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Von den Germanen-Darstellungen Cäsars und Tacitus über die klerikalen Missionsberichte und Bekehrungsanweisungen bis zu den altskandinavischen Eddas und Sagas,- über mehr als ein Jahrtausend und von mehreren Tausend Kilometern auseinander liegenden Orten wurde immer wieder von den Stämmen der Germanen berichtet. Weit über eintausend Stellen solcher schriftlichen Quellen erzählen von spirituellen und religiösen Einzelheiten der vorchristlichen Kultur. Wir erfahren etwas über ihr Weltbild, ihr Menschenbild, den verschiedenen Vorstellung vom Verbleib des Menschen nach dem Tode. Wie waren Kultgemeinschaften organisiert und welche spirituellen Spezialisten gab es? Von den Göttern erfahren wir ebenso wie von der Verehrung Verstorbener, und auch der Ehrung von Bäumen, Quellen und Hügeln, ihrer Beziehung zu Land und Tieren, sowie dem Umgang mit den Wesen der Natur. Religiöse Feiern und magische Bräuche werden zum Teil bis ins Detail dargestellt. Hier werden Quellenzeugnisse, nach Überschriften geordnet, in deutscher Übersetzung aufgeführt. In Kommentaren werden Hintergrundinformationen, soweit zur Auswertung der schriftlichen Quelle notwendig, gegeben. Eine weitere Hilfe für den Leser stellt die Einschätzung der Autoren der Quellen dar. Worin unterscheidet sich zum Beispiel die Sicht eines heidnischen Römers auf die Riten der Germanen von der eines christlichen Missionars? Ein nach Themen geordnetes Inhaltsverzeichnis und ein umfangreiches Register erleichtert das Auffinden von Textquellen zu allen wesentlichen Stichworten. Dieses Buch ist ein Fundus von Anregungen für jeden, der sich für die hiesige vorchristliche Religion interessiert. Die Quellen zeigen, dass auch wir einst Eingeborene mit einer hoch entwickelten spirituellen Kultur waren.
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Auch wir waren einmal Eingeborene mit einer hoch
entwickelten spirituellen Kultur.
Die Quellen legen bis heute Zeugnis davon ab.
Der Mensch wird am Menschen weise, allein bleibt er blöde.
Edda, Havamál 57
Uwe Ecker
Die Religion der Germanen
in schriftlichen Quellen
Einleitung
Das Heidentum in der Bibel
Zusammenfassung des Bild vom Heiden in der Bibel
Zu den verschiedenen Klassen von Schriftquellen
A. DIE RELIGION IM LEBEN DER STÄMME
I. Die Götter und ihre Riten
1. Die Hauptgötter
2. Die Götter als Stammväter
3. Heilige Stätten, Haine, Berge u. a.
4. Tempel und Heiligtümer
5. Götterbilder
6. Heilige Geräte und Symbole
8. Die großen religiösen Feste
9. Rituelle Hinrichtungen („Menschenopfer")
10. Rituelle Umfahrten
II. Der spirituelle Charakter der Schlacht
1. Die Götter als Walter des Schlachtglücks
2. Erkundung des göttlichen Willens
4. Odin als Gott der Gefallenen
5. Odin als Gott der Gehenkten
6. Weihe und Opferung der Feinde
7. Siegesfeiern
III. Religion und Recht
1. Heiligkeit des Things
2. Mannheiligkeit und Unheiligkeit
3. Heiligkeit des Eides
4. Die Blutsbrüderschaft,- der Gang unter den Rasenstreifen
5. Gebet und Opfer beim Zweikampf
6. Gottesurteil
7. Heiligkeit von Recht und Sitte
8. Der heilige Umgang
9. Thor als Weiher
10. Zorn der Götter über Friedens- und Rechtsbruch
11. Die Schändung von Heiligtümern
IV. Religion und Stammesordnung
1. Götter als Vorfahren
3. Königsheil und Königsopfer
4. Göttliche Verehrung von Königen und Helden
5. Religion als Tradition und Gesetz
6. Die Pflicht des Opferns
7. Religion und Sippenband
8. Toten-(Ahnen-)Opfer
9. Christentum als Gotteslästerung und Sippenschande
10. Zorn der Götter über den Glaubenswechsel
B. GLAUBE UND ETHIK
I. Wesen und Walten der Götter
1. Die Ethik der Germanen
2. Die Herrlichkeit der Götter
3. Die Götter als Spender der Lebensgüter
4. Der Glaube an die Macht der Götter
5. Thor als Schutzgott und Helfer
6. Der Freundgott
7. Godagremi,- der Zorn der Götter
8. Odin als Schicksals- und Todesgott
9. Odin als Gott des Zaubers und der Runen
II. Die Ehrung der Götter und das religiöse Brauchtum
1. Die Ehrfurcht vor den Göttern
2. Die Anrufung der Götter
3. Private Opferfeste und Einzelopfer
4. Julfest und Eberopfer
5. Das Pferdeopfer
6. Rituelle Umtrünke
7. Weiteres zu rituellen Umtrünken
8. Opferorakel
9. Losorakel
10. Die Hochsitzsäulen der isländischen Landnehmer
11. Vogel- und andere Vorzeichen
12. Seherinnen, Völven und Thule
13. Weihe von Menschen, Tieren und Gegenständen
14. Wasserweihe
15. Kindesaussetzung
16. Werbung und Hochzeit
17. Bestattungssitten
18. Die Messung der Zeit und die Bestimmung der Festzeiten
20. Wann feierten die Altskandinavier welche Feste?
III. Natur- und Seelenkult
1. Riten in Hainen, an Bäumen, Quellen, Steinen usw
2. Landgeister (Wichte)
3. Die Verehrung von Tieren
4. Disen und Alben
5. Die Fylgja (Folge-, Schutzgeist)
IV. Das Fortleben nach dem Tode
1. Berge und Hügel als Aufenthalt der Toten
2. Walhall als Ort der Gefallenen
3. Thor, Freyja, Gefion, Ran und Hel
4. Gimle, Andlang und Widblain
5. Wiedergänger
6. Die Wiedergeburt: endrborrinn, aptrborinn
V. Der Schicksalsglaube
1. Die Nornen
2. Vorherbestimmung und Schicksalszwang
3. Das Schicksal als Todes- und Unheilsmacht
4. Die Haltung von Helden dem Schicksal gegenüber
5. Glück und Glücksmann
6. Amulette
VI. Religiöse Verfallserscheinungen
1. Abkehr von Glauben und Opfer
2. Gottlosigkeit und Glaube an die eigene „Macht"
3. Gemischter Glaube
C. MAGIE
1. Runenzauber
3. Heilkundige
4. Wetterzauber
5. Strafe für Schadenzauber
D. MYTHEN VON DER WELT UND DEN GÖTTERN
1. Die Entstehung der Welt
2. Die Erschaffung des Menschen
3. Der Weltenbaum
3.1 Der Aufbau des Weltenbaums
3.2 Asgard, die Wohnstätte der Asen
3.3 Midgard, die Welt der Menschen
4. Balders Tod
5. Ragnarök
6. Die neue Welt
SYSTEMATISCHES VERZEICHNIS DER QUELLEN (mit Zeitangaben)
1. Sachfunde, Bilder und Inschriften
3. Mittelalterliche christliche und klerikale Geschichtsschreiber germanischer Stämme
5. Kirchliche Verordnungen, Konzilbeschlüsse und andere Schriften
6. Weltliche Gesetze und Rechtsbücher
7. Nordische Geschichtsbücher und andere gelehrte Werke in isländischer Sprache
Ausgaben und Übersetzungen
Index
Dieses Buch beruht in weiten Teilen auf dem Werk von Prof. Walter Baetke, „Die Germanische Religion in Quellenzeugnissen", welches er in den 30er Jahren schrieb und das mehrere Neuauflagen erfuhr, zuletzt 1954. Ich habe mich lange mit dem Gedanken getragen, einfach eine Neuauflage dieser hervorragenden Quellensammlung anzustreben. Tatsächlich habe ich sicher mehr als zwei Drittel der Quellen Prof. Baetkes Buch entnommen. Die von mir hinzu gefügten Quellentexte stammen ganz überwiegend aus den Eddas. In seiner Erstausgabe ließ der Professor diese aus, weil er, wie er in seiner Einleitung dazu schrieb, das ohnehin vorhandene starke Übergewicht der altnordischen Quellen nicht noch weiter vergrößern mochte. Dieser Argumentation würde man heute sicher nicht mehr folgen. Quellen sind Quellen, unabhängig davon, von welchem germanischen Stamm sie kommen. Daher habe ich die eddischen Quellen eingefüht. Darüber hinaus sind manche Quellen, z.B. aus dem arabischen Raum, erst vor Kurzem bekannt geworden. So hätte ich einer Neuausgabe also noch einige ergänzende Kapitel hinzu fügen müssen. Das hätte ich aus Achtung vor W. Baetkes Schaffen auch gern gemacht, wäre nicht noch eine weitere Schwierigkeit hinzu getreten. Der Professor stellte, sicher in bester Absicht, die Zitate unkommentiert, nach Kategorien mit jeweils einer Überschrift geordnet, zusammen. Nun ist aber ein zitierter Text nur vor Hintergrund des Kontextes, der ihn umgibt, zu verstehen. Daher habe ich mich bemüht, solche Hintergründe den einzelnen Zitaten als Kommentar hinzu zu fügen.
Der Gedanke, dass ein Zitat nur vor seinem Hintergrund überhaupt zu verstehen ist, der ist auch in anderer Hinsicht bedeutsam. Wir haben alle, ob wir das wollen oder nicht, eine Vorstellung davon, was Heidentum ist. Diese Vorstellung vom Heidentum stammt, nach 8. Jahrhunderten Christentum, ganz überwiegend aus biblischen Quellen. Die christliche Bibel weist knapp 150 Textstellen zu Heiden und Heidentum auf. Diese beschreibt allerdings allesamt mediterranes und orientalisches Heidentum. Dennoch wird das vor allem die kirchlichen Quellen beeinflusst haben, war aber sicher auch den Schreibern der Sagas bekannt. Es ist also sinnvoll, diese Rezeption von Heidentum zu kennen, wenn man sich mit den altskandinavischen Quellen befasst, einfach um Verwechslungen mit dem nord- und mitteleuropäischen Heidentum vorzubeugen. Daher habe ich der Betrachtung der Quellen eine Zusammenfassung über das Bild des Heidentum in der Bibel voran gestellt. Auch sind im Laufe der letzten Jahre, besonders durch das Wiederaufleben des germanischen Heidentums als eine rekonstruktivistische Religion, die wieder praktiziert wird, Fragestellungen aufgekommen, die weitere zusätzliche Kapitel sinnvoll machten. So habe ich Quellen zur Zeitrechnung, zum Weltenbaum, dem Zusammenhang der neun mythischen Welten der Altskandinavier sowie deren Ethik, den Runen, den Jenseitsvorstellungen und dem Wiedergeburtsglauben hinzu zu fügen.
Insgesamt wurde durch die Kommentierung und das Hinzufügen von Textstellen der Umfang dieses Buches sehr vergrößert, so dass ich nicht umhin kam, Quellen zum gleichen Sachverhalt miteinander abzugleichen und die umfangreicheren auszulassen, sofern sie zum Thema des Kapitels keine zusätzliche Information hinzufügt.
Ein gutes Beispiel dazu ist vielleicht Egil Skallagrimsons Fluch, mit dem er den ungerechten Herrscher vertreibt. Er ist in der Egilssaga in Gänze enthalten. Doch hinsichtlich der Schlüsse, die dieser über die Religion der alten Nordleute ermöglicht, geht er kaum über die verkürzten Darstellungen hinaus, weshalb ich ihn nicht in diese Sammlung aufgenommen habe.
Natürlich kann man sich nun streiten, ob ich es nicht gerade umgekehrt hätte machen und die ausführlichere Darstellung hätte beibehalten müssen.
Ein Werk wie dieses ist im Grunde nie wirklich vollständig, weil es immer eine Auswahl darstellt.
Damit ergibt meine Bearbeitung aber ein Buch ganz eigenen Gepräges, und ich musste mich vom Gedanken einer erweiterten Neuauflage verabschieden.
Meine Absicht beim Zusammenstellen dieses Buches war, allen die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Bild von der religiösen und spirituellen Kultur der germanischen Stämme zu machen. Die Quellen sind, aus meiner Sicht, der Niederschlag eines mehr als einen Jahrtausend währenden Diskurs über das Wesen und Wirken der Götter. Das gibt ihnen für uns Heutigen einen einzigartigen inspirierenden Wert. Wie aber liest man ein Buch, das aus weit über ein Tausend Textschnipseln besteht? Die erste Ausgabe Baetkes Werk habe ich einfach an einen Ort gelegt, an dem ich häufig ein wenig Zeit verbringe. Wenn es sich ergab, habe ich einige Abschnitte gelesen und das dann auf mich wirken lassen. Sicher gibt es verschiedene Arten, mit einer solchen Quellensammlung umzugehen, das jedenfalls ist eine davon.
Eine andere Möglichkeit, dieses Buch zu nutzen, ist, Quellenzitate und die daran gehängten Schlussfolgerungen zu prüfen. Also einfach einmal nachzuschlagen, ob überhaupt korrekt zitiert wurde. Es ist mir selbst schon passiert, dass ich auf eine korrumpierte Quelle herein gefallen bin. Daher hoffe ich, dem interessierten Leser dahingehend eine Hilfe zu stellen.
Eine andere Nutzung dieses Buches ist natürlich, sich einen Eindruck von der religiösen Praxis germanischer Stämme zu verschaffen. Das sind dann also Fragen wie „Wie und wann wurde gefeiert?", „Wie wurden Kindsweihen, Jugendweihen, Hochzeiten, Bestattungen usw. durchgeführt?"
Natürlich ist niemand in dem, was er macht, auf das festgelegt, was in Quellen zu finden ist. Wer also ein Trank-Gussopfer nach hellenischem Vorbild durchführen möchte, den hindert rein gar nichts daran. Er sollte nur wissen, dass sich das in den Textquellen zu den Germanen nicht findet (zumindest soweit mir diese vor lagen), einfach um nicht als Dummkopf oder gar als Schwindler dazustehen.
Es handelt sich bei den hier gesammelten Texten um Übersetzungen. Sollten Sie, geneigter Leser, eine inhaltlich treffendere finden, oder sollten Sie eine Textquelle zur Religion der Germanen finden, die ich nicht aufgeführt habe, freue ich mich über einen Hinweis.
Beim nordeuropäischen Heidentum spreche ich ausdrücklich vom Asenglauben, Asatru1, um möglichst deutlich zu machen, aus welcher Gegend diese Quellen stammen.
Der absolute Schwerpunkt dieses Buches liegt auf der Präsentation relevanter Quellen. Ich bemühe mich, die Diskussion von Interpretationen zu vermeiden, weil das den Rahmen dieses Buches sehr schnell sprengen würde. Wer sich füt Interpretationsvorschläge interessiert, den verweise ich auf meine Bücher „Die Göttermythen der Edda" und „Feiern wie die Wikinger".
Alle Kommentare habe ich kursiv, alle Quellentexte in Normalschrift geschrieben, um die Unterscheidung zwischen dem einen und dem anderen zu erleichtern.
Uwe Ecker, Berlin, 6. 8. 2016
1Aus dem Dänischen von Asatro, Glaube an die Asen.
Das Wort Heide kommt 150 Mal in der Deutschen Einheitsübersetzung der Bibel vor. Wer das prüfen möchte, sucht einfach die Einheitsübersetzung im Internet auf und gibt in die Suchfunktion der Seite „Heide" bzw. „Heiden" und „Heidentum" ein. Die Suchfunktion listet die entsprechenden Zitate auf. Zum Vergleich, das Wort „Engel" findet man nur 120 Mal. Da ich die Bibelstellen hier aus Platzgründen nicht auflisten möchte, habe ich hier eine Zusammenfassung des biblischen Heidenbildes erstellt. Dazu habe ich die Textstellen thematisch geordnet und mit einer Überschrift versehen. Durch Entfernen der Zitate bilden die Überschriften dann die folgende Zusammenfassung:
In der Bibel werden Heiden als Irrgläubige, die sich vom hebräischen Stammesgott abgewandt haben, dargestellt. Heiden handeln unethisch, pflegen den Prunk und sind sexuell zügellos, rundheraus unzüchtig.
Die Rituale der Heiden sind minderwertig, Heiden sind für den Juden bzw. den Christen spirituell unrein. Heidnische Tempel muss man zerstören. Heiden müssen bekehrt werden.
Heiden darf man versklaven. Heiden werden bekehrt, doch selbst bekehrte Heiden sind immer noch Untermenschen. Bekehrte Heiden werden zinspflichtige Leibeigene. Der Jude bzw. der Christ soll Heiden meiden. Heiden sind für Christen gefährlich. Heiden hören nicht auf Pfarrer und Kirche. Heidentum muss in der Christengemeinde nieder gehalten werden.
Heiden werden von den Hebräern bekämpft und von Jachweh Gott vernichtet.
Heiden sind Feinde der Juden.
Heiden versklaven Juden. Heiden wollen Christen versklaven.
In Rom werden auch Juden in den Augen der Christen zu Heiden.
Heiden, nämlich Juden und Römer, verfolgten und töteten Jesus und seine Anhänger.
Heiden bedrohen Missionare.
Wo immer Anklänge an solche Sichtweisen auftauchen, muss man misstrauisch werden und fragen, ob es sich um einen Bericht über einen alten, nicht christlichen Glauben oder um eine Reflektion obigen Bildes von römischen oder orientalischen Nicht-Christen handelt. Außerdem gibt es noch beides, also diffamierende, christlich korrumpierte Berichte, wie z.B. die Völsi-Sage. Da wird es dann ganz schwer, die Dinge auseinander zu halten.
Oben habe ich gezeigt, was für ein Zerrbild vom Heiden und vom Heidentum der allgemeine Hintergrund der bisherigen Betrachtung war. Im Grunde läuft es auf das Vorurteil hinaus, der Polytheismus sei dem Monotheismus spirituell, ethisch, kulturell und sozial, also praktisch in jeder Hinsicht, unterlegen.
Nun möchte ich dem Leser einige Hintergrundinformation über die Quellen selbst, ihr Alter, ihre Herkunft, wo möglich die Haltung des Schreibers und dessen Motive geben. Ich hoffe damit dem geneigten Leser, eine Wertung und Einordnung der einzelnen Berichte zu erleichtern.
Die römischen Quellen
Um den römischen Quellen gerecht zu werden, ist vielleicht das Wichtigste, sich darüber klar zu sein, dass diese Texte für eine römische Leserschaft geschrieben wurden. Sie sollten also in Rom eine Wirkung erzielen und sind auf den jeweils beabsichtigten Effekt hin ausgelegt.
Gaius Julius Cäsar, 13. Juli 100 – 15. März 44 BCE. in Rom, hatte dabei die politischen Ziele, sich einerseits als Überwinder der Gallier zu inszenieren und andererseits eine Gefahr durch die „Super-Barbaren" im Osten des römischen Reiches aufzuzeigen.
Der bedeutende römische Historiker Publius Cornelius Tacitus (58 – 120 CE) lässt dagegen eine politisch-pädagogische Absicht erkennen, indem er die Germanen als „edle Wilde" darstellt, um den an ihre Zivilisation gewöhnten Römern in mancher Beziehung ein Vorbild aufzuzeigen. Das betrifft im Bereich der Religion den zu seiner Zeit ausufernden Staatskult, den er sich, nach seinem pseudo-germanischen Vorbild, weit bescheidener gewünscht hätte.
Die intensiven, auf den römischen Staat bezogenen Absichten verzerren das dort gezeigte Germanen-Bild und lassen eine Auswertung solcher Quellen zumindest als sehr schwierig erscheinen.
Strabo, Geographia, (Στράβων, Strábōn „der Schielende", lateinisch Strabo), etwa 63 BCE bis 23 CE, ein antiker griechischer Historiker und Geograph, der seine Werke in Rom veröffentlichte. Strabons Ziel war erklärtermaßen, ein für einen möglichst weiten, gebildeten Leserkreis leicht verständliches und angenehm lesbares, aber informatives Werk zu schaffen, das geographische, ethnographische und historische Angaben bieten sollte.
Libri rerum gestarum, 31 Bücher des Ammianus Marcellinus, 394 CE, einer der bedeutensten spätantiken Geschichtsschreiber. Er gilt als, für einen antiken Historiker, ungewöhnlich um Objektivität bemüht.
Nichtrömische spätantike Quellen
Prokopios von Caesarea (Προκόπιος, lat. Flavius Procopius, im Deutschen meist Prokop genannt, 500 – 562 CE) war ein spätantiker griechischer Historiker des 6. Jh. Er gilt als der letzte große Geschichtsschreiber der Antike und stammt aus einer hellenischen Familie.
Hochmittelalterliche christliche Quellen
Geoffrey von Monmouth schrieb 1135 die Historia Regum Britanniae, „Die Geschichte der britannischen Herrscher".
Kirchliche Quellen
Für Kleriker stellen heidnische Bräuche nicht nur ein Überbleibsel bzw. einen Rückfall in eine konkurrierende Religionsform dar. Seit dem Kirchendenker Thomas von Aquin setzt jede „abergläubische Handlung" einen impliziten Teufelspakt voraus. Die vorhergehende Religion ist also, aus katholischer Sicht gesehen, reines Teufelswerk und einzig und allein dazu da, ihre Schäfchen geradewegs in die ewige Verdammnis zu führen. Das zu verhindern rechtfertigt alles, von bewusst falscher Darstellung bis zum Massenmord. Alles erscheint, aus dieser Perspektive, besser, als eine fehlgeleitete Seele ewigen Höllenqualen zu überlassen. Oder ihr gar die Verführung anderer zu solchem Teufelswerk zu dulden. Diese Dogmatik ist, bedauerlicher Weise, der Hintergrund, vor dem wir Äußerungen aus kirchlichen Kreisen sehen müssen.
Wir müssen hier eine Mischung aus Mutmaßungen, Verdächtigungen, Vorurteilen und wissentlich falschen Darstellungen erwarten, welches allenfalls, zwecks Steigerung der Glaubhaftigkeit, mit mehr oder weniger zutreffenden Details gespickt wurde. Auch hier muss man den Wert solcher Quellen sehr ernsthaft in Frage stellen. Meine unmaßgebliche Meinung ist hier, dass ein solches Amalgam schlichtweg unentwirrbar ist.
Concilii Aquilensis Epistola, Migne, P. L. LXII, 465 ist ein Brief des Konzils von Aquileia aus dem Jahre 381 an die Kaiser Valentinian und Theodosius, in welchem das öffentliche Auftreten eines Stammespriester erwähnt wird.
Der Indiculus superstitionum et paganiarum („Kleines Verzeichnis des Aberglaubens und des Heidentums") in lateinischer Schriftsprache ist ein kirchlicher Text gegen den germanisch–sächsischen Paganismus aus dem späten karolingischen 8. Jahrhundert, zur Zeit der Sachsenmission Karls des Großen. In dieser Handschrift, von der lediglich das Deckblatt erhalten ist, werden 30 Kapitelüberschriften in einem Inhaltsverzeichnis gelistet. In diesen Überschriften sind einige wichtige Aufschlüsse enthalten bezüglich der paganen religiösen Kultur der Sachsen
Paulus Diaconus, Paul Warnefried, gegen 727 – 798 in Monte Cassino war ein langobardischer Geschichtsschreiber, durchaus kritisch, aber spätantikem Denken verbunden. Er ist vielleicht noch der unvoreingenommenste Kirchenmann.
Chronicon, Bischof Thietmar von Merseburg, 25. 6.975-1-12.1018, geschrieben nach 1009. Seine Chronik gilt als wichtige Quelle für die Geschichte des ostfränkischdeutschen Reiches um die Jahrtausendwende.
Adam von Bremen schrieb zwischen 1072 und 1076 die Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum in vier Büchern, die er aus älteren Schriften, aber auch dem Hörensagen erstellte. Der Bischof wurde zwei Mal von Wikingern aus seinem Bischofssitz Bremen vertrieben. Wir tun ihm also sicher nicht unrecht, wenn wir ihm über die eingangs beschriebenen ideologischen Vorbehalte hinaus eine persönliche Abneigung unterstellen. Mit seinem Bericht über die Menschenopfer in Upsala schließt er an der römischen Propaganda an, nach der solche ja Indiz für Barbarei sind.
Mohammedanische Quellen
Ahmad ibn Fadlan ibn al-'Abbas ibn Raschid ibn Hammad, kurz Ibn Fadlan, ein mohammedanischer arabischer Kaufmann, war vom Kalifen Mogtadir ausgesandt worden um zu erkunden, wieso die Ausbreitung ihres Glaubens im Norden keine Fortschritte machte sondern stecken blieb. Der mohammedanische Missionar begab sich also auf eine Reise durch das Wolgagebiet im Jahre 922. Auf dieser Reise schrieb er viele seiner Erlebnisse als Berichte an seinen religiösen Führer, den Kalifen, nieder. Eine dieser Beschreibungen ist ein Häuptlingsbegräbnis bei den Rus, wie sich die schwedischen Wikinger im Osten nannten. Man muss sich aber beim Lesen klar drüber sein, dass es sich nicht nur um eine Darstellung durch jemand mit einem völlig anderen kulturellen Hintergrund und Lebensstil als den Wikinger handelt. Sondern die Darstellung ist darüber hinaus dahingehend tendenziös, dass er seinem Kalifen immer wieder deutlich zu machen strebt, wie sehr er dessen Überzeugung teilt, dass es sich nur um Barbaren handeln könne, denen man mit der mohammedanischen Mission einen Gefallen täte. Formal erkennt man das an der Wortwahl, wenn Gaben z.B. nicht niedergelegt, sondern hingeworfen werden. Inhaltlich tritt das z.B. klar hervor, wenn Fadhlan die Rus als „Allahs schmutzigste Geschöpfe" darstellt, danach aber die Schönheit ihrer Frauen anpreist. Warum sollten die Frauen solcher Dreckspatzen sich pflegen? Nein, hier suggeriert er seinem Kalifen in etwa: „Laß uns die unreinen Ungläubigen, so wie vorgeschrieben, mit Zwang bekehren. Und außerdem lohnt sich das wegen der schönen Frauen, die uns dabei zufallen." Dieser Unterton zieht sich durch den gesamten Bericht, was z.B. bei der Beurteilung der freiwilligen Totenfolge wichtig ist. Anklänge an Menschenopfer sind schon seit dem alten Rom ein klares Indiz für Barbarei und zwingen den „Zivilisierten", die Barbaren zu überfallen und ihrer Kultur, und im Dienste der Zivilisation, auch ihrer Freiheit zu berauben. Man kann das also gar nicht kritisch genug betrachten. (Ungekürzter Version aus Harris Birkelands Übersetzung, norweg. Quelle: Arild Hauge)
Einführung zu den altskandinavischen Quellen
Während ich hier sitze und mich bemühe, Berichten über und Erzählungen von meinen fernsten Vorfahren einen Sinn abzuringen, geschehen am anderen Ende der Welt ganz verblüffende und sehr aufschlussreiche Dinge. Vor drei Generationen kamen christliche Missionare zu den Indianern am Amazonas. Seit zwei Generationen sind sie alle christianisiert. Und heute, wo viele lesen und schreiben können, befragen sie ihre Alten und schreiben auf, was sie über ihre Sprache, ihre Dichtkunst, ihre Mythen und Religion in Erfahrung bringen können. Sie tun das, weil sie, nachdem sie die Christenwelt kennen gelernt haben, den besonderen Wert ihrer eigenen Kultur erkannt haben und auch, dass all dies unwiederbringlich verloren geht, wenn sie es nicht dokumentieren und erklären.
Die altskandinavischen Textquellen
Die altskandinavischen Quellen stammen aus der altskandinavischen Literatur. Es handelt sich also um Berichte aus dänischen, schwedischen, norwegischen und isländischen Gebiet. Die beiden letzteren bezeichnet man auch als altwestnordische Literatur. Sie macht den weit überwiegenden Teil der altskandinavischen Literatur und auch des gesamten Quellenmaterials aus.
Als Beginn der Aufzeichnungen gilt das Jahr 1117, als man auf dem Hof Breidabólstand im westlichen Nordland mit der Aufzeichnung des Landrechts, sowie 1118 die Gragas, aufschrieb. Dabei muss man sich klar darüber sein, dass es sich um Dokumentationen von Rechtsgepflogenheiten aus einer weit zurück reichenden mündlichen Tradition handelt. Genau das Gleiche, nur für eine grössere thematische Breite, gilt für die gesamte altskandinavische Literatur, also auch für Eddas und Sagas.
Die sogenannte Liederedda besteht aus dem Codex Regius und von modernen Autoren aus anderen Quellen hinzu gefügten weiteren Liedern. Der Codex Regius wurde nach Meinung einiger Forscher 1271 von einem einzelnen, unbekannten Schreiber2 angefertigt, wobei es sich allerdings um die Abschrift älterer Texte handelt. Diese älteren Texte müssen wiederum das Ergebnis einer Sammelarbeit gewesen sein. Die Lieder selbst aber sind wesentlich älter als ihre Aufzeichnung und dürften in ihrer vorliegenden Form zwischen 800 und 1000 auf Island, in Norwegen oder den norwegischen Kolonien auf den britischen Inseln und entstanden sein.
Die Isländersagas (Íslendinga sögur) sind Erzählungen, die zwischen 1200 und 1350 aufgezeichnet wurden. Sie handeln von der Zeit um 970–1030. Teilweise sind die Autoren bekannt, so schrieb z.B. Ari Thorgilsson das Isländingerbók und das Landnamabók.
Wesentlich ist, dass sich die Intention der Aufzeichner auf eine für unsere Zwecke einfache und hinreichende Formel bringen lässt, nämlich dass das alte Heidentum der Vorväter schon schön war, es aber doch faktisch besser sei, Christ zu sein.
Um 1200 schrieb Snorri Sturluson seine Heimskringla, die von den Asen, den Ritualen und dem Königtum von Zeitenwende bis zum Jahr 1077 berichtet.
Er schrieb auch die Prosa-Edda, welche vor allem die Götterlieder der Lieder-Edda erklärt. Snorri ist zweifellos eine schillernde Gestalt, deren Darstellung von seiner ganz klaren Sympathie für das altskandinavische Heidentum ausgehend die Brücke zu Realpolitik in einem bereits ganz überwiegend christlich-feudalistisch geprägten Umfeld schlägt.
Dann gibt es noch die späte Sagaliteratur des 14. und 15. Jahrhunderts.
Die altskandinavische Literatur stellt also, soweit sie auf religiöse Themen eingeht, die Verhältnisse in der Zeit von 800 bis 1077 dar. Das sind Zeiten des späten nordischen Heidentums und reicht gut zwei Generationen über die offizielle Annahme des Christentums hinaus. Etwas ganz besonderes stellt die Haltung der Autoren dieser Quellen zum Heidentum dar. Obwohl bereits in einer offiziell christlichen Umgebung, sind sie mit der vorchristlichen mündlichen Erzähltradition vertraut und stehen deren Inhalten zwar nicht unkritisch, doch insgesamt positiv gegenüber.
Das ist also etwas völlig anderes als die verdammende Haltung der süd- und mitteleuropäischen kirchlichen Quellen und auch als die römische Barbaren-Propaganda. Damit müssen wir den altskandinavischen Quellen eine Authentizität zugestehen, die den südlicheren Quellen insgesamt fehlt.
Ein besonderes Stück der altskandinavischen Liedtexte stellt das Solarliodh, das Sonnenlied, dar. Dieses Lied stellt tatsächlich eine Durchmischung heidnischer und christlicher Elemente dar. So nennt es Odin, Frigg und Niörd, zugleich aber auch Gott und die Engel, berichtet mythologische Details von Einweihung und Unterweltsreise, listet aber auch einen nachtodlichen Strafkatalog auf, wie er im christlichen Mittelalter üblich ist. Es hat als einziges derartiges Lied in die neuzeitlichen Lieder-Edda-Sammlungen Einzug gehalten. Schon allein, weil es uns vor Augen führt, was „christlich beeinflusst" tatsächlich bedeutet, und sich damit deutlich von den anderen eddischen Texten unterscheidet, zeigt es einen wertvollen Kontrast auf. Wer mutmasst, dass die Eddas „christlich durchwirkt" seinen, der vergleiche z.B. die Lieder des Codex regius, also die eigentlichen Eddalieder, bitte einmal mit dem Solarliodh.
Bei dem deutlichen, sowohl quantitativen als auch qualitativen Überwiegen der altnordischen Quellen ist es fraglich, welchem Wert den südlicheren Quellen zukommt. Man muss auch fragen, ob die Quellenlage überhaupt für eine Darstellung einer germanischen Religion ausreicht, oder ob man nicht tatsächlich davon ausgeht, dass die Quellen von der Religion der altskandinavischen Stämme der Wikingerzeit ein sehr gutes und geschlossenes Bild zeichnen.
Dann bliebe vielleicht noch die Möglichkeit, mit den südlicheren Quellen abzuschätzen, ob und wann es etwas Ähnliches auch im mitteleuropäischen Raum gegeben haben könnte und wo Unterschiede erkennbar sind.
Úlfljótsgesetzen, die Úlfljótr 927 von Norwegen nach Island brachte und die in der Landnámabók 259 enthalten sind (Buch 4, Kap. 3, Ulfljótslọg)
Thingskappa Thattr (um 1260 aufgezeichnet)
2Der isländische Volksmund nennt Saemund Sigfusson, genannt Saemund hinn Frode, d.h. der Weise (gestorben 1133), als den, der die alten Lieder aufschrieb. Der Bischof soll selbst ein Zauberer gewesen sein (F. Rühs: Die Edda, 1812, 48.).
Die Germanen weichen von diesen Gewohnheiten sehr ab; denn weder haben sie Druiden, die die religiösen Angelegenheiten leiten, noch befleißigen sie sich der Opfer. Zu den Göttern rechnen sie bloß die, die sie sehen und deren Hilfe sie offenbar erfahren: die Sonne, das Feuer und den Mond; die andern kennen sie nicht einmal vom Hörensagen. Caesar, B. G. VI, 21.
„Die Germanen weichen von diesen Gewohnheiten", nämlich der Gallier, „sehr ab"! J. Caesar bemühte sich hier, einen möglichst großen kulturellen Unterschied zwischen Galliern und Germanen zu postulieren. Er versuchte nämlich, sich so als Überwinder aller Gallier darzustellen,- die nicht von ihm Besiegten definiert er einfach zu einer anderen Völkerschaft um. Noch Tacitus widerspricht ihm, wie wir sogleich sehen werden, vollständig.
Von den Göttern genießt Merkur die höchste Verehrung: ihm an bestimmten Tagen sogar Menschenopfer zu bringen, halten sie für recht. Den Mars und Herkules stimmen sie durch Opferung zulässiger Tiere günstig. Ein Teil der Sueben opfert auch der Isis. Tac.G.9.
Merkur ist sehr wahrscheinlich die römische Interpratation von Wodan. Tacitus berichtet, entgegen Caesars Darstellung, durchaus von personalen Göttern, die über Sonne, Mond und Feuer hinaus gehen. Da er für Römer schreibt, vergleicht er diese mit den den Römern bekannten. Auch berichtet er, wieder entgegen Caesar, ausdrücklich von Opfern. Menschenopfer galten den Römern als Kennzeichen von Barbarentum.
Wenn Seuchen und Hungersnot drohen, wird dem Götzen Thor geopfert, wenn Krieg, dem Wodan, wenn Hochzeiten zu feiern sind, Fricco. Ad. D. B. IV, 27.
So berichtet der Bischof Adam von Bremen über die Opferbräuche der Schweden in Upsala.
So schicken denn die Tenkterer, ein durch den Rhein davon getrennter Stamm, Gesandte und heißen sie ihre Aufträge in der Versammlung der Agrippinenser eröffnen. Diese brachte der unbändigste von den Gesandten folgendermaßen vor: „Dass ihr zurückgekehrt seid zu dem großen Ganzen und Namen Germanien, dafür danken wir den gemeinsamen Göttern und dem obersten der Götter, Mars."
Tac. Ann. IV, 64.
Die Trenkterer waren durch den Rhein von der Stadt Köln getrennt. Auch der Mars wird häufig als römische Übertragung für Wotan verwendet.
Den ersten Kriegsgefangenen opfern sie für Ares, den sie für den größten Gott halten. Proc. G. ll, 15, 24.
Procop berichtet von den Kriegsopfern der Goten. Mit Ares kann durchaus der Stammesgott Guodan (Wotan) gemeint sein.
Wodan aber, den sie mit Beifügung eines Buchstabens Guodan nannten, ist der nämliche Gott, der bei den Römern Merkurius heißt und von allen Völkerschaften Germaniens als Gott verehrt wird. Paul. D. /, 9
Das wiederspricht der obigen Interpretation des Ares/Mars nicht, Odin erfüllt ja die Funktion des Kriegsgottes wie auch die des Wanderers zwischen den Welten.
Unter Führung des Merkurius überschritten wir die Meere und suchten dein Reich auf… Den Merkurius verehren wir besonders, den wir in unserer Sprache Wodan nennen. Ihm weihten unsere Vorfahren den vierten Wochentag, der bis heute noch seinen Namen, Wodenes dai, erhalten hat. Geoffr. o. M. Vl, 10.
So sprach Hengist zu Vortigern. Der Mittwoch heißt im Englischen heute noch „Wensday", von „Wotans Tag".
Über Opfer an Merkurius und Jupiter. Ind. 8.
Merkurius darf man als Wodan und Jupiter als Donar auffassen. Noch die hochmittelalterliche kirchliche Verbotsliste geht auf die Verehrung der Götter durch Opfer ein.
Ec forsacho (ich sage ab) allum dioboles (Teufeln) werctim and wordum, Thunaer (Donar) ende Woden ende Saxnote ende allum them unholdum the hira genotas (die ihre Genossen) sint. Sächis. Taufgolöbnis.
Die Sachsen ehrten neben dem „Thunaer" Thor und dem Woden/Odin den Saxnot, den viele mit Tyr gleichsetzen.
Der Bischof sagte: „An wen glaubst du?" Finn antwortete: „An Thor und Odin, wie die andern Nordmänner." Flat. I, 389 (Ol Tr. S. c. 277).
Dort waren in jener Zeit große Opfer, und Freyr war am meisten verehrt worden. Flat. I, 337. (Ol Tr. S. c. 313).
Die Schweden verehrten den Freyr am meisten. Es gab also such unter den Stämmen der Nordmänner Unterschiede in der religiösen Präferenz.
Der vornehmste und älteste der Asen ist Odin. Er herrscht über alle Dinge, und so wie die andern Götter mächtig sind, dienen sie alle ihm wie die Kinder ihrem Vater. Sn. Edda, G. 20 (Th. 20, 69).
Und das ist mein Glaube, dass dieser Odin und seine Brüder die Regierer von Himmel und Erde sind. Wir glauben, dass er so heiße. So heißt der, den wir als den Größten und Vornehmsten kennen. Sn. Edda G. 6 (Th. 20, 54).
Snorri stellt Odin als obersten Gott der Altskandinavier dar. Seine Brüder sind Hönir und Lodur, die Söhne Bors und Bestlas.
Da fragte Gangleri: Welches sind die Asen, an welche die Menschen glauben sollen? Har antwortete: Es gibt zwölf göttliche Asen. Da sprach Jafnhar: Die Asinnen sind nicht minder heilig und ihre Macht nicht geringer.… Sn. E. G. 20
In der Gylfaginning 20–32 zählt Snorri diejenigen Asen, die wir Menschen ehren sollen, vollständig auf. Das sind Odin und Frigg, Thor und Sif, Baldur und Nanna, Niörd und Skadi, Freyr und Freya, Tyr, Bragi und Idun, Heimdall, Hödur, Widar, Wali und Ullr. Das heißt nicht, das nicht auch andere, wie z.B. Saga und Forseti, Verehrung genossen, doch diese stellt zumindest Snorri als verbindlich vor. Im Grunde sind das diejenigen, die laut der Grimnirsmál in Asgard wohnen:
Da sprach Thridi: Odin ist der vornehmste und älteste der Asen. Er waltet aller Dinge, und obwohl auch andere Götter Macht haben, so dienen ihm doch alle wie Kinder ihrem Vater. Seine Frau ist Frigg. Sie weiß aller Menschen Geschick, obgleich sie es keinem vorhersagt.… Odin heißt Allvater, weil er aller Götter Vater ist, und Walvater, weil alle seine Wunschsöhne sind, die auf dem Walplatz fallen. Sie werden in Walhall und Wingolf aufgenommen und heißen daher Einherier. Odin heißt auch Hangagott oder Haptagott, Farmagott und nannte sich noch mit vielen Namen, als er zu König Geirröd kam:
Ich heiße Grimur und Gangleri,
Verhüllter, Gehmüder,
Herian, Hialmberi,
Heerführer, Helmträger,
Theck, Thridi, Thud,
Beliebter, Dritter, Mächtiger,
Udr,
Anschwellender,
Helblindi und Har.
Blinder der Hel und Hoher,
Sadr, Svipal
Wahrer, Veränderlicher,
und Sanngetal,
und Wahrheitsratender,
Herteit und Hnikar,
Heerfroher und Aufhetzer,
Bileig und Baleig,
Raschauge, Flammenauge,
Bölwerk, Fiölnir,
Böswerker, Vielwisser,
Grimnir, Glapsvid, Fiölswid
Maskenträger, Verführer,
Sidhött, Sidskegg,
Großhut, Großbart,
Sigvatir, Hnikd,
Siegvater, Stoßer,
Allvatir, Atrid,
Allvater, Angreifer zu Roß,
Farmatyr,
Lastengott,
Oski, Omi,
Wunscherfüller, Lärmer,
Jafnhar,
Ebenhoher,
Biflindi,
Mit dem bemalten Schild,
Göndlir, Harbard.
Zauberer, Graubart,
Svidur, Svidrir,
Speerschwinger, Streitbarer,
Jalkr,
Wallach,
Kialar, Vidr,
Keiltreiber, Widersacher,
Thror, Yggr,
Angreifer, Schrecker,
Thund, Wakr, Skilfing,
Wachender, Bergbewohner,
Vafudr, Horptaty,
Wind, Gott der Beschwörungen,
Gaut, Veratyr.
Sn. E. G. 20
Gote, Gott der Menschen.
Thor ist der Vornehmste von ihnen. Er heißt Asathor oder Ökuthor, und ist der Stärkste aller Götter und Menschen. Ihm gehört das Reich, das Thrudvang genannt wird, aber sein Palast heißt Bilskirnir. Dieser Palast hat fünfhundertundvierzig Gemächer und ist das größte Gebäude, das je gemacht worden ist.…
Thor hat zwei Böcke, sie heißen Tanngniostr und Tanngrisnir und einen Wagen, worin er fährt. Die Böcke ziehen den Wagen, darum heißt er Ökuthor. Er hat auch drei Kleinode: Den Hammer Mjölnir den Hrimthursen und Bergriesen kennen, wenn er geschwungen wird, was nicht zu verwundern ist, denn er hat ihren Vätern und Freunden manchen Kopf damit zerschlagen.
Sein anderes Kleinod ist der Kraftgürtel, Megingiardar genannt: Wenn er den um sich spannt, so wächst ihm die Asenkraft noch um die Hälfte. Noch ein drittes Ding hat er, in dem großer Wert liegt, das sind seine Eisenhandschuhe. Die kann er nicht missen, um den Schaft des Hammers zu fassen. Und niemand ist so klug, dass er alle seine Großtaten zu erzählen wüsste. Ich könnte so manche Nachricht von ihm berichten, dass der Tag vergehen würde, ehe alles gesagt wäre, was ich weiß. Sn. E. G. 21
Wie ist Thor zu bezeichnen? So, dass er der Sohn Odhins und der Jörd genannt wird, Magnis und Modis Bruder, Sifs Gemahl, Ullers Stiefvater, Miölnirs und des Stärkegürtels sowie Bilskirnirs Besitzer, Asgards und Midgards Vorfechter, der Jötune und Zauberweiber Feind und Tödter, Hrungnirs, Geirröds und Thriwaldis Besieger, Thialfis und Röskwas Herr, des Midgardwurms Gegner, Wignis und Hloras Pflegesohn. Skaldskaparmal C.4.
Wie ist Sif zu bezeichnen? Als Thors Gemahlin, Ullers Mutter, die haarschöne Göttin, Jarnsaxas Nebenbuhlerin, die Mutter Thruds. Skaldskaparmal C. 21.
Da sprach Gangleri: Ich möchte auch von den anderen Asen Kunde hören. Har sprach: Odins anderer Sohn ist Baldur von ihm ist nur Gutes zu sagen. Es ist der Beste und wird von allen gelobt. Er ist so schön von Antlitz und so glänzend, dass ein Schein von ihm ausgeht. Ein Kraut ist so licht, dass es mit Baldurs Augenbrauen verglichen wird, es ist das lichteste aller Kräuter. Davon magst du auf die Schönheit seines Haars sowohl als seines Leibes schließen. Er ist der weiseste, beredeste und mildeste von allen Asen. Er hat die Eigenschaft, dass niemand seine Urteile schelten kann. Er bewohnt im Himmel die Stätte, welche Breidablick heißt. Da wird nichts Unreines geduldet,… Sn. E. G. 22
Wie ist Baldur zu bezeichnen? Als der Sohn Odins und der Frigg, Nannas Gemahl, Forsetis Vater, Hringhorns und Draupnirs Besitzer, Hödurs Feind, der Hel Geselle, der beweinte Gott. Skaldskaparmal C. 4.
Der dritte Ase ist Niörd genannt, er bewohnt im Himmel die Stätte, welche Noatun heißt. Er beherrscht den Gang des Windes und stillt Meer und Feuer. Ihn ruft man zur See und bei der Fischerei an. Er ist so reich und vermögend, dass er allen, welche ihn darum anrufen, Gut, liegendes sowohl als fahrendes, gewähren mag. Er wurde in Vanenheim erzogen, und die Vanen gaben ihn den Göttern zur Geisel und nahmen dafür von den Asen zur Geisel den Hönir. So verglichen sich durch ihn die Götter mit den Vanen. Niörds Frau heißt Skadi und ist die Tochter des Riesen Thiassi. Sn. E. G. 23.
Wie ist Niördr zu bezeichnen? So, dass er Wanengott, Wanensprößling oder schlechtweg der Wane heiße, Freys und Freyjas Vater, der spendende Gott. Skaldskaparmal C. 6
Das sind die Runen, die da ritzten
Niörds Töchter neun,
Radwör die älteste und Kreppwör die jüngste,
Mit ihrer Schwestern sieben. Sol. 55., 56. (E)
Skadi wollte wohnen, wo ihr Vater gewohnt hatte, nämlich auf den Felsen in Thrymheim. Aber Niörd wollte sich bei der See aufhalten. Da verglichen sie sich dahin, dass sie neun Nächte in Thrymheim und dann andere neun in Noatun sein wollten.… Da zog Skadi nach den Bergen und wohnte in Thrymheim. Da jagt sie oft auf Schneeschuhen mit ihrem Bogen nach Tieren. Sie heiß Schneeschuhgöttin oder Öndurdis.… Sn. E. 23.
Niörd in Noatun zeugte seitdem zwei Kinder. Der Sohn heißt Frey und die Tochter Freya. Sie waren schön von Antlitz und mächtig. Frey ist der trefflichste unter den Asen. Er herrscht über Regen und Sonnenschein und das Wachstum der Erde und ihn soll man anrufen um Fruchtbarkeit und Frieden. Sn. E. G. 24.
Wie ist Freyr zu bezeichnen? So, dass er Njörds Sohn, Freyjas Bruder genannt wird, oder gleichfalls Wanengott, Wanensprößling oder schlechtweg der Wane, Erntegott und Reichtumspender. Er wird auch Belis Feind, Skidbladnirs und des Ebers Gullinbursti, der auch Slidrugtanni heißt, Besatzer genannt. Skaldskaparmal c.7.
Freya ist die herrlichste der Asinnen. Sie hat die Wohnung im Himmel, die Folkvangr heißt, und wenn sie zum Kampf zieht, gehört die Hälfte der Gefallenen ihr und die Hälfte Odin, wie her gesagt ist (Grimnismál 14):
Folkvangr ist der neunte,
dort bestimmt Freya
Die Wahl der Sitze im Saal.
Sie kiest die Hälfte
der Fallenden täglich,
Doch die andere Hälfte steht Odin zu.
Sn. E. G. 24
Ihr Saal Sesrumnir ist golden und schön. Wenn sie ausfährt, sind zwei Katzen vor ihren Wagen gespannt. Sie ist denen gewogen, welche sie anrufen, und von ihr hat der Ehrenname den Usprung, dass man vornehme Weiber Frauen nennt. Sie liebt den Minnesang und es ist gut, sie in Liebessachen anzurufen. Sn. E. G. 24.
Vornehme Frauen, „Frovor", Damen, würden wir heute wohl sagen.
Har versetzte: Da ist noch ein Ase, der Tyr heißt. Er ist sehr kühn und mutig und herrscht über den Sieg im Krieg. Darum ist es gut, dass Kriegsmänner ihn anrufen. Wer kühner ist als andere und vor nichts sich scheut, von dem sagt man sprichwörtlich, er sei tapfer wie Tyr. Er ist auch so weise, dass man von Klugen sagt, sie seien weise wie Tyr. Ein Beweis seiner Kühnheit ist dies. Als die Asen den Fenriswolf überredeten, sich mit dem Bande Gleipnir binden zu lassen, traute er ihnen nicht, dass sie ihn wieder lösen würden, bis sie zum Unterpfand Tyrs Hand in seinen Mund legten. Und als die Asen ihn nicht wieder lösen wollten, biss er ihm die Hand an der Stelle ab, die nun Wolfsglied heißt. Seitdem ist Tyr einhändig, gilt aber den Menschen nicht für einen Friedensstifter. Sn. E. G. 25
Wie ist Tyr zu bezeichnen? Als der einhändige As, des Wolfs Fütterer, Kampfgott und Odins Sohn. Skaldskaparmal C.9
Ein anderer Ase heißt Bragi. Er ist berühmt durch Beredsamkeit und Wortfertigkeit und sehr geschickt in der Skaldenkunst, die nach ihm Bragur genannt wird, so wie auch diejenigen nach seinem Namen Bragurleute heißen, die redefertiger sind als andere Männer und Frauen. Seine Frau heißt Idun, sie verwahrt in einem Gefäß die Äpfel, welche die Götter genießen sollen, wenn sie altern. Denn sie werden alle jung davon, und das mag währen bis zum Göttergeschick. Sn. E. G. 26.
Wie ist Bragi zu bezeichnen? Als Idhuns Gemahl, der erste Liederschmied, der langbärtige Ase, und Odhins Sohn. Skaldskaparmal C. 9.
Wie ist Idun zu bezeichnen? Als Bragis Gemahlin, der Äpfel Hüterin, als des Riesen Thiassi Raub, der sie den Asen entführte. Skaldskaparmal C. 22.
Heimdall heißt einer, der auch der weiße Ase genannt wird. Er ist groß und hehr und von neun Mädchen, die Schwestern waren, geboren. Er heißt auch Hallinskidi und Gullintanni, weil seine Zähne von Gold sind. Sein Pferd heißt Gulltopp. Er wohnt auf Himinbiorg bei Bifröst. Er ist der Wächter der Götter und wohnt dort an des Himmels Ende, um die Brücke vor den Bergriesen zu bewahren. Er bedarf weniger Schlaf als ein Vogel und sieht sowohl bei Nacht als bei Tag hundert Tagereisen weit. Er hört auch das Gras in der Erde und die Wolle auf den Schafen wachsen, mithin auch alles, was einen stärkeren Laut gibt. Er hat eine Trompete, die Gjallarhorn heißt, und bläst er hinein, so wird es in allen Welten gehört. Heimdalls Schwert heißt Hofud. Von ihm heißt es (Grimnismál 13.):
Himinbiorg ist der achte, dort, so spricht man,
Waltet Heimdall über das Heiligtum.
Der göttliche Wächter in gastlichem Hause,
Trinkt heiter den göttlichen Met.
Auch sagt er selbst in Heimdalls Gesang:
Ich bin neun Mütter Sohn
und von neun Schwestern geboren. Sn. E. G. 27.
Wie ist Heimdall zu bezeichnen? Als der Neun Mütter Sohn und der Götter Wächter, oder der weise Ase, Lokis Gegner, der Wiedererkämpfer Brisingamens. Heimdalls Haupt heißt das Schwert, denn es wird gesagt, er sei mit eines Mannes Haupt durchbohrt worden. Von ihm handelt das Heimdallslied, und das Schwert heißt seitdem Manns Miötudr, denn das Schwert ist des Manns Miötud. Heimdall ist Gultops Besitzer, Wagaskers und Singasteins Heimsucher, weil er dort mit Loki um Brisingamen stritt; desgleichen heißt er Windhler. Ulf Uggis Sohn hat in der Husdrapa diese Sage ausführlich dargestellt, wobei erwähnt wird, dass die Kämpfer die Gestalt von Meerkälbern annahmen. Er ist auch Odins Sohn. Skaldskaparmal C. 8.
Miötud bedeutet sowohl Schöpfer als auch Durchbohrer.
Hödur heißt einer der Asen. Er ist blind, aber sehr stark, und die Götter möchten wohl wünschen, dass sie seinen Namen nicht nennen dürften, denn nur all zulange wird seiner Hände Werk Göttern und Menschen im Gedächtnis bleiben. Sn. E. G. 28.
Wie ist Hödur zu bezeichnen? Als der blinde Ase, Baldurs Töter, Mistilteins Schießer, Odins Sohn, der Geselle Hels, Walis Feind. Skaldskaparmal C. 13
Misteltein ist der Mistelzweig.
Widar heißt einer, der auch der schweigende Ase genannt wird. Er hat einen dicken Schuh, und ist der Stärkste nach Thor. Auf ihn vertrauen die Götter in allen Gefahren. Sn. E. G. 29.
Ali oder Wali heißt einer der Asen, Odins Sohn und der Rind. Er ist kühn in der Schlacht und ein guter Schütze. Sn. E. 30.
Wie ist Wali zu bezeichnen? So, dass er Odins Sohn und der Rinda heiße, Friggs Stiefsohn, der Asen Bruder, Baldurs Rächer, Hödurs Feind und Töter, der väterlichen Stätten Bewohner und Erbe. Skaldskaparmal C. 12
Uller heißt ein Ase, Sohn der Sif und Thors Stiefsohn. Er ist ein so guter Bogenschütze und Schneeschuhläufer, dass niemand sich mit ihm messen kann. Er ist schön von Angesicht und kriegerisch von Gestalt. Bei Zweikämpfen soll man ihn anrufen. Sn. E. G. 31.
Wie ist Uller zu bezeichnen? Als Sifs Sohn, Thôrs Stiefsohn, Schrittschuh-Ase, Bogen-Ase, Jagd-Ase, Schild-Ase. Skaldskaparmal C. 14
Forseti heißt der Sohn Baldurs und der Nanna, der Tochter Neps. Er hat im Himmel den Saal, der Glitnir heißt, und alle, die sich in Rechtsstreitigkeiten an ihn wenden, gehen verglichen nach Hause. Das ist der beste Richterstuhl für Götter und Menschen. Es heißt von ihm (Grimnismál 15.):
Glitnir heißt der zehnte,
auf goldenen Säulen
Ruht das silberne Dach.
Dort wohnt Forseti
die meisten Tage
Und schlichtet jeglichen Groll.
Doch zählt man einen zu den Asen, den einige den Verlästerer der Götter, den Anstifter allen Betrugs, und die Schande der Götter und Menschen nennen. Sein Name ist Loki oder Loptr und sein Vater der Riese Farbauti. Seine Mutter heißt Laufey oder Nal, seine Brüder sind Bileist und Helblindi. Loki ist schmuck und schön von Gestalt, aber böse von Gemüt und sehr unbeständig. Er übertrifft alle anderen in Schlauheit und jeder Art von Betrug. Er brachte die Asen in manche Verlegenheit. Doch half er ihnen oft auch durch seine Klugheit wieder heraus.
Seine Frau heißt Sigyn und deren Sohn Nari oder Narvi. Sn. E. G. 33.
Wie ist Loki zu bezeichnen? Als Farbautis und Laufeyjas, die auch Nal heißt, Sohn, als Byleists und Helblindis Bruder, als Vater Wanargandrs und Jörmungandrs, so wie der Hel, Naris und Alis; als Blutsfreund und Vaterbruder der Asen, Odins Sitz- und Reisegefährte, als Geirröds Heimsucher und seiner Truhe Zierde, als der Dieb des Bocks, der Riesen, Brisingamens, und der Äpfel Iduns, als Sleipnirs Verwandter, Sigyns Gemahl, der Götter Feind, als Beschädiger des goldnen Haars der Sif, als Unheilschmied, der verschlagene Ase, der Götter Verleumder und Betrüger, als Anstifter des Mordes Baldurs, der gefesselte Ase, Heimdalls und der Skadi Gegner. Skaldskaparmal C. 16
Loki hatte auch andere Kinder. Angurboda hieß ein Riesenweib in Jötunheim. Mit der zeugte Loki drei Kinder: Das erste war der Fenriswolf, das andere Jörmungand, die Midgardschlange, das dritte war Hel. Als aber die Götter erfuhren, dass diese drei Geschwister in Jötunheim erzogen wurden, und durch Weissagung erkannten, dass ihnen von diesen Geschwistern Verrat und großes Unheil bevor stehe, indem sie Böses von Mutters, aber noch schlimmeres von Vaters wegen von ihnen erwarten zu müssen glaubten, schickte Allvater die Götter, dass sie diese Kinder nahmen und zu ihm brachten. Als sie aber zu ihm kamen, warf er die Schlange in die tiefe See, welche alle Länder umgibt, wo die Schlange zu solchen Größe erwuchs, dass sie mitten im Meer um alle Länder liegt und sich in den Schwanz beißt. Die Hel aber warf er hinab nach Niflheim und gab ihr Gewalt über neun Welten, dass sie denen Wohnungen anweise, die zu ihr gesendet wurden, solchen nämlich, die vor Alter oder an Krankheiten starben.
Sie hat da eine große Wohnstätte, das Gehege umher ist außerordentlich hoch und mit mächtigen Gittern verwahrt. Ihr Saal heißt Elend, Hunger ihre Schüssel, Gier ihr Messer, Träg ihr Knecht, Langsam ihre Magd, Einsturz ihre Schwelle, ihr Bett Kümmernis und ihr Vorhang dräuendes Unheil. Sie ist halb schwarz, halb menschenfarbig, also kenntlich genug durch grimmiges, furchtbares Aussehen. Sn. E. G. 34.
Frigg ist die vornehmste. Ihr gehört der Palast, der Fensalir heißt, und überaus schön ist. Sn. E. G. 35.
Wie ist Frigg zu bezeichnen? Als Fiorgyns Tochter, Odhins Gemahlin, Baldurs Mutter, Jörds Nebenbuhlerin, so wie der Rinda, der Gunlöd und Gerdas, Nannas Schwieger, der Asen und Asinnen Herscherin, Fullas, des Falkenhemdes und Fensals Herrin. Skaldskaparmal C.19
Frigg, Odins Frau, fährt auf der Erde Schiff,
Zu der Wollust Wonne,
Ihre Segel senkt sie spät,
Die an harten Tauen hangen. Sol. 77. (E)
Eine andere heißt Saga, die Söckvabeck bewohnt, das auch eine große Halle ist. Sn. E. G. 35.
Die dritte ist Eir, die beste Heilerin, und die vierte Gefion: Sie ist unvermählt und ihr gehören alle, die unvermählt sterben. Sn. E. G. 35.
Fulla, die fünfte, ist auch Jungfrau, und trägt loses Haar und ein Goldband ums Haupt. Sie trägt Friggs Schmuckkästchen, wartet deren Fußbekleidung und nimmt Teil an ihrem heimlichen Rat. Sn. E. G. 35.
Freya ist die vornehmste nach Frigg. Sie ist einem Manne vermählt, der Odhr heißt. Deren Tochter heißt Hnoss. Die ist so schön, dass nach ihrem Namen alles genannt wird, was schön und kostbar ist. Odhr zog fort auf ferne Wege, und Freya weint ihm nach und ihre Tränen sind rotes Gold. Freya hat viele Namen. Die Ursache ist, dass sie sich oft andere Namen gab, als sie Odhr zu suchen zu unbekannten Völkern fuhr. Sie heißt Mardöll, Hörn, Gefn und Syr. Freya besitzt den Halsschmuck, Brisingamen genannt. Sie heißt auch Vanadis. Sn. E. G. 35.
Wie ist Freyja zu bezeichnen? Als Njörds Tochter, Freys Schwester, Odhs Gemahlin, der Hnossa Mutter, als des Walfalls und Sessrumnirs Eigentümerin so wie der Katzen und Brisingamens, als Wanengöttin, Wanenjungfrau, die tränenschöne Göttin. Skaldskaparmal C. 19.
Die siebente heißt Siöfn. Sie sucht die Gemüter der Menschen, der Männer wie der Frauen, zur Zärtlichkeit zu wenden, und nach ihrem Namen ist die Liebe Siafni genannt. Sn. E. G. 35.
Die achte, Lofn, ist den Anrufenden so mild und gütig, dass sie von Allvater oder Frigg Erlaubnis hat, Männer und Frauen zu verbinden, was auch sonst für Hindernis oder Schwierigkeit entgegenstehe. Daher ist nach ihrem Namen der Urlaub genannt, so wie alles was Menschen loben und preisen. Sn. E. G. 35.
Die neunte ist War sie hört die Eide und Verträge, welche Männer und Frauen zusammen schließen und straft diejenigen, welche sie brechen. War ist weise und erforscht alles, so dass ihr nichts verborgen bleibt. Daher kommt die Redensart, dass man eines Dinges gewahr werde, wenn man es in Erfahrung bringt. Sn. E. G. 35.
Die zehnte ist Syn, welche die Türen der Halle bewahrt und denen verschließt, welche nicht eingehen sollen. Ihr ist auch der Schutz der befohlen, die bei Gericht eine Sache in Abrede stellen. Daher die Redensart "Abwehr ist vorgeschoben", wenn man die Schuld leugnet. Sn. E. G. 35.
Die elfte ist Hlin, die solchen zum Schutz bestellt ist, welche Frigg vor einer Gefahr behüten will. Daher das Sprichwort "Wer sich in Nöten retten will, lehnt sich an". Sn. E. G. 35.
Die zwölfte ist Snotra. Sie ist weise und feinsinnig. Nach ihr heißen alle klug, sowohl Männer als Frauen, die klug und feinsinnig sind. Sn. E. G. 35.
Klug ist anord. „snotr".
Die dreizehnte ist Gna, welche Frigg in ihren Geschäften nach allen Weltteilen schickt. Sie hat ein Pferd, das durch Luft und Flut rennt und Hofhvafnir heißt. Einst geschah es, dass sie von etlichen Vanen gesehen ward, als sie durch die Luft ritt. Da sprach einer:
Was fliegt da, was fährt da,
Was lenkt durch die Luft?
Sie antwortete:
lch fliege nicht, ich fahre nicht,
Ich lenke durch die Luft.
Auf Hofvarfnir, den Hamskempir
Zeugte mit Gardrowa.
Nach Gnas Namen gebraucht man den Ausdruck gnafa von allem Hochfahrenden. Sn. E. G. 35.
Auch Sol und Bil zählen zu den Asinnen. Ihres Ursprungs ist zuvor gedacht. Sn. E. G. 35.
Wie ist die Sonne zu bezeichnen? Als die Tochter Mundilföris, als des Mondes Schwester, Glenurs Gemahlin, als Feuer des Himmels der Luft. Skaldskaparmal C. 26.
Auch Jörd, die Mutter Thors, und Rind, Valis Mutter, zählen zu den Asinnen. Sn. E. G. 36.
Wie ist Hönir zu bezeichnen? So, dass er Odhins Gefährte, Sitz- und Redegeselle heiße, oder der schnelle Ase, der Langfuß, der Pfeilkönig. Skaldskaparmal C. 15.
Wie ist die Erde zu bezeichnen? Als Ymirs Fleisch, Thors Mutter, Onars Tochter, Odins Braut, Friggs und Rindas und Gunlöds Nebenbuhlerin, Sifs Schwieger, als des Hofs der Winde und des Wetters Grund und Boden, als der Thiere Meer, als der Nacht Tochter, Audrs und des Tags Schwester. Skaldskaparmal C. 24.
Sie feiern in alten Liedern, der einzigen Art Überlieferung und Geschichtsschreibung dieses Volkes, einen erdgeborenen Gott Tuisto. Ihm schreiben sie einen Sohn Mannus als Stammvater und Gründer ihres Volkes zu; dem Mannus drei Söhne, nach deren Namen die an der Meeresküste wohnenden Ingäwonen, die in der Mitte Herminonen, die übrigen Istäwonen heißen sollen. Einige behaupten — die Urzeit hat ja weiten Spielraum —, es habe mehr Volksnamen und mehr Göttersöhne gegeben: Marser, Gambrivier, Sueben, Wandilier, und das seien echte und alte Namen. Tac. G. 2.
Tacitus berichtet von den Stammesgöttern der Germanen als deren Stammväter. Den Manus mit Man und damit mit Rigr in der Rigsthula gleichzusetzen, der ja auch drei Söhne hat, erscheint verlockend. Das wäre, angesichts eines Jahrtausend zeitlicher und mehrerer Tausend Kilometer räumlicher Distanz zwischen diesen Quellen aber schon weit mehr als nur hochspekulativ.
König Olaf machte das ganze Reich christlich; alle Opfer rottete er aus und alle Götter, wie Thor, den Gott der Engländer, und Odin, der Sachsen Gott, und Skjöld, den Gott der Schonen, und Frey, den Schwedengott, und Godorm, den Gott der Dänen. Fms. 5, 239.
Hier werden den unterschiedlichen Stämmen verschiedenen Götter zugeordnet, die dort bevorzugt verehrt wurden.
Und als er eines Sommers von Island nach Norwegen kam, da lag er mit seinen Gefährten bei Agdanes vor Anker, und dort trafen sie Leute, mit denen sie sich unterhalten konnten, und fragten nach Neuigkeiten. Es wurde ihnen erzählt, dass ein Herrscherwechsel in Norwegen eingetreten sei. Hakon, der Jarl, war tot, und Olaf, der Sohn Tryggvis, war an seine Stelle gekommen und mit ihm neue Glaubenssitten und Anordnungen. Da einigten sich die Schiffer darauf, ein Gelübde abzulegen: sie wollten Frey ein großes Opfer bringen, wenn sie Fahrwind nach Schweden bekämen, aber Thor und Odin, wenn sie nach Island fahren könnten. Doch wenn sie keinen günstigen Fahrwind bekämen, dann sollte der König über sie bestimmen. Hallfr. S. c, 5 (Th. 9, 221).
Hallfred und seine Gefährten sind bereit, den Gott des Landes, der ihnen günstigen Wind schickt, durch ein Opfer zu ehren.
Hainen und Wäldern legen sie Heiligkeit bei und rufen mit den Namen von Göttern jenes Geheimnis an, das sie nur in Ehrfurcht schauen. Tac. G. 9.
Schon zu Tacitus Zeiten gab es heilige Haine.
Zu bestimmten Zeiten versammeln sich in einem durch Zeichen aus Vätertagen und Schauer der Vorzeit heiligen Walde Abordnungen aller Völker vom gleichen Blut, und ein feierliches Menschenopfer der Gemeinschaft eröffnet des barbarischen Kultes entsetzliche Stiftung. Noch eine andere Verehrung gilt dem Hain: keiner darf ihn anders als in Fesseln betreten, gleichsam als Untertan und um von der Macht des Gottes zu zeugen. Fällt einer zu Boden, so darf er sich nicht erheben noch aufrichten lassen, sondern muss sich auf der Erde hinaus wälzen. Das ganze Treiben deutet darauf, dass dort die Wiege des Volkes sei, dort der den Hain beherrschende Gott und alles andere ihm Untertan und gehorsam. Tac. G. 39.
Die Stämme der Sueben versammelten sich in einem heiligen Hain, der dem Stammesgott, regnator omnium, d.h. der uns Regierende, geweiht war. Wer dort stürzte, durfte nicht aufstehen, sondern musste sich, laut Tacitus, hinaus wälzen.
Dag durchbohrte Helgi im Fesselwalde. Helg. Hund. 26 (Th. l, 150).
Den "Fesselwald" der Saga mit dem heiligen Hain der Sueben zu vergleichen, das wäre angesichts der zeitlichen und räumlichen Entfernung, in der diese Quellen aufgezeichnet wurden, ganz sicher eine Überinterpretation.
… Auf einer Insel des Meeres liegt ein heiliger Hain… Tac. G, 40.
Gemeint ist eine Insel in der Ostsee.
Bei den Naharnawalen wird ein Hain uralten Kultes gezeigt; ihn leitet ein Priester in weiblicher Tracht. Tac. G. 43.
Tacitus berichtet von Priestern bei den Naharnawalen. Deren Ritualgewand erinnert den Römer an eine Frauentracht, was in der Regel ein langes weißes Gewandt war.
Als der Cäsar die Weser überschritten hatte, erfuhr er durch einen Überläufer, dass von Arminius eine Stätte zur Schlacht aus gewählt sei. Auch andere Stämme seien in einem dem Herkules heiligen Hain zusammengekommen. Tac. Ann. ll, 12.
Die Stämme an der Weser hatten heilige Haine und ehrten den Herkules, also wohl Donar.
Civilis aber lud die Edlen des Stammes und die entschlossenen Männer aus dem Volk unter dem Vorwand eines Gastmahles in den heiligen Hain ein. Als er sah, dass sie sich durch die nächtliche Festlichkeit in gehobener Stimmung befanden, begann er vom Ansehen und Ruhm ihres Stammes zu sprechen… Tac. ll. lV, 14.
Auch die Bataver hatten heilige Haine.
Bald darauf erfuhr man von Überläufern, dass 900 Römer bei dem sogenannten Hain der Baduhenna im Kampf, der sich bis zum folgenden Tage hingezogen hatte, niedergehauen seien. Tac. Ann. lV. 73.
In demselben Sommer fand eine große Schlacht zwischen Hermunduren und Chatten statt. Beide Parteien suchten nämlich den ihnen gemeinsamen Grenzfluss, der, weil salzerzeugend, einträglich war, mit Gewalt an sich zu bringen. Abgesehen von ihrer Neigung, alles durch Waffengewalt zu regeln, wirkte dabei der fromme Glaube mit, dass jene Gegenden dem Himmel besonders nahe wären und die Gebete der Menschen nirgends aus größerer Nähe von den Göttern gehört würden. Daher entstünde durch die Huld der Götter in jenem Fluss und jenen Wäldern das Salz. Tac. Ann. XIII, 57.
Tacitus berichtet von einer Auseinandersetzung im Jahr 58 CE und unterstellt den Parteien gemischte ökonomische und religiöse Motive. Das religiöse Motiv besteht in der besonderen Nähe des Ortes zu den Göttern, wodurch die Gebete der Menschen eher gehört wurden.
Dort war ein gewisses, mit verschiedenem Ornament ausgestattetes Heiligtum, in dem die Barbaren bei der Darbringung der Opfer sich bis zum Erbrechen mit Speise und Trank anfüllten. Dort beteten sie auch Bilder an wie Gott und schnitzten Glieder in Holz, je nachdem, welches Leiden den einzelnen befallen hatte. Greg. V. P. VI; 2 (M. G., Scr. rer. Mer. l, 681).
In Köln, ehedem ein römischen Kolonie, kannten die Heiden mit Ornamenten verzierte Tempel sowie Götterbilder, wo sie rituelle Mahle abhielten und Votivgaben nieder legten. Im Christentum gilt es allgemein als schlimm, wenn man sich nach Empfang der Hostie erbricht.
Zu derselben Zeit kam ein… Mönch namens Meroveus im Auftrag des Abtes Atala nach der Stadt Dertona, und als er sich dort wegen seines Geschäftes weiter von der Stadt entfernte, gelangte er zu einem Dorf am Flusse Hira und erblickte weiter schreitend ein Heiligtum mit dazwischen gepflanzten Bäumen. Jon, V. C. 77, 25 (M. G., Scr. rer. Mer. IV, 149).
Hier werden Tempel beschrieben, zwischen denen die Bäume gepflanzt waren, denn ein Hain, also Bäume, mit dazwischen gepflanzten Bäumen, wäre als Aussage sinnlos.
Und während der fromme Prediger des Wortes Gottes auf dieser Reise sich befand, kam er an der Grenze zwischen den Dänen und Fresonen zu einer Insel, welche nach einem ihrer Götter, Fosite, von den Bewohnern Fositesland genannt wurde, weil auf ihr Heiligtümer dieses Gottes errichtet waren. Dieser Gott wurde von den Heiden in solcher Verehrung gehalten, dass keiner von ihnen etwas von dem Vieh, das dort weidete, oder von anderen Dingen zu berühren wagte, noch aus der Quelle, welche dort sprudelte, das Wasser anders als schweigend zu schöpfen sich erlaubte… Er verachtete aber die törichte Scheu der Heiligkeit jenes Ortes und den wilden Sinn des Königs, welcher jeden Verletzer der Heiligtümer jenes Ortes dem grausamen Tode zu weihen pflegte, und taufte also drei Menschen in jener Quelle unter Anrufung der heiligen Dreifaltigkeit; auch ließ er von dem Vieh, das dort weidete, zu seinem Bedarf schladiten. Als die Heiden das sahen, glaubten sie, dass jene entweder in Wahnsinn verfallen oder eines plötzlichen Todes sterben würden… Der heilige Mann aber wurde zu dem König berufen und von ihm heftig angefahren, dass er seine Heiligtümer entweiht und seinen Gott beleidigt habe… V. Willibr. 11 (M. G., Scr. rer. Mer. VII, 124f.).
Das handelt vom Missionar Willibrord. Zum Heiligtum des Forsite gehörte eine Rinderherde und eine heilige Quelle, aus der man nur schweigend schöpfte.
Damals wurde dem heiligen Sturmi die Sorge für einen größeren Teil jenes Volkes und Landes übergeben… Er benutzte die günstige Zeit, belehrte sie durch heilige Predigten, dass sie die Götterbilder verlassen, den Glauben an Christus annehmen, die Tempel ihrer Götter zerstören, die Haine niederhauen und heilige Kirchen erbauen sollten. Eig. V. Sturmi 22 (M. G., Scr.ll, 376).
Die Sachsen hatten demnach Tempel mit Götterbildern und heiligen Hainen.
Unwan befahl, alle heidnischen Gebräuche, deren Aberglauben in dieser Gegend noch blühte, bis auf den Grund zu beseitigen, und ließ so aus den Hainen, die unsere Marschbauern in törichter Verehrung besuchten, durch seinen Sprengel die Kirchen wiederherstellen. Ad. v. B.ll, 48.
Das handelt vom Erzbischof Unwan im Hamburger Sprengel, wo offenbar Kirchen zugunsten der heiligen Haine aufgegeben wurden.
Thorolf nannte den Platz zwischen Vigrafjord und Hofsbucht Thorsnes. Auf dieser Landspitze stand ein steiniger Hügel. Diesem zollte Thorolf so große Verehrung, dass keiner auf ihn, ohne sich zuvor gewaschen zu haben, schauen durfte. Niemand, weder Mensch noch Tier, durfte man dort auf dem Hügel töten, außer dem Vieh, das von selbst wegging. Diesen Hügel nannte Thorolf „Heiligenberg". Eyrb. S. c. 4 (Th. 7, 19).
Auf Island konnten auch Hügel wie der Helgafell Heiligtümer sein. Das erkennt man an der dort geltenden Friedensheiligkeit, fridhelgi, sieht, dass man dort nichts und niemand töten darf, außer den Tieren, die von sich aus dort hin gehen.
Am nächsten Morgen ritt Styr nach Helgafell… Snorri fragte, ob er einen schwierigen Fall mit ihm zu erörtern habe. „Ich glaube wohl", versetzte Styr. Snorri erwiderte: „Dann steigen wir auf den „Heiligen Berg". Die Beschlüsse, die man dort fasste, sind wohl nie zunichte geworden." Eyrb. S, c. 28 (Th. 7, 68).
In so hohen Ehren hielten die Götter ihre Heiligtümer und Friedensstätten, dass sie sie nicht mit dem Blut des Wolfes besudeln wollten, obgleich die Weissagungen lauten, dass er Odins Töter werden solle. Sn. E., G. 34. (Th. 20, 80).
Bei dem Wolf handelt es sich um den Fenris, der Odin in der Ragnaröck töten soll.
Thorhadd der Alte war Tempelgode in Inner-Drontheim in Mierin. Er bekam Lust, nach Island zu fahren. Vorher aber brach er den Tempel ab und nahm die Tempelerde und die Säulen mit. Er kam in den Stödvarfjord und legte dem ganzen Fjord die Heiligkeit von Mierin bei und ließ dort nichts töten außer dem Hausvieh. Landn. 254 (Th. 23, 133).
Nach dem Landnamabok gab es auch in Norwegen Tempel und Hofgodi. Der Ritualist eines Tempels, Thorhadd, zog mit seinem Tempel um, indem er die Erde und die Säulen mit nahm. In den Säulen waren die Götterbilder eingeschnitzt.
Darauf zogen sie durch Gotland und kamen eines Abends an eine Stätte, die hieß Hof. Die Tür war verschlossen, und sie konnten nicht hinein. Das Gesinde schrie, das wäre eine heilige Stätte, und sie machten sich weiter auf den Weg. Hkr. ll, 170 (Th. 15, 141).
„Hof" bedeutet „Tempel". Offenbar hatte man dort zu bestimmten Zeiten, entgegen der sonst geltenden Gastfreundschaft, keinen Zutritt.
In Holmgard war eine so große Friedensheiligkeit, dass jeder erschlagen werden sollte, der einen nicht verurteilten Mann erschlug. Ol. Tr. S. c. 47 (Fms. I, 80).
Das handelt von Holmgard, Nowgorod. Wir erfahren von der Friedensheiligkeit, fridhelgi, dass dort nur Verurteilte getötet werden durften.
Vigfus war nun „