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Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Seit einigen Wochen lebte Ilka in der gemütlichen Einliegerwohnung im Souterrain ihres Elternhauses. Mit den beiden geräumigen Zimmern, dem modernen Bad und der kleinen Einbauküche bot die Wohnung allen Komfort, um sich darin wohlzufühlen. Und das tat Ilka auch. Sie fühlte sich hier ausgesprochen wohl. Sie mochte die Wohnung, und sie verstand sich blendend mit ihren Eltern, Sigrun und Lothar Jentsch. Trotzdem sehnte sie den Tag herbei, an dem sie endlich wieder eine eigene Wohnung beziehen konnte. Als Sechsundzwanzigjährige, die gleich nach dem Schulabschluss das Nest verlassen hatte, war sie es gewohnt, auf eigenen Beinen zu stehen und ihren Haushalt zu führen. Sie vermisste ihre Eigenständigkeit und fand es nicht richtig, nun wieder hier zu leben. Ilka sah fast liebevoll zu der blauen Mappe, die auf ihrem Wohnzimmertisch lag und in der sich der Mietvertrag für eine entzückende kleine Dachgeschosswohnung in der Münchner Innenstadt befand. In sechs Wochen wurde sie frei, und Ilka konnte sie dann endlich beziehen. Und bis dahin würde sie es noch ein wenig genießen, Zeit mit ihren Eltern zu verbringen und ihrer Mutter unter die Arme zu greifen, der vermehrt gesundheitliche Probleme zu schaffen machten. Ilka nahm ihren Rucksack, packte ihr Handy ein und griff nach ihrer dünnen Strickjacke, obwohl die kräftig scheinende Sonne schon jetzt einen heißen Sommertag versprach. Ihre Eltern saßen auf der großen Terrasse hinter dem Haus beim Frühstück. Sigrun freute sich, dass Ilka vorbeischaute, bevor sie zur Arbeit aufbrach. »Wenn du ein bisschen früher aufgestanden wärst, hätten wir zusammen frühstücken können.« »Ach, für einen Kaffee reicht meine Zeit schon noch aus.« Ilka nahm ihrem Vater dankbar die volle Kaffeetasse ab. »Fahrt ihr nachher in die Praxis?« »Ja«, beantwortete Sigrun die Frage und sah dabei nicht glücklich aus.
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Seitenzahl: 115
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Seit einigen Wochen lebte Ilka in der gemütlichen Einliegerwohnung im Souterrain ihres Elternhauses. Mit den beiden geräumigen Zimmern, dem modernen Bad und der kleinen Einbauküche bot die Wohnung allen Komfort, um sich darin wohlzufühlen. Und das tat Ilka auch. Sie fühlte sich hier ausgesprochen wohl. Sie mochte die Wohnung, und sie verstand sich blendend mit ihren Eltern, Sigrun und Lothar Jentsch.
Trotzdem sehnte sie den Tag herbei, an dem sie endlich wieder eine eigene Wohnung beziehen konnte.
Als Sechsundzwanzigjährige, die gleich nach dem Schulabschluss das Nest verlassen hatte, war sie es gewohnt, auf eigenen Beinen zu stehen und ihren Haushalt zu führen. Sie vermisste ihre Eigenständigkeit und fand es nicht richtig, nun wieder hier zu leben.
Ilka sah fast liebevoll zu der blauen Mappe, die auf ihrem Wohnzimmertisch lag und in der sich der Mietvertrag für eine entzückende kleine Dachgeschosswohnung in der Münchner Innenstadt befand. In sechs Wochen wurde sie frei, und Ilka konnte sie dann endlich beziehen. Und bis dahin würde sie es noch ein wenig genießen, Zeit mit ihren Eltern zu verbringen und ihrer Mutter unter die Arme zu greifen, der vermehrt gesundheitliche Probleme zu schaffen machten.
Ilka nahm ihren Rucksack, packte ihr Handy ein und griff nach ihrer dünnen Strickjacke, obwohl die kräftig scheinende Sonne schon jetzt einen heißen Sommertag versprach.
Ihre Eltern saßen auf der großen Terrasse hinter dem Haus beim Frühstück.
Sigrun freute sich, dass Ilka vorbeischaute, bevor sie zur Arbeit aufbrach. »Wenn du ein bisschen früher aufgestanden wärst, hätten wir zusammen frühstücken können.«
»Ach, für einen Kaffee reicht meine Zeit schon noch aus.« Ilka nahm ihrem Vater dankbar die volle Kaffeetasse ab. »Fahrt ihr nachher in die Praxis?«
»Ja«, beantwortete Sigrun die Frage und sah dabei nicht glücklich aus. »Dr. Müller möchte mit mir die Befunde der Blutentnahme durchsprechen. Seine Schwester wollte mir ja gestern am Telefon nichts dazu sagen.« Sigruns Mundwinkel sackten noch weiter nach unten. »Ich hoffe nur, dass das kein schlechtes Zeichen ist.«
»Natürlich nicht!«, sagte Ilka schnell. Sie sah zu ihrem Vater hinüber in der Hoffnung auf Unterstützung. Doch Lothar Jentsch sah aus, als bräuchte er selbst etwas Aufmunterung, weil er die Ängste seiner Frau teilte.
»Die Schwester darf doch generell keine Auskunft zu den Befunden geben«, sprach Ilka deshalb weiter. »Ihr macht euch sicherlich ganz umsonst Sorgen.«
»Na, ich weiß ja nicht.« Sigrun blieb skeptisch. »Dr. Müller nimmt uns ja regelmäßig Blut ab. Bisher hat es immer gereicht, wenn wir am nächsten Tag anriefen, um die Befunde bei der Schwester zu erfragen. Ich wurde früher nie dafür in die Praxis bestellt. Außerdem …« Sigrun seufzte traurig. »Außerdem geht es mir ja schon seit längerer Zeit nicht gut. Ich bin immer so schlapp und ständig müde. Und dann noch diese schreckliche Übelkeit, und richtigen Appetit habe ich auch nicht mehr. Irgendetwas wird da schon sein, Ilka. Mir geht es nicht grundlos so schlecht.«
Ilka sprang von ihrem Stuhl auf, um ihre Mutter zu umarmen. »Bitte, mach dich nicht verrückt«, sagte sie leise. »Es kann doch etwas ganz Harmloses sein. Zu viel Magensäure, eine empfindliche Galle …« Ilka zuckte ratlos die Achseln, weil sie nicht wusste, was sie machen sollte, um ihre Mutter zu beruhigen. Oder sich selbst. Auch Ilka fürchtete sich vor dem, was Dr. Müller heute zu sagen hatte. Dass es ihrer Mutter nicht gut ging, war längst kein Geheimnis mehr. Sie war kaum noch belastbar, hatte auffällig abgenommen und machte insgesamt einen kränklichen Eindruck. Das und die anderen Beschwerden, mit denen sich die fast Sechzigjährige herumschlug, ließen vermuten, dass sie ernsthaft krank war.
»Warte einfach ab«, versuchte Ilka weiter ihr Glück bei ihrer Mutter. »Sich vorher schon das Schlimmste auszumalen, bringt doch nichts.«
»Das weiß ich ja, aber …« Sigrun brach mitten im Satz ab, weil das Telefon ihrer Tochter klingelte. »Geh schon ran, Kleines. Vielleicht ist es etwas Wichtiges.«
»Wichtiger als die beste Mutter der Welt?«, scherzte Ilka, kramte aber schon in ihrem Rucksack, um das Handy zu finden. Als sie es endlich hatte, warf sie nur einen kurzen Blick aufs Display und legte es weg, ohne den Anruf anzunehmen.
»War das etwa schon wieder Roman?«, fragte Lothar. Es war nicht zu überhören, wie sehr es ihn störte, dass der Ex-Freund seiner Tochter ständig anrief.
»Ja, wer sonst?«, stöhnte Ilka. »Wir sind seit drei Monaten getrennt, und er kann es immer noch nicht akzeptieren, dass es vorbei ist.«
»Ich könnte ihn mir mal vorknöpfen. Das, was er hier abzieht, grenzt doch schon an Belästigung.«
»Stalking!«, warf seine Frau ein. »Roman benimmt sich wie ein Stalker. Du musstest seinetwegen sogar Köln verlassen, weil er dir dort auf Schritt und Tritt gefolgt ist, dir vor deiner Wohnung auflauerte und deine Nachbarn über dich ausgefragt hat. Droh ihm doch mal mit einer Anzeige, wenn er dich nicht endlich in Ruhe lässt.«
»Du kannst ihm auch gern mit deinem Vater drohen«, sagte Lothar und machte dabei ein finsteres Gesicht, als wollte er den beiden Frauen am Tisch zeigen, wie ernst es ihm mit seinen Worten war.
»Ach, Papa! Mama!« Ilka schlug einen versöhnlichen Ton an und sah von einem zum anderen. »So schlimm ist er doch gar nicht. Ich gebe zu, dass es ziemlich lästig ist, wenn er ständig anruft oder mich mit Nachrichten bombardiert. Aber deswegen kann ich ihn doch nicht gleich anzeigen. Irgendwann wird er bestimmt von ganz allein damit aufhören, wenn ich nicht darauf eingehe und seine Anrufe weiter ignoriere.«
»Na, ich weiß ja nicht.« Sigrun zweifelte. »Normal ist das jedenfalls nicht mehr, wie er sich verhält. Und dass du das auf die leichte Schulter nimmst, finde ich auch nicht so gut. Wenn dieser Stalker nun …«
»Mama!«, stoppte Ilka sie schnell und ein wenig ungeduldig. Sie hatte eigentlich nur vorgehabt, mit ihren Eltern eine Tasse Kaffee zu trinken, bevor sie zur Dienststelle musste. Dass sich daraus nun eine langwierige Diskussion über Roman entwickelte, gefiel ihr gar nicht. »Roman ist kein Stalker! Bitte nennt ihn nicht so! Er macht doch gar nichts Schlimmes. Er verfolgt mich nicht, und ich werde nicht von ihm bedroht. Und mit seinen Anrufen und Nachrichten ist es ab heute auch vorbei. Ich werde seine Nummer nachher blockieren.«
Lothar räusperte sich vernehmlich. »Darf ich dich daran erinnern, dass du das bereits ein paar Mal gemacht hast? Du blockierst seine Nummer, und nach einigen Tagen ruft er dich unter einer neuen Telefonnummer doch wieder an. Oder er unterdrückt seine Rufnummer und die Anrufe landen wieder bei dir. Findest du sein Verhalten wirklich noch normal? Also ich jedenfalls nicht!«
Nein, auch Ilka fand das nicht normal, und manchmal beunruhigte es sie sogar. Doch das wollte sie ihren Eltern nicht sagen. Sie sollten sich nicht um sie sorgen, wenn ihnen der bevorstehende Arztbesuch schon genug Kummer bereitete.
»Wo bist du denn heute eingeteilt?«, fragte ihr Vater, und sie war ihm für diesen Themenwechsel sehr dankbar.
»In der Isarvorstadt, in der Nähe des Gärtnerplatzes.« Ilka trank ihren Kaffee aus und stand auf. »Solltet ihr da heute unterwegs sein und euer Auto ins Parkverbot stellen, werde ich euch sofort ein Knöllchen verpassen.«
»Du würdest noch nicht mal bei deinen Eltern ein Auge zudrücken?«, rief Sigrun in gespielter Empörung aus.
»Natürlich nicht!«, gab Ilka im gleichen Tonfall zurück. »Ich bin eine sehr vorbildliche und gewissenhafte Politesse!«
Sigrun lachte, doch Lothar sah seine Tochter betrübt an. »Ich weiß, dass dir die Arbeit keine Freude macht, Kleines. Warum tust du dir das überhaupt an? Bleib doch zu Hause, bis deine Stelle in der Stadtverwaltung frei wird. Falls du Geld brauchst, können wir dir …«
»Nein, Paps!«, fiel Ilka ihrem Vater schnell ins Wort. »Ich wohne doch schon kostenfrei bei euch, und dafür bin ich euch wirklich sehr dankbar. Und ich bin auch dankbar, dass mir die Stadt für den Übergang den Job als Politesse angeboten hat. Dass er nicht mein Traumjob ist, stört mich nicht. Er verschafft mir ein Einkommen, und die Arbeit, die ich da leiste, ist wichtig. Die restlichen drei Wochen, bis meine Stelle in der Verwaltung frei wird, werden schnell vergehen.« Ilka sah auf ihre Uhr. »Und nun muss ich wirklich los. Mama, ich drücke dir für deinen Termin bei Dr. Müller ganz fest die Daumen.« Ilka nahm ihren Rucksack auf, winkte ihren Eltern noch einmal zu und lief dann zum Carport, wo ihr Fahrrad stand.
Das Haus ihrer Eltern lag im ruhigen Münchner Umland. Oft fuhr Ilka mit dem Bus nach München rein, weil es so am bequemsten war. Und wenn sie einen Sitzplatz am Fenster erwischte, konnte sie dabei sogar die schöne Aussicht genießen. Doch wenn das Wetter so gut war wie heute, gefiel es ihr, das Rad zu nehmen. Die wenig befahrene Landstraße führte an kleinen Baumgruppen und weitläufigen Wiesen vorbei; und das Panorama alter Tannenwälder und Bergkuppen im Hintergrund bot einen atemberaubenden Anblick und war zu dieser Jahreszeit wunderschön anzusehen. Da nahm Ilka den längeren Anfahrtsweg bis zu ihrer Dienststelle in der Innenstadt gern in Kauf.
Sie erreichte sie noch rechtzeitig vor Arbeitsbeginn. Nach einem kurzen Begrüßungsplausch mit ihren Kollegen zog sie ihre Politessenuniform an, packte ihre Sachen zusammen und startete dann ihren Dienst in der Isarvorstadt.
*
Lothars Anspannung, die er schon seit Tagen spürte, hatte in den letzten Minuten spürbar zugenommen. Seit er mit seiner Frau die Praxis ihres Hausarztes betreten hatte, schlug sein Herz so kräftig, dass er es fast hören konnte. Seine Stirn war nass vom Schweiß und seine Kehle so trocken, dass das Sprechen wehtat.
Die Gedanken kreisten nur noch um das, was der Doktor mit ihnen besprechen wollte. Eigentlich ja nur mit seiner Frau, aber Lothar hatte sich fest vorgenommen, bei Sigrun zu bleiben, damit sie diese Unterredung nicht allein durchstehen musste.
»Lothar, hör auf, dich verrückt zu machen«, raunte sie ihm im Wartezimmer leise zu. Nach dreißig Ehejahren kannte sie ihn so gut, dass sie genau wusste, wie es in ihm aussah. »Es wird schon nichts sein. Ilka meinte das doch auch.«
»Ilka ist Verwaltungsangestellte und keine Ärztin«, erwiderte Lothar nervös. »Was weiß sie denn schon? Außerdem hast du doch selbst die größte Angst. Du müsstest mich deshalb gut verstehen können.«
»Tu ich ja auch, mein Lieber«, sagte Sigrun seufzend. »Aber mir geht es nun mal besser, wenn ich mir immer wieder einrede, dass alles in Ordnung sei.«
Lothar sah die Frau, mit der ihn so viele gemeinsame Jahre verbanden, voller Liebe an. Er ergriff ihre Hand und streichelte sie. »Du hast Recht, mein Liebling. Und Ilka hat auch Recht. Es gibt keinen Grund für Sorgen. Bestimmt hast du nur eine leichte Unpässlichkeit, die sich mit ein paar Vitaminen beheben lässt. Oder du bekommst ein Antibiotikum. Falls du denn überhaupt krank bist.«
Lothar hörte selbst, dass es ihm nicht gelungen war, seine tief sitzenden Zweifel aus dem letzten Satz herauszuhalten. Und noch während er hastig überlegte, wie er Sigrun auf eine bessere Weise Mut machen könnte, wurde sie auch schon aufgerufen. Wie selbstverständlich stand Lothar mit auf. Diesen Gang ins Behandlungszimmer sollte Sigrun nicht allein machen. Zum Glück hatte niemand etwas dagegen einzuwenden. Weder Dr. Müller und schon gar nicht Sigrun, die sichtbar erleichtert war, dass Lothar nicht von ihrer Seite wich.
Dr. Müller bot ihnen die beiden Plätze vor seinem Schreibtisch an und startete mit etwas Smalltalk übers Wetter, bevor er zum eigentlichen Grund für den Besuch seiner Patientin zu sprechen kam.
»Die Werte Ihrer letzten Blutuntersuchung liegen mir jetzt vor. Fast alle sind im Normbereich. Beim Cholesterin müssen wir ein wenig aufpassen, aber damit erzähle ich Ihnen ja nichts Neues. Sorgen mache ich mir wegen Ihrer Leberwerte. Die Transaminasen sind außergewöhnlich hoch und deuten auf eine Erkrankung der Leber hin. Dazu würden auch die Beschwerden, die Sie haben, gut passen.«
»Eine Lebererkrankung?«, fragte Sigrun alarmiert nach. »Meinen Sie eine Hepatitis?«
»Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Es wäre möglich, aber für eine genaue Diagnose sind weitere Untersuchungen nötig.« Dr. Müllers Miene sah bei diesen Worten so ernst aus, dass Lothars Sorgen sofort zunahmen. Und als Sigrun unter dem Tisch nach seiner Hand tastete, wusste er, dass es ihr nicht anders erging.
Er drückte sie sanft und fragte dann den Doktor: »Was passiert denn jetzt? Wie schlimm ist es?«
»Die zweite Frage kann ich Ihnen noch nicht beantworten. Zu Ihrer ersten Frage: Wir werden nun weitere Untersuchungen machen. Dazu ist es auch erforderlich, noch einmal Blut abzunehmen …«
»Kein Problem«, sagte Sigrun. »Ich habe ja genug davon. Und vor einer Nadel fürchte ich mich nicht. Von mir aus können Sie sofort loslegen.«
»Heute wird das leider nichts. Sie müssten morgen noch mal wiederkommen, wenn Sie noch nichts gegessen haben. Aber ich würde jetzt gern eine Ultraschalluntersuchung machen und mir Ihre Leber ansehen. Vielleicht hilft das schon weiter, um herauszufinden, was mit Ihnen los ist.«
Während Dr. Müller mit dem Ultraschallkopf über Sigruns rechten Oberbauch fuhr, saß Lothar auf der anderen Seite der Untersuchungsliege und hielt dabei weiter Sigruns Hand. Er war sich nicht sicher, ob er es zu ihrer oder seiner Beruhigung tat. Sigrun starrte die ganze Zeit auf den Monitor, als könnte sie dadurch dem Geheimnis ihrer Krankheit auf die Spur kommen. Diese Mühe machte sich Lothar nicht. Außer diffuse, seltsam anmutende Gebilde in unterschiedlichen Grautönen war dort nichts zu sehen. Es war ihm seit jeher ein großes Rätsel, wie die Ärzte daraus etwas erkennen wollten. Er wäre dazu ganz sicher nicht in der Lage. Deshalb konzentrierte er sich lieber auf die Miene des Arztes und versuchte, diese zu deuten. Und das machte ihm schon genug Angst. Denn wenn er sich nicht sehr irrte, verhieß Dr. Müllers Gesichtsausdruck nichts Gutes.
Und dessen nächste Worte bestätigten Lothars Vermutung.
»Ihre Leber ist größer, als sie eigentlich sein dürfte. Und sie weist weitere Auffälligkeiten auf, die mir etwas Sorge bereiten.«
»Was ist es denn?«, wisperte Sigrun angstvoll. »Krebs?«