Die verhängnisvolle Reise nach Wien - Alf Barari - E-Book

Die verhängnisvolle Reise nach Wien E-Book

Alf Barari

4,9

Beschreibung

Erstmals nach Kriegsende besucht Siegfried Braunmiller seine Verwandtschaft in Wien, die Stadt seiner Kindheit. Carla Turner, die Schwägerin seines Vetters, bietet sich als Stadtbegleiterin an. Durch ihre gebildete und charmante Art und seine ungezwungene Heiterkeit bei den Besuchen der Sehenswürdigkeiten, entsteht mehr als nur Zuneigung zu einander; bis schließlich, nach einem weinseligen Heurigenbesuch, der Funke der Verliebtheit in einer Liebesnacht in Carlas Wohnung überspringt. Obwohl eigentlich Carlas Gefühlsleben durch eine besitzergreifende Frauenliebe aus dem Gleichgewicht ist, gibt sie sich ihm völlig hin. Überwältigt von seinen Gefühlen tritt Siegfried am folgenden Morgen die Heimreise an, mit dem festen Willen, sein Leben ändern zu müssen und aus der Enge einer lieblosen Ehe und deutscher Kleinbürgerlichkeit zu entkommen. Doch an der Grenze endet seine Reise - er wird verhaftet; wegen Sexualmordverdachts an Carla Turner. Unverzüglich setzt sich die Maschinerie der Justiz in Gang. Braunmiller wird dem Untersuchungsrichter vorgeführt und vernommen. Seine ungeschickten, widersprüchlichen Zeitangaben zur Tatnacht verstärken den Verdacht gegen ihn. Umfassende Recherchen von Journalisten und aufwühlende Vernehmungen der Staatsanwaltschaft beginnen; die Presse berichtet ausführlich. Um ihn als möglichen Sexualmörder zu überführen, wird in den Gerichtsverhandlungen schonungslos das intime Eheleben der Braunmillers ausgebreitet. Trotz einer exzellenten Verteidigung gelingt es nicht, seine Unschuld zu beweisen. Dann meldet sich Carlas Mutter bei Gericht zu Wort und bringt überraschende Details aus Carlas Leben und der Freundschaft mit der Frau, Dr. Othilou, ans Licht. Gelingt es jetzt, Klarheit hinter den Fall zu bringen?

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Inhalt

Kapitel1    Verhaftet und verhört

Kapitel 2    Ein Telegramm aus Wien

Kapitel 3    Plötzlich Stadtgespräch

Kapitel 4    Verfängliche Fragen

Kapitel 5    Schlechte Nachrichten

Kapitel 6    Sonderdruck

Kapitel 7    Glück und Verhängnis

Kapitel 8    Innerer Umbruch

Kapitel 9    Ausverkauf

Kapitel 10    Abartige Veranlagung

Kapitel 11    Auflösung

Kapitel 12    Miserabler Abgang

Kapitel 13    Fremde Verwandtschaft

Kapitel 14    Unglaubwürdiger Angeklagter

Kapitel 15    Bekenntnis

Kapitel 16    Keine Zeugen?

Kapitel 17    Dunkle Machenschaften

Kapitel 18    In neuem Licht

Kapitel 19    Scheiden und Meiden

Kapitel 20    Die letzte Entscheidung

Kapitel 1    Verhaftet und verhört

Der Schnellzug aus Wien stand schon über zwanzig Minuten in Salzburg. Die Reisenden wurden ungeduldig, da sie die Zoll- und Passkontrolle bereits hinter sich hatten und keine Ursache mehr fanden für den verlängerten Aufenthalt. So wurde die Anzahl der Missmutigen zusehends größer, die sich forschend und fragend aus den Zugfenstern beugten. Wenn ein Bahnbediensteter aufkreuzte, wurde er mit Fragen traktiert, aber von keinem war eine genaue Antwort zu erhalten.

Nur die paar Fahrgäste eines Abteils der ersten Wagenklasse glaubten schließlich den wahren Grund der Verzögerung zu erkennen. So einfach er war, so ausreichend war er auch, den erstaunten Mitreisenden Rätsel über die soeben stattgefundene Verhaftung aufzugeben. Die Fahrgäste konnten sich noch eine ganze Weile damit beschäftigen, wirklich lösen konnten sie es sie nicht. Auf die Feststellung eines Wichtigtuers aus der Fensterecke, dass ihm der Abgeführte schon von Anfang an höchst seltsam vorgekommen sei, folgte die erstaunt naive Frage des jungen Mädchens, das zwei Plätze von ihm entfernt saß: „Glauben Sie, dass er ein Verbrechen begangen hat?“

Der Snob am Fensterplatz verzog sein blondes Lippenbärtchen, das wie ein Tropfenfänger unter seine Nase geklebt schien. Er versuchte seinen Scharfsinn zu beweisen: „Wenn jemand an der Grenze abgefasst wird, so sagt das nicht unbedingt, dass gleich ein Verbrechen dahinterstecken muss. Es könnte sich auch um ein Vergehen gegen die Zollvorschriften handeln. Sicher – doch das hätte meines Erachtens etwas anders aussehen sollen – nicht so geheimnisvoll! Etwas professioneller, meine ich. Es scheint wirklich einiges dahinterzustecken. Haben Sie gemerkt? Die Kriminaler sind erst später gekommen. Natürlich sind sie von der Passkontrolle aufmerksam gemacht worden; natürlich hat man den Mann erkannt. Für mich besteht kein Zweifel: Das sieht ganz nach Steckbrief aus! Nun, und wer auf diese Weise gesucht wird, der hat nicht nur ein Paar Schuhe gestohlen, denke ich.“

Jetzt mischte sich die Dame ins Gespräch, die brünette Mittvierzigerin, die den beiden gegenübersaß, und die bisher – zigarettenrauchend und bücherlesend – ihre Umgebung kaum beachtet hatte. „Wenn man in einen Zug steigt, weiß man nie, mit wem man das Vergnügen hat zu fahren“, sagte sie, während sie ihre dickrandige Hornbrille abnahm und neben sich auf das Polster legte, auf dem schon einige ihrer Bücher ausgebreitet waren.

Der Herr am Fenster, der sich durch ihre Bemerkung offenbar angesprochen gefühlt hatte, schickte sich an, sich vorzustellen; doch die Dame ließ ihn nicht dazu kommen. Mit einem feinen Lächeln, das ihr sonst strenges Gesicht sogar freundlich erscheinen ließ, sagte sie: „Angenommen, der Herr Braunmiller hätte sich uns schon in Wien bekannt gemacht, wir würden wohl trotzdem nicht geahnt haben, dass er in Salzburg verhaftet wird.“

„Wie sagten Sie? Braunmiller? Haben Sie das vorhin gehört?“, fragte der Blender und beugte sich, seine Haltung ganz vergessend, erwartungsvoll angeregt nach vorn.

„Ich glaube nicht, dass ich mich getäuscht habe. Die Schiebetür hat einen Spalt offen gestanden – und ich höre sehr gut“, gab die Dame zurück.

„Interessant“, sagte er und zog ein Büchlein aus der Tasche. „Braunmiller – den Namen muss ich mir aufschreiben, vielleicht liest man noch etwas davon.“

Das Mädchen neben ihm folgte seinem Beispiel aber es benützte nur einen leeren Briefumschlag für die Notiz.

„Der Name ist einfach und gefällig“, sagte die Dame und zündete sich dabei die wer weiß wievielte Zigarette an. Sie fand die volle Zustimmung des jungen Mädchens, das ihr jetzt ebenso lebhaft zunickte, wie zuerst seinem rechten Nachbarn.

„Ich finde das auch, und ich finde, dass der Name vortrefflich zu dem Mann passt – er war mir überhaupt nicht unsympathisch“, verriet es in jugendlicher Ungezwungenheit.

„Dann war er Ihnen also sympathisch?“ Mit dieser Frage wollte der Platznachbar das Mädchen festlegen. Das junge Ding errötete zart, und er genoss mit sichtlichem Vergnügen dessen Verlegenheit.

Die Dame, die mit der Kleinen so ins Gespräch gekommen war, lächelte ein wenig, durchaus nicht hochnäsig, eher freundlich und gutmütig. Dann sagte sie: „Damit sind Sie nicht allein, mein Fräulein. Auch mir hat er ganz gut gefallen, und ich wünsche ihm, dass sich diese Verhaftung als Missverständnis erweist – aber wir sind eben beide Frauen und lassen uns wohl zu sehr von unseren Gefühlen leiten. Sicher hat Herr …“

„Konz“, beeilte sich der Angesprochene zu ergänzen.

„Sicher hat Herr Konz schärfer und kühler beobachtet.“

Erkennbar froh über die entgegenkommende Wendung, die ihn wieder in die Unterhaltung mit einbezog, nahm er den Faden auf und revanchierte sich zunächst mit einer kleinen Höflichkeit.

„Die Damen haben natürlich recht, gefühlsmäßig gesehen machte der Mann einen weitgehend sympathischen Eindruck. Und oft ist es ja so, dass das Gefühl, namentlich bei Frauen, von bestechender Treffsicherheit ist. – Haben Sie nicht das unruhige Flackern in seinen Augen gesehen?“

Das Mädchen wandte sich der Dame zu; es wollte ihr den Vorrang bei der Beantwortung der Frage lassen. Und die Dame sagte, sie habe nur gesehen, wie dunkel seine Augen waren. Darauf nickte das Mädchen wieder. Es hatte wohl dasselbe beobachtet.

Konz aber fühlte sich veranlasst, seine intellektuelle Überlegenheit durch eine geschraubte Äußerung ins richtige Licht zu bringen: „Ja, meine Damen, das ist die typisch emotionelle Betrachtungsweise“, sagte er und zog dabei die Kummerfalten seiner Stirn zusammen, als handelte es sich um eine wichtige Erkenntnis. „Sie haben nur die Farbe, also die Beschaffenheit, gesehen, ich aber das Verhalten. Und nicht nur das seiner Augen. Jedenfalls – mir kam er scheu und niedergedrückt vor.“

„Halten Sie das für hervorstechende Verbrechermerkmale? Ich würde lieber sagen: Er ist ein melancholischer Typ“, verteidigte die Dame immer noch den Abgeführten.

„Träumerisch waren sie, nicht wahr?“, warf das Mädchen sicher ungewollt schnell ein.

Darauf bemerkte Konz, wie erstaunt er über den Eindruck sei, den dieser Mann bei Frauen zweifellos hinterlasse. Es war ihm ja nicht neu, dass Frauen häufig der Zauberkraft des spielerisch erotischen Wortes mancher oft auch unscheinbarer Männer leicht erliegen; aber dieser Braunmiller hatte ja nicht einmal den Mund aufgemacht. Es musste noch ein anderes Fluidum geben, das Konz nicht kannte und schon gar nicht besaß. Er wirkte jedenfalls nie so einnehmend auf Frauen – das alles sagte er natürlich nicht. Er fuhr lieber fort, seine anfänglich gemachte Feststellung zu untermauern.

„Ist Ihnen denn nicht aufgefallen, dass er seit Wien nicht ein einziges Wort gesprochen hat? Und dass er mit seinen Fingern ein wahres Trommelsolo veranstaltete, wenn er nicht gerade dabei war, nach irgendeinem Zettel in seinen Taschen zu suchen, um ihn, kaum gelesen, wieder wegzustecken? Und ist es Ihnen nicht aufgefallen, dass er ohne Krawatte war? Ein frisch gestärktes Hemd und keine Krawatte! Und seine Frisur – ich möchte sagen: Es war überhaupt keine Frisur. Einfach ungekämmt. Es ist auch bestimmt keine Absicht, es ist ein Versehen. Er hatte wohl den Kopf so voll, dass er die Haare vergaß, die darauf wachsen.“

„Eine leicht saloppe Erscheinung, würde ich sagen.“ Es machte der Dame anscheinend Spaß, den Übereifer, mit dem sich dieser Konz ins Zeug legte, herauszufordern.

Das Mädchen schnitt in die gleiche Kerbe. „Und trotzdem elegant“, sagte es mit gedämpfter Begeisterung. „Die lavendelblaue Jacke und das blütenweiße Hemd passten doch ausgezeichnet zusammen, da habe ich die Krawatte wirklich nicht vermisst.“

Die Angriffe mussten den Scharfsinn von Konz auf die Spitze treiben. „Zu einer saloppen Erscheinung gehört jedenfalls kein gestärktes Hemd, meine Damen. Hier stimmt schon etwas nicht. Er hat gewiss eine Krawatte gehabt, aber er hat sie vergessen, aus irgendeinem Grund einfach vergessen – so wie er vergessen hat, sich zu kämmen. Ja, und was die Farbe der Jacke anbelangt, mein Fräulein, da scheinen Sie sich tatsächlich zu irren, sie war nämlich blaugrau.“

„Blaugrau sagen Sie?!“, entsetzte sich das Mädchen beinahe. „Niemals! Es war ein ausgesprochenes Lavendelblau.“

Sie wurden sich nicht einig über die tatsächliche Farbe. Konz bestand auf seinem Blaugrau, das Mädchen blieb bei Lavendel, und die Dame konnte kein entscheidendes Wort mitsprechen; sie gab zu, in dieser Sache nicht ganz sicher zu sein. Da drängte sich das Mädchen kurzerhand ans Fenster.

„Vielleicht ist er noch zu sehen?“, sagte es und beugte sich hinaus. Konz erhob sich leicht indigniert und versuchte, mit vornehmer Zurückhaltung, auch etwas zu erspähen. Weit hinten, fast bei den Ausgängen, flankiert von den beiden Kriminalbeamten, sahen sie diesen Herrn Braunmiller noch; die Farbfrage ließ sich dennoch nicht mehr genau beantworten.

Der Untersuchungsrichter, dem Braunmiller in Wien vorgeführt worden war, las das Protokoll noch einmal durch, das die Kriminalpolizei in Salzburg aufgrund der sofortigen Vernehmung erstellt hatte. Er verglich es mit dem Ergebnis der soeben von ihm durchgeführten Befragung und stellte keine Unterschiede in entscheidenden Punkten fest.

Wenig später kam er jedoch in den Besitz der Untersuchungsergebnisse des gerichtsmedizinischen Institutes und alsbald zu einer anderen Auffassung. Nach den ersten Angaben hätte sich der Untersuchungshäftling Braunmiller bereits um Mitternacht von Carla Turner getrennt, und zwar schon auf dem Treppenhaus und ohne mit ihr in ihrer Wohnung gewesen zu sein. Demnach käme er als Täter nicht in Frage, denn der Tod der Ermordeten konnte nach den nun vorliegenden Befunden nicht vor halb sechs Uhr eingetreten sein. So weit, so gut. Aber da war auch noch etwas anderes, was dem Untersuchungsrichter sofort in die Augen sprang. In diesen Befunden war von einem vielfach besudelten Herrentaschentuch die Rede, das neben Blut- und Schmutzspuren auch solche einer vorangegangenen Ejakulation aufwies und überdies mit dem Monogramm SB gezeichnet war. Es lag also auf der Hand, dass hier versucht wurde, einen wesentlichen Tatbestand wegzuleugnen. Der Untersuchungsrichter blies tonlos durch die Zähne, nachdem er sich beim zweiten Durchlesen davon überzeugt hatte, dass seine Überlegungen richtig waren. „Sieh mal einer an“, sagte er und kratzte sich, wie gelegentlich, am Hinterkopf. Selbstverständlich war da eine nochmalige, am besten sofortige Einvernahme notwendig. Er ließ sich den Häftling wieder vorführen.

„Nehmen Sie Platz, Herr Braunmiller“, sagte er in nahezu jovialer Art, wobei er auf einen der hochlehnigen Stühle wies, die, wie das ganze Inventar des Büros, aus der Zeit um die Jahrhundertwende zu stammen schienen. Die dumpfe, fast muffige Atmosphäre des ganzen Zimmers kam nicht allein von der altmodischen Einrichtung, es trug auch das kahle Nordfenster dazu bei, das nur einen Ausblick auf einen engen Hof erlaubte und zudem vergittert war. Ein dürftiger Kronleuchter, der von der Mitte des Zimmers herunterhing, vermochte das Niveau ebenso wenig zu heben wie die beiden schwarz gerahmten Ölgemälde, bei denen die Motive infolge fortgeschrittener Patina kaum noch zu erkennen waren. Die übrigens wirklich lavendelblaue Joppe Braunmillers wäre eigentlich das einzig Erquickliche gewesen. Doch schien sie niemanden von ihrem Vorzug zu überzeugen. Dem Untersuchungsrichter mochte sie eher unangenehm erscheinen bei seiner Vorliebe für dunkle, graue Töne: Sein Anzug war grau, seine Haare waren grau, selbst seine Gesichtsfarbe zeigte schon eine graue Schattierung, wenn sie auch noch weit von dem Tiefgrau seiner Akten- und Bucheinbände entfernt war.

Dessen ungeachtet war er aber ein beschlagener und gerissener Könner in seinem Fach, der von den Kollegen geachtet und von den Gaunern gefürchtet war. Nicht umsonst bekam er die schwierigsten Fälle zur Bearbeitung. Mancher Inhaftierte, der schon vor ihm gesessen und sich von der nichtssagenden Anonymität seiner gemeinhin alltäglichen Erscheinung ein womöglich leichteres Davonkommen erhofft hatte, wurde jämmerlich enttäuscht. Auch Siegfried Braunmiller mochte im Augenblick noch nicht ahnen, dass bald er in die Enge getrieben werden sollte. Er nahm die angebotene Zigarette dankend an, obwohl er nur ein Gelegenheitsraucher war, lehnte auch die Tasse Kaffee nicht ab, die er serviert bekam. Er genoss alles, die Zigarette, den Kaffee und die Freizügigkeit, aber mit Vorsicht und wacher Überlegung.

„Ich hätte Ihnen auch Alkohol vorsetzen können“, sagte der Untersuchungsrichter mit einem freundlichen, aber unpersönlichen Lächeln. „Bei manchen Leuten wirkt ein Gläschen davon oft Wunder. Bei Ihnen halte ich Kaffee für angebracht. Er macht einen klaren Kopf, regt das Erinnerungsvermögen an und schafft eine gute Grundlage für ein offenes Gespräch.“

Braunmiller gab keine Antwort. Woanders hätte dieses Verhalten als grober Verstoß gegen die Regeln des Anstandes gegolten, aber in dieser Situation besagte es nicht viel. Der Untersuchungsrichter war daran gewöhnt und legte auf Höflichkeit seitens seiner vorgeführten Besucher keinen Wert. Ihm genügte es vollauf, zu gegebener Zeit eine Antwort zu bekommen, mit der er etwas anfangen konnte. Außerdem gelang es ihm fast immer, selbst den verstocktesten Sünder durch eine unvermutete Bemerkung zum Sprechen zu bringen. Hier, bei diesem Braunmiller, schien es ihm nicht besonders schwer zu werden; dennoch überrumpelte er ihn mit einer gezielten Frage: „Warum geben Sie eigentlich nicht zu, Carla Turner ermordet zu haben?“

Als erste Reaktion auf diese brüske Unterstellung drückte Braunmiller seine Zigarette aus; dabei merkte der Untersuchungsrichter, dass der Beschuldigte zitterte, und dann, dass seine Stimme bebte, während er ihm entgegnete: „Ich protestiere! Ich lasse mich nicht einfach zum Mörder abstempeln! Ich habe Carla Turner nicht ermordet, und niemand ist von ihrem Tod ärger betroffen als ich.“

„Nun regen Sie sich nicht gleich so auf, Herr Braunmiller. Für mich könnten Sie halt der Mörder sein, und dann wäre es eben für mich am einfachsten, wenn Sie ein Geständnis ablegen würden. Das müssen Sie verstehen. Kein Mensch arbeitet gerne mehr als notwendig.“

Der Untersuchungsrichter sagte das, während er ihm bewegungslos gegenübersaß und ihn mit jenem Maß von unerschütterlichem Gleichmut betrachtete, über das sich zwar staunen lässt, das auf erregte Gemüter jedoch meist beruhigend wirkt.

„Und nun glauben Sie, ich nähme aus reiner Gefälligkeit einfach einen Mord auf mich?!“, schrie ihn der Häftling an. Er tat es bestimmt nicht, um die Geduld seines Gegners auf die Spitze zu treiben; viel eher befand er sich in einem Zustand, in dem die Nerven zu versagen drohen. Umso überraschter war er von der stoischen Ruhe, mit der ihm entgegnet wurde: „Nein, nein, Herr Braunmiller, das wäre wirklich zu viel verlangt. Wo denken Sie denn hin? Damit wäre mir auch gar nicht gedient. Wenn Sie sicher sind, kein Mörder zu sein, dann haben Sie natürlich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, sich gehörig zur Wehr zu setzen – das ist doch ganz klar.“ Unmittelbar nach dieser entwaffnenden Rede schoss er einen neuen Pfeil ab: „Sind Sie sich aber auch wirklich ganz sicher?“ Braunmiller starrte ihn an, für einen Augenblick schien er keine Worte mehr zu finden. Der Untersuchungsrichter aber fuhr in der gleichmäßig freundlichen Tonart fort: „Wissen Sie, man ist sich hernach oft gar nicht mehr ganz sicher, ob man das jetzt wirklich getan hat oder nicht. Es ist mitunter so, als ob einem das Bewusstsein einen Streich spielte, wenn es Augenblicke zulässt, wo der Gedanke von der Tat nicht mehr unterschieden werden kann – aber wie gesagt, wenn Sie sich ganz sicher sind – wenn Sie der Meinung sind, dass es ein anderer gewesen sein muss – bitte sehr! – Wann haben Sie Carla Turner zum letzten Mal gesehen?“

„Das habe ich Ihnen schon gesagt.“

„Oh, bitte sagen Sie es doch noch einmal.“

Braunmiller spielte den Beleidigten; er antwortete nicht.

„Morgens, zwischen fünf und sechs Uhr, nicht wahr?“

„Nein! Sie wissen es genau – es war kurz nach Mitternacht.“

„Wieso soll ich das so genau wissen? – Genau wissen es nur Sie selbst.“

„Gut – und ich habe es Ihnen gesagt.“

„Es war also Mitternacht.“

„Ja.“

„Und Sie täuschen sich nicht?“

„Nein.“

„Jeh, das ist aber peinlich. Ich habe geglaubt, der Kaffee würde Ihr Gedächtnis auffrischen“, sagte der Untersuchungsrichter milde und heftete seinen samtenen Blick, der fast etwas von der Treuherzigkeit eines Cockerspaniels hatte, für eine Weile auf das unruhige Geschaue des Verhörten. Der Ausdruck des Untersuchungsrichters zeigte teilnehmendes Bedauern. Denn, und das hatte offenbar auch Braunmiller schon gemerkt, nichts täuschte weniger an ihm als seine Mimik. Dann die ganze Gemütlichkeit, das spießbürgerliche Gehabe, die Seelenruhe – alles wohl nichts anderes als zweckdienliche Pose. Aus Klugheit angelernt und mit Verstand berechnet! Am unangenehmsten war der oft scheinbar sprunghafte Wechsel des Themas, weil er verwirrte und zugleich ein ausgeklügeltes System erkennen ließ.

„Die kurze Zeit Ihrer Bekanntschaft mit Carla Turner hatte genügt, um ein freundschaftliches Verhältnis hervorzubringen; hat sie auch genügt, um ein intimes Verhältnis entstehen zu lassen?“

„Wir haben uns verliebt; das war auch der Grund, warum ich so plötzlich weggefahren bin – schließlich habe ich eine Familie –, und da war mir klar, dass ich eine Entscheidung herbeiführen musste, und zwar so rasch wie möglich.“

Das interessierte den Untersuchungsrichter anscheinend nicht besonders, denn er bestand auf seiner Frage. „Mir liegt sehr viel an einer exakten Beantwortung, Herr Braunmiller. Haben Sie nun mit Carla Turner intime Beziehungen gehabt oder nicht?“

Die Verzögerung, die der Befragte vor seinem dann allerdings klaren Nein eintreten ließ, war nicht groß, aber groß genug, um vom Untersuchungsrichter sofort erfasst zu werden. Sie hatte nach seinen Erfahrungen genau das Maß, das in der Regel gebraucht wird, wenn es sich bei einer Aussage um einen zwar festen Entschluss, aber auch um die Unwahrheit handelt.

„So – nun, die Liebe muss sich aber doch ganz schön entfaltet haben. Sie haben doch noch einen Brief an Carla Turner geschrieben? Ich kenne den Inhalt – übrigens ein sehr schöner Liebesbrief. Aber einige Stellen weisen da eine erotische Anschaulichkeit auf, hinter der man schon eher Erlebnisse als Phantasie vermuten möchte – ich weiß nicht …“

Der Untersuchungsrichter hätte seine grüblerischen Überlegungen sicher noch fortgesetzt, Braunmiller unterbrach ihn jedoch: „Sie dürfen nicht vergessen, wir hatten den Abend in Grinzing verbracht – auf dem Heimweg war es dann zu innigen körperlichen Berührungen gekommen.“

„Mhm. Mit Grenzen sozusagen, nicht?“

„Ja, mit Grenzen.“

„Ich verstehe – schließlich war ja auch noch die Wohnung da.“

„Die ich aber …“

„… nicht betreten habe“, fiel ihm der Untersuchungsrichter kopfnickend ins Wort. „Natürlich, das habe ich ganz vergessen. Und vorher hatten Sie auch keine intimen Beziehungen aufgenommen? Ich meine, bevor Sie mit ihr ausgegangen waren?“

„Nein.“

Dieses Nein ist ohne Zögern gekommen; es dürfte der Wahrheit entsprechen, dachte der Untersuchungsrichter. Und wenn er sich damit eine kleine Chance verbaut hat, ist das nur vorteilhaft für die schrittweise Überführung. Manchmal ist es eben die Wahrheit, manchmal die Lüge, was gefährlich werden kann bei einer Vernehmung, überlegte der Untersuchungsrichter. Schließlich fragte er Braunmiller noch einmal, da er ganz sichergehen wollte: „Also vorher auf keinen Fall?“

„Weder noch!“

Die Augenbrauen des Untersuchungsrichters, an und für sich schon geneigt, in der Mitte zusammenzuwachsen, schoben sich noch enger aneinander.

„Nun, formulieren wir es doch so: Vorher auf gar keinen Fall – und nachher auch nicht –, sind Sie damit einverstanden?“

„Ja.“

„Gut. Mit dieser Antwort kann ich etwas anfangen; aber es wird nicht zu Ihrem Vorteil sein, Herr Braunmiller. Sie haben nicht scharf genug überlegt und einen Denkfehler hineingebracht; Sie haben verkehrt gelogen. Sie hätten die chronologische Abfolge umdrehen müssen. Vielleicht wäre dann noch etwas drin gewesen für Sie, vielleicht hätten Sie dann, wenigstens vorläufig, die Möglichkeit gehabt, einen gefährlichen Beweis zu entschärfen.“

Braunmiller, der plötzlich Aug und Ohr wurde, wollte etwas einwenden, doch der Untersuchungsrichter wies ihn mit freundlicher Bestimmtheit zurück: „Es wäre mir recht, wenn Sie mich jetzt nicht unterbrechen würden. Übrigens, möchten Sie nicht so gütig sein, mir für einen Augenblick Ihr Taschentuch zu zeigen?“ Braunmiller richtete seine vor Entsetzen geweiteten Augen auf das Gesicht des Mannes, der ihn mit vorbildlicher Höflichkeit und tödlicher Sicherheit in die Enge zu treiben verstand. Diese harmlos klingende freundliche Aufforderung wirkte auf ihn, als ob ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Eine Weile glaubte er nichts als zu fallen, ins Endlose abzusinken und nie mehr einen Halt zu finden. Blitzartig musste in ihm ein fürchterliches Erinnern und ein auswegloses Erkennen eingesetzt haben, nachdem er dieses einzige Wort Taschentuch vernommen hatte.

Und der Untersuchungsrichter ließ ihm Zeit, diese Phase des Erschauerns durchzustehen. Die Gefahr, dass Braunmiller durch den Zeitgewinn zu einer neuen Überlegung, zu einer neuen Ausrede fände, wertete er gering gegen die heilsame Beizkraft dieser Anspannung. Er kalkulierte richtig: Braunmiller gab – wenigstens in einem Punkt – auf. Zwar machte er noch einen lauen Versuch, die Sache zu verflachen, doch sah er offenbar ein, dass die Argumente der Beweisführung erdrückend waren.

„Sie haben mein Taschentuch bei Carla Turner gefunden?“

„Stimmt.“

„Ich könnte es in den vorvergangenen Tagen bei ihr verloren haben.“

„Das könnten Sie – aber Sie haben es nicht verloren. Sie haben es vergessen, und zwar nach einer Liebesnacht! Die Spuren sind sehr eindeutig, wie die Analyse der kriminaltechnischen Untersuchung ergeben hat. Möchten Sie, dass ich ausführlicher werde?“

Braunmiller senkte den Kopf, als wollte er damit ausdrücken, dass er sich geschlagen gebe. Nun hielt es der Untersuchungsrichter für angebracht, die Pause nicht mehr länger auszudehnen. Jetzt durfte er dem Verdächtigen keine Ruhe mehr gönnen, jetzt musste es Schlag auf Schlag gehen, wenn er dessen völligen Zusammenbruch herbeiführen wollte.

„Sie haben Carla Turner nicht zum letzten Mal um Mitternacht gesehen!“, sagte er und legte etwas Heftigkeit in seine Rede. „Sie waren noch mit ihr in der Wohnung und haben mit ihr geschlafen! Wir haben dafür den Beweis in Händen und damit zugleich den Beweis, dass Sie bewusst die Unwahrheit gesagt haben. Es ist Ihnen nicht gelungen, durch Irreführung ein Alibi zu erstellen. Sie haben sich mehr geschadet als genützt. Sie haben den Kredit Ihrer Vertrauenswürdigkeit so gut wie eingebüßt! Durch eine einzige Lüge schon – und man wird Ihnen noch mehrere nachweisen, wenn Sie nicht zur Einsicht gelangen. Man wird Schritt für Schritt weiterkommen und Sie endgültig überführen können. Glauben Sie, dass es dann besser aussehen wird für Sie? Mensch, geben Sie doch Ihren Widerstand auf und die Tat zu; machen Sie ein Geständnis! Sie befreien damit Ihr Gewissen.“

„Ich brauche mein Gewissen nicht zu befreien; es ist frei, und es wird frei sein, auch dann, wenn ich mich selbst nicht mehr aus dieser Verstrickung lösen könnte“, warf Braunmiller, eine kleine Pause benützend, ein.

„Diese Phrasen kenne ich, mein Lieber, damit kommen Sie nicht sehr weit“, sagte der Untersuchungsrichter und verzog dabei seinen Mund, als ob er einen Wein probiert hätte, der nicht nach seinem Geschmack war.

„Ich habe nichts mit dem Mord zu tun!“, rief Braunmiller erregt und voller Nachdruck.

„Aber Sie waren doch die ganze Nacht bei ihr.“

„Nein – ich war nicht die ganze Nacht bei ihr.“

„Vor Mitternacht waren Sie mit ihr aus, und nach Mitternacht haben Sie bei ihr geschlafen.“

„Das stimmt nicht. Ich war nur kurze Zeit bei ihr.“

„Zuerst haben Sie gesagt, Sie seien überhaupt nicht bei ihr gewesen.“

„Ja, leider – das war ungeschickt von mir. Ich habe geglaubt, mich dadurch am ehesten von dem Verdacht befreien zu können.“

„Das wird Ihnen nun ja reichlich schwerfallen, das Taschentuch ist auch voller Blutspuren.“

„Nein!“ Es klang wie ein verhaltener Angstschrei.

„Was heißt nein? Das steht fest, Herr Braunmiller!“

„Ich meine – ich wollte sagen, das betrifft mich nicht –, ich war höchstens bis zwei Uhr morgens bei ihr. Ich habe sie heimlich still und leise verlassen, während sie geschlafen hat. Das Taschentuch ist liegen geblieben und zufällig in die schreckliche Tat hineingekommen; es kann nicht anders sein.“

„Hören Sie, Herr Braunmiller, wenn Sie hartnäckig bleiben wollen, dann haben wir uns vorläufig nichts mehr zu sagen; dann müssen wir eben abwarten, was die Kriminalpolizei noch alles ermittelt.“

Der Untersuchungsrichter stand auf und ging an die Tür, um die Wache hereinzurufen; er tat es nicht sehr eilig, und er schloss die Tür wieder, um sich noch einmal an Braunmiller zu wenden. „Passen Sie auf – ich sorge dafür, dass Sie einen guten Anwalt bekommen. Sie werden sich mit ihm aussprechen können. Und wenn Sie vernünftig sind, schenken Sie ihm reinen Wein ein. Er wird dann bestimmt noch das Beste für Sie herausholen können – ja?“

Siegfried Braunmiller hob nur die Achseln – eine Antwort, die alles offenließ. Der Untersuchungsrichter wartete noch eine Zeit lang, dann antwortete er mit der gleichen Geste und schritt schließlich zur Tür, um seine vorherige Absicht endgültig auszuführen.

Kapitel 2    Ein Telegramm aus Wien

Das kleine hessische Städtchen N. hatte weder etwas von dem romantischen Zauber seiner nahen Schwestern, noch war es durch eine besonders schöne landschaftliche Lage ausgezeichnet. Es entbehrte auch jeglicher historischer Andenken. Nicht einmal eine alte Burg oder ein Schloss war in seiner Umgebung zu finden, und nur der Umstand, dass es an einem – allerdings nicht sehr wichtigen – Bahnknotenpunkt lag, verschaffte ihm einige Bedeutung, wenigstens soweit es den mäßigen Wohlstand seiner Bürger betraf. Der altherkömmliche Wochen- und Schweinemarkt sowie ein paar neuangesiedelte mittlere Industriebetriebe halfen redlich mit, Bedeutung und Wohlstand zu mehren. Vom Bahnhof her hörte man die Züge wegfahren; die Dampflokomotiven schrien; das gab der Bahnhofstraße etwas Leben; sonst war sie so eintönig freudlos wie fast alle Bahnhofstraßen in den Kleinstädten. Selbst die Villen, die vereinzelt zwischen öden Zweckbauten lagen, wirkten verloren, weil sie sich in der vorherrschenden Werkstätten- und Lagerhausatmosphäre einfach nicht behaupten konnten. Und wenn sich hier auch eine Dienststelle der Landes- und Kriminalpolizei niedergelassen hatte, so trug das in keiner Weise dazu bei, diesem langweiligen Straßenzug einen freundlicheren Anstrich zu geben.

Polizeiobermeister Korner las den Text noch einmal durch, den der Fernschreiber soeben heruntergetippt hatte; er kam aus Frankfurt und hinterließ einen so erregenden Eindruck, dass der Beamte den Inhalt beim ersten Mal gar nicht richtig verdauen konnte:

„KRIMINALPOLIZEI WIEN FORDERT AN: VERNEHMUNG DER FRAU HELGA BRAUNMILLER UEBER GENAUE ZEIT UND URSACHE DER ABREISE IHRES GATTEN. HERR SIEGFRIED BRAUNMILLER IST VERHAFTET UND STEHT UNTER MORDVERDACHT – VORLAEUFIG NICHTS DAVON ERWAEHNEN.“

Sein Atem ging hörbar schwerer; sein Blick blieb an dem Wort mordverdächtig hängen, und sein Kopfschütteln, wenn auch langsam schwächer werdend, schien in einen Dauerzustand auszuarten.

Dass der Herr Braunmiller wegen eines derartigen Verdachtes in Wien festsaß, war eine packende Sensation für ihn. Eine solche Nachricht wirkte in einem kleinen Städtchen, wo einer den andern kannte, wo ein Geschäftsmann wie der Herr Braunmiller schon zu den Honoratioren gezählt wurde, besonders schwer. Sie wirkte auch auf den Polizeibeamten, und zwar vor allem, weil eine persönliche Bekanntschaft dahintersteckte.

„Ist das denn die Möglichkeit?!“, murmelte er vor sich hin und richtete seine Froschaugen wiederum auf die erschreckende Textstelle, und sein Kopf wackelte erneut heftig.

Der Tag war ja sonnig, und es war ganz schön warm, aber dass ihm jetzt die Schweißperlen auf der Stirn standen, das musste auch noch von der Aufregung kommen. Er zog sein großes blaues Taschentuch hervor und wischte sich damit mehrmals von der Nasenwurzel bis zum Hinterkopf und wieder vor. Er verdarb sich dabei keine Frisur, denn was noch an spärlichem Haarwuchs vorhanden war, überschritt kaum die Millimeterlänge. Dann fing er noch einmal an, den ganzen Wortlaut des Schreibens durchzulesen, und blieb an derselben Stelle hängen: „… steht unter Mordverdacht …“

Eine Zeitlang starrte er darauf, dann zwickte er die Augen kurz zusammen, um sich zu kontrollieren. Es konnte doch nicht sein, dass diese Zeile besonders stark geschrieben war, sein erregtes Gemüt musste ihn getäuscht haben.

Nachdem sein Bürgerherz genügend erschüttert war, besann er sich wieder auf seine Beamtenwürde, schließlich war er Polizeiobermeister, und zurzeit vertrat er außerdem den erkrankten Vorgesetzten. Eine klare Sache, dass er den Fall selbst in die Hand nehmen und mit gebührender Gründlichkeit behandeln wird. Er legte eine Akte an und heftete die Nachricht als erste Unterlage ein; dann machte er sich fertig, um schnurstracks den Weg zu Braunmillers Frau Helga einzuschlagen. Waren es auch gute zehn Minuten, die er zu gehen hatte, im Geiste war er bereits bei ihr angelangt. Was wird die Gute für Augen machen? Selbst wenn es ihm gelingt, die Sache noch so harmlos hinzustellen, muss es ihr nicht angst und bange werden? Schon wieder etwas mit der Polizei!

Er verlangsamte sein Tempo etwas und überlegte die Worte, mit denen er ihr begegnen würde. Das Gefährlichste konnte er ihr ja zunächst noch verheimlichen, aber was noch alles daraus werden wird, das befürchtete er, und sie tat ihm aufrichtig leid. Das Schicksal schien es nicht sehr gut mit ihr zu meinen in den letzten Jahren. Mit einem Mitgefühl, das einer abgehärteten Polizistenbrust eigentlich spottete, dachte er an das schreckliche Ereignis zurück, das sich vor knapp zwei Jahren innerhalb der Familie Braunmiller abgespielt hatte. Über seine wulstigen Lippen zwängte sich ein kleiner Seufzer – schwer zu beurteilen, ob ihn die leichte Steigung des Weges oder der Gedanke an das arme Mädchen dazu veranlasste: die bildschöne Gerda mit ihren sechzehneinhalb Jahren, die einzige und verwöhnte Tochter der Braunmillers. Dieses liebliche Geschöpf, das von so feiner und doch heiteren Art war, dass man oft glauben wollte, es sei ein Wesen von einem anderen Stern, hatte sich plötzlich mit ordinärem Insektengift das Leben genommen. Über Nacht, ohne eine erkennbare Ursache, ohne einen winzigsten Hinweis in dem Dank- und Abschiedsbrief, den sie ihren fassungslosen Eltern hinterlassen hatte. Polizeiobermeister Korner konnte es heute noch nicht begreifen. „So ein schönes Kind – so ein gutes Kind“, brummte er kopfschüttelnd vor sich hin. Gewiss, es war noch der Sohn da, der Peter, aber der geriet ein wenig aus der Art. Ein unsteter Geist, der es nirgends lange aushielt. Dass sie den Tod Peters leichter verschmerzt hätten als den des herzigen Lieblings, der Gerda, davon war Korner überzeugt. Die ganze Stadt (er sagte nie Städtchen, auch in Gedanken nicht!) war seinerzeit zutiefst ergriffen gewesen – schrecklich –, und nun diese neue Sache! Verdammt noch mal, da geht‘s aber auch nicht aus! Sicherlich, in Verdacht kann jeder einmal geraten – auf ganz dumme Weise kann das passieren –, aber immerhin – immerhin!

Dieses letzte Immerhin trug die ganze Schwere seiner Gedanken in sich. Nun ja, vorläufig ruhte alles noch im sicheren Hort seiner Verschwiegenheit. Er straffte sich und versuchte, seinem Bauch, der wie seine Augen die Eigenschaft hatte, ein wenig hervorzuquellen, Gewalt anzutun. Sich als Geheimnisträger zu fühlen, hob seine innere und äußere Würde. Sein Beruf hatte es mit sich gebracht, dass er sich einige Eigentümlichkeiten angewöhnt hatte. Eine davon war, stets zu schauen, um welche Zeit er etwas begann. Bevor er also das Braunmiller‘sche Herrenausstattungsgeschäft betrat, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr: 9:15. Er merkte sich diesen Zeitpunkt, drückte die Klinke der Ladentür nieder und trat ein.

Außer dem Lehrmädchen Ida war niemand zu sehen.

„Morgen!“, sagte er laut und langgezogen.

Das Lehrmädchen, stark mit Einräumungsarbeiten beschäftigt, erschrak vor der vollhalsigen Stimme des Herrn Polizeiobermeisters. Als es ihn erkannt hatte, lächelte es aber freundlich und fragte entgegenkommend nach seinem Wunsch. Es hatte schon viel gelernt bei Braunmillers, vor allem, dass man allgemein und besonders gegenüber Beamten höflich zu sein habe.

„Ist die Chefin da?“

„Frau Braunmiller ist im Lager“, antwortete sie artig und dachte dabei, dass es blöde sei, wenn einer Chefin sagt. „Soll ich sie holen?“

„Ja. Sagen Sie ihr, ich hätte etwas mit ihr zu besprechen.“ So undeutbar die Miene des Beamten war, sein Auftreten schien dem Mädchen wichtig genug, um Eile walten zu lassen.

„Einen Augenblick bitte“, sagte es und sprang dann schnell die paar Stufen hinauf, die in die hinteren Ladenräume führten. Es dauerte zwar nicht gerade einen, doch wirklich nur wenige Augenblicke, bis Ida wieder hereinkam, und mit ihr die Chefin.

„Guten Morgen, Frau Braunmiller!“ Der Polizist verbeugte sich höflich. Statt „Frau Braunmiller“ hätte er auch ruhig „Helga“ sagen können, denn sie waren gleichaltrig und in dieselbe Schule gegangen; aber seit sie verheiratet war, redete er sie nur noch förmlich an.

„Guten Morgen, Herr Polizeimeister!“ (Seine jüngste Beförderung zum Obermeister war ihr nicht bekannt, und über aufklärende Abzeichen wusste sie so gut wie nichts.) „Sie wünschen mich zu sprechen?“

Mit einer unverbindlichen, ernsten, aber doch wieder nicht so ernsten Amtsmiene, dass sie gleich Angst hervorgerufen hätte, sagte Polizeiobermeister Korner: „Ja, Frau Braunmiller, ich hätte etwas mit Ihnen zu reden.“ Mit einem sprechenden Seitenblick auf das Lehrmädchen fügte er hinzu: „Aber ich meine …“ Er räusperte sich kurz, aber geräuschvoll, und glaubte, seine Meinung somit hinreichend ausgedrückt zu haben. Sie verstand ihn auch sofort und wandte sich ohne Zögern an das Lehrmädchen: „Ida, du könntest im Lager weitermachen. Weißt du, die Oberhemden müssen noch alle eingeräumt werden.“ Ida verschwand augenblicklich und Helga Braunmiller lud die Amtsperson ein, Platz zu nehmen. Gleich hinter der Auslage, im Halbschatten der Rückwand, stand ein kleines rundes Tischchen mit zwei Stühlen. Sie stellte die Kristallvase weg, damit er seine Tasche ablegen konnte.

„Es wird doch nichts Unangenehmes sein, was Sie zu mir führt?“, fragte sie beiläufig und mit scheinbarer Gleichgültigkeit, aber er hatte ihre Nervosität bereits bemerkt.

„Nun ja, Frau Braunmiller“, sagte er so besänftigend wie möglich, „ich komme dienstlich zu Ihnen. Und Sie wissen ja, der Dienst eines Polizeibeamten ist selten von Annehmlichkeiten begleitet …“

Die Pausen, die er einlegte, entsprangen weniger dem Bedürfnis nach erhöhter Spannung als vielmehr dem Wunsch, seine Worte richtig zu wählen. „Aber bitte machen Sie sich vorläufig keine Sorgen. – Es ist noch alles völlig unklar. – Wir wissen selbst nichts Genaues. – Es ist da nur eine Anfrage gekommen. – Wissen Sie, ich möchte sagen, rein routinemäßig. Die Polizei ist eben auf der ganzen Welt gründlich – auch in Wien.“

Bei diesen Worten konnte Helga Braunmiller nicht verhindern, dass sie erregt dazwischenstotterte: „In – in – Wien? Es wird doch nichts – es wird doch mit meinem Mann nichts sein?!“

„Beruhigen Sie sich, Frau Braunmiller, es ist bestimmt kein Unglück geschehen. Ihr Mann ist gesund und munter. Soweit ich die Sache beurteilen kann, scheint er nur irgendwie mit der Polizei in Konflikt geraten zu sein. Wissen Sie, man kann oft auf lächerlich dumme Art und Weise und urplötzlich in einen Verdacht geraten, und dann muss man halt alles so lange über sich ergehen lassen, bis jeder Punkt geklärt ist. Sehen Sie, und deshalb komme ich zu Ihnen. Sie sollen mit Ruhe und ohne unnötige Aufregung ein paar Fragen beantworten, weiter nichts. Da wäre zum Beispiel eine Frage: Wann ist Ihr Mann von hier weggefahren?“

Obschon ganz befangen von der ihr rätselhaft erscheinenden Befragung, brauchte sie nur kurz zu überlegen. „Das war am vorigen Montag, ich meine, am vorvergangenen Montag.“

„Also genau vor neun Tagen, nicht wahr?“ Korner zog sein Notizbuch aus seiner Brusttasche und blätterte darin. „Das war der siebzehnte August – stimmt das?“

„Ja, das stimmt genau, es war der siebzehnte.“

„Wissen Sie vielleicht noch, mit welchem Zug er gefahren ist?“

„Gleich mit dem ersten, in aller Frühe – und zwar nach München. Von dort, nehme ich an, wird er seine Reise mit einem Anschlusszug nach Passau fortgesetzt haben; er wollte ja mit dem Schiff die Donau hinunterfahren.“

Der Beamte schrieb das alles gewissenhaft auf.

„Ja“, sagte er und unterbrach sich selbst, bevor er weiterforschte: „Ja – und warum, glauben Sie, ist Ihr Mann eigentlich nach Wien gefahren?“

„Warum? Das kann ich Ihnen genau sagen.“

„Es war also ein bestimmter Grund vorhanden?“

„Mein Gott, was heißt da bestimmter Grund?“

Korner hob Hände und Achseln etwas hoch und neigte seinen Kopf besänftigend zur Seite.

„Nun ja, ich meine, musste er etwa geschäftlich nach Wien?“

„Nein, das nicht – geschäftlich nicht; es sollte eine Urlaubsreise sein, die erste, seit wir verheiratet sind. Sie wissen ja, das Geschäft, die Familie – er war immer so angehängt.“

„Natürlich.“ Der Polizist nickte verständnisvoll.

Sie glaubte, sich für diese Enthaltsamkeit entschuldigen zu müssen und fuhr in ihrer Begründung fort: „Es ist für uns Geschäftsleute nicht immer so einfach, wegzukommen.“

„Und jetzt ist es gegangen?“

„Ich habe ihm gesagt: Es muss einfach gehen.“

„Sie haben ihm das gesagt?“

„Ja. Ich wollte, dass sein heimlicher Wunsch endlich einmal erfüllt werde. Vielleicht wissen Sie es, mein Mann ist doch ein gebürtiger Wiener, in Hessen ist er nur aufgewachsen, bei seiner Großmutter in Offenbach.“

„Nein, das weiß ich nicht, das ist mir neu“, gestand er.

„Ich dachte, dass es Ihnen vielleicht von Amts wegen bekannt gewesen wäre.“

„Ach so – nein, nein – so genau befassen wir uns nicht mit jedem einzelnen Bürger.“

Mit dem Hauch eines zufriedenen Lächelns auf seinem runden Gesicht verlieh der Polizeibeamte einer kleinen Genugtuung Ausdruck, während er seine Unkenntnis in dieser Sache zugab. Selbstverständlich war es nicht die Unkenntnis, die ihm schmeichelte, sondern einfach der Umstand, dass es seinem sonst so erfolgreich bekämpften, doch nie ganz besiegten Beamtendünkel ein wenig wohltat, wieder einmal so ehrlich angesprochen zu werden. Außerdem freute es ihn, dass sich das Gespräch so gut angelassen hatte.

Helga Braunmiller hatte ihre ungewollte Aufmerksamkeit gar nicht beachtet; seine freundliche Miene buchte sie zu ihren Gunsten und erzählte einfach weiter: „Er wollte ja immer nach Wien ziehen, aber es ist stets etwas anderes dazwischengekommen. Zuerst der frühe Tod seines Vaters, dann der Krieg, die Kinder und schließlich das Geschäft. Ach, die Jahre sind so rasch vergangen, und jetzt ist er schon über die vierzig, und seine Vaterstadt war ihm immer noch unbekannt. Und ich habe doch gewusst, genau gewusst, wovon er im Stillen immer geträumt hatte. Er hat einen Vetter in Wien, aber die verwandtschaftliche Verbindung wurde nur brieflich gepflegt, und das erst, seit er ihn während des Krieges zufällig in Krakau getroffen hatte. Sie würden sich sonst wahrscheinlich gar nicht kennen. Wie oft ihn dieser Verwandte auch schon eingeladen hat, endlich einmal nach Wien zu kommen, es ist nie etwas daraus geworden, bis ich jetzt kurzerhand so eine Rundreisekarte besorgt und auf den Tisch gelegt habe. Und dann wollte er noch lange nicht allein fahren; er ließ sich nur schwer davon überzeugen, dass einer von uns unbedingt im Geschäft bleiben müsse.“

„Sie haben ihn also fast nötigen müssen, sozusagen“, versuchte Korner einen wesentlichen Umstand in einem Satz zusammenzufassen.

„Ja, sozusagen.“

„Aha.“ Der Polizeiobermeister nickte nachdenklich. „Das kann sehr, sehr aufschlussreich sein, was Sie mir da gesagt haben.“

„Für meinen Mann?“

„Nein – für die polizeiliche Untersuchung in Wien, meine ich.“

Erst jetzt fiel ihr auf, welch dumme Frage sie gestellt hatte, und sie wunderte sich, wie geduldig sie von ihm übergangen worden war. In dieser Beziehung wurde sie von ihrem Mann nicht mit Nachsicht behandelt: Auf eine dumme Frage eine dumme Antwort, war sein Prinzip. Sie ärgerte sich ja selbst über ihre gelegentliche Einfalt, und am meisten, wenn es ihr, wie jetzt, vor Leuten passierte, bei denen sie in einem gewissen Ansehen stand. Und das konnte man über Polizeiobermeister Korner schon sagen.

Er hatte von jeher eine kleine Zuneigung für diese gutmütige, freundliche Frau gehabt. Es fiel ihm deshalb auch so leicht, sich in ihre Lage zu versetzen. Es war ihm nur zu verständlich, dass sie ihre Gedanken nicht geordnet und gesammelt hatte. Er bangte selbst, was bei der ganzen Sache herauskommen mochte, aber er verriet seine Befürchtung nicht. Er sprach ihr Mut zu und sagte, er glaube, wenn er wieder zu ihr komme, werde er sicher mit einer besseren Nachricht aufwarten können.

Dann machte er sich ein paar Notizen. Während er schrieb, bemerkte er beiläufig: „Sagen Sie einmal, Frau Braunmiller, mir ist vorhin aufgefallen, dass Sie von seinem Vater und seiner Großmutter gesprochen, aber gar nichts von seiner Mutter erwähnt haben. Ich meine, das wäre natürlich nur für mich persönlich interessant.“

„Seine Mutter …“, sie stockte etwas, bevor sie weitersprach, so als ob sie erst einen kleinen Anlauf nehmen müsste, „… die stammt aus Offenbach. Mit achtzehn Jahren war sie schon nach Südamerika ausgewandert, und vier Jahre später stand sie wieder vor der Tür ihrer Mutter. Ein kleines Zwischenspiel nur – sie war ein unruhiger Falter und bald wieder von Ort zu Ort gezogen, bis sie in Wien geheiratet und eine Zeit lang die Frau Braunmiller gespielt hatte. Aber auch das nur so lange, bis das Kind auf der Welt war, dann muss es ihr plötzlich wieder in den Sinn gekommen sein, alles zu verlassen und von Neuem zu verschwinden. Ohne Spur zu verschwinden – wenn man von einer einzigen Ansichtskarte aus Italien absieht –, und das bis zum heutigen Tage!“

„Ach was“, sagte er erstaunt und nachdenklich. Unwillkürlich fiel ihm der Peter ein: „Der Junge wird wohl einen hübschen Teil von seiner Großmutter mitbekommen haben.“ Er fand einmal mehr bestätigt, worüber er sich schon oft Gedanken gemacht hatte und was in der Erkenntnis gipfelte: Der Mensch hat sich nicht nur mit den Widerwärtigkeiten des täglichen Lebens, sondern auch mit seiner Erbmasse herumzuschlagen.

Als Helga Braunmiller merkte, dass der Herr Polizeimeister, wie sie ihn immer noch nannte, geistig abwesend war und ihrer Erzählung nicht mehr recht folgte, brach sie ab. „Haben Sie sonst noch eine Frage?“ Da dies nicht mehr der Fall war, ging die Unterhaltung dem Ende entgegen. Polizeiobermeister Korner verlieh noch dem Wunsch Ausdruck, dass sich bald alles in Wohlgefallen auflösen möge. Dann trat ein Kunde ein, wodurch die Verabschiedung wesentlich beschleunigt wurde. Der Kunde war anspruchsvoll und beschäftigte die Geschäftsfrau über die Maßen; aber das war vielleicht gut so, denn dadurch hatte sie im Augenblick wenigstens keine Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen.

Das Zimmer, in dem der Untersuchungshäftling Braunmiller bei einer neuerlichen Vernehmung saß, unterschied sich nicht wesentlich von dem des Untersuchungsrichters. Nur die Einrichtung war etwas moderner, und statt des billigen Kronleuchters hing eine noch billigere Milchglaskugel von der Decke herunter; aber das Fenster war genauso hoch, so eng und so vergittert, und möglicherweise war es derselbe Hof, auf den es hinausging. Der Mann, der vor ihm auf der Schreibtischkante hockte, war allerdings von einem ganz anderen Holz als der Untersuchungsrichter; beträchtlich jünger als der eine, auch größer und elastisch in seinen Bewegungen. In seiner ganzen Art, mit einem zähen, fast verbissenen Gesichtsausdruck, ließ er von vornherein keine falschen Vorstellungen aufkommen. Kriminalkommissar Barnhof ging einen anderen Weg bei seinen Vernehmungen, einen kürzeren, schrofferen als der Untersuchungsrichter. Aber wie sich schon oft gezeigt hatte, war diese Methode nicht weniger erfolgreich. Als Gegner der weichen Welle ging er von der Überzeugung aus, dass es viel vorteilhafter sei, den zu Verhörenden keinerlei Entgegenkommen zu zeigen, im Gegenteil, ihnen die Stirn zu bieten und ihre