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Sonja arbeitet hart, um ihre Facharztausbildung in Chirurgie zu absolvieren. Doch dann unterläuft ihr aus Übermüdung ein folgenschwerer Fehler. Oder liegt es daran, dass Sonjas Zukunft nach der Trennung von ihrem Freund in Scherben liegt? Die Oberärztin verordnet ihr eine mehrwöchige Auszeit, und Sonja reist nach Amrum, wo ihre Jugendfreundin Anne eine kleine Pension betreibt. Die Seeluft tut Sonja gut, und mit dem so verschlossen wirkenden Landschaftsgärtner Patrick verbindet sie bald mehr als mit den anderen Sommergästen. Doch Sonja ahnt nicht, was Patrick ihr verschweigt …
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Das Buch
Sonja hatte ihre Zukunft genau geplant. Nach der Facharztausbildung in Chirurgie sollte es nach Afrika gehen, wo sie mit ihrem Freund Steffen auf einem Klinikschiff arbeiten würde. Doch dann kommt alles ganz anders. Steffen will doch lieber eine eigene Praxis eröffnen und drängt Sonja, die Afrika-Pläne aufzugeben. In einem heftigen Streit trennt sich Sonja von ihm. Und dann unterläuft ihr eines Nachts aufgrund von Übermüdung auch noch ein verhängnisvoller Fehler in der Notaufnahme. Auf Anordnung der Chefärztin nimmt Sonja sich eine vierwöchige Auszeit und fährt nach Amrum, wo ihre Jugendfreundin Anne eine kleine Pension betreibt.
Die Seeluft tut Sonja gut, und die übrigen Sommergäste in Annes Pension scheinen auch ihre Ruhe haben zu wollen. Vor allem Patrick, der wortkarge Landschaftsgärtner, der die Sommersaison über auf Amrum arbeitet. Als Sonja nach ein paar Tagen auf der Insel einen seelischen Tiefpunkt hat, ist es ausgerechnet Patrick, mit dem sie reden kann. Je öfter sie gemeinsam die Insel erkunden, umso mehr fühlt Sonja sich zu ihm hingezogen. Doch Patrick hat ein Geheimnis …
Die Autorin
Carin Winter hat Medizin studiert und mehrere Jahre als Ärztin in einem Dorf gearbeitet; später entdeckte sie die Lust am Schreiben. Teile ihrer Familie stammen von Rügen, ein Großonkel war dort auch Arzt. Carin Winter lebt in Weil der Stadt.
In unserem Hause sind von Carin Winter bereits erschienen:
Die Inselärztin · Die Liebe der Inselärztin
Die Inselärztin und das Glück · Das Haus hinter den Dünen
Die Strand-läuferin
Roman
Ullstein
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ISBN 978-3-8437-1288-0
Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage Juni 2016
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Titelabbildung: Getty Images/© ZenShui/Sandro Di Carlo Darsa (Frau); Getty Images/© Manuel Gutjahr (Leuchtturm, Küste)
E-Book: LVD GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten.
1
as Telefon klingelte laut und aufdringlich. Sonja setzte sich auf und stöhnte. Im Dienstzimmer der Chirurgie war das Nachtlicht eingeschaltet, so dass sie sich bei der matten Beleuchtung schnell zurechtfinden konnte. Sie blickte auf den Wecker, der neben der Liege auf dem Nachttisch stand. Zwei Uhr, um eins hatte sie sich schlafen gelegt. Gerade mal eine Stunde Schlaf war ihr vergönnt gewesen.
Sie hob ab und hörte, noch bevor sie sich meldete, die Stimme der Nachtwache unten an der Pforte: »Tut mir leid, Frau Doktor, ein Zugang für die Ambulanz, ein Mann mit Hundebissen. Die Sanitäter bringen ihn gerade hoch.«
»Danke«, erwiderte Sonja, »Sie können ja nichts dafür.« Sie legte auf, stand auf und zog sich an. Dann packte sie ihren Notrufapparat in die Tasche und trat auf den Flur, der hell erleuchtet war. Aus einem anderen Zimmer kam die Nachtschwester und nickte ihr freundlich zu. Weiter hinten ertönte eine Klingel.
Die Ambulanz lag eine Treppe tiefer, und als Sonja unten ankam, wurde gerade der ältere Mann hereingebracht, der ihr angekündigt worden war. Soweit Sonja auf den ersten Blick erkennen konnte, hatte er Bisswunden am linken Arm und linken Oberschenkel. Außerdem war er ganz offensichtlich betrunken und sehr schmutzig, und er widersetzte sich heftig den Sanitätern, die ihn ins Behandlungszimmer bringen wollten.
Es waren noch zwei zusätzliche Pfleger nötig, um ihn auf die Untersuchungsliege zu bugsieren, denn er wehrte sich mit Händen und Füßen.
Sonja brauchte über eine Stunde, um die Wunden zu reinigen, lokal zu betäuben und zu nähen. Immer wieder wand sich der Mann und versuchte aufzustehen. Das sterile Tuch fiel auf den Boden, sie musste neue Handschuhe anziehen und brauchte neues Besteck. Als sie schließlich fertig war, zitterte sie vor Erschöpfung. Sie stand auf und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen, dann ging sie aus dem Zimmer und ließ die Pfleger die letzten Verbände anlegen.
Sie wollte nur noch weg, raus aus der Ambulanz, sich in einem ruhigen Zimmer verkriechen und nichts mehr hören und sehen.
Dieser Wochenenddienst, der nun bald hinter ihr lag, war besonders anstrengend gewesen. Sie und ihr Kollege waren fast dauernd im Einsatz, und bereits die Nacht zuvor hatten sie beide nur wenige Stunden Schlaf bekommen. Sie betrat ihr Zimmer und warf sich, ohne sich auszuziehen, auf die Liege. Und so blieb sie bis zum Morgen liegen.
Am Montag früh nach der Übergabe trat Sonja durch die Drehtür der Klinik an der Alster nach draußen. Nur ganz nebenbei bemerkte sie die neue Dekoration im Türinneren. Sie war so müde, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte. Aber dann blieb sie doch stehen.
Ostern, dachte sie bestürzt, Blumen, bunte Eier, ein Hase. Ist es schon wieder so weit? Hatte sie den Frühling verpasst in den letzten Wochen? Ja, sie hatte ihn verpasst wie so vieles andere, und sie fühlte sich schon lange am Ende ihrer Kräfte. So konnte es nicht weitergehen. Aber sie war viel zu erschöpft, um irgendeinen Entschluss zu fassen.
Sie ging Richtung Parkplatz, atmete tief die laue Luft ein, die ihr mit einem leichten Wind entgegenblies, blieb stehen und schloss die Augen. Ja, es war Frühling, und er war schon fast wieder vorbei. Und sie hatte es kaum mitbekommen.
Die vielen Nachtdienste, die Wochenenden, die Arbeit in der Ambulanz der Chirurgie, auf der Station und vor allem im OP, all das hatte sie allmählich regelrecht aufgefressen. Und wenn sie dann zu Hause in ihrer kleinen Wohnung war, hatte sie sich vor dem Fernseher eingeigelt, vom Sofa ins Bett geschleppt und am nächsten Tag wieder in die Klinik.
Sie dachte daran, dass sie schon lange nicht mehr mit ihren Eltern telefoniert hatte, auch zum Briefeschreiben war sie meist zu müde, und der letzte Besuch hatte vor fast zwei Jahren stattgefunden.
All das ging ihr durch den Kopf, als sie langsam zu ihrem Auto lief. Es stand am Ende des Ärzteparkplatzes, neben den großen Limousinen der Oberärzte und der Chefärztin. Es war ein grauer Golf, ein Allerweltsauto. Passend für eine Assistenzärztin, dachte sie leicht spöttisch. Die Chefin fuhr einen Mercedes, aber sie war auch keine Assistentin mehr, die für wenig Geld viel arbeiten musste und die man beliebig zu den Operationen zum Hakenhalten einteilen konnte. Die meisten Kollegen waren Männer, und Hakenhalten war nicht gerade beliebt.
Nein, dachte Sonja, ich will keine Karriere machen und auch nicht das große Geld verdienen. Ich möchte den Menschen helfen, die nicht die Chance haben, einfach in ein Krankenhaus zu gehen und sich behandeln zu lassen, wenn es nötig ist. Schon immer war es ihr Entschluss gewesen, nach Ende der Ausbildung in Afrika zu arbeiten, um den Ärmsten der Armen zu helfen. Das war ihr Ziel, und das hatte sie nie aus den Augen verloren.
Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Autoschlüssel. Er fiel auf den Boden, und als sie ihn aufhob, geriet ihr der Schlüssel von Steffens Wohnung in die Finger. Ich muss ihn endlich mal vom Schlüsselbund entfernen, dachte sie unwillig, und irgendwo ablegen, wo ich ihn nicht mehr zu sehen bekomme – genauso wie unsere Liebe und die gemeinsame Zukunft. Steffen hatte es so gewollt mit seiner plötzlichen Entscheidung, eine eigene Praxis zu eröffnen und ihre gemeinsamen Afrika-Pläne einfach fallenzulassen. Und er war nicht bereit gewesen, für Sonja seine Meinung zu ändern.
Sie schloss die Tür ihres Wagens auf und setzte sich aufatmend hinters Steuer. Die nächsten vierundzwanzig Stunden konnte sie schlafen, solange sie wollte, und sie würde sich von niemandem stören lassen.
Natürlich hatte sie während der ganzen Jahre in der Klinik auch Freizeit gehabt und Urlaub, das letzte Mal über Silvester. Aber das war nun schon wieder fast vier Monate her. Damals war sie noch mit Steffen zusammen gewesen. Die Erinnerung daran war schön und schmerzhaft zugleich.
Denn nun war alles vorbei. Seit vier Wochen herrschte Funkstille zwischen ihnen, zornige, erbitterte Funkstille. Sonja war nicht bereit, ihm einen Schritt entgegenzukommen, den musste Steffen tun, nachdem er so rücksichtslos nur seine eigenen Interessen verfolgt hatte.
Sie dachte an die freien Wochenenden nach ihrem großen Streit, in denen sie es nicht geschafft hatte, entspannt und in Ruhe allein etwas zu unternehmen. Sie hatte zweimal Freunde besucht, was nicht gerade erholsam war, weil alle Themen, über die gesprochen wurde, für sie weit weg von ihren eigenen waren. Abends hatte sie sich in medizinische Lektüre für die Facharztausbildung vertieft, hatte die Wohnung aufgeräumt, war auch einmal in die Oper gegangen. All das hatte sie zwar ein wenig abgelenkt, aber nicht wirklich belebt.
Mit Steffen war sie immer ins Grüne gefahren. Er hatte sie einfach an die Hand genommen, ins Auto gesetzt und war mit ihr rausgefahren, an die Elbe, ins Alte Land, nach Friedrichstadt, dem Städtchen in holländischem Stil mit den Grachten, der flachen wunderbar grünen Landschaft und mit den vielen Radwegen. Sie waren gelaufen, bei Wind und Wetter, über Feldwege und am Wasser entlang, durch Wiesen und kleine Wälder. Und abends waren sie beide angenehm müde gewesen, aber gleichzeitig erholt, nicht so wie jetzt, wo sie nur noch Erschöpfung spürte.
Drei Jahre lang war sie mit Steffen zusammen gewesen. Steffen war Facharzt für Gesichts-und Kieferchirurgie – ist es noch, verbesserte Sonja sich in Gedanken – und sechzehn Jahre älter als sie, aber das machte ihn gerade so anziehend.
Sie legte die Hände in den Schoß und schaute in Gedanken versunken aus dem Fenster ihres Autos …
»Dr. Steffen Barenthin« hatte auf der Einladung zur Fortbildung gestanden, die sie vor drei Jahren auf ihrem Schreibtisch vorgefunden hatte. Und da sie an dem Thema interessiert war, hatte sie beschlossen hinzugehen. Er würde über Operationsmöglichkeiten bei Kindern mit Kiefer-Lippen-Gaumenspalten, sogenannten Hasenscharten, sprechen.
Es war ein lauer Sommerabend, und Sonja fuhr nach einem langen Tag in der Klinik gleich zum Seminar. Sie hörte dem Vortrag des Arztes aufmerksam zu. Er hatte die Gabe, seine Zuhörer eine Stunde lang zu fesseln, ohne dass Langeweile aufkam. Außerdem sah er gut aus mit den dichten dunklen Haaren, den braunen Augen und seinem sympathisch wirkenden Gesicht.
Nach seinem Vortrag gab es kleine Häppchen, und da Sonja seit dem Mittag nichts mehr gegessen hatte, legte sie sich eines dieser raffinierten belegten Schnittchen nach dem anderen auf einen Teller.
Erst als sie ein Lachen neben sich vernahm, wurde ihr bewusst, dass sie einen regelrechten kleinen Turm auf ihrem Teller aufgebaut hatte. »Endlich mal jemand, der ungeniert richtig zulangt«, sagte der Mann, der sich jetzt ebenso seinen Teller vollpackte. Und dieser Mann war Dr. Steffen Barenthin.
Er nahm mit einer leichten Bewegung ihren Arm und schob sie auf eine Sitzecke zu. »Leisten Sie mir doch Gesellschaft«, bat er. »Und wenn unsere Teller leer sind, holen wir Nachschub.«
Er wollte wissen, was für eine Ausbildung sie machte, und Sonja erzählte ihm von ihren Plänen.
Da einige Kollegen auf ihn zukamen, die noch Fragen an ihn hatten, verabschiedete Sonja sich und fuhr nach Hause.
Zwei Tage später rief er bei ihr in der Klinik an und fragte, ob sie Lust hätte, mit ihm in ein Musical zu gehen.
Und sie hatte Lust. Vier Wochen danach waren sie ein Paar.
Und nun war ihre Liebe gescheitert an den verschiedenen Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft.
Eigentlich an Steffens Verrat meiner Pläne, dachte sie, und der Zorn kam wieder hoch. Die Enttäuschung schmerzte immer noch, und das Gefühl, auf einmal einem fremden Mann gegenüberzustehen, der nicht bereit war, ihr mit einem Kompromiss entgegenzukommen …
Sonja gab sich einen Ruck und schüttelte unwillig den Kopf. Was saß sie hier in ihrem Wagen und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Das endete doch immer wieder bei Steffen, und das wollte sie nicht mehr.
Sie drehte den Rückspiegel zu sich und betrachtete ihr Gesicht – es war schmal und blass, mit dunklen Augenringen und einer Falte auf der Stirn. Die langen blonden Haare trug sie straff nach hinten geflochten und dort zusammengesteckt. Sie mochte es nicht, wenn sie ihr ins Gesicht fielen. Und im OP war es sowieso wichtig, die Haare unter der Haube zu verstecken. Sie drehte den Spiegel wieder zurück und verzog die Nase. Zurzeit gefiel ihr nicht einmal mehr ihr eigenes Gesicht.
Auf einmal war sie so müde, dass sie kaum die Augen offen halten konnte. Ihr Zorn war vor Erschöpfung verflogen. Sie startete den Motor, fuhr langsam vom Parkplatz und bog in die nächste Straße ein.
2
onjas Wohnung befand sich in einem Vorort von Hamburg – zwei Zimmer in der oberen Etage eines alten Mehrfamilienhauses. Sie konnte direkt davor parken, unter den Ahornbäumen, die die Straße säumten und erste grüne Blätter zeigten. Sie stieg aus und ging langsam den kurzen Weg zur Eingangstür entlang. Sie schloss die schwere Holztür auf, stieg die breite Treppe im großzügigen hellen Treppenhaus bis in den vierten Stock hoch, obwohl sie so erschöpft war und es einen Lift gab. Aber sie hatte sich vorgenommen, wenn möglich immer zu Fuß nach oben zu gehen, um nicht bequem zu werden.
Sie öffnete die Wohnungstür, stellte ihre Tasche auf den Tisch in der Diele, zog die Schuhe aus, räumte sie ins Regal und hängte den Mantel über den Bügel. Auch wenn sie müde war, Ordnung musste sein.
Steffen hatte seine Schuhe immer einfach abgestreift und unter den Tisch geschoben, und seinen Mantel über den Stuhl geworfen. Wenn sie ihn dann ermahnte, es genauso wie sie zu machen, hatte er nur gelacht, sie in den Arm genommen und gesagt: »Meine liebenswerte, ordentliche zweite Hälfte, von dir kann ich noch was lernen.«
Manchmal hatte sie dann auch gelacht, aber ab und zu war sie auch ärgerlich gewesen.
Jetzt wünschte sie sich, es wäre alles wieder so wie vor ihrem heftigen Streit, und Steffens Schuhe würden wieder unter dem Tisch liegen.
Sie betrat ihr Wohnzimmer, ließ sich aufs Sofa fallen und schloss die Augen. Sie liebte ihre Wohnung mit den hohen Stuckdecken, den großen Sprossenfenstern, Holzböden und den schönen alten Türen mit Messingbeschlägen. Das hatte ihr sofort gefallen. Das Schönste aber war das große helle Wohnzimmer mit der verglasten Veranda, in der man bei jedem Wetter sitzen konnte. Das Schlafzimmer war klein und die Küche schmal, für Sonja jedoch ausreichend, da sie eher selten kochte. Meist aß sie in der Klinik oder bei Steffen, der eine gutausgestattete Küche besaß und sie gern mit einem besonders guten Essen verwöhnte. Aber auch das war ja nun vorbei.
Sie öffnete die Augen und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, um die Müdigkeit wegzustreichen. Auf dem Couchtisch lag der von ihr angelegte Ordner mit allen Informationen über medizinische Projekte in Afrika. Sie wusste inzwischen genau, wohin sie wollte: Sie wollte auf einer der schwimmenden Kliniken arbeiten, die von der christlichen Vereinigung Mercy Ships in die Entwicklungsländer geschickt wurden, um dort kostenlos den kranken Bewohnern zu helfen. Zwei dieser Schiffe, die Anastasis und die Caribbean Mercy, waren bereits viele Jahre im Einsatz. Jetzt gab es ein neues Schiff, die Africa Mercy, das in Westafrika stationiert war.
Als sie Steffen vor drei Jahren kennengelernt hatte, war es ihr größter Wunsch gewesen, dass er mit ihr gehen würde. Und er war auch keineswegs abgeneigt gewesen. Aber er hatte gemeint, sie solle zuerst einmal ihre Ausbildung zu Ende machen. Doch in den letzten Monaten hatte er sich immer wieder über seinen Arbeitsplatz an der Uni-Klinik beklagt, und gesagt, dass er irgendwann einmal kündigen und eine eigene Praxis aufmachen würde.
Sonja war nicht sicher gewesen, wie ernst er das meinte, aber sie hatte im Stillen gedacht, er würde sich dann schon bereit erklären, zuerst zwei oder drei Jahre mit nach Afrika zu kommen, wenn es so weit war. Und danach könnte er sich dann irgendwo niederlassen, und sie könnten vielleicht sogar zusammen in seiner Praxis arbeiten. Auf jeden Fall hatte ihr immer, wenn sie am Rande ihrer Kräfte war, der Gedanke an Afrika wieder Mut gemacht. Und mit Steffen an ihrer Seite fühlte sie sich stark genug, dort auch schwierige Zeiten zu überstehen. Wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, hatte sie, bevor sie ihn kennenlernte, manchmal an ihrer eigenen Entschlossenheit gezweifelt. Allein in Afrika, umgeben von fremden Menschen und konfrontiert mit einer riesigen Verantwortung, dieser Gedanke erschreckte sie. Sobald sie sich jedoch vorstellte, den Schritt mit Steffen zusammen zu wagen, waren diese Zweifel verschwunden gewesen.
Und dann, an diesem schrecklichen Montagmorgen vor vier Wochen, war Sonja nach einem langen, anstrengenden Wochenenddienst erschöpft in Steffens Wohnung gegangen, um sich auszuschlafen, da bei ihr im Haus die Handwerker zu Gange waren.
Als sie das Wohnzimmer betrat, saß er auf dem Sofa und blickte sie ernst an.
»Warum bist du zu Hause?«, fragte sie erstaunt, »bist du krank?«
Er fuhr sich mit den Händen durch die dunklen kurzen Haare und schüttelte den Kopf. »Nein, ich muss mit dir reden.« Er sah bedrückt aus, nicht so unbekümmert wie sonst.
Sie seufzte und setzte sich neben ihn.
»Kann das nicht warten, bis ich mich ausgeschlafen habe?«, antwortete sie gereizt.
»Es geht um eine wichtige Entscheidung.« Er legte seine Hand auf ihre, und sie spürte seine Wärme, die ihr immer Trost gespendet und in der sie sich geborgen gefühlt hatte.
Und dann hatte er ihr etwas mitgeteilt, was sie mit einem Schlag aus jeder Geborgenheit herausriss. Er hatte ganz kurzfristig die Möglichkeit bekommen, in eine Praxis für Kieferchirurgie mit einzusteigen, die ein Kollege vor einem halben Jahr eröffnet hatte.
»Du willst in der Klinik kündigen?«, fragte sie fassungslos, »und dich niederlassen? Aber das hattest du doch erst in ein paar Jahren geplant.« Hatte sie irgendwas falsch verstanden? Vielleicht hatte sie vor lauter Müdigkeit nur die Hälfte von dem mitbekommen, was er gesagt hatte. »Wir wollten doch nach Afrika gehen, wenn ich fertig bin. Mit einer eigenen Praxis kannst du bestimmt nicht mehr so lange weg?«
Er legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. »Das mit Afrika war immer eine Option, aber nie fest beschlossen. Und die Chance jetzt ist einmalig für mich, ich fühle mich schon lange nicht mehr wohl in der Klinik, das weißt du. Ich möchte selbständig arbeiten und entscheiden können.«
Sonja löste sich von ihm. »Das kannst du nicht machen«, schrie sie ihn an, »darauf habe ich seit Jahren hingearbeitet. Und du als Kieferchirurg könntest auf einem der Schiffe genauso hilfreich sein wie eine allgemeine Chirurgin.«
»Hör mir bitte zu, Sonja«, sagte er eindringlich und zog sie wieder zu sich heran. »Ich sehe doch, wie du dich abquälst mit deiner Facharztausbildung, du bist nur noch müde und kaputt. Und die Arbeit auf so einem Schiff ist noch anstrengender als der Klinikalltag hier. Du könntest deine Ausbildung abbrechen, bei einem Chirurgen, der eine ambulante Praxis hat, mitarbeiten, in Teilzeit, ohne Nacht- und Wochenenddienste. Und wir könnten heiraten und Kinder bekommen. Du weißt, dass ich mir das schon lange wünsche.«
Nein, das kann nicht sein, dachte Sonja, das kann er nicht im Ernst meinen, er konnte doch nicht einfach von heute auf morgen ihre ganze Zukunft umwälzen. Sie würde ihren langjährigen Traum nicht aufgeben, nicht aus einer Laune heraus, wie sie es Steffen unterstellte. Sie war der Meinung, dass Hilfe für diese armen, oft seit Jahren leidenden Menschen sinnvoller sei und ein ausgefüllteres Leben garantieren würde, als jetzt schon zu heiraten und Kinder zu kriegen. Zumindest für die nächsten Jahre.
»Das geht nicht«, erwiderte sie aufgebracht. »Ich will mit dir zusammen einige Jahre in Afrika arbeiten, bevor wir eine Familie gründen. So hatten wir es abgemacht.«
»Ich bin Mitte vierzig«, hatte Steffen entgegnet, »ich möchte nicht unbedingt ein Vater sein, der bereits ein halber Opa ist. Ich habe in den letzten Wochen wirklich lange darüber nachgedacht. Warum sollen wir unsere Pläne nicht ändern? Sonja, sei doch vernünftig. Ich liebe dich, ich möchte uns hier eine Existenz aufbauen, und dazu haben wir jetzt die einmalige Gelegenheit. Und ich möchte nicht, dass wir beide vor lauter Arbeit nicht zum Leben kommen, weder hier noch in Afrika.«
Sonja war so wütend und enttäuscht gewesen, dass sie aufstand und im Zimmer hin- und herlief. Er hatte sich schon länger Gedanken über eine ganz andere gemeinsame Zukunft gemacht, ohne ihr ein Wort davon zu sagen? Und nun stellte er sie vor eine vollendete Tatsache, und sie durfte dazu nur ja und amen sagen? Nein, das konnte nicht wahr sein, das konnte ganz unmöglich sein Ernst sein.
Aber es war sein Ernst.
Sie hatten weiter gestritten, heftig und immer lauter, und sich nicht einigen können. Beide hatten auf ihrem Standpunkt beharrt, zunehmend verbittert, und Sonja hatte Steffen mangelnde Liebe und Egoismus an den Kopf geworfen, und dann war sie plötzlich aufgestanden, hatte ohne ein weiteres Wort ihre Tasche genommen und war gegangen.
Steffen und sie waren beide zutiefst verletzt, unglücklich und verbohrt gewesen, als sie sich damals getrennt hatten. Vor allem, weil nicht ihre Liebe abhandengekommen war, sondern weil sie auf einmal so unvereinbare und unverrückbare Zukunftsvorstellungen hatten. Und weil keiner von beiden nachgeben wollte. Sie wusste das, aber sie wusste nicht, wie sie aus dieser ausweglosen Situation wieder herauskommen sollten.
Das alles war vor vier Wochen passiert, und sie hatten sich danach nicht mehr gesehen und auch nicht mehr miteinander gesprochen. Sonja hatte am Anfang in jeder freien Minute am Telefon gesessen und gehofft, Steffen würde anrufen und ihr sagen, dass er in diese Praxis nun doch nicht einsteigen würde. Und dass er bereit sei, mit ihr einige Zeit nach Afrika zu gehen. Immer wieder hatte sie den Telefonhörer in die Hand genommen und schließlich doch wieder aufgelegt. Steffen war derjenige, der ihre gemeinsamen Pläne verraten hatte, und er musste zurückrudern und sich melden, nicht sie.
Sie stürzte sich weiter in ihre Arbeit und versuchte, nicht mehr an Steffen zu denken. Sie würde aufs Schiff gehen, das stand fest! Und vielleicht würde sie dann dort einen Mann kennenlernen, der ihre Aufopferung für so ein Projekt verstehen und teilen konnte. Steffen wünschte sie eine schnelle Pleite mit der neuen Praxis. Aber diese Gedanken waren leider überhaupt kein Trost.
Einmal war sie zu dem Gebäude gegangen, wo der Kollege von Steffen sich niedergelassen hatte. Sie hatte Steffen von weitem gesehen, als er aus den Praxisräumen kam. Er hatte also seine Pläne bereits in die Tat umgesetzt, ohne noch einmal zu versuchen, mit ihr zusammen eine annehmbare Lösung für sie beide zu finden. Aber er sah blass und schmal aus, blickte ernst drein. Es ging ihm nicht gut. Daran war er selbst schuld. Sie war noch immer wütend über seinen Verrat, doch sie spürte auch einen Schmerz im Inneren, den sie schnell verdrängte. Dann war sie weitergegangen. Es war endgültig vorbei, es hatte zu viele Scherben gegeben, zu viel Enttäuschung.
3
onja stand von ihrem Sofa auf und ging in die Küche, um sich einen Tee zu machen.
Schon so oft hatte sie sich vorgenommen, nicht mehr an Steffen zu denken, aber dann kamen die Gedanken ganz von allein, vor allem, wenn sie müde war. Und das war in den letzten Wochen viel zu oft der Fall gewesen.
Es war eine Müdigkeit, die nicht nur von der Arbeit herrührte, sondern auch mit der Trennung zu tun hatte. Und, ob sie es wollte oder nicht, es kamen auch Zweifel, in letzter Zeit immer wieder, Zweifel, ob sie wirklich diese Facharztausbildung zu Ende machen sollte. Ein Jahr musste sie noch überstehen. Manchmal dachte sie daran, alles hinzuwerfen und etwas ganz anderes anzufangen.
Sie füllte Wasser in den Wasserkocher und hängte einen Beutel mit Fencheltee in die bauchige, geblümte Kanne, dann setzte sie sich auf den Küchenstuhl und wartete, bis das Wasser brodelte und der Kocher sich mit leisem Klicken ausschaltete.
Ihr war klar, dass es immer Zeiten gab, in denen man einen Tiefpunkt erlebte, und dass man diese Zeiten einfach überstehen musste. Aber doch bitte nicht an allen Fronten gleichzeitig! Zusätzlich zu ihrer Beziehungskatastrophe und den Ängsten vor dem Afrika-Einsatz konnte sie nicht auch noch Zweifel an ihrer Ausbildung gebrauchen, die ihre gesamte Planung durcheinanderzubringen drohten. Als der Tee lange genug gezogen hatte, nahm Sonja eine Henkeltasse vom Regal und ging mit Kanne und Tasse zurück ins Wohnzimmer. Dort schenkte sie sich den heißen, duftenden Tee ein und trank einen kleinen Schluck. Er war noch zu heiß, also legte sie sich aufs Sofa und wartete, dass er abkühlte.
Sie schob sich ein Kissen unter den Kopf, schloss die Augen und schlief sofort ein.
Nicht mal die Hausschuhe hatte sie abgestreift. Sie schlief tief und fest, während draußen ein sonniger Frühlingstag anbrach.
Drei Stunden später wurde Sonja vom Klingeln des Telefons geweckt.
Ein wenig benommen stand sie auf, holte den Hörer und machte es sich wieder auf dem Sofa bequem. Ihr ging es nach diesem Vormittagsschlaf schon besser.
»Hallo, Sonja«, meldete sich ihre Schwester, »ich wollte nur mal hören, wie’s dir geht. Du hast in der letzten Zeit so bedrückt geklungen. Ist es immer noch wegen Steffen?«
Sonja seufzte unwillkürlich tief auf. Mit ihrer Schwester Moni verstand sie sich gut. Obwohl diese sich für ein ganz anderes Leben entschieden hatte. Moni war eine begeisterte Hausfrau und Mutter und glücklich mit ihrer Familie. Eigentlich fast beneidenswert, dachte Sonja oft, sie ist einfach glücklich und zufrieden mit dem, was sie hat.
»Nein, oder doch, auch«, antwortete sie. »Ach, Moni, ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Ich bin auf einmal gar nicht mehr so sicher, dass die Chirurgie das Richtige für mich ist. Vielleicht ist es die viele Arbeit, die Nachtdienste. Mir fehlt auch die Zeit, mal eine Weile am Bett der Patienten zu sitzen und mich mit ihnen zu unterhalten, etwas über sie und ihre Familie zu erfahren. Es ist alles so unbefriedigend. Ich möchte nicht nur die Anatomie der Patienten kennen, die operiert wurden. Kannst du das verstehen?«
»Aber ja, mir würde es genauso gehen«, erwiderte Moni. »Das scheint mir ja eine handfeste Krise zu sein, in der du da gerade steckst. Von Steffen hast du dich getrennt, und nun auch noch Probleme mit der Chirurgie. Und was machen deine Afrika-Pläne?«
»Die sind immer noch aktuell, es dauert aber noch ein Jahr, bis ich so weit bin. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch durchhalte.«
»Du bist urlaubsreif,« sagte Moni. »Du brauchst Zeit zum Nachdenken. Kannst du nicht über Ostern frei machen? Komm zu uns ans Meer. Du kannst unser Gästezimmer haben und so lange bleiben, wie du willst. Und zu den Eltern sind es nur fünf Minuten. Die Kinder würden sich freuen, wir könnten lange Spaziergänge machen, Werner kocht uns was Gutes. Und du hättest Zeit, über dein Leben, deine Entscheidungen und deine Zukunft nachzudenken.«
Sonja lehnte sich auf dem Sofa zurück. Es war schon ein verlockender Gedanke, über Ostern ans Meer zu fahren, nach Haffkrug, wo sie aufgewachsen war. Sich dort verwöhnen zu lassen, Zeit und Ruhe zu haben.
Andererseits war das mit Ruhe bei Moni eher nicht der Fall, denn ihre drei Kinder zwischen zwei und sechs Jahren waren eine lebhafte kleine Rasselbande. Und wenn dann die Rede auf Steffen kam, würde sie ihrer großen Schwester bestimmt wieder energisch zureden, diesen wunderbaren Mann endlich zu heiraten, eine Familie zu gründen und ein kleines Haus am Meer zu bauen, mit Oma und Opa in der Nähe. Moni war eine unkomplizierte, ausgeglichene junge Frau, für sie gab es keine Zweifel, keine Tiefpunkte, sie stand mit beiden Beinen fest im Leben.
»Ich weiß nicht«, gab Sonja zögernd zurück. »Im Moment weiß ich überhaupt nichts, aber ich denke darüber nach. Vielleicht wäre es wirklich gut, zu euch zu kommen. Einen Versuch ist es schon wert. Ich muss wieder festen Boden unter den Füßen bekommen. Ich war mir immer sicher, wie mein Leben aussehen soll, und nun bin ich es gar nicht mehr. Kannst du dir das vorstellen? Ich, die ich ganz genau wusste, was ich werden, wo und als was ich arbeiten wollte. Daran ist auch Steffen schuld. Man sollte sich einfach nicht in einen Mann verlieben, der ganz andere Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft hat.«
»Du weißt, dass du bei uns immer willkommen bist, und dann werden wir alle zusammen schon herausfinden, wo es bei dir hakt«, versuchte Moni, sie aufzumuntern.
Als Sonja aufgelegt hatte, blieb sie noch eine Weile nachdenklich sitzen. Das Meer, der Strand, die Weite, die Ruhe, wie lange war sie nicht mehr in Haffkrug gewesen? Einen Spaziergang mit dem Vater nach Scharbeutz oder Sierksdorf machen, immer am Wasser entlang, über angeschwemmtes Holz steigen und Steine und Muscheln sammeln, wann hatte sie das zuletzt gemacht? Kurz nach ihrem bestandenen Examen war sie zwei Wochen zu den Eltern gefahren, und dann später noch einmal mit Steffen. Das war vor zwei Jahren gewesen.
Seit sie mit Steffen zusammen war, hatte es sie im Urlaub immer in den Süden gezogen – Italien, Korsika, Kreta, wunderschön, mit vielen Erlebnissen und unvergesslichen Eindrücken –, aber eben doch nicht wie zu Hause.
Und nun? Zurück an den Ort ihrer Kindheit und Jugend, um sich Gedanken über ihr weiteres Leben zu machen? Vielleicht würde sie dort tatsächlich wieder ein wenig zur Ruhe kommen.
Aber nicht zu Moni, dort hatte sie vielleicht viel Ablenkung, aber richtig Zeit zu einem ungestörten Gespräch würde sie nicht bekommen, das wusste Sonja jetzt schon. Und die Eltern? Sollte sie sich lieber bei den Eltern einquartieren? Der Vater würde ihr seine neuesten Holzerzeugnisse vorführen. Er war Schreiner und hatte sich im Ruhestand auf Schaukelpferde, Kinderstühle und Spielzeug spezialisiert, die er immer vor Weihnachten auf dem Markt verkaufte. Ob er Verständnis für ihre Probleme hätte? Und die Mutter, mit ihr wollte Sonja eigentlich nicht über ihre Zweifel sprechen, sie war schon immer gegen die Chirurgie und das Schiff gewesen. »So weit weg«, hatte sie immer wieder gesagt, »und dann die schlimmen Zustände dort. Im Fernsehen sieht man ja, wie diese Menschen leiden, wie grausam entstellt sie sind. Warum bleibst du nicht hier und arbeitest bei Dr. Walter in seiner ambulanten Praxis mit? Dann kannst du in deiner Freizeit immer ans Meer, das liebst du doch so.«
Sonja stand auf und trat ans Fenster. Drüben in dem kleinen Park mit den alten, hohen Weiden saßen einige Mütter in der Sonne, die Kleinen spielten im Sand. Die Bäume bekamen schon die ersten, ganz zart hellgrünen Blätter, und in einem Beet blühten weiße Narzissen und rote Tulpen, in einem anderen standen gelbe Tulpen inmitten von himmelblauen Vergissmeinnicht.
Sie fuhr jeden Tag an diesem Park vorbei, aber sie war noch kein einziges Mal dort spazieren gegangen. Warum eigentlich nicht? Was hatte sie denn bisher noch alles versäumt?
Seit der Trennung von Steffen hatte Sonja an keinen Ausflug mehr gedacht, geschweige denn einen unternommen. Was hätte sie auch tun sollen? Allein wegfahren? Irgendwo herumsitzen oder sich etwas anschauen? Mit einer Freundin etwas unternehmen? Es gab keine, mit der sie übers Wochenende hätte verreisen können oder wollen. Also sollte sie doch nach Haffkrug fahren? Aber das wollte sie erst noch ein paarmal überschlafen, so richtig dafür entscheiden konnte sie sich noch nicht. Ein Kurzbesuch, ja, kein Problem, doch für länger? Was sollte sie zwei oder drei Wochen dort machen?
Sie wandte sich vom Fenster ab. Zuerst einmal musste sie mit der Chefärztin sprechen, ob sie überhaupt Urlaub nehmen konnte und wer sie so lange auf ihrer Station vertreten könnte. Beinahe hätte sie sich gewünscht, dass in den nächsten Wochen keine Möglichkeit bestand freizunehmen und sie einfach so weiterarbeiten, ihre Zweifel beiseiteschieben und nicht darüber nachdenken konnte, ob ihre Entscheidung für die Chirurgie und Afrika richtig war oder nicht.
Aber sie wusste auch, dass es jetzt an der Zeit war, mit sich ins Reine zu kommen, und aufschieben nichts besser machte. Also würde sie sich ihren Problemen stellen.
4
ls Sonja Dienstag früh das Dienstzimmer auf ihrer Station betrat, kam Dr. Stein sofort auf sie zu. »Die Chefin will dich sehen, möglichst gleich«, teilte er ihr mit. »Ich halte hier so lange die Stellung.«
»Die Chefin?« Sonja sah ihn erstaunt und etwas beunruhigt an. »Was will sie denn?«
»Keine Ahnung«, erwiderte er.
Sonja zögerte kurz, dann wandte sie sich um und ging hinaus. Das Büro der leitenden Chirurgin lag im zweiten Stock. Sonja klopfte, und Frau Dr. Frey öffnete ihr die Tür. Sie war eine gutaussehende Frau Anfang sechzig, mit kurzem grauen Haar und stämmiger Figur. Durch ihre randlose Brille schaute sie Sonja ernst an. »Setzen Sie sich«, bat sie und ging zu ihrem Schreibtisch. »Es ist etwas vorgefallen, das vielleicht unangenehme Folgen haben könnte.«
Sonja erschrak. Was konnte passiert sein? Frau Dr. Frey blickte eine Weile schweigend auf ihre Hände, die mit einem Bleistift spielten, dann sagte sie: »Sonntagnacht haben Sie einen Patienten mit Hundebissen versorgt. Er ist gestern Morgen wiedergekommen, seine Frau hat ihn gebracht. Einige der Wunden haben sich entzündet und eitern. Wir mussten sie wieder öffnen, das war nicht weiter besorgniserregend. Aber der Patient hatte hohes Fieber und einen steifen Nacken. Als ich mir die Unterlagen angeschaut habe, habe ich gesehen, dass Sie den Tetanusschutz als ausreichend abgezeichnet haben. Der Patient hat also weder eine Impfung noch ein Antiserum verabreicht bekommen. Wie konnte das passieren?«
Sie blickte auf und zog die Augenbrauen zusammen. Ihre Miene drückte Unverständnis und Vorwurf aus.
»Ich habe ihn danach gefragt«, erklärte Sonja. »Und er hat gesagt, er habe vor vier Wochen eine Verletzung an der linken Hand gehabt und in diesem Zusammenhang beim Arzt zwei Spritzen gekriegt. Ich bin davon ausgegangen, dass eine Tetanusimpfung erfolgt war. Er wollte sich auf keinen Fall hier eine Injektion geben lassen und hat sich so heftig gewehrt, dass die Pfleger ihn kaum halten konnten. Also dachte ich, seine Angaben entsprachen der Wahrheit, und ich wollte auch, dass die Situation nicht völlig aus dem Ruder lief.« Schon während sie sich rechtfertigte, wusste sie, dass dies ein großer Fehler gewesen war.
»In dem Impfausweis, den seine Frau vorlegte, war die letzte Eintragung vor vier Jahren. Und sie hat gesagt, dass er nicht beim Arzt gewesen wäre, sie hätte die Wunde selbst verbunden. Sonja, der Mann war betrunken. Wie konnten Sie so etwas machen? Er hatte mehrere tiefe Hundebisse, er hätte auf jeden Fall ein Antiserum bekommen müssen, egal, was er gesagt oder gemacht hat. Wir haben ihn sofort in die Uniklinik überwiesen, und ich kann nur hoffen, dass die Kollegen dort die Infektion eindämmen können, ob es nun Wundstarrkrampf ist oder etwas anderes. Mal abgesehen davon, dass so ein Versäumnis nicht gerade ein gutes Licht auf unsere Abteilung wirft, und auf mich.«
Sonja wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie war übermüdet gewesen, aber das war keine Entschuldigung. Jetzt nachträglich kam es ihr selbst unverantwortlich vor. Hatte der Mann tatsächlich eine Tetanusinfektion, dann konnte das lebensgefährlich sein.
»So, ich habe einen Entschluss gefasst. Ich hatte sowieso vor, in den nächsten Tagen mit Ihnen zu reden, Sonja«, fuhr Dr. Frey fort. »Es gibt da einiges, über das ich mir schon länger Gedanken mache.« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Ich habe gemerkt, wie abgekämpft und erschöpft Sie in letzter Zeit oft waren, und ich bin mir nicht sicher, ob die Chirurgie überhaupt das Richtige für Sie ist. Ich meine die allgemeine Chirurgie in einer Klinik mit den Notfällen und verschiedenen Operationen. Sie hatten ein paarmal Kreislaufprobleme im OP, das macht mir natürlich Sorgen. Haben Sie schon einmal daran gedacht, diese Ausbildung abzubrechen und sich zu spezialisieren? Zum Beispiel auf Handchirurgie? Sie sind sehr geschickt, und Sie können sich gut konzentrieren. Bei dieser Tätigkeit kann man sitzen, und anstrengende Nachtdienste gibt’s auch nicht.«
»Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen können«, erwiderte Sonja. »aber ich möchte, wenn ich fertig bin, auf einem der Mercy-Schiffe mitarbeiten.«
Frau Dr. Frey hob erstaunt die Brauen. »Ach, so ist das. Davon haben Sie ja noch gar nichts erzählt.«
»Das ist schon lange mein Wunsch«, sagte Sonja leise.
»Waren Sie schon mal dort? Es ist, soviel ich weiß, auf dem Schiff noch anstrengender als in der Klinik«, gab die Ärztin zu bedenken.
»Ja, nach dem Staatsexamen hatte ich die Möglichkeit, mir zwei Wochen lang einen Eindruck von so einem Klinikschiff zu verschaffen. Ich kenne die Arbeit, und ich weiß, wie belastend sie sein kann. Aber das hat mich bisher nicht von meinem Entschluss abgebracht, dort anzuheuern. Nur …«, Sonja hielt inne. Sollte sie ihrer Chefin von Steffen erzählen?
Dr. Frey sah sie aufmerksam an. »Nur zu«, bat sie ermunternd, »dieses Gespräch scheint mir sehr wichtig zu sein. Wir hätten schon früher miteinander reden sollen. Das hier Gesagte wird diesen Raum nicht verlassen. Sie müssen also nicht fürchten, dass ich etwas davon weitererzähle, wenn Sie es nicht wollen.« Ihre Miene war nun nicht mehr so streng und ernst, sondern mitfühlend und interessiert.
Sonja holte tief Luft. »Mein Freund, mit dem ich drei Jahre zusammen war, wollte eigentlich mit mir kommen. Zumindest habe ich das geglaubt, denn er hat es nie wirklich abgelehnt. Aber vor vier Wochen hat er mir völlig unerwartet erklärt, dass er hier in eine Praxis einsteigen will, und gemeint, ich solle mir die Afrika-Pläne aus dem Kopf schlagen. Ich fühle mich jetzt im Stich gelassen, und alle wollen es mir ausreden, wenn er nicht mitkommt.«
»Und nun ist das Ganze eine völlig verfahrene Geschichte, stimmt’s?«
»Ja, wir haben uns nach einem schlimmen Streit getrennt.«
Dr. Frey erhob sich und ging hinter ihrem Schreibtisch ein paar Schritte hin und her. Dann wandte sie sich wieder zu Sonja um. Durch das Fenster hinter ihr fielen Strahlen der hellen Frühlingssonne und gaben dem Zimmer eine warme Atmosphäre, so dass Sonja sich auf ihrem Stuhl zurücklehnte und sich auf einmal entspannter fühlte.
»So sieht das also aus«, meinte Dr. Frey und setzte sich wieder hin. »Gut, ich habe Ihnen vorhin gesagt, dass ich einen Entschluss gefasst habe. Nach dem, was Sie mir gerade erzählt haben, bin ich sicher, es wird das Richtige für Sie sein, nicht nur wegen dieses Mannes mit den Hundebissen. Ich habe gesehen, dass Sie noch jede Menge Urlaub haben. Ich möchte, dass Sie eine Auszeit nehmen, und zwar sofort, vier Wochen irgendwohin fahren, wo Sie sich erholen können, und darüber nachdenken, was für Sie der richtige Weg ist, die Chirurgie, das Schiff, vielleicht doch bei Ihrem Freund bleiben, heiraten, ich weiß nicht. Der neue Kollege Dr. Stein ist nun so weit, dass er Ihre Station übernehmen kann.«
Sie machte eine Pause und drehte nachdenklich den Stift in ihren Fingern. »Ich möchte Sie nicht von Ihrer großen Hilfsbereitschaft für diese armen Menschen abbringen«, fuhr sie fort. »Ich möchte nur nicht, dass Sie sich von Zweifeln zermürben lassen, sondern den Weg finden, der für Sie der eindeutig richtige ist. Wenn Sie nach Ihrem Urlaub zurückkommen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie sind ganz sicher, dass die Chirurgie und die Arbeit auf dem Schiff das Richtige für Sie sind, dann gehen Sie wieder mit neuem Mut an Ihre Zukunftspläne und werden das letzte Jahr Ihrer Ausbildung meistern. Oder aber Sie stellen fest, dass etwas anderes besser ist, was immer das auch sein mag – vielleicht doch die Handchirurgie oder eine Familie und Ihr Freund. Was meinen Sie dazu?«
Sonja zögerte, senkte den Blick und schüttelte kaum merklich den Kopf. Dann blickte sie hoch in die aufmunternde Miene von Dr. Frey und holte tief Luft. »Das kommt alles so plötzlich«, flüsterte sie. Sonja hatte das Gefühl, eine Welle würde über ihr zusammenschlagen. Für einen Moment wusste sie nicht, wo oben und wo unten war. Sie musste nach Luft ringen. Vier Wochen ohne ihre Arbeit, die ihrem Tag Struktur gab und sie von ihren Gedankenstrudeln ablenken konnte. »Sie meinen wirklich sofort, gleich ab heute?« Was sollte sie mit dieser langen Zeit anfangen, wenn sie nicht einmal die Möglichkeit hatte, einen Plan dafür zu schmieden?
»Allerdings.« Panik stieg in Sonja auf. Der Gedanke daran, von heute auf morgen nichts Konkretes zu tun zu haben, schnürte ihr die Kehle zu. Monis Anruf fiel ihr ein. Vielleicht war das ein Wink des Schicksals, vielleicht sollte sie wirklich nach Hause fahren, einmal alles in Ruhe überdenken und auch wieder mehr auf ihre Gesundheit achten. Sie spürte den erwartungsvollen Blick von Dr. Frey auf sich.
»Also gut«, murmelte sie, »wenn Sie meinen …«
»Ich meine.« Dr. Frey lächelte freundlich. »Seien Sie gewiss, Sonja, egal, welche Entscheidung Sie treffen, ich werde sie akzeptieren. Mir ging es selbst einmal ähnlich, vor Jahren, als ich die Chefarztstelle hier angeboten bekam. Ich hatte auf einmal große Bedenken, obwohl es immer mein Ziel gewesen ist, ganz nach oben zu kommen. Ich wusste nicht, ob ich es schaffe. Damals hat mir mein Mann sehr geholfen, zu einem Entschluss zu kommen. Ich hoffe, Sie haben jemanden, mit dem Sie sprechen können. Ich habe meine Entscheidung nie bereut, allerdings auch auf Kinder verzichtet. Jeder muss eben sein ganz eigenes Leben finden, das ist das Wichtigste. Und nun wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub und gute Erholung, und am Ende viel neue Kraft und hoffentlich eine ganz klare Sicht auf Ihre Zukunftspläne. Und was Ihr Versäumnis Sonntagnacht betrifft, ich denke, Sie werden durch diesen Fehler wieder sorgfältiger und achtsamer bei allen Behandlungen sein. Ich habe übrigens heute Morgen in der Uniklinik angerufen. Bei dem Patienten besteht keine Lebensgefahr.«
Als Sonja ins Stationszimmer zurückkam, schaute der Kollege Stein hoch und wollte wissen: »Na, war’s schlimm? Die Chefin hat sich gestern furchtbar aufgeregt über diesen Patienten mit den Hundebissen. Aber ich glaube nicht, dass er wirklich eine Tetanusinfektion hat. Was hat sie dir denn verordnet?«
»Vier Wochen Auszeit, ab sofort«, antwortete Sonja bedrückt.
»Na, das ist doch gar nicht so schlecht«, meinte Stein. »Vier Wochen ausschlafen und Zeit für sich haben. Beneidenswert. Wohin willst du denn fahren? Berge, Meer oder Palmenstrand?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Sonja. »Ich kann nur hoffen, dass mir etwas einfällt, sonst wird das Ganze eine Katastrophe, und ich bin nach einer Woche schon wieder hier.« Sie sah seufzend aus dem Fenster. Draußen schien die Sonne, ein paar weiße Wolken schoben sich über den Himmel Richtung Norden. Vielleicht sollte sie sich auf eine setzen und dann irgendwo abspringen, wo all das zu finden war, was sie jetzt brauchte: einen ruhigen Ort zum Nachdenken, einen Menschen, mit dem sie reden konnte, und viel Weite, um Spaziergänge machen zu können, die ihrer Seele und ihrem Körper guttun würden. Dummerweise war es nicht möglich, sich von einer Wolke an einen solchen Ort tragen zu lassen. Trotzdem nahm irgendwo in ihrem Hinterkopf ein Gedanke Form an. Sie konnte ihn noch nicht recht fassen, hatte aber das sichere Gefühl, den geeigneten Platz bereits zu kennen. Bevor sie den Gedanken präzisieren konnte, legte ihr der Kollege die Krankenakten vor. »Die müssen wir noch durchackern, bevor du gehst«, sagte er, »also an die Arbeit.«
5
rst am Abend, als Sonja es sich zu Hause auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte, um über alles nachzudenken, was an diesem Tag passiert war, fiel ihr wieder ein, dass es da in ihrem Hinterkopf eine Idee gegeben hatte. Mit einem Schlag hatte diese Idee einen Namen: Anne. Anne war während der Schulzeit ihre beste Freundin gewesen. Sie hatten beide die gleiche Musik gehört, für Nena geschwärmt und sich genauso angezogen wie ihr Idol. Als sie vierzehn waren, waren beide klebengeblieben, wie man damals sagte, und mussten eine »Ehrenrunde« drehen. Anne hatte damals direkt an einer lauten Bundesstraße noch hinter dem Pönitzer See gewohnt. In den Sommerferien durfte sie immer für drei Wochen zu Sonja nach Haffkrug ziehen. Die beiden Mädchen liebten das Meer. Beinahe täglich hatten sie lange Strandspaziergänge unternommen, von denen sie immer etwas mitgebracht hatten – eine besonders schöne Muschel oder einen Stein, oder ein bizarr geformtes Holzstück. In Sonjas altem Kinderzimmer in ihrem Elternhaus lagen noch heute all die Fundstücke in einem Regal.
Als die Schulzeit zu Ende war, zog Anne mit ihrer Familie nach Süddeutschland. Sie hatten sich zwar versprochen, immer Freundinnen zu bleiben, sich zu schreiben und sich mindestens einmal im Jahr zu sehen, doch im Lauf der Zeit hatten sie sich aus den Augen verloren. Bis vor drei oder vier Jahren ein Brief in Haffkrug eintraf, den Sonjas Mutter direkt an ihre Tochter nach Hamburg weiterschickte. Anne schrieb, sie habe geheiratet. Da ihr Mann von Amrum käme, habe sie sich endlich ihren Traum erfüllen und ans Meer ziehen können. Sie besaßen dort eine kleine Ferienpension. Sonja erinnerte sich, dass Anne ihr angeboten hatte, sie doch einmal zu besuchen, wenn sie Lust hätte. Sie sei jederzeit herzlich willkommen.
Sonja hatte damals kurz geantwortet und sich bedankt. Sie würde gern einmal kommen, allerdings habe sie mit der Ausbildung schrecklich viel zu tun und könnte noch keinen Termin zusagen. Sie wollte sich melden, hatte sie geschrieben. Anne hatte sich dann noch einmal zu Weihnachten gemeldet. Sonja wusste nicht einmal mehr, ob sie wenigstens einen kleinen Gruß zurückgesandt hatte. Sie schämte sich. Der Kontakt war wieder abgebrochen, und es war ihre Schuld.
Aber nun war da diese Idee: Amrum. Wie wäre es mit Amrum? Es wäre wunderbar, Anne wiederzusehen. Ob sie sich wohl verändert hatte? Sonja hatte sie als ruhiges junges Mädchen in Erinnerung, sympathisch und positiv, nicht gerade auffallend, auf keinen Fall ein anstrengendes Plappermaul. Sie hatten immer über alles reden können. Auch über den ersten Liebeskummer, den man seinen Eltern ganz bestimmt nicht auf die Nase binden wollte. Wenn sie die Funkstille der vergangenen Jahre überwinden und an ihre alte Freundschaft anknüpfen konnten, wäre Anne womöglich genau die richtige Gesprächspartnerin, die Sonja jetzt brauchte. Wie hieß Anne seit ihrer Hochzeit mit Nachnamen, wo genau wohnte sie, wo war der Brief? Sie hatte ihn bestimmt aufgehoben, denn sie hatte sich fest vorgenommen, die Schulfreundin irgendwann zu besuchen. Wo hatte sie ihn nur gelassen?
Sonja stand auf und überlegte, und je länger sie darüber nachdachte, desto mehr gefiel ihr die Idee, nach Amrum zu fahren, in diese kleine Pension. Dort war sie am Meer, sie wohnte bei einer guten alten Freundin, war also nicht ganz allein. Sie konnte sich zurückziehen, wenn sie wollte, was bei ihrer Familie in Haffkrug nicht immer möglich war.
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