Diese eine Frage - Lena Gorelik - E-Book

Diese eine Frage E-Book

Lena Gorelik

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Beschreibung

Kurze Geschichten. Spannend erzählt. Einfach gut. Was für eine finale Frage, wenn eine Frau ihren Mann ohne Eigenschaften fragen muss, ob er sich für sie oder den anderen, „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil, seinem biblischen Buch, entscheiden müsste. Der Literatur-Quickie – das schnelle Lesevergnügen für Zwischendurch von Deutschlands besten Autorinnen und Autoren.

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Über dieses Buch:

Was für eine finale Frage, wenn eine Frau ihren Mann ohne Eigenschaften fragen muss, ob er sich für sie oder den anderen, „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil, seinem biblischen Buch, entscheiden müsste.

Der Literatur-Quickie – das schnelle Lesevergnügen für Zwischendurch von Deutschlands besten Autorinnen und Autoren.

Über die Autorin:

Lena Gorelik, 1981 in Leningrad geboren, kam 1992 mit ihrer russisch-jüdischen Familie nach Deutschland. Mit ihrem Debütroman «Meine weißen Nächte» (2004) wurde die damals dreiundzwanzigjährige Autorin als Entdeckung gefeiert, ihr zweites Buch, «Hochzeit in Jerusalem» war für den Deutschen Buchpreis nominiert.

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eBook-Ausgabe Februar 2015

Die Printversion erschien 2013 bei Literatur-Quickie, Hamburg

Copyright © der Printausgabe Literatur-Quickie, Hamburg

Copyright © der eBook-Ausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: © Das blaue Sofa / Club Bertelsmann

ISBN 978-3-95824-149-7

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Lena Gorelik

Diese eine Frage

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So gesehen hätte sie es wissen können. So gesehen. Aber wer wusste das schon. Julia spuckte auf den Boden, zum ersten Mal in ihrem Leben im Übrigen, und sah sich sofort um. Richtig, hätte Uli gesagt, sie sei vom Drang besessen, richtig zu handeln. Und wenn schon. Was war schon falsch daran.

Asoziale spuckten auf den Boden, Besoffene und Penner noch. Eben nicht sie.

„Irgendwie geht Ordnung in das Bedürfnis nach Totschlag über“, hatte Uli gesagt. Wiederholt gesagt, und daran hatte sie erkannt, dass es ein Zitat war. Schon wieder ein Zitat, also hatte sie ihm - schon wieder - vorwerfen können und dürfen, dass er ihr Leben, ihr eigenes sowie ihr gemeinsames, in Zitate presste. „Wenn du nichts eigenes zu unserem Leben zu sagen hast!“. Und dann das Übliche, Scheppern, Knallen, Weinen, Schweigen. Es überraschte sie, dass das Schweigen lauter sein konnte als das Scheppern. Darüber müsste Musil doch auch geschrieben haben, aber Uli zitierte nichts zu diesem Thema, weil er ja in diesen Momenten laut schwieg.

Im Übrigen hatte sie das Thema bereits durch. Sie hatte es mit ihrem Psychotherapeuten durch, der Eheberater hatte es ebenfalls angeschnitten, und der Coach hatte ihr sogar ein Arbeitsprogramm zusammen gestellt, das ihr hätte helfen sollen. Sie hatte es nicht ausprobiert, weil sie nicht einsehen konnte (sie konnte es nicht, der Coach und später auch Uli hatten ihr ein „wollte“ unterstellt), was daran falsch sein sollte, richtig handeln zu wollen. Was war an richtig denn falsch? Sie hatte allen drei von ihrem Vater erzählt, der die Zeitschriften auf dem Couchtisch alphabetisch, seine Hemden nach Farben (erst die langärmeligen, dann die mit dem kurzen Arm und beides von dunkel nach hell) und die Dosen im Vorratsschrank nach Ablaufdatum ordnete. Wenn er sich seinen morgendlichen Eier zubereitete (jeden Morgen ein Spiegelei, aber am Wochenende jeweils zwei Eier im Glas), schnitt er die zwei Eierhalter vom Eierkarton ab, die nun leer waren, so dass der Karton also jeden Tag um eine Reihe kürzer wurde, immer von rechts, weil er ganz links auf jeden neuen Karton das Ablaufdatum notiert hatte, als er die Einkaufstausche ausgepackt hatte (jeden Montag Nachmittag). Sie hatte sich (aber nie ihn) gefragt, warum er sich diese Mühe des Notierens machte, weil er die Eierpackung, da er jeden Tag zwei aß und manchmal noch für sie und ihre Schwester welche mit briet, immer vor dem Ablaufdatum verbrauchte.

„Ihr Vater war also kein spontaner Mensch?“, hatte die Psychotherapeutin gefragt. Julia war froh, dass die Krankenkasse die Therapie zahlte, weil sie selbst für schlaue Erkenntnisse dieser Art kein Geld hätte ausgeben wollen. Ihre Schwester war eine Chaotin, eine Chaotin aus Überzeugung, wie sie selbst von sich sagte, stolz beschrieb sie sich so, auch wenn sie bei ihrem Vater am Esstisch saß und von ihrem Teller aufsah, der auf einem gebügelten Tischset stand, und dafür, dass die Psychotherapeutin sich ersparte, diese Eigenschaft ihrer Schwester als verspätete oder offensichtliche Rebellion gegen den Vater zu bewerten, war Julia ihr sehr dankbar. Sie hasste es, wenn man ihre Intelligenz beleidigte. (Wenn sie das Gefühl hatte, dass jemand ihre Intelligenz beleidigen wollte, hatte die Psychotherapeutin verbessert).

Arnheim kam aus dem Gebüsch hervor geschossen, sein Fell mit Schlamm verdreckt, merklich, obwohl er von Natur aus bereits braun-schwarz war, und schoss an ihr auf die Wiese vorbei, als nähme er sie gar nicht wahr. Arnheim war gut gelaunt, aber Arnheim war auch ein Hund.

„Es ist nichts so schwer, wie mit einem Menschen in ein Schicksal verflochten zu sein, den man nicht genügend liebt!“, dachte Julia und ärgerte sich, weil sie nun auch schon in seinen Zitaten dachte.