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Die Rose von Scharon Die junge Kunstgeschichtsstudentin Sophie Hauser fühlt sich vom Leben abgehängt und geht deshalb auf eine dubiose Kontaktanzeige ein, durch die sie den wortkargen Kunstmaler Iven Johns kennenlernt. Durch ihn kommt sie nicht nur mit der legendenumwobenen Quinta da Regaleira an der Westküste Portugals und mit den uralten Ritualen der Templer und Freimaurer in Kontakt, auch ihre sich entwickelnde, zunächst nur erotische Beziehung zu Iven wird für Sophie immer schwerer zu durchschauen. Zusätzlich treten mit dem Künstler plötzlich zahlreiche fragwürdige Personen in Sophies Leben, die sich in ihrem Handeln, in Verbindung mit einem jahrtausendealten Geheimnis, alle auf Johannes den Täufer berufen. Als Iven plötzlich verschwindet und auch Sophie sich schließlich einem noch unbekannten Feind gegenüber sieht, droht aus der sich anbahnenden Liebe ein Drama mit erschreckendem Ausgang zu werden. Bis sich letztendlich herausstellt, dass nicht nur für die beiden, sondern für die gesamte Menschheit weit mehr auf dem Spiel steht, als alle Beteiligten sich hätten ausmalen können.
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Seitenzahl: 371
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„… aber die Liebe ist die größte unter ihnen“
(1 Kor 13,13)
für Kirsten
Die fiktive Hauptperson in diesem Mystik-Roman trägt aus gutem Grund den Vornamen Sophie, als französische Variante des Namens Sophia. Der Name geht ursprünglich auf das griechische sofía (οφία) zurück, welches Weisheit bedeutet. Seit der sehr erfolgreichen Herausgabe des 2003 erschienen Thrillers „Sakrileg“ von Dan Brown und der daraus folgenden Verfilmung, könnte man einem ebenfalls mit Kulturgeschichte und Symbolismus sich befassenden Roman, der in Kombination dazu auch noch den Namen Sophie verwendet, durchaus den Verdacht unterstellen, als Trittbrettfahrer auf den Erfolg des Romanes mit aufspringen zu wollen. Nur trifft das für diesen Roman nachweislich nicht zu, da meine Namensauswahl ein wenig älter ist: Sophie ist der zweite Vorname meiner großen Tochter, die bereits drei Jahre vor Erscheinen von Dan Browns Roman geboren wurde. Ich mag diesen Namen sehr und habe für die hier zu erzählende Geschichte an ihm festgehalten, auch wenn ihr Name ausdrücklich nichts mit der im Roman beschriebenen Handlung zu tun hat. Sophie Hauser, der Hauptcharakter meines Romans, weist in ihrer Rolle keinerlei Ähnlichkeiten auf zu Sophie Neveu. Beide aber tragen ihren Namen zu Recht.
Prolog
Das Hohelied Salomos
„Der, den ich liebe, ist blutvoll und blendend…“
Auch in den stillsten Momenten…
Träume sind Schäume
Der alte Bernauer
„…Ein Myrrhenbeutelchen ist mir mein Geliebter, das zwischen meinen Brüsten ruht“
Ein Becher
Spuren
Und führe uns nicht in Versuchung…
Ein Findelkind
Ein Dichter
Über den Rand
Das Kabinett unter der Erde
Alle Wege führen nach Lissabon
Späte Rache
Die Arbeit des Sisyphus
Die Erleuchtung
Die Zahl 24
Ein netter älterer Herr
Que Deus esteja comigo
Wer sich in Gefahr begibt…
Das Palácio da Regaleira
Matthias Johns
Sintra
Entkommen
Fado – Tanzen ums Überleben
Trügerische Sicherheit
Die Höhle der Leda
Ein Labyrinth
Hilflos
Im Tempel
Ein Fememord
Die Flucht
Angekommen
Die Kapelle
Ein Tagebucheintrag
Alles Lüge?
Das Grabmal
Das Evangelium Johannes des Täufers
Zerstörung
In der Wüste
Das Ende, das ein Anfang war
Nachtrag – Johannes der Täufer – ein Mythos?
Sophie erstarrte mitten in der Bewegung, als sich der große Schmetterling unmittelbar auf das Blatt in Nähe ihrer Beine setzte. Sie hatte gerade erst ihre Unterlagen zur Seite gelegt, mit denen sie für ihr Studium gelernt hatte.
Noch während sie dabei gewesen war, sich zu erheben, war das Tier direkt neben ihr niedergesunken. Geräuschlos, fast in Zeitlupe, setzte sich Sophie wieder auf den Stuhl auf ihrem Balkon zurück und starrte auf das faszinierende Insekt, als der Falter begann, sich nach seinem Landeanflug neu zu sortieren und die Flügel einzuklappen.
Der Falter war offensichtlich ein Totenkopfschwärmer, daran konnte es bei dieser Flügelspannweite, den großen Facettenaugen, den kurzen Fühlern und bei der auffälligen Größe des Insekts gar keine Zweifel geben. Doch noch nie hatte Sophie so ein Exemplar in freier Natur gesehen, bevorzugten sie doch meistens die wärmeren Gebiete der Welt.
Totenkopfschwärmer gehörten zu Sophies Lieblingsinsekten und standen auf ihrer imaginären Liste der faszinierendsten Tiere ganz weit oben. Das Aussehen dieses Insekts hatte es ihr schon lange angetan. Besonders fasziniert war sie von der totenkopfähnlichen Zeichnung auf dem Rücken des Falters, die sie schon vorher in mehreren Büchern ausgiebig bewundert hatte, aus ihrer Perspektive auf dem Stuhl jetzt aber gerade nur schwer erkennen konnte.
Aus der Literatur hatte Sophie bereits vor Jahren einiges an Informationen zusammengetragen, noch bevor sie sich intensiver mit ihrem Lieblingsschmetterling zu beschäftigen begonnen hatte. So hatte sie herausgefunden, dass der mit fachlichem Namen als „Acherontia atropos“ bezeichnete Schwärmer von alters her vor allem als Unglücksbote gefürchtet war. Da Sophie sich jedoch nicht für besonders abergläubisch hielt, gab sie nicht so viel auf solche Schauermärchen. Doch auch ohne die Geschichten, die ihm anhafteten, war der Falter schon als solches eine Respekt einfordernde Erscheinung. Ganz langsam und vorsichtig näherte sich Sophie mit ihrer Hand dem Insekt.
Ein echter Totenkopfschwärmer. Sophie war wie elektrisiert und konnte es kaum glauben. Der berühmte schwedische Naturforscher Carl von Linné hatte in seiner Zeit aus gutem Grund die fachliche Zuschreibung „atropos“ für das Tier gewählt, nutzte er doch mit dieser Bezeichnung den Namen einer der drei Lebensgöttinnen, die laut der griechischen Mythologie als Zerstörerin den Lebensfaden der Menschen durchschneidet und auch die Art und Weise ihres Todes bestimmt. Wenn man auf die Totenkopfzeichnung auf dem Rücken des Tieres blickte, war der Name nicht unpassend. Der zusätzliche Gattungsname „Acherontia“ hingegen war dem Tier, dessen Anblick bei vielen Menschen meist Unbehagen auslöste, erst viel später hinzugefügt worden. Dieser war treffenderweise von „Acheron“, einem der fünf Flüsse der Unterwelt in der Mythologie abgeleitet. Ein Insekt also, dessen Erscheinung und Namensgebung durchaus mit einem eher morbiden Grundtenor verbunden war.
Sophie hatte sich ein wenig über das Blatt gereckt, so dass sie die Zeichnung auf dem Rücken des Insekts sehr viel besser erkennen konnte. Der Ruf des Totenkopfschwärmers als Unglücksbote stammte, so wusste sie, wohl schon aus uralter Zeit – glaubte man doch schon sehr früh, dass der Falter großes Unglück über die Menschen brächte, oder sogar einen Todesfall ankündigte. Nicht nur sein Aussehen, sondern auch der Ruf des Schmetterlings hatte von daher wohl ebenfalls seine Entsprechung in dem von Linné gewählten Namen.
Sophie hatte noch aus den Erzählungen ihrer Großmutter in Erinnerung, dass diese als Kind einen dieser Schwärmer gesehen hatte, wie er auf das Licht im Haus zugeflogen kam und um die Glühbirne herumschwirrte. Die Familie war damals beim Anblick des Schwärmers in helle Aufregung, ja geradezu in Panik geraten, da man fest daran glaubte, dass jetzt ein Unglücksfall in der Familie eintreten musste. Die Familie befürchtete das Schlimmste. Später soll sich die Urgroßmutter dann lediglich beim Brotschneiden in die Hand geschnitten haben. Ob das tatsächlich das zu erwartende Unglück gewesen war, konnte natürlich nie festgestellt werden.
Für Sophie hatte diese erzählte Geschichte als kleines Mädchen Sinn gemacht, nicht so sehr, weil auch sie den Schwärmer für ein schlechtes Omen hielt, sondern mehr, weil ein Tier mit solch einem totenkopfähnlichen Gebilde auf dem Rücken vermutlich zu allen Zeiten in der Geschichte bei den Menschen Schrecken hervorgerufen hatte – besonders wenn er am Abend oder bei Krankheit in Erscheinung trat. Bei Kindern sowie bei Erwachsenen musste das beeindruckende Insekt zwangsläufig zunächst einmal Unbehagen auslösen.
Auch ernährte sich der Schmetterling, so hatte sie erfahren, von giftigen Pflanzen, wie beispielsweise von der „Tollkirsche“, von der man glaubte, dass sie ein Bestandteil alter Rezepte für die psychoaktiven „Hexensalben“ gewesen war. Das machte das Tier zusätzlich unheimlich. Auch die giftigen Blätter der Kartoffel gehörten zu seiner bevorzugten Nahrung. Deshalb hatte sich der Schwärmer wohl auch auf eines der Blätter der Kartoffelpflanzen auf Sophies Balkon gesetzt, die sie versuchsweise als private „Kartoffelzucht“ eingetopft hatte.
Sophie kam mit ihrer Hand dem Insekt immer näher, welches noch immer ganz ruhig und nahezu unbeweglich auf dem Blatt der Kartoffelpflanze saß. Sie hatte jetzt das Gefühl als könnte sie dem Schwärmer direkt in das eine Facettenauge gucken, so dass dieser den Blick erwiderte. Sophie war aufgeregt und von geradezu euphorischer Stimmung, hatte sie doch plötzlich das Gefühl, einem ungewöhnlichen, vielleicht einmaligen Lebensereignis beizuwohnen. Sie wagte kaum zu atmen und ihre Hand begann sich zu verkrampfen, so langsam und angespannt hatte sie diese auf den Schmetterling zubewegt. Nur noch wenige Zentimeter trennten sie von dem Insekt.
Plötzlich spreizte der Falter die Flügel und streckte Sophie seinen Leib mit den kurzen dicken Fühlern entgegen. Der gelb-schwarze Körper des Insekts, der unter den ausgebreiteten Flügeln deutlich sichtbar geworden war, hatte jetzt fast mehr das bedrohliche Aussehen einer kampfbereiten Hornisse als das eines sanften Schmetterlings. Zusätzlich hatte der Schwärmer seine mit kleinen Häkchen bewehrten Vorderbeine aufgestellt. Als das Tier über diese Drohgebärde hinaus plötzlich noch einen schrillen, pfeifenden Ton ausstieß, der fast etwas Sirenenhaftes hatte, wich Sophie erschrocken zurück und ließ die Hand abrupt sinken.
Der Schwärmer erhob sich daraufhin mit geradezu formvollendeter Leichtigkeit vom Blatt und flog weiter, so als hätte es diese wohl auch für ihn bedrohliche Begegnung nie gegeben. Sophie sah ihm so lange hinterher, wie sie ihn noch ausmachen konnte, bevor er hinter der nächsten Hausmauer verschwunden war.
Sie hatte plötzlich, trotzdem sie ja eigentlich nur auf dies seltene Insekt gestoßen war, das unbestimmte Gefühl, als ob gerade irgendetwas Einschneidendes in ihrem Leben passiert war. Sie hätte nicht näher zu sagen gewusst, was es war. Noch fühlte es sich ungreifbar und unwirklich an, aber sie hatte unvermittelt und ohne erkennbaren Grund die starke und untrügliche Eingebung, als ob eine Veränderung in ihrem Leben unmittelbar bevorstand.
Sophie stand von ihrem Stuhl auf, um den Balkon zu verlassen. Sie war noch ein wenig wackelig auf den Beinen, so sehr hatte sie sich bei der fast in Zeitlupe stattgefunden Annäherung an den Falter angespannt.
Beim Verlassen des Balkons trat sie aus Versehen auf die Unterlagen von der Uni, die sie unbedacht neben dem Stuhl zu Boden hatte gleiten lassen. Doch das war jetzt nicht von Bedeutung.
Fast wie im Rausch verließ Sophie den Balkon, nicht ahnend, dass sie soeben tatsächlich ein Teil von etwas ganz Großem geworden war. Ihr war, als ob sie für wenige Sekunden Berührung mit etwas Altem gehabt hätte, von dem eine große Kraft ausging. Ohne es zu wissen, hatte sie gerade den ersten Schritt auf einem langen Weg getan, der sie weit über den Rand des bisher Bekannten hinausbringen würde.
Sophie wusste, dass sie für eine Frau von fast dreißig Jahren und erst recht für eine Studierende, die mit dem Studium spät angefangen hatte, auffallend jung wirkte. Allgemeinhin würde man aber wohl trotzdem über sie sagen, dass sie recht attraktiv aussah – zumindest, wenn man auf leicht gewellte lange hellblonde Haare, große ausdrucksstarke, leicht mandelförmige Augen und eine angedeutete „Himmelfahrtsnase“ stand. Zudem galt sie für eine Studentin ihres Alters als ungewöhnlich strebsam, hatte sie doch ihr fast abgeschlossenes Studium bisher in einem Mindestmaß an Semestern strickt durchgezogen.
Trotz dieser guten Ausgangsbedingungen fühlte sich Sophie schon länger ein wenig einsam und auch irgendwie vom Leben abgehängt. Das mochte mit daran liegen, dass nur die wenigsten Mitstudierenden und männlichen Bekanntschaften in ihrem Umfeld ihrer Fantasie und ihrer nach außen hin geradezu übersprudelnden Lebensfreude gewachsen waren.
Ihre Fähigkeit, sich Dinge in allen Facetten und mit allen Details vorstellen zu können und diese sofort lebhaft zu beschreiben, schien viele zu verstören und sie sofort wieder auf Abstand zu bringen. So waren einige Dates mit an ihr interessierten Männern schon nach dem ersten Mal wieder stillschweigend auseinandergegangen, ohne dass es zu mehr gekommen war.
Vielleicht fiel Sophie deshalb die Annonce in der Tageszeitung, die sie in der Mensa aufgeschlagen hatte, sofort ins Auge. Sie hatte nicht so sehr auf den gesamten Inhalt der Anzeige geachtet, aber irgendwie war das Wort „Fantasie“ in ihr Blickfeld geraten und sie fühlte sich beim Lesen zunächst angesprochen und dann doch auch wieder abgestoßen zugleich.
Sie las die Anzeige ein weiteres Mal, legte die Zeitung dann zur Seite und begann gedankenverloren auf ihrem Kugelschreiber herumzulutschen, um sich mit dem gerade Gelesenen in Gedanken zu beschäftigen. Dann nahm sie die Zeitung erneut zur Hand, um den kurzen Text auch noch ein drittes Mal zu lesen:
„Mann sucht kunstinteressierte und neugierige junge Frau, die bereit ist, sich als Hauptdarstellerin mit ihm auf eine Reise in die verborgenen Winkel gemeinsamer Fantasien einzulassen. Ein angemessenes Honorar wird gezahlt. Diskretion garantiert“.
Sophie war sich unsicher, ob sie die Annonce lediglich als schmuddeligen Versuch einer billigen Kontaktanzeige mit eindeutigen Absichten werten sollte, oder ob mehr dahinterstecken könnte. Ihre Vorstellungskraft und ihre romantische Ader wollte ihr glauben machen, dass es sich bei der Anzeige, um die erste Szene eines niveauvollen romantischen Abenteuers handeln könnte, welches eine Anregung aller Sinne versprach. Dagegen aber sprach das Angebot einer Bezahlung.
Konnte sich hinter einer derart verklausulierten Anzeige ein seriöses Angebot oder gar eine ernstzunehmende Kontaktanzeige verbergen? Oder war hier tatsächlich wieder nur ihr Wunsch nach Romantik Mutter des Gedankens? Die Formulierung der Anzeige versprach einiges. Doch waren die Ansprüche Sophies an Liebe, so wusste sie, nicht ohne weiteres zu erfüllen. Und was mochte es mit der „gemeinsamen Fantasie“ auf sich haben? Vielleicht war es doch nur ein schmuddeliger Annäherungsversuch eines sozial verkrampften Kunstliebhabers?
Sophie hatte sich im Rahmen ihres Studiums der Kunstgeschichte unter anderen mit den Abbildungen in der Bibel zum „Hohelied Salomos“ beschäftigt und war damals sehr erstaunt darüber gewesen, diese Art hocherotischer Liebespoesie ausgerechnet im Buch der Bücher zu finden. Nicht nur, dass das „Hohelied Salomos“ mit zu dem Schönsten und Anmutigsten gehörte, was sie je gelesen hatte, auch kam hier ungewöhnlicherweise eine Frau zu Wort, die für die Zeit von vor über 2.500 Jahren mit einer geradezu bemerkenswerten Offenheit über ihr erotisches Begehren sprach.
Auch wenn die alten Abbildungen in der Bibel ihr kunsthistorisch nicht sonderlich interpretationsfähig erschienen waren, war Sophie fasziniert von der genutzten Sprache, die ihrer Vorstellung von den Geheimnissen und der Schönheit der Liebe auf allen Ebenen sehr nahekam. Von zarter Lyrik bis zur eindeutigen Verbalerotik schien alles in dem Hohelied enthalten zu sein. Fast könnte man eine poesievolle Anleitung zur sprachlichen Verführungskunst hinter dem Werk vermuten, wenn es nicht gerade in der Bibel aufgetaucht wäre.
Sophie hatte sich tatsächlich noch lange mit der in den Versen des Liedes dargestellten Frau, die Sulamith genannt wurde, beschäftigt – vor allem um dem Geheimnis dieser erotischen Sprache mehr auf die Spur zu kommen.
Auch wenn ihre Hausarbeit dazu lange zurück lag, hatte sie sich doch auch später mit den Versen und der benutzen Sprache identifizieren können und Teile des „Hohelied Salomos“ später immer wieder nachgelesen und auch leise nachgesprochen. Wahrscheinlich, so musste Sophie annehmen, hatte sie das ein wenig für die herkömmliche Männerwelt verdorben, hatte sie doch daraus Ansprüche an die Liebe für sich abgeleitet, die für einen gewöhnlichen Mann nicht so leicht umzusetzen sein würden.
Sophie beschloss die Anzeige sauber aus der Zeitung zu reißen und sich vorerst nicht mehr damit zu beschäftigen. Verstohlen blickte sie sich in der Mensa um, während sie fast geräuschlos die Anzeige aus dem Blatt heraustrennte. Stück für Stück, Zentimeter um Zentimeter. Danach steckte sie den Abriss zusammengefaltet zunächst in die Seitentasche ihres Rucksacks.
Zuhause angekommen nahm sie den ausgerissenen Zeitungsfetzen erneut hervor und las die Anzeige wieder und wieder und legte diese schließlich neben ihr Handy auf den Küchentisch.
Die Neugierde, die die Annonce in ihr hervorgerufen hatte, fühlte sich nicht unangenehm an – genauso wenig wie die Aufregung und das Kribbeln, welches sie sogar schon spüren konnte, wenn sie das Telefon oder die Anzeige nur von weitem ansah. Trotzdem beschloss Sophie, ihrer Neugierde vorerst nicht nachzugeben – heute jedenfalls noch nicht. Als Frau mit guter Erziehung beschäftigte man sich nicht mit dieser Art Zeitungsannoncen, oder? Und, wollte sie vor sich als Frau mit guter Erziehung gelten? Sophie beschloss, sich vorerst ganz ihrer selbst belegten Pizza zu widmen, die sie soeben aus dem Ofen geholt hatte.
Am nächsten Tag wählte sie die angegebene Handynummer. Nicht mehr so sehr aus Neugierde wollte sie anrufen, aber sie spürte den kaum zu bezwingenden Drang, mit diesem Anruf ihrem Leben eine entscheidende Wende geben zu wollen – und sei es auch vorerst nur eine finanzielle Wende. Seitdem sie begonnen hatte zu studieren, hatte sie sich mit Honoraren durch Schlossführungen im stadteigenen Schloss und mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten müssen.
Sophie hatte sich, um zu telefonieren, an der Uni entspannt in die Sonne an den Graben gesetzt, der sich durch das ganze Unigelände vom Institut für Kunstgeschichte bis hin zu den Sportmedizinern schlängelte, und einem kleinen, fast völlig überwuchertem Bach sein Bett bot. Schon kurz nach dem Eintippen der Zahlen in die Tastatur hörte sie, dass auf der Gegenseite die Verbindung angenommen wurde, als hätte jemand nur auf ihren Anruf gewartet.
Eine dunkel klingende Männerstimme meldete sich mit einem kurzen, aber freundlichen „Hallo“, ohne aber einen Namen zu nennen. Sophie erklärte hastig, dass sie wegen der Anzeige anrief. Dabei merkte sie, dass ihre Stimme ein wenig schrill und unsicher klag und das ärgerte sie, weil das normalerweise in ihrem alltäglichen Leben nicht der Fall war. Als angehende Kunsthistorikerin, die schon so manche kompetente Führung im Schlossmuseum hinter sich gebracht hatte, war sie es durchaus gewohnt, vor großen Gruppen zu sprechen und dabei fest und bestimmt aufzutreten. In verschiedenen Lebenslagen hatte sie es immer verstanden, einen souveränen Eindruck zu vermitteln, selbst wenn sie sich oft anders fühlte.
Die Stimme des Mannes auf der anderen Seite hingegen klang beneidenswert selbstbewusst aber trotzdem wohltuend ruhig. Seine Stimme hatte ein dunkles, leicht rauchiges Timbre.
Er fragte Sophie weder nach ihrem Alter, ihrem Aussehen oder ihren Hobbys, sondern wollte lediglich von ihr wissen, ob sie sogleich Zeit hätte, um sich mit ihm zu treffen. Sie solle sich auf seine Kosten ein Taxi nehmen und sich bitte keine Umstände machen, was ihre Klamotten oder ihre Frisur betraf. Dann fragte er noch abschließend, ob das okay für sie wäre.
Sophie ignorierte den leichten Anflug von Ärger, den sie empfunden hatte – Ärger über den Mann, weil er sofort die Führung übernommen und Vorgaben gemacht hatte. Außerdem hatte er nach dem Gespräch gleich aufgelegt, ohne sich richtig zu verabschieden. Auch hatte er so gar nichts von ihr wissen wollen.
Sie empfand im Gegenzug aber auch Ärger über sich selbst, weil sie seiner Vorgabe sofort nachgegeben und sich untergeordnet hatte. Kurz überlegte Sophie, das Ganze abzubrechen und dieses unsägliche Gespräch schnell zu vergessen, aber dann bestellte sie sich doch ein Taxi und gab dem Fahrer die von dem Mann am Telefon angegebene Adresse an.
Die sofort in ihrem Kopf einsetzende endlose Litanei, die sie schon früh von ihren Eltern aufgesagt bekommen hatte, sie solle sich niemals mit einem Mann, den sie nicht kannte, allein in seiner Wohnung treffen, war schnell an den Rand ihrer Gedanken geschoben. Sophie war jetzt doch ein wenig aufgeregt.
Sie versuchte sich den Mann genauer vorzustellen, den sie nur von seiner Stimme her kannte – aus einem Gespräch, welches nicht mal eine Minute gedauert hatte. Er hatte, außer dass er selbstbewusst und ruhig geklungen hatte, mit seiner Stimme auch etwas Sanftes und Einfühlsames transportiert. Doch schon im zweiten Gedankengang fragte Sophie sich, wie sie zu der abstrusen Vorstellung kam, dass sie einen Mann nach einem so kurzen Gespräch als sanft oder einfühlsam empfinden konnte, zumal gerade die Länge des Gesprächs auf alles andere als auf Einfühlsamkeit bei ihm als Gesprächsgegenüber schließen ließ. Seine dunkle, leicht rauchige Stimme hatte Sophie trotzdem ein wenig an die Stimme des attraktiven Studenten erinnert, der ihr in der Bibliothek schon öfter ihre vorbestellten kunstgeschichtlichen Bücher ausgehändigt hatte.
Sophie hatte aus reinem Trotz beschlossen, sich nicht ganz nach den selbstherrlichen Vorgaben des Mannes am Telefon zu richten. Während sie sich von dem Taxi durch die Stadt fahren ließ und ihrem Ziel näherkam, legte sie Lippenstift auf und puderte sich leicht ihre Nase – was sie sonst nie tat. Sie hatte zwar Schminkzeug dieser Art immer in ihrem Rucksack, konnte sich aber nie dazu durchringen, sich damit zu beschäftigen. Sie fühlte sich normalerweise ohne Schminke in ihrem Gesicht bedeutend wohler.
Zum Umziehen wäre ohnehin keine Zeit mehr gewesen und so musste der Mann mit ihrem heute gewählten Kleidungsstil vorliebnehmen, der aus einer an den Ärmeln leicht ausgefransten Kapuzenjacke, einem sommerlichen gebatiktem Schlabberrock und schlichten Turnschuhen bestand. Aber er hatte ja ohnehin darum gebeten, keinen Aufwand zu betreiben.
Erst kurz bevor das Taxi hielt, fiel Sophie wieder ein, dass sie sich noch am Abend vorher die Knoblauchpizza mit einer extra Portion Knoblauch in den Ofen geschoben hatte und vermutlich dementsprechend riechen musste. Aber um da Abhilfe zu schaffen, war es jetzt zu spät. Schnell schob sie sich ein Kaugummi in den Mund. Vielleicht würde das ein wenig helfen.
Sophie bezahlte den Taxifahrer, sobald dieser vor dem Haus mit der angegebenen Adresse angehalten hatte, und stieg hastig aus. Sie ging jetzt in Gedanken noch einmal jedes gesprochene Wort durch, welches sie mit dem Mann am Telefon gewechselt hatte, auch an den Wortlaut der Annonce versuchte sie sich noch einmal genau zu erinnern. Sie hatte das unbestimmte und auch leicht zwanghafte Gefühl, als könne das bei dem nun folgenden Treffen wichtig werden.
Das Haus, in dem der Mann offenbar wohnte, lag in einem Bereich der Stadt, der in der Regel von den besser gestellten Familien bewohnt wurde. Als Sophie durch den Vorgarten Richtung Gebäude ging, musste sie anerkennen, dass die dichte Hecke, die anderen Pflanzen auf dem Grundstück und auch der Rasen wohlgepflegt aussahen und eine ganz andere Ausstrahlung hatten als die wahllos zusammengestellten Blumen, das Grünzeug und die Kartoffelpflanzen auf ihrem Balkon. Sophie liebte im Allgemeinen alles was mit der Natur zusammenhing, besonders aber Bäume und vor allem ihre Insekten.
Sie hatte lange überlegt, ob sie statt Kunstgeschichte nicht lieber Biologie oder Botanik hätte studieren sollen, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Die hohe Affinität zu den Fachbereichen Kunst und Kultur war ihr von ihren Eltern fast mit in die Wiege gegeben worden.
Das Haus war nicht außergewöhnlich groß, bot aber einen sauberen und seriösen Eindruck und wies ein eher schlichtes geschmackvolles Ambiente auf. Im Eingangsbereich neben der Haustür war eine aufwendig gestaltete Klingel mit goldener Umrahmung angebracht – aber auch hier gab es kein Namensschild, welches einen Hinweis auf den oder die Bewohner des Hauses liefern konnte.
Das metallene Klingelschild als Gesamtes stellte ein großes Insekt dar, welches vermutlich eine Biene abbilden sollte. Genau konnte man es nicht erkennen, da das Tier offenbar ein wenig unsauber gegossen worden war. Auch waren die Flügel für eine Biene außergewöhnlich groß. Trotzdem sie das Insekt nicht zuordnen konnte, wertete Sophie den Anblick der vermeintlichen Biene als gutes Omen. In ihrer Fantasie sah das Tier fast so aus, wie der Totenkopfschwärmer, der ihr auf ihrem Balkon begegnet war. Aber das wäre natürlich ein zu großer Zufall gewesen. Noch bevor sie aber die Klingel betätigen konnte, öffnete sich bereits die Tür.
Der Mann war deutlich älter als Sophie. Er war hochgewachsen, sehnig und muskulös, trug seine mit grauen Strähnen durchsetzen dunkelbraunen Haare lang und hatte einen nicht unattraktiv erscheinenden Drei-Tage-Bart. Er nickte Sophie nur kurz zu und ließ sie mit einer einladenden Geste eintreten, ohne ein Wort zu sagen. Kurz hatte sie den Impuls, noch auf der Türschwelle wieder kehrt zu machen, aber sie holte nur tief Luft und ging hinein.
Der Mann war mit einer schwarzen enganliegende Jeans und oben herum mit einem weißen Hemd mit auffällig bauschigen Ärmeln gekleidet, über das er eine Weste gezogen hatte, die ein folkloristisch-indisches Muster mit kleinen Spiegeln, Elefanten und Pfauen aufwies. Zudem war er barfuß.
Seine Füße waren ebenfalls sehnig, aber sauber und gut gepflegt. Die Weste, die Haartracht und die fehlenden Schuhe verliehen ihm etwas Hippiehaftes. Auch Sophie sagte vorerst nichts und folgte dem Mann durch einen schmalen langgezogenen Flur.
Der Mann führte Sophie in ein Zimmer, welches an den Wänden über und über mit Bilderrahmen mit Bildern darin geschmückt war. In eher zufälliger Anordnung hingen Gemälde über- und nebeneinander, die wohl portugiesische Landschaften, Kunstobjekte, antike Vasen, Statuen und klassische Themen in Öl wiedergaben. Dazwischen hingen Aktzeichnungen von Frauen und Männern, Studien von Porträtzeichnungen und Variationen unterschiedlicher Darstellungen von Tieren – speziell von Pferden und von Schwänen. Der Mann schien offenbar ein Künstler zu sein, was seine Suche nach einer kunstinteressierten Frau erklären könnte. Es fehlten nur die Farben und die Staffelei im Raum.
Sophie konnte bei genauerer Betrachtung des Zimmers keinerlei System in der Anordnung der Bilder und Zeichnungen erkennen, so als hätte sie jemand willkürlich im Raum verteilt und einfach planlos an die Wand gehängt. Die großen roten Vorhänge zum Raum waren geschlossen, so dass durch die fast ausgesperrte Sonne ein diffuses, aber freundliches Licht in dem Zimmer vorherrschte.
Der Raum selbst wirkte sehr still, befand er sich doch zur von der Straße abgewandten Seite Richtung Garten nach hinten heraus. Das Zimmer war lediglich mit zwei Stühlen und einem alten Teetisch eingerichtet worden, auf dem Briefpapier, ein Umschlag und ein Füllfederhalter lagen.
„Ich bin hocherfreut, dass sie gekommen sind,“ sagte der Mann und erst jetzt fiel Sophie auf, dass er auch schon in dem kurzen Telefonat leicht geziert, fast aristokratisch gesprochen hatte, ohne dass sein Erscheinungsbild zu dem eines Aristokraten passen wollte. Er setze sich auf einen der alten Stühle, die sie schon beim Eintreten für sich als aus dem Jugendstil stammend abgespeichert hatte, und forderte Sophie auf, es ihm gleich zu tun.
Auch wenn seine Kommunikation ein wenig abgehoben klang, ließen seine Höflichkeit und Zuvorkommenheit wohl zu wünschen übrig, dachte Sophie, als sie sich selbst einen der Stühle heranzog und sich dem Mann mit überkreuzten Beinen gegenübersetzte. Es entstand eine über mehrere Minuten dauernde Pause, da er nicht zu sprechen begann und auch Sophie sich zunächst abwartend verhielt. Stattdessen musterte der Mann ungezwungen zuerst Sophies Gesicht und dann ihren Körper.
Sophie hätte erwartet, dass sie sich unwohl fühlte, weil sie so genau betrachtet wurde. Aber im Blick des Mannes lag nichts Anzügliches. Seine Augen ruhten mehr wie die eines Arztes oder eben eines Künstlers auf ihrem Körper, als wolle er ihn in Gedanken erfassen, um ihn künstlerisch nachzubilden.
Sophie begann sich zu entspannten, als sie merkte, dass von dem Mann überhaupt nichts Zudringliches ausging. Auch wenn sein Schweigen schon ein wenig befremdlich war. Sie genoss trotzdem die Ruhe und die schöne Stimmung in dem Raum und beobachtete das Sonnenlicht, welches sich in dünnen Bahnen zwischen den beiden Vorhängen Zugang zu schaffen gewusst hatte.
„Schön, dass sie so schnell kommen konnten“, sagte der Mann endlich. Seine Stimme hatte wieder dieses dunkle, leicht rauchige Timbre angenommen, welches Sophie schon aus dem Handygespräch kannte. Nur klang es jetzt voller und wärmer. Er sah Sophie so an, als wäre er sich seiner Sache immer und grundsätzlich ganz sicher.
Sophie hätte jetzt gerne kurz die Rollen getauscht. Wie mochte es sich wohl anfühlen, in jeder Lebenslage Selbstsicherheit und Überlegenheit auszustrahlen. Sicher hatte auch sie bei ihren Führungen im Schloss den Eindruck von Fachkompetenz und Selbstsicherheit an den Tag legen können, aber in Wirklichkeit hatte sie sich doch immer noch dabei ertappt, wie sie sich als Papas kleines Mädchen fühlte.
„Ich heiße Iven“, sagte der Mann unvermittelt und Sophie gab sich der Vorstellung hin, dass der Name erfunden wäre. Aber irgendwie war das nicht wichtig. „Ich bin Sophie“, hatte sie sofort entgegnet, ohne darüber nachzudenken, sich ebenfalls einen anderen Namen zu überlegen und diesen als den ihren auszugeben.
„Sie sind also kunstinteressiert und neugierig?“, fragte der Mann unvermittelt, der sich Iven nannte, jetzt so mehr zu sich selbst, als würde er ihre Antwort einfach voraussetzen. „Das kommt mir sehr entgegen“, sagte er dann. „Da haben wir doch schon mal zwei Gemeinsamkeiten. Wenn sie nicht neugierig und kunstinteressiert wären, würden sie jetzt wohl kaum hier sitzen und überlegen, was der merkwürdige Hippie ihnen anzubieten gedenkt.“
Sophie lächelte ein wenig, als hätte er ihre Gedanken durchschaut. Ob Iven wohl erwartete, dass sie mit ihren Fragen hervorpreschte. Was es mit dieser Reise auf sich hätte? Ob damit eine reale Reise gemeint sei? Wohin es denn gehen würde? Was mit der Formulierung „Hauptperson“ in der Anzeige gemeint sei? Welche Fantasien er sich vorstellte? Sie aber fragte nichts dergleichen.
Iven hatte sehr schöne und wohlgeformte Hände, die mit ihren länglichen sensiblen Fingern mehr an die Hände eines Pianisten erinnerten als an die eines Malers. Sophie hätte aber nicht zu sagen gewusst, wie sie darauf kam, diesen Vergleich anzustellen, war doch für beide Tätigkeiten ein hohes Maß an Sensibilität gefordert. Seine Hände trugen keine Ringe, aber sein rechtes Handgelenk war mit einem schweren Armreif geschmückt, der einem historischen Wendelring oder fast einem Torques ähnlichsah, nur eben sehr viel schmaler.
Der Armreif war ähnlich einem gedrehten Strick oder Tau geformt und an seinen beiden Endstücken waren Drachenköpfe zu erkennen. Offenbar war das Schmuckstück aus Silber oder einem vergleichbaren Metall gefertigt, so schien es Sophie vom weitem. Sie hatte aus dem den Abbildungen eines Kunstkatalogs beigefügten Text im Institut bei vorangegangenen Recherchen vor Jahren einmal entnehmen können, dass solch ein Armreif in früheren Zeiten nicht nur Schmuck gewesen war, sondern laut der nordischen Mythologie auch eine Schutzfunktion oder eine kultische Bedeutung haben konnte. Seltsamerweise konnte sie sich an einige Texte, die sie vor langer Zeit gelesen hatte, Jahre später inhaltlich immer noch erinnern – wenn sie ihr Interesse erweckt hatten.
Neben dem rechten Auge wies Ivens Gesicht eine kleine lang gezogene Narbe auf, die sich wie ein weißer Strich vom Auge bis zur Schläfe zog. Seine Augen waren blau. Sophie erschien es allerdings, als ob seine Augen viel heller waren, als es für Augen dieser menschlichen Farbgruppe normal üblich gewesen wäre. Seine Augenfarbe war fast mehr ein leuchtend helles und intensives Grau-blau, welches sie aus der Distanz zu sich herüberleuchten sah.
Als Iven nicht weitersprach, sah sich Sophie jetzt doch genötigt, etwas zum Gespräch beizutragen. Sein Schweigen konnte alles bedeuten: Klugheit, Vorsicht oder vielleicht auch Diskretion. „Was ist denn die mir zugedachte Rolle, die ich spielen soll? Und um welche Reise geht es?“, sagte sie und befürchtete, durch ihre direkten Fragen das geheimnisvoll Ungesagte und die Atmosphäre im Raum zu zerstören, welche noch immer die Stimmung in dem Zimmer prägte. Aber irgendwann musste sie ja mal zu den wesentlichen Punkten kommen. Sie hätte so gerne gewusst, was sie für einen Eindruck auf ihr Gesprächsgegenüber machte. Ob sie für die von Iven erdachte Hauptrolle überhaupt in Frage kam?
So als ob das sein Stichwort war, begann dieser im gleichen Moment zu sprechen, ohne aber auf ihre Fragen einzugehen: „Haben sie zwei Wochen Zeit für mich? Sie sollen mich auf eine fantastische Reise begleiten und dabei die Hauptprotagonistin sein, mir bei meiner Suche nach den verborgenen Winkeln der Fantasie zu helfen.“
„Und um was für eine Fantasie handelt es sich? Was kann meine Rolle dabei sein?“, entgegnete Sophie jetzt wieder geradeheraus und verlagerte dabei ein wenig unruhig ihre Sitzposition. Es war anstrengend, in ihrem Sommerrock mit überschlagenen Beinen auf dem alten Jugendstilstuhl zu sitzen. Vermutlich waren Stühle dieser Art in ihrer Zeit nicht für lange Sitzungen vorgesehen gewesen – zumindest nicht für Sitzungen, in denen die Frau ihre Beine übereinanderschlagen musste. Gerne hätte sie, schon auf Grund der Hitze, breitbeinig auf dem Stuhl gesessen, aber sie wusste, dass sich das für eine Frau einem fremden Mann gegenüber nicht schickte.
„Ja“, sagte sie, ohne lange zu überlegen, „ich habe Zeit. Die Semesterferien stehen ja unmittelbar bevor und ich habe für die nächsten Wochen noch nichts weiter geplant.“ Sophie begann jetzt innerlich noch unruhiger zu werden, als sie sich selbst reden hörte. Sie war gerade dabei, sich als alleinstehende Frau auf ein aufregendes Abenteuer einzulassen, ohne auch nur das geringste über den Mann und seine Absichten zu wissen.
Gewiss der Mann war halbwegs akzeptabel aussehend und wohl auch nicht unvermögend, aber was wusste sie ansonsten über ihn – nichts. Vermutlich war sie gerade dabei, eine riesengroße Dummheit zu begehen und sich auf der Reise mit einem möglichen Psychopathen in die größte Gefahr ihres Lebens zu manövrieren. Obwohl, wie ein Psychopath wirkte er nicht. Wobei, wie wirken Psychopathen?
Sophie schwitzte in ihrer Kapuzenjacke. Da sie nichts darunter trug, konnte sie diese wohl schwerlich ablegen und doch spürte sie, wie die Schweißperlen zwischen ihren Brüsten ihr auf den Bauch perlten, was ein leichtes Kribbeln auf ihrer Haut auslöste.
„Ich werde aber nicht mit ihnen schlafen, falls das ihr Plan ist!“, sagte Sophie bestimmt, richtete sich in ihrem Stuhl kerzengerade auf und funkelte Iven herausfordernd an. Ivens Mundwinkel zuckten leicht, er gab aber keine Antwort auf ihre Bemerkung. Dann setzte er ein zurückhaltendes Lächeln auf, während er es sich in seinem Stuhl erneut bequem machte. Es war das jugendlich wirkende Lächeln eines Mannes, der sich seiner Wirkung nicht bewusst war, dem aber als Schauspieler in einer Filmszene, wegen seiner Unschuldigkeit und Natürlichkeit, sofort das Wohlwollen des Publikums zugeflogen wäre.
Im gleichen Moment als Sophie die Worte ausgesprochen hatte, merkte sie plötzlich, dass sie von sich aus schon Lust gehabt hätte, sich ihm körperlich zu nähern. Sie war sich allerdings absolut im Unklaren darüber, ob lediglich die lange Zeit der Abstinenz dafür verantwortlich war, irgendetwas, was Iven gesagt oder getan hatte, oder ob seine Ausstrahlung diesen Sinneswandel bewirkte.
Insgeheim merkte sie zumindest ganz genau, dass es ihr wichtig war, in dieser Situation die Führung zu übernehmen, um sofort Lust auf ihn zu verspüren. Dass sie wollte, dass er von seinem „hohen Ross“, von seiner überlegenen Art herunterkam und die Kontrolle über sein selbstsicheres Verhalten aufgab. So eine Situation hatte sie vorher noch nicht erlebt. So kannte sie sich gar nicht. Überhaupt, was tat sie hier und warum gingen ihre Gedanken und Gefühle so mit ihr durch?
Iven schob ihr mit einer ausladenden Bewegung den Umschlag zu, der auf dem Teetisch neben ihm gelegen hatte. Dann sagte er. „Ich möchte, dass sie sich das hier genau ansehen und durchlesen.“ Seine Stimme hatte die ganze Zeit das tiefe raue Timbre beibehalten und wies auch jetzt noch immer keine Spur von Zögerlichkeit oder Unsicherheit auf, als er ihr den Umschlag hingeschoben hatte. „Soll ich das jetzt und hier aufmachen und lesen?“, fragte Sophie und hob erstaunt die Augenbrauen. „Nein, nicht hier“, sagte Iven. „Kommen sie. Damit sie ungefähr wissen, was sie erwartet, möchte ich Ihnen etwas zeigen.“
„Und was bekomme ich für das Ganze?“, fragte Sophie, während sie Iven hinterher ging. Sie fand den Zeitpunkt gut gewählt, auch über das Geschäftliche zu sprechen. „Das Geld liegt im Umschlag“, sagte Iven. „Für Reisekosten, Kost und Logie komme ich natürlich zusätzlich auf.“ „Wieviel ist es?“, fragte Sophie, ohne den Umschlag zu öffnen. „5000 €“, antwortete Iven und ging weiter voraus, „dafür erwarte ich Sie am Montag nächster Woche pünktlich auf dem Flughafen von Lissabon.“ „Lissabon?“, fragte Sophie fassungslos, „nach Portugal? Heißt das wir fliegen nicht zusammen?“
„Kommen Sie“, entgegnete Iven nur. Er stand auf und verließ den Raum. Sophie folgte ihm, indem sie noch schnell nach dem Umschlag auf dem Teetisch griff. Das angrenzende Zimmer, welches sie nun betraten, wies lediglich einen altarähnlichen Tisch an der Wand auf, über dem ein gemaltes und gerahmtes religiöses Ölbild zu sehen war, welches offenbar Jesus bei der Krönung seiner Mutter Maria zeigte. Ein weiteres kleineres Bild daneben zeigte ein palastähnliches, wohl neugotisches Gebäude, so mutmaßte Sophie. Ein Bett, welches üppig mit indischen Stoffen und Kissen bedeckt war, ein kleiner Meditationshocker und eine kleine schwarze ledernde Aktenmappe waren ansonsten alles, womit der Raum eingerichtet war.
Auf dem Tisch lag ein großes schweres Buch, neben welchem auf beiden Seiten zwei schwungvolle barocke Kandelaber, ohne Kerzen darin, standen. Ansonsten war der Raum leer. Die Fenster des Zimmers waren weit geöffnet, so dass die Sonne ungehemmt einfallen konnte. Auch hörte man das Zwitschern von Vögeln und aus der Ferne Straßenlärm.
Iven setzte sich wortlos auf das Bett und faltete seine Hände. Mit den indischen Tüchern und den Kissen und seiner Weste wirkte er jetzt für einen kurzen Augenblick wie ein fernöstlicher König aus einem anderen Land. „Sie können jetzt den Umschlag ruhig öffnen“, sagte Iven, ohne dabei die gefalteten Hände wieder zu lösen. Es sah ein wenig so aus, als betete er.
Sophie setzte sich auf den kleinen Hocker und riss vorsichtig den Umschlag auf. Neben den erwarteten Geldscheinen fiel ein Bild aus dem Umschlag, welches einen älteren Mann mit einem üppigen Bart zeigte. Er trug eine Art Schmetterlingsnetz und einen Strohhut und blinkte freundlich aus dem Foto hervor. Neben dem angekündigten Geld und dem Foto war noch ein kleiner zusammengefalteter Zettel zu finden, welchen Sophie jetzt aus dem Umschlag hervorzog, auffaltete und las.
Der Zettel war in einer großen, sehr schnörkeligen aber gut lesbaren Handschrift abgefasst, die so aussah, als würde sie einer anderen Zeit angehören. Er war beidseitig beschrieben. Iven hatte die Augen geschlossen und die Hände noch immer gefaltet, während Sophie las.
Sie werden sich in den nächsten Tagen intensiv mit dem Leben des auf dem Foto abgebildeten Mannes António Augusto Carvalho Monteiro beschäftigen und auch die Baugeschichte seines Palastes Quinta da Regaleira in Sintra genau studieren, welchen Sie hier auf dem Gemälde an der Wand in diesem Zimmer sehen. Nutzen Sie alles dafür an Informationen, was ihre Universität Ihnen dafür zur Verfügung stellt. Für die Recherche bleiben Ihnen allerdings leider nur wenige Tage Zeit.
Ich werde Sie am kommenden Montag um Punkt 16:00 Lissaboner Ortszeit auf dem Flughafen Humberto Delgado erwarten. Dabei werde ich sie aber nicht direkt vom Terminal 1 abholen, wo Sie landen werden, sondern ich sitze ca. 200 Meter vom Terminal entfernt im Hotel Tryp Lisboa Aeroporto an einem reservierten Tisch im Restaurant. Sie nehmen vom Flughafen den kostenlosen Shuttle-Service, werden vom Hotelpersonal zu meinem Tisch geleitet und setzen sich mir wortlos gegenüber. Da es ein 4-Sterne-Hotel ist, werden Sie entsprechend gekleidet sein. Für Ihr Gepäck wird gesorgt werden.
Geben sie mir zur Begrüßung nicht die Hand. Nennen Sie nicht meinen Namen und erwähnen sie auch den Ihrigen nicht. Keiner der Besucher des Restaurants darf unsere Namen hören. Sie werden die Augenbinde aufsetzen, die ich Ihnen in die schwarze Tasche gelegt habe. Sie werden von mir vom Restaurant aus zu meinem bereitgestellten Wagen geleitet. Es wird keine Fragen geben, die Angestellten des Hotels sind instruiert und werden uns einen Nebenausgang freihalten. Sie werden die Augenbinde erst wieder abnehmen, wenn ich es Ihnen sage.
Iven hatte, während Sophie noch las, die Augen geöffnet und sich vom Bett erhoben und stand jetzt unmittelbar neben ihr. Sie konnte ihn zuerst riechen, bevor sie seine Bewegungen spürte. Er roch ein wenig nach Feuer und nach Sommer und ein ganz klein wenig nach Schweiß.
Als Sophie kurz zu ihm hochblickte, rutschte ihr das beigelegte Foto aus dem Umschlag auf dem Fußboden. Sie stand rasch auf, um es aufzuheben, aber Iven war schneller, er kniete bereits zwischen ihren Beinen als sie aufstand und reichte ihr das Foto nach oben. Sophie, die ihre Beine ein wenig auseinandergestellt hatte, um beim Aufstehen einen festen Halt zu haben, verharrte kurz in dieser Position, bevor sie ihre Beine verschämt schloss. Iven hatte trotzdem den Geruch von Granatapfel und Wildblume riechen können, der von ihr ausging, als er sich langsam erhob. Sophie wickelte den Rock hektisch ein wenig fester um ihre Beine. Ihr war ein wenig schummerig zumute.
Iven setzte sich wieder zurück auf das Bett. Auch Sophie hatte sich wieder auf den Meditationsschemel gesetzt, hielt aber ihren Rock weiterhin fest an die Beine gedrückt. Sie war jetzt völlig verwirrt und wusste sich nicht mehr so recht aus der Situation zu befreien. Der Mann schien in irgendeinem komischen Film zu sein, dass er die formulierten Anweisungen auf dem Zettel für nötig hielt, aber irgendwie begann ihr die Sache auch Spaß zu machen und einen Nervenkitzel auszulösen, der sich gut anfühlte.
„Dann ist jetzt glaube ich alles klar, oder?“ fragte Iven, während er Sophie nach draußen und zur Haustür begleitete, „wir sehen uns in Lissabon?“
Eigentlich war gar nichts klar, aber Sophie ließ sich nichts anmerken. Sie hatte die Aktenmappe mit der Augenbinde und den Umschlag mit den Anweisungen, dem Geld und dem Foto an sich genommen. Dann verließ sie das Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen. Sie war immer noch etwas unsicher auf den Beinen und fühlte sich stark irritiert. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Sie würde gleich morgen beginnen etwas über den auf dem Zettel genannten Monteiro und seinen Palast zu erfahren – und über einen Mann, der sich Iven nannte. Iven. Und wie weiter?
Erst im Taxi fiel ihr auf, dass Iven auf seinem Zettel mit den Anweisungen die Universität erwähnt hatte, als wüsste er, dass und was sie studierte. Oder hatte sie irgendetwas gesagt, was darauf hindeutete? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Sophie beschloss, auf der Hut zu sein.
Iven stand noch lange am Fenster und blickte Sophie hinterher. Selbst als das Taxi lange abgefahren war, stand er dort noch immer und sah auf die Schattierungen des Baumes im Vorgarten, dessen Umrisse sich deutlich auf dem Rasen in der Sonne abzeichneten. Er hatte oft Pech gehabt in letzter Zeit. Und wenn er kein Pech hatte, war es eher Zufall, dass ihm etwas gelungen war – wohl bis heute.
Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass seine Glückssträhne mit Sophie soeben begonnen hatte. Zufrieden steckte er sich seine Hände in die Hosentaschen, in denen sich immer mehrere kleine Zettel mit Skizzen und Notizen, kleine Bleistiftstummel, Radiergummis, Bänder und Büroklammern befanden. In jüngeren Jahren hatte Iven sein sprichwörtliches Pech immer mit seinem Namen verbunden: Johns, Iven Johns. Viele hatten beim Lesen seines Namens gedacht, er wäre Amerikaner und hatten sich dann erfolglos an der Aussprache seines Namens versucht. „Eiwen Dschons“, so klang es, wenn sie versuchten, seinen Namen auszusprechen. Dabei war sein Name lediglich friesischer und nicht amerikanischer oder gar afrikanischer Herkunft.
Seine Eltern waren beide unspektakulär in Schleswig-Holstein, in Husum an der Nordsee, geboren worden – so wie Iven selbst auch. Und da sein Vater und später auch seine Mutter zufällig Johns mit Nachnamen hießen, fanden sie es wohl recht originell ihr erstes und einziges Kind Iven zu nennen. Nur die wenigsten wussten, dass dieser Name aus einem Klassiker der Weltliteratur aus dem Ende des 19. Jahrhunderts stammte. Iven Johns war der Großknecht von Hauke Haien in der Novelle „Der Schimmelreiter“ von dem Husumer Dichter Theodor Storm und ein sehr abergläubischer Mann, der im Buch den Schimmel des Deichgrafen für ein Geisterpferd hielt. Mit so einem Namen konnte man es zu nichts Großem bringen, dachte Iven.
Er war froh gewesen, dass die wenigsten Menschen seinen Namen mit dem unglücklichen Knecht in Verbindung brachten, dessen Schicksal in der Geschichte eng mit dem des ungeliebten Deichgrafen Haien verbunden war, da Iven Johns als Knecht in der berühmten Novelle doch eher eine unbedeutende Nebenrolle spielte.
Und genauso hatte Iven sich sein Leben lang gefühlt, als ob er lediglich eine Nebenrolle in dem Roman anderer spielte. Er war nicht der Hauptschurke, aber auch niemals der Held. Seine Rolle in dem Klassiker war letztendlich so unbedeutend, dass es beim Lesen der Novelle auch nicht aufgefallen wäre, wenn der im Buch ebenfalls erwähnte Dienstjunge mit dem Namen Carstens das Geisterpferd allein entdeckt und die Rolle von Iven Johns vollständig aus der Handlung gestrichen worden wäre. Genauso fühlte sich Iven und so sah er seine Position im Leben – unwichtig und austauschbar. Er war nie ein Held gewesen, der wie im Roman mit Tugenden und Eigenschaften ausgestattet war, die den Leser und die Leserin dazu verleiteten, sich mit diesem zu identifizieren. Seine Rolle überlas man einfach, ohne sich je wieder daran zu erinnern.
Als dann in seiner Jugend der Lehrer in Ivens Schule eines Vormittags das Lied „Even in the quietest moments“ von der Gruppe „Supertramp“ in den Musikunterricht mitgebracht hatte, war sein Spitzname seit dieser Zeit besiegelt.
Die Klassenkameraden, die wie auch Iven das Englische gerade erst für sich entdeckten, hatten schnell herausgefunden, dass „Even in the quietest moments“ in dem Song im Deutschen „Auch in den stillsten Momenten“ bedeuten sollte und da Iven nicht der Gesprächigste in der Klasse war, nannte man ihn, im Hinblick auf das Lied, insgeheim fortan nur noch „Even“ – und so war es geblieben. Kein Außenstehender hörte den Unterschied zur vorherigen Aussprache seines Namens, aber das Augenzwinkern und das leichte Grinsen beim Rufen seines Namens sagten alles. Iven war etwas Besonderes. Auch in stillen Momenten noch leise.
Er hatte nach dem Abitur Kunstgeschichte und Bildende Kunst auf Lehramt studiert, hatte aber schnell festgestellt, dass er für den Beruf des Lehrers gänzlich ungeeignet war. Er verspürte wenig Lust, mit Menschen, vor allem mit Kindern, in Kontakt zu treten und war oftmals in der Gesellschaft seiner Bilder und Skulpturen viel mehr zufrieden als im Austausch mit Menschen. Vermutlich wäre Ivens Leben weiter in der gleichen Weise abgelaufen. Mal verkaufte er ein Bild oder eine Skulptur, dann wieder veräußerte er eine ganze Zeit lang gar nichts. Mal hatte er genügend Geld für seinen Lebensunterhalt und mal eben nicht.
Er hatte Sophie nicht erzählt, dass er in dem Haus in vornehmer Wohnlage lediglich die zwei Zimmer zur Miete bewohnte, die sie kannte, und er sich die Toilette, Dusche und die Küche mit anderen im Haus teilte. Mehr wäre für Iven nicht zu finanzieren gewesen. Er hatte sich mit seinem Dasein arrangiert.