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Sie halten Bügeln für eine Krankheit? Ihre Kollegin für eine Freundin? Erinnerungen für sentimental? Mit 60 wird es Zeit für einen Rundumblick! Begleiten Sie Margit Schönberger auf ihrer temperamentvollen Rückschau und blicken Sie gemeinsam in eine Zukunft voller Möglichkeiten. Abenteuerurlaube und mörderische High Heels mögen der Vergangenheit angehören, doch jetzt gilt es, den Veränderungen des eigenen Körpers und dem bevorstehenden Wechsel in den Ruhestand mit Humor und Optimismus zu begegnen. Entdecken Sie die großartige Freiheit, die das Leben jenseits der 60 für starke Frauen bereithält – mit wertvollen Ratschlägen und amüsanten Anekdoten aus der zweiten Lebenshälfte. Don't worry, be sixty von Margit Schönberger: Geburtstagslektüre für Best Ager und alle, die das Beste aus jedem Lebensabschnitt herausholen wollen.
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Seitenzahl: 263
Margit Schönberger
Don’t worry, be sixty
Knaur e-books
Ich war glücklich, aber ich hab es nicht gemerkt!
WOODY ALLEN IN »HANNAH UND IHRE SCHWESTERN«
Als mir ein Panther in Paris zum 61. gratulierte
Wir liefen durch Paris. Es roch nach Frühling. Im Garten des Palais Royal dufteten die voll erblühten Hyazinthen, während wir im Restaurant in der Sonne saßen und auf unser Essen warteten. Auf der Brücke hinter Notre-Dame hörten wir einer sensationellen US-Jazz-Band zu – lauter leicht ergraute Wölfe wie wir –, die Cafés und Restaurants waren voll besetzt und alles spielte sich bis in den späten Abend hinein im Freien ab. So feierten wir drei Tage lang meinen einundsechzigsten Geburtstag, in Erinnerung daran, dass wir das auch mit meinem fünfzigsten so gehalten hatten. Dass wir die Feier meines sechzigsten Geburtstags ein Jahr zuvor mehr oder weniger ausgelassen hatten, lag an mir – irgendwie schien es mir nicht wichtig, diese frischgebackene Sechs vor der Null groß zur Kenntnis zu nehmen.
Paris hatte sich im Vergleich zu damals nicht verändert. Aber ich, das bemerkte ich schnell. Denn im entzückenden Hotel in der Rue Racine, ein paar Gehminuten hinter dem Jardin du Luxembourg, inspizierte ich nicht zuerst die Aussicht, wie ich das früher getan hätte, sondern die Qualität der Betten und das Bad. Es fiel alles zu meiner vollen Zufriedenheit aus und – o Wunder! – es waren sogar genügend Kleiderbügel im Schrank.
Natürlich hatte ich ausschließlich bequeme, flache Schuhe dabei. Kein Kunststück, ich besitze ohnedies nur mehr bequeme, flache Schuhe. Die Wiedereroberung der Stadt konnte also beginnen. Als Erstes und sozusagen zur »Einübung« der Touren auf Schusters Rappen – ich bin eine Computer-Arbeiterin und ein Couchpotato, demnach nicht sehr geübt als Tourengeherin – setzten die uns begleitenden Freunde und mein Mann einen Besuch des Botanischen Gartens auf den Plan. Der sei vom Jardin du Luxembourg nur fünfzehn bis zwanzig Gehminuten entfernt, würde mich also nicht gleich überfordern. Außerdem könnten wir dort am schnellsten feststellen, wie weit der Frühling in Paris schon gediehen sei (während es zu Hause – wie wir hörten – noch einmal zwanzig Zentimeter Schnee in die Vorgärten gehäuft hatte). Das schien mir ein guter Plan zu sein und vor allem freute ich mich auf den am Botanischen Garten gelegenen Zoo. Nicht wegen des Zoos an sich – mir tun eingesperrte Tiere eigentlich leid, egal ob es Hühner, Affen oder Zebras sind –, sondern wegen des Panthergeheges, das Rainer Maria Rilke zu seinem berühmten »Stäbe«-Gedicht angeregt hat. Rilke ist einer meiner Lieblingslyriker, und in die Traurigkeit seines Panthers bin ich von jeher verliebt gewesen.
Um es vorwegzunehmen: Ich habe den Nachfahren des Rilke’schen Panthers gesehen und auch ein paar Tränen der Rührung nicht unterdrücken können. Es waren aber auch ein paar dabei, die sich auf meine Füße bezogen. Denn der Botanische Garten war natürlich mitnichten »nur fünfzehn bis zwanzig Minuten« von unserem Startpunkt entfernt. Es war mindestens doppelt so weit, zumindest »gefühlt«, für mich faulen, quasi »fußlosen« Sitzmenschen. Beim letzten Parisbesuch hätten mir dieser Weg und das Herumwandern im Zoo keinen Ton entlockt, aber elf Jahre später und etliche Kilo schwerer (aber darüber decken wir gnädig den Mantel des Schweigens) protestierten meine Füße. Sie hatten sich offenbar doch nicht mit den wirklich bequemen Schuhen anfreunden können, und die Hitze der Blasenbildung an Ferse und seitlich am Rist lenkte mich gehörig vom Schauen, Riechen und Hören ab. Ich fühlte mich insgeheim als Held, während wir an der Seine entlang Richtung Notre-Dame zurückgingen – und musste so auf drastische Weise erfahren, dass zwischen dem fünfzigsten und dem einundsechzigsten Geburtstag elf Jahre liegen, die durchaus ihre Wirkung zeigen.
In den nächsten Tagen ließ ich mich nicht mehr auf die Zeitangaben der leichtfüßigen Begleit-Gazellen ein, und der Weg zum Eiffelturm bzw. zu einer benachbarten (wunderbaren) Ausstellung über das vergangene »Jahrhundert des Jazz in Paris« wurde kein Gang, sondern eine Fahrt. Allerdings beflügelte mich das Thema Jazz so sehr, dass ich zur Angeberin wurde und von mir aus vorschlug, zurück nach Saint Germain zu Fuß zu gehen. Meine Füße waren prompt stocksauer und spätestens beim Invalidendom invalide. Hinzu kam, dass meine Pfadfinder ihre Schritte auch noch durch Straßen lenkten, die schaufenstermäßig völlig uninteressant waren. Ohne jede Ablenkung war ich so dem inneren Dialog mit meinen heißen Sohlen ausgeliefert.
Paris war dennoch wunderschön. Der einundsechzigste Geburtstag in dieser Stadt wird mir so unvergesslich bleiben wie schon der fünfzigste. Und wenn ich davon ausgehe, dass nur wenige Menschen so schwer (aus gutem Grund bin ich auch die Autorin des »Diätenhasser-Buches«) und unsportlich sind wie ich, kann ich nur sagen: Es gibt keinen großen Unterschied zwischen dem fünfzigsten und dem einundsechzigsten Geburtstag. Also lehnen Sie sich zurück, entspannen Sie sich und lassen Sie diese Sechs vor der Null auf sich zukommen.
Ich bin noch in einer Familie aufgewachsen, in der alle Altersgruppen miteinander lebten. Großeltern, Tanten und Onkel, meine Eltern und meine jüngeren Geschwister – und ich. Die Mutter meiner Mutter war klein und zierlich, und sie hatte mir schon früh alles beigebracht, was ich über Blumen und Pflanzen wusste. Unkraut jäten, Salatpflänzchen setzen, Äpfel-, Birnen- und Kirschenpflücken waren alles Aufgaben, bei denen sie mich anleitete. Sie behandelte mich nicht wie ein kleines Kind. Nie habe ich von ihr gehört: »Dazu bist du noch zu klein!« Sie fand immer Aufgaben für mich, die ich bewältigen konnte, die meinen Tatendrang befriedigten und mein Selbstbewusstsein stärkten. Wenn sie zusammen mit meiner Mutter Kompott und Marmelade einmachte oder Saft herstellte, durfte ich mitmachen und die kleinen Schildchen bemalen und später, als ich schreiben konnte, auch beschriften. Ich durfte mit meiner Großmutter die Hühner füttern, die kleinen Küken unter der Wärmelampe im Hühnerstall beobachten und sie auch anfassen. Großmutter wusste, wie man Pappmaché herstellt, und sie zeigte es mir. Sie hat die schönsten Fingerpuppen für unser Kasperltheater hergestellt und ließ sie mich bemalen, während sie die Kleider für die Figuren nähte. Unsere Puppen konnten sicher nicht mit denen des berühmten Salzburger Marionettentheaters konkurrieren, dennoch waren es in meinen Augen die schönsten, die ich je gesehen habe. Sie waren eben von meiner Großmutter und mir zusammen gemacht. Wer hätte uns beide übertreffen können? Damals war sie sechzig Jahre alt. Ihr graues Haar trug sie im Nacken zusammengerollt. Ihre Kleidung war meist dunkel und sie band darüber – wie alle Frauen, die vom Land kamen – immer eine Schürze. Zur Arbeit eine dunkle, ganz klein gemusterte und für Feiertage und Sonntag eine schwarze, glänzende oder weiße aus Leinen. Während meine Mutter wunderbare Pumps besaß – mit denen ich herumstöckelte, wenn sie es nicht beobachten konnte –, hatte Großmutter immer Pantoffel an den Füßen und bei der Gartenarbeit Holzschuhe. Für Stadtgänge besaß sie feste Halbschuhe, die zweckdienlich waren, aber mit Schuhmode nicht viel zu tun hatten. So war sie, meine geliebte Großmutter, die erste sechzigjährige Frau in meinem Leben.
Fünf Jahre nach Großmutters Tod kam ich als frisch gebackene Verlagskauffrau nach München. Und nach ein paar Zwischenstationen wurde ich in der Presseabteilung des Verlages angestellt, in dem auch dieses Buch erscheint (was ich mir damals nicht hätte träumen lassen!). Dort begegnete mir eine sechzigjährige Frau von ganz anderer Art. Eine, die ich mit meiner Großmutter viele Jahre zuvor in Nachmittagsvorstellungen unseres Salzburger Vorstadtkinos zusammen mit Leinwandstars wie Curd Jürgens, Romy Schneider, Clark Gable, James Mason, Jean Gabin oder Charles Boyer auf der Leinwand bewundert hatte: Lilli Palmer. Sie hatte ihre Memoiren geschrieben: »Dicke Lilli, gutes Kind«. Und meine Aufgabe war es, für die berühmte Schauspielerin Interviews zu arrangieren und sie auf einer Signiertournee durch Deutschland zu begleiten. Nichts an dieser Frau erinnerte mich an meine Großmutter: Lilli Palmer wirkte viel jünger und war eher mit meiner schönen, zwanzig Jahre jüngeren Mutter zu vergleichen. So fiel mir zum ersten Mal auf, dass sechzig nicht gleich sechzig ist. Natürlich lag das auch an Lilli Palmers schönen Kleidern, ihrer raffiniert-zurückhaltenden Art, sich zu schminken, und daran, dass dieser große Star sich niemals auf Feldern und in Kuh- und Pferdeställen hatte abarbeiten müssen. Aber eines hatte Lilli Palmer doch mit meiner Großmutter gemeinsam: die Altersflecken auf ihren Handrücken. Dazu war sie stets freundlich und zugewandt und behandelte mich zu keiner Zeit wie einen unerfahrenen Dienstboten. Eine ähnliche Erfahrung hatte ich schon ein oder zwei Jahre zuvor mit der allerdings viel jüngeren Hildegard Knef machen können, die sich ebenfalls niemals arrogant und überheblich gebärdete, während wir bei der Präsentation ihres Bestsellers »Der geschenkte Gaul« zusammengearbeitet hatten.
Ich hatte bei meinem Berufsstart also Glück mit den Prominenten – was mich lehrte, dass wirkliche Stars im Alltag ganz normale, relativ unkomplizierte Leute sind, die es nicht notwendig haben, andere Menschen gering zu achten und herumzuscheuchen. Da habe ich in späteren Jahren mit weniger berühmten ganz anderes erlebt!
Die junge Sechzigerin Lilli Palmer hat mich nicht nur durch ihr äußeres Beispiel einiges gelehrt, was ich fürs Leben brauchen konnte. Zum Beispiel den Umgang mit Liebeskummer. Die erste Lektion war, dass man den überhaupt im Alter von sechzig Jahren noch haben konnte. Ein Thema, das selbstverständlich bei meiner Großmutter nie eines war. (Obwohl sie viel Grund dafür gehabt hätte, wie mir meine Mutter erst vor ein paar Jahren erzählte.) Und die zweite Lektion bestand darin, wie man mit Liebeskummer umzugehen hat. Natürlich wusste ich aus ihrem Buch, für das wir gemeinsam unterwegs durch Deutschland waren, von ihrer unglücklichen Ehe mit Rex Harrison, die nach einem Selbstmordskandal einer seiner Geliebten geendet hatte. Bei langen Autofahrten kommen Menschen immer ins Erzählen, und selbst für mich, die damals noch junge, relativ unerfahrene Frau, war aus Lilli Palmers Anekdoten und Geschichten herauszuhören, dass diese verlorene Liebe und Ex-Ehe noch immer schmerzhaft an ihr nagte. Und dass sie eine gewisse, damit zusammenhängende Nervosität auch auf ihre neue Beziehung mit dem argentinischen Schauspieler Carlos Thompson übertrug. Wie entschuldigend bemerkte sie einmal während einer dieser langen Autofahrten, dass es auch einer ihrer Freundinnen, einer sehr bekannten und sehr viel älteren Opernsängerin genauso ginge. Man könne und dürfe sich eben eines Partners, egal wie alt oder jung, nie sicher sein. Und dass es wichtig sei, sich neben der Liebe auch auf die eigene Intelligenz und vor allem auf den Beruf – »als Berufung«, wie sie es sagte – zu konzentrieren. Man solle diesen Beruf nicht als »Nebeneffekt« im Leben betrachten, sonst liefere man sein Herz schutzlos seinen Gefühlen aus. Die Leidenschaft für den Beruf und das Zusammentreffen und –sein mit klugen und interessanten Menschen könne viele emotionale Wunden heilen.
Das war eine wichtige Lektion, die ich von dieser sechzigjährigen Frau und Künstlerin gelernt und mir gemerkt habe. Heute, selbst schon sechzig geworden, weiß ich natürlich auch, dass ein Partner nicht der Ersatz für eigene Eigenschaften, den eigenen fehlenden Antrieb oder gar für Emotionen sein kann und darf. Oder so wie im Fall meiner ersten Ehe, der Anlass, von zu Hause wegzukommen. Es stimmt zwar, dass »niemand eine Insel ist«. Wir Menschen sind »Rudeltiere« und brauchen einander. Aber es stimmt auch, dass wir zunächst herausfinden sollten, ja sogar müssen, wer wir sind, was wir wollen und dadurch erfahren, dass wir eigenständige Wesen sind, die auch jeder für sich mit dem Leben zurechtkommen. Nur dann ist soziales Zusammenleben im Großen wie im Kleinen möglich. Der Spruch: »Ich liebe dich nicht, weil ich dich brauche, sondern ich brauche dich, weil ich dich liebe« mag ja ein wenig pathetisch und kitschig klingen – wahr ist er trotzdem.
Nur ein halbes Jahr nach der Begegnung mit Lilli Palmer kam der nächste, ebenfalls gerade sechzig Jahre alt gewordene Weltstar auf mich zu: Curd Jürgens, der »normannische Kleiderschrank«, wie er von Brigitte Bardot genannt wurde. Auch seine Memoiren »Sechzig Jahre und kein bisschen weise« erschienen im Droemer Verlag, für den ich damals arbeitete. Und auch er hatte genauso wenig mit meinem Großvater gemein wie Lilli Palmer mit meiner Großmutter. Mein über alles geliebter Großvater war für mich bis zu dem Tag, als ich den Mann traf, mit dem ich heute glücklich verheiratet bin, das Maß aller Menschen. Aller Männer jedenfalls. Auch er war groß und breit und auch er sah gut aus, so wie Curd Jürgens, wenn auch natürlich auf ganz andere Weise. Aber vor allem hat er mir das Urvertrauen in die Welt und die Menschen geschenkt. Eine meiner am weitesten zurückliegenden Erinnerungen hat mit ihm zu tun: Ich muss drei oder vier gewesen sein, da setzte er mich bei der Heuernte auf den Rücken unseres Zugpferdes Lisa. Ich spüre heute noch seine feste, zupackende Hand in meinem Rücken, die mich stützte. Voller Stolz »ritt« ich auf dem Pferderücken in den Hof ein. Der Vater meiner Mutter war unumstritten das weißgekrönte Oberhaupt unserer Familie (noch bis weit in meine vierziger Jahre zogen große, weißhaarige Männer meine Blicke magnetisch an), er galt als unser aller Beschützer vor allem Unbill des Lebens, allein durch sein Dasein. Dass er mich damals auf den Rücken seines Lieblingspferdes setzte, als wir noch auf seinem Bauernhof und Landgasthof wohnten, stärkte mein seelisches Immunsystem für das ganze Leben. Er zeigte aller Welt, wie stolz er auf mich war, sein erstes Enkelkind. Das blieb immer so, und er hat mich gelehrt, wie es sich anfühlt, wenn man sehr geliebt wird. Das Wissen darum habe ich zwar auch von allen anderen Familienmitgliedern erfahren, aber Großelternliebe ist einfach etwas ganz Besonderes, und Großvaters Liebe für das kleine Mädchen zumal. Anfang der fünfziger Jahre lebten wir immer noch in einer von Männern geprägten Welt, und Mädchen kamen eigentlich immer erst an zweiter Stelle. So hat mich seine Liebe zwei Dinge gelehrt: Dass man der Welt vertrauen kann und dass es Menschen gibt, auf die man sich verlassen kann. Curd Jürgens war zwar im Alter meines Kindheits-Großvaters, unterschied sich aber dennoch erheblich von ihm. Auch er hatte, so wie Lilli Palmer, wohl nie schwer arbeiten müssen, trug feine Anzüge und hatte eine Weltläufigkeit an sich, die mich sehr beeindruckte. Er war ebenfalls freundlich und diszipliniert, was bei jeder Lesereise höchst angenehm ist und die Arbeit sehr erleichtert. Und auch von Curd Jürgens habe ich ein paar Lehren fürs Leben bezogen: den Wert von Diskretion, Aufrichtigkeit und Toleranz. Alle drei Dinge haben mit konkreten Situationen zu tun:
Ich musste jeden Morgen meiner Verlagschefin telefonisch mitteilen, wie der Vortag gelaufen war: Ob die Interviews und TV-Auftritte geklappt hätten, ob viele Menschen bei den Signierstunden waren und wie viele Bücher dabei verkauft worden waren. Eines Morgens lächelte mich mein Autor bei der Abfahrt zur nächsten Stadt besonders freundlich an, tätschelte wohlwollend meinen Handrücken und sagte: »Sie sollten auf etwas achten. Entweder, Sie sorgen dafür, dass künftig unsere Zimmer in den Hotels nicht nebeneinanderliegen, oder Sie sprechen leiser, wenn Sie mit Ihrer Chefin telefonieren!« So lernt man – wenn auch verbunden mit hochrotem Kopf –, was Diskretion auch bedeuten kann!
Die nächste Lektion folgte auf dem Fuße. Nicht in allen Buchhandlungen wurden bei den Signierstunden so viele Bücher verkauft, wie es für den Verlag und die Buchhändler wünschenswert gewesen wäre. Nach so einem Tag, an dem vom Andrang des Publikums her nicht alles optimal gelaufen war, kamen der Star und ich zurück ins Hotel und Curd Jürgens lud mich zu einem Night-Cup in die Hotelbar ein. Vor unserer Bloody Mary sitzend fragte er: »Und wie ist es heute gelaufen? Zur Zufriedenheit des Verlages? Wie viele Exemplare wurden denn verkauft?« Ich wollte ihn nicht verärgern und kränken und stotterte irgendeine viel zu hoch gegriffene Zahl hervor. Und versicherte ihm, dass alles ganz großartig gelaufen sei. Das TV-Interview, von dem wir gerade gekommen waren, sowieso. Da setzte er wieder sein unnachahmliches, diesmal etwas schmallippiges Lächeln auf und sagte nach einer kurzen Pause: »Sie müssen noch viel von ihren amerikanischen Kollegen lernen. Die sagen ihren Stars immer knallhart – manchmal zu hart (ich erinnere mich genau, dass er diese Einschränkung machte!) – die Wahrheit. Es ist nicht gut, die Dinge zu beschönigen, nur um jemanden bei Laune zu halten. Die Wahrheit kommt ja doch an den Tag. Ich habe sehr wohl bemerkt, dass das heute nicht gerade toll war!« Das war die wichtigste Lektion in meiner Berufszeit überhaupt. Mit ihrer Hilfe habe ich gelernt, dass man unerfreuliche Wahrheiten auch vermitteln kann, ohne deshalb gleich lügen zu müssen. Sie halbwegs charmant zu verbrämen fiel mir als Österreicherin, aufgewachsen mit K.u.K.-Diplomatie, auch »Schmäh« genannt, nicht schwer. Sehr viel schwerer fiel es mir allerdings, die Angepasstheit, die durch diese diplomatischen Aktionen gefördert wird, in späteren Jahren wieder abzubauen. In wirklich verantwortungsvollen Positionen muss auch angstfrei Tacheles geredet werden können. Das mögen die meisten Menschen nicht und ich habe wirklich lange gebraucht, bis ich lernte, aus meinem Herzen keine Mördergrube zu machen und unerfreute Reaktionen auszuhalten.
Toleranz – die dritte Lektion – lernte ich von Curd Jürgens auf folgende Weise. Ich sollte ihn in München, in seinem Apartment im Hotel »Bayrischer Hof« abholen, um ihn zu einem TV-Auftritt für das Buch zu begleiten. Der Portier schickte mich hoch zu seinen Räumen. Ich trat ein und fand im Salon niemanden vor. Als ich mich durch Räuspern und ein zaghaftes Hallo nach einer Weile bemerkbar machte, rief mich Curd Jürgens in einen der Schlafräume. Und da fand ich ihn mit seiner Frau im Bett liegend vor – beide nackt, wie Gott sie erschaffen hatte. Abgesehen davon, dass wir schon ziemlich spät dran waren und ich ihn lieber gestiefelt und gespornt angetroffen hätte, war das mögliche Zuspätkommen in diesem peinlichen Moment nicht mein größtes Problem. Mir war das Ganze unendlich unangenehm und obwohl ich ja gerufen worden war, hatte ich das Gefühl, eine Indiskretion begangen zu haben. Mein puterrot angelaufener Kopf trug jedoch sichtlich zum Vergnügen des Nudisten bei. Ich zog mich schleunigst in den Salon zurück und betete laut unsere bevorstehenden Termine herunter. Irgendwann tauchte er dann auf. Ausgehfertig. In einem seiner faszinierenden Hemden, ohne Knopfleiste, mit chinesischem Stehkrägelchen – die nur er trug. Und seine Frau Maggie in einem sensationell schönen Seidenkimono, der mich sehr beeindruckte. Aber eigentlich hatten wir beide etwas von seinem frivolen Spielchen: Er konnte den Bürger(mädchen)schreck spielen und ich hatte gelernt, dass es Menschen gibt, die mit ihrer Nacktheit ungezwungener umgehen, als es mir in meiner Kindheit beigebracht worden war. Eine Frage der Toleranz.
Lilli Palmer und Curd Jürgens waren aufgrund ihrer Memoiren die beiden ersten Sechzigjährigen, die mir in jungen Jahren bewusst als Vertreter ihrer Altersgruppe begegnet sind. Sie waren berühmt und noch immer irgendwie jugendlich und agil. Die beiden letztgenannten Eigenschaften waren in dieser Zeit bei gleichaltrigen »Normalbürgern« nicht immer, eher sogar selten, anzutreffen. Großeltern von damals sahen normalerweise anders aus, älter eben. So gesehen waren Lilli Palmer und Curd Jürgens in den siebziger Jahren Ausnahmeerscheinungen, aber sie haben mir gezeigt, dass Alter relativ zu betrachten ist. Heute wirken fast alle Sechzigjährigen wie Lilli Palmer und Curd Jürgens, als ich sie damals traf, und nur selten wie unsere durch Krieg, Entbehrungen und harte Arbeit früh gealterten Großeltern. Ja und heute bin eben ich eine Sechzigjährige. Was mich immer wieder überrascht. Erst kürzlich, als ich in einer Talkshow die Tochter von Hildegard Knef sah. Sehr erwachsen, sympathisch. Nur hatte sie gar nichts mehr mit dem kleinen Mädchen gemein, das vor vierzig Jahren auf meinem Schoß saß, als ich für ihre Mutter Sekretariatsarbeiten erledigte und ihr ein paar Tage bei der Beantwortung der Fan-Post zu ihrem Buch »Der geschenkte Gaul« half. Das Ganze fand in dem schönen Haus von Susi Nicoletti und Ernst Haeussermann in Salzburg-Anif statt, mit denen Hildegard Knef wohl befreundet war. Ich erinnere mich noch genau, wie die Kleine bei einem gemeinsamen Mittagessen mit dem Löffel immer wieder lachend in die Spinatsuppe patschte, so dass wir alle am Tisch in Kürze wie grüngesprenkelte Ferkel aussahen. Und jetzt lächelte mir aus dem Fernsehgerät eine wohlerzogene, sehr erwachsene Frau entgegen. Noch dazu eine Unternehmerin, die für die Amerikaner europäisches Brot produziert. (Was ein New Yorker Bürgermeisterkandidat 1933 schon einmal versprochen, aber nicht gehalten hat.) An solchen Begebenheiten merkt man am ehesten, wie die Zeit vergeht.
Darüber sollten wir uns alle im Klaren sein: Wir Sechzigjährigen von heute haben es so gut wie keine Generation vor uns. Seit 1900 werden wir Menschen um glatte zwanzig Lebensjahre älter, lehrt uns die Statistik. Dabei leben wir hier in Europa in Frieden und die meisten sogar in Wohlstand – daher haben wir uns in jeder Beziehung »gefühlte« und auch sichtbare zwanzig Jahre jünger gehalten als unsere Großeltern seinerzeit. Wenn das nicht ein Grund zum Feiern und Freuen ist?
In den letzten Jahren habe ich angefangen, selten gebrauchte Worte zu »sammeln«. Könnte sogar sein, dass dieses etwas merkwürdige Hobby um meinen sechzigsten Geburtstag herum anfing. Ausgelöst wurde es durch meine gelegentlichen Fernsehorgien, die mir helfen, erstens zu entspannen und zweitens, meinen Kopf vom beruflichen Tagesgeschehen zu befreien und zu leeren. Ja, Sie lesen richtig: Ich benutze Fernsehen vorwiegend zum »Kopfdurchpusten«. Bei diesen Aktionen fiel mir auf, wie viel Englisch da aus dem Kasten kam, wie viele Fremdworte und wie eingeschränkt der durchschnittliche deutsche Wortschatz der Fernsehwelt inzwischen schon ist. Das gilt für Unterhaltungssendungen ebenso wie für Informationsformate. Dass wir Fernsehzuschauer heutzutage die Nachrichtensendung zu unserem privaten Kabarett umgestalten, das kennen Sie sicher auch: Man ist geradezu gezwungen, von der Couch aus die Fragen zu stellen, die die Interviewer nicht stellen, oder beantwortet die politisch korrekt gestellten Fragen der angeblichen Profis selbst, bevor die interviewten Politiker ihre schon hundertmal gehörten Sprechblasen ablassen. Da helfen auch durchgestylte neue Nachrichtenstudios nichts, die zwar aussehen wie Weltraumbahnhöfe, nur ohne Funkkontakt zum Mann auf dem Mond. Auch die berühmten »Schaltungen« in alle Welt tragen meist wenig zur Aufklärung, dafür umso mehr zur Erheiterung bei: Frauen und Männer stehen vor Gebäuden, windgepeitschten Palmen oder auf orientalischen Marktplätzen und erklären, dass die Pressekonferenz noch nicht zu Ende ist, die Palmen von Windstärke X gepeitscht werden und die Einwohner eines exotischen Landes nach einem schlimmen Vorfall wieder zum Alltag übergehen. Als halbwegs intelligenter, denkender Mensch bleibt man heutzutage nach einer Nachrichtensendung mit mehr Fragen zurück, als man an Hintergrundinformationen oder gar konkreten Antworten bekommen hat. An diese relativ inhaltsleeren, bildverliebten Nachrichtenimitationen haben wir uns ja alle längst gewöhnen müssen. Gott sei Dank gibt es noch Zeitungen und auch das Internet ist ein Segen, doch auch dort muss man selbst die Spreu vom Weizen trennen.
So lernt man allerdings, seine Aufmerksamkeit umso mehr auf die Wortwahl zu richten. Und siehe da, gelegentlich passiert es, dass ein Mensch im Fernsehen ein Wort benutzt, das einem seit Jahren nicht mehr begegnet ist. »Fersengeld« ist so ein Wort. Erstaunlicherweise habe ich es aus dem Mund einer Frau vernommen, deren Kreuzfahrtschiff gerade von Piraten überfallen worden war. Sie war mit heiler Haut davongekommen, und nun wurde sie von einem Fernsehreporter dazu befragt. Zum Zeitpunkt des Überfalls auf das Luxusschiff befand sie sich unter Deck, berichtete die Urlauberin. Als sie nach oben kam und sah, dass da ein Überfall vor sich ging, habe sie »Fersengeld« gegeben, wie sie sich ausdrückte. Ich war sofort fasziniert von diesem Wort, das ich seit meiner Kindheit nicht mehr gehört hatte. Und musste ein wenig lachen bei der Vorstellung, man könne auf einem Schiff Reißaus nehmen, sind doch die Wege auf so einer schwimmenden Insel zwangsläufig begrenzt – mag der Kahn noch so groß sein.
Dieses neue alte Wort hat mich gedanklich allerdings spontan zu meinem Lieblingsthema, sozusagen zu meiner konsumistischen Achillesferse, gebracht: zu Schuhen. Denn eigentlich zahle ich bei jedem Schuhkauf »Fersengeld«. (Als ich in einer Pariser Apotheke ein Pflaster für meine schmerzenden Blasen erstand, habe ich buchstäblich »Fersengeld« bezahlt!) Was Schuhe mit dem Geburtstag zu tun haben?
Um meinen fünfzigsten Geburtstag bin ich über die Inspektion meines Schuhschranks darauf aufmerksam geworden, dass ich älter werde. Ganz einfach dadurch, dass ich bemerkte, wie die schicken Modelle mit den hohen Hacken im Regal nach oben gewandert waren und sich in Griffhöhe ausschließlich flache, schnelle Treter befanden. Das war damals für mich eine verblüffende Erkenntnis, denn ich bin ein Schuhfetischist und an meinem Schuhschrank ließ sich schon immer viel über meine Lebensbefindlichkeit ablesen. Und nun bin ich, die österreichische Bergbewohnerin, zur »Flachländerin« geworden … Als ich mir der »Flachen« bewusst wurde, war klar, dass ein gewisser Hang zu »den Mühen der Ebene« aufgetreten war, um Bert Brecht zu zitieren. Die Hinwendung zur ebenerdigen Etage war wohl ein schleichender Vorgang, denn ich war wirklich überrascht, was sich da an schönen, aber fast gänzlich absatzlosen Paaren angesammelt hatte. Die ich jetzt ganz offensichtlich im Alltag bevorzugt trug. Das ließ sich natürlich ändern, denn die hohen Modelle waren ja noch da. Ich wollte sie wieder öfter anziehen, nahm ich mir vor – nicht nur für besondere Anlässe. Aber jedes Mal machte ich dann doch nach nur wenigen Schritten aus der Haustür heraus Richtung Garage wieder kehrt und entschied mich für eines der flachen Paare. Ich konnte ja nie wissen, ob ich einen günstig gelegenen Parkplatz in der Stadt fände, und wenn nicht, ob mich die Wege per pedes über Kopfsteinpflaster führen würden. Was mit hohen Absätzen nicht nur anstrengend ist, sondern auch den Gang zum Schuster notwendig macht. (Ich habe in jugendlichen Zeiten einiges Geld dafür ausgegeben, hochgeschobenes Absatzleder wieder glätten und kleben zu lassen! ) Allerdings muss ich zugeben, dass mir eine ganz besondere Geschichte die hohen Hacken endgültig verleidet hat. Sie spielt in Venedig.
Ich habe kurz vor meinem zweiundfünfzigsten Geburtstag in der Lagunenstadt zum zweiten Mal geheiratet. Dieser romantische Ort der Hochzeit war eine Überraschung meines Mannes, der heimlich alles in die Wege geleitet hatte. Er berichtete mir erst von seinem Plan, als alle entsprechenden Papiere beglaubigt und ins Italienische übersetzt vorlagen. Während Millionen – darunter auch viel jüngere – Frauen von einer Hochzeitsreise nach Venedig träumen, wurde mir gleich eine ganze Hochzeit an diesem himmlischen Ort geschenkt. Und eine besonders romantische, weil heimliche noch dazu. Niemand außer uns wusste davon. Unsere Trauzeugen waren Mitarbeiter des Standesamtes am Canale Grande.
Die Sache wurde in letzter Minute noch ziemlich spannend, weil uns kurz vor dem Trauungstermin auf dem Standesamt gesagt wurde, dass wir die entsprechende Gebühr nicht in bar bezahlen könnten, sondern eine entsprechende Gebührenmarke auf dem Hauptpostamt erwerben müssten. Die alte K.u.K.-Stempelmarken-Bürokratie ließ grüßen. Das Postgebäude, die ehemalige Lagerhalle der Augsburger Fugger, ist nicht weit vom Standesamt, also rasten wir los. Leider war diese Gebührenmarke nur an dem Schalter zu bekommen, an dem die Venezianer ihre Fernsehgebühren einzahlen müssen. So stand mein zukünftiger Ehemann in einer endlosen Schlange im 1. Stock der venezianischen Hauptpost, und ich wartete nervös am Eingang in voller Festmontur: Ich hatte eine schwarze, über und über mit bunten Glasperlen bestickte Jacke für diesen besonderen Tag erstanden und trug zu einer schwarzen Hose ziemlich hochhakige schwarze Schuhe. Und machte mir immer schwärzer werdende Gedanken über das Ausbleiben meines Bräutigams. Der aber dann schließlich doch noch rechtzeitig auftauchte. Das Schicksal meinte es gut mit uns, wir wurden hoch romantisch – in italienischer Sprache und mit zwei deutlich zu hörenden »Si!« – getraut. Die Stadtverwaltung Venedig händigte uns nicht nur die notwendigen, mit allen vorgeschriebenen Stempeln versehenen Dokumente aus, sondern beschenkte mich sogar noch mit einem wunderschönen Blumenstrauß. Fröhlich machten wir uns auf den Weg ins Restaurant, das mein frischgebackener Ehemann zur Feier des Tages ausgewählt hatte. Und dann, kurz vor La Fenice, der Oper, die nach dem schrecklichen Brand damals noch restauriert wurde, rutschte ich auf der sprichwörtlichen Bananenschale aus. Und landete, geistesgegenwärtig mit den Armen nach vorn, krachend auf meinem rechten Knie. Was in so einem Fall passiert, kennen Sie vielleicht auch? Zuerst bleibt einem vor Schmerz die Luft weg, dann lässt einem der Schock das Blut gefrieren, der Herzschlag setzt aus – und dann tritt einem kalter Schweiß auf die Stirn. Das war also die erste Bewährungsprobe für meinen frisch angetrauten Ehemann, der wahrscheinlich geschockter war als ich. Er hatte auch sofort die Schuldigen ausgemacht: meine hohen Hacken. (Nur unter uns – eine Bananenschale macht keinen Unterschied zwischen flachen und hohen Schuhen. Ganz abgesehen davon, dass sie eigentlich in einen »Dick und doof«-Film gehört und nicht vor die Füße einer glücklichen Braut!) Das Ganze erwies sich zum Glück im weiteren Verlauf als nicht schlimm. Ich hinkte nicht einmal, und das Brennen der Hauptabschürfungen am Knie ließ bereits nach dem Verzehr der Vorspeise nach.
Später hatte ich in unsrem Zimmer im Hotel »Londra« Gelegenheit, die sich schon leicht blau verfärbende Bescherung genauer zu betrachten. Es war noch alles da, was zu einem funktionstüchtigen Knie gehört. Allerdings machte ich mir Gedanken, was mir dieser Vorfall wohl sagen wollte. Übermut tut selten gut? Wollte dieser Kniefall ein schlechtes Omen für unsere Ehe sein? Diese letzte Überlegung strich ich allerdings sofort wieder aus meinen Gedanken, denn unsere Liebe stand außer Zweifel. Zudem waren wir alte Beziehungshasen und hatten schon acht Jahre Zusammenleben »geprobt«.
Hier noch ein kleiner Tipp für alle, die uns nacheifern und auch das Hochzeitsapartement im »Londra« buchen wollen. Die Whirlpool-Badewanne mitten im Zimmer hat nicht nur ihren erotischen Reiz. Eine Tatsache, die Nachahmer nicht dazu verführen sollte, denselben Fehler zu machen wie ich: Ich habe den Hinweis ignoriert, dass in diese Badewanne kein Bademittel gegeben werden soll. Was zur Folge hatte, dass der Schaum meterhoch stieg und mein Ehemann ihn mit den Händen abtragen, ins Badezimmer schaffen und dort in der Dusche entsorgen musste, womit er eine ganze Weile beschäftigt war. Aber wir stellten lachend fest, dass wir das Symbol durchaus zu schätzen wussten. Er würde mit mir nie Probleme haben, die schwerer wiegen würden als der federleichte Badeschaum. (Und so ist es auch gekommen, Carlo, oder?)
Geblieben ist mir als Andenken an meinen Kniefall, dass ich seither nicht mehr schmerzfrei knien kann – und auch das Misstrauen meines Mannes, wenn ich vor der Auslage eines Schuhgeschäftes stehen bleibe und die – aus seiner Sicht – falschen Modelle beäuge. Sein warnender Blick ist Programm und die Erleichterung groß, wenn ich nach einem Schuhkauf die neuesten »Flachen« auspacke.