Durch deine Augen - Peter Hoeg - E-Book

Durch deine Augen E-Book

Peter Hoeg

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Beschreibung

Simon hat versucht, sich das Leben zu nehmen. Peter will ihm helfen und nimmt Kontakt mit der Therapeutin Lisa auf. Die drei waren einst Kindergartenfreunde, doch daran kann Lisa sich nicht mehr erinnern. Als Forscherin hat Lisa eine Methode gefunden, wie man das Bewusstsein eines Menschen als Hologramm sichtbar machen kann. So will sie Patienten helfen, wieder in eine echte Beziehung zu anderen zu treten. In ihrem Bemühen, den völlig in sich verschlossenen Simon zu retten, kommen sich Peter und Lisa näher. Auch die verschüttete Kindheit steigt wieder vor Lisa auf. Nach dem Bestseller „Der Susan Effekt“ ein neues Meisterstück von Peter Hoeg über umwerfende menschliche Begegnungen.

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Über das Buch

Simon hat versucht, sich das Leben zu nehmen. Peter will ihm helfen und nimmt Kontakt mit der Therapeutin Lisa auf. Die drei waren einst Kindergartenfreunde, doch daran kann Lisa sich nicht mehr erinnern. Als Forscherin hat Lisa eine Methode gefunden, wie man das Bewusstsein eines Menschen als Hologramm sichtbar machen kann. So will sie Patienten helfen, wieder in eine echte Beziehung zu anderen zu treten. In ihrem Bemühen, den völlig in sich verschlossenen Simon zu retten, kommen sich Peter und Lisa näher. Auch die verschüttete Kindheit steigt wieder vor Lisa auf. Nach dem Bestseller »Der Susan Effekt« ein neues Meisterstück von Peter Hoeg über umwerfende menschliche Begegnungen.

Peter Høeg

Durch deine Augen

Roman

Aus dem Dänischen von Peter Urban-Halle

Carl Hanser Verlag

ERSTER TEIL

ERSTMALS HÖRTE ICH von der Klinik, als ich Simon, meinen Pflegebruder, nach seinem ersten Selbstmordversuch im Krankenhaus von Nykøbing auf Seeland besuchte.

Er hatte ein Einzelzimmer, und als ich hereinkam, saß er in seinem Bett und hatte das weiße Krankenhaus-T-Shirt an, sein Kopf wirkte sehr groß.

Er sah aus wie ein zweijähriges Kind.

Seine Mutter hatte mir mal erzählt, es sei eine schwierige Geburt gewesen, vor allem wegen des Kopfes.

Jetzt erschien sein Kopf noch größer als sonst.

Simon hatte Frau und Kinder und ein halbes Leben hinter sich, als ich ihn dort besuchte. Er hatte einen Körper, den man durchtrainiert nennen könnte, er stemmte Gewichte und joggte. Und eine Persönlichkeit, die viele als charmant und energisch bezeichneten.

Aber in dieser Situation hier im Krankenhaus schienen das ganze Training und die Persönlichkeit nur Schalen zu sein, die das beschützen sollten, was er wirklich war. Ein kleines Kind.

Wir unterhielten uns mit gedämpfter Stimme. Über die letzten Tage, woran er sich so erinnerte; viel kam dabei nicht heraus. Er hatte zwei Flaschen Schnaps geleert, ein Glas mit hundert Paracetamol in sich hineingeschüttet und sich dann ins Auto gesetzt.

Er sprach mit stiller Würde, wie unter Schock.

Dabei waren wir uns so nahe wie damals als Kinder.

Und da verstand ich plötzlich etwas. Formulieren konnte ich es noch nicht, das kam erst später, das Verständnis war eher physisch: Dass seine Tat einen Sinn hatte. Dass der Selbstmordversuch der Versuch des Kindes war, seine Schalen zu sprengen, um mit der Welt in Kontakt zu kommen. Und dass es entscheidend war, dass das Kind nicht wieder eingesperrt wurde.

Denn wäre das der Fall, käme noch ein Versuch. Der erfolgreich wäre.

Nach einer halben Stunde kam eine Krankenschwester und sagte, er brauche jetzt Ruhe.

Sie ging mit mir den Flur entlang.

»Er hat Glück gehabt«, sagte sie.

Irgendwie eine überraschende Aussage, fand ich. Über jemanden, der versucht hatte, sich das Leben zu nehmen.

»Er hat die Tabletten und den Alkohol überlebt. Und den Verkehrsunfall. Laut Polizei hätten Zeugen erzählt, er sei eine Böschung runtergefahren, das Auto habe sich überschlagen, sei durch eine Hecke gebrochen, auf ein Feld gerast und dann wieder auf die Straße. Das hat er lebend überstanden. Und das Paracetamol. Normalerweise hat man einen lebenslangen Leberschaden bei einer solchen Menge im Blut, man kann sogar sterben davon. Aber auch das scheint er zu schaffen. Ein Risiko besteht immer noch. Aber wir glauben, er kommt durch. Insofern ist er dem Tod dreimal von der Schippe gesprungen. Er hat Glück gehabt.«

WIR SIND IN Christianshavn aufgewachsen, damals war es noch ein Armenviertel.

Ich war fünf Jahre alt und er vier, als ich ihn zum ersten Mal sah, auf dem Platz hinter der Christianskirche. Meine Mutter ging oft mit mir dahin, es gab dort Sandkästen, Bänke, wilden Wein und Sonne auf den grauen Mauern. Und es war sehr still.

Dort sah ich ihn zum ersten Mal, wie gesagt.

Bei manchen Menschen, die eine wichtige Rolle in unserm Leben spielen, erinnern wir uns sehr genau an die erste Begegnung. Vielleicht weil der erste Blick besonders durchdringend sein kann. Vielleicht weil wir nichts erwarten und keine gemeinsame Geschichte haben und die Begegnung daher ganz »rein« sein und etwas geschehen kann, für das es kein Wort gibt.

Ich erinnere mich an seine Wangen, wie sie rot wurden. Sein kurz geschorenes Haar. Den Blick, mit dem er mich und meine Mutter anschaute, achtsam und offen zugleich.

Wir spielten zusammen, irgendwann muss meiner Mutter aufgefallen sein, dass er mit seiner Schwester allein da war. Zwei Kinder von vier und zwei Jahren, allein.

Wir begleiteten sie nach Hause, und obwohl meine Mutter nichts sagte, merkte ich, dass sie besorgt war.

Sie wohnten in einem dunklen Hinterhof in der Wildersgade, ihre Mutter machte die Tür auf, meine Mutter bekam einen kleinen Schock.

Von da an sahen wir uns, so oft es ging, häufig kam er zu uns und hatte seine Schwester dabei, Maria.

Ab und zu durften sie bei uns übernachten, wenn wir darum baten. Meine Mutter hatte nichts dagegen, dann ging sie in die Wildersgade, um die Erlaubnis ihrer Mutter einzuholen, sie hatte kein Telefon.

Sie war allein mit den Kindern, nachts ging sie putzen, und tagsüber schlief sie meistens, die Nachbarn sahen nach den Kindern.

Manchmal wollte meine Mutter sie nicht wecken, dann ließ sie nur einen Zettel da.

Simon schlief bei mir im Bett, Maria auf einer Matratze auf dem Boden. Er legte sie mit großer Sorgfalt hin, obwohl er doch selber noch so klein war. Wenn meine Mutter gute Nacht gesagt und das Licht gelöscht und die Tür geschlossen hatte, setzte er sich zu ihr. Sie hatte eine Stoffpuppe, die sie immer bei sich hatte, er sprach mit der Puppe und zog Marias Decke zurecht, und immer sagte er zuletzt: »Ich liege genau neben dir.«

Dann legte er sich zu mir, und wir unterhielten uns leise im Dunkeln.

Irgendwann wurden die Pausen zwischen seinen geflüsterten Worten länger, und dann kam der Augenblick, immer beim Ausatmen, in dem er in den Schlaf hinüberglitt.

Dann lag ich im Dunkeln und hatte das Gefühl, auf ihn aufpassen zu müssen. Als wäre er mein kleiner Bruder.

Er passte auf Maria auf. Maria passte auf ihre Puppe auf. Ich versuchte, auf ihn aufzupassen. Meine Eltern versuchten, auf mich aufzupassen. Seine Mutter tat es auch. Und die Nachbarn.

So ist diese Welt auch. Sie ist nicht nur Krieg und Gier und Ausrottung der Arten. Sie besteht auch aus Ketten von Menschen, die aufeinander aufpassen.

Am nächsten Tag besuchte ich ihn wieder im Krankenhaus.

Da hatte er schon angefangen, sich zurückzuziehen.

»Gestern«, sagte ich, »war’s wie in unserer Kindheit, wir waren wieder am Anfang. War es für dich auch so?«

»Ja«, sagte er, »nein, vielleicht.«

Dieselbe Schwester wie am Tag zuvor beendete unser Gespräch, sie machte die Tür zum Krankenzimmer zu, wir blieben draußen noch etwas stehen.

»Wir sind zusammen aufgewachsen«, sagte ich. »Irgendwann ist der Kontakt abgerissen. Jetzt haben wir uns wiedergesehen. Ich wünschte, ich könnte in ihn hineintreten und auf bestimmte Dinge zeigen und sagen: Das und das und das, das darfst du nicht vergessen.«

»Ich hab das schon mal erlebt«, sagte sie. »Ich sah einen Menschen, der auf diese Weise auf etwas hinwies, innerlich. Ich machte ein Praktikum, eine Woche nur, ich kann mich an den Namen der Einrichtung nicht mehr genau erinnern, jedenfalls wurde sie die Klinik am Ende der Straße genannt. Sie liegt südlich von Aarhus, am Wasser, sie gehört zur Universitätsklinik. Die Telefonnummer hab ich noch.«

An der Art, wie sie es sagte, erkannte ich, dass ihr Hinweis folgenschwer sein würde.

Sie ging die Telefonnummer holen.

»Die Leiterin heißt Lisa«, sagte sie.

Schon bevor sie ihn genannt hatte, war mir klar, wie der Name lauten würde.

ÜBER DIE TELEFONNUMMER bekam ich auch die Adresse heraus, es war gleich nördlich des Moesgård-Museums bei Aarhus, in einem Gebäude, das mehrere Institute der medizinischen Fakultät beherbergte, neben der Nummer stand »Institut für neuropsychologische Bildgebung«.

Ich rief an und hatte ein ziemlich junges Mädchen am Apparat.

»Individuelle Termine sind leider nicht vorgesehen«, sagte sie.

Ich wartete. Ich wusste, dass mich das Schicksal ans Ziel bringen würde.

»Alle sechs Monate haben wir einen Tag der offenen Tür«, sagte sie. »Der nächste ist am Mittwoch.«

Von der Hauptstraße zwischen Aarhus und Odder musste man abbiegen und einige Kilometer durch dichten Wald und Moränenhügel fahren. Dann öffnete sich die Landschaft zum Wasser hin, der große graue Betonbau lag an einem Hang, der zum Strand hinunterführte.

Ein Ort, der nicht dazu gedacht war, Gäste zu empfangen, das sah man, er war eher introvertiert, eine Forschungseinrichtung eben.

Hinweisschilder gab es nicht. Am Haupteingang saß ein Wachmann hinter einem Schalter. Hinter ihm erstreckte sich ein langer Flur, in dem Türen zu Büros und Laboren offen standen. Ich sagte ihm, ich würde die Abteilung für neuropsychologische Bildgebung suchen. Er betrachtete mich eingehend und nachdenklich.

»Das sind die süßen Mädels im Keller«, sagte er.

Irgendetwas in seinem Tonfall konnte ich nicht entschlüsseln, es war eine Mischung aus Humor, Freundlichkeit und Wachsamkeit.

Ich ging um das Gebäude herum. Weil es an einem Abhang lag, musste man, wenn man von der Straße kam, eine Treppe hinuntergehen, um ins unterste Stockwerk zu gelangen. Als wäre es ein tief gelegener Keller. Aber durch die Hanglage befanden sich die Fenster der Abteilung auf Parterreniveau.

Eine Frau im weißen Kittel öffnete die Tür. Sie gab mir die Hand und sagte, sie heiße Lisa.

Es dauerte ein wenig, ehe ich reagieren konnte, sie wartete geduldig. Dann gab ich ihr die Hand und nannte meinen Namen. In ihrem Gesicht zeigten sich keinerlei Anzeichen dafür, dass sie mich erkannte.

Sie sah aus wie damals, als ich sie zum letzten Mal gesehen hatte. Da waren wir sieben Jahre alt.

Das kann natürlich nicht stimmen, aber so erlebte ich es. Dass sie immer noch dieselbe war.

Ich hatte das schon mal gesehen, auf Kinderbildern von Menschen, die ich nur als Erwachsene kannte. Dass es sich ganz deutlich um denselben Menschen handelte, damals wie heute. Als bestünde die sogenannte Entwicklung vor allem in der Entfaltung dessen, was wir schon mitbringen, wenn wir zur Welt kommen.

Oder darin, dass wir nicht die Möglichkeit bekommen, es zu entfalten.

Sie wies immer noch die gleiche seltene Kombination auf: hellblonde Haare, so hell, dass sie beinahe weiß waren, und eine von der Sonne tief gebräunte Haut.

Ich dachte, sie muss sich viel unter freiem Himmel aufhalten.

Später fand ich heraus, dass sie sehr viel arbeitete, das heißt, die einzige Zeit, in der sie Sonne abbekam, waren die zwanzig Minuten Mittagspause mit ihren Assistenten draußen vor der Tür.

Sie hatte ihr Haar hochgesteckt. Vom Haaransatz quer über die Stirn und die linke Schläfe verlief eine Narbe.

Wir waren acht Zuhörer, wir sollten uns vorstellen, es waren ein Arzt, eine Psychologin, zwei Studentinnen, zwei Rentner, ein Lehrer und ich.

Wir saßen auf Stühlen, die an der einen Wand aufgereiht waren. Durch große Fenster blickten wir aufs Wasser.

Wegen des starken Gefälles des Grundstücks waren die Wände auffällig hoch, mindestens sechs Meter, man hätte problemlos eine Zwischendecke einziehen können.

Auf den Armlehnen unserer Stühle war jeweils ein kleines Tablett befestigt, auf dem so etwas wie eine Lesebrille mit dünnem Gestell lag.

In der Mitte des Raums standen, einander zugewandt, drei Stühle, auf einem saß eine Art Schaufensterpuppe.

Sie trug einen weißen Kittel. Der obere Teil des Kopfes steckte in einem Ding, das an die Trockenhauben beim Friseur erinnerte.

Über dem Stuhl mit der Puppe waren dicke Plastikröhren angebracht, sie bildeten einen Kreis von knapp zwei Metern Durchmesser.

Lisa drückte auf einen Schalter, draußen vor den Fenstern glitten Rollläden herunter, kurz darauf innen Verdunklungsvorhänge. Von beiden Seiten des Raums schob sich eine Wand vor die Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichte. Die Wand war dick, vielleicht dreißig Zentimeter; als die beiden Hälften sich trafen, ging ein Deckenlicht an.

Sie ging zu dem Stuhl mit der Puppe und zeigte auf die Plastikröhren.

»Das ist ein MRT-Scanner.«

Sie legte ihre Hand auf die Haube.

»EEG. Das misst die Hirnströme. Der Patient sitzt auf dem Stuhl, auf dem jetzt die Puppe sitzt.«

Sie berührte die Tastatur eines Rechners, der neben ihrem Stuhl stand, das Licht wurde gedämpft.

»Ich möchte Sie bitten, die Brille aufzusetzen.«

Wir setzten sie auf. In der Fassung war Fensterglas, visuell veränderte sich nichts. Außer dass in beiden Gläsern direkt vor der Pupille eine winzige schwarze Perle oder Glaskugel eingelassen war, kleiner als ein Stecknadelkopf.

»Die Brillen haben eine Art 3-D-Effekt.«

In der Dunkelheit tauchte auf dem einen leeren Stuhl neben der Puppe eine Gestalt auf, eine Gestalt aus blauweißem Licht.

»Wir sammeln die Ergebnisse der Scannings, bearbeiten sie, interpretieren sie graphisch und schicken sie durch einen holographischen Projektor. Was wir jetzt sehen, ist eine Filmaufnahme.«

Es war ein unbekleideter Mann, Geschlecht und Gesicht waren unscharf, anonymisiert, der Rest der Gestalt war lebensecht. Unter der fast durchsichtigen Hautoberfläche erkannte man die inneren Organe, dahinter ahnte man das Skelett. Auch den Schädel, unter den Schädelplatten das Gehirn.

Sie berührte eine Taste.

»Das MRT-Scanning liefert fünfzig Schnittbilder pro Sekunde. Dann fügen wir das EEG hinzu, das die Hirnströme misst. Den verschiedenen Amplituden ordnen wir Farben zu.«

Im Kopf der Lichtfigur und drum herum erschien ein pulsierendes Farbenspiel.

»Jetzt fügen wir die Messungen der elektromagnetischen Aktivität inner- und außerhalb des Körpers hinzu.«

Farbige Muster sprangen durch und um den ganzen Körper herum.

»Wir messen Puls, Blutdruck und die Leitfähigkeit der Haut. Und geben diesen Messungen eine visuelle Form und eine Farbe.«

Das Farbenspiel und die Bewegungen rund um den blauen Körper verdichteten sich. Wir saßen vor einem Menschen aus Licht, der von pulsierenden Regenbogenfarben umgeben war.

»Der Patient auf dem Stuhl, auf dem jetzt die Puppe sitzt, sieht sich auf diese Weise der dreidimensionalen Karte seines eigenen biologischen Systems gegenüber, von Sekunde zu Sekunde aktualisiert. Jeweils für sich werden diese Scannings und Messungen in den meisten großen Krankenhäusern vorgenommen, jeden Tag. Alles, was wir gemacht haben, ist zunächst einmal, sie zusammenzusetzen, sie graphisch zu deuten und durch einen holographischen Projektor zu schicken.«

Sie ging auf die Lichtgestalt zu.

»Der Patient, den wir hier gefilmt haben, hatte vor drei Jahren einen schweren Unfall. Seitdem konnte er nicht mehr arbeiten. Er wurde psychiatrisch und neurologisch untersucht. Es wurde nichts gefunden. Er sagt, sein Körper habe nach dem Unfall Lähmungserscheinungen, sobald er sich in Situationen befinde, in denen er Verantwortung für andere habe. Dass er seinen Körper als grau und kraftlos erlebe. Diese Erfahrung speisen wir in das Hologramm ein.«

Sie berührte die Tasten, die Muskulatur der Lichtgestalt färbte sich schwach gräulich.

»Weiter erzählt er, dass er in solchen Situationen den Kontakt zum Brustbereich und dem physischen Herzen verliere. Auch das bilden wir ab.«

Sie berührte eine Taste, Brustbereich und Herz der Figur verengten sich.

»Er sagt, seine Gedanken entzögen ihm die Macht.«

Die wogenden Farben rund um den Kopf und abwärts durch den Körper veränderten ihren Charakter.

»Wir arbeiten hier an etwas, was die Medizin nie zuvor gemacht hat: Wir sind dabei, ein Gespräch einzuleiten, und zwar zwischen dem, wie der Patient sich selbst erlebt, und dem, was unsere Messinstrumente von seiner Biologie registrieren. Wenn er die Empfindung eines inneren Chaos beschreibt, wenn er sich die Erinnerungen daran zurückruft, wo dieses Chaos stattfand, dann können wir sehen, dass sich das Muster der Hirnströme verändert. Dass sich der Stoffwechsel ändert. Dass der Herzrhythmus anders wird, der Blutdruck, die Hormonproduktion, die Leitfähigkeit der Haut. Wir wissen nicht, warum das so ist. Aber indem wir diesen messbaren Veränderungen einen graphischen Ausdruck geben, dieses Lichtdisplay, und es entsprechend den Erfahrungen der Patienten farblich tönen, erschaffen sie selber, mit unserer Hilfe, eine Karte, mit der sie tiefer in sich selbst hineinschauen können, als es ihnen sonst möglich gewesen wäre. Indem sie dem dreidimensionalen Bild von sich selbst gegenübersitzen, können sie, gemeinsam mit uns, diese Karte betreten. So fühlt es sich an. Als fingen Körper und Bewusstsein an, durchsichtig zu werden. Zugänglich.«

Sie stellte sich hinter die Lichtfigur.

»Dieser Patient hat zwei schwere Unfälle gehabt. Im Abstand von einigen Jahren. Die Muster, die wir bei beiden Unfällen messen, deuten darauf hin, dass es zwischen ihnen einen engen Zusammenhang gibt. Das haben wir dem Gerät zu verdanken. Wir können Zusammenhänge und Wiederholungen erkennen, wir können Muster erkennen. Bevor sie zum Bewusstsein vordringen. Muster, zu denen vorzudringen es einer langjährigen Therapie bedurft hätte. Die womöglich nie entdeckt worden wären. Nun werden wir ihm helfen können, einige dieser Schäden zu bemerken, loszulassen und auf diese Weise loszuwerden. Traumata sind nichts, was irgendwann einmal geschah. Sie sind etwas, das wir festhalten, jetzt, jede Sekunde.«

Sie schaltete den Projektor aus, er erlosch allmählich, die blaue Gestalt löste sich langsam auf und verschwand, der Raum wurde schwarz.

Sie ließ die Dunkelheit andauern, vielleicht eine Minute.

Nicht um einen bestimmten Effekt zu erreichen. Sondern um uns Zeit zu geben, in die gewöhnliche, äußere Wirklichkeit zurückzukehren.

Nach und nach wurde es heller im Raum, wie nach einer Kinovorstellung. Die beiden Wandhälften glitten zur Seite, auch die Verdunklung und die Rollläden gingen wieder auf. Man konnte wieder das Meer sehen.

»Wer kann es ertragen, so eine Karte von sich zu sehen?«

Es war der Arzt, der die Frage stellte.

»Wenige. Für viele, die in der Psychiatrie gelandet sind, ist das Leid so tief und die Persönlichkeit so fragil, dass es nicht darum geht, eine Tür nach innen zu öffnen. Sondern darum, das Innere bestmöglich zuzudecken. Und die meisten anderen sind nicht daran interessiert, sich selbst zu begegnen.«

»Warum nicht?«

Sie überlegte ihre Antwort sehr sorgfältig.

»Unsere Welt ist ein Strom, der sich fünfhundert Jahre lang nach außen bewegt hat. Jeder Schritt nach innen ist ein Schritt gegen den Strom.«

Die Zuhörer erhoben sich einer nach dem anderen, sie gaben ihr alle die Hand.

Ich war der Letzte.

»Ich habe einen Pflegebruder«, sagte ich. »Er hat versucht, sich das Leben zu nehmen. Ich befürchte, er wird es noch einmal versuchen, und dann wird es klappen. Es ist etwas in ihm, das nicht sterben will. Sie könnten ihm behilflich sein, es hervorzuholen.«

Sie schüttelte den Kopf.

»Wir haben mehrere Jahre Wartezeit. Man muss vom Hausarzt in die Psychiatrie oder ins Zentrum für funktionelle Leiden überwiesen werden und von dort weiter zu uns. Selbst dann haben letztlich nur die wenigsten den Mut dazu.«

»Ich habe Angst, dass er stirbt.«

Sie hielt mir die Tür auf.

»Wir haben zu wenig Ressourcen. Danke, dass Sie da waren.«

In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Gegen vier Uhr morgens stand ich auf und setzte mich ins Auto. Zu dieser Stunde waren die Straßen leer. Um fünf war ich am Institut, auf dem Weg von der Hauptstraße zum Gebäude fuhr ich an einem schwarzen Kastenwagen vorbei, der ohne Licht am Straßenrand hielt.

Ich nahm eine Decke aus dem Auto mit, lehnte mich mit dem Rücken an die Glasscheiben und sah die Sonne über der Bucht aufgehen.

Der Wachmann, den ich gestern am Empfang gesehen hatte, kam am Gebäude entlang auf mich zu. Ich erklärte ihm, was ich hier wollte, er fragte mich nach meinen Papieren, ich zeigte ihm meinen Führerschein, und er ließ mich sitzen.

Kurz darauf kamen zwei Polizeibeamte, auch ihnen gegenüber wies ich mich aus, auch sie ließen mich sitzen.

Lisa kam eine Stunde später. Sie blieb einen Moment vor mir stehen und sah mich an, dann setzte sie sich neben mich.

So saßen wir vielleicht fünf Minuten, für zwei Fremde ist es ungewöhnlich, so lange zu schweigen.

Für sie war ich ein Fremder.

»Sie haben noch ein anderes Motiv«, sagte sie, »als nur Ihren Bruder.«

Sie suchte keine Konfrontation. Sie konstatierte lediglich eine Tatsache, wie sie sie sah. Als wäre ich durchsichtig, wie die Lichtgestalt von gestern.

Aus irgendeinem Grund wusste ich: Wenn ich jetzt nicht richtig antwortete, wären sie und dieser Ort hier für mich für immer verschlossen.

»Es gibt etwas, wonach ich immer gesucht habe«, sagte ich. »Ich habe nach wirklichen Begegnungen gesucht. Zwischen Menschen. Sie sind sehr selten. Und sehr kurz, oft bemerken wir nicht einmal, dass sie gerade stattfinden. Wir wissen nicht, was wir tun müssen, damit sie sich wiederholen. Die ersten solcher Begegnungen erlebte ich, als ich klein war. Zuerst mit Simon, meinem Pflegebruder. Und dann mit einem andern Kind, einem Mädchen, im Kindergarten.«

Sie stand langsam auf.

»Ich habe mit einigen großen Therapeuten gearbeitet«, sagte sie. »Während meiner Ausbildung. Psychiatern und Psychologen. Hier und im Ausland. Menschen, bei denen insgesamt 50.000 Patienten in Therapie waren. Ich habe ihnen allen dieselbe Frage gestellt: Warum kommen die Menschen zu Ihnen? Was ist der Grund ihres Leidens? Sie antworteten, dass die Patienten alle das Gleiche sagen. Dass sie keinen wirklichen Kontakt erleben. Ich habe diese Klinik aufgebaut, um herauszufinden, was sich zwischen die Menschen stellt. Was der Begegnung im Wege steht. Was nötig ist, damit Menschen einander sehen.«

Sie schloss die Tür auf.

»In einer Woche haben wir eine Therapiesitzung. Können Sie kommen?«

Sie stellte die Frage wie nebenbei. Es war wieder ein Test. Fiel ich durch, hätte ich sie zum letzten Mal gesehen.

Ich nickte.

Als ich vom Parkplatz fuhr, sah ich wieder die Polizeibeamten.

ICH WOHNE IN der Nähe der Mutter meiner Kinder.

An dem Abend klopfte ich bei ihr an, es wurde schon dunkel.

Sie warf mir einen Blick zu, dann trat sie zur Seite, sie hatte die unausgesprochene Frage in meinen Augen gelesen, ob ich die Mädchen kurz sehen dürfe.

»Sie schlafen«, sagte sie.

Ich trat ins Kinderzimmer und setzte mich auf einen Stuhl neben ihrem Bett. Ich lauschte ihren Atemzügen.

Wir schreien und atmen ein, wenn wir geboren werden, und atmen aus beim Sterben. Die Atemzüge bilden das feine Netz, das alle Lebensereignisse verbindet.

Die Jüngere hatte nicht geschrien, als sie zur Welt kam, die Geburt war sehr still gewesen, sehr ruhig, sie war sanft herausgeglitten, die Hebamme hatte sie auf ein warmes Handtuch gelegt, dann war sie eingeschlafen. Ohne den üblichen Schrei.

Ihre Mutter setzte sich neben mich. So verharrten wir ein Weilchen, ohne ein Wort zu sagen.

Die Jüngere lachte im Schlaf. Ein perlendes, herzliches Lachen. Wie Bläschen, die in einem moussierenden Wein nach oben steigen.

Es geschah oft, sicher einmal die Woche.

Sie war fünf Jahre alt, sie hatte immer im Schlaf gelacht.

Außer während der Scheidung. Ein Jahr lang hatte sie im Schlaf nicht gelacht.

Dann kam es wieder.

Es musste eine tiefe Freude sein, dachte ich. Trotz allem, was sie erlebt hatte, musste eine tiefe Freude in ihr sein, da sie doch so oft im Schlaf zum Ausdruck kam.

Wir gingen ins Wohnzimmer. Die Mutter der Mädchen ist Juristin, sie arbeitet für die dänische Reichspolizei, sie hat mit der Dokumentation von Kriegsverbrechen zu tun. Sie unterliegt strengster Schweigepflicht, deshalb kam es nur selten vor, dass ich sie nach etwas fragte, was mit ihrer Arbeit zu tun hatte.

»Ich versuche, Simon in einer Art Therapie unterzubringen«, sagte ich. »In einer Einrichtung mit Verbindung zur Universität. Sie liegt nördlich vom Moesgård-Museum, am Wasser. Da patrouilliert regelmäßig die Polizei. Ist das normal für Uni-Institutionen?«

Sie reichte mir einen Block und einen Bleistift. Ich schrieb die Adresse auf.

Im Flur blieben wir stehen.

»Wenn wir uns schon als Kinder kennengelernt und uns dreißig Jahr nicht gesehen hätten«, sagte ich, »würdest du mich wiedererkennen?«

Sie nickte, ohne zu zögern.

AM FOLGENDEN MITTWOCH kam ich eine Viertelstunde vor dem Termin, zu dem Lisa mich bestellt hatte.

Sie war mit drei jungen Assistenten da, einem Mann und zwei Frauen. Sie halfen mir in einen grünen Kittel, eine Art OP-Kittel, aber etwas schwerer. Meine Haare bedeckten sie mit einer Haube aus dem gleichen Stoff.

»Wir tragen den gleichen Kittel wie der Patient«, sagte sie. »Die Elektronik ist sehr empfindlich. Die Kittel sind sterilisiert und enthalten Messgeräte, damit wir die Scanningbilder korrigieren können, wenn unsere Körper irgendwelche Störungen aussenden.«

Ein älterer Mann betrat den Raum. Lisa stellte uns vor, sein Name war Villiam. Ich erkannte den mageren, drahtigen Körper der Lichtgestalt.

Ich merkte, dass sie ihm von mir erzählt und er meiner Anwesenheit zugestimmt hatte.

Ihm wurde der Kittel übergestreift, um das Handgelenk wurde ihm ein Blutdruckmesser geschnallt, und ihm wurde ein Handschuh angezogen, der vermutlich einen Feuchtigkeitsmesser enthielt. Er nahm auf dem Stuhl Platz, Lisa setzte sich ihm gegenüber, die Assistenten und ich saßen an der Wand. Rollläden, Vorhänge und die beiden Wandhälften schlossen sich.

Wir setzten unsre Brillen auf. Sie waren sehr leicht.

Lisa bediente eine Tastatur, die auf einem Tischchen neben ihr angebracht war. Sie musste den Projektor eingeschaltet haben, denn auf dem dritten Stuhl, neben dem Patienten, erschien das Scanningbild, als wäre es außerhalb von uns selbst. Zuerst rein, blau, dann kamen die übrigen Scannings dazu, die regenbogenfarbenen Wiedergaben der Hirnströme und die fließenden elektromagnetischen Felder.

Sie fragte, wie es ihm gehe. Sie bat ihn, tief einzuatmen, es sah aus, als wären sie beide in ein Gespräch mit einer dritten Person vertieft, die ganz aus Licht bestand.

»Ist es möglich, an den zweiten Unfall zu denken«, fragte sie.

»Ich wurde von einem Pferd getreten. Ich bin vorher ein wenig getrabt, ich verstand ein bisschen was von Pferden. Ich wollte nicht wieder fischen gehen, nach dem ersten Unfall. Also habe ich mich um Pferde gekümmert. Irgendwann in der Box hat das Pferd ausgeschlagen. Ich striegele es gerade und stehe hinter ihm. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich liege fünf Tage im Koma, alle sind sicher, dass ich sterben würde.«

Die Lichtgestalt trübte sich ein. Die linke Seite zog sich zusammen.

Lisa zeigte darauf.

»Ja«, sagte er. »Jetzt kommt es. Wenn ich davon erzähle, geht’s los, ich habe Schwierigkeiten, meinen Körper zu spüren.«

»Von den fünf Tagen — wissen Sie da noch irgendetwas?«

Er schaute vor sich hin. Sein Blick wurde leer, sah ich, während er versuchte, in sein Inneres zu sehen. Er schüttelte den Kopf.

Sie wies auf die Lichtgestalt.

»Schauen Sie mal, die Farben auf der Rückseite des Kopfes. Das haben wir beide schon mal gesehen. Wenn Sie sich einer Sache nähern, deren Erinnerung schwer oder unangenehm ist, entsteht dieses Muster. Zum Beispiel, wenn Sie von der Sekunde vor dem Unfall berichten. Oder jetzt vom Koma.«

Er sah auf das Hologramm. Und zugleich in sich hinein. In die Vergangenheit. Er schüttelte den Kopf.

»Ich war in tiefer Bewusstlosigkeit. Aber da ist was … da kommt was …«

Er stand langsam auf. Es war klar, was er wollte. Er wollte das Hologramm anfassen, um ihm mehr Informationen zu entlocken. Er streckte die Hände aus, sie glitten durchs Licht.

Das ließ ihn wieder zu sich kommen.

»Wir machen eine Pause«, sagte sie.

Er setzte sich hin, sie rückte ihren Stuhl zu ihm heran und legte ihm die Hand auf den Arm.

Die Lichtgestalt verblasste, es wurde dunkel. Das elektrische Licht flammte auf und wurde stärker, Wand, Läden und Vorhänge gingen auf.

»Bleiben Sie sitzen. Man wird Ihnen etwas zu essen geben.«

Sie erhob sich und nickte mir zu, ich folgte ihr in ihr Büro.

Sie stellte den Wasserkocher an, schüttete aus einer Blechdose ein grünes Pulver in zwei Trinkschälchen, goss kaltes, dann heißes Wasser hinein, schlug das Pulver mit einem Gerät, das einem Rasierpinsel ähnelte, zu einem grünen Schaum auf. Sie goss noch Wasser nach, schlug nochmals auf und reichte mir die Schale. Ich wusste, was das war, es war grüner Tee. Sie hatte ihn mir schon gegeben, als ich ihn zum ersten Mal probiert hatte — vor dreißig Jahren.

»Er ist ganz nahe dran«, sagte sie. »Es wird es von selber an die Bewusstseinsoberfläche schaffen, kann nicht mehr lange dauern.«

Durch den Dampf, der aus den Schalen aufstieg, sahen wir uns an.

»Wir sind zusammen in den Kindergarten gegangen«, sagte ich. »Du und ich. Und mein Pflegebruder Simon. In den Kindergarten der Carlsberg Brauereien in Valby.«

Sie rührte sich nicht. Mir kamen Zweifel, ob sie mich überhaupt gehört hatte.

»Es gab einen Autounfall«, sagte sie. »Als ich sieben war. Das Auto kam aus einer Seitenstraße. Meine Eltern kamen beide ums Leben. Ich saß hinten. Ich erinnere mich an nichts, was vor dem Unfall lag. Sämtliche Erinnerungen an die ersten sieben Jahre sind wie ausgelöscht.«

Ich versuchte, mir das Ausmaß ihres Verlustes vorzustellen. Es war unmöglich. Es war, als stünde ich vor einem großen dunklen Kontinent.

»Wir sind oft bei dir gewesen«, sagte ich. »Simon und ich. Im Kindergarten haben wir zusammen gespielt. Jeden Tag.«

Wir schwiegen wieder und warteten. Ihre Hände spielten mit einer Schachtel aus schwarzem Karton.

»Wie waren meine Eltern?«

Ich entschied mich, die Wahrheit zu sagen.

»Sie waren so, dass man sie am liebsten selber als Eltern gehabt hätte. Alle Kinder, die bei euch zu Besuch waren, haben sich das gewünscht.«

Sie stellte die Trinkschale ab.

»Villiam kommt morgen, zur selben Zeit, kannst du da sein?«

Das war eine Bedingung. Wenn sie Simon irgendwann helfen sollte, musste ich Bedingungen annehmen, die ich noch nicht genau kannte.

Ich nickte.

DER NÄCHSTE TAG begann ohne einleitende Fragen. Als ich ankam, saß Villiam schon auf dem Stuhl, wir bekamen unsere Kittel, setzten unsre Brillen auf, die Scanner wurden angeschaltet, das Hologramm kam zum Vorschein.

»Erzählen Sie uns von Ihrem ersten Unfall«, sagte sie, »wie Sie von dem Schiff überfahren wurden.«

»Ich hatte einen Trawler, ganz neue Motoren, sie schnurrten wie eine Katze, wir waren auf dem Weg in die Barentssee.«

Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Als hätte er einen Entschluss gefasst.

»Es herrscht dichter Nebel, der Küstenfrachter taucht aus dem Nebel auf, wir haben keine Chance. Er drückt unsre Steuerbordseite ein, wir sind vier an Bord, die drei andern schlafen unten, genau da, wo wir gerammt wurden, ich bin sicher, sie sind tot. Aber dann kommen sie an Deck, und wir flüchten uns ins Rettungsboot. Das Schiff sinkt in weniger als zehn Minuten. Der Küstenfrachter dreht bei und sammelt uns ein. Wir werden gut behandelt. Aber er ist in Panama registriert. Die Versicherung zahlt keine Öre. Ich verliere alles. Mit drei kleinen Kindern. Auf der Brücke sehe ich seinen Radar. Er reicht nicht weiter als sechzehn Seemeilen. Mit so einer Ausrüstung hätte ich nie den Hafen verlassen.«

Seine Stimme war tonlos.

»Als der Küstenfrachter aus dem Nebel auftaucht und Sie rammt, was spüren Sie da?«

Er schaute zurück in die Zeit.

»Die Vibrationen. Kurz bevor ich ihn sehe, spüre ich die Vibrationen seiner Motoren.«

»Und dann sehen Sie das Schiff.«

»Es türmt sich über uns auf. Ich denke an nichts.«

»Doch«, sagte sie. »Und Sie können sich daran erinnern.«

Ihre Worte waren sanft und unerbittlich zugleich. Die Lichtfigur trübte sich noch mehr ein, ihre linke Seite zog sich zusammen.

»Ich denke an meine Leute. Dass sie jetzt umkommen. Weil ich nicht auf sie aufgepasst habe.«

»Weiter«, sagte sie.

Sie drängte ihn zurück. Gewissermaßen ihm selbst entgegen.

Sein Gesicht zog sich zusammen. Er näherte sich einer Erinnerung, die wehtat.

»An die Kleinen zu Hause. Ich sehe sie vor mir. Die Kinder. Ich denke, jetzt ertrinke ich und lasse sie im Stich.«

Ich sah die Bilder des Zusammenstoßes vor meinen Augen, als wäre ich selbst dabei gewesen. Als wäre ich dabei, als geschähe das alles jetzt, in diesem Augenblick.

Lisa streckte die Hand aus. Erst dachte ich, sie wolle das Hologramm berühren. Aber sie zeigte auf etwas.

»Das Muster. Auf der linken Seite über dem Herzen. Es involviert den ganzen Körper. Das gleiche Muster, wie als Sie vom Pferd getreten wurden.«

Seine Augen glänzten, vielleicht vor Rührung. Oder aufgrund des Schocks.

»Kurz bevor das Pferd mich trifft. Da sehe ich, wie sich seine Rückenmuskeln straffen. Und ich weiß, jetzt werde ich getroffen. Ich denke an die Familie. An die Kinder und denke, jetzt passiert es schon wieder, ich lass sie im Stich. Und diesmal gibt es keine Rettung.«

Er legte sich die Hand aufs Herz. Das ganze Hologramm wurde trüb und zog sich zusammen.

»Haben Sie etwas falsch gemacht, als Seemann, weil Sie im Nebel an der Stelle und zu dem Zeitpunkt unterwegs waren?«

Er schüttelte den Kopf.

»Wir waren Berufsfischer. Der Küstenfrachter hatte nicht die erforderliche Ausrüstung.«

»Haben Sie in der Box einen Fehler gemacht, bei dem Pferd?«

Er schüttelte den Kopf.

»Trotzdem empfinden Sie Schuld an dem, was passiert ist.«

Sie sahen sich in die Augen.

»Sie haben Ihre Arbeit getan und Ihre Verantwortung gegenüber der Familie nicht vernachlässigt. Was Ihnen zugestoßen ist, lag außerhalb Ihrer Kontrolle. Trotzdem empfinden Sie Schuld. Sie reden sich selbst ein, Sie hätten etwas tun müssen, um den Unfall zu vermeiden. Damit maßen Sie sich an, die Ereignisse steuern zu können, als ob Sie über die ganze Welt bestimmen würden.«

Das Hologramm fing an, sich zu verändern. Die Grautöne verblassten. Die linke Seite nahm langsam zu.

»Als wären Sie … Gott.«

»Ich konnte nicht anders. Trotzdem … schäme ich mich.«

»Schuld ist etwas, an dem wir festhalten. Das ist eine Geschichte, die wir immer wieder auf eine ganz bestimmte Art und Weise erzählen.«

Es wurde still. Beide sahen sie auf die Lichtgestalt. Die regenbogenfarbene Wiedergabe dessen, was sie als elektromagnetisches Feld des Körpers beschrieben hatte, veränderte sich.

Als wären wir Zeugen eines lautlosen Bewusstseinsgesprächs zwischen den drei Gestalten in der Mitte des Raums. Zwischen ihr, ihm und dem holographischen Licht.

Sie schaltete den Projektor aus. Einige Minuten lang saßen wir im Dunkeln. Dann glitt die Wand zur Seite, und die Verdunkelungen gingen hoch.

Villiam stand auf. Er gab uns die Hand. Dann wurde er von einer Assistentin hinausbegleitet.

Wir blieben sitzen, Lisa und die beiden andern Assistenten, die junge Frau und der junge Mann.

»Was ist da passiert«, fragte ich. »Ich meine, am Schluss, als es so still war.«

»Er arbeitet direkt mit der Karte seines eigenen Innern. Und entdeckt, wo und wie er die Geschichte von der Schuld erzählt und festgehalten hat. Wie der Körper sie erzählt hat. Dreißig Jahre lang. In der Stille kann er die Schuld allmählich loslassen. Und eine grundlegende Geschichte seines Lebens abwickeln.«

»Er ist dabei, freigelassen zu werden«, sagte ich.

»Nein.«

Ich verstand sie nicht.

»Alles, was wir getan haben, ist, ihm dabei zu helfen, eine Geschichte durch eine andere zu ersetzen.«

Sie berührte die Tastatur, die Lichtgestalt erschien auf dem Stuhl. Wegen des Tageslichts etwas schwächer, aber voll sichtbar.

»Das ist die Filmaufnahme. Von dem Moment an, wo er von der Schiffskollision erzählt. Guck dir das Muster an.«

Sie tippte auf die Tasten, eine Struktur schwarzer, gelber und roter Farben erschien.

Wieder berührte sie die Tasten, mit Gefühl, wie eine Pianistin. Die Struktur wurde still und statisch. Der Rest der Gestalt verschwand. Nur das farbige Muster blieb in der Luft hängen. Wie eine Gewebeprobe aus Licht.

Sie verschob das festgehaltene Muster nach rechts. Die Lichtgestalt kam wieder zum Vorschein.

»Die Aufnahme von gestern. Wo er davon erzählt, wie er niedergetreten wurde. Die gleiche Struktur.«

Das gleiche Muster wurde sichtbar. Sie isolierte es vom Rest der Gestalt. Der blaue Lichtkörper verschwand. Nur die beiden Muster waren noch da, nebeneinander schwebend.

»Eine grundlegende Struktur, tief in seinem Körper und seiner Persönlichkeit. Sie verändert sich praktisch nicht, wenn er von den Ereignissen berichtet. Ändert sich nicht, wenn wir uns in das Geschehene vertiefen. Oder wenn er mit den verdrängten Erinnerungen in Kontakt kommt. Mit der Schuld. Das heißt, es muss noch tiefer liegen. Aber was ist es? Ist es eine noch grundsätzlichere Geschichte?«

Sie sah uns nacheinander an.

»Wir hatten hier in der Klinik einen Patienten, er war Bergsteiger. Er war hier wegen zwei schweren Abstürzen. Beide Male Solobesteigungen. Wie bei Villiam bewegten wir uns immer tiefer durch seine Geschichten. Seine Lebensgeschichten. Bis ein Muster zum Vorschein kam, das sich nicht veränderte. Ich warnte ihn davor, wieder in die Berge zu gehen, ehe er das Muster verstanden hatte. Eine Woche später kam er auf dem Piz Bernina ums Leben. Er hinterließ eine Frau und ein kleines Kind. Wie soll man das Muster nennen? Das tiefer liegt als die persönliche Geschichte. Und das anscheinend darüber entscheidet, ob ein Mensch stirbt oder lebt.«

»Das Schicksal«, sagte ich.

»Das Schicksal ist auch eine Geschichte. Was würde passieren, wenn es möglich wäre, ihr auf den Grund zu gehen? Sie aufzulösen? Was geschieht, wenn ein Mensch nur einen kurzen Augenblick aufhört, irgendeine Geschichte zu erzählen?«

Ich ging mit ihr zu ihrem Arbeitszimmer. An einer Pinnwand hingen Fotos kleinerer Kinder, aus irgendeinem Grund wusste ich, dass es nicht ihre waren.

Eine Kinderzeichnung zeigte ein Eichhörnchen, das auf dem Rücken einer Schildkröte tanzte, auf der Zeichnung stand »Maja liebt Tante Lisa«.

»Es gibt keinen holographischen Projektor«, sagte ich. »Die technischen Probleme sind noch nicht gelöst. Warum sehen wir also die Lichtfigur?«

Sie stand mit dem Rücken zu mir, sie füllte Wasser in den Wasserkocher. Erst hielt sie inne. Dann drehte sie sich langsam um.

Sie lächelte schwach. Als hätte sie meine Frage erwartet oder erhofft.

»Im Brillenglas sitzt ein kleiner Laserprojektor. Der projiziert die bearbeiteten Scanningergebnisse unmittelbar auf die Netzhaut. Das Auge produziert selber die Illusion, dass sich das Bild außerhalb von uns befindet. Die Idee kam mir während meiner Studienzeit. Aber es hat zwanzig Jahre gedauert, um sie zu entwickeln. Sie ist noch geheim. Ein vertraulicher Patentantrag ist in Bearbeitung.«

Sie nahm die kleine schwarze Schachtel in die Hand und spielte damit. Legte sie wieder hin. Sie richtete sich auf. Mir ging langsam auf, dass sie damit das Ende der Unterhaltung signalisierte.

»Hast du Kinder?«

Ich nickte.

»Wie viele?«

»Zwei.«

»Wie alt?«

»Fünf und sieben.«

»Ich hoffe, du hast dir alles gut überlegt.«

Ich verstand sie nicht.

»Mit zwei Kindern muss alles wohlüberlegt sein. Das hier …«

Sie suchte nach Worten.

»Das hier ist … eine Herausforderung. Und zwar mehr als der Piz Bernina. Noch sind wir im Wald, am Fuß des Berges. Noch hat die Steigung nicht angefangen.«

SIE HATTE MICH gebeten, um sechs Uhr morgens da zu sein, es war in der folgenden Woche.

Als ich ankam, sah ich sofort, dass sie schon lange vor mir da gewesen war.

Mitten im Raum standen vier Stühle. Die großen Messapparate waren hereingerollt worden. Um jeden Stuhl herum war der weiße Rohrbogen eines MRT-Scanners installiert. Auf Bügeln hingen unsere Kittel.

»Ich habe mir gedacht, dass wir heute versuchen, uns beide zu scannen.«

Sie wartete. Vielleicht auf Einwände. Oder Fragen.

Ich sagte nichts. Sie wollte mir zeigen, was auf Simon zukäme. Sie wollte, dass ich den Weg selber beschritt, den Simon gehen sollte.

Sie half mir in den Kittel. Ich setzte mich auf einen Stuhl, der mit der Apparatur verbunden war. Sie fragte nicht, ob ich schon einmal in einem Scanner gewesen war. Das Gerät wurde angeschaltet, es gab einen Laut wie ein tiefes Knurren von sich.

»Nukleare magnetische Resonanz«, sagte sie. »Das Wasserstoffmolekül funktioniert aufgrund seiner Masse wie ein kleiner Stabmagnet. Der Scanner bildet ein Magnetfeld, das fünfzigtausendmal größer als das der Erde ist. Das erfordert eine so hohe Stromstärke, dass sie nur in supraleitenden Materialien etabliert werden kann. Sie werden mit flüssigem Helium runtergekühlt. Was wir real messen, ist die relative Wasserkonzentration im Gehirn. Was spürst du?«

»Eine Art Druck. Ist nicht leicht, das Gefühl genau zu benennen.«

»Die Hälfte derjenigen, die gescannt werden, sagen, sie würden irgendwas registrieren.«

Sie stülpte mir die Haube über. Schaltete sie ein. Ich fühlte nichts.

»EEG, Elektroenzephalografie, eine Nervenzelle ist wie eine kleine Batterie, mit Elektroden in der Haube messen wir das elektrische Potential.«

Sie setzte sich hin. Rollläden, Vorhänge und Wand gingen zu. Wir setzten unsre Brillen auf. Einen Augenblick lang saßen wir still im Dunkeln.

Ich registrierte die Klemme des Pulsmessers an meinem Finger. Die flache Scheibe im Kittel, die den Herzrhythmus und die elektromagnetische Strahlung maß. Den Blutdruckmesser am Handgelenk. Die schwer zu erklärende Wahrnehmung der Kraft, die in der ganzen Apparatur steckte.

Dann erschienen die beiden Lichtgestalten auf den beiden Stühlen uns gegenüber.

Sie ließ mir Zeit. Ich studierte die leuchtende Projektion der Scanningbilder meines Körpers, ich sah sie an, ich sah in sie hinein. Ich bewegte mich, die blaue Lichtgestalt bewegte sich auch. Ich versuchte, die Muskeln anzuspannen, den Rhythmus meiner Atemzüge zu variieren, und ich sah, wie sich die flimmernden, rätselhaften Schattierungen aus Regenbogenfarben veränderten, genauso wie die Flüssigkeitsströme in dem blauen Körper.

»Gib mir mal deine Hand.«

Wir saßen eng beieinander, ich reichte ihr meine Hand, sie drückte sie.

»Noch einmal, jetzt langsam.«

Wir wiederholten die Bewegung in Zeitlupe, sie zeigte auf die beiden Lichtgestalten, die sich die Hand gaben.

»Gib acht auf die physischen Aspekte der Berührung. Es tritt eine leichte Veränderung im Stoffwechsel des ganzen Körpers ein. Schau mal, wie das elektrische Feld rund ums Herz sich verändert. Und schau dir die Aktivität im dorsalen Vagus an. Wir gehen davon aus, dass das Korrelate zu den drei Hauptfaktoren eines Händedrucks sind: der physische Kontakt. Die empathische Aktivität ist durch das Herz reflektiert. Und die Anwesenheit, die Bewusstseinsqualität ist im Augenkontakt reflektiert. Steh mal auf.«

Ich stand auf.

»Jetzt umarmen wir uns.«

Ich umarmte sie. Sie umarmte mich. Und wir sahen, wie die beiden Lichtgestalten aufstanden und sich umarmten.

»Achte auf die intensivierte physische Reaktion. Bei einer Umarmung sind sich die Körper sehr, sehr nahe. Guck mal, die Veränderungen im Herzbereich. Auch die Herzen sind sich näher. Und da, die Veränderungen in der Sehrinde, hinter und über dem Kleinhirn. Bei einer Umarmung muss man, einem bestimmten Maß an Vertrauen oder Hingabe entsprechend, die Kontrolle aufgeben, die im Blick liegt.«

In der Berührung, im Kontakt, war sie ganz anwesend. Aber ihre Aufmerksamkeit war auf die Lichtgestalten gerichtet. Oder eher auf etwas hinter ihnen.

In diesem Augenblick fühlte ich, dass sie nicht nach der Begegnung zwischen Menschen suchte. Sondern nach etwas Tieferem. Etwas, das hinter der Begegnung lag.

Wir setzten uns wieder hin.

»Erzähl mir von dem Kindergarten«, sagte sie.

So war sie schon vor dreißig Jahren gewesen. Direkt.

»Es müssen ungefähr siebzig Kinder gewesen sein, verteilt auf drei Räume. Vormittags schliefen alle eine Stunde bis Mittag, in einem Schlafsaal mit Feldbetten. Das Bettzeug war grün-weiß kariert, aus dem gleichen Stoff wie die Kleider und Schürzen der Kindergärtnerinnen.«

Ich sah ihr in die Augen.

»Grün-weiß kariert«, wiederholte ich.

Ihre Augen waren leer.

»Ein Raum war für die Kleinen, einer für die Mittleren, einer für die Großen. Im ersten Stock war die Krippe. An die Schmalseiten der Räume hatte Hans Scherfig Urwälder gemalt. Grüne Dschungel. Mit vielen Tieren. Im Hintergrund ging der Regenwald in Blau über und löste sich auf.«

Ich fixierte sie.

»Ein grüner Dschungel«, sagte ich noch einmal, »der blau wird und sich auflöst.«

»Du willst meiner Erinnerung auf die Sprünge helfen.«

»Du hast das damals gesagt. Dass Farben Türen sein können.«

Sie schüttelte bekümmert den Kopf.

»Die Erinnerungen sind alle weg.«

»Wir drei kamen gleichzeitig in den Kindergarten. Meine Mutter arbeitete in der Buchhaltung von Carlsberg. Sie sorgte dafür, dass Simon und seine Schwester auch aufgenommen wurden. Du, Simon und ich konnten in der Mittagspause nicht schlafen. Sie legten uns nebeneinander. Wir lagen da ganz still. Das machte man damals so. Eine andere Zeit. Aber wir konnten nicht einschlafen. Eines Tages kam Fräulein Grove. Es war die Leiterin, die Vorsteherin. Eine Frau mit einer gewissen Vornehmheit. Die andern Fräulein waren alle in Uniform, sie hatte ihre eigenen Sachen an. Sie trug einen dicken Goldring. Mit einem großen Edelstein. Fräulein Jonna war bei ihr. Eine junge Frau, die sauber machte. Sie blieben stehen und sahen uns an. ›Sie werden nie einschlafen‹, sagte Fräulein Jonna. ›Am besten lässt man sie aufbleiben. Sie können draußen sein. Sie werden die andern nicht stören.‹ Die beiden Frauen drehten sich um und gingen. Wir setzten uns auf. Und spürten den Widerwillen der stellvertretenden Leiterin, Fräulein Christiansen, die aufpasste. Wir brachen ja die Regeln. Wir setzten uns draußen auf eine Bank in die Sonne. Da waren wir drei zum ersten Mal zusammen. Wir waren ein Klub. Der Klub der schlaflosen Kinder.«

Lisa drückte auf eine Taste, Wand, Vorhänge und Läden gingen auf. Die blauen Figuren verschwanden.

Sie blieb sitzen.