Die Wiederaufnahme in Strafsachen - Klaus Marxen - E-Book

Die Wiederaufnahme in Strafsachen E-Book

Klaus Marxen

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Beschreibung

Das Standardwerk für Wiederaufnahmeverfahren als ebook mit Gesetzestexten Die schwierige Materie des Wiederaufnahmerechts wird so dargestellt, dass der Praktiker schnell einen Überblick über das erforderliche Vorbringen bei einem Wiederaufnahmeantrag erhält. Es wird dargelegt, - wie ein schlüssiger Sachvortrag zu erfolgen hat, - welche Beweismittel anzugeben sind, - welche Wiederaufnahmegründe vorliegen können. Praktische Hinweise zum Verfahren, zahlreiche Fall- und Formulierungsbeispiele sowie Muster von Verteidigerschriftsätzen sind eine wertvolle Unterstützung bei der Mandatsbearbeitung.

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Die Wiederaufnahme in Strafsachen

von

Dr. Klaus Marxen

Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin

Richter am Kammergericht Berlin i. R.

und

Dr. Frank Tiemann

Vorsitzender Richter am Landgericht Potsdam

Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universität zu Berlin

 

3., neu bearbeitete Auflage

 

eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH

www.cfmueller.de

Die Wiederaufnahme in Strafsachen › Herausgeber

Praxis der Strafverteidigung

 

 

Begründet von

 

Rechtsanwalt Dr. Josef Augstein (†), Hannover (bis 1984)

Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau

Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber, Göttingen (bis 2008)

 

 

Herausgegeben von

 

Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau

Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, Berlin

 

 

Schriftleitung

 

Rechtsanwalt[1] Dr. Felix Ruhmannseder, Wien

Anmerkungen

[1]

RAK OLG-Bezirk München

Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-8114-5465-1

 

E-Mail: [email protected]

Telefon: +49 6221/489-555Telefax: +49 6221/489-410

 

(c) 2014 C.F. Müller, eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbHHeidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg

www.cfmueller.dewww.hjr-verlag.de

Hinweis des Verlages zum Urheberrecht und Digitalen Rechtemanagement (DRM)Der Verlag räumt Ihnen mit dem Kauf des ebooks das Recht ein, die Inhalte im Rahmen des geltenden Urheberrechts zu nutzen. Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Der Verlag schützt seine ebooks vor Missbrauch des Urheberrechts durch ein digitales Rechtemanagement. Bei Kauf im Webshop des Verlages werden die ebooks mit einem nicht sichtbaren digitalen Wasserzeichen individuell pro Nutzer signiert.Bei Kauf in anderen ebook-Webshops erfolgt die Signatur durch die Shopbetreiber. Angaben zu diesem DRM finden Sie auf den Seiten der jeweiligen Anbieter.

Vorwort der Herausgeber

Anliegen des Wiederaufnahmerechts ist es, einen angemessenen Ausgleich zwischen materieller Gerechtigkeit einerseits und Rechtssicherheit andererseits herbeizuführen. Die in den §§ 359 ff. StPO verwirklichte, gesetzgeberische Konzeption misst dabei Aspekten der Rechtssicherheit tendenziell höheres Gewicht bei, indem einer Korrektur rechtskräftiger Fehlurteile enge Grenzen gesetzt werden. Hinzu kommt eine äußerst restriktive Auslegung der einschlägigen Vorschriften durch die Rechtsprechung. Beides stieß in jüngerer Vergangenheit aus Anlass spektakulärer, medienwirksamer Fälle – wie etwa dem von Gustl Mollath – auch jenseits der Fachöffentlichkeit vermehrt auf Kritik. Gleichwohl ist ein Tätigwerden des Gesetzgebers derzeit ebenso wenig in Sicht wie eine wachsende Bereitschaft der Rechtsprechung, eigene Fehler trotz bereits eingetretener Rechtskraft zu korrigieren. Nach wie vor befindet sich daher der Verurteilte, der eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu seinen Gunsten anstrebt, in einer ungünstigen Ausgangslage. Sein Verteidiger wird deshalb sein gesamtes anwaltliches Können in die Waagschale werfen müssen, um die Beachtung der rechtsstaatlichen Garantien zu gewährleisten, die der Beschuldigte auch in diesem Verfahrensabschnitt beanspruchen kann. Bei der Mehrzahl der Verteidiger gehört das Wiederaufnahmerecht indes nicht zum täglich Brot. Hinzu kommt die erhebliche Komplexität der Materie. Ohne sachkundige Anleitung wird eine erfolgversprechende anwaltliche Vertretung des Verurteilten daher in der Regel nicht gelingen. Dem trägt das vorliegende Werk Rechnung. In bewährter Manier bieten die Autoren Marxen und Tiemann dem Leser eine systematische, problemorientiere Darstellung des gesamten Wiederaufnahmerechts und erteilen überdies wertvolle Praxishinweise, wobei sie auf ihre langjährige richterliche Erfahrung zurückgreifen können. Dabei beschränken sie sich nicht etwa auf eine bloße Wiedergabe des wiederaufnahmerechtlichen Status quo, sondern hinterfragen diesen kritisch, um auf diese Weise zu einer – zweifelsohne wünschenswerten – Veränderung der diesbezüglichen Rechtsanwendungspraxis beizutragen.

Acht Jahre nach Erscheinen der zweiten Auflage war eine Neuauflage dringend geboten, um die zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen, die in den letzten Jahren im Bereich des Wiederaufnahmerechts ergangen sind, angemessen berücksichtigen zu können. Auch neuere, einschlägige Publikationen wurden von den Autoren selbstverständlich ausgewertet. Am Ende des Buches finden sich – ebenso wie in anderen Bänden der Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ – Muster von Verteidigerschriftsätzen, welche nicht nur weniger erfahrenen Mitgliedern der Zunft die Arbeit erleichtern sollen.

Im November 2013

Passau        Werner Beulke

Berlin        Alexander Ignor

Vorwort der Autoren

Das Wiederaufnahmerecht hat in jüngster Zeit mit spektakulären Fällen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen. Auf heftige öffentliche Kritik ist die restriktive Praxis der Wiederaufnahmegerichte gestoßen. Mehrfach bedurfte es einer obergerichtlichen Korrektur. Bestätigt sehen wir uns dadurch in dem Anliegen, zu einer sachgerechten Anwendung des Wiederaufnahmerechts beizutragen. Der Sache gerecht wird eine Praxis, in der die Verfahrensbeteiligten mit den Besonderheiten dieses Rechtsgebiets vertraut sind und allseits ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, dass auch rechtskräftige strafrechtliche Entscheidungen, weil von Menschen gemacht, fehleranfällig sind. Dem entspricht die Konzeption dieses Buches, an der auch in der Neuauflage festgehalten wird. Eine eingehende Systematisierung soll einen Überblick verschaffen, das rasche Auffinden rechtlicher Probleme ermöglichen und die in der Praxis, gerade auch in der Praxis der Strafverteidigung, einzuhaltenden Arbeitsschritte kenntlich machen. Ferner wird durchgängig die restriktive Justizpraxis kritisch überprüft.

Für die Neuauflage sind die erforderlichen Aktualisierungen mit einem Schwerpunkt bei der Rechtsprechung vorgenommen worden. Der erheblichen Zunahme an Literatur, insbesondere an kommentierender Strafprozessrechtsliteratur, haben wir Rechnung getragen, soweit das im Rahmen einer auf das Wesentliche konzentrierten Darstellung möglich und angebracht war.

Berlin, im November 2013        Klaus Marxen       Frank Tiemann

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort der Herausgeber

 Vorwort der Autoren

 Abkürzungsverzeichnis

 Einleitung

 A.Zur Praxis der Wiederaufnahme in Strafsachen und zugleich zur Konzeption des Buches

 B.Einführung in das Recht der Wiederaufnahme in Strafsachen

Teil 1Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags

 A.Zulässigkeitsvoraussetzungen

  I.Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

   1.Allgemeine Prozessvoraussetzungen

    a)Antrag

    b)Sonstige allgemeine Prozessvoraussetzungen

   2.Statthaftigkeit

    a)Rechtskräftige Urteile

     aa)Vollrechtskräftige Sachurteile

     bb)Prozessurteile, insbesondere Einstellungsurteile

     cc)Teilrechtskräftige Urteile

    b)Rechtskräftige Strafbefehle

    c)Beschlüsse

   3.Antragsberechtigung

   4.Beschwer

   5.Zuständigkeit des Gerichts

    a)Örtliche Zuständigkeit

    b)Sachliche Zuständigkeit

  II.Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen

   1.Wiederaufnahmeantrag zugunsten des Verurteilten

    a)Zulässige Antragsziele

     aa)Allgemein zulässige Antragsziele

      (1)Freisprechung und vergleichbare Entscheidungen

      (2)Strafmilderung

      (3)Andere Maßregelentscheidung

     bb)Speziell zulässiges Antragsziel in Fällen des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO: Schuldspruchänderung

    b)Form und Frist

    c)Vorbringen eines Wiederaufnahmegrundes

     aa)Allgemeine Anforderungen

      (1)Geltendmachen eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes

       (a)Angabe eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes

       (b)Schlüssiger Sachvortrag

      (2)Anführen eines geeigneten Beweismittels

       (a)Beweismittel

       (b)Geeignetheit

     bb)Die Wiederaufnahmegründe nach § 359 StPO

      (1)Unechte oder verfälschte Urkunden, Nr. 1

       (a)Gesetzliche Voraussetzungen

       (b)Schlüssiger Sachvortrag

       (c)Geeignete Beweismittel

      (2)Falsche Aussagen oder Gutachten, Nr. 2

       (a)Gesetzliche Voraussetzungen

       (b)Schlüssiger Sachvortrag

       (c)Geeignete Beweismittel

      (3)Strafbare Amtspflichtverletzung, Nr. 3

       (a)Gesetzliche Voraussetzungen

       (b)Schlüssiger Sachvortrag

       (c)Geeignete Beweismittel

      (4)Aufhebung eines zivilgerichtlichen Urteils, Nr. 4

       (a)Gesetzliche Voraussetzungen

       (b)Schlüssiger Sachvortrag

       (c)Geeignete Beweismittel

      (5)Neue Tatsachen oder Beweismittel, Nr. 5

       (a)Gesetzliche Voraussetzungen

        (aa)Tatsachen oder Beweismittel

        (bb)Neuheit von Tatsachen oder Beweismitteln

         (aaa)Neuheit von Tatsachen

         (bbb)Neuheit von Beweismitteln

        (cc)Geeignetheit

         (aaa)Erheblichkeit

         (bbb)Hinreichende Erfolgsaussicht

       (b)Schlüssiger Sachvortrag und geeignete Beweismittel

        (aa)Tatsachen

        (bb)Beweismittel

        (cc)Neuheit

        (dd)Geeignetheit

         (aaa)Erheblichkeit

         (bbb)Hinreichende Erfolgsaussicht

      (6)Festgestellte Verletzung der Menschenrechtskonvention, Nr. 6

       (a)Bedeutung des § 359 Nr. 6 StPO

       (b)Gesetzliche Voraussetzungen

       (c)Schlüssiger Sachvortrag

       (d)Geeignete Beweismittel

       (e)Wiederaufnahmeverfahren und Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag

    d)Kein Ausschluss nach § 364 StPO

    e)Kein Verbrauch des Vorbringens

   2.Wiederaufnahmeantrag zuungunsten des Angeklagten

    a)Zulässige Antragsziele

    b)Form und Frist

    c)Vorbringen eines Wiederaufnahmegrundes

     aa)Allgemeine Anforderungen

     bb)Die Wiederaufnahmegründe nach § 362 StPO

      (1)§ 362 Nr. 1 bis 3 StPO

      (2)Geständnis des Freigesprochenen, Nr. 4

       (a)Gesetzliche Voraussetzungen

       (b)Schlüssiger Sachvortrag und geeignete Beweismittel

    d)Kein Ausschluss nach § 364 StPO

    e)Kein Verbrauch des Vorbringens

 B.Zulässigkeitsverfahren

 C.Entscheidungsmöglichkeiten des Wiederaufnahmegerichts

 D.Rechtsbehelf und weitere Entscheidungen

Teil 2Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags

 A.Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes

 B.Begründetheitsverfahren

  I.Erforderlichkeit der Beweisaufnahme

  II.Anordnung der Beweisaufnahme

  III.Durchführung der Beweisaufnahme

  IV.Schlussanhörung

 C.Entscheidungsmöglichkeiten des Wiederaufnahmegerichts

  I.Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags

  II. Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens und Entscheidung über die Erneuerung der Hauptverhandlung

   1.Wirkungen der Wiederaufnahmeanordnung

   2.Erneuerung der Hauptverhandlung und weiteres Verfahren

    a)Das für die neue Hauptverhandlung zuständige Gericht

    b)Verfahren in der neuen Hauptverhandlung

    c)Entscheidungsmöglichkeiten des neu erkennenden Gerichts

   3.Entscheidung ohne neue Hauptverhandlung, § 371 Abs. 2 StPO

 D.Rechtsbehelf und weitere Entscheidungen

Teil 3Vorbereitung eines Wiederaufnahmeantrags zugunsten des Verurteilten

 A.Weitere Aufklärung des Sachverhalts

 B.Antrag auf Bestellung eines Verteidigers

  I.Antrag auf Bestellung eines Verteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren, § 364a StPO

   1.Voraussetzungen der Verteidigerbestellung

    a)Fehlende Verteidigung

    b)Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage

    c)Keine offensichtliche Aussichtslosigkeit des Wiederaufnahmeantrags

    d)Antragstellung

   2.Entscheidung über den Antrag und Rechtsbehelf

  II. Antrag auf Bestellung eines Verteidigers zur Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens, § 364b StPO

   1.Voraussetzungen der Verteidigerbestellung

    a)Fehlende Verteidigung

    b)Erfolgsaussicht des Wiederaufnahmeantrags

    c)Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage

    d)Mittellosigkeit des Verurteilten

    e)Antragstellung

   2.Entscheidung über den Antrag und Rechtsbehelf

Teil 4Vollstreckungsaufschub oder -unterbrechung

Teil 5Besonderheiten der Wiederaufnahme zugunsten eines Verstorbenen

Teil 6Besonderheiten der Wiederaufnahme nach § 79 Abs. 1 BVerfGG

 A.Bedeutung des § 79 Abs. 1 BVerfGG

 B.Zulässige Antragsziele

 C.Gesetzliche Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 BVerfGG

 D.Schlüssiger Sachvortrag

 E.Wiederaufnahmeverfahren und Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag

Teil 7Besonderheiten der Wiederaufnahme in Bußgeldsachen

 A.Anfechtbare Bußgeldentscheidungen

 B.Antragsberechtigung

 C.Zuständigkeit des Gerichts

 D.Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten

 E.Wiederaufnahme zuungunsten des Betroffenen

 F.Wiederaufnahmeverfahren, Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag und weiteres Verfahren

Teil 8Entschädigung des Verurteilten nach erfolgreicher Wiederaufnahme

 A.Der Entschädigungsanspruch

  I.Voraussetzungen einer Entschädigung dem Grunde nach

  II.Umfang des Entschädigungsanspruchs

 B.Das Entschädigungsverfahren

  I.Grundverfahren

  II.Betragsverfahren

Teil 9Muster von Verteidigerschriftsätzen

 Literaturverzeichnis

 Verzeichnis der Gesetzesstellen

 1.Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

 2.Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)

 3.Bundeszentralregistergesetz (BZRG)

 4.Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)

 5.Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

 6.Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG)

 7.Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)

 8.Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG)

 9.Grundgesetz (GG)

 10.Jugendgerichtsgesetz (JGG)

 11.Menschenrechtskonvention (MRK)

 12.Rechtspflegergesetz (RPflG)

 13.Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)

 14.Strafgesetzbuch (StGB)

 15.Strafprozessordnung (StPO)

 16.Strafvollstreckungsordnung (StVollstrO)

 17.Strafvollzugsgesetz (StVollzG)

 18.Zivilprozessordnung (ZPO)

 19.Zuständigkeitsergänzungsgesetz (ZEG)

 Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

abl. Anm.

ablehnende Anmerkung

Abs.

Absatz

Abschn.

Abschnitt

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

AG

Amtsgericht

AK

Alternativkommentar

allg.

allgemein

Alsb. E 1

Die strafprozessualen Entscheidungen der Oberlandesgerichte, herausgegeben von Alsberg und Friedrich (1927), 1. Band

Alt.

Alternative

Anm.

Anmerkung

AnwBl.

Anwaltsblatt

AnwK

Anwaltkommentar

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

AT

Allgemeiner Teil

Aufl.

Auflage

Az.

Aktenzeichen

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BayObLGSt

Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen

BayVerfGH

Bayerischer Verfassungsgerichtshof

BB

Betriebsberater

Bd.

Band

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BT-Drucks.

Bundestags-Drucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz

BZRG

Bundeszentralregistergesetz

bzw.

beziehungsweise

DAR

Deutsches Autorecht

ders.

derselbe

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

DRZ

Deutsche Rechtszeitschrift

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Einl.

Einleitung

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

f.

folgende(r)

ff.

folgende

Fn.

Fußnote(n)

FS

Festschrift

GA

Goltdammerʼs Archiv für Strafrecht

GG

Grundgesetz

GKG

Gerichtskostengesetz

GS

Der Gerichtssaal

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HK

Heidelberger Kommentar

h.M.

herrschende Meinung

HRRS

Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (Online-Zeitschrift)

hrsg. v.

herausgegeben von

insb.

insbesondere

i.V.m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

JGG

Jugendgerichtsgesetz

JMBl. NW

Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen

JR

Juristische Rundschau

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

Justiz

Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg

JZ

Juristenzeitung

KG

Kammergericht

KK

Karlsruher Kommentar

KK-OWiG

Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

KMR

Kleinknecht/Müller/Reitberger

krit.

kritisch

LG

Landgericht

LK

Leipziger Kommentar

LR

Löwe-Rosenberg

Ls.

Leitsatz

m. abl. Anm.

mit ablehnender Anmerkung

m. Anm.

mit Anmerkung

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

M.-G.

Meyer-Goßner, Lutz

MRK

Menschenrechtskonvention

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

m. zust. Anm.

mit zustimmender Anmerkung

Nds. Rpfl.

Niedersächsische Rechtspflege

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer(n)

NStE

Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR

NStZ-Rechtsprechungs-Report

OLG

Oberlandesgericht

OLGSt

Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- und Strafverfahrensrecht

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

RiStBV

Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren

Rn.

Randnummer(n)

Rpfleger

Rechtspfleger

RPflG

Rechtspflegergesetz

RRH

Rebmann, Kurt/Roth, Werner/Herrmann, Siegfried

RVG

Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

S.

Seite(n)

s.

siehe

SchlHA

Schleswig-Holsteinische Anzeigen

SK

Systematischer Kommentar

sog.

sogenannt(e/er/es)

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozessordnung

StraFo

Strafverteidiger-Forum

StrEG

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen

StrRehaG

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz

StV

Strafverteidiger

StVollstrO

Strafvollstreckungsordnung

u.

und

v.

von/vom

vgl.

vergleiche

Voraufl.

Vorauflage

VRS

Verkehrsrechts-Sammlung

wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

WuW/E

Wirtschaft und Wettbewerb/Entscheidungssammlung zum Kartellrecht

z.B.

zum Beispiel

ZIS

Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (Online-Zeitschrift)

ZPO

Zivilprozessordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

zust. Anm.

zustimmende Anmerkung

Einleitung

Einleitung › A. Zur Praxis der Wiederaufnahme in Strafsachen und zugleich zur Konzeption des Buches

A.Zur Praxis der Wiederaufnahme in Strafsachen und zugleich zur Konzeption des Buches

1

Die Praxis der Wiederaufnahme in Strafsachen ist höchst unbefriedigend. Es bedarf keiner aufwändigen empirischen Untersuchung, um wissen zu können, dass die Misserfolgsquote bei Wiederaufnahmeanträgen außerordentlich hoch ist. Die Auskunft ist von jedem Richter oder Staatsanwalt zu erhalten, der mit Wiederaufnahmesachen befasst ist. Sofern dieser sich vor Berufsblindheit hat bewahren können, wird er zugeben, dass keineswegs entsprechend selten rechtskräftige Fehlurteile in der strafrechtlichen Praxis vorkommen. Nur werden sie eben selten korrigiert.

2

Verantwortlich für den unbefriedigenden Zustand ist einmal eine gesetzliche Konzeption, die einer Korrektur rechtskräftiger Fehlurteile sehr enge Grenzen setzt.[1] Von erheblichem Gewicht sind aber auch Gründe, die die Praxis der Rechtsanwendung betreffen. So handhabt die justizielle Praxis die Vorschriften des Wiederaufnahmerechts zumeist sehr restriktiv.[2] Ferner zeigt die richterliche Erfahrung, dass Strafverteidiger mit dem Wiederaufnahmerecht, das sich in wesentlichen Strukturelementen vom sonstigen Strafverfahrensrecht unterscheidet, oft nicht genügend vertraut sind.

3

Das Buch soll zu einer Veränderung der Rechtsanwendungspraxis beitragen. Es bietet eine betont systematische Darstellung des Wiederaufnahmerechts, was das Verständnis für die Besonderheiten dieses Gebietes fördern soll. Die Abfolge der gesetzlichen Vorschriften ist nämlich eher verwirrend. Daher leisten Kommentare auch nur begrenzt Hilfestellung. Zugleich ist eine kritische Überprüfung der restriktiven justiziellen Praxis beabsichtigt. Somit wendet sich das Buch nicht allein an Strafverteidiger, sondern auch an sonstige in Praxis und Theorie mit dem Wiederaufnahmeverfahren befasste Personen.

4

Soweit das Buch für Zwecke der Strafverteidigung benutzt wird, sollte Anleitungsliteratur zur Verteidigungstätigkeit im Ermittlungsverfahren ergänzend herangezogen werden. Denn die dort zu findenden praktischen Hinweise zur Informationsbeschaffung[3] sind weitgehend übertragbar auf das Wiederaufnahmeverfahren. Daher geht die vorliegende Darstellung nur gelegentlich auf diese Fragen ein. Das beruht im Übrigen auch auf der richterlichen Erfahrung, dass Wiederaufnahmeanträge selten an mangelndem Know-how hinsichtlich der Informationsbeschaffung, sehr häufig jedoch an unzureichendem Wissen darüber scheitern, welche Informationen wie darzulegen sind. Konkrete praktische Hilfen bietet das Buch insoweit durch Muster von Verteidigerschriftsätzen im Anhang sowie durch Fall- und Formulierungsbeispiele in dem praktisch besonders bedeutsamen Bereich der Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten auf Grund von § 359 Nr. 5 StPO.

Einleitung › B. Einführung in das Recht der Wiederaufnahme in Strafsachen

B.Einführung in das Recht der Wiederaufnahme in Strafsachen

5

Die Wiederaufnahme ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf. Ihre Funktion besteht in der Durchbrechung der Rechtskraft im Interesse materieller Einzelfallgerechtigkeit.[4]

6

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Strafverfahrens setzt einen entsprechenden Antrag voraus, vgl. §§ 360 Abs. 1, 361 Abs. 1, 364 Satz 1, 365, 366 StPO. Als Antragsteller kommen verschiedene Verfahrensbeteiligte in Betracht, in erster Linie der Verurteilte bzw. sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft, §§ 365, 296, 297 StPO. In dem Wiederaufnahmeantrag müssen der gesetzliche Grund der Wiederaufnahme und die Beweismittel angegeben werden, § 366 Abs. 1 StPO. Je nach dem Ziel des Antrags kommen teilweise verschiedene gesetzliche Wiederaufnahmegründe in Frage. Wenn Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten erstrebt wird, gilt § 359 StPO, bei Wiederaufnahmeanträgen zuungunsten des Angeklagten § 362 StPO.[5] Die praktisch bedeutsamste Besonderheit der Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten gegenüber der Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten besteht darin, dass sie auf alle neuen Tatsachen oder Beweismittel gestützt werden kann, wenn diese nur geeignet sind, allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Verurteilten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen (Wiederaufnahme propter nova, § 359 Nr. 5 StPO).

7

Der Wiederaufnahmeantrag durchläuft ein mehrstufiges Verfahren. Das nach den §§ 367 Abs. 1 Satz 1 StPO, 140a GVG zuständige Wiederaufnahmegericht entscheidet zunächst über die Zulassung des Wiederaufnahmeantrags (sog. Aditionsverfahren). Der Antrag wird als unzulässig verworfen, wenn er nicht in der vorgeschriebenen Form angebracht, in ihm kein gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder kein geeignetes Beweismittel angeführt worden ist, § 368 Abs. 1 StPO. Nach der Zulassung des Antrags werden die angetretenen Beweise erhoben, § 369 StPO; anschließend befindet das Gericht über die Begründetheit des Antrags (sog. Probationsverfahren). Wenn die in dem Antrag aufgestellten Behauptungen durch die Beweisaufnahme genügend bestätigt worden sind, wird die Wiederaufnahme des Verfahrens und – in der Regel[6] – die Erneuerung der Hauptverhandlung angeordnet. Die neue Hauptverhandlung richtet sich wie die erste Hauptverhandlung nach den §§ 226 ff. StPO. Nach § 373 StPO gelten allerdings besondere Regeln für die Tenorierung und, was bedeutsamer ist, das Verbot der reformatio in peius.

8

Die Struktur des Wiederaufnahmeverfahrens unterscheidet sich grundlegend von derjenigen des Erkenntnisverfahrens.[7] Das Erkenntnisverfahren ist inquisitorisch strukturiert, die Verfahrensherrschaft liegt beim Gericht. Dementsprechend obliegt ihm auch die Stoffsammlung. Für Darlegungslasten anderer Verfahrensbeteiligter, namentlich des Angeklagten, bleibt kein Raum. Mit dem rechtskräftigen Abschluss des Erkenntnisverfahrens geht ein Strukturwandel einher. Ein anschließendes Wiederaufnahmeverfahren ist ähnlich akkusatorisch strukturiert wie der Zivilprozess. Das Gericht hat keine verfahrensbeherrschende Position inne. Die maßgebenden verfahrensgestaltenden Befugnisse besitzt der Antragsteller. Dementsprechend verschieben sich auch die Verantwortungsbereiche hinsichtlich der Stoffsammlung. Den Antragsteller treffen umfassende Darlegungs- und Beweisführungslasten. Andererseits ist das Wiederaufnahmegericht ähnlich wie ein Zivilgericht gemäß § 139 ZPO in besonderem Maße zur Hilfeleistung gegenüber dem Antragsteller verpflichtet, so dass es ihn insbesondere erforderlichenfalls auf das Ausmaß seiner Darlegungs- und Beweisführungsobliegenheiten hinzuweisen hat.

9

Der Strukturwandel erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber mit Eintritt der Rechtskraft die öffentlichen Rechtsschutzinteressen hinsichtlich der Sache selbst als erledigt ansieht. Er geht davon aus, dass der öffentliche Rechtsfrieden durch den rechtskräftigen Urteilsspruch in jedem Fall wiederhergestellt worden ist und dass allenfalls noch der persönliche Rechtsfrieden privater Verfahrensbeteiligter, die ihre privaten Rechtsschutzinteressen durch das Urteil nicht verwirklicht sehen, gestört sein kann. Das öffentliche Rechtsschutzinteresse ist nunmehr auf Aufrechterhaltung des Urteils gerichtet. Seine Richtigkeit wird vermutet. Dementsprechend betrachtet der Staat das weitere Geltendmachen privater Rechtsschutzinteressen, namentlich die Rehabilitierung des Verurteilten, der sich zu Unrecht verurteilt fühlt, als Privatangelegenheit. Wie zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche stellt er lediglich Rechtspflegeorgane zur Verfügung, bei denen private Rechtsschutzinteressen in einem rechtlich geordneten Verfahren geltend gemacht werden können. Zum Gegenstand öffentlichen Interesses wird das weitere Aufbegehren privater Verfahrensbeteiligter erst, wenn es ihnen gelingt, die Vermutung für die Richtigkeit der Feststellungen, die das rechtskräftige Urteil in sich trägt, zu erschüttern. Da sich in diesem Fall der öffentliche Rechtsfrieden als nur scheinbar wiederhergestellt erweist, nimmt nunmehr der Staat die Sache wieder in die eigenen Hände.[8]

10

Den strukturellen Besonderheiten des Wiederaufnahmeverfahrens wird es nicht gerecht, die spezifischen Darlegungs- und Beweisführungslasten, die den Antragsteller treffen, lediglich als „gesteigerte Auswirkungen der Akkusationsmaxime“ anzusehen.[9] Die dafür vorgetragenen Argumente[10] sind nicht stichhaltig. Insbesondere steht die in § 244 Abs. 2 StPO normierte Amtsaufklärungspflicht dem hier skizzierten Strukturwandel nicht entgegen. Der Hinweis darauf, dass „die Handhabung aller Verfahrensvorschriften … unter dem beherrschenden Grundsatz des § 244 Abs. 2 StPO“ stehe, versperrt den Blick auf die strukturellen Unterschiede zwischen dem erstinstanzlichen und dem wiederaufgenommenen Verfahren auf der einen Seite sowie dem Aditions- und Probationsverfahren auf der anderen Seite, wie sie sich aus den betreffenden Verfahrensvorschriften ergeben.[11] Sie lassen eine derart deutliche Abkehr von dem das Erkenntnisverfahren prägenden Untersuchungsgrundsatz erkennen, dass es sachwidrig wäre, insoweit gleichermaßen von einem inquisitorisch strukturierten Verfahren zu sprechen. Dem hier angenommenen Strukturwandel steht auch nicht entgegen, dass erhöhte Darlegungsanforderungen anderen speziellen Bereichen des Strafverfahrens, etwa dem Wiedereinsetzungs-, dem Revisions- und dem Klageerzwingungsverfahren, ebenfalls nicht fremd sind. Die Besonderheiten dieser Verfahrensstadien belegen vielmehr, dass verschiedene Konstellationen des Strafverfahrens durchaus mehr oder weniger stark von akkusatorischen Strukturelementen geprägt sind, so dass der für das Wiederaufnahmeverfahren festzustellende Strukturbruch dem Strafprozessrecht keineswegs wesensfremd sein muss.[12] Schließlich spricht auch der Umstand, dass das Gesetz überhaupt eine Wiederaufnahmemöglichkeit vorsieht, nicht gegen die hier vertretene Auffassung. Die akkusatorische Struktur des Wiederaufnahmeverfahrens bestätigt nur, dass das Wiederaufnahmebegehren lediglich als Ausdruck privaten Rechtsschutzinteresses angesehen wird, solange nicht die Erneuerung der Hauptverhandlung angeordnet worden ist.

Anmerkungen

[1]

Vgl. zu entsprechenden Reformforderungen namentlich: Denkschrift des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer, S. 74 ff.; Dippel GA 1972, 97, 119 ff.; Deml S. 21 ff.; Rieß NStZ 1994, 153 ff. Ein von der SPD-Fraktion während der 13. Legislaturperiode in den Bundestag eingebrachter Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Wiederaufnahmerechts vom 29.1.1996 (BT-Drucks. 13/3594) sah u.a. eine Ausweitung der Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten auf offensichtliche Rechtsfehler und die Einführung des Wesentlichkeitsprinzips bei der Strafmaß-Wiederaufnahme vor (dazu näher unten Rn. 93). Nach der Beratung im Rechtsausschuss (vgl. BT-Drucks. 13/10333) wurde allerdings lediglich der neue Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 6 StPO (Wiederaufnahme bei festgestellter Verletzung der Menschenrechtskonvention) eingeführt (dazu näher unten Rn. 276 ff.). Die übrigen Änderungsvorschläge wurden seitens der SPD-Fraktion zurückgezogen und nicht im Einzelnen beraten. Zur Diskussion um den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vgl. van Essen Kriminalistik 1996, 762 ff.; Wasserburg ZRP 1997, 412 ff.; Stoffers ZRP 1998, 173 ff.

[2]

Vgl. etwa Schünemann ZStW 84 (1972), 870, 888; Peters FS Dünnebier, S. 53, 71 ff.; Schöneborn MDR 1975, 441; Wasserburg StV 1992, 104; Stern NStZ 1993, 409 ff.; Strate StV 1999, 228 ff.; Bock/Eschelbach/Geipel/Hettinger/Röschke/Wille GA 2013, 328 ff.; KMR-Eschelbach, vor § 359 Rn. 5.

[3]

Z.B. Weihrauch/Bosbach Verteidigung im Ermittlungsverfahren, Rn. 91 ff.; Klemke/Elbs Einführung in die Praxis der Strafverteidigung, Rn. 337 ff.; Dahs Rn. 285 ff.; Barton § 8 Rn. 17 ff.; Handbuch des Fachanwalts Strafrecht-Bockemühl, 2. Teil 1. Kap., Rn. 59 ff.; Günther Strafverteidigung, S. 82 ff.

[4]

Vgl. etwa M.-G. vor § 359 Rn. 1 f.

[5]

Außerhalb der §§ 359, 362 StPO finden sich gesetzliche Wiederaufnahmegründe in § 79 BVerfGG (dazu unten Rn. 517 ff.) und in § 18 des Zuständigkeitsergänzungsgesetzes vom 7.8.1952 (BGBl. I, 407 ff.). Diese Wiederaufnahmegründe sind praktisch weniger relevant. Das gilt auch für die durch die Gesetze zur Beseitigung oder Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Strafrechtspflege gewährten, der Wiederaufnahme ähnlichen Möglichkeiten zur Aufhebung rechtskräftiger Urteile. Einzelheiten dazu bei LR-Gössel, vor § 359 Rn. 180 ff. Rechtsstaatswidrige Entscheidungen von Strafgerichten der ehemaligen DDR können nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz – StrRehaG – vom 29.10.1992 aufgehoben werden. Näher dazu LR-Gössel, vor § 359 Rn. 186 f.

[6]

§ 371 StPO sieht in Ausnahmefällen, etwa wenn der Verurteilte bereits verstorben ist, eine Entscheidung ohne neue Hauptverhandlung vor.

[7]

Näher dazu Tiemann insbes. S. 68 ff., 92 ff. und 135 ff. Vgl. außerdem Marxen S. 288 ff.

[8]

Näher zu allem Tiemann insbes. S. 79 ff.

[9]

So allerdings LR-Gössel, vor § 359 Rn. 13.

[10]

Vgl. LR-Gössel, vor § 359 Rn. 13.

[11]

Näher dazu Tiemann S. 70 ff.; wie hier auch Hellebrand NStZ 2004, 413, 415.

[12]

Näher dazu Tiemann S. 70 ff.

Teil 1Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags

Inhaltsverzeichnis

A.Zulässigkeitsvoraussetzungen

B.Zulässigkeitsverfahren

C.Entscheidungsmöglichkeiten des Wiederaufnahmegerichts

D.Rechtsbehelf und weitere Entscheidungen

Teil 1 Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags › A. Zulässigkeitsvoraussetzungen

A.Zulässigkeitsvoraussetzungen

11

Die Darstellung unterscheidet zwischen allgemeinen und besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen werden diejenigen vorab erörtert, die sich im Wesentlichen unabhängig von der Zielrichtung des Wiederaufnahmeantrags darstellen lassen.

Teil 1 Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags › A › I. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

I.Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

1.Allgemeine Prozessvoraussetzungen

a)Antrag

12

Das Wiederaufnahmeverfahren wird nicht von Amts wegen betrieben. Stets ist ein Antrag erforderlich.

13

Berufsethische Gründe sollten den Richter jedoch veranlassen, durch Unterrichtung des Verurteilten oder der Staatsanwaltschaft auf die Beseitigung einer als falsch erkannten Verurteilung hinzuwirken, sofern eine Wiederaufnahme möglich erscheint.

14

Die Antragstellung ist an keine gesetzliche Frist gebunden.[1] Theoretisch existiert überhaupt keine zeitliche Grenze, weil weder die erfolgte Strafvollstreckung noch der Tod des Verurteilten die Wiederaufnahme ausschließen und zu den Antragsberechtigten die Verwandten absteigender Linie gehören (§ 361 StPO). Praktisch ergibt sich eine zeitliche Begrenzung aber daraus, dass es im Laufe der Zeit immer schwieriger wird, geeignete Beweismittel (§ 368 Abs. 1 StPO) beizubringen.

b)Sonstige allgemeine Prozessvoraussetzungen

15

Ein Wiederaufnahmeantrag ist grundsätzlich nur zulässig, wenn die allgemeinen Voraussetzungen jedes Strafverfahrens vorliegen. Da das in der Praxis regelmäßig der Fall ist, seien nur beispielhaft genannt:[2] Zulässigkeit des Rechtsweges (§ 13 GVG), Verhandlungsfähigkeit, keine Immunität bei Abgeordneten, keine Begnadigung, keine Amnestie, keine anderweitige Rechtshängigkeit, keine rechtskräftige Entscheidung.[3]

16

Besonderes gilt für die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten. Sein Rehabilitationsinteresse kann die Durchführung des Verfahrens gebieten, auch wenn allgemeine Prozessvoraussetzungen fehlen oder Verfahrenshindernisse vorliegen. Das bringt § 361 Abs. 1 StPO zum Ausdruck; danach hindern die erfolgte Strafvollstreckung oder der Tod des Verurteilten die Wiederaufnahme nicht. Die Vorschrift ist analog anwendbar auf Fälle der Verhandlungsunfähigkeit des Verurteilten,[4] der Vollstreckungsverjährung (§ 79 StGB), der Begnadigung und der Amnestie.[5]

17

Das Rehabilitationsinteresse des Verurteilten hat auch Vorrang vor einer etwaigen Verfolgungsverjährung. Wenn das gewichtigste Verfahrenshindernis, der Tod des Verurteilten, einer Wiederaufnahme des Verfahrens nicht entgegensteht, dann muss das Verfahren auch im Falle der Verfolgungsverjährung zulässig sein,[6] selbst wenn die Frist der absoluten Verjährung gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB verstrichen ist. Das Recht auf Rehabilitierung verjährt nicht.[7]

18

Dagegen hindert eine eingetretene Verfolgungsverjährung an einer Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Angeklagten.[8] Der Fristablauf ist gemäß § 78a StGB zu berechnen: Maßgebend für den Beginn der Verjährung ist der Zeitpunkt der Beendigung der Tat. Die zwischenzeitlich erfolgte freisprechende Entscheidung hat für den Ablauf der Verjährungsfrist keine Bedeutung. Weder beendet sie die Verjährung mit der Folge, dass mit dem Beschluss gemäß § 370 Abs. 2 StPO eine neue Verjährungsfrist beginnt,[9] noch bewirkt sie ein Ruhen der Verjährung gemäß § 78b Abs. 1 StGB, das bis zu einem Beschluss gemäß § 370 Abs. 2 StPO andauert.[10]

19

Damit wird dem durch den reinen Zeitablauf bedingten Schwinden des Strafbedürfnisses Rechnung getragen.[11] Zugleich wird die notwendige Gleichbehandlung mit demjenigen Täter erreicht, der von der Verjährung profitiert, weil er gar nicht erst verfolgt wurde oder eine Anklageerhebung unterblieb.[12] Ein Ruhen der Verjährung gemäß § 78b Abs. 1 StGB kann nicht angenommen werden, weil ein gesetzlicher Grund für einen völligen Ausschluss jeder Strafverfolgung nicht gegeben ist. Vielmehr können zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeantrags gemäß § 362 StPO durchaus einige derjenigen Strafverfolgungsmaßnahmen getroffen werden, die nach § 78c StGB die Verjährung unterbrechen.[13]

2.Statthaftigkeit

a)Rechtskräftige Urteile

20

Nach den §§ 359, 362 StPO können „rechtskräftige Urteile“ mit einem Wiederaufnahmeantrag angefochten werden.[14]

aa)Vollrechtskräftige Sachurteile

21

Danach können zunächst solche in Rechtskraft erwachsenen Urteile Gegenstand eines Wiederaufnahmeverfahrens sein, die in der Sache selbst entscheiden, und zwar über den gesamten Verfahrensgegenstand.

bb)Prozessurteile, insbesondere Einstellungsurteile

22

Prozessurteile sind grundsätzlich nicht im Wege der Wiederaufnahme anfechtbar. Das betrifft vor allem Einstellungsurteile,[15] welche die Unzulässigkeit des Verfahrens mangels einer Prozessvoraussetzung oder wegen eines Prozesshindernisses aussprechen. Solche Urteile enthalten in der Regel keine Sachentscheidung und sind dementsprechend nur der formellen, nicht aber der materiellen Rechtskraft fähig. Die formelle Rechtskraft einer Entscheidung hat jedoch nur zur Folge, dass die Entscheidung in dem Verfahren, in dem sie erlassen worden ist, nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angreifbar ist. Eine spätere Fortführung des Verfahrens wird dadurch nicht ausgeschlossen. Für das Wiederaufnahmerecht besteht an sich kein Anwendungsbedarf.[16]

23

Ein solcher kann sich allerdings ergeben, wenn der Rechtsfrieden und die Schutzinteressen des Angeklagten es erforderlich machen, dem Einstellungsurteil eine der materiellen Rechtskraft vergleichbare Bestandskraft zu verleihen. Das ist der Fall bei denjenigen Einstellungsurteilen, die das Vorliegen eines endgültigen Verfahrenshindernisses aussprechen (z.B. fehlender Strafantrag, Verjährung). Sie wirken für den Angeklagten wie freisprechende Urteile und sollten daher gleichermaßen nur im Wege der Wiederaufnahme beseitigt werden können.[17] Beruht das Einstellungsurteil dagegen auf einem behebbaren Verfahrenshindernis (z.B. Verhandlungsunfähigkeit), so kann das Verfahren nach dessen Wegfall ohne weiteres fortgeführt werden.

cc)Teilrechtskräftige Urteile

24

Die Anfechtbarkeit teilrechtskräftiger Urteile im Wege der Wiederaufnahme ist in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung[18] uneingeschränkt zu bejahen.[19] Das gilt gleichermaßen für die vertikale und die horizontale Teilrechtskraft.

25

Vertikale Teilrechtskraft bezeichnet die Rechtskraftbeschränkung auf einen Teil des Prozessstoffes, der selbständiger Gegenstand eines anderen Verfahrens sein könnte,[20] wie etwa bei endgültiger Aburteilung eines von mehreren Angeklagten (sog. subjektiv-vertikale Teilrechtskraft) oder bei endgültiger Aburteilung einer von mehreren zur Anklage gebrachten Taten im prozessualen Sinne (sog. objektiv-vertikale Teilrechtskraft). Unter horizontaler Teilrechtskraft wird demgegenüber allgemein die Beschränkung der Rechtskraft auf selbständig beurteilbare und damit trennbare Teile des Prozessstoffes im Verfahren gegen einen Angeklagten verstanden, insbesondere die Beschränkung der Rechtskraft auf den Schuldspruch.[21]

26

Bei vertikaler Teilrechtskraft muss ein Wiederaufnahmeantrag schon deshalb zulässig sein, weil aus dem Teilerkenntnis vollstreckt werden kann.[22] Die Zulässigkeit der Wiederaufnahme gegen horizontal teilrechtskräftige Urteile folgt aus prinzipiellen rechtsstaatlichen Erwägungen: Dem Ziel des Wiederaufnahmeverfahrens, die materielle Gerechtigkeit zu verwirklichen, würde es krass widersprechen, wenn auf der Grundlage eines als unrichtig erkannten Schuldspruchs zunächst eine Strafe zu verhängen wäre, bevor der Schuldspruch im Wege der Wiederaufnahme angefochten werden könnte. Der unschuldig Verfolgte hat Anspruch darauf, so schnell wie möglich von der Last der Strafverfolgung befreit zu werden.[23] Es kann nicht Aufgabe der Gerichte sein, „sehenden Auges“ eine Strafe gegen den als unschuldig erkannten Angeklagten festzusetzen.[24]

27

Die gegen eine Anfechtbarkeit teilrechtskräftiger Urteile angeführten Gründe vermögen nicht zu überzeugen. Der Wortlaut der §§ 359, 362 StPO („durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossen“) schließt Wiederaufnahmeanträge gegen teilrechtskräftige Urteile nicht aus.[25] Die Vorschriften können ohne weiteres so verstanden werden, dass ein Wiederaufnahmeantrag insoweit zulässig sein soll, als ein Verfahren durch rechtskräftiges Urteil beendet ist.[26] Dadurch wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Wiederaufnahme eines noch rechtshängigen Verfahrens unzulässig ist.[27] Der durch teilrechtskräftiges Urteil abschließend behandelte Verfahrensstoff ist aber nicht mehr rechtshängig und kann dementsprechend selbständiger Gegenstand eines Wiederaufnahmeverfahrens sein. Der Grundsatz der Prozessökonomie spricht ebenfalls nicht gegen die Zulassung von Wiederaufnahmeanträgen gegen teilrechtskräftige Urteile.[28] So ist es in Fällen horizontaler Teilrechtskraft gerade unzweckmäßig, vor der Anfechtung des Schuldspruchs im Wege der Wiederaufnahme einen rechtskräftigen Rechtsfolgenausspruch herbeiführen zu müssen.[29] Bisweilen wird die Zulässigkeit der Wiederaufnahme gegen horizontal teilrechtskräftige Urteile mit der Begründung abgelehnt, dass die Bestandskraft dieser Urteile auflösend bedingt sei: Sie stehe unter dem Vorbehalt einer etwa für nötig befundenen Überprüfung der Schuldfrage.[30] Danach bedarf es der Wiederaufnahme des Verfahrens gar nicht, wenn die Fehlerhaftigkeit des Schuldspruchs im weiteren Verfahrensverlauf erkannt wird. Die Annahme auflösend bedingter Rechtskraft bei horizontal teilrechtskräftigen Urteilen findet jedoch im Gesetz keine Grundlage und läuft dem Zweck der Rechtskraft zuwider, Rechtssicherheit zu schaffen. Sie ist daher abzulehnen.[31] Im Übrigen beruhen die Bedenken gegen die Zulassung von Wiederaufnahmeanträgen auf der Befürchtung, dass es im Rechtsmittel- und im Wiederaufnahmeverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen kommen könne.[32] Zwar ist theoretisch nicht ausgeschlossen, dass Rechtsmittel- und Wiederaufnahmegericht zu divergierenden Entscheidungen gelangen. Denkbar ist etwa, dass beide Gerichte vom jeweils anderen Verfahren und dessen Stand nicht unterrichtet sind und gleichzeitig einander widersprechende Entscheidungen treffen.[33] Solche Fälle sind jedoch höchst unwahrscheinlich und in der Praxis bisher nicht bekannt geworden. Deswegen kann die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen vernachlässigt werden.[34]

b)Rechtskräftige Strafbefehle

28

Rechtskräftige Strafbefehle sind nach § 373a StPO im Wege der Wiederaufnahme anfechtbar.

c)Beschlüsse

29

Der Gesetzeswortlaut sieht eine Wiederaufnahme gegenüber Beschlüssen nicht vor. In Betracht kommt jedoch eine analoge Anwendung,[35] weil seit Schaffung der Wiederaufnahmevorschriften Beschlüsse zunehmend anstelle von Urteilen das Verfahren beenden (z.B. §§ 153, 153a, 349 Abs. 2 und 4 StPO) und auch Beschlüsse materiell rechtskräftig und dementsprechend ebenso wenig geändert werden können wie materiell rechtskräftige Urteile.[36]

30

Die in der Rechtsprechung verbreitete Gegenmeinung[37] argumentiert rechtstheoretisch ungenau und sachlich falsch. Dass die §§ 359, 362 StPO Ausnahmevorschriften seien und daher eine Analogie nicht zuließen, ist eine petitio principii. Übersehen wird, dass – sollte der historische Gesetzgeber die Vorschriften als strikt einzuhaltende Ausnahmen angesehen haben – gleichwohl nachfolgende Entwicklungen die Notwendigkeit einer Erweiterung begründen können.[38] Das ist hier wegen der Tendenz zu urteilsersetzenden Beschlüssen der Fall. Schließlich verfängt auch nicht das Argument, Gerechtigkeit und Rechtsfrieden seien durch fehlerhafte rechtskräftige Beschlüsse nicht ernsthaft bedroht, weil im Beschlusswege nur Nebenentscheidungen von geringer Eingriffsintensität getroffen würden. Beschlüsse können in ihrer Wirkung Urteilen durchaus entsprechen. Das gilt etwa für den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 f StGB oder für die Erteilung von Auflagen und Weisungen gemäß § 153a StPO. Im Übrigen ist das Argument paradox. Es erkennt Entscheidungen von minderer Bedeutung ein höheres Maß an Rechtskraft zu. Umgekehrt ist es richtig: Wenn schon die Rechtskraft von Urteilen durch Wiederaufnahme beseitigt werden kann, dann müssen erst recht Beschlüsse auf diesem Weg angreifbar sein.

31

Die Analogie setzt allerdings eine Entscheidung in der Sache selbst voraus; die bloß formelle Rechtskraft ist kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Wiederaufnahme.[39] So ist im Falle der Verwerfung eines Rechtsmittels wegen Unzulässigkeit (§§ 319 Abs. 1 und 2, 322 Abs. 1, 346 Abs. 1 und 2, 349 Abs. 1 StPO) nicht dieser Beschluss, sondern nur das zugrunde liegende Urteil mit der Wiederaufnahme angreifbar.[40]

32

Ferner ist für eine Analogie dort kein Raum, wo Spezialvorschriften zum Wiederaufnahmeproblem existieren. Deutliche Beispiele dafür sind §§ 174 Abs. 2 und 211 StPO. Bei gerichtlichen Einstellungsbeschlüssen gemäß §§ 153 ff., 383 Abs. 2 StPO ist die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten durch die in § 153a Abs. 1 Satz 4 StPO enthaltene Möglichkeit abschließend geregelt, das Verfahren fortzusetzen, falls sich die Tat als Verbrechen herausstellt.[41]

33

Schließlich können sich Grenzen für eine analoge Anwendung daraus ergeben, dass Besonderheiten des Beschlusses und der Verfahrenslage einer Übertragung einzelner Wiederaufnahmevorschriften entgegenstehen. Das kann insbesondere bei Form-, Verfahrens- oder Zuständigkeitsvorschriften der Fall sein. Soll etwa durch das Geltendmachen von Wiederaufnahmegründen die Vollstreckung einer Strafe unterbunden werden, bietet es sich an, das Verfahren nach §§ 458, 462 StPO abzuwickeln, die eine raschere und sachnähere Entscheidung ermöglichen als das formelle Wiederaufnahmeverfahren. Von praktischer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang vor allem Fälle des Widerrufs der Strafaussetzung nach § 56f StGB[42] und der Aussetzung einer Unterbringung nach § 67g StGB.[43] Bei Vollzugsmaßnahmen, über die im Verfahren nach § 109 StVollzG oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften rechtskräftig entschieden worden ist, bedarf es der Wiederaufnahme nicht, weil es dem Strafgefangenen in der Regel unbenommen ist, verfassungsrechtlich bedeutsame Begehren, die seine Resozialisierung betreffen, wie etwa die Verlegung in den offenen Vollzug oder Vollzugslockerungen, auch nach rechtskräftiger Ablehnung weiterzuverfolgen.[44] Auch die unter Wiederaufnahmegesichtspunkten notwendige Korrektur einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 460 StPO sollte dem flexibleren Verfahren nach § 462 StPO vorbehalten bleiben.[45] – Von diesen Modifizierungen bleibt der Grundgedanke der Analogie unberührt: Durch das Geltendmachen von Wiederaufnahmegründen kann die gerichtliche Überprüfung eines rechtskräftigen Beschlusses erzwungen werden.

34

Einige Einzelheiten zu sonstigen Beschlüssen:

Gute Gründe sprechen dafür, gegen Einstellungsentscheidungen gemäß § 153a StPO die Wiederaufnahme zugunsten des Beschuldigten zuzulassen.[46] Praktisch bedeutsam ist in erster Linie der Fall, dass der Beschuldigte, der in einer unklaren Beweissituation der Einstellung zugestimmt hat, um das Risiko einer Verurteilung zu vermeiden, nach der endgültigen Einstellung seine Unschuld beweisen kann. Wegen des Sanktionscharakters der Auflage[47] ist der Beschuldigte auch beschwert. Seine Zustimmung steht der Wiederaufnahme nicht entgegen, sofern er plausibel darlegen kann, dass sie kein Schuldeingeständnis bedeutete (erweiterte Darlegungslast).[48]

35

Bedeutsam wird die Anfechtbarkeit einer Einstellungsentscheidung nach § 153a StPO auch dann, wenn sich der Beschuldigte bei lediglich (verfassungs-)rechtlich unklarer Lage mit der Einstellung einverstanden erklärt hat und das Bundesverfassungsgericht später in vergleichbaren Fällen feststellt, dass der gegen den Beschuldigten erhobene Vorwurf verfassungsrechtlich nicht haltbar war, so dass der Wiederaufnahmegrund des § 79 Abs. 1 BVerfGG eingreift.[49] So verhielt es sich in einer Vielzahl von Strafverfahren gegen Teilnehmer an sog. Sitzblockaden, nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 10. Januar 1995 die erweiternde Auslegung des Gewaltbegriffs im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit Sitzblockaden für verfassungswidrig erklärt hatte.[50] Gerade in derartigen Fällen wird deutlich, dass es nicht sachgerecht ist, die Statthaftigkeit der Wiederaufnahme gegen die Einstellungsentscheidung gemäß § 153a StPO unter Hinweis darauf zu verneinen, dass die Einstellung unter Auflagen nicht mit einer Verurteilung vergleichbar sei.[51] Dabei wird verkannt, dass es nahe liegende und verständliche Gründe gibt, die den Beschuldigten dazu veranlassen können, sich angesichts einer drohenden Verurteilung mit der Einstellung des Verfahrens abzufinden. In Anbetracht dessen wäre es gerade in Fällen, in denen die Unhaltbarkeit des ursprünglich gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwurfs so klar zutage tritt wie bei den wegen Beteiligung an einer Sitzblockade eingeleiteten Strafverfahren, aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit unerträglich, nur demjenigen eine Wiederaufnahmemöglichkeit zu eröffnen, der seine Verurteilung in Kauf genommen hat.

36

Für Einstellungsbeschlüsse gemäß § 206a StPO muss dasjenige gleichermaßen gelten, was oben[52] zu Einstellungsurteilen ausgeführt wurde: Mit einem Wiederaufnahmebegehren anfechtbar sind solche Einstellungsbeschlüsse, welche ein endgültiges Verfahrenshindernis feststellen.[53]

37

Gegen einen Einstellungsbeschluss gemäß § 206b StPO (Wegfall einer strafbegründenden Norm) ist eine Wiederaufnahme in entsprechender Anwendung von § 362 StPO möglich.[54]

38

Im Falle einer Beendigung des Revisionsverfahrens durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO könnte sich ein Wiederaufnahmeantrag auf § 359 Nr. 3 StPO stützen;[55] im Regelfall wird der Angriff sich jedoch gegen das durch den Beschluss rechtskräftig gewordene Urteil richten. Gegenüber einem Beschluss gemäß § 349 Abs. 4 StPO kommt, sofern in der Sache selbst entschieden und nicht etwa zurückverwiesen worden ist, die Wiederaufnahme gemäß § 362 StPO in Betracht.[56]

39

Einer Analogie gemäß § 362 StPO zugänglich sind auch freisprechende Beschlüsse nach § 371 Abs. 1 und 2 StPO.[57]

3.Antragsberechtigung

40

Die Antragsberechtigung des Verurteilten ergibt sich aus den §§ 365, 296 Abs. 1 StPO.

41

Der Verteidiger kann nach den §§ 365, 297 StPO einen Wiederaufnahmeantrag stellen, nicht jedoch gegen den ausdrücklichen Willen des Verurteilten.

42

Hat der Verurteilte einen gesetzlichen Vertreter, so kann auch dieser die Wiederaufnahme beantragen, §§ 365, 298 StPO. Dasselbe Recht steht nach § 67 Abs. 3 JGG den Erziehungsberechtigten jugendlicher Verurteilter zu. Der vom gesetzlichen Vertreter gestellte Wiederaufnahmeantrag wird unzulässig, wenn die gesetzliche Vertretung endet, bevor nach § 370 StPO über die Begründetheit des Antrags entschieden worden ist, und der Verurteilte nicht selbst als Antragsteller eintritt.[58] Entsprechendes gilt für den Wiederaufnahmeantrag des Erziehungsberechtigten, wenn der Verurteilte volljährig wird.

43

Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann ferner nach den §§ 365, 296 Abs. 1 StPO von der Staatsanwaltschaft beantragt werden, und zwar auch zugunsten des Verurteilten, §§ 365, 296 Abs. 2 StPO.

44

Eine Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten zu beantragen, kommt hingegen auf Grund der strukturellen Besonderheiten des Wiederaufnahmeverfahrens nicht in Betracht. Danach wird die Rehabilitierung des Verurteilten erst mit der Anordnung der Wiederaufnahme nach § 370 Abs. 2 StPO wieder zum Gegenstand öffentlichen Interesses.[59] Dementsprechend lässt sich eine Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zur Antragstellung insbesondere nicht aus dem Legalitätsprinzip herleiten.[60] Aus dem gleichen Grund kann die Staatsanwaltschaft entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht[61] auch nicht entsprechend Nr. 147 Abs. 1 RiStBV verpflichtet sein, die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten zu betreiben.

45

Der Privatkläger ist nach § 390 Abs. 1 Satz 2 StPO berechtigt, Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten zu beantragen.

46

Für eine Antragsberechtigung des Nebenklägers gibt es seit der Änderung des § 397 Abs. 1 StPO durch das Opferschutzgesetz vom 18.12.1986 (BGBl. I, 2496), wodurch die pauschale Verweisung auf die Rechte des Privatklägers und damit auch auf § 390 Abs. 1 Satz 2 StPO beseitigt worden ist, keine gesetzliche Grundlage mehr.[62] Dementsprechend hat der Nebenkläger auch keine Möglichkeit, sich dem Wiederaufnahmeantrag eines anderen Verfahrensbeteiligten anzuschließen.[63]

47

Die Neuregelung ist eindeutig, auch wenn ein gewisser Widerspruch zum allgemeinen Ziel des Opferschutzgesetzes, die Rechtsstellung des Verletzten im Strafverfahren zu verbessern,[64] besteht. Daneben sollte aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Nebenkläger die Anklageposition im gerichtlichen Verfahren nur zusätzlich neben der Staatsanwaltschaft innehat.[65]

48

Immerhin werden die Interessen des Nebenklägers dadurch gewahrt, dass er nach den allgemeinen Vorschriften am wiederaufgenommenen Verfahren mitwirken kann. Diese Möglichkeit darf ihm, wenn er bereits im ursprünglichen Verfahren mitgewirkt hat, nicht durch eine Entscheidung nach § 371 Abs. 2 StPO (Freispruch ohne neue Hauptverhandlung) genommen werden. Sie würde seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen.[66]

49

Eine Antragsberechtigung des Nebenklägers lässt sich auch nicht aus den §§ 395 Abs. 4, 401 Abs. 1 Satz 1 StPO herleiten.[67] Beide Bestimmungen sprechen von Rechtsmitteln, die der Nebenkläger einlegen kann. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist aber kein Rechtsmittel im Sinne der StPO, was sich schon daraus ergibt, dass sie in einem besonderen Abschnitt geregelt ist. Soweit § 395 Abs. 4 Satz 1 StPO dem Nebenkläger die Möglichkeit einräumt, sich in jeder Lage des Verfahrens anzuschließen, bezieht sich dies nur auf das Erkenntnisverfahren bzw. das wiederaufgenommene Verfahren.

50

Die Antragsberechtigung des Einziehungsbeteiligten richtet sich nach den §§ 433 Abs. 1 Satz 1, 437, 439 Abs. 6 StPO.[68]

51

Durch die bereits erfolgte Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung ist die Wiederaufnahme nicht ausgeschlossen, § 361 Abs. 1 StPO.

4.Beschwer

52

Aus § 365 StPO folgt, dass nur derjenige die Wiederaufnahme begehren kann, der von der angefochtenen Entscheidung nachteilig betroffen ist. Wie bei der Einlegung von Rechtsmitteln gilt die Staatsanwaltschaft stets als beschwert, wenn unrichtig entschieden worden ist.

53

Die Beschwer kann sich nach h.M. nur aus dem Entscheidungstenor ergeben.[69] Belastende Ausführungen in den Gründen sollen unbeachtlich sein. Das ist bedenklich, insbesondere wenn der Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen worden ist.[70]

5.Zuständigkeit des Gerichts

54

Welches Gericht über Zulässigkeit und Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags zu entscheiden hat, ergibt sich aus § 367 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 140a GVG.[71] Anders als die übrigen Verfahrensbeteiligten kann der Verurteilte sich die Prüfung, welches Gericht zur Entscheidung über seinen Wiederaufnahmeantrag berufen ist, ersparen, indem er den Antrag nach § 367 Abs. 2 StPO bei dem Gericht einreicht, dessen Entscheidung er anfechten will; dieses leitet den Antrag dem zuständigen Gericht zu.

a)Örtliche Zuständigkeit

55

Nach § 140a Abs. 2 GVG bestimmt das Präsidium des Oberlandesgerichts vor Beginn des Geschäftsjahres die Gerichte, die innerhalb seines Bezirks für die Entscheidung über Wiederaufnahmeanträge örtlich zuständig sind.[72] Grundsätzlich muss dies ein anderes Gericht sein als dasjenige, gegen dessen Urteil sich der Wiederaufnahmeantrag richtet. Ausnahmsweise entscheidet ein anderer Spruchkörper desselben Gerichts: Dies gilt nach § 140a Abs. 3 bis 5 GVG für landgerichtliche Wiederaufnahmesachen in den Bundesländern, in denen Oberlandesgerichte mit nur einem Landgericht oder nur ein Oberlandesgericht und ein Landgericht bestehen, und für amtsgerichtliche Wiederaufnahmesachen in den Bundesländern, in denen nur ein Landgericht besteht und einem Amtsgericht die Strafsachen für die Bezirke der anderen Amtsgerichte zugewiesen sind.[73] Die Ausnahme betrifft weiter nach § 140a Abs. 6 GVG Wiederaufnahmeanträge gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Oberlandesgerichte. Schließlich kommt sie analog § 140a Abs. 3 Satz 1 GVG bei Zuständigkeitskonzentrationen nach den §§ 74a, 74c und 74d GVG zur Anwendung.[74]

b)Sachliche Zuständigkeit

56

Es gilt der Grundsatz gleicher sachlicher Zuständigkeit (§ 140a Abs. 1 Satz 1 GVG). So entscheidet über einen Wiederaufnahmeantrag gegen ein erstinstanzliches Urteil, das nicht mit der Berufung anfechtbar war oder nicht angefochten worden ist, ein anderes erstinstanzliches Gericht mit gleicher sachlicher Zuständigkeit. Ohne Bedeutung ist, ob das erstinstanzliche Urteil mit der Revision angefochten worden war.[75]

57

Wenn im ursprünglichen Verfahren ein Berufungsurteil ergangen ist, entscheidet auch über den Wiederaufnahmeantrag grundsätzlich ein Landgericht. Denn das Berufungsgericht hatte über die Schuldfrage selbständig zu befinden, so dass sich der Wiederaufnahmeantrag gegen das Berufungsurteil richtet.[76] Ausnahmsweise ist das Amtsgericht zuständig, wenn das Landgericht in der Berufungsinstanz über die Schuldfrage nicht entschieden hat. Ein Wiederaufnahmeantrag, mit dem die Unrichtigkeit des Schuldspruchs geltend gemacht wird, betrifft dann das amtsgerichtliche Urteil. Das ist etwa der Fall, wenn die Berufung nach § 322 Abs. 1 Satz 2 StPO als unzulässig oder nach § 329 Abs. 1 StPO wegen unentschuldigten Ausbleibens des Angeklagten verworfen worden ist, aber auch, wenn das Landgericht infolge einer Berufungsbeschränkung den Schuldspruch nicht mehr überprüft hat. Hat jedoch das Landgericht die Berufungsbeschränkung verkannt und unzulässigerweise erneut über die Schuldfrage entschieden, so ist auch im Wiederaufnahmeverfahren ein Landgericht zuständig.[77] Denn die landgerichtliche Entscheidung ist nicht etwa auf Grund des Rechtsfehlers nichtig.[78] Dieser ist in der Regel nicht evident, sondern nur durch nähere Prüfung festzustellen.[79]

58

Die Zuständigkeit des Landgerichts ist auch dann begründet, wenn der Wiederaufnahmeantrag auf einen nur innerhalb des Berufungsverfahrens liegenden Wiederaufnahmegrund gestützt wird, wie z.B. die Mitwirkung eines Richters oder Schöffen, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Amtspflichtverletzung schuldig gemacht hat (§§ 359 Nr. 3, 362 Nr. 3 StPO).

59

Die Besetzung der im Wiederaufnahmeverfahren zuständigen Berufungskammer richtet sich nach § 76 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach ist auch dann eine kleine Strafkammer zur Entscheidung berufen, wenn nach früherem Recht (§ 76 Satz 1 GVG a.F.) eine große Strafkammer über die Berufung gegen ein Urteil des Schöffengerichts entschieden hatte.[80]

60

Über den Wiederaufnahmeantrag gegen revisionsgerichtliche Entscheidungen hat nach § 140a Abs. 1 Satz 2 GVG ausnahmslos ein Gericht gleicher Ordnung wie das Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt worden war, zu befinden. Das gilt insbesondere auch dann, wenn mit dem Wiederaufnahmeantrag ausschließlich ein Mangel des revisionsgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht wird.[81]

61

Für Wiederaufnahmeanträge, die sich gegen jugendgerichtliche Entscheidungen richten, ist nach der allgemeinen Regelung des § 140a Abs. 1 GVG wiederum ein Jugendgericht zuständig. Das gilt auch, wenn der Verurteilte schon bei seiner Verurteilung erwachsen war oder inzwischen erwachsen ist.

62

Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB berührt die Zuständigkeit bezüglich eines einbezogenen Urteils nicht. Maßgeblich bleibt dasjenige Gericht, welches das einbezogene Urteil erlassen hat. Ein Angriff gegen das Gesamtstrafenurteil insgesamt kann also zu getrennten Wiederaufnahmeverfahren führen.[82]

63

Wenn im Ursprungsverfahren das Revisionsgericht die Sache zurückverwiesen hatte, entscheidet über den Wiederaufnahmeantrag gegen das anschließende Urteil des Tatgerichts grundsätzlich das diesem entsprechende nach § 140a Abs. 2 GVG bestimmte Gericht, und zwar auch dann, wenn das Revisionsgericht die Feststellungen zum äußeren Tatbestand aufrechterhalten hatte.[83] Wenn das mit der Revision angefochtene Urteil vom Revisionsgericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Sache nur insoweit zurückverwiesen wurde, ist für die Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag, mit dem die Schuldfeststellungen angegriffen werden, jedoch das nach § 140a Abs. 2 GVG bestimmte Gericht zuständig, das dem Tatgericht entspricht, welches zunächst und abschließend über die Schuldfrage entschieden hatte (wie in Fällen der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch).[84]

64

Es ist möglich, dass das Gericht, dessen Urteil vom Revisionsgericht aufgehoben wurde, nach § 140a Abs. 2 GVG als Gericht zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag berufen ist. Dadurch, dass es schon einmal mit der Sache befasst war, wird seine Zuständigkeit nicht beeinträchtigt.[85] In diesen Fällen ist aber entsprechend der dem § 140a Abs. 1 GVG zugrunde liegenden Intention des Gesetzgebers auf etwaige Ablehnungsanträge hin sorgfältig zu prüfen, ob sich eine Befangenheit der beteiligten Richter gerade daraus ergibt, dass ein Spruchkörper des Gerichts den Antragsteller früher bereits verurteilt hatte.[86]

Teil 1 Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags › A › II. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen

II.Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen

1.Wiederaufnahmeantrag zugunsten des Verurteilten

65

Die wesentlichen Antragselemente ergeben sich nur zum Teil aus dem Gesetz, das verlangt, dass der Antrag in vorgeschriebener Form (§ 366 Abs. 2 StPO) den Grund der Wiederaufnahme sowie die Beweismittel angibt (§ 366 Abs. 1 StPO). Aus der Natur eines Antrags folgt, dass darüber hinaus der Gegenstand, das angegriffene Urteil also, sowie das Antragsziel mitgeteilt werden müssen.[87] Ferner wird für einen Antrag gefordert, dass das Vorbringen in sich geschlossen und für sich genommen verständlich ist; Verweisungen und Bezugnahmen sind daher grundsätzlich nicht zulässig.[88]

66

Diese Anforderungen sollten allerdings nicht überspannt werden. Bei der Überprüfung des Antrags hat das Gericht die besondere Fürsorgepflicht zu beachten, die ihm aus der Struktur des Wiederaufnahmeverfahrens erwächst.[89] Zudem wäre eine restriktive Praxis unzweckmäßig. Ein Verwerfungsbeschluss, der auf leicht behebbare formale Mängel abstellt, erledigt die Sache nicht. Der Antrag kann erneut gestellt werden, denn mangels Sachentscheidung tritt kein Verbrauch des Antragsvorbringens ein.[90]

67

Aus Fürsorgegründen geboten und auch zweckmäßig ist daher zunächst eine Auslegung des Antrags, die dem erkennbaren Willen des Antragstellers Rechnung trägt. So bleibt z.B. eine fehlerhafte oder unvollständige Kennzeichnung des angegriffenen Urteils folgenlos, wenn sich dieses Urteil unschwer ermitteln lässt.[91] Auch ist bei erkennbar irrtümlicher Benennung eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes auf den tatsächlich gemeinten abzustellen.

68

Ist im Wege der Auslegung eine Klärung nicht erreichbar, so sind aus den angeführten Gründen in Bezug auf leicht zu beseitigende Mängel gerichtliche Hinweise geboten.[92]

a)Zulässige Antragsziele

69

Ausdrücklich benannt sind Wiederaufnahmeziele in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem besonderen Wiederaufnahmegrund neuer Tatsachen oder Beweismittel in § 359 Nr. 5 StPO: Freisprechung, geringere Bestrafung in Anwendung eines milderen Strafgesetzes und wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung. Ein eindeutiger sprachlicher Bezug zu den Wiederaufnahmegründen in § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO besteht zwar nicht. Gleichwohl ist der Katalog zulässiger Antragsziele in § 359 Nr. 5 StPO insoweit als allgemeingültig anzusehen, dass die Freisprechung, eine geringere Bestrafung in Anwendung eines milderen Strafgesetzes und eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung unabhängig vom Wiederaufnahmegrund mit jedem Wiederaufnahmeantrag zugunsten des Verurteilten erstrebt werden können.[93] In diesem Sinne handelt es sich um allgemein zulässige Antragsziele (dazu nachfolgend aa).

70

Im Hinblick auf die Wiederaufnahmegründe des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO ist der in § 359 Nr. 5 StPO normierte Katalog zulässiger Antragsziele indes nicht abschließend. In Fällen des § 359 Nr. 1 bis 4 und 6 StPO kann vielmehr darüber hinaus auch eine bloße Schuldspruchänderung zulässiges Antragsziel sein (dazu unten bb).

aa)Allgemein zulässige Antragsziele

(1)Freisprechung und vergleichbare Entscheidungen

71

Das in der weitaus größten Zahl der Fälle angestrebte Ziel der Freisprechung ist erreichbar durch das Geltendmachen derjenigen Straflosigkeitsgründe, die zu einer formell freisprechenden Entscheidung führen, wenn ihre Voraussetzungen in einer erneuten Hauptverhandlung festgestellt werden. Gegenstand eines entsprechenden Antrags können also z.B. auch Rechtfertigungs-, Entschuldigungs- sowie Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe sein.

72

Wird Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB geltend gemacht, so kommt im wiederaufgenommenen Verfahren die Verhängung einer Maßregel der Besserung und Sicherung in Betracht. Gelegentlich wird die Anordnung der Maßregel sogar beantragt. Ein Zulässigkeitsproblem im Hinblick auf das Antragsziel ergibt sich daraus jedoch nicht. Die Freisprechung ist erreichbar, auch wenn letztlich nur die Sanktion ausgewechselt wird. Formell ergeht eine Entscheidung, in der ein Freispruch der Maßregelanordnung vorausgeht.[94]

73

Der praktische Hauptfall besteht im Bestreiten der Täterschaft durch Darlegung eines von den Urteilsfeststellungen abweichenden Geschehensablaufs.

74

Begründet dieser allerdings eine andere Strafbarkeit, kommt, sofern Tatidentität im prozessualen Sinne gegeben ist, nur das Ziel der Milderbestrafung[95] in Betracht. Der angestrebte Freispruch bleibt also erreichbar, wenn dem Bestreiten der abgeurteilten Tat ein Geständnis beigefügt wird, das eine andere prozessuale Tat betrifft.[96]

75

Von praktischer Bedeutung ist vor allem der Fall, dass der Antragsteller angibt, mit einem früheren falschen Geständnis eine andere Person gedeckt zu haben. Darin kann das Eingeständnis liegen, sich durch das Aussageverhalten strafbar gemacht zu haben (§§ 145d, 164, 258 StGB). Mit dem Aussageverhalten ist aber eine andere Tat im prozessualen Sinne gegeben.[97] Das hat zur Konsequenz, dass sich in dieser Konstellation ein erfolgreicher Wiederaufnahmeantrag zugunsten des Verurteilten letztlich zu seinen Ungunsten auswirken kann. Nach dem Freispruch kann das Aussageverhalten, sofern es nicht verjährt ist, Anlass für eine erneute, eventuell sogar höhere Verurteilung geben. Dieses Risiko ist bei der Antragstellung zu bedenken.

76

Ein Freispruch ist auch durch einen Angriff erreichbar, der sich lediglich gegen Teile des Urteils richtet. So wird eine auf einer Wahlfeststellung beruhende Verurteilung insgesamt hinfällig, wenn die Verwirklichung nur eines Delikts erfolgreich bestritten wird.[98] Das oder die nicht angegriffenen Delikte vermögen, weil sie nur wahlweise festgestellt worden waren, das Urteil nicht mehr zu tragen.

77

Ferner ist ein zulässiges Wiederaufnahmeziel der Teilfreispruch, der dann ergeht, wenn die Verurteilung mehrere in Tatmehrheit (§ 53 StGB) begangene Straftaten betraf und das wiederaufgenommene Verfahren die Unschuld des Verurteilten hinsichtlich eines Teils dieser Straftaten ergibt.[99] Fraglich ist, ob der Wegfall auch solcher Straftaten beachtlich ist, die im Hinblick auf die Verurteilung völlig unwesentlich sind. Die Aufrechterhaltung der Rechtskraft bedroht in einem solchen Fall den Rechtsfrieden nicht. Im Übrigen: minima non curat praetor. Ein entsprechender Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

78

Zulässigkeitsfragen bei Angriffen gegen Teile einer Verurteilung wegen fortgesetzter Handlung werden auf Grund der „de-facto-Abschaffung“ dieser Rechtsfigur durch die neuere Rechtsprechung[100] zunehmend an Bedeutung verlieren. Ganz überwiegend werden insoweit sehr enge Voraussetzungen formuliert. Der Antrag müsse sich auf alle Einzelakte bis auf einen beziehen.[101] Nur dann sei ein formeller Teilfreispruch erreichbar. Ansonsten werde unzulässig die Strafzumessung angegriffen, weil kein anderes Strafgesetz zur Anwendung komme (§ 363 Abs. 1 StPO). – Diese Auffassung ist abzulehnen. Dem Fall des formell erzielbaren Teilfreispruchs bei Tatmehrheit ist gleichzustellen der Fall der Reduzierung einer Verurteilung um wesentliche Teile einer fortgesetzten Handlung.[102] Die Analogie ist zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung geboten. Es kann nicht sein, dass die Privilegierung der Fortsetzungstat beim Schuldspruch und bei der Strafzumessung für den Verurteilten in einen prozessualen Nachteil umschlägt. Die Kategorie des Fortsetzungszusammenhangs wurde im Wesentlichen aus arbeitsökonomischen Gründen geschaffen,[103] ein sachlicher Bezug zur prozessualen Rechtsstellung des Verurteilten besteht nicht.[104] Für die Gleichbehandlung mit dem Fall der Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangener Straftaten spricht auch, dass die Kriterien für die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs unklar und zum Teil umstritten sind.[105] In der Praxis wird in gleichen Fällen nicht selten ungleich entschieden. Schließlich wäre es widersprüchlich, auf dem Gesetzeswortlaut zu beharren und einen formellen Freispruch als Antragsziel zu verlangen. Denn für andere Fälle werden Ausnahmen zugelassen, so, wie im Folgenden zu zeigen ist, für den Fall eines auf eine Einstellung abzielenden Antrags. – Die Beschränkung auf Teile einer fortgesetzten Handlung von wesentlicher Bedeutung folgt aus dem Grundprinzip des Wiederaufnahmerechts, dass nur den Rechtsfrieden wirklich gefährdende Unrichtigkeiten zu beseitigen sind.[106]

79

Wenngleich die Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung weitgehend obsolet sein mag, so bleibt die mit ihr verbundene wiederaufnahmerechtliche Problematik in anderem Zusammenhang nach wie vor aktuell. Denn auf Wiederholung angelegte Straftaten, die früher als fortgesetzte Handlung erfasst wurden, werden nunmehr bloß unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten – allerdings aus den gleichen arbeitsökonomischen Gründen – als einheitliche Tat gewertet, insbesondere durch weitreichende Bildung von tatbestandlichen Bewertungseinheiten sowie durch Ausdehnung des Anwendungsbereichs der natürlichen Handlungseinheit.[107] Dementsprechend gilt für die Wiederaufnahme in solchen Fällen Gleiches wie bei Angriffen gegen Teile einer Verurteilung wegen fortgesetzter Handlung: Der Wegfall wesentlicher Teile der abgeurteilten Tat ist ein zulässiges Antragsziel.

80

Die Zulässigkeit der Einstellung als Antragsziel ergibt sich daraus, dass mehr als das zulässige Ziel der Milderbestrafung angestrebt wird und die Einstellung in ihrer Wirkung der Freisprechung gleichkommen kann.[108] Eine Vergleichbarkeit ist jedoch nur bei solchen Einstellungsgründen gegeben, die ihrer Art nach das Verfahren dauerhaft beenden.[109]

81

Wenig zur Abgrenzung trägt das z.T. zusätzlich geforderte Kriterium eines Bezuges zur Tat oder zum Schuldspruch bei.[110] Die Unterscheidung zwischen tatbezogenen Verfahrensvoraussetzungen und solchen ohne Tatbezug ist mindestens so problematisch wie die zwischen Strafbarkeitsvoraussetzungen und Verfahrensvoraussetzungen.[111] Auch bleibt die Handhabung des Kriteriums unklar;[112] so wird für Verfahrenshindernisse wie Verjährung oder Amnestie ein Tatbezug angenommen, obwohl sie der Tat erst nachfolgen.[113] Schließlich können „reine“ Verfahrenshindernisse nicht unbeachtlich sein, wenn sie auf so schweren und irreversiblen Verfahrensfehlern beruhen, dass in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren eine dauerhafte Einstellung geboten wäre. Nullum crimen sine processu – eine Straftat anzunehmen, verbietet sich, wenn sie unter Verletzung elementarer Prozessprinzipien festgestellt worden ist.[114]

82

Geltend gemacht werden können somit Einstellungsgründe wie fehlender und nicht mehr nachholbarer Strafantrag,[115] Verjährung,[116] Strafunmündigkeit,[117] Eingreifen eines Amnestiegesetzes.[118] Auch können solche Einstellungsgründe vorgetragen werden, mit denen auf eine irreversible Verletzung fundamentaler Prozess- und Verfassungsnormen abgestellt wird,[119] wie etwa der Verstoß gegen § 136a StPO,[120] intensive Formen des Lockspitzeleinsatzes[121] oder eine extrem überlange Verfahrensdauer.[122] Zahl und Umfang dieser Gründe liegen derzeit nicht fest. Die Rechtsprechung ist schwankend. Die Entwicklung befindet sich im Fluss.[123]

83

Schließlich kann auch der Gesichtspunkt der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) mit dem Ziel vorgetragen werden, eine Einstellung des Verfahrens wegen der bereits eingetretenen Rechtskraft zu erreichen.[124]

84

Überflüssig ist das Wiederaufnahmeverfahren in den Fällen der Doppelbestrafung keineswegs. Urteile dieser Art sind kaum einmal nichtig.[125] Die dafür nötige Evidenz der Fehlerhaftigkeit müsste sich aus ihnen selbst ergeben. Dass doppelt bestraft worden ist, zeigt aber erst der Vergleich mit einem zweiten Urteil. Im Übrigen können komplizierte Fälle einer nur teilweisen Überschneidung auftreten, wie sich erst bei genauer Analyse zeigt.[126] Die verschiedentlich – alternativ – vorgeschlagene Vollstreckungslösung (Feststellung der Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 458 StPO)[127] greift zu kurz.[128] Sie beseitigt nicht den verfassungswidrigen Zustand, dass zwei rechtskräftige Urteile in derselben Sache in der Welt sind.[129]

85

Unzulässig ist dagegen z.B. ein Wiederaufnahmeantrag, der auf die Verhandlungsunfähigkeit des Verurteilten oder die Prozessunfähigkeit des Privatklägers im vorausgegangenen Verfahren abstellt.[130] Zu den ungeeigneten Einstellungsgründen wird man auch diejenigen gemäß §§ 153, 153a StPO zählen müssen,[131] weil darauf gestützte Entscheidungen wegen der allenfalls eingeschränkten Rechtskraft keine endgültige Verfahrenserledigung bewirken können.

86

Der auf Einstellungen angewendete Grundsatz nötigt zu Ausweitungen. Zwischen den gesetzlich ausdrücklich anerkannten Antragszielen der Freisprechung und der Milderbestrafung liegt das Geltendmachen bestimmter Strafbefreiungsgründe „auf der Grenze zwischen Strafbarkeit und Straflosigkeit“.[132] Die Zahl solcher Gründe nimmt zu. Ihr systematischer Standort ist ungeklärt. Beispiele: Absehen von Strafe, z.B. gemäß §§ 23 Abs. 3, 60, 218a Abs. 4 StGB, Straffreierklärung gemäß § 199 StGB, Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß § 59 StGB.[133] Ein entsprechender Wiederaufnahmeantrag erstrebt mehr als eine Milderbestrafung. In ihrer praktischen Wirkung stehen Entscheidungen, die auf derartige Strafbefreiungsgründe abstellen, einem Freispruch gleich: Die Verhängung strafrechtlicher Rechtsfolgen unterbleibt. Doch ergeht in diesen Fällen kein formeller Freispruch. Auch kann das Gericht nicht allein über eine Verfahrenseinstellung entscheiden (§ 153b Abs. 2 StPO). Die korrekte Entscheidungsform in der Hauptverhandlung ist das Urteil, das einen Schuldspruch mit der Erklärung verbindet, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.[134] Es kann einem Verurteilten nicht verwehrt sein, eine solche Entscheidung als Wiederaufnahmeziel anzustreben.[135]