Drei harte Kämpfer - Frank Callahan - E-Book

Drei harte Kämpfer E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Alda sieht Victor erschreckt an, einen großen, breitschultrigen Mann, dessen Kleidung voller Staub ist, wie sein Revolver. In der Hand hat er ihr einfaches, geblümtes Kleid. In seinem groben, eckigen Gesicht mit den hellen Augen rührt sich nichts. Vielleicht sieht er den Schreck in ihren Augen nicht, vielleicht hat er das Kleid nur aus reiner Neugierde hochgenommen, weil es ganz oben auf dem Korb Wäsche gelegen hat. Victor Morse schweigt, seine rechte Hand hebt nun ganz langsam das Kleid hoch, eine Hand, groß genug, einen Ochsen zu töten. »Ich – ich dachte nicht, daß du schon kommen würdest«, sagt sie spröde. »Hattest du nicht gesagt, du hättest morgen erst diese Tour?« Er schweigt, aber irgendwo in seinen hellen Augen ist etwas, das sie zusammenzucken und zum Herd gehen läßt. Sie nimmt den Eimer, gießt Wasser in den Waschkessel und hört keine Bewegung hinter sich. Victor Morse blickt auf den langen Riß im Kleid. Und was er denkt, das sind eine ganze Menge schlimmer Dinge. »Wie ist das gekommen?« Seine Stimme klingt rauher als sonst, Mißtrauen ist in ihr, etwas wie Eifersucht. »Ich – ich bin an einem Nagel des Wäschepfahls hängengeblieben.« Sie blickt starr auf die Dampfschwaden, die aus dem Kessel steigen. Er wird fragen, denkt sie beklommen. Er ist zu gründlich. Er wird immer weiter bohren und es genau wissen wollen. »Du lügst!«

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Die großen Western – 297 –

Drei harte Kämpfer

Frank Callahan

Alda sieht Victor erschreckt an, einen großen, breitschultrigen Mann, dessen Kleidung voller Staub ist, wie sein Revolver.

In der Hand hat er ihr einfaches, geblümtes Kleid. In seinem groben, eckigen Gesicht mit den hellen Augen rührt sich nichts. Vielleicht sieht er den Schreck in ihren Augen nicht, vielleicht hat er das Kleid nur aus reiner Neugierde hochgenommen, weil es ganz oben auf dem Korb Wäsche gelegen hat.

Victor Morse schweigt, seine rechte Hand hebt nun ganz langsam das Kleid hoch, eine Hand, groß genug, einen Ochsen zu töten.

»Ich – ich dachte nicht, daß du schon kommen würdest«, sagt sie spröde. »Hattest du nicht gesagt, du hättest morgen erst diese Tour?«

Er schweigt, aber irgendwo in seinen hellen Augen ist etwas, das sie zusammenzucken und zum Herd gehen läßt.

Sie nimmt den Eimer, gießt Wasser in den Waschkessel und hört keine Bewegung hinter sich.

Victor Morse blickt auf den langen Riß im Kleid. Und was er denkt, das sind eine ganze Menge schlimmer Dinge.

»Wie ist das gekommen?«

Seine Stimme klingt rauher als sonst, Mißtrauen ist in ihr, etwas wie Eifersucht.

»Ich – ich bin an einem Nagel des Wäschepfahls hängengeblieben.«

Sie blickt starr auf die Dampfschwaden, die aus dem Kessel steigen. Er wird fragen, denkt sie beklommen. Er ist zu gründlich. Er wird immer weiter bohren und es genau wissen wollen.

»Du lügst!«

Ihre Hände beginnen zu zittern. Nur um etwas zu tun, stampft sie die Wäsche tiefer in den Kessel.

»Ich sagte, daß du lügst«, murmelt hinter ihr Victor leise, aber der Unterton verrät beginnenden Zorn. »Ich sagte etwas, wo bleibt deine Antwort?«

Mein Gott, geht es ihr durch den Kopf. Wenn es am Rock zerrissen wäre, aber es ist vorn am Ausschnitt. Ich muß es sagen.

»Victor, wirklich, ich hatte…«

»Wer?« fragt er. »Wer hat das gemacht?«

Er ist plötzlich neben ihr und umklammert ihren Oberarm so heftig, daß sie glaubt, der Arm würde zerdrückt. Seine große Hand, die Hand eines Riesen, schließt sich immer fester. Er muß etwas ahnen, aber er will es von ihr selbst hören.

»Sieh mich an!« sagt er da auch schon keuchend. »Ich will, daß du mich ansiehst. Einmal habe ich dir gesagt, daß du mir alles sagen könntest, aber wenn ich belogen werde, werde ich wild!«

Er sagt das wie jemand, der nicht wild werden möchte und der doch vor innerlichem Zorn kocht. Wenn er explodiert, dieser Riese, dann schlägt er alles kurz und klein. Sie weiß, wie er auf jene Burschen losgegangen ist, die ihm einmal einen Nagel unter die Sielen der Postkutschenpferde klemmten.

»Es war, als ich Wäsche für Daniel Vernon hatte, gestern, Victor, unten am Fluß.«

»Unten am Fluß«, wiederholt er seltsam leise.

Er weiß es jetzt, denkt sie.

»Am Fluß«, sagt er noch einmal. »Er ist also wieder dort herumgestrichen, in den Büschen, ja? War er es? Rede, war dieser Dreckfinger wieder dort?«

»Victor, er war betrunken, ich schwöre dir, er hatte zuviel getrunken. Ich konnte mich losreißen und ihn wegstoßen. Er fiel ins Wasser, jedoch riß er vorher das Kleid entzwei. Weiter ist nichts gewesen, du mußt mir glauben. Er redete wieder so verrückt, er wollte mich einladen, eine Spazierfahrt sollte ich mit ihm machen, sagte er, es sei auch ganz harmlos und anständig. Als ich mich weigerte, wurde er wütend. Victor, mein Arm, mein Arm, hörst du?«

Er läßt den Arm los und wirft das Kleid achtlos auf die übrige Wäsche. Dann bleibt er stehen, die breiten, mächtigen Schultern nach vorn gezogen, als müßte er einen Angriff abwehren. So starrt er aus dem Fenster.

Stille ist in der Küche, nur das Wasser im Kessel treibt blubbernde Blasen hoch, Dampf wallt, im Feuer knackt das Holz.

Victor Morse blickt aus dem Fenster. Draußen flattert Wäsche im Wind.

»Mein Gott, Victor, er ist der Sohn des reichsten Mannes.«

»Sohn, Sohn!« sagt Morse zischend. »Pflegesohn ist er, Adoptivkind ist er, weil Dales Frau niemals Kinder bekommen konnte, das ist er! Und ein Dreckfinger ist er, ein verdammter, schmutziger Dreckfinger!«

Er wendet sich um und nimmt seinen Hut vom Haken.

»Victor!« sagt sie keuchend, als er den Hut ruckhaft aufstülpt und auf die Tür zugeht. »Mach keinen Unsinn, Bruder, Steve Dale…«

»Er wird das immer wieder tun wollen, der Dreckfinger! Dem werde ich…«

»Vic, hinter ihm steht eine ganze Mannschaft!«

»Halte deinen Mund, Schwester!«

Er sagt es knirschend. Dann geht er hinaus.

*

Der verdammte Kerl, sagt sich Steve Dale, wenn ich den oder seinen dicken Bruder Josef mal allein erwischen könnte. Man müßte sie aus dem Land jagen. Sie sind gerissen wie zehn Füchse und hart wie hundert Ambosse. Ich muß mir doch mal für die Ross-Halunken was einfallen lassen, obwohl der Alte mir das verboten hat. Was kümmert mich das Verbot des Alten, was? Ich bin mein eigener Herr. Und wenn der Alte noch so wild wird, er kann mich mal…

Ross sitzt da und scheint zu schlafen. Tatsächlich hat er die Lider halb geschlossen, der Kerl.

Steve Dale wendet den Kopf und stößt dann Billy Moore an.

»Moore«, sagt er leise im Lärmen der Männer. »Hör zu, Mann, siehst du Ross?«

»Ja, Boß, und?«

»Der trinkt nicht mit mir, wetten? Wenn er es nicht macht, hau ihm was auf die Augen und schmeiß ihn auf die Straße, verstanden?«

»Ich denke, wir sollen niemals…«

»Kümmere dich nicht darum,

Moore, oder hast du Angst vor dem Kerl?«

Das reicht für einen Bullen wie Moore. Moore hat vor keinem Menschen Angst, der kann alle verdreschen.

»Ich soll… Boß, den haue ich mit einem Finger aus dem Anzug!«

»Hau ihm was auf die Nase, das reicht. Sei beleidigt, verstehst du? Ich werde so tun, als ginge es mich nichts an, du mußt nicht auf mich hören, klar?«

»Bin doch nicht blöde, in Ordnung, Boß.«

»Bekommst auch zehn Dollar extra, Moore.«

»Dafür fehlt ihm ein Ohr.«

Das sagt er, dann tritt er an den Tresen und sieht die Leute ihre Gläser halten. Bench, der Wirt, hat jedem ein Glas hingestellt, nur einem nicht, Lee Ross.

»He?« fragt Moore rauh. »Du, Bench, warum hat der da kein Glas? Gib mir mal eins!«

Sie haben gerade noch gelacht, geredet, einen Whisky umsonst nimmt jeder an. Plötzlich sind sie still, sie reden nicht mehr und sehen Moore einem der Leute das Glas wegnehmen. Moore geht los, genau auf Lee Ross zu. Drei Schritte hat er gemacht, als Dale heiser sagt: »Moore, laß das sein, laß den in Ruhe!«

»Der soll jetzt mit mir trinken, ich will das so, Boß!«

Dann steht er auch schon vor Lee Ross und hält das Glas in der Faust, streckt es Ross entgegen.

»He, du, Ross, du trinkst mit mir, verstanden?«

Lee Ross sieht hoch, er hat dunkelblaue Augen und einen schmallippigen Mund, ein festes Kinn und harte Hände.

»Ich trinke nicht mit dir, Moore. Laß mich in Ruhe, Mister!«

»Verdammt, was? Du willst nicht trinken? Habe ich dir was getan,

he?«

»Moore, hör auf, ich sage es dir. Wenn er nicht will, dann laß ihm seinen Spaß«, meldet sich Steve Dale scharf. »Ich sage dir, hör auf, Mann!«

»Der hat zu trinken, ich laß mich nicht beleidigen!« erwidert Moore grimmig. »Boß, er soll jetzt mit mir trinken! Los, Ross, nimm das Glas, mach mich nicht wild, ich habe dir nichts getan!«

Lee Ross kneift etwas die Lider zusammen, schüttelt den Kopf.

»Ich sagte, daß ich nicht mit dir trinke. Und jetzt hau ab, Moore, du gefällst mir nicht!«

»Ich… so ist das, ich gefalle dir nicht? Und warum nicht?« fragt Moore bissig. »Mach das Maul auf! Was paßt dir an mir nicht, Ross, du Pferdedieb?«

Lee Ross zwinkert einmal, aber sein Gesicht bleibt ruhig.

»Du bist ein schmutziger Kerl!« sagt er dann ganz freundlich. »Hau ab, ich will meine Ruhe haben.«

Moore wird rot, jetzt kommt er wirklich in Wut, aber noch beherrscht er sich.

»Du gefällst mir auch nicht, Ross, du Pferdedieb!«

»Jetzt hast du es zweimal gesagt, und nun ist es genug für heute«, antwortet Lee Ross kühl. »Bench, zahlen, ich gehe.«

Einen Moment ist Moore überrascht, dann weiß er es: Ross kneift, der Bursche ist feige.

»So, du willst zahlen?« fragt er heiser. »Du wirst jetzt das Glas leertrinken, sonst holt dich der Teufel, klar? Ich sage dir, hier ist es, hier, nimm es!«

Und seine große, breite Hand hält Lee Ross das Gas unter die Nase.

»Du bist mir zu schmutzig«, antwortet Ross kalt und stemmt die Hände gegen die Tischplatte. »Sauf allein, du Bulle, ich kann meinen Whisky selbst bezahlen, hast du das begriffen,

Moore? Trink das Zeug selbst und reibe dich an einem anderen, sonst wirst du…«

Das ist alles, was er noch sagen kann.

In derselben Sekunde geschieht es dann auch schon.

Moore, der das Glas in seiner großen, klobigen Hand hält, nimmt die Hand jäh hoch. Eine zuckende Bewegung, der Whisky schießt aus dem Glas auf Lee Ross und dessen Gesicht zu.

Der Whisky muß Lee Ross mitten ins Gesicht klatschen.

In derselben Sekunde, in der sich Moores Hand zuckend bewegt und der Whisky aus dem Glas schießt, zuckt auch Lee Ross zusammen.

Der sehnige, große und breitschultrige Lee Ross taucht mit einem blitzschnellen Ruck seitwärts weg. Vielleicht trifft etwas Whisky noch sein rechtes Ohr, aber in die Augen kommt kein Tropfen.

Und dann…

Sie sehen es alle, sie sehen nicht nur, daß Lee Ross dem Whisky ausweicht, sondern daß seine beiden Hände blitzartig zupacken. Im nächsten Augenblick hat Ross das rechte Handgelenk von Moore umklammert. Ein eisenharter Griff, dann ein wilder, aus dem Stand kommender Satz von Ross, der den Stuhl krachend an die Wand fliegen läßt. Und dann dreht Ross mit einem einzigen Ruck seine Hände um. Zwischen seinen Händen aber ist

Moores dickes Handgelenk.

Bill Moore schreit. Ross reißt seinen Arm über den Kopf. Er springt seitlich weg und dreht dabei den Arm um. Brüllend wie ein Stier muß Moore dem Drehgriff nachgeben, wenn ihm nicht der Arm aus der Schulter gewuchtet werden soll. Er schreit los, kracht auf die Seite, knallt auf die Tischplatte und sieht eine Sekunde lang in die plötzlich eiskalten Augen von Lee Ross. Erst in diesem Moment beginnt Moore zu ahnen, daß die Ruhe, die Ross gezeigt hat, nichts als eine Täuschung gewesen ist.

Blitzschnell reißt Ross Moore am Kragen über den Tisch. Bill Moore sieht den Balken an der Wand, schießt auf ihn zu und prallt mit dem Kopf dagegen

Eine Sekunde lang sieht er Sterne. Er fliegt vom Tisch, rutscht an der Wand herab und bleibt auf den Knien liegen. Verzweifelt schüttelt er den Kopf, reißt instinktiv die Arme hoch und wird von rechts nach links geschleudert. Ross, der sich gebückt hat, trifft nur die deckenden Arme. Genau diese Zeit

ist es, die Moore braucht, um wieder halbwegs in Ordnung zu kommen.

Alles, was ihn am Kopf trifft, nimmt

er gewöhnlich wie lästige Mückenstiche. Moore knurrt, dann stößt er sich von der Wand ab und streckt die linke Hand aus. Seine Hand erwischt zielsicher genug das Hosenbein von Lee Ross.

»Du Floh!« sagt Moore keuchend. »Du verdammter Floh! Ich werde dich zerquetschen, Bursche!«

Er reißt die Hand zur Seite, stößt mit der anderen in die Kniekehle von Ross und weiß, daß sein Mann umkippen muß. Genau das geschieht. Lee Ross torkelt, geht zu Boden und ahnt nicht, mit welchen Mitteln ein Mann wie Moore kämpft, wenn er merkt, daß sein Gegner vielleicht zu schnell für ihn sein könnte. Moore kennt die Wirkung seines Stoßes. Er sieht aus den Augenwinkeln Ross zu Boden krachen und hat seine Hände schon am umgekippten Stuhl. Moore packt die Lehne. Dann schnellt er hoch, ein Mann, der seine zweihundert Pfund wiegt und eine Kampfmaschine ist. Hochspringen und gleichzeitig den Stuhl über den Kopf reißen, das ist für Moore das Werk einer Sekunde. Er steht, sieht, wie Ross sich aufstemmen will, und holt aus.

Dann schießt der Stuhl herab.

»Jetzt!« sagt Moore giftig. »Jetzt, du Halunke!«

Der Stuhl schießt nach unten, Ross zuckt einmal und fliegt dann nach rechts weg. Er saust unter den nächsten Tisch, auf dessen Kante der Stuhl mit voller Wucht prallt. Die Tischplatte zerbirst, die Stollen und Zargen des Stuhles wirbeln wie zerbrochene dünne Holzteilchen durch die Luft. Moore starrt verstört auf die Lehne, das einzige Stück des Stuhles, das in seiner Hand bleibt. Er begreift diese Schnelligkeit nicht. Ross muß unter dem Hieb weggetaucht und unter den Tisch gerollt sein.

Genau dort sieht er ihn, einen blitzschnell hochkommenden Mann, der seinen Rücken unter den Tisch drückt. Und dann kippt Ross den Tisch um. Die Moore zugewandte Tischkante prallt Moore vor die Beine. Sie schrammt an seinen Knien abwärts, Schmerz ist da, der Moore japsen läßt. Bill Moore versucht noch, den Tisch wegzutreten, aber er ist zu langsam.

Drüben ist Ross schon wieder hoch, wirbelt herum und weicht dem Tisch aus, der von Moore weggestoßen wird. Dicht an Ross vorbei schurrt der Tisch über den Boden.

Moore steht nun frei, sieht Ross anstürmen und holt aus. Seine große Faust wird den Angriff von Ross stoppen. Er ist sicher, mit einem vollen Hieb Ross von den Beinen zu holen. Als Ross den Kopf senkt und Moore rammen will, fegt Moores Faust heraus und trifft nichts.

Lee Ross zuckt blitzartig zurück. Die Faust schießt dicht vor ihm durch die Luft. Und die Wucht, mit der Moore geschlagen hat, läßt ihn herumtorkeln.

In der nächsten Sekunde kommt der Sprung von Ross. Die harte Faust von. Ross trifft Moore und läßt den schweren Mann stöhnend an die Wand torkeln. Einen winzigen Moment lang knickt Moore ein, seine Fäuste sinken herab, er will Ross sehen und dreht sich mitten in die volle Linke von Ross hinein.

Der Hieb landet krachend an

Moores Kinn und läßt ihn ächzend nach hinten taumeln. Seine großen Fäuste rudern verzweifelt, versuchen den nächsten Hieb zu blocken und decken doch nicht gut genug. Der dritte Treffer von Lee Ross läßt Moore bis an den Tresen taumeln, von dem die Leute brüllend wegspringen. Nur einer bleibt stehen und betrachtet den Kampf des bulligen Riesen gegen einen genauso großen, aber schnelleren und leichteren Mann voller Entsetzen.

Es ist mehr, als Steve Dale schlucken kann. Er sieht Moore unter dem nächsten Hieb am Tresen entlangrutschen. Moore versucht sich zu halten, bekommt den fünften Treffer und droht zu kippen.

Unter seinen gewaltigen, rudernden Armen hindurch sieht Lee Ross aus schmalen, kalten Augen den einzigen Mann, der noch am Tresen steht und schnellt sich blitzschnell ab.

Dem verdammten Burschen, sagt sich Lee grimmig, werde ich helfen, mit Moore zu tuscheln. Ich wette, er hat ihm den Befehl dazu gegeben, aber – ich kann es ihm nicht beweisen. Nun Dale, jetzt wollen wir sehen, ob dieser Bulle dick genug ist, um dich…

Und da hat er auch schon den bulligen Moore rechts und links am Hosenriemen erwischt. Einmal nur krümmt sich Lee Ross zusammen. Dann stößt er seinen Oberkörper vorwärts und rammt Moore kurz unter der Gurtlinie.

Lee Ross gibt Moore einen wilden Schwung nach rechts, als er ihn von sich stößt.

Im nächsten Augenblick fliegt Moore wie abgeschossen mitten auf Dale.

Dales schriller, greller Schrei kommt, als Moore mit voller Wucht auf ihn prallt. Dann schleudert der schwere Leib Moores Dale zu Boden. Über ihn hinweg kracht Moore um, sein schwerer Stiefel streift Dales linke Kopfseite und läßt ihn Funken und Feuer sehen.

Moore fällt über einen Stuhl, stürzt der Länge nach hin und landet unter einem Tisch. Als er brabbelnd und lahm die Arme anstemmt, sieht er verschwommen die Hand. Zuerst ist es die linke Hand von Ross, die Moore vorn das Hemd zusammendreht. Dann reißt Lee Ross Moore mit einem wilden Ruck unter dem Tisch heraus. Moore kommt auf die Knie. Und jetzt sieht er die rechte Faust von Ross.

»Da, du Ochse!« sagt Lee grimmig. »Tu nie wieder, was ein Narr dir sagt, du könntest es noch schlimmer bekommen, du Totschläger!«

Und dann trifft seine geballte Rechte Moores Kinn.

Es kommt Moore vor, als schlüge ihm ein wilder Gaul seinen Hinterhuf an den Schädel. Moore sieht nichts als ein schwarzes, gähnendes Loch. Dann kippt er nach hinten um und bleibt wie ein gefällter Baumriese am Boden des Saloons liegen.

Drei Schritte weiter aber greift Steve Dale an seine Hüfte.

Steve Dale, das Gefühl in sich, sein linkes Ohr sei nichts als ein Torso aus Knorpeln und Fleisch, kauert auf den Knien. Dann kommt sein Griff, das Brummen, das er für Augenblicke im Kopf gehabt hat, ist fort, seine Hand berührt den Kolben des Revolvers.

Und dann zuckt er herum.

In derselben Sekunde, in der er seine Waffe ziehen will, sieht er links von sich Lee Ross stehen.

Lee Ross ist leicht eingeknickt. Und genau dies ist die Sekunde, in der Dale begreift, warum der alte John einmal sagte, die Söhne von Yank Ross würden von ihrem Alten zu verdammten, blutigen Kämpfern erzogen. Lees rechte Hand hat blitzschnell an die Hüfte gegriffen, kaum daß Ross die Absicht von Steve Dale erkannte.

An der rechten Hüfte von Lee Ross kommt das Halfter mit der Spitze hoch. Steve Dale blickt haargenau in das Halfter hinein. Und der Anblick, der sich ihm bietet, ist mehr, als er vertragen kann. Das Halfter ist unten abgeschnitten, der Revolver ist genau auf Dales Kopf gerichtet.

Im Saloon ist es totenstill geworden.

Sie sehen alle Dales halb aus dem Halfter gezogenen Revolver. Ihre Blicke sausen zu Ross, als Dales Bewegungen jäh enden und dessen Augenlider zu flattern beginnen.

Mein Gott, denkt Bench entsetzt, das ist der alte Yank gleich noch einmal. Es hat immer geheißen, John Dale hätte sich mit ihm schießen können, sei aber kein Selbstmörder gewesen, Yank soll in seiner besten Zeit eine wandelnde Kanone gewesen sein. Großer Geist, Steve stirbt auf der Stelle, wenn er jetzt nicht zurücksteckt.

Sein Blick fliegt von Lee Ross zu Steve Dale. Dales Gesicht wird langsam immer blasser. Jeder Blutstropfen scheint aus ihn zu entweichen. Die Lider zucken, die Hand beginnt zu zittern. Dale kniet bleich wie ein Gespenst am Boden und starrt entsetzt auf den Revolver von Lee Ross. Sie sehen sich beide an. In den dunkelblauen Augen von Ross, die jetzt schwarz wie die Nacht zu sein scheinen, liegt nichts als eisige Kälte und lauerndes Warten.

»Zieh!« sagt Lee Ross da auch schon ganz leise und zischend. »Zieh, Dale, aber mach es ganz langsam, nimm die Hand nicht herum, du könntest dabei in deine eigene Grube sausen. Zieh und wirf dein verdammtes Schießeisen in die nächste Ecke, sonst schieße ich dir einen Scheitel, du Halunke!«

Dales Hand kriecht förmlich höher, der Revolver kommt mit der Mündung aus dem Halfter, dreht sich nach rechts und fliegt dann polternd auf die rechte Saloonwand zu, um irgendwo bei den Trümmern des Stuhles liegen zu bleiben.

»Sage ihm noch mal, daß er auf mich losgehen soll«, murmelt Ross kühl. »Jetzt sage es ihm. Steve Dale, du wirst nie groß genug sein!«

Ross hält immer noch den Revolver in der Faust und tritt langsam an den Tresen. Dabei läßt er Dale keine Sekunde aus den Augen. Seine linke Hand fährt langsam in die Hemdtasche, er holt einen kleinen Schein hervor, wirft ihn auf die Tresenplatte und sagt knapp: »Den Rest vertrinke ich an einem anderen Tag, Bench. Das ist alles.«

Und dann geht er im Bogen um

Dale auf die Tür zu. Dicht vor ihr bleibt er stehen. Der schwere Revolver, den er vorhin aus dem Halfter gezogen hatte, wirbelt um seinen Zeigefinger. Und selbst Milton, einer der schnellsten Reiter der Alderwoods im Norden, dem man einige Schnelligkeit mit dem Revolver nachsagt, fühlt etwas wie einen Kloß im Magen, als der Revolver mitten aus dem Herumwirbeln losschießt und haargenau im Halfter steckenbleibt

»Dale, sei nur immer friedlich, sonst erlebst du die Hölle, Freundchen«, sagt Lee Ross kühl an der Tür. »Versuche nichts herauszufinden, und frage nächstens erst den alten John um Erlaubnis, ehe du etwas anfängst, du betrunkener Tölpel!«