Die Wassertoten - Friedrich von Schilbach - E-Book

Die Wassertoten E-Book

Friedrich von Schilbach

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Beschreibung

Der pensionierte Schaffhauser Kommissar Klöti fährt im tiefen Winter zu einem Imkertreffen im Osten Deutschlands. Im Zug findet er ein geheimnisvolles Buch, das ihn zur zentralen Figur in einem äusserst verzwickten Fall macht. Spannung pur.

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

1

Am Freitag, den 3. Januar 2025, um 10:16 Uhr, bestieg der pensionierte Kommissar Reto Klöti nach einem ausgiebigen Frühstück im Restaurant „Falken“ das 1. Klasse-Abteil des Zuges, der ihn von Schaffhausen über Stuttgart und Berlin bis nach Eberswalde bringen würde, wo er um 20:15 Uhr ankommen sollte. Klöti war noch nie zuvor in Brandenburg gewesen. Daher hatte er sich entschieden, bereits drei Tage vor dem Dreikönigstag anzureisen. An diesem Feiertag würde er an der Vorbereitungssitzung des für den kommenden Herbst geplanten Honigwettbewerbs des Naturparks Barnim als Repräsentant des kantonalen Bienenzüchtervereins Schaffhausen teilnehmen. Er war eingeladen worden, seinen nach Suisse Garantie zertifizierten Sommer- und Blütencremehonig vorzustellen.

Doch vorher wollte er noch die Sehenswürdigkeiten von Eberswalde erkunden. Auf seiner Liste standen der Zoologische Garten, der Forstbotanische Garten und das Museum für Regionalgeschichte in der ehemaligen Adlerapotheke. Er hatte sich ein Zimmer im Hotel „Wilder Eber“ reserviert, das ihn mit der Werbung „Wildgerichte in urigem Hotelrestaurant“ auf seiner Webseite sofort überzeugt hatte. Klöti freute sich auf die kommenden Tage in der sogenannten Waldstadt, wo er auch die lokalen kulinarischen Spezialitäten, wie Spritzkuchen und Eberswalder Bockwürstchen, genießen wollte.

Klöti richtete sich auf seinem reservierten Sitzplatz ein, hievte den schweren Rollenkoffer, in dem sich zwölf sorgsam verpackte Honiggläser befanden, auf die Gepäckablage über seinem Kopf, faltete seinen beigefarbenen Trenchcoat und legte ihn daneben. Er zog seinen Stetsonhut tief in die Stirn, um sich vor der tiefen und grellen Wintersonne zu schützen. Auf dem kleinen Klapptisch vor ihm stand ein Pappbecher mit schwarzem Kaffee, den er im Vorbeigehen am Bahnhofskiosk gekauft hatte. Auf den Bahnsteigen lag noch der Frostgraupel, der am frühen Morgen gefallen war. Kaum jemand war unterwegs. Nur ein alter Mann in einem Rollstuhl, den Klöti gut kannte, schaute den abfahrenden Zügen hinterher und unterhielt sich mit seinem Betreuer. Es roch nach baldigem Neuschnee.

Der Intercity war nahezu leer. Am Grenzbahnhof Thayngen stiegen die letzten Reisenden aus. Nur ein junger bärtiger Mann am anderen Ende des Waggons blieb sitzen. Die durch den Zug gehenden deutschen Bundespolizisten gingen wortlos an Klöti vorbei, kontrollierten jedoch den anderen Passagier. Es entspann sich eine Diskussion, aus der Klöti entnahm, dass der arabisch aussehende Mann keine gültigen Papiere auf sich hatte. Er musste den Zug mit den Beamten am nächsten Halt in Singen verlassen.

In der Stadt am Hohentwiel stiegen lärmend neue Reisende zu, meist junge Leute, die wohl nach einem verlängerten Neujahrsfest zuhause in der kommenden Woche wieder zur Arbeit mussten. Nur gut, dass diese sich in der 2. Klasse niederließen. Die friedvolle Entspannung, die Klöti genießen konnte, war ihm den fast doppelten Fahrpreis in der höheren Klasse wert.

Die gewellte Hegau-Landschaft flog am Fenster vorbei. „Dreifuffzisch!“, sagte der desinteressiert wirkende sächselnde Mitarbeiter der DB-Bordgastronomie, als er Klöti eine Flasche sprudelndes Mineralwasser reichte. Klöti ging im Kopf noch einmal die bevorstehende Organisationssitzung des Honigwettbewerbs im Nordosten Deutschlands durch.

Seit Jahren war er bereits Honigobmann seiner Honigregion. Als solcher hatte er im Kanton die Oberaufsicht über Betriebskontrollen. Prüfer der Sektionen kontrollierten die angeschlossenen Imker gemäß den Richtlinien des Dachverbands Apisuisse hinsichtlich der verwendeten Geräte, der sachgerechten Verarbeitung und Lagerung des Honigs sowie der Bienengesundheit. Klöti erhielt von ihnen jährliche Kontrollberichte und Meldungen über notwendige Sanktionen gegen fehlbare Imker. Für seine eigenen Honige hatte er das goldene Qualitätssiegel verliehen bekommen. Es würde ihm nicht schwerfallen, am Barnimer Honigwettbewerb, der später im Jahr stattfinden sollte, einen Startplatz in der Kategorie „Gäste“ für seinen Verband zu erhalten. Über den Sommer würde dann der gute Schaffhauser Honig geerntet und an die Jury eingesandt werden. Vielleicht würden die Schweizer Honige bei der Preisverleihung am Erntedankfest 2025 sogar eine Urkunde erhalten.

Die Teilnahmebedingungen waren streng: Der Honig musste von Bienen aus dem Naturpark Barnim stammen und im Wettbewerbsjahr produziert worden sein. Eine Ausnahme bildeten die geladenen Gastimker. Neben Schaffhausen war noch ein Imker aus Benin geladen. Jeder Imker durfte nur eine Art von Honig zum Wettbewerb einreichen. Es wurde um die Abgabe von drei Gläsern gebeten: Zwei 250-Gramm-Neutralgläser mit Deckel ohne Etikett – für die Honiganalyse und die Verkostung – und ein Glas in der Aufmachung, wie es der Imker in den Verkehr brächte. Die Teilnehmenden sollten zudem einige kurze Angaben zu ihrer Imkerei machen: Ort des Bienenstandes, Beutenform – zum Beispiel Hinterbehandlung oder Magazin – und Anzahl der Wirtschaftsvölker. Die drei Honiggläser konnten über die regionalen Imkervereine oder in der Naturparkverwaltung in Wandlitz abgegeben werden. Als Teilnahmeschluss galt der 31. Juli 2025.

2

Seit seiner Pensionierung von der Kriminalpolizei Schaffhausen, wo er im Rang eines Majors den Ermittlungsdienst „Besondere Kriminalität“ geleitet hatte, konnte sich Klöti voll und ganz seinem Hobby – der Bienenzucht und der Honigherstellung – widmen. Seine Frau, die Hedi, ließ ihn in seinen Gedanken an Bienen und Honig gewähren, war ihm aber schon vor Jahren physisch abhandengekommen.

Während seiner aktiven Zeit als Kriminalbeamter hatte er sich mit Verbrechen gegen Leib und Leben, Freiheit und sexuelle Integrität befasst. Auch die Bekämpfung von Betäubungsmittelkriminalität und organisierter Kriminalität fiel in seinen Aufgabenbereich. In seinen vierzig Dienstjahren hatte er es mit zahlreichen Halunken zu tun gehabt. Seine Aufgabe war es gewesen, die Gesellschaft vor Gewaltverbrechern, geistig Verwirrten und sonstigen Übeltätern zu schützen und deren Taten restlos aufzuklären.

„Du warst stets dem Bösen auf den Fersen und hast durch deine hohe Aufklärungsquote Schaffhausen sicherer gemacht“, hatte ihn der Kommandant der Schaffhauser Polizei, Urs Schlatter, bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand gelobt.

Inzwischen hatte der Zug den Bahnhof von Tuttlingen verlassen und überquerte die Donau. Herr Klöti musste kurz zur Toilette. Da das Klopapier aufgebraucht war, griff er kurzerhand zu seinem Taschentüchern. Seine Vorurteile über die Qualität der Deutschen Bahn wurden einmal mehr bestätigt, als er feststellen musste, dass am Waschbecken kein Wasser verfügbar war. Vorsorglich führte er jedoch ein Fläschchen Desinfektionsmittel mit sich.

Als er zu seinem Platz zurückkehrte, fiel ihm auf einem Sitz ein offensichtlich vergessenes Buch ins Auge. Er schaute sich um, ob jemand in der Nähe war, dem das Buch gehören konnte, doch er war allein im Großraumabteil. Neugierig nahm er das Buch in die Hand. Der Titel lautete „Die Suhler Familie Zwick – Von den Anfängen bis heute“. Beim Durchblättern stellte Klöti fest, dass es sich um eine genealogisches Werk handelte, angereichert mit zahlreichen Familiengeschichten und Stammbäumen. Da ihm an diesem Tag noch eine lange Reise bevorstand, beschloss er, das gefundene Buch mit an seinen Platz zu nehmen und ein wenig darin zu schmökern. Denn nichts ist interessanter als das Leben anderer Menschen.

Der Himmel war von düsteren Wolken verhangen, und ein kräftiger Wind peitschte über die Schwäbische Alb. Der Schaffner schlummerte in seinem Dienstabteil. Klöti hatte sich im „Falken“ vor dem Bezahlen eine Butterbrezel in eine Serviette gewickelt, die er nun, da ihn ein kleiner Hunger überkam, aus seiner Westentasche zog. Während er genüsslich kaute, blätterte er aufmerksam durch das Buch. Es handelte von der Familiengeschichte der Zwicks, spekulierte über die Herkunft ihres Familiennamens und enthielt Fotos der noch lebenden Nachfahren des Urahns.

Klöti, der als Kommissar stets ein scharfes Auge für bedeutsame Details gehabt hatte, stieß nach wenigen Seiten auf eine spannende Passage. Es war eine Abschrift eines Sterbeeintrags aus dem Kirchenbuch der Hauptkirche Suhl, datiert auf das Jahr 1605. Der Text war in Latein verfasst, doch Klöti, der noch jener Generation entsprang, die am Gymnasium bis zur Matur das große Latinum absolviert hatte, übersetzte mühelos:

„Am 5. Januar (Samstag) wurden der Bäcker Bartholomäus Zwick und seine Ehefrau Barbara, nachdem sie ohne Anzeichen von Krankheit oder Verzweiflung zu Bett gegangen waren, am Morgen unbedeckt und tot im Wasser gefunden. Er in der Nähe der neuen Häuser von Georg Hausherr, sie auf den Wiesen zwischen Suhl und Heinrichs. Zu welcher Stunde der Nacht oder auf welchem Weg sie das Haus verließen, ist unbekannt – Die Türen waren nämlich von innen verriegelt. Ihre Leichen wurden vom Schinder außerhalb des Friedhofs bestattet.“

Sofort regte sich in Klöti der immer noch wache berufliche Spürsinn! Zwei blutte Leichen im Wasser, das Haus von innen verschlossen. Warum, und wie war das möglich? Dieser Fall war bis heute ungelöst! Fast auf den Tag genau 420 Jahre waren vergangen, seit das Ehepaar Zwick tot aufgefunden worden war. War es Selbstmord gewesen, oder hatte es einen oder mehrere Täter gegeben? Der Gedanke daran ließ Klöti nicht mehr los. Sein kriminalistisches Interesse war geweckt. Für ihn stand augenblicklich fest: Er musste diesen Fall lösen!

3

Noch nie hatte sich Klöti mit einem so weit zurückliegenden Fall beschäftigen müssen. Sein Fokus lag stets darauf, Verbrecher so rasch wie möglich zu finden und der Justiz zu übergeben. Es ging darum, Übeltäter dingfest zu machen, bevor sie weiteren Schaden anrichten konnten. Doch in einem Fall, der über vier Jahrhunderte zurücklag, konnte man niemanden mehr festnehmen. Auch Zeugenbefragungen waren unmöglich. Genau diese Herausforderung spornte Klöti jedoch an. Wie konnte er Täter und Motiv herausfinden? Der Schlüssel dazu, so schlussfolgerte er, könnte in den Beschreibungen der familiären Verbindungen und den Stammbäumen, die im Buch abgedruckt waren, liegen. Also musste er alles akribisch lesen, analysieren und immer wieder überdenken, bis er die Lösung klar vor sich hatte.

Er vertiefte sich weiter in das Buch, nahm jede Information genau unter die Lupe. Jede noch so kleine Anmerkung, jede Randbemerkung konnte entscheidend sein. Klöti wusste, dass er Geduld und Ausdauer brauchen würde, aber er war entschlossen, das Geheimnis um den mysteriösen Tod des Ehepaars Zwick zu lüften. Er wusste: Er musste sich zum Ort des Verbrechens begeben!

Reto Klöti zögerte nicht lange. Auf seinem Smartphone konsultierte er den Fahrplan und entdeckte eine Bahnverbindung von Stuttgart – wo er bald eintreffen würde – über Würzburg nach Suhl. Dort, in Thüringen, würde er den Tatort besichtigen und besser begreifen können. Bis zum Beginn des Honigwettbewerbs in Eberswalde blieben ihm noch zwei volle Tage. Falls nötig, könnte er sogar noch am Dreikönigstag von Suhl den Zug um 5:49 Uhr nehmen und wäre um 10:07 Uhr in Eberswalde, 23 Minuten vor den Eröffnungsreden. Ohne weiter zu überlegen, kaufte er spontan ein Online-Ticket für die Strecke Stuttgart-Suhl und reservierte per Handy-App vorsorglich für drei Nächte ein Zimmer in der „Pension am Markt“. Danach vertiefte er sich wieder in das Zwick-Buch, um nach Anhaltspunkten zu suchen, die zur Aufklärung der Tat beitragen könnten.

Er bemerkte nicht die triste Winterlandschaft des Neckartals bis Horb; ihm entging, wie in Herrenberg ein kopflos über die Gleise rennender Passagier, der seinen Zug nicht verpassen wollte, beinahe von einem durchfahrenden Güterzug erfasst wurde, und er wunderte sich im Bahnhof Stuttgart, warum der Zug dort so lange verweilte. Der wiedererwachte Schaffner teilte Klöti bei seinem Kontrollgang mit, dass man an der Endstation angelangt sei und er nun aussteigen müsse.

Klöti hatte vor seiner Weiterreise nach Würzburg und Suhl noch ein wenig Zeit und gönnte sich zwischen den Gleisen 8 und 9 am Querbahnsteig einen Chicken Clubhouse bei Burger King, stets das gefundene Buch vor seinen Augen. Er blätterte aufmerksam weiter, las jede Zeile sorgfältig, suchte nach versteckten Botschaften und versuchte, das Puzzle der alten Familiengeschichte zusammenzusetzen. Das geschäftige Treiben des Bahnhofs, die durchdringenden Durchsagen und die vorbeiziehenden Menschenmengen existierten für ihn in diesem Moment nicht – nur das Buch und der ungelöste Fall fesselten seine Gedanken.

Noch bevor er bei der Einfahrt der Regionalbahn 8 in den Bahnhof Würzburg von weitem die mintgrüne Spitze des Doms ausmachen konnte, hatte Klöti mit dem Scharfsinn eines gewieften Kriminalisten das Buch systematisch nach Verwertbarem durchsucht. Er hatte sich zahlreiche Notizen gemacht und Namen aufgeschrieben, die er mit Linien miteinander verband. An seinem Schreibtisch in Schaffhausen hatte er immer so gearbeitet. Jeden Fall, den er in seiner Laufbahn – überwiegend erfolgreich – bearbeitet hatte, hatte er mit einer Auslegeordnung begonnen: Namen, Daten, Fakten und Beziehungen wurden fein säuberlich aufgelistet. Seine Methode war immer die gleiche: Er schrieb alles auf, was ihm wichtig erschien und betrachtete dann die Wörter und Graphiken kontemplativ immer wieder. Wenn plötzlich sein rechtes Augenlid zuckte, war dies für ihn ein untrügliches Zeichen, dass er eine Spur gefunden hatte. Nun musste er sie nur noch verstehen und richtig in den Gesamtkontext einordnen. Er hatte sich immer auf dieses intuitive Blinzeln verlassen können, es hatte ihn während vielen Jahren niemals getäuscht.

In seinem neuen Fall rührte sich aber noch nichts unter seinen grauen Augenbrauen. Trotz seiner intensiven Bemühungen und der zahlreichen Verknüpfungen, die er bereits hergestellt hatte, blieb das entscheidende Blinzeln aus. Es war, als ob der Fall der Zwicks tiefe Geheimnisse verbarg, die darauf warteten, von ihm entdeckt zu werden.

Während der Zug in Würzburg hielt und Klöti auf seinen Anschluss nach Suhl wartete, blieb er weiterhin in Gedanken versunken, das Buch in der Hand, entschlossen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Er wusste, dass er nur geduldig und methodisch vorgehen musste – die Lösung würde sich ihm irgendwann offenbaren.

4

Klöti hatte die Angaben aus dem Buch inzwischen wie folgt geordnet: Bartholomäus Zwick, der erste Tote, geboren zwischen 1545 und 1550 in Suhl/Thüringen. 1570 heiratete er daselbst eine Barbara, die zweite Tote, die um 1558 ebenfalls in Suhl zur Welt gekommen war. Deren Nachname ist unbekannt. Klöti notierte die Namen und Geburtsjahre der Kinder sorgfältig. Der Ehe entsprangen insgesamt 13 Kinder:

Magdalena Zwick (*um 1574, +1614, verheiratet 1604 an den Bäcker Andreas Schüler);

Balthasar Zwick (*vor 1579, +1635, Bäcker, verheiratet 1602 – 2 Jahre nach der Proklamation – mit Ottilia Voit, 2. Ehe 1635 mit einer Margaretha, Familienname unbekannt);

Christina Zwick (*1583, verheiratet 1604 mit dem Schmied Caspar Triebel);

Margaretha Zwick (*1587, +nach 1653, verheiratet 1608 mit dem Bäcker „Feilbeck“ Valentin Müller aus Schwarza);

Dorothea Zwick (*vor 1589, verheiratet 1605 mit dem aus Wasungen stammenden Bohrschmied Johannes Sauerbrey);

Elisabetha Zwick (*1590, verheiratet 1609 mit Samuel Utzel, Beruf unbekannt, aus Wertheim);

Anna Zwick (*1592, verheiratet 1615 mit Peter Merz, ebenfalls ohne Berufsbezeichnung);

Osanna Zwick (*1594; verheiratet 1615 in Suhl an den Schneider und Soldaten Christoph Keiner).

1597 starb der Sohn Georg Zwick nach nur zwei Monaten. Danach folgten:

Caspar Zwick (*1598, +1660), Begründer der später weit verzweigten Müller-Dynastie der Zwick;

Michael Zwick (*1600), Bohrschmied;

ein weiterer totgeborener Sohn, und zuletzt:

Apollonia Zwick (*1604, +1636, später verheiratet an den Steinmetz Walleber).

Der Kommissar im Ruhestand versuchte, Zusammenhänge und mögliche Motive zu erkennen. Er überprüfte, ob es in den Beschreibungen des Buches weitere Angaben zum Leben und zu den Beziehungen der Familienmitglieder untereinander gab, die ihm bei der Lösung des Falls helfen könnten. Während er sich weiter in die Details vertiefte, suchte er nach Mustern und eventuellen Spannungen innerhalb der Familie, die Licht auf die mysteriösen Todesumstände werfen könnten.