Doris Drahtiger bleibt auf Draht - Ulrike Ina Schmitz - E-Book

Doris Drahtiger bleibt auf Draht E-Book

Ulrike Ina Schmitz

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Beschreibung

Der Sekretärin Doris Drahtiger wird nach 37 Arbeitsjahren Knall auf Fall gekündigt. Dem Juniorchef – Eddi Mondmann ist sie einfach nicht mehr passend genug. "Und außerdem auch nichts fürs Auge", sagt er. So entlässt er Doris kurzerhand und sie muss schauen, wie sie mit ihren 57 Jahren zurechtkommt. Doch Doris gibt nicht auf. Sie findet eine neue Arbeitsstelle und sogar eine neue Liebe. Da war doch die Kündigung im Nachhinein das beste, was ihr passieren konnte, oder?

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Doris Drahtiger bleibt auf Draht

von Ulrike Ina Schmitz Roßbach/Westerwald

Ein Liebesroman

Die Handlung:

Der Sekretärin Doris Drahtiger wird nach37 Arbeitsjahren Knall auf Fall gekündigt.

Dem Juniorchef – Eddi Mondmann ist sie einfach nicht mehr passend genug.

"Und außerdem auch nichts fürs Auge", sagt er.

So entlässt er Doris kurzerhand und sie muss schauen, wie sie mit ihren 57 Jahren

zurechtkommt.

Doch Doris gibt nicht auf. Sie findet eine neue Arbeitsstelle und sogar eine neue Liebe.

Da war doch die Kündigung im Nachhinein das beste, was ihr passieren konnte, oder?

Inhalt

Der Rauswurf 6

Der nächste Tag 21

Verbesserungen 35

Harald Rossmann 45

Hohe Töne 52

Das verträumte PC ABC 66 

Missverständnisse 74 

Selbstreflexion 82 

Vom Online-Shop und neuem Job 86 

Ordnung ins Chaos 97 

Gespräche 109 

Softwareangelegenheiten 120 

Vereinsangelegenheiten 135 

Bleu en Bleutée 142 

Medusas Blick 152 

Ein Friedensangebot 162 

Promenadengespräche 174 

Das Stellenangebot 189 

Schräge Töne 202 

Klebepunkte 211 

Näherkommen mit Sendepause 218 

Neue Perspektiven 232 

Das nächste Kapitel 247 

Die andere Seite 259 

Babsi's Recherchen 265 

Belle France 277 

Fainéants permanent 293 

Ungelüftete Geheimnisse 300 

Die Begegnung 309 

Dämmerung 315 

La Chanteuse 319 

Fragen über Fragen 328 

Neue Mails 345 

Sorgen 355 

Nachricht von ihm 362 

Überwindungen 371 

Alles Verstehen – heißt – Alles Verzeihen 378 

Weitere Nachrichten und eine neue Bekanntschaft 384 

Überraschung 398 

Begegnungen 406 

Verspätete Antwort 415 

Nothilfe 422 

Der Anruf 431 

Wenn nicht so, dann eben anders 442 

Gespräche 448 

Krankensüppchen 459 

Erster Akt: Der Aufriss 467 

Zweiter Akt: Der Auftritt 475 

Vorbereitungen 493 

Große Freude 505 

Das Wiedersehen 510 

Schöne Zeiten 529 

Ein Lied für ihn 542 

Die Einladungen 553 

Mitfahrgelegenheit 566 

Die gelungene Überraschung 577 

Ein Lied für die Freunde 591 

Der Rauswurf

Mit offenem Mund starrte sie ihren Chef an. Sie, Chefsekretärin seit 37 Jahren.

Siebenunddreißig Jahre Chefsekretärin bei Seniorchef Eduard Mondmann, Reifen Import und Export. Sie, Doris Drahtiger, schaute Juniorchef Eddi Mondmann entgeistert an.

„Sie wollen mich entlassen? So Knall auf Fall? So mir nichts dir nichts? Wenn das Ihr Vater wüsste, der würde sich im Grabe umdrehen.“

„Weiß er aber nicht“, meinte Eddi Mondmann patzig. „Wie Sie wissen, Drähtchen, ist mein Vater tot, und ich bin hier der Chef.“

„Nennen Sie mich nicht Drähtchen! Für Sie immer noch Frau Drahtiger!“

„Ach, wenn Sie wollen? War nur der Gewohnheit halber, weil mein Vater sie so genannt hat. Aber wenn Sie unbedingt Stress machen wollen …“

„Den Stress erzeugen Sie, indem Sie mir nahelegen zu kündigen. Wollen Sie etwa meine Arbeit selbst übernehmen? Hoffentlich übernehmen Sie sich damit mal nicht. Ihr Vater war froh, dass ich hier immer die Stellung hielt.“

„Na gut, ich will Ihre Verdienste für die Firma nicht schmälern. Aber, meine liebe Frau Drahtiger, Sie sind zwar immer noch auf Draht“, Eddi Mondmann kicherte höhnisch, „aber Sie sind alt und machen leider nicht mehr viel her. Dekomäßig meine ich. Kurz und gut: Ich brauche für mein Vorzimmer eine Vorzeigelady. Und, wenn Sie mal in den Spiegel schauen … Das können Sie leider nicht mehr bringen. Übrigens tritt Ihre Nachfolgerin noch heute Vormittag ein. Ich wünsche, dass Sie sie noch einarbeiten.“

„Was? Das ist ja unglaublich!“

„Ach ja? Glauben Sie's ruhig. Wenn Sie also nicht selbst kündigen wollen, betrachten Sie sich zum nächsten Ersten als entlassen!"

Eddi Mondmann, gelgestylt, solargebräunt und von sich eingenommen, drehte sich um und ging in das Büro seines Vaters, oder natürlich jetzt – sein Büro.

Doris Drahtiger schaute dem Mann geringschätzig nach. Das war es also. Oder soll's zumindest gewesen sein. Doris Drahtiger verhärtete sich innerlich, um nicht auszuflippen.

Sie schüttelte sich unmerklich. Der alte Mondmann war noch nicht einmal unter der Erde, die Urne stand wohl noch auf irgendeinem Kamin, und der Juniorchef krempelte schon alles um. Pietät! Ein Fremdwort für ihn.

Um sich zu beruhigen, kramte sie in den Unterlagen, die der alte Herr Mondmann noch hätte unterschreiben müssen. Sollte sie die jetzt etwa zum Junior bringen? Vielleicht könnte das ja schon die dekorative Neue machen?

Doris Drahtiger klebte Post-Its an die Unterlagen und vermerkte darauf alles Nötige. Es waren natürlich auch noch Anrufe zu tätigen, aber dazu, war ihr, zumindest für heute, die Lust erheblich vergangen.

Nun, erst einmal alles sortieren. Sie schaute in ihren Terminkalender. Das Dringlichste müsste natürlich weiterlaufen, das war sie schließlich dem alten Herrn Mondmann schuldig. Ade, schöne Zeit. Vorbei mit: Bin ich froh, dass wir Sie haben Drähtchen. - Nun dieser Draht war jedenfalls ab.

Sie atmete tief durch und machte sich an ihre tägliche Arbeit.

Um Viertel vor Eins erschien Eddi Mondmann im Vorzimmer. Er schaute auf die Funkuhr an der Wand und fragte: „Ist Frau Schönschreiber noch nicht da?“

Frau Drahtiger schaute nicht auf und antwortete: „Wenn sie nicht unsichtbar ist, dann wohl nicht.“

Junior Mondmann zuckte mit den Schultern. „Der Vormittag ist ja längst noch nicht vorüber.“

Jetzt schaute Frau Drahtiger hoch. „Nicht? Na dann.“ Doris hob die Schultern.

Um 14 Uhr und 59 Minuten kratzte es vornehm an der Tür. Ohne Weiteres kam eine, ja wirklich, eine außerordentlich gutaussehende Schminkkopfbarbiepuppe herein. Kicherte einen „Guten Morgen“ und säuselte: „Hier bin ich!"

„Toll, ich bin beeindruckt“, so dachte Frau Drahtiger. Sie grüßte kopfnickend. Just in diesem Moment erschien der Junior abermals auf der Bildfläche, sah die soeben Angekommene und strahlte über alle vier Backen. „Da sind Sie ja schon, Belinda. Haben Sie gut hergefunden?"

Belinda Schönschreiber strahlte ihrerseits, ein bisschen wie ein zuckersüßes Honigkuchenpferd, und flötete zart: „Oh ja. War gar nicht so schwer. Sie hatten mir ja die Adresse gegeben und der Taxifahrer kannte den Weg."

„Ah, sehr schön!", räusperte sich Eddi Mondmann. Er zeigte mit dem Finger auf Frau Drahtiger. „Hier ist unsere Frau Drahtiger", sprach er eindringlich, „die uns leider bald verlassen wird. Die wird Sie mit Ihrem neuen Wirkungskreis bekannt machen. Schauen Sie der guten Frau Drahtiger ruhig in den nächsten Tagen gründlich über die Schulter!"

Die Neue zog ein Schnäuzchen. „Ach, warum denn das? Das ist aber schwer. Frau Drahtiger ist doch so groß. Aber vielleicht im Sitzen?“ Belinda schaute Doris lächelnd an. „Ich glaube, das wird sicher gehen."

Eddi Mondmann stotterte verdattert: „Äh, ja … Lassen Sie sich einfach von unserer Frau Drahtiger alles zeigen, dann wird es schon gehen.“

Eddi, Juniorchef Mondmann, verließ nun zunächst einmal den Vorraum und begab sich wieder in seinen eigenen Bereich.

Doris Drahtiger schaute Belinda Schönschreiber an. „Bitte setzen Sie sich doch Frau Schönschreiber. Vielleicht möchten Sie zuerst einmal einen Kaffee?“

„Oh ja. Das wäre fein. Haben Sie hier eine Espressomaschine? Dann bitte eine Latte Macchiato."

Doris Drahtiger weitete die Augen. „Tut mir leid, wir haben hier nur eine ganz ordinäre Kaffeemaschine, mit Glaskanne."

Die Neue riss ihrerseits die lang bewimperten Augen auf. „So etwas gibt es hier noch? Nun, ja macht nichts. Ich glaube, da kann ich auch mit umgehen. Meine Oma hat so eine. Ich habe ihr schon mal zugesehen, wie sie Wasser hineingefüllt hat."

„Nun, dann wissen Sie ja Bescheid. Das wird höchstwahrscheinlich auch hier zu Ihren Aufgaben gehören."

„Oh, da hoffe ich aber, dass ich mir das merken kann."

„Ach, ich glaube, das wird den Herrn Mondmann nicht stören, wenn Sie das einmal vergessen", Doris Drahtiger grinste leicht schadenfroh.

„Ach, Eddi möchte auch Kaffee?"

„Eddi? Ja? Kennen Sie den Junior näher?"

„Aber ja, wir haben uns auf einer Party kennengelernt. Er meinte, ich würde hier ganz toll in seine ›Entree‹ passen.“

Belinda Schönschreiber schaute sich um. „Na, besonders dekorativ ist es hier ja nicht. Aber vielleicht kann Eddi ja ein paar kleine grüne Klubsessel bestellen, die sind wirklich süß. Kennen Sie die? Und vielleicht eines dieser niedlichen Rauchtischchen. Allerliebst, sag‘ ich Ihnen. Nicht, dass ich rauchen würde. Aber die sehen so chic aus. Finden Sie nicht?"

„Ich denke", jetzt lachte Doris Drahtiger deutlich spöttisch, „diesen kleinen Gefallen wird Ihnen der gute Eddi sicher tun."

Belinda lachte erfreut. „Ja nicht? Er ist ja so nett, der Eddi."

Nun, Frau Drahtiger war darüber anderer Meinung. Und sie hatte noch eine Meinung, und zwar über die Neue. Sie fand sie einfach traumhaft. Albtraumhaft. Aber sie müsste diesen ›Traum‹ einfach nur noch drei Wochen über sich ergehen lassen und dann könnte sie endlich wieder aufwachen. Dann war sie zwar arbeitslos, jedoch war sie dann auch frei.

Nun, dann also mal tief durchatmen und weiter geht's! Sie lächelte die Neue milde an.

Die Tage vergingen fast im Flug und Doris Drahtiger empfand, eigenartigerweise, immer mehr Sympathie für die Neue. Die Unbedarftheit Belindas war nahezu entzückend. In der Tat, sie stellte die perfekte Dekoration dar. Doch leider konnte sie nichts, jedenfalls nichts, was für die Firma von Belang wäre, und sie begriff leider auch nichts. - Genau das, was der smarte Eddi verdiente, so dachte Frau Drahtiger genugtuend. Schade wäre natürlich, wenn es mit der alten Firma den Bach hinunterginge. Doch wollte der Junior es denn anders?

Doris Drahtiger hatte sich in den letzten Wochen, so in ihrem Rücktritttrott eingelebt, dass sie sich sogar mit der Anwesenheit Belindas abgefunden hatte. Nicht dass Belinda Schönschreiber von selbst darauf gekommen wäre, sich etwas zeigen zu lassen. Nein, die Kleine war so höflich, ihr nicht im Weg zu stehen und verzog sich auf die, mittlerweile schon vorhandenen, lindgrünen Klubsessel. Sie konnte sich allerdings mit graziler Anmut dem Lochen der Blätter widmen. Sie bemühte sich besonders einige leere Blätter zu lochen. Versuchsweise, da sie ja noch im Übungsstadium war. Die wichtigen Unterlagen oblagen, nach wie vor, Doris Drahtiger.

Doris letzter Arbeitstag nahte. Die Neue konnte inzwischen äußerst ästhetisch telefonieren. Sie machte auch Termine, vergaß jedoch oftmals diese in den Terminkalender einzutragen. Doch die paar guten Kunden, die dadurch ausblieben, fielen wohl nicht weiter in die Waagschale. Die meisten Kunden ließen sich sogar vertrösten, denn Belinda konnte sich wirklich bezaubernd reuig entschuldigen. Und da es sich ja bei den meisten Kunden um Männer handelte, so waren die paar vergessenen Termine wirklich kaum der Schmähe wert.

Doris Drahtiger dachte: Vielleicht klappt es hier ja mit der neuen Chefsekretärin wirklich viel besser als mit mir. Worin ich kompetenter war, dort plappert Belinda Schönschreiber, mit ihrem süßen Plaudermund, alles in die Reihe. Und sie sieht ja auch echt super aus. Wie aus dem Modemagazin geschnitten. Blond, wohlgeformt und alles am richtigen Platz.

Doris selbst war allerdings mit ihren 1 Meter 75 und den 62 Kilogramm eine eher schmale Erscheinung. Sie trug ihr, mittlerweile mehr graues als blondes Haar, glatt bis auf die Schultern, was andere Menschen eventuell als langweilig empfanden, doch sie hielt sich selbst noch für ganz vertretbar, ohne je wirklich darüber nachgedacht zu haben. Außerdem nahm sie an, dass sie sich mit ihren siebenundfünfzig Jahren sehr wohl noch ganz gut gehalten hatte, denn immerhin war sie gesundheitlich noch topfit. Doch für eine ›Entree‹ langte das vermutlich nicht.

An ihrem letzten Arbeitstag packte Doris ihre eigenen persönlichen Habseligkeiten in einen Karton.

Der Juniorchef war derzeit außer Haus und kam auch nicht, um sie zu verabschieden, dies wäre ja auch höflich gewesen. Vielleicht war ihm nicht zuletzt, sein vorheriges Verhalten, mit einem Mal ein wenig peinlich, denn … sozusagen als letzter Gruß, lag eine wirklich teure Pralinenschachtel mit erlesenem Inhalt auf Doris Schreibtisch. Ein gelber Haftzettel pappte an der Plastikhülle. Sie nahm ihn in die Hand und las: „Mit bestem Dank für hervorragende Zusammenarbeit!"

Das war's. Die 37 Jahre waren vorbei. Passten in eine einzige Packung. Vielen Dank für die Pralinen!

Belinda saß, freundlich lächelnd, auf ihrem Klubsessel und wünschte Doris, sehr herzlich, alles Gute.

Doris Drahtiger nickte beklommen: „Ich Ihnen auch!“ Dann drückte sie der neuen Chefsekretärin die Pralinendose in die Hand und sagte: „Ich wünsche noch viele süße Stunden!“

Der nächste Tag

Am nächsten Tag wurde sie, exakt zur gleichen Zeit wie immer, wach. In Anbetracht dessen, dass sie sich die halbe Nacht nur herumgewälzt hatte, war das trotzdem erstaunlich.

Beim Frühstück überlegte Doris Drahtiger, ob sie von nun an die Butter ein wenig dünner streichen müsste. Sie hatte allerdings einige Ersparnisse, denn ohne eigene Familie sparte man so Einiges.

Sie überlegte natürlich, ob sie einen Vorteil davon hätte, sich zum Arbeitsamt zu bemühen. Die Aussicht in ihrem Alter noch einen Job vermittelt zu bekommen, siedelte wahrscheinlich irgendwo bei null.

Immerhin würde sie es versuchen. Am besten gleich heute früh noch. Dann würde sie am ehesten erfahren, wie heißhungrig die Arbeitgeber auf ihre Erfahrungsjahre spekulierten. Was könnte sie sonst noch tun? Annoncen durchsuchen oder selbst eine aufgeben? Morgen vielleicht. Heute zum Arbeitsamt und morgen dann …

Doris bestrich ihr Brötchen gerade mit einer doppelten Portion Butter, als es an der Tür läutete.

Ihre gleichaltrige Nachbarin Babsi Spröller, verheiratet, und, zu deren Kummer, kinderlos, kam und wollte ihrer Freundin Doris Mut zusprechen. Babsi staunte jedoch, dass sie Doris in relativ munterer Stimmung vorfand.

„Ach, du bist ja, Gott sei Dank, gut gelaunt. Ich dachte, ich finde dich hier am Boden zerstört. Das ist ja toll. Nun kann ich dich gleich fragen, ob du heute Abend Lust hast, mit ins Kino zu kommen.“

„Kino? Was läuft denn?“

„Ach, ich weiß nicht genau. >Mein Chef der Verführer< oder so. Der Hauptdarsteller ist dieser 007 Typ. Hab' den Namen vergessen."

„Wie passend, dieser Titel. Passt irgendwie zu meiner aktuellen Situation, also wie aus dem wirklichen Leben. Na, mal sehen. Kommt denn nichts im Fernseher?"

„Doch, aber nichts Interessantes"

„Oh toll! Das wollte ich immer schon sehen."

„Haha! Kommst du morgen mit in die Volkshochschule?"

„Welcher Kurs?"

„Töpfern."

„Töpfern? Warum sollte ich auf meine alten Tage noch töpfern wollen?"

„Du, das ist wirklich furchtbar entspannend. Und du kannst ganz tolle Sachen für dich machen. Aschenbecher zum Beispiel."

„Ich rauche doch gar nicht.“

„Na und. So ein Aschenbecher sieht doch immer toll aus. Oder du kannst ihn verschenken."

„Nein Danke. Ich verschenke entweder Wein oder Blumen."

„Ach, wie einfallslos. Was hältst du von einem Sprachkurs?"

„Welche Sprache?"

„Englisch?"

„I can.“

„Französisch?"

„Je peux.“

„Italienisch?"

„Posso.“

„Von mir aus auch Türkisch, Russisch, Portugiesisch oder Pappchinesisch."

„Letzteres wäre eine Option. Was hältst du denn von einem Gesangstraining? Du bist doch im Chor, oder? Da könnte das für dich doch von Nutzen sein. Vielleicht komme ich mit in euren Chor. Das heißt, falls ihr noch einen Tenor sucht."

„Tenor?" Babsi kicherte verschmitzt. „Du meinst wohl Alt. Frauen singen im Alt."

Doris schaute Babsi lächelnd an. „Ja, meistens liebe Freundin, es gibt auch schon welche im Tenor. Ich singe jedenfalls Tenor. Habe ich immer schon".

„Ach wirklich, kein Witz? Das ist ja toll! An Männerstimmen mangelt es uns nämlich. Dienstag ist wieder Chorprobe. Ich nehme dich mit. Die werden staunen, die Herren."

„Okay, ich bin dabei, wenn ich erwünscht bin."

„Das ist keine Frage. Doch, was machen wir heute noch Schönes?"

„Also, du musst dir für dich schon selbst etwas überlegen. Ich gehe jetzt zum Arbeitsamt.“

Beim, im und ums Arbeitsamt herum war's proppenvoll. Voll mit Leuten ihres Alters. Und auch einige junge Arbeitssuchende, diese saßen gestapelt am Boden und hämmerten mit den Fingern wild auf ihre Smartphone-Displays ein.

Doris wollte ein Nümmerchen ziehen, die Abrissrolle war jedoch leer. Fragend schaute sie in die gelangweilten Gesichter. „Wer war der Letzte?"

Einer der jungen Smartphone-Bearbeiter schaute grienend auf und meinte: „Sie!"

Doris grinste zurück: „Ja richtig! Gut beobachtet und Sie kamen vor mir?"

„Scheint so."

Doris lehnte sich gegen ein kleines Stückchen freie Wand. Dann holte sie ihr Smartphone aus der Tasche und begann kleine Lichtkügelchen zu zerstören, welche sich anschließend in Feuerkügelchen verwandelten und wiederum darauf warteten zerstört zu werden.

An der Wand leuchtete ein Anzeigegerät mit der Nummer 48 auf. Eine dickliche Dame schaute auf ihren Nummernzettel und ließ ihn sinken, um dann abermals darauf zu schauen. „Ich habe die Nummer 35 und wurde noch nicht aufgerufen. Wie kann denn das sein? Es ist doch nicht richtig, dass die Nummer 48 vor mir dran ist. Ich warte hier schon bald eine Stunde.“

Der pfiffige Smartphoneknabe meinte: „Vielleicht zählen die hier rückwärts. Und der Achtundvierziger ist schon zwei Stunden hier.“

Ein glatzköpfiger Herr meldete sich zu Wort: „Humbug! Das hab' ich ja noch nie gehört. Jemand sollte überhaupt mal melden, dass die Nummernrolle leer ist. Typisch Beamte, wenn die sich morgens mal hingesetzt haben, stehen die erst zum Feierabend wieder auf.“

„Das glaube ich nicht", meinte die Dickliche. „Mittags gehen die immer zu Tisch. Die begnügen sich nicht, wie unser einer, mit einem Wurstbrot im Hinterhof. Nein, die gehen in die Restaurants. Sie stehlen unsere Zeit, verfressen sozusagen unsere Steuergelder."

Am Bildschirm erschien mittlerweile die Ziffer 47, aber nur ganz kurz, dann erschien die Ziffer 97.

Der Glatzkopf rief aus: „Was soll dieser Schwachsinn? Ich habe die Nummer 49. Nach 48 kommt nun mal 49. Wir sind hier schließlich nicht in einem Irrenhaus."

Plötzlich öffnete sich eine Tür und es blickte aus einem der Räume ein Männerkopf heraus und rief: „Bitte die Nummern 35 und 49 zu mir! Die ohne Nummern dann bitte, der Reihe nach, danach. Leider ist die Nummernanzeige defekt."

Um Punkt 14 Uhr stand Doris Drahtiger mit dem Rücken vor dem Arbeitsamt und fühlte sich so erschöpft, wie nach einem stressigen Arbeitstag. Drei Stunden hatte sie fast in diesem Warteflur zugebracht. Und zwar im Stehen. Als sie dann endlich bei dem netten Beamten im Büro saß, fühlte sie sich so alt und ausgeschöpft, dass sie am liebsten gleich ihre Zwangsverrentung beantragt hätte.

Nun, der freundliche Mann nahm ihre Personalien in sein Softwareformular auf und versprach Doris, dass sie bald etwas zugesendet bekäme, natürlich nur wenn denn dann etwas für sie infrage käme. Dieses Gespräch dauerte tatsächlich ganze zehn Minuten und sie stand wieder vor dem Amt.

Urplötzlich war ihr so nach Couch zumute, nach Couch und Kaffee. Nun, den Kaffee konnte sie gleich nebenan nehmen. Konditorei Kohlenheber – 1A Törtchen mit und ohne Sahne.

Dieses versprach zumindest die Aufschrift auf dem Plakat am Eingang des Ladens. Sie ging hinein, bestellte sich gleich ein ganzes Kännchen Kaffee und ein 1A Törtchen. Als sie sich suchend umschaute, traf ihr Blick auf ein bekanntes Gesicht in der Ecke. Der Pförtner der Firma REIFEN-MONDMANN.

Der Mann, Heinrich Wald, schaute schon winkend zu ihr hinüber.

„Hierher Frau Drahtiger! Hier ist noch Platz.“

„Hallo, Herr Wald! Wie geht's Ihnen?"

„Och, ich kann eigentlich nicht klagen. Nur die Atmosphäre in der Firma ist nicht mehr die gleiche, seit der Senior tot ist. Der Junior ist wohl eher ein Fatzke. Der macht die Arbeiter im Werk verrückt, weil diese angeblich ihr Pensum nicht schaffen. Doch warum sollte das sein? Vorher bekam man davon nichts zu hören. Scheinbar nimmt er viel zu viele Aufträge an, kann den Hals wohl nicht vollkriegen. Er schafft Neuerungen an, womit keiner fertig werden kann. Hätte er doch lieber alles beim Alten belassen."

„Aber mein lieber Herr Wald, so eine Firma muss doch mit der Zeit gehen, sonst ist sie bald vom Markt. Ich denke, es ist schon richtig, dass der Eddi in Neuerungen investiert. Vielleicht hätte er die Mitarbeiter nur mehr involvieren müssen."

Heinrich Wald kratzte sich am Kopf. „Glauben Sie, Frau Drahtiger? Die meisten Neuerungen machen mir persönlich Angst."

„Ach, Herr Wald, das haben Neuerungen nun mal so an sich. Das, was man nicht kennt, erscheint einem suspekt. Kennt man es erst einmal, weiß man gar nicht mehr, wie man vorher ohne diese Veränderung ausgekommen ist."

„Ach Sie haben wohl recht Frau Drahtiger. Schade, dass Sie nicht mehr bei uns sind. Ich vermisse unsere Gespräche. Sie waren mir immer und sind mir auch immer noch sehr sympathisch. Mit Ihrer Nachfolgerin habe ich außer einem Gruß noch keinen Wortwechsel geführt.“

„Dafür haben Sie aber jetzt was für die Augen, mein lieber Wald. Erfreuen Sie sich an deren Jugend und Schönheit!"

„Ja, wunderschön ist die Neue. Doch, Sie sehen doch auch noch ganz gut aus“. Wald schaute sie mit leuchtenden Augen an. „Ich bin wirklich froh, meine liebe Frau Drahtiger, dass ich Sie getroffen habe. Sie haben mir Mut gemacht. Ich glaube, wenn ich darüber nachdenke, werde ich mich sogar an Verbesserungen gewöhnen können."

„Sie sind auf dem richtigen Weg, lieber Herr Wald. Positives Denken ist immer richtig!"

Als sie aus der Konditorei kam, war Doris schon sehr viel entspannter und ihr Blick geriet auf ein Plakat am Erdgeschossfenster des Arbeitsamtes, dasselbe hing auch dort im Warteflur und das brachte sie auf eine Idee.

Verbesserungen

„Ausgerechnet ein Computerkurs. Wie bist du bloß darauf gekommen?" Babsi Spröller stöhnte.

Doris meinte beruhigend: „Du wolltest doch unbedingt mit mir zusammen einen Kurs in der Volkshochschule belegen. Vor dem Arbeitsamt und im Warteflur hing jeweils ein Plakat, wo solch ein Kurs angepriesen wurde. Ich habe es in dieser Zeit einige Male gelesen, in der ich ebenda ausharren musste, und das war wirklich lange genug. Ich denke, es ist genau das Richtige für uns. Bildung kann nie schaden. Und ich denke, dass ich mit Computerkenntnissen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe.“

„Wahrscheinlich hast du recht. Ich habe aber gar keinen Computer."

„Nun, ich doch auch nicht. Das heißt, wir müssen gleich los, um uns einen zu besorgen."

„Ach, bei dem Wetter? Es regnet doch!"

„Hast du keinen Schirm? Außerdem ist der Computershop nicht weit. Wir müssen uns natürlich Vorort beraten lassen. Ich hoffe, die sind dort kompetent."

Der erste Berater, der die beiden Damen nach ihrem Begehr fragte, erwies sich allerdings als gänzlich inkompetent, was er auch selber, ohne Scham, gestand. Der mittelalte Verkäufer verwies sie an seinen jüngeren Kollegen, den er persönlich für geeigneter hielt als sich selbst.

Nun steuerten Doris und Babsi also auf besagten Verkaufsberater zu und konfrontierten selbigen mit ihren PC-Fragen. Der junge Verkäufer hörte aufmerksam zu, so schien es jedenfalls zunächst, bis er sich unerwartet in Gang setzte. Das sollte wohl seinerseits eine Aufforderung signalisieren, ihm zu folgen.

Leicht irritiert trabten die beiden Frauen hinter ihm her. Er blieb dann vor den sogenannten Towern stehen.

„Was wollen Sie denn? Einen Tower oder ein Laptop?"

Babsi Spröller meinte hierauf: „Wenn wir das wüssten, würden wir Sie nicht gefragt haben, denn dann könnten wir einen Computer aus dem Versandhauskatalog bestellen und hätten bei dem Mistwetter nicht aus dem Haus gebraucht."

Der junge Verkäufer hob die Stirn. „Sie müssen doch wissen, wofür Sie den Computer brauchen! Daraus resultiert nämlich, welche Art von PC Sie benötigen."

Doris Drahtiger schaltete sich ein. „Nun, wir sind, wie wir Ihnen bereits sagten, Anfänger. Wir wissen nichts, doch ich finde, es sollte schon ein tragbares Gerät sein."

Der Verkäufer atmete auf. „Dann wären Sie mit einem Laptop oder einem Notebook gut dran. Wir haben dort hinten ein paar Preisgünstige, die sind auch nicht so gewichtig, die können Sie überall mit hinnehmen."

Er schritt im Eiltempo zu den sogenannten Laptops, die, wie man sehen konnte, in allen Farben und Größen erhältlich waren.

„Ich glaube, ich nehme den kleinen Blauen, der ist ja niedlich. Und, er sieht aus, wie für mich gemacht", meinte Babsi entzückt.

„Das ist das Modell >Rapider Blue<, 2,3 kg schwer mit 8 Gigabyte Arbeitsspeicher. Übrigens ein Auslaufmodell denn der Rapider hat leider nur Bluetooth und kein WLAN. Und selbstredend auch keine Schnittstelle für DVD ROM für den Spottpreis."

„Und diese Schnittstelle bräuchten wir?"

„Das müssen Sie wissen. Wenn Sie im Internet surfen wollen, brauchen Sie auf jeden Fall den WLAN-Anschluss. Wenn Sie einen Film gucken wollen, auch das DVD-Laufwerk."

Babsi meinte zweifelnd: „Also, ich weiß nicht, ob ich damit Filme gucken will, immerhin haben wir einen DVD-Player daheim. Also, welchen bräuchten wir dann?"

Der Verkäufer deutete auf ein mittelgroßes, dunkelgraues Notebook, in der mittleren Preisklasse, sprich 950 Euro.

„Boh, das ist aber teuer", stöhnte Babsi. „Das ist die mittlere Preisklasse? Hier vorne der Computer kostet doch nur 399 Euro. Ginge der nicht auch für uns?"

„Kann sein. Das müssen Sie wissen. Ist wohl mehr ein Spielzeug. Meine kleine Nichte hat den gleichen in violett. Aber das müssen Sie selber wissen. Der Akku hält natürlich nicht lange, nur ein paar Stunden. Aber wenn Ihnen das reicht?"

Doris meinte kritisch: „Am besten überlegen wir uns noch in Ruhe, was wir wollen und kommen dann wieder her. Danke schön für Ihre Mühe!"

Der Verkäufer machte ein gleichgültiges Gesicht. „Wenn Sie meinen."

Die beiden Frauen verließen den Elektrodiscounter. Doris meinte: „Auf den Wust von Information muss ich jetzt erst einmal eine Schorle trinken. Lass uns ein Schoppen >Beim Schinderklaus< nehmen!"

Schinderklaus war die örtliche Kneipe, fest in der Hand von Wirtin Steffi Schinder. Klaus war der Mann von Steffi, dieser half aber nur ab und zu mal in der Wirtschaft aus, wenn er nicht auf Montage war.

Steffi Schinder begrüßte die beiden in üblicher Manier. „Na, Ihr Hübschen! Dasselbe wie immer?"

Doris und Babsi setzten sich in eine freie kleine Ecke, woraufhin die Schinderwirtin ihnen mit zwei Weißweinschorlen folgte.

„Hier ihr beiden! Ist was? Ihr macht so bedröppelte Gesichter."

Babsi entgegnete: „Ach, wir waren drüben im Elektronik- und Computerladen und wollten uns einen PC kaufen. Die Beratung war aber null. Und teuer sind die Dinger, da kippt man aus den Pumps. Man denke: Mittlere Preislage: 950 Euro. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen."

Steffi rief: „Das dieser Laden völlig kompetenzfrei ist hätte ich euch gleich sagen können. Nein, ihr müsst mit einem Fachmann reden!"

„Fachmann!“, rief Babsi aus, „das hört sich ja noch teurer an.“

„Das ist nicht immer richtig“, dozierte die Wirtin. „Ihr müsst den Schinder fragen."

Steffi nannte ihren Mann nur beim Nachnamen. Es sei denn, sie war sauer auf ihn, dann nannte sie ihn Klaus.

Babsi erwiderte: „Seit wann hat dein Schinder Ahnung von Computern?"

„Du wirst lachen, ganz dumm ist der Mann nicht. Könnte er ja auch gar nicht sein. Er ist schließlich mit mir verheiratet. Aber hierbei geht es ja weniger um die Computerkenntnisse von Klaus, nein, der hat da diesen Bekannten. Sein Name ist mir leider entfallen. Er war nur einmal hier. Ist hier in die Nähe gezogen. Der gibt Kurse hier an der VHS. Wenn Schinder gleich kommt, müssen wir ihn fragen."

Der Schinderwirt kam einige Minuten später und seine Frau sprach ihn direkt an. „Hey Schinder, sag mal wie heißt dieser Computertyp noch, den du neulich mitgebracht hattest, den, der die Kurse an der VHS gibt?"

Klaus Schinder sah kurz auf. „Wen meinst du? Den Rossmann? Harald Rossmann?"

„Ach, stimmt. Harald Rossmann. Könntest du den mal was über Computer fragen? Für Doris und Babsi? Die wollen sich einen Computer zulegen und wissen nicht welchen.“

Klaus Schinder schaute sich um und grüßte die beiden freundlich. „Wenn ihr mit Harald sprechen wollt, müsst ihr in zwei Stunden nochmal vorbeikommen. Da kommt er nämlich. Habe ihn unterwegs getroffen und er wollte heute Abend noch auf ein Bier kommen."

Doris und Babsi sahen sich an und Babsi meinte: „Wir können diesen Typen ja mal fragen, dümmer werden wir dadurch wohl nicht."

Doris nickte. „Das wäre ideal. Vielleicht ist er ja auch der Lehrer, den wir beim Kurs haben."

„Das wäre wirklich super", sprühte Babsi begeistert.

Harald Rossmann

Doris und Babsi saßen bereits wieder an ihrem Stammplatz, als Harald Rossmann das Lokal betrat.

Sie bemerkten ihn nicht beim Eintritt ins Lokal, da sie im Gespräch vertieft waren. Sie blickten jedoch auf, als Klaus Schinder einen Mann an ihren Tisch führte.

„Hallo Mädels, hier ist Harald Rossmann, der Computerexperte.

Harald, das sind Babsi und Doris. Die beiden haben Probleme mit Computern.“

Die beiden Damen sahen Klaus mit einem kleinen, etwa 1, 60 Meter großen Mann, vor sich stehen. Er hatte eine Halbglatze und mit seinen wachen grauen Augen schaute er amüsiert durch seine große Brille.

Harald Rossmann ergriff nun gleich die Initiative und fragte: „Wenn Sie nichts dagegen haben, setze ich mich mit an ihrem Tisch und da können Sie mir dann Ihre Computerprobleme vortragen. Und du, Klaus, bringst mir bitte ein großes Altbier!“

Klaus Schinder salutierte scherzhaft und wandte sich zum Gehen.

Harald Rossmann nickte Doris und Babsi aufmunternd zu: „Nun meine Damen, heraus mit dem Problem!“

Babsi kicherte: „Nun, unser Problem ist, wir haben keinen Computer.“

Burschikos hob Harald Rossmann die Brauen. „Ach, und wie komme ich hier ins Spiel?“

Doris sagte lächelnd: „Wir sind Anfänger und möchten uns gerne einen PC anschaffen. Doch wir wissen nicht, was wir dabei berücksichtigen müssen. Es wäre nett, wenn Sie uns etwas beraten könnten“.

„Meine Damen, da wäre es doch von Vorteil, wenn Sie am Mittwoch um 20:00 Uhr in meinen Kurs kämen. Gleich hier in der Volkshochschule in der Nähe.“

Babsi rief aus: „Ach, Mittwochabend? Da sind wir doch sowieso bei Ihnen, denk‘ ich. Oder sind da auch noch andere Computerlehrer?“

Harald Rossmann pfiff. „Oho, mittwochs bin ich der einzige PC-Fachmann. Sie sind also schon angemeldet? Das ist ja prima. Umso besser, dass Sie noch so gänzlich unbefleckt sind“, lachte er. „In PC-technischer Hinsicht meine ich natürlich.“

Doris und Babsi grinsten und Doris fragte: „Warum ist das besser?“

„Och, es ist immer richtiger, wenn meine Schüler noch nichts wissen, umso klüger erscheine ich.“

„Ach, wirklich?“ Doris blickte ungläubig.

„Nein, nein, meine Damen“, meinte Harald Rossmann im gespielten Ernst. „Es ist wirklich wesentlich angenehmer so. Die Schüler sind dann viel aufnahmefähiger.“

Doris sagte: „Da werden Sie mit uns keine Probleme haben. Wir sind aufnahmefähiger als trockene Schwämme.“

Harald Rossmann lachte und schlürfte sein eben gebrachtes, Bier. „Ich denke, das wird sich schnell ändern meine Damen.

Die trockenen Schwämme werden sich schon noch vollsaugen. Kommen Sie nur am Mittwoch und Sie werden dort speziell auch einige Tipps für ihren Computerkauf erfahren.“

Doris meinte: „Da werden wir Ihnen wirklich dankbar sein, denn wir haben heute schon schlechte Erfahrungen gemacht.“

„Wie das?“, fragte Rossmann.

Die beiden Damen erzählten abwechselnd die kleine Story die sie, in dem Elektro-Discounter, erlebt hatten, wobei Babsi natürlich die witzigsten Einlagen hatte.

Es wurde viel gelacht und dann verabschiedete sich Rossmann. „Ich will sie nicht länger stören, ich habe noch einen Termin. Ich freue mich sehr, dass ich Sie beide schon vor unserem Kurs kennengelernt habe.“

„Wir uns auch“, tönte Babsi.

Als Harald Rossmann gegangen war, sagte sie zu Doris: „Du, der scheint wirklich nett zu sein. Ich glaube, jetzt gehe ich noch viel lieber zum Kurs. Ich gebe gerne zu, dass ich dazu vorher nicht die geringste Lust verspürte“.

Doris antwortete scherzhaft: „Ach, du wirst sehen, wenn wir erst einmal mit einem Computer fertig werden und dann auch noch unsere eigenen PCs haben, dann werden wir vielleicht sogar noch internetsüchtig.“

„Ach ja, ich kann mir ganz gut vorstellen, so ein bisschen im Netz herumzusurfen. Zumal ja, mein Mann, wie du weißt, viel auf Montage ist.“

„Ja, wenn du es auch nicht beruflich brauchst, kannst du doch zumindest deine Langeweile damit vertreiben.“

Doris blickte auf ihre Armbanduhr. „Es ist schon ganz schön spät geworden mittlerweile. Lass uns nach Hause gehen!“

Die beiden gingen noch an die Theke zu Steffi Schinder, um ihre Zeche zu bezahlen. Die Schinderwirtin fragte die beiden noch: „Wie seid Ihr mit diesem PC-Mann klargekommen?“

„Prima“, sagte Babsi. Der ist ab Mittwoch unser Lehrer.“

„Was? Versteh‘ ich nicht. Das müsst ihr mir die Tage mal verklickern. Ich habe nämlich im Moment keine Zeit. Ihr seht ja, der Laden brummt.“

Das war nicht übertrieben, denn hinten, von den Tischen, riefen immer noch, trotz später Stunde, einige Herrschaften nach Bier und der Rechnung.

Doris und Babsi winkten Steffi zu und gingen ermutigt nach Hause.

Hohe Töne

Am Dienstagmorgen hatte Doris sich vorgenommen, endlich mal wieder ihre Wohnung, zumindest die Küche, gründlich sauber zu machen. Die Reinigung, in und auf den Schränken, hatte sie, während sie noch bei Mondmann gearbeitet hatte, meistens nach hinten geschoben. Abends war sie normalerweise zu kaputt dazu und an den Wochenenden gab es oft Wichtigeres zu erledigen.

Sie räumte die Sachen aus den Hängeschränken, nacheinander, auf den Küchentisch und wischte die Schränke aus. Beim dritten Hängeschrank merkte sie, dass sie nicht mehr viel Lust hatte weiterzumachen. Sie rang allerdings mit sich. Ob sie heute tatsächlich noch die Unterschränke machen sollte? Ein Klingeln an der Haustüre enthob sie ihren Überlegungen.

Babsi strömte in die Wohnung. „Was machst du gerade? Hast du Lust mit shoppen zu kommen?“

„Ich bin gerade dabei meine Küchenschränke, von innen, zu reinigen. Wenn es aber unbedingt sein soll, könnte ich mich auch dazu entschließen, die Angelegenheit zu vertagen.“

„Oh, das wäre toll. Warum machst du deine Schränke denn von innen sauber, es sind doch Türen davor? Also, ich finde das völlig unnötig. Das habe ich wirklich noch nie gemacht.“

Lächelnd fragte Doris: „Nicht? Die Schränke sind doch nicht selbstreinigend.“

Babsi riss die Augen auf. „Wie soll denn da der Schmutz hereinkommen, es sind doch, wie gesagt, Türen davor? Außerdem steht doch jede Menge Zeugs darin, das man ständig braucht oder auswechselt. Und das ist doch entweder frisch gespült oder frisch gekauft, wie Zucker und Mehl und so.“

„Na, und die Einlegeböden, setzt sich darauf etwa kein Schmutz ab? Schau doch mal hier, die Schranktüren sind doch gar nicht richtig dicht.“

Babsi schaute genau auf Doris Küchenschränke. „Ja stimmt. Bei dir ist wirklich nicht alles ganz dicht.“ Jetzt lachten beide und Doris fragte: „Und du glaubst, bei dir ist alles ganz dicht?“

„Tja, vermutlich nicht, doch ich bin ja auch nicht so genau wie du. Solche Bagatelle übersehe ich meist. Doch, mal etwas anderes, du hattest noch nicht geantwortet. Gehst du also mit shoppen?“

„Shoppen? Das kannst du wohl immer? Bekommst wohl zu viel Haushaltsgeld von deinem Mann, dass du immerzu shoppen musst“. Doris lachte und fragte: „Oder bist du etwa kaufsüchtig?“

Babsi schürzte die Lippen. „Puh, wenn du mich so fragst, das könnte schon sein. Doch das Geld muss schließlich unter die Leute. Mein Manni versorgt mich gut damit und wenn er auf Montage ist, möchte er, dass ich mich gut amüsiere. Alles im Rahmen versteht sich. Und er möchte vor allen Dingen, dass ich schön für ihn aussehe. Damit er ein bisschen mit mir angeben kann.“

Doris lachte wieder. „Du hast wirklich gute Argumente. Nun, womit willst du dich denn noch aufhübschen? Schuhe? Kleider? Pelze? Handtaschen?“

„Igitt, auf keinen Fall Pelze. Bin ich ein Tierkillerbeauftrager? Nein, ich könnte für heute Abend eine neue Bluse brauchen und passende Schuhe.“

„Heute Abend? Ich dachte, es wäre Chorprobe?“

Babsi seufzte: „Ja eben drum. Ich kann doch nicht immer die gleichen Sachen anziehen, während die anderen Damen sich immerzu wieder neu aufmotzen.“

Doris fragte verwirrt: „Zu einer Chorprobe? Ich dachte es reichen Jeans und einfaches Oberteil. So gedenke ich nämlich dort aufzuziehen. Schließlich geht es ums Singen. Für einen Auftritt ist das natürlich etwas anderes. Habt Ihr Einheitskleidung?“

Babsi nickte. „Ja, etwas in Schwarz und Grün. Doch das ist kein Problem, davon habe ich mehreres im Schrank. Aber zur Chorprobe möchte ich auch gut aussehen. Du wirst schon sehen, wie die anderen Damen sich aufbrezeln. Jedenfalls die meisten.“

Doris runzelte die Stirn. „Hoffentlich gefällt es mir dort. Hört sich nicht so toll an. An Konkurrenzkämpfen habe ich keinerlei Interesse.“

„Ach, keine Bange, die meisten sind wirklich nett. Außer Horst und Mareike Sperber vielleicht. Die beiden können recht penetrant sein. Aber die sind erst in vierzehn Tagen wieder dabei, machen gerade Urlaub auf Teneriffa. Es wird dir schon gefallen, wir sind eine ganz nette Truppe.“

„Dann werde ich die Probe mal auf mich zukommen lassen.“

Im Kaufhaus kaufte sich Babsi zwei Blusen und zwei Paar Stöckelschuhe. Beim Anblick der Schuhe schüttelte sich Doris leicht. „Dass du darauf laufen kannst? Ich würde mir damit die Knöchel brechen. Die wirst du doch wohl heute Abend nicht bei der Chorprobe anziehen? Denk an den bequemen Stand!“

„Ach, ich würde schon gerne, doch ich denke, dann meckert unser Chorleiter. Der will, dass wir entspannt stehen.“

„Das scheint ja ein durchaus vernünftiger Mann zu sein.“

„Mehr als das, der Mann ist ein Künstler. Er komponiert viele Lieder für uns, schreibt die Chorsätze und hört außerdem jeden falschen Ton, der gesungen wird, und vor allen Dingen weiß er auch immer, wer falsch singt. Das ist oft ziemlich peinlich.“

„Der Mann ist mir jetzt schon sympathisch. Falsche Töne sind mir auch ein Gräuel.“

Doris hatte sich dann auch noch ein neues Oberteil gekauft, beschloss jedoch es nicht zur Chorprobe zu tragen, denn für die anderen Damen waren ihre Sachen ja sowieso neu, sie kannten ihre Garderobe ja immerhin noch nicht.

Im Chorraum der > Alouettes de chant< saßen, zehn Minuten vor Probenbeginn, einige Sänger schwatzend auf den Stühlen.

Babsi Spröller zog Doris mit zum Chorleiter, der gerade dabei war, neues Notenmaterial zu begutachten. Er sah auf, als die beiden Damen vor ihm standen. „Ah, Zuwachs! Sie möchten also mit den Lerchen tirilieren?“

Babsi kicherte. „Ja, Wolfram. Das ist Doris Drahtiger. Sie möchte unseren Tenor bereichern.“

Dirigent Wolfram Wendepol fragte erstaunt: „Wirklich? Eine Frau, die mit im Tenor singt, ist selten. Doch ich bin neugierig. Wir singen hier meist Lieder, die aus meiner eigenen Feder stammen. Doch auch manches bekannte Liedgut, dessen Satz ich bearbeite, passend für die Stimmen unseres Chores. Übrigens duzen wir uns hier alle. Ich bin der Wolfram.“

Wolfram reichte Doris die Hand und wies ihr einen Platz in der Stuhlreihe der Tenöre an. Die Sänger hatten sich zwischenzeitlich alle versammelt und Wolfram rief in den Raum: „Leute, das ist Doris. Sie will mit uns singen. Ihre Stimmlage liegt wahrscheinlich im Tenor und so möchte ich unsere Tenöre bitten, einen Platz für unseren Neuzuwachs zu schaffen.“

Die Männer blickten auf, mehr oder weniger dumm und rückten einen Stuhl neben Herbert Rotkopf, der einen schwachen zweiten Tenor verkörperte.

Wolfram sagte: „Ja, neben Herbert zunächst, gar nicht mal so schlecht. Eine Änderung werde ich vornehmen, wenn ich weiß, wie kräftig Doris Stimme ist. Übrigens trifft es sich auch gut, dass wir gerade heute ein neues Lied haben. So fangen wir jetzt alle mit etwas Neuem an. So sind auch die neuen Sänger nicht immer gleich frustriert, wenn es noch nicht so gut hinhaut.

- Ende der Buchvorschau -

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