Pailletten, Perlen und Seidenfäden nur so funkelten! Und die verzierten kleinen Kappen, die die Französinnen heutzutage seitlich trugen! Und diese Haarbänder mit Pfauenfedern darin!

Unwillkürlich zog Elsa den Rock ihres eigenen roten Kleids ein wenig höher. Hätte sie doch bloß ihre Stecknadeln aus der Kabine mit hinauf an Deck genommen, sie würde den Saum sofort ein wenig kürzer feststecken. Dann hätten die Leute noch mehr zu schauen! Es war ihr nicht entgangen, dass sie in ihrem roten Kleid inmitten der beige-braun-grauen Menge an Passagieren alle Blicke auf sich zog.

Ein winziges Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus.

»So gefällst du mir schon besser«, sagte Gabi und strich Elsa über die Schulter. »Kommt, Mädchen, sehen wir uns mal auf dem Schiff um!« Sie wandte sich an Gogo. »Ich habe gehört, dass es an Bord ein Puppentheater geben soll, Gogo. Möchtest du es mit Tante Gabrielle suchen?«

»Ich komme mit«, entwich es Elsa reflexartig.

Nach fünf Tagen erreichten sie endlich den Hafen von Cherbourg und nur eine kurze Zugfahrt später Paris. Als der Zug im Bahnhof Paris-Saint-Lazare einfuhr, riss Elsa die Fenster des Abteils auf, um die Pariser Luft hereinzulassen. Gabi rümpfte die Nase.

»Diese Bahnhofsluft riecht wie ein Herrenpissoir«, grummelte sie.

»Unsinn!«, rief Elsa, plötzlich durchströmt von einer Energie, die sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. »Diese Luft riecht nach FREIHEIT!« Sie lehnte sich aus dem Fenster, so weit sie nur konnte. Für einen Moment drohte ihr Elfenbeinkamm aus ihrem schwarzen Haar herauszufallen. Sie klammerte ihn mit einer Hand fest. Es nieselte leicht, und der Regen fühlte sich auf ihrer Haut an wie prickelnder Champagner.

»Mommy, was ist das?«, fragte Gogo. Der Zug war inzwischen stehen geblieben, und das Mädchen presste sein Gesicht fasziniert gegen die Scheibe. Auf einer Werbetafel hielt ein Kind mit goldenen Locken triumphierend einen Teddybären und einen riesengroßen Schokoriegel hoch.

»Das, mein Liebes, ist Pariser Lebenslust.«

Ungeduldig drängten sich die Passagiere im Gang. Elsa versuchte den Rollstuhl zur Tür ihres Abteils zu manövrieren, aber das Gefährt war schlichtweg zu sperrig. Kurz entschlossen stieg sie auf den Sitz und lehnte sich halb zum Fenster hinaus. Als niemand ihr Rufen hörte, steckte sie zwei Finger in den Mund und pfiff laut. Sie zeigte mit dem Zeigefinger auf einen Portier.

»Monsieur! Ja, genau, Sie … Wir brauchen Ihre Hilfe!«, rief sie in perfektem Französisch, welches sie ihrer guten Erziehung zu verdanken hatte. Der junge Mann eilte herbei. Zuerst kümmerte er sich um Gogo und den Rollstuhl, dann hob er Koffer um Koffer aus dem Abteil. Gabi allein hatte ein Dutzend Gepäckstücke dabei, darunter auch einige Hutschachteln.

»Du bist auch noch nie mit leichtem Gepäck gereist!«, neckte Elsa ihre Freundin.

»Warum sollte ich?«, fragte Gabi grinsend. »Und sind diese schmucken, runden Schachteln nicht großartig? Sie sind doch so viel schöner als langweilige Koffer!«

Während der Junge jetzt versuchte, das Gepäck übereinanderzustapeln, hob Gabi den Deckel einer Hutschachtel an. Unterwäsche quoll heraus, und ein junger Mann mit Brieftasche in der Hand, der sich gerade an ihrem Abteil vorbeischob, stolperte beinahe, während er auf die Spitze eines Nachtkleidchens starrte.

»Betörend, was?«, fragte Elsa frech. Der junge Kerl lief knallrot an und suchte das Weite. Elsa erkannte die knallbunten Dessous sofort. Es waren jene Stücke, mit denen sie selbst vor einigen Monaten in der New Yorker Upper East Side von Tür zu Tür getingelt war. Gabi hatte die sperrigen Büstenhalter, pludernden Unterhosen und hochgeschlossenen Negligés während eines Parisbesuchs gekauft – nach einem heftigen Streit mit Francis. Als Elsa dringend Geld für sich und Gogo benötigt hatte, hatte Gabi sie dazu ermutigt, die grelle Pariser Nachtwäsche den betuchten New Yorker Damen anzudrehen. Doch obwohl Elsa ihr Bestes getan hatte, um die Wäsche mit Pailletten und Spitze ansehnlich zu machen, war die Nachfrage nach senfgelber, giftgrüner und türkisblauer Unterbekleidung bescheiden gewesen.

Umgeben vom hektischen Treiben am Gare Saint-Lazare, ließ Elsa die Finger über die Seidenwäsche gleiten und schmunzelte über diese Erinnerung, die plötzlich in weiter Ferne lag. Mit einem Mal schien New York tatsächlich siebentausend Kilometer weit fort. Und Südamerika, wo Wilhelm weilte, noch viel weiter. Ihr war, als hätte sie sich plötzlich aus einem engen Korsett befreit.

»Wenn du möchtest, kannst du hier in Paris noch mal dein Glück mit der Wäsche versuchen«, sagte Gabi und stopfte auch den letzten Büstenhalter wieder zurück in die Schachtel.

»Nein, bloß nicht! Du weißt doch, Paris steht für Aufbruch! Für den Neuanfang! Für die Verwirklichung meiner Träume.«

Gabi zog einen gespielten Schmollmund. »Na gut, dann muss ich mir eben einen Mann suchen, dem ich diese Wäsche vorführen kann.«

Zielsicher schob Elsa den Rollstuhl durch die Bahnhofshalle, während Gabi den Kofferträger mit dem vielen Gepäck durch die Menge dirigierte. Es war Juni und somit Urlaubszeit, und die Menschen drängten zu den Bahnsteigen. Elsa staunte. Die Pariserinnen waren sogar noch eleganter und moderner, als ihre Vorstellung es je zugelassen hatte. Wo sie nur hinsah, entdeckte sie Sommermäntel, Hüte und Handtaschen in allen Farben des Regenbogens. Sofort öffnete sie ihren eigenen Mantel, zog den smaragdgrünen Bindegürtel ihres Kleids aus seinen Schlaufen und band ihn sich zu einem dünnen Schlips um den Hals, ehe sie beschwingten Schrittes ihre Tochter in lustigen Schlangenlinien durch den Bahnhof steuerte. Sie musste sich ernsthaft davon abhalten, wie ein Schulmädchen durch die Halle zu hüpfen.

Gogo jauchzte vor Freude.

»Paris macht Spaß, Mommy!«, rief sie, als Elsa das Tempo wieder gedrosselt hatte.

»Maman, Liebes, hier in Paris sagt man maman zu seiner Mama«, warf Gabi ein und beugte sich zu dem Mädchen hinunter. »Und du, meine Süße, bist ab sofort ma petite.« Der neue Kosename missfiel Gogo, und sie streckte Gabi die Zunge raus.

»Frech und selbstbewusst, wie ihre Mutter«, stöhnte Gabi theatralisch und boxte Elsa in die Rippen.

Der Kofferjunge räusperte sich vernehmlich.

»Mesdames … votre voiture.« Er hielt ihnen die Tür zu einem Taxi auf. Elsa hatte gar nicht bemerkt, dass der Fahrer bereits das gesamte Gepäck in das Automobil verladen hatte. Vorsichtig hob sie ihre Tochter aus dem Rollstuhl heraus. Dann erst stellte sie fest, dass das Gefährt niemals in den Citroën passen würde.

»Gogo und ich, wir gehen wohl besser zu Fuß …«, setzte sie an, doch Gabi winkte sofort ab. Sie streckte dem Kofferträger einen dicken Bündel Scheine hin. »Meine Freundin und ihre Tochter fahren mit mir. Diesen Rollstuhl hier, den schieben Sie bitte an diese Adresse.« Sie hielt ihm einen Zettel hin. »Die Rue des Petits-Champs ist nicht weit von hier.«

2

Schnell stellte sich heraus, dass Paris kein Ort für einen Rollstuhl war, und schon gar nicht für ein Kind mit eingeschränkter Mobilität. Mit ihren winzigen Krücken rutschte Gogo auf dem Kopfsteinpflaster sofort ab, und in der sengenden Sommerhitze war es für Elsa unmöglich, den sperrigen Rollstuhl durch die Straßen zu schieben. Das nächste anständige Fleckchen Grün war eine gefühlte Weltreise entfernt, und somit waren ihre Tage von einer aufgezwungenen Gemütlichkeit geprägt: Gabi hatte Elsa und Gogo eingeladen, bei ihr zu wohnen, bis sie eine eigene Bleibe fanden. Sie konnten im Gästezimmer unterkommen und Gogo konnte mit Vincente und dem Kindermädchen spielen, wann immer sie Lust hatte. Es gab ausgedehnte Frühstücke in Gabis Salon und Puppenspiele mit Gogo auf dem Boden des Kinderzimmers. Gleichzeitig machte Elsa sich auf die Suche nach einem geeigneten Arzt für ihre Tochter. Aus dem Ärzteverzeichnis, das im Rathaus auslag, hatte sie sich die Namen einiger Kinderärzte herausgeschrieben. An einem Montagmittag im Juli ging sie in Gabis Wohnzimmer die Liste durch. Nur ein einziger Arzt hatte die neuartige Kinderlähmung explizit als sein Fachgebiet gelistet, ein gewisser Dr. Charles Fournier im 16. Arrondissement.

Elsa kringelte die Adresse dreifach ein und kaute gedankenversunken am Ende ihres Bleistifts. Das 16. Arrondissement war ein Vorort am anderen Ende der Stadt. Selbst ohne Gogo würde sie eine Ewigkeit dorthin benötigen.

»Vom Einkreisen alleine wirst du wohl kaum einen Termin bekommen«, sagte Gabi, die mit zwei Gläsern Wein in der Tür erschienen war. Sie ließ sich neben Elsa auf den Fauteuil fallen und angelte sich die letzte Zigarette aus einem schlanken Päckchen. »Puh, ich bin erledigt! Ich war den ganzen Vormittag in der Rue du Faubourg Saint-Honoré unterwegs. Du weißt schon, diese wundervolle Einkaufsmeile mit den vielen Boutiquen und Kosmetiksalons. Du solltest unbedingt mal dorthin gehen, Liebes. Bestimmt kommst du mit Tausenden Ideen zurück.«

Elsa winkte ab, auch wenn sie in der Tat neugierig auf diese ihr noch unbekannte Einkaufsmeile war.

»Wenn ich irgendwohin gehe, dann zu einem Arzt für Gogo.« Sie tippte mit dem feuchten Bleistiftende auf ihre Liste und seufzte. »Aber dieser Dr. Fournier ist im 16. Arrondissement. Und Gogo wird bald von ihrem Mittagsschlaf erwachen.«

»Elsa!«, stöhnte Gabi und stieß mit einem leichten Zischen Rauch zwischen ihren Lippen aus. »Ich weiß, du willst Gogo nicht von der Seite weichen, und ich verstehe, dass du von deinen Erfahrungen in New York verstört bist. Aber ich bin hier. Gogo kann nichts passieren. Wenn du deinem Mädchen helfen willst, dann musst du da raus! Ob zum Einkaufsbummel oder zum Arzt, ist nebensächlich. Du musst einfach mal raus in die Welt. Paris erwartet dich!«

»Ich weiß, es ist nur …« Elsa verstummte. Noch immer wachte sie jede Nacht auf, schweißgebadet von den Fragen, die sich in ihren Schlaf drängten. Wäre Gogo auch an diesem grässlichen Virus erkrankt, wenn sie das Mädchen nicht in die Obhut einer Fremden gegeben hätte? War Mrs. Smithson, die New Yorker Amme, die falsche Wahl gewesen? Als Elsa Gogo dort im Haus am Stadtrand abgegeben hatte, hatte sie natürlich die Wasserflecken an der Decke und auch den gesprenkelten Schimmel in der Ecke bemerkt, aber sie hatte auf die warmherzige Persönlichkeit der großmütterlichen Frau gesetzt. Als mittellose Alleinerziehende hatte sie auch kaum eine andere Wahl gehabt.

Ein dumpfer Knall riss sie aus ihren Gedanken. Gabi hatte mit der Faust auf die Tischplatte geschlagen.

»Hör endlich auf mit diesem ständigen Gedankenkarussell!«, befahl Gabi und rieb sich die Hand. »Du hast alles richtig gemacht. Und das weißt du auch.«

Elsa bemühte sich zu nicken.

»Und jetzt los!«, befahl ihre Freundin. »Geh und vereinbare einen Termin mit diesem Doktor. Gogo ist hier in den allerbesten Händen.« Gabi winkte Marie-Christine, das Dienstmädchen, herbei, um Elsas Kaffeegeschirr abzuservieren.

»D’accord! Ich geh ja schon«, sagte Elsa ein wenig widerwillig. Sie faltete die Liste mit den Ärzteadressen zusammen und steckte sie in die halbrunde Tasche, die sie ihrer Bluse aufgenäht hatte. »Es wird bestimmt nicht lange dauern.«

»Es dauert so lange, wie es eben dauert«, bemerkte Gabi mit gespielter Strenge. »Und gönn dir auf dem Rückweg einen Bummel in der Rue du Faubourg Saint-Honoré. Das ist ein Befehl!«

Ein letztes Mal blickte Elsa sich im Salon prüfend um, um Gefahrenquellen für Gogo auszuschließen, ehe sie sich die schwere Mappe mit den Befunden ihrer Tochter unter den Arm klemmte und sich auf den Weg zu Dr. Fournier machte. Der Bus war voll mit Parisern, die aus dem stickigen Stadtzentrum hinaus in den Bois de Boulogne, die grüne Lunge von Paris, flohen. Elsa ließ sich, eingepfercht zwischen Picknickkörben und Sonnenschirmen, hin und herschaukeln und war dankbar, als sie – nach einer steilen Kurve, die sie fast das Gleichgewicht verlieren ließ – endlich aussteigen konnte. Die rechte Straßenseite, die in der prallen Sonne lag, war menschenleer. Elsa zählte die ungeraden Hausnummern hinab, bis sie vor einem braunen Tor stand, das dringend einen neuen Anstrich benötigte. Dr. Fournier, Pédiatre stand auf einem dunkel angelaufenen Messingschild. Elsa wischte sich den Schweiß von den Schläfen und drückte das Tor auf, hinter dem ein finsterer Gang zur Tür der Arztpraxis im Erdgeschoss führte.

Wie eine drückende Decke legte sich schwüle, abgestandene Luft um Elsa. Das Wartezimmer war bis auf den letzten Platz belegt. Mütter und Gouvernanten hielten ihre Kinder auf den Schößen, damit sie keinen Unfug anstellen konnten.

»Jean-Luc, du Bengel! Komm sofort von dem Bücherregal herunter!«, zischte eine Frau einem kleinen Jungen zu. Wie auch schon bei jedem ihrer Arztbesuche in New York suchte Elsa automatisch den Raum nach anderen Kindern ab, die wie Gogo Lähmungserscheinungen von dem hässlichen Virus davongetragen hatten. Aber die Kinder hier schienen bis auf Rotznasen, Schürfwunden und Beulen quietschfidel zu sein. Einen Moment lang fühlte Elsa sich selbst wie gelähmt, als ihr wieder einmal bewusst wurde, welch tragisches Schicksal ihren Augenstern ereilt hatte.

Hinter einem großen Schreibtisch, auf dem sich ein Aktenberg, fast so hoch wie der Tisch selbst, türmte, saß eine Krankenschwester mit weißem Kittel und dazupassendem kleinen Häubchen auf dem Kopf. Holzspatel und Tupfer ragten aus ihrer Brusttasche hervor, und ein angebissenes Briochestück auf dem Tisch deutete darauf hin, dass sie heute wohl kaum Pausen gehabt hatte.

»Bonjour, Madame«, knurrte die Schwester kurz angebunden, ehe sie aufblickte und durch ihre ungeputzte Brille nach einem Kind an Elsas Seite suchte. »Wir sind ein Kinderarzt. Pour les enfants!«, sagte sie und betonte jede Silbe.

»Ich habe verstanden«, sagte Elsa. »Ich möchte einen Termin für meine Tochter machen.«

»Wo ist Ihre Tochter? Wenn sie zu krank ist, um in die Arztpraxis zu kommen, müssen Sie mit ihr ins Krankenhaus. L’hôpital«, betonte sie erneut, als sei Elsa schwer von Begriff.

Elsa bemühte sich, höflich zu lächeln. Hinter ihren Lippen aber presste sie die Zähne aufeinander. »Meine Tochter braucht kein Krankenhaus. Sie ist gelähmt.«

»Oh«, erwiderte die Schwester, ohne einen Hauch von Betroffenheit. »Auch hier empfehle ich Ihnen das Krankenhaus.«

Elsa kramte ihren Zettel mit den Ärzteadressen heraus. »Meine Tochter leidet an Infantiler Paralyse, und Dr. Fournier wirbt im Verzeichnis damit, ein Experte auf diesem Gebiet zu sein.«

»Bof!«, stöhnte die Krankenschwester genervt.

»Ist er das etwa nicht, Madame?«

»Doch, doch – wenn er das sagt …«, erwiderte sie gereizt. »Möchten Sie, dass ich Sie auf die Warteliste für heute setze? Vielleicht möchten Sie doch noch Ihr Kind von zu Hause holen? Sie haben bestimmt noch genug Zeit.«

Sie nickte hinüber zu dem Raum voll wartender Kinder. Eine Frau hielt gerade ein Mädchen davon ab, ein Poster von einem Luftkurort in den französischen Alpen abzulecken. Elsa dachte an den langen Weg, den sie von Gabis Wohnung bis hierher zurückgelegt hatte. Gogo würde die Reise unmöglich bewältigen können. Selbst in einem Taxi würde es sie alle Kraft kosten, denn sie hatte seit Kurzem eine hartnäckige Erkältung. Und am Ende käme sie noch kränker nach Hause, als sie gegangen war.

Elsa zupfte ihren grellroten Seidenschal um ihren Hals zurecht und richtete sich den kleinen schwarzen Hut, den sie mit einer passenden roten Borte aufgepeppt hatte.

»Meine Tochter kann nicht kommen, Madame. Ich möchte, dass Dr. Fournier einen Hausbesuch macht.«

»Dr. Fournier macht keine Hausbesuche«, schnippte die Krankenschwester.

Elsa wünschte, sie hätte einen Bündel Scheine, mit dem sie die Frau überzeugen könnte. Aber das bisschen Geld, das sie aus Amerika mitgebracht hatte, war trotz des günstigen Wechselkurses sehr knapp bemessen.

»Meine Tochter braucht Dr. Fournier«, beharrte Elsa weiter und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Es tut mir leid, mir sind die Hände gebunden«, erwiderte die Krankenschwester.

Erst jetzt bemerkte Elsa, dass die Frau hinter dem Schreibtisch ständig auf ihren Hut starrte.

»Was ist, hab ich etwa Vogeldreck auf meinem Kopf?«, fragte sie.

Die strenge Miene der Frau veränderte sich. Sie wurde rot. »Nein, nein. Es ist bloß … Ihr Hut. Er ist … außergewöhnlich.«

Elsa verstand sofort. Ihre Hände nestelten an ihrer Haarnadel. Ohne nachzudenken, hob sie den Hut vom Kopf und hielt ihn der Krankenschwester hin.

»Nein … so etwas ist viel zu extravagant für mich«, stöhnte diese. »Was würde mein Mann sagen, wenn ich damit auftauchte? Ein Hut mit feuerroter Bordüre! So etwas habe ich noch nie gesehen!«

»Er wird Sie bestimmt wunderschön finden«, sagte Elsa lächelnd, ehe sie sich über den Tresen beugte und flüsterte: »Besonders, wenn Sie ihn ihm im Schlafzimmer vorführen!«

Die Krankenschwester sah sie mit offenem Mund an. Doch nach einem kurzem Moment verwandelte sich ihre Schockstarre in ein breites Grinsen.

Elsa drehte den Hut ein letztes Mal in ihren Händen. Sie hatte ihn gerade erst fertiggestellt und noch so viele Ideen, wie sie ihn weiter aufpeppen und wozu sie ihn tragen könnte. Aber ein Hut war ersetzbar.

Sie legte ihn vor der Krankenschwester auf den Tisch. »Hier. Für Sie.«

»Für mich?« Auf der Stirn der Dame breiteten sich tiefe Falten aus.

»Ja, für Sie. Wenn Sie mir den kleinen Gefallen tun.«

Die Krankenschwester lächelte konspirativ und schlug dann den dicken Kalender auf.

»Wie wäre es übernächsten Freitag? Im 2. Arrondissement wohnen Sie, sagten Sie? Ich denke, Dr. Fournier könnte einen Hausbesuch gegen zehn Uhr einrichten.«

Elsa nickte zufrieden und nannte ihre genaue Adresse. Erhobenen Hauptes verließ sie das Wartezimmer und schloss mit einem siegessicheren Grinsen die Tür hinter sich.

Draußen konnte Elsa einfach nicht anders, als ein paar Schritte zu hüpfen. Und prompt begannen zwei Passantinnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu tuscheln. Während in der Innenstadt eine Frau ohne Hut ein wiederkehrender Anblick war – vor allem bei den Amerikanerinnen, die sich dort tummelten –, blickte man sie hier in diesem gehobenen Randbezirk an, als sei sie in Unterwäsche auf die Straße getreten.

Während Elsa noch überlegte, zur Feier ihres Triumphs auf einen kleinen Drink in dem Café auf der gegenüberliegenden Seite des Boulevards einzukehren, kam neben ihr ein Autobus zum Stehen. Sie hatte die Haltestelle gar nicht bemerkt. Fette weiße Buchstaben über der Windschutzscheibe verrieten, dass der Bus zur Place de la Concorde fuhr. Ohne weiter nachzudenken stieg Elsa ein. Der Pastis konnte warten. Sie hatte plötzlich Lust, Paris vom oberen Deck aus in sich aufzusaugen und den Fahrtwind in ihren Haaren zu spüren.

Eilig stieg sie die enge Wendeltreppe zum offenen Sitzbereich hinauf und streckte sich genüsslich dem Eiffelturm entgegen.

»Ab sofort kann es nur bergauf gehen«, flüsterte sie in den Wind. Dann aber fuhr der Bus schwungvoll um eine Kurve, und Elsa landete mit einem Plumps auf einem freien Sitz. Schmunzelnd streckte sie die Füße von sich.

Gönn dir auf dem Rückweg einen Bummel!, hallte nun Gabis Stimme in ihrem Kopf. Der Vorschlag ihrer Freundin fühlte sich inzwischen nicht mehr so abwegig an. Kurz spürte sie zwar eine Enge in ihrem Hals, als sie an Gogo dachte, aber sie schluckte ihre Bedenken schnell hinunter. Gogo war bei Gabi gut aufgehoben. Und sie selbst hatte sich diesen kleinen Ausflug redlich verdient. Verdammt, sie hatte sogar einen Grund, einkaufen zu gehen, jetzt, wo sie einen Hut weniger hatte!

Von der Place de la Concorde aus trugen ihre Füße sie beschwingt durch den Jardin des Tuileries. Im Brunnen des Parks bildete das Wasser Fäden aus Kristall, die baumgesäumte Allee warf im späten Nachmittagslicht ein faszinierendes Schattenmuster auf den sandgelben Boden, und Elsa wünschte sich eine Kamera, um dieses Wirrwarr an Zweigen um sie herum festzuhalten. Ach, könnte man das doch auf einen Stoff drucken!

Sie überquerte die Rue de Rivoli, folgte zwei weiteren engen Gassen, und schon befand sie sich am Ziel – in der Rue du Faubourg Saint-Honoré.

Fasziniert blieb sie einen Moment lang stehen, um alles in sich aufzusaugen. Ein geschäftiges Treiben ließ die Einkaufsmeile vibrieren. Links und rechts parkten Automobile gerade ein oder fuhren los. Chauffeure halfen schicken Damen in ihre Fahrzeuge oder verluden sperrige Schachteln und Taschen mit den Schriftzügen der angesagten Boutiquen. Während Elsa andächtig weiterging, tanzten ihre Augen von einer Straßenseite zur anderen.

Die Auslagen hier waren kleiner und feiner als jene am Boulevard Haussmann, und einen Moment lang fühlte Elsa sich wie in einer sorgfältig kuratierten Puppenstadt. Jeder Schriftzug an den Fassaden schien makellos, jede Markise strahlend rein. Die Holzfenster waren frisch geölt, die Messinggriffe poliert. Sie schlenderte an einem Schuhgeschäft vorbei, in dessen Auslage auf kleinen Podesten die blank geputztesten Budapester standen, die sie je gesehen hatte. Im Geschäft daneben arrangierte ein Juwelier seine Gold- und Silberware auf kleinen Tabletts. Elsa bestaunte die funkelnden Diamanten. Edelsteine erinnerten sie jedes Mal an Sterne und damit auch an Onkel Giovanni. Es war erstaunlich, wie sehr ein Mensch einen anderen täglich begleiten konnte, selbst wenn er seit vielen Jahren nicht mehr lebte. Kurz warf Elsa einen Blick in den blassblauen Himmel und dachte daran, wie ihr Onkel ihr die Konstellationen am Himmelszelt nahegebracht hatte, während seine selbst gemachten Cantuccini in ihrem Mund geknirscht hatten.

Dem klassischen Gold- und Silberschmuck, wie er hier für die feinen Damen von Paris ausgestellt war, konnte Elsa allerdings wenig abgewinnen. Diese Ketten mit ihren tropfenförmigen Anhängern waren so eintönig – so langweilig.

Sie zog weiter, vorbei an Herrenausstattern, Schirmmachern und Coiffeuren, aus denen die Damen mit perfekt ondulierten Bobs hervortraten. Der Duft, der aus einer Parfümerie ein paar Türen weiter drang, versetzte Elsa sofort in die Lavendelfelder des römischen Umlands ihrer Kindheit.

Vor einem Schaufenster blieb sie wie angewurzelt stehen: Ein Kleid mit einem auffälligen Muster aus orangen und dunkelgrünen Pailletten, die sich zu einem spitzen V formten, ließ sie den Atem anhalten. An den Saum, der knapp unter den Knien endete, war eine winzige dunkelblaue Fransenborte genäht. Elsa bückte sich, um den Saum näher zu betrachten. Zu spät erst bemerkte sie, dass ihre Nase das Glas berührte.

Ein lautes Räuspern ließ sie zurückweichen.

»Monsieur Poiret wird keine Freude haben, wenn er wegen Ihnen die Scheibe polieren lassen muss!«, fauchte eine Herrenstimme.

Der Portier in schwarzer Uniform hatte seinen Wachposten an der Eingangstür ein paar Schritte entfernt verlassen, um sie zu rügen.

»Paul Poiret?« Elsa schnappte nach Luft. »Das ist das Modehaus von Paul Poiret?«

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Wie viele Stunden hatte sie in ihrem Jugendzimmer in Rom über den Illustrierten gesessen und alles über diesen Mann aufgesaugt, dieses Genie, den man nicht umsonst »Le Magnifique« nannte und der mit seiner Mode die Frauen aus ihren Korsetten befreit hatte! Während ihres Selbststudiums über die Welt der Mode war ihr der Name Paul Poiret ein ständiger Begleiter gewesen.

Elsas Blick ging zum Eingang.

»Sie benötigen einen Termin«, erklärte der Portier und verschränkte die Arme. Elsa schielte über seine Schulter. Das Holzportal war fest verschlossen. Es wäre chancenlos, zu versuchen, sich hineinzuschummeln.

»Und wie bekomme ich einen Termin?«

Der Portier beäugte sie von oben bis unten, und Elsa wischte ihre staubigen Pumps an der Rückseite ihrer Waden sauber. »Ich bin nicht sicher, ob er dieser Tage neue Kundinnen annimmt. Er ist sehr begehrt.«

»Es muss doch …«, setzte Elsa an.

Der Portier blockte mit einem heftigen Kopfschütteln ab.

»Aber … Ich lebe für die Mode, ich … ich entwerfe auch selbst! Ein Besuch bei Monsieur Poiret, das wäre das höchste der Gefühle!«, platzte sie heraus, verschränkte aber sofort forsch die Arme, als ihr bewusst wurde, wie sehr sie sich anbiederte.

Der Portier zuckte mit den Schultern, als hörte er diesen Satz nicht zum ersten Mal. Doch Elsa ließ sich nicht abhalten.

»Es wäre eine große Chance, von der Koryphäe auf diesem Gebiet zu lernen. Wissen Sie, seit ich mich zurückerinnern kann, interessiere ich mich für die Mode. Meine ersten Kleidungsstücke habe ich schon skizziert, da konnte ich gerade einen Stift halten. Ich habe alles verschlungen, was ich über Mode in die Hände bekommen habe, und ganze Tage in den Büchereien von London und New York verbracht. Ich kann Ihnen haargenau erzählen, wie sich Rocklänge und Taillierung in der Damenmode verändert haben … Und Sie werden nicht glauben, wie viele Stunden ich in London vor den Schaufenstern der Schneidereien in der Savile Row verbracht habe … und die Vormittage bei Macy’s und Bloomingdale’s in New York! Sie wollten mich da schon hinauswerfen, weil ich bloß geschaut und nichts gekauft habe …«

Viel zu spät erst bemerkte Elsa ihren Redeschwall. Doch ihre ungebremste Leidenschaft schien den Portier zu erweichen. Seine Haltung entspannte sich ein wenig, und er nickte die Straße hinunter.

»Probieren Sie es doch einmal bei Coco Chanel, Mademoiselle. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Sie dort ohne Termin in die Boutique können. Gleich die Straße hinunter und dann links in die Rue Cambon, keine zweihundert Meter.«

Coco Chanel. Elsa dachte an die Bilder, die seitenweise die Ausgaben der Pariser Vogue und anderer Modeillustrierten füllten: die vielen geraden, schlichten Kleider, hier und da mit einem Band oder einer kaum sichtbaren Blume verziert. Und diese Röcke, die in Elsas Augen alle viel zu ähnlich aussahen, stets kombiniert mit braven Pumps und Halsketten. Manche Frauen mochten diese Entwürfe schön finden, und Madame Chanel war als Modeschöpferin gewiss gewieft. Aber sie selbst war von Coco Chanels Mode noch nie inspiriert worden.

Elsa bedankte sich bei dem Portier. »Danke, aber nein danke.«

Irgendwann würde sie die Boutique von Coco Chanel schon besuchen. Aber für heute wollte sie damit nicht die Inspiration trüben, die dieses herrliche orange-grüne Kunstwerk von Paul Poiret in ihr geweckt hatte.

»Und wenn ich mich für eine Stelle bewerben möchte? Wo muss ich mich dann hinwenden?«, hakte sie ein letztes Mal nach.

»Auch für Bewerbungstermine gibt es eine Warteliste«, erwiderte der Portier und hielt die Hand weit über seinen Kopf, um die Länge der Liste darzustellen.

»Warteliste ist wohl Monsieur Poirets Lieblingswort, was?«, fragte Elsa.

Die Milde in den Augen des Portiers verschwand. Er nahm wieder seine reglose Position vor der Tür ein.

»Gut, dann gibt es für heute eben keine Antwort mehr«, seufzte Elsa genervt. »Aber merken Sie sich dieses Gesicht, Monsieur!« Sie umkreiste ihre dunkle Augenpartie mit dem Zeigefinger. »Sie werden mich bald hier wiedersehen!«

Jetzt grinste der Portier sie doch noch an.

»Sie sind wie ein hartnäckiger Terrier, hat man Ihnen das schon einmal gesagt, Madame?«

»Ich fasse das als Kompliment auf, Monsieur. Au revoir!«

Unter dem lauten Hupen der Automobilfahrer, denen Elsa sich fast vor die Reifen warf, eilte sie nach Hause zu Gogo und ihrem Zeichenblock.

Am Abend, als es etwas kühler wurde, schaffte Elsa es, Gogo in den Jardin des Tuileries zu schieben. Sie fühlte sich schuldig, weil sie ihre Kleine am Nachmittag so lange allein gelassen hatte – obwohl Gogo quietschfidel auf einer Blechdose getrommelt hatte, als sie nach Hause gekommen war.

Während ihrer letzten Spazierfahrten mit dem Rollstuhl durch die Stadt hatte Elsa münzgroße Blasen an den Fingern bekommen, sodass sie heute Handschuhe anzog – einen roten und einen grünen. In der Eile hatte sie keine zusammenpassenden gefunden, was sie jedoch nicht weiter störte. Diese Mischung sah frisch und frech aus. Manch ein Spaziergänger starrte ihr im Park auf die Hände, woraufhin Elsa die Finger zu Krallen formte und wie ein Tier fauchte – ganz zu Gogos Erheiterung.

»Mommy, Mommy, kannst du wieder die Raubkatze machen?«, bettelte Gogo wieder und wieder auf dem Weg zum großen Rasen.

Während Gogo vor der fernen Kulisse des Eiffelturms im Gras spielte, völlig unbekümmert ob ihrer eigenen Bewegungseinschränkungen, versuchte Elsa, ihre Gedanken zu ordnen. Die Erlebnisse des Tages – das Kribbeln, das sie vor den Auslagen empfunden hatte – wollten sie nicht loslassen. Alles in ihr drängte sie dazu, loszulaufen und in den Modegeschäften nach einer Anstellung zu suchen. Viel zu lange hatte sie wie eine Glucke über Gogo gewacht. Dabei konnte ihr kleines Mädchen ohne Weiteres auch mal ein paar Stunden ohne seine Mutter glücklich sein. Außerdem würden Gabi und ihr Kindermädchen ihr bestimmt zur Hand gehen, wenn sie für ein paar Tage die Woche ihrer Leidenschaft nachging und in die Welt der schönen Kleider und Stoffe eintauchte, dachte Elsa. Die Kleider, Schuhe und Hüte in den Vitrinen – sie riefen förmlich nach ihr.

Beseelt blickte sie zu Gogo hinunter, die mit einem Stöckchen in der Erde bohrte, und erlaubte es sich, noch einen winzigen Moment zu träumen. Wenn sie eine Anstellung in einem Modehaus hätte und Dr. Fournier sich als der richtige Arzt für ihre Gogo herausstellte – die Zukunft in Paris könnte so rosig aussehen!

Elsa dachte an das Gespräch mit dem Portier bei Poiret zurück. Eine Warteliste für Bewerber, wie absurd! Sie schnaubte. Vielleicht würde sie sich dennoch bewerben. Aber was sollte sie bis zu Monsieur Poirets Rückmeldung tun? Keineswegs wollte sie noch länger tatenlos herumsitzen. In Gedanken ging sie die Namen der anderen Modehäuser durch, die sie aus den Illustrierten kannte. Die Maison Drecoll, das Modehaus Lanvin, das Atelier Worth und Madeleine … wie hieß sie noch gleich? Elsa zog eine Modezeitschrift aus ihrer Umhängetasche und blätterte. Ja, genau, Madeleine Vionnet. Hier war auch schon ein blassblaues Kleid von ihr – ein wenig fad, wie Elsa fand. Und auf der gegenüberliegenden Seite eine ganze Bildstrecke von Coco Chanel. Würden wohl eines Tages auch ihre, Elsas, Entwürfe in einer Zeitschrift zu sehen sein?

Mit einem Mal bohrte sich ein stechender Schmerz in ihre Schläfe. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie den Tag hindurch kaum getrunken hatte. Schwindel überkam sie, und sie schloss die Augen.

»Mommy, Mommy!«, rief Gogo plötzlich mit einer alarmierenden Dringlichkeit vom Gras herüber, und sofort durchzuckte Panik Elsa in ihrem müden Zustand. Aber als sie aufblickte, saß Gogo mit einem breiten Grinsen ein paar Meter vor ihr auf der Wiese.

»Warum schläfst du, Mommy?«, fragte das Mädchen.

»Ach, ich war bloß etwas müde.« Elsa lächelte ihrer Tochter zu und betrachtete sie, wie sie, einem Krebs gleich, versuchte, sich mit dem gelähmten Bein über die Wiese zu ihr herüberzuziehen. Stolz streckte Gogo ihr die Faust hin und öffnete sie.

»Sieh nur, Mommy. Eine Schnecke! Wie sagt man das in Franzreich?«

»Frankreich, mein Schatz. Wir sind in Frankreich.«

Gogo zuckte mit den Schultern. »Und wie heißt Schnecke?«

»Escargot.«

»Car-go?«, fragte Gogo mit naiver Verwunderung. »Auto, geh?«

Elsa lächelte und schob ihrer Tochter eine braune seidige Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie küsste sie auf die Nasenspitze. Gogo war ein so aufmerksames und geistreiches Mädchen, das sich keine Sekunde lang über sein Schicksal beschwerte. Seit ihrer Ankunft in Paris hatte sie mit staunenden Augen ihre neue Heimat aufgesaugt, so viele neue Gerüche und Geschmäcker angenommen. Elsa schüttelte den Kopf. Sie musste sich und diesem wunderbaren Geschöpf einfach ein gutes Leben bieten!

»Was ist denn, Mommy? Magst du Car-go nicht?«, fragte Gogo und schob die Schnecke Elsa nun direkt hin.

Elsa streichelte zuerst die Hand ihrer Tochter, dann den winzigen, schimmernden Panzer der Schnecke.

»Doch, ma petite. Sie ist wundervoll. Genau wie du.«

Eine paar Tage später saß Elsa mit einem Stoß Zeitungen an Gabis reichlich gedecktem Frühstückstisch. Vor ihr hatte sie die Stellenanzeigen des Paris Soir aufgeschlagen.

»Es muss doch freie Stellen in der Modebranche geben«, grübelte sie.

In den Annoncen wurden Frauen als Haushälterinnen, Kindermädchen, Bügelfrauen, Näherinnen, Krankenschwestern und Fabrikarbeiterinnen gesucht. Elsa sichtete Seite um Seite, bis ihre Fingerkuppen schwarz von der Druckerschwärze waren. Entmutigt schob sie die offene Zeitung zur Seite. Sie wollte nicht bügeln oder nähen. Sie wollte mitgestalten. Sie wollte etwas bewirken.

Sie war nach Paris gekommen, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen: mit Mode zu arbeiten – und irgendwann, möglichst bald, ihre eigene Mode zu machen! Sie wollte endlich die vielen Notizbücher herzeigen, die sie im Lauf der Jahre im stillen Kämmerlein mit Entwürfen gefüllt hatte, wollte die zweidimensionalen Zeichnungen zu dreidimensionalen, echten Kleidungsstücken werden lassen. Kunstwerke aus Stoff! Sie würde sich Schritt für Schritt hocharbeiten. Bis sich die Chance auftat, der Welt dort draußen ihr Potenzial zu beweisen.

Und dann, gerade als Elsa die Zeitung zuschlagen wollte, fiel ihr eine winzige Anzeige auf. Sie war ganz unten unter einer Werbung für eine Blumenhandlung versteckt.

Vendeuse gesucht.

Galeries Lafayette. Dritte Etage.

Verkaufsgeschick, Modebewusstsein und adrettes Aussehen erfordert.

Elsa las die Zeilen wieder und wieder, als ob sich daraus eine versteckte Botschaft ableiten ließe. Kurz nahm sie sogar die Lupe zur Hand.

»Na, Sherlock Holmes, hast du das Kreuzworträtsel schon gelöst?«, fragte Gabi, die sich mit einem Stapel Post am Frühstückstisch niederließ.

»Pssst«, zischte Elsa.

Gabi beugte sich über sie. »Die Galeries Lafayette suchen eine Verkäuferin. Und weiter?«, fragte sie.

»Ich überlege, ob ich mich bewerben soll.«

»Als Verkäuferin?«, fragte Gabi und zog die Brauen hoch.

»Zugegeben, Modeverkäuferin ist nicht mein Traumberuf. Aber ich würde in den Galeries Lafayette arbeiten, dem angesagtesten Modetempel der Stadt … ganz Frankreichs … Europas sogar!«, triumphierte Elsa und träumte weiter. »Das kann doch nur ein gutes Sprungbrett sein.«

»Ich sehe schon, du wirst die Pariserinnen alle beraten: ›Madame, wenn Sie diese Bluse mit einer großen Brosche aufpeppen, sieht Ihre Aufmachung gleich viel frischer aus.‹ Und: ›Tragen Sie den Hut geneigter. So wirken Sie um zehn Jahre jünger.‹« Gabi schmunzelte und begann, mit dem Zeigefinger Treppen in die Luft zu malen.

»Was machst du?«, fragte Elsa verwundert.

»Ich überlege, welche Abteilung im dritten Stockwerk ist.«

»Zu blöd, dass ich es noch nicht in die Galeries geschafft habe«, seufzte Elsa.