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Der in Kiel geborene Helmut Lemke war nach seinem Jurastudium und nach seiner Promotion von 1932 bis 1933 Gerichtsassessor bei den Staatsanwaltschaften in Kiel und Altona. Schon vor der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten war Lemke 1932 in die NSDAP eingetreten. Als verlässliches Parteimitglied und als studierter Jurist wurde er ab 1933 nacheinander Bürgermeister der Städte Eckernförde und Schleswig. Nach dem Krieg durfte Dr. Lemke, der bei seiner Entnazifizierung als Mitläufer in die Kategorie IV. eingestuft worden war, alsbald wieder als Rechtsanwalt arbeiten. Lemke trat der CDU bei. Nachdem er zunächst Kultusminister und bald darauf Innenminister des Landes Schleswig-Holstein wurde, wählte man den bewährten Politiker 1963 schließlich in das Amt des Ministerpräsidenten. Während Lemkes politischer Werdegang, sowie seine Tätigkeiten und Entscheidungen ab der Nachkriegszeit, gut dokumentiert und ausgewertet sind, liegt noch immer ein großer Mantel des Schweigens über den Jahren 1933 bis 1945. Obwohl im Zusammenhang mit seiner Amtsführung in diesen Jahren Oppositionelle verfolgt und eingesperrt und Menschen ausgegrenzt und unter Druck gesetzt wurden und obwohl es zahlreiche belastende Quellennachweise über Dr. Lemkes Beheimatung in der nationalsozialistischen Weltanschauung gab und gibt, konnte er nach dem Krieg bis in die höchsten Ämter der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung gelangen und hier die Politik über Jahre maßgeblich mitgestalten. Das Buch berichtet akribisch über Dr. Helmut Lemkes zwölf Vergessene Jahre, über die bisher kaum oder nur sehr unzureichend berichtet wurde.
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Seitenzahl: 172
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Vorwort
Vom Nationalsozialisten zum Ministerpräsidenten
Dr. Helmut Lemke – Lebenslauf – Kurzübersicht:
Prolog
Für Führer, Volk und Vaterland“ – der junge Jurist Dr. Lemke im Dienst der nationalsozialistischen Bewegung
„Ein zuverlässiger Nationalsozialist“ – Dr. Lemke wird Bürgermeister in Eckernförde
„Im Namen des Volkes“ – Anordnungen als Bürgermeister und Leiter der örtlichen Polizei in Eckernförde zur Verhaftung von Oppositionellen
Exkurs: „Hammerschläge“ – Die Verfolgung jüdischer Mitbürger und Mitbürgerinnen in Eckernförde
„Tief verstrickt im braunen Sumpf“ – Weitere Tätigkeiten Dr. Helmut Lemkes als Bürgermeister von Eckernförde
„Die Erziehung zum deutschen Menschen als das Wichtigste“ – „Blut und Boden sind die heiligsten Begriffe des Nationalsozialisten“ – Dr. Helmut Lemke als Gau- und Kreisredner
Die Ermordung Wilhelm Gustloffs – Die Glorifizierung eines Blutzeugen
Das Jungvolk ruft! – Dr. Lemke und die Jugendarbeit der Stadt Eckernförde
„… die Rassenfrage für uns nicht nur ein biologisches Problem…, sondern eine Weltanschauung.“ – Die rassepolitische Ausrichtung des Eckernförder Bürgermeisters Dr. Lemke
„Der Antreiber und die Organisation der inneren Front“ – Dr. Lemke als Bürgermeister in der Landeshauptstadt Schleswig
Im propagandistischen Wert überschätzt – das Theater in Schleswig
Das „schwebende Verfahren Theater“ – Mitarbeiter unter Druck gesetzt
Exkurs: Jüdische Familien in Schleswig und ihr Schicksal in der Zeit von Bürgermeister Dr. Lemkes Amtsführung.
„Wir sind einig in dem Gedanken, dass die Vorsehung den Kampf unseres Führers und Volkes segnen möge.“ – Kriegsbeginn im September 1939 auch in Schleswig
Ein neues Rathaus für Schleswig – „Durch den Bau eines solchen stattlichen Gebäudes werden auch wir Schleswiger dazu beitragen, in unseres Volkes größter Zeit unserem Gemeinschaftswillen für viele Jahrhunderte ein sichtbares Denkmal zu setzen“
„…und neigen in Dankbarkeit und Ehrfurcht das Haupt vor der verewigten Mutter, die den Führer gebar.“ – Bürgermeister Dr. Lemke und die Heraufbeschwörung eines gottgleichen „Führers“
„Wir sind einig in dem Gedanken, dass die Vorsehung den Kampf unseres Führers und Volkes segnen möge.“ Bürgermeister Lemke geht zur Marine
„Als der Krieg aus war“ – „So allmählich kommt alles wieder in Ordnung.“ – Die Nachkriegszeit in Schleswig und Lübeck
Der Fall des Schleswiger Installateurmeisters Wilhelm Zimmermann
Die Zeugen
Was von den Jahren übrig blieb…
Ein besonderer Zeuge – Der Schleswiger Kommunalpolitiker Franz Grell (1882-1959)
Weitere „Persilscheine“
Private und berufliche Korrespondenz Dr. Helmut Lemkes
Der Ministerpräsident Dr. Helmut Lemke
Benutzte Literatur
Webseiten
Zeitungen und Zeitschriften:
Teilweise unveröffentlichte Quellen:
„Wir Nationalsozialisten stehen auf dem Boden des Führerprinzips. Wir alle, jeder an seiner statt, sind dazu aufgerufen, die Hammerschläge des Dritten Reiches auszuführen.“1
„Keine Mitläufer, sondern Gefolgsmänner aus innerster Überzeugung braucht unser Drittes Reich.“2
„Ich bitte daher die deutschen Behörden, mich mit meiner Familie nicht zurückzustossen, sondern meinen guten Willen unter Beweis stellen zu dürfen…“3
1 Öffentliche Äußerung Lemkes, die er angeblich bereits im Februar 1933 in SA-Uniform vor dem Eckernförder Rathaus stehend in einer Rede verkündete (nach anderen Angaben sprach er diese Worte bei seiner Antrittsrede am 24.5.1933 im Sitzungssaal des Eckernförder Rathauses vor städtischem Personal), in: von Seggern, Jessica, Alte und neue Demokraten in Schleswig-Holstein. Demokratisierung und Neubildung einer politischen Elite auf Kreis- und Landesebene 1945 bis 1950, Historische Mitteilungen, Beihefte, Band 61, Steiner, Stuttgart 2005, S. 214
2 Überlieferter Wortlaut von Dr. Helmut Lemke, zitiert aus: „Scherze am Meer“, Artikel in der Zeitschrift „Der Spiegel“ vom 9.5.1971. Lemke soll diese Worte im Eckernförder „Domkrug“ vor Mitgliedern des „Handelsvereins“ gesprochen haben.
3 Helmut Lemke 1946 in: LASH Abt. 460.12 Nr. 372
Abb. 1: Bürgermeister Dr. Lemke bei der Überreichung eines Fanfarentuchs an Oberst von Dewitz am 20.4.1939/Stadtarchiv Schleswig
„Wir erinnern uns um der Opfer willen. Und wir erinnern auch für uns selbst. Denn wer vergisst, was geschehen ist, vergisst auch, was geschehen kann.“ „Aus der Vergangenheit lernen. Die Zukunft schützen.“ Das sind Zitate aus der Rede unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zum Holocaust-Gedenktag am 27.1.2022. Mit wenigen Worten wird sehr treffend umrissen, warum es so dringend notwendig ist, sich auch und gerade mit unserer Geschichte immer wieder erneut intensiv zu beschäftigen. Das gilt sowohl für die Zeitgeschichte unseres Landes allgemein als auch für die jeweilige Regional- oder Stadtgeschichte dieser Zeit und somit auch für die Geschichte der Stadt Schleswig im Dritten Reich. Entgegen der noch immer weit verbreiteten Meinung, dass Schleswig kaum von den Auswirkungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft betroffen war, muss festgestellt werden, dass auch hier Menschen ausgegrenzt und verfolgt, auch hier Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene zur Arbeit gezwungen und auch von hier aus zahlreiche Patienten deportiert und getötet worden sind. Hinzu kommen Zwangssterilisationen, Euthanasieverbrechen, Zwangsadoptionen und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die hier verübt worden sind.
Das Buch „Die vergessenen Jahre“ des Autors Jens Nielsen legt in diesem Zusammenhang das nationalsozialistisch geprägte Verwaltungshandeln des Bürgermeisters der Städte Eckernförde und Schleswig und des späteren Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins, Helmut Lemke, in der Zeit von 1933 bis 1939 und darüber hinaus offen. Es mag eine schwer zu ertragende Erinnerung sein, aber auch das Rathaus der Stadt Schleswig erfüllte seinerzeit eine nicht zu unterschätzende Rolle im System des NSRegimes. Auch in der Stadt Schleswig, wie in allen anderen Städten des Deutschen Reiches, sind die reichsweiten Anordnungen im Zusammenhang mit der „Erb- und Rassenpflege“ von den Behörden akkurat umgesetzt worden. Auch hier wurden jüdische Mitbürger in der Stadt durch Verwaltungsakte zur Flucht gedrängt. Auch hier sind Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Stadtgebiet unrechtmäßig beschäftigt worden und kamen zum Teil ums Leben. So wie in vielen anderen Städten setzte auch die Verwaltung der Stadt Schleswig unter der Leitung des damaligen Bürgermeisters Helmut Lemke zahlreiche rassistisch und antisemitisch geprägte Vorgaben des Regimes um.
Doch nicht nur das unmenschliche Verwaltungshandeln, auch der nationalsozialistische Größenwahn in Schleswig wird in diesem Buch thematisiert, beispielsweise bei der Planung eines neuen Rathauses am Lollfuß. Es werden die Vorbereitungen zum Krieg unter Bürgermeister Lemkes Leitung und die dazugehörige Propaganda genauso untersucht, wie das Kriegsende und die erfolglosen Bemühungen der Entnazifizierung in der Stadt – bis hin zu Lemkes Aufstieg als Politiker in der Nachkriegszeit.
Es darf nicht in Vergessenheit geraten, was in der Zeit des Nationalsozialismus in Schleswig geschehen ist, und es muss uns immer eine Mahnung daran sein, dass es in unserem Land wieder geschehen kann, wenn wir die Zeichen der Zeit nicht rechtzeitig erkennen. Wir befinden uns aktuell in einer Zeit, in der es immer weniger Zeugen gibt, die über die Vorkommnisse im Nationalsozialismus aus erster Hand berichten können, und deshalb ist es umso wichtiger, dass das bereits Erfahrene erforscht, dokumentiert und für die Nachwelt bewahrt wird. Dazu und für weitere ergänzende Forschungen bietet dieses Buch eine gute Grundlage.
Ich finde es richtig, dass Jens Nielsen sich mit dem Thema im Rahmen seiner Forschungsarbeit auseinandersetzt und nun mit dem Buch „Die vergessenen Jahre“ dazu ein weiteres Werk für Schleswig vorliegt. Das Benennen der Taten und Verbrechen des Nationalsozialismus in der Stadt Schleswig ist wichtig. Es ist nicht nur wichtig, um den Opfern dieses Unrechts-Regimes gerecht zu werden, es ist auch wichtig, um demokratische Prozesse in unserer Zeit zu stärken und zu verteidigen.
Erinnerungskultur ist auch in der Stadt Schleswig keine Kann-Leistung, sondern eine Verpflichtung an unsere Nachwelt, der wir uns stellen wollen und müssen. Es wäre fatal, die verübten Verbrechen im Namen des Nationalsozialismus immer mehr zu verdrängen, zu verschweigen oder zu vergessen. „Es muss doch auch mal Schluss sein“ höre ich noch immer von einigen, die es leid sind, sich als angeblich Schuldige für den Holocaust fühlen zu sollen. Es geht aber nicht um Schuld, es geht um Verantwortung. Um dem Antisemitismus und dem Rassismus begegnen zu können, die auch in unseren Tagen noch immer nicht völlig verschwunden sind, dürfen wir nicht schweigen, sondern müssen die Taten noch immer klar benennen. Das Erinnern an diese Zeit bedeutet die Übernahme einer bleibenden Verantwortung auch in Schleswig und die heißt: „Niemals wieder Faschismus, niemals wieder Krieg“.
Deswegen danke ich Jens Nielsen für seine Arbeit. Möge uns der Inhalt dieses Buches dauerhaft daran erinnern, gegen Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit einzustehen.
Stephan Dose, Bürgermeister von Schleswig, Februar 2022
77 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur in Deutschland und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa sind immer weniger Zeitzeugen noch am Leben und können von dieser Zeit berichten. Und noch immer ist das in dieser Zeit begangene Unrecht nicht vollständig benannt, aufgeklärt und geahndet worden. Umso wichtiger wird es, auf anderen Wegen an diesen Zeitraum zu erinnern, der Generationen von Menschen auf der ganzen Welt nachhaltig geprägt hat. Das Erlebte darf nicht dem Vergessen anheimfallen.
Das Erbe des Nationalsozialismus prägte nach 1945 vor allem das Bundesland Schleswig-Holstein – auch noch Jahrzehnte nach Kriegsende. Hierhin war ein Teil der nationalsozialistischen Elite geflohen und erfolgreich untergetaucht. Nicht nur die höher gestellten, durch Zeitung, Funk und Kinoleinwand bekannten Nationalsozialisten, auch die in der Rangordnung unten Gruppierten aus dem gesamten Reich fanden hier zunächst einen sicheren Unterschlupf. Einige der altgedienten Nationalsozialisten in diesem Landesteil mussten sich nicht einmal verstecken, sondern konnten mehrheitlich gleich nach der Kapitulation und der überwiegend sehr halbherzig erfolgten „Entnazifizierung“ wieder in ihre alten Positionen zurückkehren. Einer von ihnen war Dr. Helmut Lemke. In den Rathäusern der Städte Eckernförde und Schleswig hatte er in der Zeit des nationalsozialistischen Deutschlands nacheinander als Bürgermeister amtiert. Er galt mit seinem Amtsantritt in Eckernförde 1933 als jüngster NSDAPBürgermeister des Deutschen Reiches, da er bereits im Alter von 25 Jahren mit Hilfe seiner Parteifreunde in Eckernförde zum Bürgermeister der NSDAP ernannt worden war. 1937 wechselte er dann als Bürgermeister in die nahegelegene damalige Landeshauptstadt Schleswig.
Als Bürgermeister beider Städte sorgte Lemke nicht nur dafür, dass Oppositionelle in Haft kamen und jüdische Mitbürger ausgegrenzt und später unter Zuhilfenahme antisemitischer Pseudobegründungen deportiert wurden. Helmut Lemke drückte beiden Städten insgesamt in einem sehr hohen Maße das nationalsozialistische Gedankengut seiner Zeit auf, welches unter seiner Amtsführung besonders gut zur Blüte kam. Doch trotz seiner Tätigkeit als überzeugter Nationalsozialist in Führungsposition, der fest auf dem Boden der antisemitischen und völkischen Ausrichtung der NSDAP stand, und trotz der vielen Schicksalsschläge, die sein Handeln als Bürgermeister in vielen Familien ausgelöst hat, machte Helmut Lemke nach dem Krieg in Schleswig-Holstein erneut ungehindert Karriere in der CDU. Lemke wurde erst Kultus- und bald darauf Innenminister des Landes. Von 1963 bis 1971 regierte er schließlich sogar als Ministerpräsident, gefolgt von seiner Tätigkeit als Landtagspräsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Interessanterweise ist der Werdegang des ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein in der NS-Zeit zu keinem Zeitpunkt umfassend dokumentiert und voll umfänglich hinterfragt worden. Sein Handeln als Bürgermeister zweier Städte im Nationalsozialismus blieb bis heute ohne nennenswerte Konsequenzen. Zwar war im Nachkriegsdeutschland schnell bekannt, dass Lemke Nationalsozialist gewesen war, doch auf Grund seines großen Einflusses, seiner weitreichenden Kontakte und seiner schnellen Assimilierung in die neuen demokratischen Verhältnisse, blieb er bis zu seinem Lebensende unbehelligt. Das Ansehen seiner Person als großer Politiker von herausragender Bedeutung für das Bundesland Schleswig-Holstein ist noch immer groß und auch in Teilen der CDU wird sein Name noch immer mit Anerkennung genannt. So ist es nicht nur insgesamt erschreckend, wie lange ehemalige Angehörige der nationalsozialistischen Eliten in der Politik der Nachkriegszeit weiterhin das Sagen hatten und politische Entscheidungen maßgeblich gelenkt oder mitbeeinflusst haben, auch speziell das Wirken Dr. Helmut Lemkes in der jungen Bundesrepublik bedarf in Anbetracht seiner Kariere im Dritten Reich in diesem Kontext einer genaueren erneuten Überprüfung. Dieses Buch soll deshalb einen neuen, weitaus intensiveren Einblick in die frühen Jahre des Nationalsozialisten Dr. Helmut Lemke gewähren, als bisher vorgelegt wurde, damit das in seiner Amtszeit als Bürgermeister der beiden Städte Eckernförde und Schleswig begangene Unrecht für die Nachwelt einen Namen bekommt und nicht vergessen wird.
Jens Nielsen im Frühjahr 2022
Abb.2: Bundesarchiv B 145 Bild FO25579-0006, Bonn, Bundespräsident mit Gouverneur von Jamaika, Steiner, Egon, CC By-SA 3.0
Von 1922 bis 1933 Kieler Gymnasialruderverein Teifun von 1883
Abitur-Verbund Kieler Gymnasium von 1925 bis 1945
Kaiserlicher Yacht-Club Kiel von 1930 bis 1945
Referendarbund von 1928 bis 1932/Kassenwart
Verein Preußischer Richter und Staatsanwälte von 1932 bis 1933
„Demokratischer Reichsreformbund von Reichskanzler Luther“
4
von 1928 bis 1933
Von 1925 bis 1945 Mitglied der Akademischen Gesellschaft Stuttgardia Tübingen/2. Vorsitzender
Ab 1933 Bürgermeister von Eckernförde
Ab 1937 Bürgermeister von Schleswig
Mitglied Heimstätte Kiel als Vertreter der Stadt Schleswig/Mitglied des Aufsichtsrates
1939–1945 Marineoffizier der deutschen Kriegsmarine
Nach 1939 (vermutlich 1941) Bronzenes Parteiabzeichen der NSDAP, 1941 EK II, 1942 Kriegsabzeichen der Marine Artillerie, 1943 Kriegsabzeichen des Minensuch- und Vorpostenverbandes, 1944 EK I, 1945 Marine Frontspange
1945–1948 Adjutant – Internationaler Seeminenräumdienst im Auftrag der alliierten Streitkräfte (1. Minenräum-Division). Die Division wurde 1948 aufgelöst.
Ab 1948 Rechtsanwalt und Notar und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Lübeck
Ab 1949 Verwaltungsrechtsrat
Um 1950 Eintritt in die CDU
Ab 1950 im Landesvorstand der CDU
1951–1954 Senator in Lübeck und stellvertretender Bürgermeister
1954–1955 Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein
1955–1963 Innenminister des Landes Schleswig-Holstein
1955–1976 Kreisvorsitzender der CDU im Kreis Segeberg
1955–1973 Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein
1956–1971 Mitglied der Nordatlantischen Versammlung
1957 „Corpsschleifenträger“ des farbenführenden „Corps Holsatia Kiel“. Lemke erhielt 1962 ihr Band
1963–1971 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein
1963–1971 Mitglied im CDU-Bundesvorstand
1963 Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1963–1980 Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
1964–1971 Landesvorsitzender der CDU in Schleswig-Holstein
1971–1983 Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Ab 1983 Anwalt in Lübeck
Ehrenmitglied der Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte. Weitere Ehrenämter:
In der Vereinigung für Staatsbürgerrechte
Im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband
In der Tbc-Forschungsinstitut Borstel
Im Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks 1960 und 1961
Als Schirmherr der Segeberger Karl-May-Festspiele
Tod am 15.4.1990 in Lübeck. Staatsakt im Lübecker Dom
4 Nach Angabe Dr. Lemkes in seinem handgeschriebenen Lebenslauf, in: LASH Abt. 460.12 Nr. 372, Lemke, Helmut
„…Vom Platz unten ertönten Kommandos und das Knallen zusammenschlagender Hacken. Die SA-Männer und die HJler standen stramm. (…) Lemke legte die linke Hand auf das Koppel, hob den rechten Arm. `Heil Hitler! Eckernförder`…, er nahm den Arm herunter (…) `Unser Führer gab uns mit dem Ermächtigungsgesetz eine Waffe in die Hand mit der wir diesen roten Spuk auch hier zerschlagen werden. Ich komme hierher in der Zeit der nationalsozialistischen Revolution und wir alle, jeder an seiner Statt, sind dazu aufgerufen, die Hammerschläge des Dritten Reiches auszuführen.“ Das letzte schmetterte er förmlich über den Platz und erhielt den eingeplanten Beifall. Lemke war zufrieden…“5
5 Zitiert aus: Jürgensen, Rudi, Hermann Ivers und seine Genossen. Frauen und Männer aus Eckernförde im Widerstand, Goldebek, 2000
Abb. 3: Der Vater: Konteradmiral Franz Lemke, Foto: Privat
Helmut Bernhard Julius Lemke wurde am 29.9.1907 als Sohn des aus Pasewalk gebürtigen späteren Konteradmirals des Marine-Ingenieurwesens6 Franz Wilhelm Lemke7 (1862–1925) und dessen 1895 geheirateten Ehefrau Friederike Elina Emma (1873–1946) geb. Voigt in Kiel geboren. Helmut Lemkes Mutter war die Tochter des Zahnarztes Julius Voigt (1847–1918) und seiner Frau Emma geb. Böge aus einer alteingesessenen holsteinischen Familie. Um 1880 ist die Familie Lemke von Soltenitz in Schleswig-Holstein ansässig geworden. Schon vor Helmut Lemkes Geburt wohnte das Ehepaar Lemke im Königsweg Nr. 29. Ab 1914 findet sich die Familie mit den Kindern in dem stattlichen Haus in der Lornsenstraße Nr. 32 in Kiel. Bereits als Junge soll Helmut Lemke im Garten seines späteren Dienstsitzes am Hindenburg-Ufer gespielt haben. Die Familie führte neben dem Familiennamen Lemke die adelig klingende Zusatzbenennung „von Soltenitz“, nach dem Gut Soltenitz im Kreis Neustettin und berief sich in der Familiengeschichte auf ihren ältesten bekannten Vorfahren Lemmeke auf der Heide Tribbene (Trabehn), welcher 1378 bei einer Grenzregulierung in den historischen Unterlagen erwähnt wurde.8 Offenbar legte Helmut Lemke bereits früh diesen Herkunftstitel im Namen ab, vielleicht um sich in den Reihen der durch das Arbeitermilieu geprägten Nationalsozialisten einen schlichteren und somit passenderen „Anstrich“ zu geben. Nach dem Krieg führte er seinen Namenszusatz allerdings wieder, so dass man, wie vor 1931, „Lemke genannt Soltenitz“ oder „Lemke von Soltenitz“ hinter seinem Vornamen lesen konnte. Mit der Erforschung seiner Vorfahren über Generationen zurück war aber auch der Nachweis seiner „arischen“ Abstammung erbracht, der in der NS-Zeit von so großer Bedeutung werden sollte. Lemke selbst schrieb dazu:
„Die wissenschaftliche Forschung stellt fest, dass Familiennamen etwa seit 1200 nach der Zeitrechnung aus Rechtsgründen entstanden sind, während es Beinamen zum Rufnamen immer gab. Unser Name ist aus norddeutscher Landschaft und gehört zu den wenigen, die ihren Ursprung in einem alt-hochdeutschen Taufnamen finden. Der Name Lemke ist eine Ableitung von land-berht-ke; land ist die Bezeichnung für das Eigenland der Sippe; berht bedeutet der „Glänzende“; ke ist die norddeutsche Verkleinerungsform. Wir können daher annehmen, dass der erste Vorfahre unseres Namens ein Mann war, der in Norddeutschland im Eigenland seiner Sippe eine führende Stellung einnahm. Es ist verständlich, dass der Name Lemke, insbesondere in anderer Schreibweise, an manchen Orten entstanden ist, ohne dass unter den Namensträgern eine Blutsverwandtschaft bestand, da der Name Lemke als Bezeichnung für die Stellung seines Trägers entstand.
Alle unsere Vorfahren, auch die der mütterlichen Linien, haben seit Jahrhunderten niederdeutschen Stämmen angehört und waren – soweit es überhaupt nur erforscht werden konnte – seit der Reformation evangelischen Glaubens…. Wir können stolz sein auf Alter und Ansehen unseres Geschlechtes. Ein jeder der Vorfahren gab sein Blut und Wesen weiter, auf dass wir leben. So soll sich jeder meiner Nachkommen mit jedem seiner Ahnen bewusst verbunden fühlen. Wir gedenken mit Stolz der ältesten urkundlich nachgewiesenen Vorfahrenlinie Beust – von Ramdohr, die in beiden Stämmen schon in früheren Jahrhunderten adlig gewesen sein soll und unseren Stamm zur Unterscheidung von den anderen Lemke'schen Linien bezeichnet. Mögen die Frauen auch ihren starken Einfluss auf den Stil eines Hauses, auf die Eigenschaften der Nachkommen haben, die Familientradition führt der Mannesstamm…“9
Die in früheren Biografien erwähnte Behauptung, dass Lemke als Kind von adeligen Verwandten adoptiert worden war, die den Namen „von Soltenitz“ trugen, ist durch nichts zu belegen. Diese Familie von Soltenitz war angeblich kinderlos und wollte das Aussterben des Namens durch die Adoption verhindern. Dagegen sprechen die oben angeführten umfangreichen Familienforschungen zur Familie Lemke. Der Name „von Soltenitz“ ist eine bürgerliche Herkunftsbezeichnung.
Helmut Lemke besuchte von 1913 bis 1916 die Vorschule in Kiel. Ab 1916 findet man ihn an der Kieler Gelehrtenschule, wo er im März 1925 das Abitur an dem humanistischen Gymnasium10 bestand, um unmittelbar darauf die Juristenlaufbahn einzuschlagen und Rechts- und Staatswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel zu studieren. Noch im November des gleichen Jahres starb sein Vater. Nach einem kurzen Gastspiel an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen im Jahr 1926 kehrte er alsbald darauf wieder an die Uni in Kiel zurück. Im Juli 1928 bestand Helmut Lemke hier das geforderte Referendarexamen als erstes juristisches Staatsexamen. Von 1931 bis 1932 absolvierte er anschließend sein Referendariat in der Justizverwaltung unter dem Landgerichtspräsidenten Wilhelm Coing in Kiel, gefolgt im April 1932 von seinem als „befriedigend“ bewerteten Assessorexamen in Berlin. Seine Ausbildung war damit abgeschlossen. Schon zuvor war Lemke 1929 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg mit der Arbeit „Das preußisch-deutsche Problem in der Reichsreform“ bei Professor Dr. Walter Jellinek zum Dr. iur. promoviert worden. Lemkes Formulierungen in seiner Dissertationsarbeit in dieser Zeit lassen noch eine gewisse Ausgewogenheit und wenig Radikalität in seiner politischen Einstellung vermuten. Zu berücksichtigen ist hierbei aber, dass er sich im Rahmen seiner juristischen Ausbildung bis zu deren Vollendung keine „öffentlichen“ politischen Meinungsäußerungen erlauben konnte, falls er schon in dieser Zeit für die Ideologie des Nationalsozialismus zugänglich gewesen wäre. Ein Ausschnitt seines Dissertationstextes belegt Lemkes eher neutrale Sicht auf einige Parteien der „Weimarer Republik“:
„…Allgemein werden die Kommunisten, Sozialdemokraten und Demokraten als Förderer des Einheitsstaates angesehen. Dies wird in der Praxis nicht immer der Fall sein. Es kann vorkommen, dass diese Parteien, wenn sie sich in Opposition zur Regierung befinden, gegen die unitarischen Maßnahmen der Regierung stimmen. Auch wird den Sozialdemokraten vorgeworfen, dass sie aus Gründen der Machterhaltung in den Ländern, vor allem in Preußen, wohin sie ihr Schwergewicht verlegt haben, praktisch=politisch von ihrem Programm abweichen. In Preußen ist die Sozialdemokratie seit 1918 dauernd am Ruder gewesen. Im Reich hat sie nur wechselnden Einfluß gehabt. Dadurch, dass sie die preußische Politik bestimmte, konnte sie die Reichspolitik immerhin beeinflussen… Die völkischen Gruppen (NSDAP) unterstützen praktisch-politisch die einheitsstaatliche Richtung nicht…“11
Lemkes Dissertation ist 1929 in der Zeitschrift „Annalen des Deutschen Reiches“ veröffentlicht worden. Auch andere kurze Aufsätze zu verschiedenen Themen, die rechtliche und kommunale Fragen betrafen, sind, nach eigenen Angaben, von Helmut Lemke in den 1930er Jahren erschienen. Darunter Themen wie: „Stellvertretung des Bürgermeisters durch Regierungsreferendare“, „Verpflichtungserklärungen von Gemeinden“ und „Gemeindewohnungsbau“. Jahre nach dem Krieg und nach der Zeit des Nationalsozialismus entsann Lemke sich später der Zeit vor der Machtergreifung: