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An einem trüben Novembermorgen 1954 findet ein Streckenläufer eine tote Frau bei Kilometer 1,3 unweit vom Görlitzer Bahnhof. Die Kriminalpolizei ermittelt und geht von einem Selbstmord aus. Der Gerichtsmediziner folgt dieser Annahme und nennt »Suizid« als Todesursache. Allerdings: Warum ist das Zungenbein gebrochen? Auch in den beiden anderen Fällen geht es spannend zu: Ein junger Mann glaubt 1991, den Mord an seiner Freundin vertuschen zu können. Und Ende der 60er Jahre jagt die K in Görlitz einen Vergewaltiger, der es auf Frauen mit Brille abgesehen hat. Auch im siebten Band ihrer erfolgreichen Reihe authentischer Kriminalfälle schildert Eveline Schulze merkwürdige Verbrechen und aufregende Polizeiarbeit: spannend, eindringlich, detailreich.
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Seitenzahl: 225
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Die Abbildungen sind aus den Akten und authentisch, hingegen wurden zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte die Namen von Tätern und Opfern, Angehörigen und Zeugen verfremdet. Das gilt auch für die ermittelnden Kriminalisten. Dialoge und Abläufe von Handlungen sind frei erfunden.
ISBN eBook 978-3-360-50134-9
ISBN Print 978-3-360-01314-9
© 2016 Verlag Das Neue Berlin, Berlin
Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin, unter Verwendung eines Motivs von ullstein bild – imageBROKER/Judith Thomandl
Die Bücher des Verlags Das Neue Berlin erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.
www.eulenspiegel.com
Eveline Schulze
Die Tote auf den Gleisen
Authentische Kriminalfälle
Das Neue Berlin
Über dieses Buch
Drei Fälle, drei Täter? Den Totschläger von 1991 nahm man am Tatort fest, der Vergewaltiger in den 60er Jahren wurde auch ermittelt. Nur im Todesfall von 1954 blieb ein möglicher Gewaltverbrecher unentdeckt. Bei ihren Recherchen stößt die Autorin in den Akten auf einen Selbstmord, der vermutlich keiner war. Einiges deutet darauf hin, dass die Ermittler zu rasch die Akten schlossen. Warum? Müssen sie nach über sechs Jahrzehnten wieder geöffnet werden? Denn bekanntlich verjährt Mord in Deutschland nicht. Evelin Schulze betritt in ihrem siebten Buch kriminalistisches Neuland.
Über die Autorin
Eveline Schulze, geboren 1950, studierte Journalistik. In den 80er Jahren war sie bei der Kriminalpolizei Görlitz tätig. Sie legte mit »Mordakte Angelika M.« (2007), »Kindsmord« (2009), »Liebesmord« (2010), »Mord in der Backstube« (2012), »Kindsleiche im Ofen« (2013) und »Vaters Pistole« (2015) bereits sechs erfolgreiche Sammlungen authentischer Kriminalfälle vor.
Jede Straftat hat ein Motiv – abgesehen bei geisteskranken Tätern, wiewohl auch bei diesen mitunter das Verbrechen auf Entschlüsse im denkfähigen Zustand zurückzuführen ist. Lässt man die emotional ausgelösten Delikte fort, so bleibt die Gewinnsucht als dominierender Antrieb zu verbrecherischen Taten.
Frank Arnau (1894–1976),
Schweizer Kriminalschriftsteller
Die Tote auf den Gleisen
»Scheiß Karbid.« Der Streckenläufer registriert unwillig das Flackern der Lampe. Wie stets vor der Schicht hatte er die Klumpen zerkleinert und sorgfältig in den unteren Behälter gefüllt, darauf den zweiten mit dem Wasser gesetzt. Die Tropfen fallen kontinuierlich auf die Kalziumkarbidkrümel und sorgen dafür, dass Acetylen freigesetzt wird, das dann vor einem Hohlspiegel verbrennt und einen hellen Schein wirft. Das Karbid ist von erkennbar niedriger Qualität, vor dem Krieg war es besser. Der Streckenläufer rüttelt die Lampe, die Flamme wird größer.
Er stapft durch die Nacht. Immer dem Gleis entlang. So läuft er seit Jahren den Schienen nach, nachdem er von der Lokomotive musste. Im Ersten Weltkrieg fuhr er als Heizer, im Zweiten als Lokführer. Erst Soldaten und Kriegsgerät, dann Verwundete und Vertriebene. Hatte er auch Juden in die Lager befördert? Daran kann er sich nicht erinnern. In Auschwitz war er nie. Glaubt er jedenfalls. Räder mussten rollen für den Sieg, egal wohin, egal womit. Nach dem Krieg stieg er ab. Von der Lok und auch sozial. Vom Lokführer zum Streckenläufer ist keine Verbesserung. Es fahren nicht mehr so viele Lokomotiven, also braucht die Deutsche Reichsbahn auch weniger Lokomotivführer. Von jenen Loks, die den Krieg unbeschadet überstanden, hatten sich die Russen ihre Reparationen abgezweigt, noch dazu das zweite Gleis, wo die Schienen parallel liefen. Kerber war unmittelbar nach dem letzten Schuss mit anderen Eisenbahnern von der Besatzungsmacht zur Demontage dienstverpflichtet worden. Sie hatten die Stahlschienen von den Bohlen geschraubt und diese wie Kinder aus dem Schotterbett gehoben. Es war ein Teil von ihnen, den Eisenbahnern, was sie weggaben. Gezwungen.
Deutschland wird von den Besatzungsmächten ausgeweidet. Das ist deren Recht. Ob es auch gut ist, bezweifelt der Mann. Und nicht nur Hans Kerber. Rache und Wiedergutmachung müssen irgendwann enden. Wie soll Land, das nicht nur kleiner geworden, sondern nunmehr auch noch in zwei Staaten geteilt ist, unter dieser Last aus den Ruinen auferstehen? An der Neiße ist nicht nur Görlitz zu Ende, sondern auch Deutschland. Dahinter lag Schlesien einst, also Deutschland, jetzt liegt dort Polen.
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