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Die Schöne und das Biest als Drachenepos und sexy Lovestory: Du wirst einen großen, dunkelhaarigen Fremden treffen – so hätte ihr Horoskop des Tages lauten können. Eigentlich ist die Kriegerin Annwyl zäh und widerspenstig. Bis sie dem Drachen Fearghus über den Weg läuft und zu Wachs in seinen Klauen wird. Denn er ist groß, gut aussehend – und absolut tödlich. Und er hat bisher noch nie Widerworte bekommen … Die Drachen erobern die Herzen der Romance-Fans – der Auftakt zur sexy Fantasyserie aus den USA!
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Seitenzahl: 520
Entdecke die Welt der Piper Fantasy:
Für Cypress B. und Terri O.,
die ersten Fans von Fearghus dem Zerstörer und seiner Art.
Wie sie beide wissen, geht nichts über die Loyalität von Drachen.
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Karen Gerwig
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe
1. Auflage 2010
ISBN 978-3-492-95137-1
© 2008 G.A. Aiken
Titel der amerikanischen Orginalausgabe:
»Dragon Actually«, Zebra Books, New York 2008
© Piper Verlag GmbH, München 2010
Umschlagkonzept: semper smile, München
Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de
Umschlagmotiv: Sylwia Makris | www.sylwiamakris.com
Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Liebe Leserin,
geben Sie es einfach zu. Sie haben sich auch schon gefragt, wie es wohl sein mag, einen Liebhaber mit Flügeln und Schuppen zu haben … und einem Schwanz. Sie haben sich gefragt, wie es wäre, durchs Einkaufszentrum zu gehen, und alle weichen Ihnen aus, weil sie »das Mädchen des Drachen« nicht verärgern wollen. Oder vielleicht haben Sie sich sogar gefragt, wie es wäre, sich mit den eigenen Krallen in den Fangzähnen zu stochern.
Na gut. Dann geben Sie es eben nicht zu. Aber ich werde es tun.
Seit ich denken kann, frage ich mich, wie es wäre, Teil des Drachenuniversums zu sein. Nicht nur von der menschlichen Perspektive aus, sondern von der eines Drachen. Und was als Kurzgeschichte begann, hat sich in die Drachenwelt verwandelt, von der ich immer geträumt habe.
Die erste Geschichte, Dragon Kiss, wurde ursprünglich 2004 elektronisch veröffentlicht (damals unter dem Titel To Challenge a Dragon) und handelt von meinem sehr gut aussehenden Fearghus dem Zerstörer. Ein schwarzer Drache, der gern allein in seiner Höhle ist und auch keine besondere Lust hat, das zu ändern – bis Annwyl die Blutrünstige in sein Leben schneit.
Und während ich Fearghus’ Geschichte schrieb, tauchten immer mehr Mitglieder seiner Familie auf, inklusive seine liebenswerten Eltern. Das führte zu der zweiten Geschichte, Bercelak und Rhiannon. Eine lustige kleine Erzählung über verliebte Drachen … mit ein paar Ketten … und einer Menge Flammen. Ursprünglich entstand Bercelak und Rhiannon für meinen Newsletter, aber ich freue mich sehr, es jetzt mit Fearghus’ Geschichte veröffentlichen zu können.
Willkommen also in der Welt, die ich geschaffen habe: die Welt der gut aussehenden Drachenkrieger und der blutdürstigen Frauen, die sie lieben.
Viel Spaß damit.
G.A. Aiken
1Er hörte die Kampfgeräusche schon eine ganze Weile. Aber wie immer ignorierte er sie. Die Kriege der Menschen bedeuteten ihm nichts. Das hatten sie noch nie. Doch diese Geräusche direkt vor seiner Höhle? Das ließ ihn aktiv werden.
Sein Schwanz, der um seinen Körper gelegen hatte, entrollte sich und er bewegte sich langsam zum Eingang seiner Behausung. Er wusste nicht, was ihn erwartete und genauso wenig, ob es ihn überhaupt kümmerte, doch das Leben im Allgemeinen war im Moment ziemlich langweilig, und das hier konnte vielleicht interessant werden. Oder zumindest für ein Abendessen sorgen.
Die Klinge fuhr in Annwyls Seite, schlitzte durch Rüstung und Fleisch, zerriss Organe. Blut strömte aus ihr heraus, und sie wusste, dass sie starb. Der Soldat lächelte über ihren Schmerzensschrei und löste damit den sprichwörtlichen Zorn aus, für den Annwyl berühmt war.
Sie hob ihre Klinge und schwang sie mit einem markerschütternden Schrei in purer Raserei. Der Stahl sirrte durch die Luft, hieb durch den Mann hindurch und trennte ihm den Kopf vom Hals. Sein Blut spritzte ihr über Gesicht und Arm. Die anderen Soldaten hielten inne. Sie hatten Annwyls kleine Schar von Kriegern ohne große Mühe in Schach gehalten, als sie sie erst einmal in diese verlassene Schlucht zurückgedrängt hatten. Doch sie machte ihnen den tödlichen Schlag nicht leicht. Bis jetzt.
Das Leben rann aus ihrem Körper, und sie wusste, dass ihre Zeit knapp wurde. Ihr Blick verschleierte sich, sie fühlte sich schwächer und leichter. Das Atmen wurde mühsam. Doch sie würde kämpfen, solange noch Atem in ihrem Körper steckte. Annwyl hob ihr Schwert, umklammerte den Griff mit beiden blutigen Händen und wartete auf den nächsten Angriff.
Einer der Männer trat vor. Sie konnte an seinem Blick erkennen, dass er derjenige sein wollte, der ihr den Kopf abschlug. Der ihn ihrem Bruder präsentieren wollte, damit er ihn als Trophäe behalten konnte und als Warnung für andere, die es wagten, seine Herrschaft infrage zu stellen.
Sie sah ihm zu, wie er sich mit selbstsicherer Langsamkeit bewegte. Er wusste eindeutig auch, dass sie im Sterben lag. Wusste, dass sie nicht mehr lange kämpfen konnte.
Ihre Knie zitterten, während ihre Stärke zerrann, und ihr Körper sehnte sich nach nur ein paar Minuten Ruhe und Schlaf. Nur ein kurzes Nickerchen …
Annwyl riss die Augen auf und erkannte, wie viel näher der Soldat gekommen war. Sie schwang ihr Schwert, und er parierte den Hieb mit Leichtigkeit. Er lächelte, und Annwyl hätte ihre Seele gegeben für nur eine letzte Woge Kraft, um ihm dieses arrogante Grinsen vom Gesicht zu wischen.
Der Soldat sah zurück zu seinen Kameraden, um sicherzugehen, dass sie alle hersahen, bevor er sie tötete. Dabei ließ er die Deckung fallen. Und eines hatte ihr Vater sie immer gelehrt: Lass niemals eine gute Gelegenheit verstreichen. Sie durchbohrte ihn mit ihrer Klinge, rammte ihm den Stahl in den Bauch, während er den Kopf herumriss und sie mit Grauen im Blick ansah. Als Zugabe drehte sie das Schwert in seinen Eingeweiden herum und sah zufrieden zu, wie er den Mund zum Schrei öffnete, die Welt aber mit nichts weiter als einem Winseln verließ.
Sie riss ihre Klinge aus ihm heraus, und er fiel zu Boden. Sie wusste, dass er der Letzte sein würde, den sie vernichtete, aber sie würde dennoch mit erhobenem Schwert sterben. Sie wandte sich den restlichen Männern zu, doch die hatten zu ihrer Überraschung keinerlei Interesse mehr an ihr. Sie sahen an ihr vorbei. In die Höhle, vor der sie nun stand.
Annwyl versuchte herauszufinden, was das nun wieder für ein neuer Trick sein mochte, doch sie wandte ihren schwindenden Blick nicht von den Männern vor ihr ab. Selbst als die Erde unter ihr bebte. Selbst als die Männer in offensichtlichem Entsetzen vor ihr zurückwichen. Selbst, als der riesige Schatten über ihren Körper fiel und die Sonne vollkommen verdeckte.
Erst als die Männer schrien und zu laufen begannen, warf sie einen Blick nach oben und sah schwarze Schuppen direkt über sich schweben. Als die Schuppen sich bewegten, als eine große Menge Luft in noch größere Lungen gesogen wurde, sah sie schließlich zurück zu den fliehenden Soldaten.
Der Feuerschwall strömte durch die Schlucht, zerstörte Bäume, Blumen und schließlich auch Männer. Sie richtete sich mithilfe ihres Schwerts auf und sah zu, wie die feindlichen Soldaten von den Flammen verschlungen wurden, wie sie sich wanden in dem verzweifelten Versuch, die Flammen auszuschlagen, die sie bedeckten.
Ein leichtes Gefühl der Befriedigung durchrieselte sie, trotz des Wissens, dass sie die Nächste sein würde. Als die Schreie erstarben, sah Annwyl erneut auf und stellte fest, dass der Drache jetzt zu ihr herabsah. Er beobachtete sie mit offensichtlicher Neugier und machte keine Anstalten, sie vom Erdboden zu tilgen. Zumindest noch nicht.
»Ich würde dich fürchten, Meister Drache«, brachte sie noch heraus, als das letzte bisschen Kraft ihren Körper verließ und sie auf ein Knie fiel, in den Händen immer noch ihr blutbedecktes Schwert, »wenn ich nicht sowieso im Sterben läge.« Sie deutete ein bitteres Lächeln an. »Tut mir leid, dass ich dir diesen Leckerbissen verweigern muss.« Sie hustete, und Blut floss über ihr Kinn und den polierten Stahl ihres Harnischs.
Annwyl fiel zu Boden. Kurz darauf spürte sie, wie sie sich bewegte. Sie wusste nicht, ob ihre Seele ins Land ihrer Vorfahren übergegangen war oder ins Maul einer Bestie, aber so oder so war sie fertig mit diesem Leben.
2 Annwyl hörte ein Stöhnen. Ein unaufhörliches, lautes Stöhnen. Sie brauchte mehrere lange Augenblicke, um sich bewusst zu werden, dass sie selbst es war, die dieses lästige Geräusch produzierte.
Sie zwang ihre Augen auf und bemühte sich, klarzusehen. Sie wusste, dass sie in einem richtigen Bett lag, den nackten Körper mit Tierfellen bedeckt. Sie konnte das Knistern einer Feuerstelle in der Nähe hören und spürte die Wärme. Abgesehen davon hatte sie keine Ahnung, wo sie war oder wie bei allen Göttern sie dort hingekommen war. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, war … dass sie starb. Aber der Schmerz war ein bisschen zu groß, als dass sie tot sein konnte.
Ihr Blick stellte sich scharf, und sie erkannte, dass sie sich in einem Raum befand. Einem Raum mit Steinwänden. Sie blinzelte noch einmal und versuchte, die aufsteigende Panik zu bekämpfen. Das hier waren nicht einfach Steinwände. Es waren Höhlenwände.
»Bei allen Göttern«, flüsterte sie, als sie die Hand ausstreckte und den kalten, grauen Stein berührte.
»Gut. Du bist wach.«
Annwyl schluckte und betete, dass die Götter ihr nur einen grausamen Streich spielten. Sie drückte sich auf die Ellbogen hoch, als die tiefe, dunkle Stimme erneut sprach: »Vorsichtig. Sonst reißt du die Nähte wieder auf.«
Mit schierer und beinahe atemberaubender Furcht sah Annwyl über ihre Schulter und konnte dann den Blick nicht wieder abwenden. Da war er. Ein riesiger schwarzer Drache, die Flügel eng an den Körper gepresst. Das Licht der Feuerstelle ließ seine glänzenden schwarzen Schuppen glitzern. Sein riesiger, gehörnter Kopf ruhte in einer seiner Klauen. Er sah so lässig aus. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie geschworen, er grinste sie an, während der Blick seiner schwarzen Augen sie über die Kluft zwischen ihnen hinwegversengte. Eine herrliche Kreatur. Aber dennoch eine Kreatur. Ein Monster.
»Drachen können also sprechen?« Genial, Annwyl. Doch sie wusste wirklich nicht, was sie sonst sagen sollte.
»Aye.« Schuppen fegten über Stein, und sie biss die Zähne zusammen, um nicht zu schaudern. »Mein Name ist Fearghus.«
Annwyl runzelte die Stirn. »Fearghus?« Sie dachte einen Moment nach. Dann fuhr ihr die Angst bis ins Mark und riss sie mit in die Tiefen der Verzweiflung. »Fearghus … der Zerstörer?«
»So nennt man mich.«
»Aber man hat dich seit Jahren nicht mehr gesehen! Ich dachte, du wärst ein Mythos!« Gerade jetzt betete sie im Stillen, er möge ein Mythos sein.
»Sehe ich aus wie ein Mythos?«
Annwyl starrte die riesige Bestie an und staunte über ihre Größe. Schwarze Schuppen bedeckten die gesamte Länge des Körpers; auf dem mächtigen Kopf trug er zwei schwarze Hörner. Und eine Mähne seidigen schwarzen Haares fiel ihm über Stirn und Rücken und berührte beinahe den Lehmboden. Sie räusperte sich. »Nein. Für mich siehst du ziemlich echt aus.«
»Gut.«
»Ich habe Geschichten über dich gehört. Du hast ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht.«
»Gelegentlich.«
Sie wandte sich von seinem festen Blick ab und fragte sich, wie die Götter so grausam sein konnten. Statt sie wie eine wahre Kriegerin im Kampf sterben zu lassen, ließen sie sie als Abendessen für eine Bestie enden.
»Und du bist Annwyl von der Insel Garbhán. Annwyl von den Dunklen Ebenen. Und, wie ich neulich erst hörte, Annwyl die Blutrünstige.« Das ließ Annwyl nun doch zusammenzucken. Sie hasste diesen Namen. »Du schlägst Männern die Köpfe ab und badest in ihrem Blut.«
»Das tue ich nicht!« Sie wandte ihren Blick wieder dem Drachen zu. »Wenn man einen Mann köpft, spritzt Blut. Aber ich bade in nichts anderem als Wasser.«
»Wenn du es sagst.«
Durch seine Gelassenheit fühlte sie sich in die Defensive gedrängt. »Und ich schlage nicht einfach irgendwelchen Männern den Kopf ab. Nur den Feinden der Dunklen Ebenen. Den Männern meines Bruders.«
»Ach ja. Lorcan. Der Schlächter von Garbhán. Ich würde sagen, wenn du einfach ihm den Kopf abschlagen würdest, wäre der Krieg vorbei.«
Annwyl knirschte mit den Zähnen. Und zwar nicht vor Schmerzen in ihrer Wunde. »Glaubst du, auf die Idee wäre ich noch nicht gekommen? Glaubst du, wenn ich nah genug an den kleinen, nichtswürdigen Wurm herankommen würde, würde ich ihn nicht töten, wenn ich die Chance dazu hätte?« Der Drache antwortete nicht, und jetzt wurde sie richtig wütend.
»Also? Glaubst du das?«
Der Drache blinzelte bei ihrem plötzlichen Ausbruch. »Wirst du immer so wütend, wenn man deinen Bruder erwähnt?«
»Nein!«, bellte sie. Dann: »Ja!« Annwyl seufzte. »Manchmal.« Der Drache lachte leise, und sie bekämpfte den Drang zu schreien. Und weiterzuschreien. Sein Lachen klang nicht unangenehm, aber einen Drachen anzumachen … nun, vielleicht wurde sie jetzt wirklich vollends verrückt.
Der Drache kam langsam hinter ihr hervor und schob mehr von seinem riesigen Körper in den Raum. Er setzte sich zu ihrer Rechten hin, aber sie konnte ihn nur halb sehen, ohne den Kopf zu drehen. Der Rest blieb außerhalb der Nische. Sie fragte sich, wie er wohl in seiner Gesamtheit aussehen mochte.
»Warum genau bin ich nicht …«
»Tot?«
Sie nickte.
»Das wärst du, wenn ich dich nicht gefunden hätte.«
»Und warum hast du mich gerettet?«
»Ich weiß nicht. Du … faszinierst mich.«
Annwyl runzelte die Stirn. »Was?« Verglichen mit einem Drachen war sie gar nichts. Nur ein Mensch.
»Deine Tapferkeit. Sie fasziniert mich. Als du mich sahst, versuchtest du nicht zu fliehen wie diese Männer. Du bliebst standhaft.«
»Ich war schon fast tot, was hätte es also genützt?«
»Das spielt keine Rolle. Die Furcht vor Drachen betrifft Junge und Alte. Die Sterbenden und die Starken. Du hättest um dein Leben rennen müssen oder auf die Knie fallen und um Gnade flehen.«
»Ich falle für keinen Mann auf die Knie«, blaffte sie ohne nachzudenken. Er brach in Lachen aus. Ein tiefer, angenehmer Laut. Wie seine Stimme, wenn er sprach. Ein Jammer, dass sie einem Monster gehörte.
»Ich werde es mir merken.« Er lachte leise, drehte sich vorsichtig um, wobei sein Kopf ihr beängstigend nahe kam, und verließ den Raum. Sie sah zu, wie sein Schwanz in den Raum schwang und seine scharfe Spitze die Steinwände streifte. Sie versuchte, nicht in Panik zu geraten, als ihr bewusst wurde, dass dieser Schwanz allein so lang war wie mindestens zwei der größten Männer ihrer Truppen. »Ich werde jemanden schicken, der dir beim Aufstehen hilft und dir zu Essen gibt.«
»Einen Menschen?«
»Was?« Der Drache knallte mit seinem großen Kopf gegen die Decke.
Annwyl ließ sich wieder zurück aufs Bett sinken. Das war nur ein Traum gewesen. »Nichts. Ich bin müde.«
»Dann schläfst du am besten ein bisschen.«
»Warte!« Er hielt inne und sah über die Schulter zu ihr zurück. Annwyl holte tief Luft. »Danke, dass du mich gerettet hast.«
»Gern geschehen, Schöne.« Er ging weiter. »Aber mach es dir nicht zu gemütlich«, warf er beiläufig zurück. »Wer weiß, was ich von dir als Rückzahlung für meine Freundlichkeit verlangen werde.«
Annwyl lehnte sich in ihre weichen Kissen zurück und fühlte einen Schauder ihren Körper durchlaufen. Sie wünschte nur, sie hätte sagen können, dass sie aus Furcht oder zumindest Ekel schauderte. Was ihr wirklich Sorge machte, war, dass es sich nach keinem von beidem anfühlte.
Fearghus rieb sich die frische Beule an seinem Kopf. Er hatte vom Zorn von Annwyl der Blutrünstigen gehört, aber er hatte keine Ahnung gehabt, wie überwältigend dieser sein konnte. Ihr wütendes Gebrüll war verdammt noch mal fast so mächtig wie das Brüllen eines Drachen.
Kein Wunder, dass sie ihren Bruder noch nicht besiegt hatte. Er jagte ihr Angst ein. Er erkannte es an ihrer übergroßen Wut bei der bloßen Erwähnung dieses Mannes.
Wenn sie Lorcan jetzt gegenübertrat, bezweifelte er, dass sie ihn besiegen würde – selbst wenn ihr Körper wieder vollkommen geheilt war. Entweder ihre Wut oder ihre Furcht würden sie überwältigen.
Und aus irgendeinem unerklärlichen Grund machte ihm dieser Gedanke höllische Sorgen. Seit wann interessierte er sich für Menschen? Anders als andere seiner Sippe hasste er Menschen nicht. Doch er lebte auch nicht unter ihnen. Deshalb war sein ursprünglicher Plan für das Menschenmädchen gewesen, einfach ihre Wunden zu heilen und sie dann in der Nähe einer menschlichen Siedlung auszusetzen. Er mochte keine Komplikationen. Er mochte niemanden um sich haben. Er mochte den Frieden. Er mochte die Ruhe. Und nicht viel mehr. Doch der bloße Gedanke daran, sie einfach irgendwo allein zu lassen, machte ihn krank.
Er wusste jetzt schon, dass es kompliziert werden würde. Und er hasste Komplikationen.
»Gut. Du bist wach.« Annwyl sah hinauf in das Gesicht einer Frau. Eine Hexe, der präzisen, aber brutalen Narbe nach zu schließen, die eine Seite ihres Gesichts verunzierte. Auf Befehl ihres Bruders waren alle Hexen auf diese Art gekennzeichnet worden. Das Gesicht hinter der Narbe sah aus, als wäre es einst schön gewesen. »Du musst eingeschlafen sein, nachdem er weg war.« Sie zog die Felldecke von Annwyls Körper. »Jetzt wollen wir dich mal auf die Beine bringen.«
Annwyl schwang langsam die Beine vom Bett und drückte sich mithilfe eines Arms hoch.
»Vorsichtig. Sonst öffnet sich die Wunde womöglich wieder.«
Annwyl nickte, während sie wortlos dasaß und wartete, dass die Übelkeit, die plötzlich in ihr aufstieg, vorüberging.
»Du hast großes Glück, weißt du?«
»Wirklich?«
»Die meisten anderen Drachen hätten dich als Mahlzeit gesehen, nicht als Gast.«
Annwyl nickte langsam. »Ich weiß.« Sie sah die Hexe erneut an. »Ich habe dich schon mal gesehen.«
»Aye. Ich helfe im Dorf, wenn ich kann.«
»Die Heilerin. Jetzt erinnere ich mich. Ich hatte keine Ahnung, dass du eine Freundin der Drachen bist.«
»Sie besitzen meine Loyalität.«
Annwyl sah die Narben der Frau an. Es überraschte sie nicht, dass sie das Leben unter Drachen dem unter Menschen vorzog. »Hat dir mein Bruder das angetan?«
»Er hat es befohlen. Er ist kein Freund der Schwesternschaft.« Die Frau legte ein Gewand um Annwyls nackte Schultern.
Ihr Bruder hasste alle Hexen. Hauptsächlich, weil sie Frauen waren. Und er hasste alle Frauen. »Er hatte schon immer Angst vor dem, was er nicht versteht.«
»Schließt das dich mit ein?«
Annwyl lachte, während sie sich langsam vom Bett hochschob. Das Lachen klang sogar in ihren eigenen Ohren bitter. »Mein Bruder versteht mich nur zu gut. Deshalb kommen wir ja auch trotz aller Mühe nicht aus unserer Pattsituation heraus.«
»Ich sehe, du bist seiner Strafe nicht entkommen.« Die Hexe deutete auf die Wunden auf dem Rücken der jungen Frau. Das aufgerissene Fleisch heilte, war jedoch immer noch schmerzhaft gerötet.
»Das ist nicht von ihm.« Annwyl zog das Gewand enger um ihren Körper. Es war samtweich und üppig, ihr gefiel seine Sanftheit auf ihrer vom Kampf gehärteten Haut. Sie fragte sich, welchem reichen Baron der Drache es abgenommen haben könnte, während er seinen Wagen in Stücke gerissen und die Insassen gefressen hatte.
Die Frau legte ihren Arm um Annwyls Hüfte und half ihr zu einem Tisch mit Essen und Wein hinüber. »Dein Name ist … Morfyd, oder?« Annwyl ließ sich auf einen derben Stuhl sinken.
»Ja.«
»Hast du auch geholfen, mich zu heilen?«
»Ja.«
»Nun, danke für deine Hilfe, Morfyd. Ich schätze das sehr.«
»Ich tat es, weil der Drache mich darum bat. Aber wenn du ihn betrügst, Mylady …«
»Droh mir nicht«, fiel ihr Annwyl sofort ins Wort, ohne auch nur von dem Essen vor sich aufzusehen. »Ich hasse das. Und du musst mich nicht an meine Blutschuld gegenüber dem Drachen erinnern.« Annwyl nippte Wein aus einem Silberkelch und sah die Frau an. »Ich schulde ihm mein Leben. Ich werde ihn nie betrügen. Und nenn mich nicht ›Mylady‹. Annwyl genügt.«
Als sie den Kelch vorsichtig auf dem Holztisch absetzte, sah sie, dass Morfyd sie anstarrte. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein. Ich bin nur sehr neugierig auf dich.«
»Nun«, grinste Annwyl, »man sagte mir bereits, ich sei faszinierend.«
Morfyd zog den einzigen anderen Stuhl heran und setzte sich Annwyl gegenüber. »Ich habe viel von deinem Bruder gehört. Es erstaunt mich, dass du noch lebst.«
Annwyl begann, den deftigen Eintopf zu essen und versuchte verzweifelt, nicht zu sehr darüber nachzudenken, welche Art Fleisch er enthalten mochte. »Mich erstaunt es auch. Täglich.«
»Aber du hast viele Menschen gerettet. Viele aus seinen Kerkern befreit.«
Annwyl zuckte schweigend die Achseln, während sie sich fragte, ob das ein Knorpel war, worauf sie gerade kaute.
»Niemand sonst hat ihn je herausgefordert. Kein Mensch würde vortreten, um sich ihm zu stellen«, drängte Morfyd.
»Tja, er ist mein Bruder. Früher hat er meine Haare in Brand gesteckt und Messer nach meinem Kopf geworfen. Es war unvermeidlich, ihm im Kampf entgegenzutreten.«
»Aber du hast bis vor zwei Jahren unter seinem Dach gelebt. Wir haben alle die Geschichten über das Leben auf der Insel Garbhán gehört.«
»Mein Bruder hatte andere Sorgen, nachdem mein Vater gestorben war. Er wollte sichergehen, dass jeder ihn fürchtet. Er hatte keine Zeit, sich Gedanken um seine Bastard-Schwester zu machen.«
»Warum hat er dich nicht verheiratet? Er hätte ein Bündnis mit einem der größeren Königreiche schmieden können.«
Annwyl dachte kurz an Lord Hamish aus der Provinz Madron und wie kurz sie davorgestanden hatte, seine Braut zu werden. Der Gedanke ließ sie schaudern.
»Er hat es versucht. Aber die Adligen haben es sich immer wieder anders überlegt.«
»Und du hast ihnen dabei geholfen?«
Sie zeigte mit Daumen und Zeigefinger einen kleinen Abstand an: »Nur ein bisschen.«
Zum ersten Mal lächelte Morfyd, und Annwyl merkte, wie sie allmählich mit der Hexe warm wurde.
Sie schob ihre fast leere Schüssel von sich und trank noch ein wenig von dem Wein. Es erschütterte sie, wie gut sie aß. Es erschütterte sie, dass sie noch atmete.
»Trink den Wein ganz aus. Ich habe Kräuter hinzugefügt, die dich heilen werden und Infektionen abwehren.«
Annwyl sah misstrauisch in ihren Weinkelch. »Was für Kräuter?«
Morfyd zuckte die Achseln, stand auf und nahm Annwyls leere Schüssel. »Viele verschiedene. Es ist mein eigenes Rezept. Es funktioniert ziemlich gut. Es kann auch Hautausschläge und Gicht heilen. Und verhindern, dass Frauen schwanger werden. Aber ich nehme an, das ist dir nicht so wichtig.«
Annwyl sah von ihrem Wein auf. »Warum sagst du das?«
»Weil du Jungfrau bist.«
Annwyl erstarrte. Das konnte nicht nur eine Annahme sein. Sie hatte weit mehr als zwei Jahre mit einem männlichen Heer zusammengelebt; jeder ging davon aus, dass sie ihre Jungfräulichkeit schon vor Ewigkeiten verloren hatte.
»Woher … weißt du das?«
»Er hat es mir gesagt.«
Annwyl wusste, dass die Hexe den Drachen meinte, und die Wut ballte sich in ihrer Brust zusammen. Eine Wut, die sie nicht im Zaum halten konnte. »Drache!« Sie brüllte seinen Namen so laut, dass Morfyd ein paar Schritte rückwärts stolperte.
Der Boden bebte, als der Drache zu ihr zurückkehrte. »Was? Was ist los?«
Annwyl zwang sich auf die Füße, eine Hand auf ihre frische Wunde gepresst. »Woher weißt du es? Und sag mir die Wahrheit!«
»Woher weiß ich was?« Er sah Morfyd an, die die Achseln zuckte und rasch den Raum verließ. Sie rannte fast.
»Dass ich Jungfrau bin. Niemand weiß das! Woher weißt du es?« Sie hatte keine Ahnung, wie lange ihr tiefer Schlaf angehalten hatte. Ohne sich schützen zu können. Ohne jemanden davon abhalten zu können … Sie schüttelte den Kopf. Sie ertrug nicht einmal den Gedanken daran.
»Deshalb forderst du meine Anwesenheit? Weil ich dein tiefes, dunkles Geheimnis kenne?«
»Nicht, weil du es kennst. Ich will wissen, woher du es kennst!«
Er senkte den Kopf, bis sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. Doch Annwyl, zu wütend um nachzudenken, zuckte nicht zusammen oder wich zurück. Angesichts der Tatsache, dass sein Kopf so lang war wie ihr ganzer Körper und sie die meisten Männer überragte, hätte sie es vielleicht tun sollen. Stattdessen ließ sie sich von ihrem Zorn überwältigen. Genau wie immer. »Also? Antworte mir!«
Seine schwarzen Augen verengten sich bei ihrem zornigen Schrei, und seine Nüstern blähten sich. »Ich kann es an dir riechen.«
Annwyl wich vor dem Drachen zurück. »Was?«
»Ich kann es an dir riechen. Dass kein Mann bei dir gelegen hat. Dass deine Jungfräulichkeit noch intakt ist. Dass du, Schöne, noch Jungfrau bist.«
Annwyl sah den Drachen entsetzt an, die Stimme nicht mehr als ein Flüstern. »Wirklich? Du kannst das an mir riechen?«
»Nein«, antwortete er rundheraus. »Aber du bist sehr gesprächig im Schlaf.«
Sie verdrehte die Augen. »Du durchtriebener …« Ihre Wut verflog so schnell wie sie gekommen war. Sie lehnte sich an den Tisch, ihre Kraft schwand.
»Hast du geglaubt, ich hätte dich irgendwie missbraucht, während du schliefst?«
»Na ja …« Annwyl zuckte zusammen, als eine Klaue in Erwartung einer Antwort ungeduldig auf den Steinboden tippte. »Der Gedanke war mir durch den Kopf gegangen.« Zu schwach, um noch länger zu stehen, ließ sie sich auf einen der Stühle sinken. »Es tut mir leid. Ich weiß nur, was ich von meinem Bruder gelernt habe … und er hätte nachgesehen.«
Die große Bestie seufzte. »Ich habe Geschichten von deinem Bruder gehört. Dir ist doch klar, dass er schon bei seiner Geburt hätte getötet werden sollen?«
Annwyl lächelte. »Schön wär’s.« Sie sah über den Höhlenboden zum Bett hinüber. Es sah so weit entfernt aus, und ihr Körper war immer noch so schwach.
»Hier.« Er senkte seine Klaue und öffnete sie. Schwarze Krallen, so lang wie ihr Bein, glänzten vor Annwyl.
»Du musst verrückt sein.«
»Was glaubst du, wie du hier hereingekommen bist?«
»Ja, aber …« Nun fing sie wieder an. Sie behandelte ihn wie ein Tier, wo er sie doch in der kurzen Zeit, die sie ihn kannte, mit mehr Respekt behandelt hatte als jeder Mann, den sie in der Burg ihres Bruders kennengelernt hatte.
Sie drückte sich hoch und machte die zwei Schritte zu seiner ausgestreckten Klaue. Mit Willenskraft, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß, stieg sie hinauf, wobei sie die Vision verdrängte, wie er sie wie ein Stück Steak in den Mund schob. Er hob sie hoch und bewegte behutsam seinen Unterarm, bis er das Bett erreicht hatte. Vorsichtig senkte er sie auf die Felldecken herab.
»So, und jetzt wollen wir versuchen, keine Wutanfälle mehr zu bekommen, bis du mehr von deiner Kraft wiedererlangt hast.«
Annwyl lachte. »Wie du wünschst.«
Sie setzte sich aufs Bett, die langen Beine über die Seite baumelnd. Sie sah ihm nach, als er die Höhle verließ. Sein langer Schwanz folgte. Doch als dieser ausschlug und sich um ihr Bein wickelte, fragte sich Annwyl, ob er wohl einen eigenen Willen hatte. Einen kurzen Augenblick machte sie sich Sorgen, er könnte sie durch den Raum schleppen. Doch stattdessen liebkoste er ihr Bein; die ebenholzschwarzen Schuppen strichen über ihre Wade. Dann ließ er los und verschwand mit dem Drachen, der ihn schwang.
Lange nachdem er fort war und sie wieder unter die Felldecken gekrochen war, spürte Annwyl noch, wo er ihr Bein berührt hatte. Und sie fragte sich, welcher Irrsinn begonnen hatte, die Herrschaft über ihren normalerweise vernünftigen Verstand zu übernehmen.
Lorcan von der Insel Garbhán starrte über seine Festungsmauern hinaus, sah zu, wie die beiden Sonnen im Westen untergingen und fragte sich, wie seine Schwester seinem Griff immer wieder entschlüpfen konnte.
Egal, was er tat oder versuchte, sie starb einfach nicht! Und je länger sie lebte, desto mehr Männer tötete sie. Seine Männer. Seine Truppen. Die Anzahl der geköpften Leichen, die ihren Namen in die Brust geritzt trugen, kam sogar der seinen gleich. Natürlich hatte er für diese Leistung einunddreißig Jahre gebraucht. Sie hatte ihre in wenig mehr als zwei angesammelt.
Er wünschte jetzt, er hätte sie getötet, als er die Möglichkeit dazu hatte. Sie war zehn, er gerade vierzehn gewesen. Sie war gerade angekommen und schlief tief in ihrem neuen Bett. Er hielt das Kissen in den Händen. Er wusste, er konnte sie ersticken, und niemand hätte es je erfahren. Doch sie wachte auf, sah ihn an und bekam einen schrecklichen Wutanfall. Seine Reaktion stand dem in nichts nach. Sein Vater fand die beiden, wie sie auf dem Boden herumrollten in dem Versuch, sich gegenseitig zu erwürgen. Er war nicht erfreut gewesen, und er ließ sie dafür bezahlen, dass sie ihn aus tiefem Schlaf geweckt hatten.
Lorcan zuckte bei der Erinnerung an die Brutalität der Tracht Prügel, die sie beide bezogen hatten, zusammen. Was ihm eine kleine Befriedigung verschaffte, war, dass er die Prügel erwartet hatte. Seine uneheliche Schwester hatte offenbar ein einfaches Leben in ihrem armen Dorf gelebt und war wenig oder gar nicht diszipliniert worden. Ihre Reaktion auf die Strafe … nun, sie war wahrlich Belohnung genug für ihn gewesen.
Er hatte nicht gewusst, dass man jemanden so sehr hassen konnte, wie er dieses Mädchen hasste. Doch sie führte ihn weiter vor. Es gab mehrere umliegende Königreiche, die Gold und Truppen zu ihrem Feldzug beisteuerten, in der Hoffnung, sie möge tun, was sie nicht konnten. Ihn töten. Seinen Thron übernehmen.
Doch vorher würde er ihren Kopf auf einer Lanze vor seinen Festungsmauern sehen. Und jetzt hatte er den perfekten Verbündeten zur Unterstützung.
Er hatte Hexen nie besonders gemocht. Ihm hatte der Gedanke noch nie gefallen, dass so weiche Wesen wie Frauen solch eine Macht hatten, die sie vermutlich nicht kontrollieren konnten. Doch Zauberer konnte er ertragen. Und Hefaidd-Hen war genau, was er brauchte. Wenn man ihn gut bezahlte, legte einem Hefaidd-Hen die Welt zu Füßen. Er hatte sich in den wenigen Monaten, die sie nun Verbündete waren, immer wieder bewiesen. Auch wenn er immer noch nicht seine Schwester gefangen genommen hatte.
Lorcan hörte das Stöhnen des Soldaten, den er unter seinem Stiefel am Boden festhielt. Mit einem Schnauben drückte er seinen Fuß fester auf seinen Hals. Der wertlose kleine Bastard hatte ihn enttäuscht. Er war ohne das Weibsstück zurückgekommen.
Er warf einen Blick über seine Schulter zu seinen Leutnants. Sie beobachteten ihn und versuchten ihr Bestes, ihre Angst zu verbergen. Doch er konnte sie riechen. Er sah wieder zu den untergehenden Sonnen hinaus. »Ich will meine Schwester.« Er knurrte die Worte leise. »Ich will meine Schwester!« Er stampfte mit dem Fuß auf, brach dem Mann das Genick und zerquetschte seinen Kiefer. »Und jetzt geht mir aus den Augen!«
Er hörte sie aus dem Raum rennen.
Sie tun gut daran zu rennen.
Er würde seine Schwester bekommen. Er würde die Schlampe tot sehen, und wenn er die halbe Welt in Trümmer legen musste, um sie zu erwischen.
»Jetzt weiß ich, warum die Frauen im Dorf ihr aus dem Weg gehen. Sie ist verrückt.«
Fearghus der Zerstörer bettete seine enorme Masse in der Nähe des unterirdischen Sees seiner Höhle. »Sie ist nicht verrückt, kleine Schwester. Sie ist zornig.«
Morfyd lehnte sich an den Felsblock ihrem Bruder gegenüber und zog ihren Umhang eng um ihren Körper. Ihre menschliche Gestalt fror ständig, fröstelte andauernd. Und dennoch lebte sie frei unter den Menschen. Sie glaubten alle, sie sei ein Mensch. Lediglich eine mächtige Hexe und Heilerin. Selbst als Annwyls Bruder in den frühen Tagen seiner Herrschaft befahl, ihr das Gesicht aufzuschlitzen, blieb sie ein Mensch. Fearghus konnte einfach nicht verstehen warum.
Doch zum ersten Mal musste Fearghus die Hilfe seiner Schwester als Mensch in Anspruch nehmen. Seine Macht konnte Annwyl nur für kurze Zeit am Leben halten. Morfyd und ihre Drachenmagie aus uralter Zeit halfen dem Mädchen tatsächlich, indem sie ihre geschädigten Organe heilten. Und als Frau konnte sie gut für die Bedürfnisse des Mädchens sorgen.
Morfyd nickte. »Soweit ich gehört habe, gibt es viel, worüber sie zornig sein kann. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass ihr Vater ein Tyrann war und ihr Bruder sie von dem Tag, an dem sie erschien, hasste.«
»Weißt du, warum?« Fearghus merkte, wie dieses Mädchen ihn immer zwanghafter faszinierte.
»Ich weiß, dass sie nicht dieselbe Mutter haben. Annwyls Mutter hat ihren Vater nie geheiratet. Du weißt, wie wichtig das für diese Menschen ist. Und Lorcan ließ sie nie vergessen, dass sie ein Bastard war. Und dann auch noch ein armer Bastard, aus einem kleinen Dorf östlich von Kerezik.«
»Kann man ihr trauen?«
Morfyd zuckte die Achseln. »Ihre Männer sind ihr treu ergeben. Und ebenso wie die Frauen im Dorf sie meiden, respektieren sie sie auch. Sie vertrauen ihr das Leben ihrer Männer an. Aber ob wir ihr trauen können? Das weiß ich nicht, Bruder. Sie ist trotz allem ein Mensch.«
Fearghus war sich ebenfalls nicht sicher, ob er Annwyl trauen konnte. Drachen besaßen Mächte, die die meisten Kreaturen weit übertrafen. Doch diese Mächte, wie ihre Fähigkeit, Flammen zu speien oder sich in Menschen zu verwandeln, hielten sie am Leben. Menschen waren ein verräterischer und gefährlicher Haufen und machten es zu einer Art Übergangsritus, einen von seiner Art zu töten. Nein. Seine Brüder bauten auf Verschwiegenheit. Er konnte und würde das nicht einem Mädchen preisgeben, über das er nichts wusste. Allein schon, sie in seine Höhle zu bringen, war ein gefährliches Risiko, das er normalerweise nie eingehen würde. Nur sehr wenige wussten, dass ein Drache in der Finsteren Schlucht wohnte. Und diejenigen, die in der Vergangenheit unabsichtlich auf ihn gestoßen waren, hatte er schnell zum Schweigen gebracht. Doch das war in Annwyls Fall nicht infrage gekommen. Sie faszinierte ihn wirklich, genau wie er gesagt hatte. Ihre Unerschrockenheit. Ihre Kraft. Ihre Schönheit. Und sie war schön. Groß. Stark. Braunes Haar mit goldenen Strähnen, das bis über die Hüften ihres schlanken Körpers fiel.
»Ich bin immer noch beeindruckt, dass sie dich so herausgefordert hat«, fuhr seine Schwester fort. »Obwohl das auch einfach ein zusätzlicher Beweis sein könnte, dass sie verrückt ist.«
Fearghus hörte sie zwar, allerdings nur am Rande. Seine Gedanken waren mit dem Moment beschäftigt, als er Annwyl gefunden hatte. Er hatte sich in einen Menschen verwandelt, um ihr leichter die Rüstung abnehmen und an ihre Wunde herankommen zu können. Er erinnerte sich, wie unmittelbar und heftig sein menschlicher Körper auf ihren Anblick reagiert hatte. Nackt, blass und mit ihrem eigenen Blut bedeckt, war da etwas an ihr, das etwas in ihm auslöste. Während er den Zauber sprach, der sie am Leben erhalten würde, bis Morfyd kam, sah sie ihn mit den dunkelsten grünen Augen an, die er je gesehen hatte. In den folgenden Tagen, während er sie pflegte, sah er diese Augen immer wieder in seinen Träumen. Und diesen langen, schlanken Körper mit den vielen Narben aus unzähligen Kämpfen. Ohne es auch nur zu versuchen, nahm dieses Mädchen seine Aufmerksamkeit gefangen, und er konnte nicht aufhören, an sie zu denken, was ungewöhnlich war. Eine ganze Menge Frauen hatten sein Leben in den mehr als zweihundert Jahren, die er nun existierte, geziert. Jede von ihnen schön und kultiviert. Manche Menschen, andere Drachen. Doch keine bezauberte ihn so wie dieses winzige Mädchen. Wie groß war sie überhaupt? Vielleicht knapp über eins achtzig? Er lächelte; nur sein Volk würde sie »winzig« nennen.
Ein kleiner Feuerball traf ihn im Gesicht. Er sah wieder seine Schwester an, der sich noch Rauch aus den menschlichen Nasenlöchern kräuselte.
»Was denn, du Zicke?«
»Ich sagte, sie wird zu ihren Männern zurückkehren wollen, sobald sie kann.«
»Ich weiß.«
Seine Schwester lächelte zu ihm herauf. »Und wirst du dafür bereit sein, Idiot?«
»Für dich immer noch Mylord Idiot.« Fearghus legte den Kopf auf seine gekreuzten Unterarme. »Und ja, du Landplage. Ich werde bereit sein.«
Egal, wie schön er Annwyl auch fand, er würde sich nicht mit einem menschlichen Mädchen einlassen. Er würde sie ganz einfach gesund werden lassen und sie dann zurück zu ihrem Volk schicken. Und das war alles.
3 Annwyl träumte wieder. Seit das Schwert dieses Bastards sie gepfählt hatte, kam derselbe Traum immer und immer wieder. Von einem schönen Mann mit langen, schwarzen Haaren und dunkelbraunen Augen. Groß, mächtig und stark. Er stand über ihr, wischte ihr die Stirn ab und flüsterte sanft, dass sie leben würde. Und einmal, in ihrem Lieblingstraum, hatte er sie geküsst. Der sanfteste, süßeste Kuss, den sie je bekommen hatte.
Und jedes Mal, wenn sie aufwachte und er nicht da war, verengte ihr derselbe Stich des Bedauerns die Brust und schmerzte in ihrem ganzen Körper. Dasselbe sehnsuchtsvolle Stechen quälte sie in ihren wachen Stunden.
Vor langer Zeit hatte Annwyl die Hoffnung aufgegeben, dass sie je einen Mann finden würde, den sie lieben und respektieren konnte. Die Krieger in der Burg ihres Bruders waren brutal, roh und oft dumm. Zu dem Zeitpunkt, als sie floh und ihr eigenes Heer anführte, war sie innerlich schon fast tot. In den zwei Jahren, die sie den Aufstand anführte, hatten ein paar ihrer Männer Interesse an ihr gezeigt … bis etwas sie wütend machte. Dann schienen sie sich alle irgendwie von ihr zu entfernen. Anders der Drache. Er schreckte nicht vor ihrem Zorn zurück. Er schien ihn zu genießen. Sehr sogar.
Die seltsame Art von Menschen und Tieren. Die hatte sie schon immer verwirrt.
Sie fragte sich, woher sie diesen Mann aus ihren Träumen heraufbeschworen hatte. Hatte sie ihn zuvor einmal gesehen? Vielleicht in einer der Städte oder Dörfer, die ihre Truppen unterstützten? Vielleicht hatte sie ihn auch aus ihrer eigenen Phantasie erschaffen. Sie wusste es nicht. Doch sie bedauerte es in letzter Zeit zunehmend, dass sie aufwachen musste.
Er saß auf ihrer Bettkante und sah sie an, wie er es immer tat. Er streichelte ihr Gesicht mit seiner großen, starken Hand. Sie seufzte zufrieden und lächelte. Er lächelte zurück. Annwyl fühlte sich verwegen in dieser Traumwelt. Schamlos. Sie streckte eine Hand aus und schlang sie um seinen Nacken, zog ihn zu sich herab, um ihn zu küssen. Sie mochte diesen Traumliebhaber, er widersetzte sich ihr nicht. Stattdessen ließ er sich von ihr führen. Als ihre Lippen sich berührten, reagierte ihr ganzer Körper. Die starke Hitze, die von seinem Körper ausging, züngelte über ihre Haut. Ihre Knospen zogen sich zusammen und wurden hart, bettelten um die Berührung seiner starken Hände. Hitze und Feuchtigkeit pulsierten zwischen ihren Beinen. Sie fühlte Dinge, die sie nie zuvor gefühlt hatte. Und sie wollte mehr.
Seine Zunge streifte ihre Lippen, und sie öffnete instinktiv den Mund, um ihn einzulassen. Sie stöhnte leise, als seine Zunge über ihre und um sie herum glitt, und ihr Körper bäumte sich auf im Versuch, ihm noch näher zu kommen. Sie wollte den Mann ihrer Träume. In ihrem Bett. In sich.
Doch er zog sich von ihr zurück. Sie griff nach ihm … und fand sich bäuchlings auf dem Boden wieder. Wieder einmal.
»Bei allem, was …« Sie stemmte sich hoch, als Morfyd an ihre Seite eilte.
»Bei den Göttern, Mädchen! Ist alles in Ordnung?«
»Ja, ja.« Sie nahm Morfyds Arm und ließ sich von der Frau helfen, sich wieder aufs Bett zu setzen. »Mir geht es gut.« Sie durfte nicht immer auf dem Boden landen. Das wurde ja langsam peinlich!
»Du solltest sie dort lassen. Sie sieht bezaubernd aus. Wie ein Hündchen.«
Annwyl wandte ihren Blick aus verengten Augen zu ihrem Drachenretter, der am Eingang zu diesem Teil seiner Höhle saß. »Ruhe, Drache!«, warnte sie ihn scherzhaft. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass der Drache sich in ihrer Nähe aufhielt. Dass er sie neckte. Tatsächlich stellte sie fest, dass sie anfing, es zu mögen. Ihn zu mögen.
Morfyd untersuchte ihre Wunde, die schon weniger schmerzte als am Tag zuvor. »Warum finde ich dich nur ständig auf dem Boden?«, fragte Morfyd mit einer leichten Mischung aus Ärger und Erheiterung.
»Ich habe immer wieder diesen Traum von einem Mann …« Annwyl erinnerte sich, dass sie nicht allein waren und brach ab. Sie räusperte sich. »Äh … das hat aber nichts zu bedeuten.« Morfyd schenkte ihr nur einen Blick, dann wandte sie ihren plötzlich zornigen Blick dem Drachen zu. Annwyl sah, wie der Drache zur Decke hinaufsah. Vielleicht untersuchte er sie auf Risse.
»Also, wie lange dauert es noch, bis ich zu meinen Männern zurückkehren kann?«
»Nun …«, war alles, was Morfyd herausbrachte, bevor der Drache ihr ins Wort fiel.
»Wir müssen zuerst sicher sein, dass es dir gut geht. Du willst doch nicht in einen Kampf geraten, solange du noch zu schwach bist.«
Annwyl zuckte die Achseln. »In Ordnung. Ich mache mir nur Sorgen um meine Männer. Sie müssen wissen, dass ich am Leben bin. Ich will nicht, dass sie …«
»Die Hoffnung aufgeben?«, fragte Morfyd sanft, während sie die Wunde reinigte und einen neuen Verband anlegte.
»Aye. Ich kann sie jetzt nicht im Stich lassen.«
»Das tust du nicht. Und ich bezweifle, dass sie die Hoffnung aufgeben werden.« Morfyd richtete sich auf. »Aber ich werde sehen, was ich tun kann.«
»Danke.«
»Ich bringe dir etwas zu essen.« Morfyd ging und boxte den Drachen in die Seite, als sie an ihm vorbeiging. War die Hexe verrückt geworden? Sah sie seine Reißzähne nicht?
»Sag mal, Drache, hast du etwas zu lesen?«
»Zu lesen?«
»Ja. Liest deine Art?«
»Natürlich lesen wir!«
»Schrei mich nicht an!«
Der Drache knurrte, und sie unterdrückte ein Lächeln.
»Dann komm mit.« Er machte sich auf den Weg tiefer in seine Höhle. Annwyl wickelte sich die Felldecke eng um den nackten Körper und folgte ihm.
Definitiv eines der dümmsten Dinge, die er je getan hatte. Er konnte nicht fassen, was er da tat. Er bog um eine Ecke und führte sie nach rechts. Er hätte ihr einfach ein paar Bücher bringen können. Sie ihr direkt in den Schoß fallen lassen. Stattdessen führte er sie hierher. Er führte einen Menschen zu seinem Schatz. Was zur Hölle denke ich mir nur dabei?
Er erreichte den Eingang und trat ein. Sie blieb wie angewurzelt stehen und wartete.
Fearghus sagte nichts. Er wollte ihre Reaktion sehen. Sie schwieg mehrere Augenblicke lang. Dann sagte sie: »Ich friere mir die Titten ab. Wo sind die Bücher?«
Fearghus blinzelte. »›Ich friere mir die Titten ab‹«, äffte er sie nach.
Annwyl zuckte die Achseln. »Ich bin jetzt seit über zwei Jahren mit meinen Soldaten unterwegs«, murrte sie, als erkläre das alles.
Fearghus deutete in eine Ecke des Raumes. »Die Bücher sind da drüben.« Er sah zu, wie sie über Gold, Juwelen und die anderen Reichtümer kletterte, die er über viele, viele Jahre in seinen Besitz gebracht hatte. Sie erreichte die Bücher und musterte sie eingehend.
»Und, liest du gerne oder ist dir nur furchtbar langweilig?«
»Nein. Mir ist überhaupt nicht langweilig. Ich amüsiere mich sogar ziemlich gut. Es ist hübsch und ruhig hier.« Sie griff sich zwei Bücher. »Und ich lese und lerne sehr gern. Ich hätte Gelehrte werden sollen.«
»Warum bist du es nicht?«
Sie zuckte die Achseln, während sie über die Reichtümer zurückstieg, als ginge sie über alte Steine. »Mein Vater hatte andere Pläne mit mir. Er fand, ich würde eine gute Braut für einen Adligen abgeben.«
Fearghus konnte das Lachen nicht zurückhalten, das aus seiner Schnauze hervorbrach. Annwyl sah ihn finster an. »Na, vielen Dank auch!«
»Ich wollte dich nicht beleidigen. Ich kann mir nur einfach nicht vorstellen, wie du dir Sorgen über Küchenvorräte machst oder darüber, ob du einen Sohn gebären wirst, um den Stammbaum weiterzuführen.«
»Tatsächlich? Und was kannst du dir dann für mich vorstellen?«
»Genau das, was du tust. Dein Volk vor einem Tyrannen schützen.«
Sie lächelte, und er verspürte Stolz, dass er es hervorgerufen hatte. Sie machte sich auf den Rückweg zu dem Raum, in dem sie schlief.
»Warte.«
»Ja?«
»Hättest du nicht gern etwas anzuziehen?«
»Du hast Kleidung?« Er deutete auf mehrere Truhen, die in einer Ecke vergraben waren. Sie gab ihm die zwei Bücher und machte sich über die Holzkisten her. Rasch grub sie sich durch die Kleider. Sie ignorierte die schön und prächtig gefertigten Gewänder, schleuderte sie beiseite wie die Arbeitskleidung einer Hure. Doch als sie eine Kiste voller Männerkleidung entdeckte, begann sie mehrere Stücke für sich herauszunehmen. Einige Hosen, Hemden und Lederstiefel, die sie an ihre ziemlich großen Füße hielt, um sicherzugehen, dass sie passten.
Als sie hatte, was sie brauchte, nahm sie ihre neuen Kleider und Bücher und ging auf den Ausgang der Höhle zu.
»Na, komm schon«, blaffte sie ihn an.
Und wie ein dummer Mensch folgte er ihr zurück in ihr Gemach. Dort angekommen, ließ sie die Kleider und Bücher auf ihr Bett fallen und die Felldecke auf ihre Füßen gleiten.
Fearghus gab sich große Mühe, ihren nackten Körper nicht anzusehen. Doch der Versuch scheiterte kläglich. Er konnte nicht anders. Sie war schön und stark. Eine wilde Kriegerin, wie die Narben bewiesen. Er wollte unbedingt jedes einzelne dieser Male lecken.
Sie zog eine Hose an, die die richtig Länge für sie hatte, aber etwas weit war. Als sie sich umdrehte und ihre schönen großen Brüste zeigte, konnte er ein Aufstöhnen gerade noch rechtzeitig unterdrücken. Sie riss eines der Hemden in lange, breite Streifen, wobei sich ihre Brust verführerisch bewegte. Als sie fertig war, benutzte sie die Streifen, um ihre Brüste zu umwickeln und zu fixieren. Dann streifte sie sich ein anderes schlichtes Hemd über den Kopf, zog die Stiefel an und stellte sich vor den Drachen hin.
»Und? Was meinst du?«
Ich meine, dass du das unglaublichste Weib bist, das ich je gesehen habe. Und ich würde dich gern die ganze Nacht lang vögeln. Bück dich. »Was meine ich zu was?«
Sie seufzte. »Typisch Mann.«
Annwyl setzte sich auf ihr Bett und rieb sich die Augen. Ihre Seite schmerzte. Ihr war kalt. Aber sie hatte endlich wieder Kleider.
»Was ist los?« Sie blickte auf und sah, dass sich der Drache in das Gemach legte und sie beobachtete. Dabei ertappte sie ihn oft.
»Ich dachte nur gerade an meine Männer.«
»Machst du dir wirklich Sorgen um sie?«
Annwyl nickte. Sie schloss die Augen wieder und rieb sie mit ihren Handflächen. Es half, um die Kopfschmerzen zu lindern, die begonnen hatten, als sie auf den Boden gefallen war. »Sie sind alle gute, starke Männer. Aber die Soldaten meines Bruders …«
»Sind euch zahlenmäßig überlegen?«
»Aye. Sogar mit der Hilfe anderer Königreiche hat mein Bruder immer noch mehr Truppen. Mehr Nachschub. Mehr von allem.« Sie senkte die Hände. »Und wir haben …« Sie wandte den Blick dem Drachen zu und hielt inne.
Dann lächelte sie.
Wäre Fearghus ein Mensch gewesen, hätte ihn allein der Ausdruck auf ihrem schönen Gesicht dazu gebracht, im Laufschritt den Raum zu verlassen. Er wusste, was sie dachte. Also beschloss er, es sofort zu beenden. »Nein.«
»Ich habe dich doch noch gar nichts gefragt!«
»Aber du wirst es tun, und die Antwort ist Nein.«
Sie ließ ein frustriertes kleines Knurren hören. »Warum?«
»Ich lasse mich nicht auf die unbedeutenden Probleme von Menschen ein.«
Sie stemmte sich vom Bett hoch. »Aber wir könnten uns gegenseitig helfen!«
»Würdest du nicht eher einfach all mein Gold und die Juwelen nehmen, mich im Schlaf töten und das war’s?«
Sie tat die Reichtümer, die er ihr anbot, mit einer Handbewegung ab. »Gold habe ich. Ich brauche deine Macht, Drache.«
»Nein.« Er beobachtete, wie sie in der Höhle hin und her ging und war beeindruckt, wie schnell ihr Körper heilte. Sie hatte anscheinend schon einiges an Kraft zurückgewonnen, was sie nur noch entschlossener zu machen schien.
Was habe ich mir da bloß angetan?
»Es muss etwas geben, das wir dir anbieten können. Etwas, das du willst oder brauchst.«
Er seufzte theatralisch und schwieg einen Moment. »Na ja, ich habe immer Bedarf an frischen Jungfrauenopfern.«
Sie verdrehte die Augen. »Sehr witzig.«
»Annwyl, es gibt nichts, was ein Mensch mir anbieten könnte. Ich habe alles, was ich brauche. Es gibt einen Grund dafür, dass mich seit fast siebzig Jahren keiner mehr gesehen hat.«
Sie regte sich so auf, dass er fürchtete, sie könnte aus der Haut fahren. »Ich bitte dich nicht, dein Leben hier aufzugeben! Hilf mir, Lorcan zu besiegen, und dann können wir so tun, als wären wir uns nie begegnet. Ich werde dich wieder ganz deiner Einsamkeit überlassen.«
Aus irgendeinem Grund war das das Letzte, was er von ihr hören wollte, aber er ignorierte den Anfall von Bedauern, den ihre Aussage in ihm auslöste.
»Ich kann dir nicht helfen, deinen Bruder zu besiegen. Das musst du schon selbst tun. Und du musst es allein tun.«
»Warum?«
»Wenn du Lorcan nicht selbst tötest, wird deine Herrschaft immer infrage stehen. Die anderen Königreiche werden sich gegen dich erheben und dich und deine edlen Truppen töten. Willst du das?«
»Natürlich nicht.«
»Dann holst du dir seinen Kopf am besten selbst.«
Ihre Augen wurden schmal, als sie ihn ansah. »Aber du glaubst nicht, dass ich es kann.« Sie ging auf ihn zu. »Oder?«
»Nein. Eigentlich nicht.«
Sie wurde wütend. »Warum nicht?«
»Weil du nicht glaubst, dass du es kannst.«
Ihr Zorn kam und verging so schnell – es war ein ziemlich unvergesslicher Anblick. Ihr ganzer Körper schien in sich zusammenzufallen, ihre Hand tastete nach ihrer verwundeten Seite. »Du hast recht. Ich glaube nicht, dass ich es kann.« Sie setzte sich aufs Bett. »Er ist so schnell. Seine Kunstfertigkeit mit der Klinge … Ich würde es nicht einmal schaffen, ihn zu berühren.«
»Du gibst zu leicht auf. Dir fehlt nur die Ausbildung.«
»Von wem? Ich kenne keinen Krieger, der so geschickt ist wie mein Bruder.«
»Ich schon.«
Annwyl sah auf. »Du kennst jemanden?«
»Äh …« Das Ganze wurde immer komplizierter. »Ja, ich kenne jemanden.«
»Traust du ihm?«
Nur so weit, wie er sich selbst traute. »Aye, das tue ich.«
»Und er wird mir helfen, mich darauf vorzubereiten, Lorcan zu töten?« Fearghus nickte. »Könntest du dann vielleicht meinem Heer gegen die Truppen meines Bruders helfen?«
»Annwyl …«
Sie beugte sich vor und verzog das Gesicht, als ihr der Schmerz in die Seite fuhr. »Bitte, Fearghus. Ich weiß, ich schulde dir schon mein Leben. Aber wenn es etwas gibt … Wenn wir nur die Macht eines Drachen hinter uns hätten …«
»Dann helfe ich dir eben, deinen Bruder zu besiegen«, unterbrach er sie grob. »Und wie sehen deine Pläne danach aus?«
Annwyl runzelte die Stirn. »Meine Pläne?«
»Ja. Deine Pläne. Du enthauptest deinen Bruder, deine Truppen warten. Was tust du als Nächstes?«
Annwyl starrte ihn nur an. In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass das Mädchen gar keine Pläne hatte. Keinen einzigen. Keine großen Ideen von der Weltherrschaft. Keine Verschwörungen, um irgendwelche anderen Reiche zu zerstören. Nicht einmal den Plan für ein Festbankett.
»Annwyl, du wirst Königin sein! Du wirst etwas tun müssen!«
»Aber ich will nicht Königin sein!« Ihr Körper schüttelte sich vor Entsetzen, und er konnte es in ihrer Stimme hören.
»Wenn du ihn enthauptest, wirst du keine große Wahl haben.«
»Was zur Hölle soll ich denn als Königin machen?«
»Na ja … du könntest versuchen zu herrschen.«
»Das klingt furchtbar kompliziert.«
»Ich verstehe dich nicht.«
»Was meinst du damit?«
»Du führst den größten Aufstand an, den dieses Land je gesehen hat. Wenn ich es richtig sehe, sind dir deine Truppen blind ergeben. Und andere Königreiche schicken dir Verstärkung und Gold.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Du bist schon Königin, Annwyl. Du musst dir nur noch die Krone nehmen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Mein Vater glaubte nicht an Kronen. Einen Thron gibt es allerdings.«
»Dann nimm deinen Thron. Nimm ihn und werde Königin.«
»Das werde ich. Wenn du mit mir kämpfst, Drache.«
»Wirst du jemals Ruhe geben, wenn ich es nicht tue?«
»Manchmal müssen Königinnen eben Dinge tun, auf die sie nicht unbedingt stolz sind«, neckte sie ihn. »Unter anderem gut aussehende Drachen foltern, wie du einer bist. Ich könnte Leute einstellen, die hier pausenlos ein- und ausgehen. Redselige Leute.« Sie lächelte, während sie sprach – und sie nannte ihn »gut aussehend« –, aber er traute ihr alles zu.
»Dann lässt du mir ja keine große Wahl, oder?«
»Nein, das stimmt wohl.«
»Dann werde ich mit dir kämpfen, Annwyl.«
Sie grinste, und er spürte wieder diesen Stolz, dass er es ausgelöst hatte.
4 Als die Tage vergingen und Annwyl sich erholte, begann sie sich hinauszuwagen in die Bergschlucht, die die Höhle des Drachen umgab. Sie hatte sich nie sicherer gefühlt als in diesem Moment. Mitten im Territorium eines Drachen, nur mit einem Schwert, um sich zu schützen. Und sie hätte auch niemals sicherer sein können. Er ließ sie tun, was sie wollte. Ließ sie gehen, wohin sie wollte. Das tat sie auch. Auch wenn sie den Bereich mied, wo es noch immer nach verbrannten Männern roch.
Annwyl bewegte sich langsam zwischen den Bäumen und Blumen. Sie waren alle so schön und nur dafür da, dass sie sie in der Abgeschiedenheit genießen konnte. Wie alle anderen in den umgebenden Königreichen, hatte sie gelernt, die Finstere Schlucht zu fürchten. Und von außen erhob sie sich auch dunkel und imposant. Doch im Inneren schuf der dichte Wald einen Ort der Ruhe und Beschaulichkeit. Hätte sie als Kind gewusst, dass sie nichts zu befürchten hatte, wäre sie schon vor langer Zeit hierher geflohen.
Sie rieb sich die Seite. Ihre Wunde war immer noch ein bisschen empfindlich, aber fast verheilt. Der Drache und die Hexe hatten ausgezeichnete Arbeit geleistet, sie am Leben zu halten.
Dennoch zerbrach sie sich den Kopf über ihre Abmachung mit dem Drachen. Wollte sie ihren Bruder so verzweifelt besiegen? Wollte sie so unbedingt das Blut ihres Bruders auf ihrem Schwert sehen, dass sie das Leben des Drachen riskierte, der sie gerettet hatte? Die Antwort war ein klares Ja.
Doch sie musste verrückt sein. Sie sollte besser fliehen. Zurück zu ihren Männern. Zurück in die Sicherheit ihrer Truppen und fort von dem Drachen. Das sollte sie wirklich. Höchstwahrscheinlich würde sie das aber nicht tun. Die Frage, die sie sich unaufhörlich selbst stellte, war allerdings: warum. Warum verließ sie diesen Ort nicht? Warum verließ sie ihn nicht?
Und warum schien ihm selbst die Vorstellung genauso zu widerstreben, jedes Mal, wenn sie davon sprach zu gehen?
Annwyl lächelte, als sie daran dachte, wie ihr kleiner Raum in seiner Höhle immer besser eingerichtet wurde. Zuerst waren es nur ein Bett zum Schlafen und ein Esstisch für sie gewesen. Danach erschienen mehrere gepolsterte Stühle. Dann ein Teppich. Dann ein Wandbehang. Ein paar hübsche silberne Kerzenleuchter mit süß duftenden Kerzen.
Er wollte, dass sie sich wohlfühlte. Zu Hause. Überraschenderweise fühlte sich die Höhle der Bestie mehr wie ein Zuhause an als jeder andere Ort, an dem sie gelebt hatte, seitdem sie als Kind zu ihrem Vater geschickt worden war.
Nein. Sie konnte dem Drachen seine Freundlichkeit niemals zurückzahlen. Vielmehr gehörte ihr Leben bereits ihm. Und doch spürte sie keine Furcht. Auch wenn sie es eigentlich sollte. Er konnte alles von ihr verlangen als Rückzahlung für ihre Blutschuld. Nein, sie fühlte etwas ganz anderes als Furcht. Vorfreude.
Annwyl blieb stehen, in ihrer stillen Träumerei unterbrochen. Sie hatte den Kampf schon gespürt, bevor sie das Klirren von Schwertern und die Schreie sterbender Männer gehört hatte. Sie wusste, dass sie noch nicht all ihre Kraft zurückgewonnen hatte, aber sie musste nachsehen. Musste wissen, ob die Männer ihres Bruders in die Schlucht des Drachen vorgedrungen waren. Und wenn das so war, würde sie sie alle töten. Sie würde den Drachen nicht noch mehr Gefahren aussetzen.
Sie lief schnell und lautlos, beruhigt durch das Gewicht ihres auf den Rücken geschnallten Schwertes und des Dolchs, der in einer Scheide an ihrer Hüfte steckte. Sie glitt hinter einen Felsblock und beobachtete den brutalen Kampf. Die Männer ihres Bruders. Ungefähr acht von ihnen. Sie alle kämpften gegen einen Mann.
Den Mann aus ihren Träumen.
Annwyls Brust wurde eng und Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper. Sie beobachtete ihn mit weit aufgerissenen Augen. Sein Gesicht war das Gesicht, das sie fast jede Nacht in ihren Träumen sah, während sie ihre Kraft zurückerlangte. Die schwarzen Haare dieselben, in die sie immer ihre Hände vergrub. Wer zur Hölle war das? Abgesehen von der Erinnerung aus ihren Träumen erkannte sie ihn immer noch nicht. Ein Fremder. Ein großer, wunderschöner Fremder, der auf dem leuchtend roten Waffenrock über seinem Kettenpanzer das Wappen einer Streitmacht trug, die man seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Annwyl schüttelte den Kopf. Sie weigerte sich zu glauben, dass ihr Traum lebendig geworden war und jetzt brutal gegen die Männer ihres Bruders kämpfte.
Und wie er kämpfte! Er bewegte sich schnell. Schneller, als sie je zuvor einen Mann sich bewegen sehen hatte. Sein Geschick mit dem Schwert war beispiellos. Er erledigte zwei der Männer innerhalb von Sekunden und ging dann auf die übrigen sechs los.
Doch das Schwert an ihrem Rücken lenkte sie von dem Edelmann ab. Es waren nicht acht Männer in der Schlucht des Drachen gewesen … es waren neun.
»Lady Annwyl. Als ich die Männer dieses Gebiet erkunden ließ, hatte ich keine Ahnung, dass wir dich finden würden.«
Annwyl knirschte mit den Zähnen. Sie erkannte diese Stimme. Desmond L’Udair. Einer der vielen Leutnants ihres Bruders, und der Mann, der ihr einmal während eines Festessens an die Brust gefasst hatte. Natürlich hielten nur die verbliebenen vier Finger seiner rechten Hand das Schwert, das sich jetzt in ihr Rückgrat bohrte.
»Lord L’Udair. Ich hatte so gehofft, du seist tot.« Sie sah ihn über ihre Schulter hinweg an. »Wie geht’s der Hand?«
Manche fanden L’Udair gut aussehend. Doch sie sah nur seine hässliche Seite. Wie jetzt, als seine Lippen sich zu einer wütenden Grimasse verzogen. Er schnappte sie an den Haaren und riss sie zu sich heran, sodass ihr Rücken mit dem Schwert gegen seine Brust knallte.
»Die Frage, meine Süße, ist wie immer, ob ich dich deinem Bruder mit oder ohne Kopf zurückbringe.« Er setzte ihr die Klinge seiner Waffe an den Hals. »Oder sollen wir vielleicht noch ein bisschen Zeit miteinander verbringen, bevor ich dich zurückbringe? Ich schulde dir noch was für den Verlust meines Fingers.«
»Leg dich zu mir, L’Udair, und du riskierst den Rest deiner … Teile.« Sie lächelte ihn an und sah sein anzügliches Grinsen verblassen.
»Was mich wundert«, sagte eine ruhige Stimme vor ihr, »ist, dass du ihn noch nicht getötet hast.«
Annwyl richtete ihren Blick auf den geheimnisvollen Mann, der während L’Udairs Drohungen den Rest des kleinen Spähtrupps eliminiert hatte.
»Hast du wirklich Zeit hierfür?«, fragte er.
Sie hob eine Augenbraue. »Du hast natürlich vollkommen recht.« Annwyl zog den Dolch aus der Scheide an ihrer Seite, hob ihn in einer einzigen fließenden Bewegung rückwärts über ihre Schulter und hielt erst inne, als er L’Udairs Auge durchstach. Sobald er zu schreien begann, löste sie sich von ihm, bevor er sie mit seinem eigenen Schwert erledigen konnte. Sie hätte ihm den Kopf abgeschlagen, doch er starb schnell, und Toten trennte sie nur selten den Kopf ab.
Annwyl hörte, wie sich der Mann aus ihren Träumen bewegte. Sie zog das Schwert, das auf ihrem Rücken festgeschnallt war, und setzte ihm die Spitze an die Kehle, als er auf Armeslänge herankam. »Halt, Edelmann.« Sie starrte ihn an, während sie tief Luft holte, um ihr schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Bei den Göttern, er ist schön! Und Annwyl traute ihm nicht weiter über den Weg, als sie ihn hätte werfen können. Und das war nicht weit. Er war bestimmt der größte Mann, den sie je gesehen hatte. Von oben bis unten harte Muskeln, die Macht und Stärke ausstrahlten.
Sie verstärkte ihren Griff um ihr Schwert. »Ich kenne dich.«
»Und ich kenne dich.«
Annwyl runzelte die Stirn. »Wer bist du?«
»Wer bist du?«
Ihre Augen verengten sich. »Du hast mich geküsst.«
»Und ich glaube, du hast mich geküsst.«
Annwyls Zorn wuchs, während ihre Geduld für Spielchen stark abnahm. »Vielleicht ist dir entgangen, dass ich dir eine Klinge an die Kehle halte, Edelmann.«
»Und vielleicht ist dir entgangen« – er schlug ihr Schwert weg und setzte ihr die Spitze seines eigenen an die Kehle –, »dass ich nicht irgendein willenloser Speichellecker bin, der für deinen Bruder schuftet, Annwyl die Blutrünstige von den Dunklen Ebenen.«
Annwyl sah hinab auf das Schwert und wieder zurück zu dem Mann, der es hielt. »Wer zur Hölle bist du?«
»Der Drache hat mich geschickt.« Er senkte sein Schwert. »Und er hatte recht. Du bist zu langsam. Du wirst Lorcan niemals besiegen.«
In ihr brandete die Wut auf, und sie hieb mit ihrem Schwert nach ihm. Doch es war keines ihrer oft trainierten Manöver. Es fühlte sich ungeschickt und schlampig an. Er blockte sie mit Leichtigkeit ab und schleuderte sie zu Boden.
Der Aufprall war so hart, dass ihre Zähne klapperten. Zum Glück war ihre Wunde schon verheilt, sonst hätte Morfyd sie noch einmal nähen müssen.
Der Edelmann stand über ihr. »Das kannst du doch besser, oder nicht?« Sie starrte zu ihm hinauf, und er lächelte. »Oder vielleicht auch nicht. Ich denke, das werden wir sehen.«
Er ging davon. Annwyl wusste, dass er erwartete, dass sie ihm folgte. Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund tat sie es.
Sie fand ihn bei dem Fluss, der durch die Schlucht strömte. Es kostete sie all ihre Kraft, sich ihm zu nähern. Eigentlich wollte sie am liebsten zurück in die Höhle des Drachen laufen und sich unter dessen mächtigen Schwingen verstecken. Sie hatte keine Angst vor diesem Mann. Es war etwas anderes. Etwas weit Gefährlicheres.
Als sie näher kam, drehte er sich um und lächelte. Und Annwyl spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Um genau zu sein, lag das, was sich da zusammenzog, vielleicht auch ein bisschen tiefer.