Dysphagietherapie -  - E-Book

Dysphagietherapie E-Book

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Beschreibung

In diesem Fallbuch werden die Grundlagen der Therapie oropharyngealer und ösophagealer Dysphagien aus interdisziplinärer Sicht dargestellt. Die behandelten Störungsbilder und Grunderkrankungen, wie Schlaganfall, extrapyramidal-motorische und neuromuskuläre Erkrankungen, Kopf-Hals-Tumoren, COPD, Achalasie oder stiller Reflux, bilden dabei das weite Spektrum der klinischen Dysphagiologie ab. Berücksichtigt werden zudem verschiedene Altersklassen (Pädiatrie und Geriatrie) sowie klinische Besonderheiten und Techniken, z.B. Trachealkanülenmanagement oder pharyngeale Elektrostimulation (PES). Insgesamt 90 Abbildungen sowie Videomaterial, welches z.B. die Darstellung therapeutischer Techniken in der FEES beinhaltet, veranschaulichen dabei das konkrete Vorgehen. Aufgrund der einzigartigen Kombination von Theorie und Praxis eignet sich dieses Buch besonders für klinisch tätige Ärzte und Therapeuten, aber auch für Studierende der Medizin, Sprachtherapie und Gesundheitswissenschaften.

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Die Herausgeber

Dr. Jochen Keller studierte Sprachheilpädagogik und Patholinguistik an der Universität zu Köln und ist seit 1995 Leiter der logopädischen Abteilung im St. Martinus-Krankenhaus Düsseldorf. Dort spezialisierte er sich auf die Diagnostik und Therapie oropharyngealer Dysphagien mit neurogeriatrischem Schwerpunkt. Als Autor mehrerer Fachartikel sowie eines Fachbuches zum Thema »Schluckdiagnostik«, veröffentlichte er die erste deutschsprachige Übersicht zum Thema »Dysphagie bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)« und ist Co-Autor des ersten deutschen FEES-Ausbildungscurriculums für neurogene Dysphagien der DGN, DSG und DGG. Des Weiteren war er Initiator und Programmgestalter der »Düsseldorfer Dysphagie Tage«, die in den Jahren 2011–2019 alle zwei Jahre stattfanden. Als FEES-Ausbilder ist er auch weiterhin aktiv an der Zertifizierung der endoskopischen Schluckdiagnostik beteiligt. Im Rahmen seiner Promotion, die er 2017 an der Universität Witten/Herdecke abschloss, entwickelte er eine endoskopische Graduierung retropharyngealer Raumforderungen zur Bestimmung ihres Einflusses auf die Schluckfunktion. Dr. Jochen Keller ist aktives Mitglied der Deutschen interdisziplinären Gesellschaft für Dysphagie e. V. (DGD) sowie der Arbeitsgruppe FEES für neurogene Dysphagien unter Leitung von Prof. Dr. Rainer Dziewas.

Priv.-Doz. Dr. Herbert F. Durwen studierte Humanmedizin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn und verbrachte danach zwei Jahre als Research Fellow an der Harvard Medical School in Boston, USA. 1990 erwarb er seine Anerkennung als Facharzt für Neurologie und erhielt 1994 die Venia Legendi für dieses Fachgebiet. 1997 folgten schließlich die Anerkennungen für die Bezeichnungen »Psychotherapie« und »Klinische Geriatrie«.

Seit 2000 war er Chefarzt der Klinik für Akut-Geriatrie und Neuro-Geriatrie am St. Martinus-Krankenhaus Düsseldorf bis zum Eintritt in den Ruhestand Mitte 2021. Seitdem steht er seinem Institut für Medizinische Begutachtung und Beratung in Köln vor.

Er ist zudem Mitglied verschiedener Fachgesellschaften, Co-Autor diverser Buchprojekte und nicht zuletzt Gutachter für Gerichte und andere Auftraggeber.

Die Schwerpunkte seiner klinischen und wissenschaftlichen Arbeiten sind Fragestellungen zu Kognition und Demenz sowie zu Bewegungsstörungen, Schmerz und Schluckstörungen beim älteren Patienten.

Jochen Keller Herbert F. Durwen (Hrsg.)

Dysphagietherapie

Ein interdisziplinäres Fallbuch

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten, d. h. u. a. Angaben von Medikamenten, ihren Dosierungen und Applikationen, verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autoren haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Da jedoch die Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss ist, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, können Verlag und Autoren hierfür jedoch keine Gewähr und Haftung übernehmen. Jeder Benutzer ist daher dringend angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.

 

1. Auflage 2024

 

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

Print:

ISBN 978-3-17-041776-2

 

E-Book-Formate:

pdf:        ISBN 978-3-17-041777-9

epub:     ISBN 978-3-17-041778-6

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Aswathanarayana, Chetana, Dr. rer. med.

Klinische Linguistin

Pädiatrisches Dysphagiezentrum (PÄDY) – Zentrum für Essen und Schlucken

Darmstädter Kinderkliniken Prinzessin Margaret

Dieburger Str. 31, 64287 Darmstadt

[email protected]

van Beek, Miriam, E.F. M.Sc.

Logopädin, Abteilung Phoniatrie und Klinische Logopädie

Universitätsspital Zürich, Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie

Frauenklinikstrasse 24, 8091 Zürich

[email protected]

Birkmann, Ulrich

Dipl. Heilpädagoge, Leitung Schluckambulanz

GFO Kliniken Troisdorf, Neurologie

Hospitalstraße 45, 53840 Troisdorf

[email protected]

Bohlender, Jörg Edgar, PD KD Dr. med.

Leitender Arzt, Leiter Abteilung Phoniatrie und Klinische Logopädie

Universitätsspital Zürich, Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie

Frauenklinikstrasse 24, 8091 Zürich

[email protected]

de Broux, Johanna, Dr. med.

Oberärztin, Fachärztin für Neurologie, Ärztin für Rehabilitationswesen

Klinik für Neurologie, Abteilung neurologische Frührehabilitation und neurologisches Weaningzentrum DGNR

Alexianer Krefeld GmbH

Dießemer Bruch 81, 47805 Krefeld

[email protected]

Duchac, Stefanie, Prof. Dr. phil.

Professorin für Logopädie

Department für Therapiewissenschaften

SRH Hochschule für Gesundheit GmbH

University of Applied Health Sciences

Campus Karlsruhe

Benstraße 5, 76185 Karlsruhe

[email protected]

Durwen, Herbert F., PD Dr. med.

Facharzt für Neurologie und Psychotherapie

Leiter des Institutes für Medizinische Begutachtung und Beratung in Köln

[email protected]

Dziewas, Rainer, Prof. Dr. med.

Chefarzt der Klinik für Neurologie und neurologische Frührehabilitation

Klinikum Osnabrück – Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Münster

Am Finkenhügel 1, 49076 Osnabrück

[email protected]

Groß, Martin, Dr. med.

Chefarzt der Klinik für Neurologische Intensivmedizin und Frührehabilitation

Evangelisches Krankenhaus Oldenburg

Steinweg 13–17, 26122 Oldenburg

[email protected]

Heidler, Maria-Dorothea, Dr. phil.

Dipl. Sprechwissenschaftlerin

Fachtherapeutin für Kognitives Training

Brandenburgklinik Berlin-Brandenburg

Neurologisches Rehabilitationszentrum (NRZ)

Johann-Strauß-Str. 4, 16321 Bernau

[email protected]

Hofmayer, Andrea

Klinische Linguistin (BKL)

Asklepios Stadtklinik Bad Tölz

Schützenstraße15, 83646 Bad Tölz

[email protected]

Kalitzky, Anne

Logopädin

Kopf- und Neurozentrum

Klinik und Poliklinik für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde Hamburg-Eppendorf

Martinistraße 52, 20251 Hamburg

[email protected]

Keller, Jochen, Dr. rer. medic.

Dipl. Sprachheilpädagoge

Abteilung Neurogeriatrie

St. Martinus-Krankenhaus Düsseldorf, eine Einrichtung der Alexianer und Katharina Kasper Gruppe

Gladbacherstraße 26, 40219 Düsseldorf

[email protected]

Kraus, Fabian, Dr. med.

Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie

Leitung

Interdisziplinäres Zentrum für Stimme und Schlucken (IZSS)

Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, plastische und ästhetische Operationen

Universitätsklinikum Würzburg

Josef-Schneider-Straße 11, 97080 Würzburg

[email protected]

Krol, Viktor Alexander

Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie

Zusatzbezeichnung DgVS Hepatologie, DgVS

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Chefarzt der Klinik für Innere Medizin

St. Martinus-Krankenhaus Düsseldorf, eine Einrichtung der Alexianer und Katharina Kasper Gruppe

Gladbacherstraße 26, 40219 Düsseldorf

[email protected]

Lammers, Thorsten, Dr. med.

Facharzt für Neurologie, Rehabilitationswesen, Geriatrie

Oberarzt der Neurologischen Klinik mit Stroke Unit und Frührehabilitation

Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss

Am Hasenberg 46, 41462 Neuss

[email protected]

Lapa, Sriramya, PD Dr. rer. medic.

Dipl. Sprachheilpädagogin

Sektion für Sprach- und Schluckdiagnostik

Klinik für Neurologie

Zentrum der Neurologie und Neurochirurgie

Universitätsklinikum Frankfurt Goethe-Universität

Schleusenweg 2-16, 60528 Frankfurt am Main

[email protected]

Lindemann, Regina

Dipl. Sprachheilpädägogin

Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshöhe

Abteilung Akut-Frührehabilitation

Bonn Bad Godesberg

Waldstraße 2–10, 53177 Bonn

[email protected]

Lück, Hannah, BA Rehabilitationspädagogik

Akad. Sprachtherapeutin

Klinik für Neurologie, Abteilung für neurologische Frührehabilitation und neurologisches Weaningzentrum DGNR

Alexianer Krefeld GmbH

Dießemer Bruch 81, 47805 Krefeld

[email protected]

Mallien, Grit, Dr. phil.

Dipl. Patholinguistin, Praxis Doktor Logo – Therapie von Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen

Berkaer Straße 41, 14199 Berlin

[email protected]

Nienstedt, Julie, PD Dr. med.

Fachärztin für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und Phoniatrie und Pädaudiologie

Leitende Oberärztin

Klinik und Poliklinik für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde Hamburg Eppendorf

Universitäres Dysphagiezentrum Hamburg

Martinistraße 52, 20251 Hamburg

[email protected]

Runkel, Janina, B.Sc.

Logopädin

Klinik für Neurologische Intensivmedizin und Frührehabilitation

Evangelisches Krankenhaus Oldenburg

Steinweg 13, 26122 Oldenburg

[email protected]

Stienen, Alexandra, M.A. Speech Science

Klinische Linguistin

Klinik für Neurologie, Abteilung neurologische Frührehabilitation und neurologisches Weaningzentrum DGNR

Alexianer Krefeld GmbH

Dießemer Bruch 81, 47805 Krefeld

[email protected]

Warnecke, Tobias, Prof. Dr. med.

Chefarzt der Klinik für Neurologie und neurologische Frührehabilitation

Klinikum Osnabrück – Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Münster

Schwerpunkt Parkinsonsyndrome und neurodegenerative Erkrankungen

Parkinsonzentrum Münster-Osnabrück (PaMOS)

Am Finkenhügel 1, 49076 Osnabrück

[email protected]

Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Übersicht der Videos

Einleitung

Jochen Keller und Herbert F. Durwen

1          Die funktionelle Dysphagietherapie (FDT) am Beispiel eines Patienten mit schwerer neurogener Dysphagie

Jochen Keller und Herbert F. Durwen

2          Therapie einer neurogenen Dysphagie bei zerebral metastasiertem Lungenkarzinom

Sriramya Lapa

3          Rehabilitative Therapie bei schwerster chronischer neurogener Schluckstörung

Andrea Hofmayer

4          Therapie mit pharyngealer Elektrostimulation (PES) nach rechtshemisphärischer Stammganglienblutung

Alexandra Stienen, Hannah Lück und Johanna de Broux

5          Therapie mit pharyngealer Elektrostimulation (PES) bei infratentoriellen bzw. Hirnstamminfarkten

Thorsten Lammers

6          Management von Dysphagie und Trachealkanülen bei Muskeldystrophie

Janina Runkel und Martin Groß

7          Dysphagietherapie und Sekretmanagement bei Amyotropher Lateralsklerose (ALS)

Ulrich Birkmann

8          Dysphagietherapie bei Spasmus des oberen Ösophagussphinkters (oÖS)

Grit Mallien

9          Sprach- und schlucktherapeutische Aspekte bei Multisystematrophie (MSA-P)

Stefanie Duchac

10       Diagnostik und Therapie der myasthenen Dysphagie

Rainer Dziewas und Tobias Warnecke

11       Dysphagietherapie bei exazerbierter COPD und Sepsis

Maria-Dorothea Heidler

12       Trachealkanülenmanagement bei neurologischen Patienten

Regina Lindemann

13       Auf der Schluckstraße: Ziele, Hindernisse und Grenzen nach Kopf-Hals-Tumortherapie

Fabian Kraus

14       Das Zürcher Prähabilitationskonzept Dysphagie bei Kopf-Hals-Tumoren

Miriam van Beek und Jörg Edgar Bohlender

15       Dysphagietherapie in der Pädiatrie: Eine besondere Herausforderung

Chetana Aswathanarayana

16       Stiller Reflux, Stellenwert der oropharyngealen pH-Metrie und therapeutische Empfehlungen

Julie Cläre Nienstedt und Anne Kalitzky

17       Botulinumtoxin-Injektion bei Achalasie Typ III

Jochen Keller, Herbert F. Durwen und Viktor A. Krol

Zusatzmaterial zum Download

Sachwortverzeichnis

Übersicht der Videos

Zusatzmaterial

Die elektronischen Zusatzmaterialien finden Sie unter dem Link in Kap. Zusatzmaterial zum Download.

Video 1.3.1:

VFS: Prädeglutitive Aspiration

Video 1.3.2:

VFS: Kopfanteflexion

Video 1.4:

FEES: Prädeglutitive Aspiration

Video 1.5:

FEES: Kopfanteflexion, keine Aspiration

Video 1.6:

FEES: Kopfrotation nach links

Video 1.7:

FEES: Clearing, Konsistenzenwechsel

Video 1.8:

FEES: Clearing, Nachtrinken

Video 1.10.1:

FEES: Erstdiagnostik

Video 1.10.2:

FEES: Kopfrotation

Video 1.11:

FEES: Verlauf Püree

Video 1.12.1:

FEES: Verlauf Brotbolus

Video 1.12.2:

FEES: Verlauf Clearing

Video 2.1:

FEES: Flüssig (05.02.2020). Hochgradige intradeglutitive Aspiration mit reflektorischem Clearing (PAS 6)

Video 2.2:

FEES: Püree (05.02.2020). Sukzessive Gabe von Püree mit reflektorischem Einschlucken (PAS 1). Residuen: Valleculae (°3–4), Sinus p. (°3) sowie an der Pharynxhinterwand

Video 2.3:

FEES: Fest (05.02.2020). Vereinzelte beginnende Penetration über die Epiglottis (PAS 1–2). Residuen: Valleculae (°4) und Sinus p. (°3), Entfernung durch mehrfaches Nachtrinken

Video 2.4:

FEES: Flüssig (28.05.2020). Intradeglutitive Penetration und Aspiration (PAS 5, 7, 8) sowie postdeglutitive Aspiration relevanter Bolusmengen (PAS 7, 8)

Video 2.5:

FEES: Püreeartig (28.05.2020). Residuen: Valleculae (°3), Sinus p. (°3) sowie coating an der Pharynxhinterwand mit hypopharyngealem Aufstau bei weiterer Bolusgabe und postdeglutitver Penetration (PAS 2)

Video 2.6:

FEES: Fest, erstes Stück (28.05.2020). Residuen in den Valleculae (°4) und Sinus p. (°3) mit postdeglutitiver Penetration (PAS 2)

Video 2.7:

FEES: Fest, drittes Stück (28.05.2020). Im Verlauf Aufstau mit Zunahme der Residuen (°5) und rezidivierender postdeglutitiver Penetration (relevante Bolusmenge) (PAS 2)

Video 2.8:

FEES: Fest mit Nachtrinken (28.05.2020). Entfernung nur durch mehrfaches Nachtrinken (PAS 3)

Video 2.9:

FEES: Flüssig (15.06.2020). Intradeglutitive Penetration (PAS 3, EL) und Aspiration (PAS 6/7, Schluck)

Video 2.10:

FEES: Püree, TL (15.06.2020). Residuen: Pharynxhinterwand, Valleculae (°5) und Sinus p. (°4) mit Reduktion durch reflektorisches Nachschlucken (°2–3). Eine vollständige Entfernung gelingt nicht

Video 2.11:

FEES: Püree, EL (15.06.2020). Residuen: Pharynxhinterwand, Valleculae (°5) und Sinus p. (°4) mit Reduktion durch reflektorisches Nachschlucken (°2–3). Eine vollständige Entfernung gelingt nicht

Video 10.3.1:

FEES: Halbfest vor Edrophonium

Video 10.3.2:

FEES: Halbfest vor Edrophonium Schluck 2

Video 10.3.3:

FEES: Halbfest vor Edrophonium Schluck 3

Video 10.3.4:

FEES: Halbfest nach Edrophonium

Video 10.3.5:

FEES: Halbfest nach Edrophonium Schluck 2

Video 10.3.6:

FEES: Fest nach Edrophonium

Video 10.3.7:

FEES: Flüssig nach Edrophonium Schluck 1

Einleitung

Jochen Keller und Herbert F. Durwen

Dysphagien können alle Etagen der Schluckpassage vom Mundraum bis in den Magen betreffen und sich somit auch auf alle Phasen des Schluckaktes auswirken. Aufgrund ihrer vielfältigen Ätiologie sind sie durch unterschiedliche Symptome sowie ein meist komplexes Erscheinungsbild gekennzeichnet. Für eine adäquate und erfolgreiche Behandlung ist, neben einer akkuraten und differenzierten Diagnostik, in vielen Fällen ein interdisziplinär ausgerichteter Zugang notwendig.

Je nach Grunderkrankung und Symptomatik kann es sich dabei einerseits um eine isolierte Maßnahme wie der Dillation einer ösophagealen Bolusbarriere1 (z. B. einem hypertonen Ösophagussphinkter oder einem ösophagealen Web) handeln, andererseits ist aber auch eine Kombination aus verschiedenen myofunktionellen Übungen mit adaptiven Maßnahmen bzw. kompensatorischen Schlucktechniken, wie z. B. bei der schlaganfallbedingten Dysphagie, von Bedeutung.

Die Unterscheidung zwischen oropharyngealen und ösophagealen Dysphagien ist nicht nur Ausruck eines in der Regel multiprofessionellen Behandlungsspektrums, sondern auch im Hinblick auf das diagnostische Vorgehen sinnvoll. Dabei kommen, je nach Ätiologie und Symptomatik, übend-therapeutische bzw. neuromodulierende, kompensatorisch-adaptive, diätische, chirurgische oder pharmakotherapeutische Methoden zum Einsatz (Abb. 1). Für alle Interventionsformen gilt jedoch, dass die fachliche Beratung und Begleitung der Patienten sowie deren Angehörigen und Pflegenden einen unverzichtbaren Bestandteil der Behandlung darstellt und dabei stets auch psychosoziale bzw. ethische Aspekte von Dysphagien mit einbezogen werden sollten.

Da neurogene Erkrankungen die häufigste Ursache von Dysphagien darstellen, wird dieses Thema hier auch in einem entsprechend größeren Rahmen behandelt. Während sich Dysphagien in der Akutphase eines Schlaganfalls aufgrund der Neuroplastizität – häufig auch therapeutisch unbeeinflusst – vollständig zurückbilden, kann die Schluckstörung bei einigen Patienten insbesondere mit chronischen und progredienten neurologischen Erkrankungen auch über einen langen Zeitraum bestehen bleiben und so als konstante Beeinträchtigung die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig einschränken.

Abb 1:    Interdisziplinäre Methoden der Dysphagietherapie

Dass jedoch eine nahezu vollständige Regeneration der Schluckfähigkeit auch nach einer längeren Zeit der oralen Nahrungskarenz durchaus noch möglich sein kann, wird von Jochen Keller und Herbert F. Durwen, den Herausgebern dieses Buches, demonstriert. Sie stellen die Behandlung und den Verlauf einer schweren neurogenen Dysphagie nach Resektion eines Vestibularisschwannoms mit extrameatalen Anteilen dar und verdeutlichen die Vorzüge einer Kombination aus akkurater Erst- und Verlaufsdiagnostik mit einer sich an die verschiedenen Ergebnisse fortwährend anpassenden und individualisierten therapeutischen Herangehensweise. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist hierbei ein möglichst frühzeitiges Miteinbeziehen von oralen Bolusgaben in die Therapie und damit ein Vermeiden der »Non-use-Problematik«. Dies erfordert von der Diagnostik nicht nur ein Beschreiben von auffälligen Symptomen, wie Aspiration oder pharyngealen Residuen, sondern vielmehr auch eine Evaluation einer »kleinstmöglichen Abschluckfähigkeit« und verbleibender »Schluckkompetenzressourcen«. Dies hat nicht nur einen überaus positiven Einfluss auf die Lebensqualität, sondern fördert auch die Motivation der Patienten.

Vestibularisschwannom

Vermeiden der »Non-use- Problematik«

Kleinstmögliche Abschluckfähigkeit

Schluckkompetenzressourcen

Die Rehabilitation oropharyngealer Dysphagien beinhaltet verschiedene Behandlungsebenen, die nur dann wirksam sind, wenn sie auf die individuelle Symptomatik des Patienten abgestimmt und an den Verlauf der Erkrankung fortwährend angepasst werden.

(J. Keller & H. F. Durwen)

Hirntumore können das neuronale Schlucknetzwerk auf verschiedenen Ebenen beeinträchtigen und je nach Lokalisation zu schweren Dysphagien führen. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass, ähnlich wie nach einer therapeutischen Radiatio von Kopf-Hals-Tumoren, auch eine Bestrahlung des Gehirns iatrogene Schluckstörungen zur Folge haben kann. Diesbezüglich stellt Sriramya Lapa fest, dass noch kaum etwas zu dieser Pathoentität bekannt ist und stellt einen ebenfalls sehr positiven Verlauf der Behandlung eines Patienten mit einer schweren Dysphagie nach Bestrahlung dar.

Iatrogene Schluckstörungen

Neben der Tumorresektion ist die Strahlentherapie eine weitere wichtige Säule der Tumortherapie. Während Dysphagien in Folge einer Radiotherapie bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich ein häufiges und bekanntes Symptom darstellen, ist kaum etwas über die Folgen einer gezielten Strahlentherapie des Gehirns auf die Schluckfunktion bekannt.

(R. Lapa)

Selbst bei schweren Dysphagien kann demnach noch eine relevante Verbesserung der Schluckfähigkeit erreicht werden, wenn die therapeutischen Maßnahmen auf die spezifische Störungsart abgestimmt sind. So hält Andrea Hofmayer eine genaue Unterscheidung zwischen einer gestörten Biomechanik des Schluckens und der verursachenden Pathophysiologie für unabdingbar. Sie plädiert für eine möglichst genaue Differenzierung zwischen einem koordinationsorientierten Üben bzw. aufgabenspezifischem Geschicklichkeitstraining (engl. »Skill Training«), in dem die kontrollierte Kraftdosierung bei zentraler bzw. kortikaler Schädigung im Vordergrund steht und einem Krafttraining, welches eher bei peripherer Schädigung sinnvoll ist. Diese zunächst recht theoretische Unterscheidung demonstriert sie dabei sehr praxisnah anhand eines Fallbeispiels aus der neurologischen Rehabilitation.

Skill Training

Unsere Möglichkeiten der Diagnostik sind weiterhin zum Großteil noch sehr unspezifisch und die Forschung liefert stetig neue Erkenntnisse. Insbesondere in der Versorgung von Patienten mit chronischen Dysphagien muss den Behandlern diese Tatsache bewusst sein. Als Therapeuten müssen wir verstehen, dass alles, was hilft, auch das Potential hat zu schaden, wenn es »falsch« eingesetzt wird.

(A. Hofmayer)

Die gezielte elektrische Stimulierung eines Muskels oder Hautareals ist inzwischen zu einem etablierten therapeutischen Prinzip geworden. Genannt seien hier z. B. die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), oder die funktionelle Elektrostimulation (FES), die die gezielte Auslösung einer Muskelkontraktion zum Ziel haben. In Bezug auf die Schluckrehabilitation stellen in diesem Zusammenhang Alexandra Stienen, Hannah Lück und Johanna De Broux die »pharyngeale Elektrostimulation (PES)« anhand eines Patienten mit rechtshemisphärischer Stammganglienblutung vor. Basierend auf dem Prinzip der Neuroplastizität wird hier durch eine Stimulierung der pharyngealen Rezeptoren eine Reorganisation geschädigter neuronaler Schluckprozessierungen angestrebt. Wie die Autorinnen in ihrem Fallbeispiel eindrücklich demonstrieren, kann die PES bei dysphagischen und tracheotomierten Patienten die Schluckfunktion derart (re-)aktivieren, dass in Verbindung mit einer logopädisch vermittelten Übungstherapie, die Entwöhnung vom Tracheostoma beschleunigt und die Patienten im günstigsten Falle sogar zu einer vollständigen oralen Ernährung zurückfinden können.

Pharyngeale Elektrostimulation (PES)

Prinzip der Neuroplastizität

Die auf dem Behandlungsprinzip der Neuroplastizität basierende pharyngeale Elektrostimulation erweitert das therapeutische Spektrum neurogener Dysphagien um eine im Alltag praktikable sowie für Patienten wenig belastende Methode, welche die komplexe Therapie von Schluckstörungen sinnvoll ergänzt und das Risiko weiterer Komplikationen reduziert.

(A. Stienen, H. Lück und J. de Broux)

Auch in dem Fallbeispiel eines Patienten mit Hirnstamminfarkt und schwerer neurogener Dysphagie stellt die PES einen wichtigen Baustein der Behandlung dar. Unabhängig von dem tatsächlichen Anteil der PES an dem überaus positiven Rehabilitationsverlauf mit initialer oraler Nahrungskarenz bis zum Erreichen einer vollständigen oralen Ernährung bei Entlassung, betont Thorsten Lammers vor allem die Bedeutung einer möglichst frühzeitigen, mehrdimensionalen Behandlung und definiert die Ziele der Schluckrehabilitation wie folgt:

Mehrdimensionale Behandlung

Ziele sind dabei, in der Initialphase frühe Komplikationen zu vermeiden (Kompensation durch Schluckmanöver, Adaptation durch antisalivatorische Medikation und ggfs. Sondenernährung) und darüber hinaus die möglichst frühzeitige Förderung neuroplastischer Mechanismen (mit dem Ziel der Restitution).

(Th. Lammers)

Zu den eher seltenen, jedoch auch häufig mit schweren Dysphagien einhergehenden neurogenen Erkrankungen gehören die Muskeldystrophien. Die sehr heterogenen Formen haben gemeinsam, dass sie zu fortschreitenden Lähmungen der Skelettmuskulatur führen und aufgrund ihrer genetischen Pathogenese bereits schon im frühen Kindesalter auftreten. Sie können sich ganz erheblich auf mehrere Funktionsebenen gleichzeitig auswirken und somit auch Atmung, Sprechen und Schlucken massiv beeinträchtigen. Dass eine Behandlung vor diesem Hintergrund immer einen interdisziplinären Zugang erfordert, der frühzeitig einsetzt und häufig auch ein akkurates Trachealkanülenmanagement einschließt, wird von Martin Gross und Janina Runkel dargelegt.

Muskeldystrophien

Atmung, Sprechen und Schlucken

Die Dysphagie führt insbesondere im Zusammenspiel mit einer Husteninsuffizienz zu tracheobronchialen Sekretretentionen, die ein Risiko für akute Sekretverlegungen, Atelektasen und Pneumonien darstellen. Wichtig ist, alle genannten Problemfelder zu erfassen und adäquat zu therapieren.

(J. Runkel und M. Gross)

In Bezug auf neurodegenerative Erkrankungen gibt es wohl kaum ein anderes Syndrom, was im Hinblick auf die therapeutische Zielsetzung aber auch das Selbstverständnis des Behandlers schwierigere Fragen aufwirft als die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Wie kann eine Therapie für beide Seiten als erfolgreich und sinnvoll erlebt werden, wenn eine Heilung im Sinne einer völligen Symptomfreiheit oder zumindest eine deutliche Verbesserung der Schluckfähigkeit nicht das Ziel sein kann bzw. gar ein rasches Fortschreiten der Erkrankung einen baldigen Tod mit sich bringt? Dieser Frage und den möglichen therapeutischen Schritten und Konsequenzen, vor allem auch im Hinblick auf ein suffizientes Sekretmanagement, geht Ulrich Birkmann nach und sieht die fachlich fundierte Begleitung und Beratung von ALS-Patienten als evidente Elemente der Schlucktherapie an.

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

Suffizientes Sekretmanagement

Wer mit ALS-Erkrankten arbeitet, muss den Weg der »klassischen Therapie« verlassen, in der grundsätzlich die Verbesserung der Symptome im Vordergrund steht. Es ist die Aufgabe der Dysphagietherapie, die Betroffenen nicht nur im klassischen Sinne zu behandeln, sondern auch die Patienten und deren Angehörige zu beraten.

(U. Birkmann)

Auch die extrapyramidal-motorischen Erkrankungen, wie der Morbus Parkinson, sind hier besonders relevant, da aufgrund ihrer hohen Altersprävalenz auch zukünftig mit noch mehr Betroffenen in neurologischen und geriatrischen Abteilungen zu rechnen ist. Dabei können nicht nur Störungen des Schluckens, sondern auch Einschränkungen des Sprechens und der Stimme (sog. »Dysarthrophonien«) einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität haben und müssen entsprechend in der Behandlung berücksichtigt werden. Dass Dysphagien und Stimminsuffizienz den Betroffen nicht immer direkt bewusst sind, verzögert häufig den Beginn einer Behandlung. Mit dieser komplexen Problematik sehen sich Ärzte und Logopäden im ambulanten Bereich häufig konfrontiert. Dabei ist zu betonen, dass eine Therapie nicht immer alle Funktionsbereiche gleichermaßen verbessern kann und sich an die mitunter schnell verändernde Symptomatik anpassen muss. Dieses Spannungsfeld wird von Grit Mallien eindrücklich dargestellt, wobei sie ein möglichst frühzeitiges Abklären von Sprech- und Schluckstörungen bei Parkinsonpatienten fordert.

Morbus Parkinson

Dysphagien und Stimminsuffizienz

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass beim Vorliegen einer, wenngleich moderaten, Dysarthrie im Rahmen einer zunächst nicht näher beschriebenen Bewegungsstörung immer auch eine Anamneseerhebung einer möglichen Dysphagie erfolgen sollte.

(G. Mallien)

In diesem Zusammenhang sind vor allem auch seltenere Formen der Parkinson-Erkrankung bedeutsam, die sich nicht nur in Bezug auf die zu beobachtende dysphagische Symptomatik vom idiopathischen Morbus Parkinson teils recht deutlich unterscheiden. So beschreibt Stefanie Duchac die Behandlung der Dysphagie und Kommunikationsstörung eines Patienten mit Multisystematrophie (MSA-P), einer neurodegenerativen Bewegungsstörung, die den sog. »atypischen Parkinsonsyndromen« zugeordnet wird. Bezugnehmend auf die verschiedenen Evidenzebenen beschreibt sie dabei den Prozess der Entscheidungsfindung im interdisziplinären Team und erinnert dabei an die Forderung, bei jeglicher Entscheidung immer auch die Konsequenzen für den einzelnen Patienten sowie seine ganz individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Insbesondere bei Entscheidungen für oder gegen eine PEG-Anlage rücken somit immer auch ethische Fragestellungen in den Fokus.

Multisystematrophie

Atypisches Parkinsonsyndrom

Diese ethischen und rechtlichen Überlegungen sollten neben den fachlichen Aspekten zwingend in die akuten, aber auch langfristigen Entscheidungen einbezogen werden. Dies verdeutlicht auch noch einmal die Aufgabe der stationären, aber vor allem auch ambulanten Behandlungsteams, in einem stetigen Austausch mit dem Patienten und ggf. seinen Angehörigen zu bleiben.

(S. Duchac)

Auch die Myasthenia gravis gehört zu den eher seltenen neurologischen Erkrankungen und zeichnet sich durch eine belastungsabhängige muskuläre Schwäche aus, die sich in Bezug auf das Schlucken in zunehmenden pharyngealen Residuen äußert, jedoch auch mit schweren Aspirationen einhergehen kann. Für die zielgerichtete Behandlung, bei der pharmkotherapeutische Interventionenen die wichtigste Rolle spielen, ist eine frühe akkurate bildgebende Diagnostik zwingende Voraussetzung. Hierbei kann im Rahmen der FEES mit Hilfe des sogenannten Belastungstests (Fatigable Swallowing Test, FST) gezielt nach einer möglichen belastungsabhängigen pharyngealen Muskelschwäche gesucht werden. Diese diagnostischen Ebenen werden von Rainer Dziewas und Tobias Warnecke dargestellt und anhand eines Fallbeispiels verdeutlicht. Dabei betonen die Autoren, dass diese Erkrankung vor allem auch bei differentialdiagnostischen Fragestellungen eine Rolle spielen sollte.

Myasthenia gravis

Belastungstest (Fatigable Swallowing Test, FST)

Bei Patienten, die unter einer Dysphagie ungeklärter Ätiologie leiden, ist die Myasthenia gravis eine wichtige Differentialdiagnose, die im Rahmen des weiterführenden diagnostischen Prozedere frühzeitig bedacht werden sollte.

(R. Dziewas und T. Warnecke)

Mit zunehmendem Lebensalter der Betroffenen wird die Möglichkeit monokausaler ätiologischer Zuordnungen seltener und das Vorliegen gleich mehrerer mit Dysphagien assoziierter Erkrankungen wahrscheinlicher. Dies liegt vor allem an der Multimorbidität der Betroffenen sowie altersbedingten Veränderungen der Schluckpassage und ihrer Funktionen (Presbyphagie). Da darüber hinaus Leitlinien zur Diagnostik und Therapie verschiedenster Erkrankungen und Syndrome meist monoätiologisch ausgerichtet sind, wird auch die Ableitung handlungsleitender Empfehlungen im Sinne eines leitliniengerechten Vorgehens erschwert.

Vor diesem Hintergrund sei hier vor allem auch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die als ätiologischer Faktor von Dysphagien zunehmend in den Fokus rückt, erwähnt. Insbesondere bei Vorliegen noch weiterer schwerer Erkrankungen, wie einer Sepsis mit Langzeitbeatmung, kann die Dysphagietherapie auch hier nur innerhalb einer interdisziplinären Versorgungsstruktur realisiert werden. Dieser komplexen Thematik nähert sich Maria-Dorothea Heidler mit der alltagsnahen Darstellung einer logopädischen Schlucktherapie im Rahmen der intensivmedizinischen Rehabilitation (IMR), die nicht nur die dysphagischen Symptome selbst, sondern auch eine Vielzahl von Komorbiditäten berücksichtigen muss.

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Intensivmedizinischen Rehabilitation (IMR)

Die therapeutischen Herangehensweisen in der IMR unterscheiden sich grundsätzlich nicht von denen in der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation. Zu berücksichtigen sind jedoch die oft zahlreichen Komorbiditäten und medizinischen Komplikationen, z. B. Dialysepflichtigkeit, Herzerkrankungen oder psychisch-psychiatrische Auffälligkeiten wie Angst, Depression oder septische Enzephalopathie.

(M. Heidler)

Ein spezielles und immer noch mit viel Unsicherheiten verbundenes Themengebiet in der Behandlung von Schluckstörungen bildet auch das Trachealkanülenmanagement in der neurologischen Akut- und Frührehabilitation. Dabei handelt es sich oft um schwerst betroffene Patienten, die über einen längeren Zeitraum intensivmedizinisch versorgt werden müssen und zunächst häufig mit einer geblockten Kanüle versorgt sind. Regina Lindemann beschreibt das therapeutische Vorgehen und den Prozess der Dekanülierung, in dem ein frühes Enblocken und damit vor allem die Wiederherstellung des physiologischen Atemweges den Anfang bildet. Ihr »Non-Avoidance Konzept« (»TKM ProAkt – progressive Aktivierung«) macht deutlich, dass eine erfolgreiche Dysphagietherapie tracheotomierter Patienten mehrere Ebenen, wie Atmung, Clearing-Funktionen und Sensibilität, berücksichtigen muss. Dabei fordert sie ein standardisiertes Vorgehen, welches in Form eines Dekanülierungsalgorithmus die einzelnen Behandlungschritte strukturiert und damit die Sicherheit für die Patienten und den Behandler erhöht.

Trachealkanülenmanagement

TKM ProAkt – progressive Aktivierung

Dekanülierungsalgorithmus

Inhaltlich ist »TKM ProAkt« die Konfrontation mit der bestehenden Dysphagie und ihren Symptomen durch ausgewählte therapeutische Methoden sowie durch Aktivitäten mit Bezug zum Lebensalltag und den Wünschen und Zielen des Patienten.

(R. Lindemann)

Neben neurogenen Grunderkrankungen, können auch Kopf-Hals-Tumore zu Schluckstörungen führen, die nicht selten so schwer sind, dass sie eine Tracheotomie und PEG-Anlage erforderlich machen. Neben der Entfernung schluckrelevanter Strukturen, sind auch Folgen einer Chemotherapie und vor allem residuale Strahlenschäden nach therapeutischer Radiatio für die Beeinträchtigung des Schluckens verantwortlich.

Kopf-Hals-Tumore

Entfernung schluckrelevanter Strukturen

Chemotherapie

Radiatio

Fabian Kraus zeigt hier beispielhaft Ziele, Hindernisse und Grenzen einer Schluckrehabilitation bei Kopf-Hals-Tumoren auf, die unterschiedliche Etagen und funktionell bedeutsame Strukturen der »oropharyngealen Schluckstraße« betreffen können. Er beschreibt dabei die überaus komplexe Vorgehensweise, die in unterschiedlicher Gewichtung und in Abhängigkeit vom Einzelfall aus chirurgischen, chemo- und radiotherapeutischen sowie logopädischen Interventionen besteht, wobei die zu erwartende posttherapeutische Lebensqualität in jede Therapieentscheidung miteinbezogen werden muss. So bewegt sich die Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren im Spannungsfeld von kurativer Tumortherapie und dem möglichst optimalen Erhalt der Organfunktion und damit auch der Schluckfähigkeit.

Posttherapeutische Lebensqualität

Kurative Tumortherapie

Erhalt der Organfunktion

Nur als Team aus Patient und Behandlern kann das bestmögliche Ergebnis erreicht werden. Hierzu gehört gelegentlich auch das Eingeständnis einer verlorenen Körperfunktion. Dies sollte aber nicht über den Therapieerfolg und die vielen anderen Bereiche, welche bei jedem Patienten erhalten bzw. rekonstruiert werden können, gestellt werden.

(F. Kraus)

Auch hier ist die Beratung der Betroffenen und Angehörigen ein wichtiges Element der Therapie. Diese sollte so früh wie möglich beginnen, was auch bedeuten kann, dass bereits vor einer chirurgischen Resektion von Tumorgewebe und damit ggf. schluckrelevanter Strukturen oder auch einer postinterventionellen Radiatio und begleitenden Chemotherapie eine entsprechende Begleitung und Anleitung der Patienten ermöglicht wird. Beispielhaft wird dies am »Zürcher Prähabilitationskonzept« deutlich, was in Bezug auf Kopf-Hals-Tumore von Miriam van Beek und Jörg Edgar Bohlender, dargestellt wird. Auf der Grundlage des sog. »eat and exercise«-Prinzips werden dem Patienten und seinen Angehörigen dabei die Vorzüge einer Kombination aus oraler (Teil-)Ernährung und spezifischen Schluckübungen dargelegt. Die Autoren zeigen auf, dass mittels einer frühzeitigen Begleitung, Anleitung und Information im interdisziplinären Behandlungsteam eine Teiloralisierung sowie mitunter auch eine vollständige orale Ernährung für den Patienten zu erreichen sind.

»Zürcher Prähabilitationskonzept«

»eat and exercise«-Prinzip

Eine vor Beginn der Radio(chemo)therapie eingeleitete Prähabilitation will den Gesundheitszustand und die dysphagiebezogene Lebensqualität des Patienten so verbessern, dass die Häufigkeit und Schwere aktueller und zukünftiger Beeinträchtigungen, die aufgrund der Therapie auftreten, verringert werden.

(M. van Beek und J. E. Bohlender)

Dysphagien sind jedoch nicht nur ein Problem des älteren oder hochbetagten Menschen. Auch Neugeborene, Kleinkinder und Jugendliche können von Schluckstörungen betroffen sein. Je nach Behinderungsgrad werden sie entweder im häuslichen Umfeld oder in hierfür spezialisierten Institutionen betreut. Chetana Aswathanarayana betont dabei in ihrem Beitrag, dass die Ausformung des physiologischen Schluckmusters in die Gesamtentwicklung des Kindes eingebunden ist und die Therapie gestörter Schluckfunktionen in der Pädiatrie daher mehrere Ebenen berücksichtigen muss. Eine ausschließlich auf den funktionellen Aspekt des kindlichen Schluckens ausgerichtete Behandlung greift daher zu kurz. Somit ist auch das Einbeziehen der Eltern für den Therapieerfolg von entscheidender Bedeutung.

Gesamtentwicklung des Kindes

Ziel eines Dysphagiemanagements ist eine lustvolle, sichere, ausreichende und selbstregulierte Oralität. Diese Zielsetzung zeigt bereits die Komplexität der Thematik auf. Die einzelnen Aspekte werden im Laufe eines kindlichen Entwicklungsprozesses erreicht und sind immer Teil der Gesamtentwicklung.

(Ch. Aswathanarayana)

Vor dem Hintergrund der klinischen Relevanz oropharyngealer Dysphagien und ihrer zunehmenden Bedeutung in der HNO-Heilkunde, Geriatrie und Neurologie, lag der klinische Fokus eine lange Zeit recht isoliert auf den Störungen des oropharyngealen Schluckaktes. Bedenkt man jedoch, dass neurologische Erkrankungen auch den ösophagealen Bolustransport betreffen können und die mit Schluckstörungen assoziierten gastrointestinalen Erkrankungen mitunter eine ebenso vielschichte Ätiologie und Symptomatik aufweisen, sind sie in Bezug auf das klinische Dysphagiemanagement nicht zu vernachlässigen. Hinzu kommt, dass sie sich durchaus auch in sog. »extraösophagealen Symptomen«, wie chronischem Husten, Heiserkeit, einem Globus pharyngis oder Thoraxschmerzen (dem sog. »Nicht kardialen Brustschmerz«) manifestieren können und somit immer auch in differenzialdiagnostische Erwägungen mit einbezogen werden sollten. Dies verlangt von den beteiligten Berufsgruppen ein profundes Wissen zu diagnostischen Verfahren und therapeutischen Optionen ösophagealer Dysphagien.

Extraösophageale Symptome

Nicht kardialer Brustschmerz

In diesem Zusammenhang widmen sich Julie Nienstedt und Anne Kalitzky dem laryngopharyngealen Reflux (LPR), welcher ursächlich für viele unspezifische Symptome sein kann und häufig unbemerkt auftritt. Auch als »stiller Reflux« bezeichnet, kann er im klinischen Alltag leicht übersehen werden. So haben die Betroffenen mitunter eine lange Leidensgeschichte hinter sich gebracht, bevor die richtige Diagnose gestellt wurde und eine entsprechend adäquate Behandlung erfolgen kann. Diese setzt jedoch, wie die Autorinnen betonen, eine differenzierte Diagnostik voraus, für die klinisch etablierte Goldstandards allerdings z. Zt. noch fehlen.

Laryngopharyngealer Reflux (LPR)

Stiller Reflux

Aus diesem Grunde ist eine differenzierte Vorgehensweise notwendig, die auch eine objektive Messung des orpharyngealen Säure-Basen-Milieus beinhalten sollte. Nur auf diese Weise undin der Zusammenschau aller Befunde, kann eine Diagnose gestellt werden und die auf den jeweiligen Patienten abgestimmte, individuelle Therapie erfolgen.

(J. Nienstedt, A Kalitzky)

Auch die Achalasie, als primäre Motilitätsstörung des Ösophagus, die den Speisebolus im Rahmen einer Relaxationsstörung des unteren Ösophagussphinkters sowie der Beeinträchtigung der propulsiven ösophagealen Peristaltik nicht oder nur eingeschränkt in den Magen passieren lässt, erfordert ein differenziertes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen, was von Jochen Keller, Herbert F. Durwen und Viktor A. Krol dargestellt wird. Dabei wird deutlich, dass die Erkrankung zwar nicht heilbar im Sinne einer bleibenden Beschwerdefreiheit ist, die Symptomatik allerdings durch verschiedene Verfahren über einen längeren Zeitraum beherrscht werden kann. Die Wahl der jeweiligen Methode richtet sich dabei nach dem Typ der Achalasie, der individuellen Symptomatik, dem Alter des Patienten sowie möglichen Komorbiditäten.

Relaxationsstörung des unteren Ösophagussphinkters

Die Behandlung der Achalasie beinhaltet verschiedene therapeutische Methoden, die auf die individuellen Faktoren der Patienten abzustimmen sind. Auf ein Rezidiv der Symptomatik muss in einigen Fällen mit einer Wiederholung der Behandlung bzw. auch mit einem Wechsel der therapeutischen Methode reagiert werden.

(J. Keller, H. F. Durwen, V. A. Krol)

Die hier aufgeführte Zusammenschau der einzelnen Beiträge verdeutlicht nicht nur die Komplexität des Störungsbildes der Dysphagie, sondern betont vielmehr die Notwendigkeit eines interdisziplinären Vorgehens, in dem gleichermaßen medizinisch-therapeutische, wie auch psychosoziale Aspekte eine Rolle spielen.

Zugunsten einer lesefreundlichen Darstellung wird in der Regel die neutrale bzw. männliche Form verwendet. Diese gilt für alle Geschlechtsformen (weiblich, männlich und divers).

1       Die funktionelle Dysphagietherapie (FDT) am Beispiel eines Patienten mit schwerer neurogener Dysphagie

Jochen Keller und Herbert F. Durwen

1.1       Theoretischer Hintergrund

Dysphagien können Folge zahlreicher neurogener und nicht neurogener Erkrankungen sein und bilden bei manchen sogar das Hauptsymptom. In Abhängigkeit von den einzelnen Grunderkrankungen können sie einerseits als passageres Phänomen nur kurzfristig präsent sein und dann vollständig remittieren, andererseits jedoch auch als chronische Beeinträchtigung lange fortbestehen oder in ihrer Symptomatik auch weiter fortschreiten und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken. Eine erfolgreiche Behandlung der meist komplexen Symptomatik setzt sowohl eine akkurate Diagnostik als auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Fachdisziplinen voraus. Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Methoden, Strategien und Zielsetzungen in Abhängigkeit von Ätiologie, Stadium und Prognose der Erkrankung.

Dysphagietherapie als prozesshaftes Geschehen

Mit der hier vorgestellten Einzelfallstudie sollen Inhalte und Verlauf der funktionellen Dysphagietherapie (FDT) bei einem Patienten mit Z. n. Resektion eines Vestibularisschwannoms und daraus resultierender schwerer oropharyngealer Dysphagie exemplarisch dargestellt werden. Es wird aufgezeigt, dass die einzelnen therapeutischen Schritte kein statisches Übungsprogramm darstellen, sondern im Sinne eines prozesshaften Geschehens stets an den Verlauf der individuellen Symptomatik einerseits und den Bedürfnissen der Betroffenen andererseits anzupassen sind (Bartolome 2018). Dysphagietherapie als prozesshaftes Geschehen

Für die Behandlung oropharyngealer Dysphagien stellt die Erfassung der Symptomatik sowie der zugrunde liegenden Pathophysiologie durch eine klinische, vor allem aber auch apparative Diagnostik eine wesentliche Voraussetzung dar (Keller und Durwen 2022) und macht die Auswahl geeigneter Therapiemethoden erst möglich. Dabei wird das Erreichen folgender Ziele angestrebt, die sich auch in der hier vorgestellten Kasuistik wiederfinden und ganz allgemein auf das Optimieren bzw. den Erhalt einer größtmöglichen Lebensqualität ausgerichtet sind (Abb. 1.1).

Kleinstmögliche Abschluckfähigkeit

Das übergeordnete Bestreben ist dabei, die Schluckfähigkeit – sei sie auch noch so reduziert – allmählich wieder auf- und auszubauen, zu einer teilweisen oder gar vollständigen oralen Ernährung zurückzukehren oder Restfunktionen so lange wie möglich zu erhalten, um eine sog. »Non-use-Problematik« zu verhindern. Selbst bei schwersten oropharyngealen Dysphagien sollte daher eine kleinstmögliche Abschluckfähigkeit evaluiert werden, um ggf. auch Bolusgaben frühzeitig in die Therapie mit einzubeziehen.

Abb. 1.1:    Zielsetzungen der funktionellen Dysphagietherapie (FDT)

Merke

Die logopädische Schlucktherapie wird nicht als statisches Übungsprogramm verstanden, sondern muss sich im Sinne eines prozesshaften Geschehens stets an dem Verlauf, der individuellen Symptomatik und den Bedürfnissen jedes einzelnen Patienten orientieren und daran fortwährend angepasst werden.

1.1.1      Grundlagen der funktionellen Dyphagietherapie

Komponenten der funktionellen Dysphagietherapie

Die »funktionelle Dysphagietherapie« (FDT) wurde erstmalig von Gudrun Bartolome beschrieben und beinhaltet folgende Komponenten (Bartolome 2018):

Restituierend-übende Verfahren

Stabilisierung oder Optimierung noch erhaltener Restfunktionen

Hierzu zählen verschiedene Stimulations- und Mobilisationstechniken sowie aktive myofunktionelle bzw. Muskelfunktionsübungen, die weitgehend aus der Physiotherapie entlehnt wurden und auf die komplette oder zumindest teilweise Wiederherstellung der gestörten Schluckphysiologie abzielen. Abhängig vom Schweregrad und der jeweiligen Grunderkrankung, werden jedoch auch die Stabilisierung oder Optimierung noch erhaltener Restfunktionen angestrebt. Die Methoden beinhalten neben vorbereitenden Stimulationen (z. B. taktile und thermale Reizapplikation) und gezielten Mobilisationstechniken (z. B. geführte Bewegungen) auch autonome Bewegungsübungen. Diese werden mit Erreichen des Bewegungszieles und mit Verbesserung der Muskelfunktion dann allmählich wieder in den Schluckablauf integriert.

Adaptive Verfahren

Modifikation der Nahrungskonsistenz

Ess- und Trinkhilfen

International Dysphagia Diet Standardisation Initiative; IDDSI

Sie beinhalten, neben einer Modifikation der Nahrungskonsistenz (Pürieren fester Konsistenzen bzw. Andicken von Flüssigkeiten, Abb. 1.2), verschiedene Ess- und Trinkhilfen (z. B. spezielle Trinkbecher oder Bestecke), die externe Unterstützung der Nahrungsaufnahme oder entsprechende Platzierungen der Nahrung im Mundraum (z. B. auf die nicht betroffene Zungenseite). Bezüglich der Vereinheitlichung diätischer Maßnahmen hat eine im Jahr 2013 gegründete internationale Initiative (International Dysphagia Diet Standardisation Initiative; IDDSI) versucht, mittels genau definierter und im Hinblick auf ihre Textur zu testenden Nahrungskonsistenz- und Flüssigkeistsstufen eine einheitliche Terminologie zu etablieren (Cichero et al. 2017). Dabei wurden insgesamt acht Koststufen definiert, die allmählich in das klinische Dysphagiemanagement integriert werden und bereits in vielen Kliniken zum Einsatz kommen.

Abb. 1.2:    Texturangepasste und in Form gebrachte Nahrung für Dysphagie-Patienten am Beispiel breiiger und pürierter Kost, die ohne zu Kauen geschluckt werden kann (IDDSI-Grad 3 und 4)

Kompensatorische Verfahren

Haltungsänderungen

Spezielle Schlucktechniken bzw. -manöver

Zu den kompensatorischen Verfahren gehören Haltungsänderungen und spezielle Schlucktechniken bzw. -manöver, die – ähnlich wie adaptive Verfahren – eine Erleichterung der Boluskontrolle bzw. des Bolustransfers und/oder ein Vermeiden bzw. Minimieren von Aspiration zum Ziel haben. Sie werden somit während der Nahrungsaufnahme angewendet.

Zu den Haltungsänderungen gehören je nach Symptomatik z. B. die Veränderung der Kopfposition (z. B. Kopfanteflexion oder Kopfrotation zur betroffenen bzw. gesunden Seite). Das Schlucken mit anteflektiertem Kopf wird angewandt bei Patienten mit einer eingeschränkten oralen Boluskontrolle und Leaking sowie bei verzögerter Schluckreflextriggerung mit entsprechend erhöhter Aspirationsneigung (Abb. 1.3, Abb. 1.4, Abb. 1.5). Bei einer unilateralen pharyngealen Schwäche mit entsprechenden Bolusresiduen kann durch eine Kopfrotation zur betroffenen Seite ein suffizienteres Abschlucken erreicht werden (Abb. 1.6).

Kräftiges Schlucken (sog. »effortful swallowing«) oder das sog. »supra-« oder supersupraglottische Schlucken« werden den Schlucktechniken bzw. Schluckmanövern zugeordnet, deren Wirksamkeit wie die der Haltungsänderungen in der apparativen Schluckdiagnostik evaluiert und dokumentiert werden sollten (Abb. 1.9). Einen Überblick zu den einzelnen Schlucktechniken, deren Durchführung und Indikation geben Warnecke und Dziewas (2018, S. 220). Im Folgenden sind einige dieser Haltungsänderungen und Schlucktechniken exemplarisch anhand von Videofluoroskopie und Endoskopie dargestellt. Abb. 1.3, Abb. 1.4 und Abb. 1.5 sowie Video 1.3.1 und 1.3.2 zeigen exemplarisch die Wirksamkeit des Schluckens in Kopfanteflexion bei einem Patienten mit eingeschränkter oraler Boluskontrolle, Leaking und prädeglutitiver Aspiration.

In manchen Fällen kommen nicht nur einzelne dieser Maßnahmen bzw. Techniken isoliert zum Einsatz, sondern können – je nach Symptomatik – auch miteinander kombiniert werden (z. B. Kopfanteflexion und -rotation mit kräftigem Nachschlucken).

Abb. 1.3:    Videofluoroskopische Darstellung einer prädeglutitiven Aspiration (s. Pfeil) bei einem Patienten mit vorzeitigem posteriorem Bolusverlust (Leaking) ( Video 1.3.1) und Vermeiden einer Aspiration durch das Schlucken mit anteflektiertem Kopf ( Video 1.3.2)

Konsistenzenwechsel

Konsistenzenwechsel

Hierbei soll darauf geachtet werden, dass der Patient während der Nahrungsaufnahme häufiger einen Konsistenzenwechsel durchführt. Das heißt, dass z. B. nach dem Schlucken von fester Konsistenz (z. B. Fleisch) direkt im Anschluss eine etwas weichere Konsistenz geschluckt oder – wenn kein Aspirationsnachweis für Flüssigkeit vorliegt – auch nachgetrunken werden soll (Abb. 1.7 und Abb. 1.8).

Abb. 1.4:    Fiberendoskopische Darstellung einer prädeglutitiven Aspiration ( Video 1.4)

Abb. 1.5:    Keine weitere Aspiration bei erneutem Schluck mit anteflektiertem Kopf ( Video 1.5)

Abb. 1.6:    Suffizientes Clearing von im linken Sinus verbliebenen Residuen durch Nachschlucken mit nach links rotiertem Kopf ( Video 1.6)

Abb. 1.7:    Vollständiges Clearing durch erneute Bolusgabe (Obstmus) bei einer Patientin mit deutlichen Bolusresiduen in den Valleculae (Brot) sowie Aspirationsneigung bei Flüssigkeiten ( Video 1.7)

Abb. 1.8:    Vollständiges Clearing von Bolusresiduen (Brot) auf Zungengrund durch Nachtrinken (sog. »clear wash«; Video 1.8)

Supraglottisches Schlucken

Zum Erlernen dieser Schlucktechnik wird der Patient zu Folgendem aufgefordert:

Supersupraglottisches Schlucken

»Atmen Sie bewusst ein, halten die Luft an und schlucken mit angehaltener Luft – direkt nach dem Schlucken räuspern und noch einmal nachschlucken ohne nachzuatmen«. Wird diese Technik korrekt umgesetzt, hat dies zur Folge, dass der Larynx – und damit die Atemwege – noch vor dem Auslösen des Schluckreflexes geschlossen sind (s. Video). Entsprechend wird diese Schlucktechnik bei Patienten mit prä- bw. intradeglutitiver Aspiration eingesetzt. Anschließendes Räuspern und Nachschlucken soll es ermöglichen, evtl. in den Larynx eingedrungenes Bolusmaterial wieder herauszubefördern und sicher abzuschlucken. Beim supersupraglottischen Schlucken wird der Patient aufgefordert, während des Luftanhaltens in den Bauch zu pressen und damit mehr Druck aufzubauen. Dies führt zu einem suffizienteren Glottis- und Taschenfaltenschluss. Abb. 1.9 zeigt das Verhindern der Aspiration einer Placebo-Tablette durch das Anwenden dieser Schlucktechnik.

Abb. 1.9:    Prädeglutitive Penetration einer Testtablette und Verhindern einer Aspiration durch den willkürlichen und suffizienten Stimmlippen- und Taschenfaltenschluss (supersupraglottische Schlucktechnik)

Durch die Anwendung dieser Maßnahmen werden zwar die zugrundeliegenden Dysfunktionen nicht behoben, sie können aber, selbst bei schweren Dysphagien, dazu beitragen, dass zumindest eine kleine Menge einer bestimmten Konsistenz sicher und effektiv geschluckt werden kann. Dabei wird eine vollständige orale Nahrungskarenz vermieden und eine gewisse Funktionalität des Schlucksystems erhalten, um hierauf dann therapeutisch aufzubauen.

1.2       Fallbeispiel

Patientengeschichte/Anamnese

Patientengeschichte/Anamnese

Bei dem 54-jährigen, selbständigen Immobilienkaufmann und Vater von zwei Kindern traten die ersten Symptome ca. drei Monate vor der chirurgischen Intervention auf. Sie äußerten sich zunächst in leichtem, intermittierendem Schwindel, der nach einiger Zeit auch mit einer Fallneigung nach rechts einherging. Des Weiteren bemerkte er zunehmende Parästhesien der rechten Gesichtshälfte sowie occipitale Kopfschmerzen, die sich durch Analgetika nicht wesentlich besserten. Erst als sich ein rechtsseitiger, progredienter Hörverlust einstellte, kontaktierte der Patient einen HNO-Arzt, der ihn umgehend zur stationären Abklärung einwies.

Die dort durchgeführte kraniale Bildgebung und der histologische Befund ergaben ein Vestibularisschwannom (WHO-Grad I), wobei ein Meningeom oder eine zerebrale Ischämie differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden konnten.

Vestibularisschwannom

Info

Beim Vestibularisschwannom, gemeinhin als »Akustikusneurinom« bezeichnet, handelt es sich um einen gutartigen, nicht metastasierenden Tumor, der langsam wächst und von den Schwann‘schen Zellen (Nervenscheiden) des vestibulären Anteils des VIII Hirnnervs (N. vestibulocochlearis) ausgeht. Zu den klassischen Symptomen gehören Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, eine einseitige Hörminderung und Tinnitus. Bei entsprechender Wachstumsprogredienz kann er sich bis in den Kleinhirnbrückenwinkel ausdehnen, den Hirnstamm komprimieren und zu einer Schädigung kaudaler Hirnnerven sowie ggf. auch zu charakteristischen Hirndrucksymptomen, wie Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen, bis hin zum Tode führen (Ramsden 1995).

Dysphagie mit heftigen Hustenattacken

Man entschied sich für eine zeitnahe Tumorresektion, bei der sich postoperativ neben einer peripheren Fazialisparese auch eine vom Patienten subjektiv berichtete Dysphagie mit heftigen Hustenattacken während der Nahrungsaufnahme zeigte.

Info

Schluckstörungen als postoperative Komplikation der Resektion eines Vestibularisschwannoms werden in der Literatur als eher selten angegeben (Roche et al. 2008; Samil und Matthies 1997) und erst in neuer Zeit eingehender beschrieben (Abbas-Kayano et al. 2021; Lapa et al. 2020). Zu den Risikofaktoren der Entwicklung postoperativer Dysphagien gehören nach Abbas-Kayano et al. (2021) die Tumorgröße, das Vorliegen einer fazialen Parese sowie das Ausmaß des Gewebsdefektes.

Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG)

Da sich in der daraufhin durchgeführten Videofluoroskopie, in der man sich auf das Testen nur einer kleinen Menge flüssiger Konsistenz beschränkte, eine vollständige Aspiration des Kontrastmittels zeigte und die Dysphagie des Patienten weiterhin persistierte, entschied man sich zur Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG). Der Patient wurde oral nahrungskarent nach Hause entlassen und erhielt ein Mal pro Woche ambulante logopädische Behandlung, in der vor allem Fazialis- und allgemeine mundmotorische Übungen im Vordergrund standen. Als sechs Monate nach der Operation immer noch keine Verbesserung der Schluckfähigkeit nachweisbar war, wurde die logopädische Therapie zunächst pausiert. Nach einem weiteren halben Jahr wurde der Patient von einer anderen Kollegin, die die Therapie inzwischen übernommen hatte, zur ambulanten endoskopischen Schluckdiagnostik im St. Martinus-Krankenhaus Düsseldorf vorgestellt.

Logopädischer Befund

Logopädisch-klinische Diagnostik

Die logopädisch-klinische Diagnostik bestand aus einem Wasserschluck-Screening sowie einer komplexen Untersuchung der am Schluckakt beteiligten faziooralen Strukturen und Muskelgruppen.

Periphere Fazialisparese rechts

Hiernach bestand eine periphere Fazialisparese rechts mit inkomplettem Lippenschluss sowie Bolusresiduen im rechten Sulcus nach Schluckversuchen mit breiiger Konsistenz (Apfelmus). Zungentonus, -beweglichkeit und -bewegungsausmaß waren unauffällig. Fazioorale Sensibilitätseinschränkungen lagen – soweit klinisch testbar – nicht vor. Willkürliches Räuspern und Husten waren kräftig. Es bestand eine symmetrische Velumelevation bei Phonation. Der Würgereflex war prompt auslösbar.

Im Wasserexpositionstest (sukzessive Gaben von insgesamt 50 ml Wasser) kam es bereits bei einer Menge von 5 ml innerhalb einer Minute zu postdeglutitivem Räuspern und Husten mit anschließend feucht belegter Phonation (»wet voice«). Bei breiiger Konsistenz (Apfelmus) zeigten sich hingegen keine weiteren klinischen Aspirationszeichen. Der Patient musste jedoch bei einem Bolusvolumen von einem Teelöffel wiederholt nachschlucken.

Schwache laryngeale Elevation

Die Palpation von Larynx und Mundboden ergab eine nur kurze und schwache laryngeale Elevation. Der Patient beschrieb dabei Residuen in der Kehle und das Bedürfnis, häufiger nachzuschlucken.

»Bogenhausener Dysphagie Score (BODS)«

Um die funktionellen Fähigkeiten der Patienten und den Verlauf der Schlucktherapie genauer beschreiben zu können, nutzten wir den »Bogenhausener Dysphagie Score (BODS)« (Starrost et al. 2012). Dieser besteht aus zwei achtstufigen Skalen und graduiert die Fähigkeit des Speichelschluckens sowie der Nahrungsaufnahme. Aus der Summation der beiden Teile ergibt sich dann der Schweregrad der Dysphagie.

FEES-Erstbefund (1 Jahr post OP):

Rechtsseitige Pharynxparese

Im Rahmen einer rechtsseitigen Pharynxparese sowie einer eingeschränkten Aryknorpelmotilität rechts kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen des pharyngealen Bolustransfers mit Residuen in den Sinus piriformes vorwiegend rechtseitig (Abb. 1.10).

Kopfrotation nach rechts

Bei Flüssigkeiten kam es auch zu einem postdeglutitiven Übertritt in den Larynx (Penetration) sowie einer Aspiration über die Postcricoidregion mit Räuspern und Husten (PA° 6). Da die Evaluation therapeutischer Maßnahmen ein immanenter Bestandteil der FEES ist, wurden direkt anschließend erste kompensatorische Schluckmanöver getestet. So führte eine Kopfkippung zur gesunden (linken) Seite zu keinem suffizienteren Bolustransfer. Eine deutliche Verbesserung zeigte sich hingegen erst beim Schlucken mit Kopfrotation nach rechts. Bei diesem Manöver verengt sich der betroffene pharyngeale Spaltraum und der Bolus wird über die gesunde Seite abgeschluckt (Abb. 1.10 und Video 1.10.2).

Abb. 1.10:  Residuen vorwiegend im rechten Sinus pirifomis (Pfeil). Deutlich verbesserter Bolustransfer durch das Schlucken mit nach rechts rotiertem Kopf ( Video 1.10.1 und 1.10.2)

So lag ein Gesamtscore von 11 (BODS-1 Grad 3 und BODS-2 Grad 8) vor, was eine »schwere Dysphagie« definiert.

BODS-1: (Score für Beeinträchtigung des Speichelschluckens):

Grad 3: mäßiggradige Störung (Keine Trachealkanüle, ineffizientes Speichelschlucken, häufig gurgelnder Stimmklang und/oder häufige Expektoration)

 

BODS-2: (Score für Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme):

Grad 8: schwere Störung (Ernährung erfolgt ausschließlich über Sonde/parenteral)

Der Patient konnte seine Symptomatik auf Nachfrage sehr genau beschreiben und den Ort der Residuen korrekt angeben. Obwohl eine derart genaue Eigenwahrnehmung für die Therapie sicherlich positiv zu bewerten ist, entwickelte der Patient jedoch aufgrund vergangener Erfahrungen des Aspirierens mit heftigen Hustenattacken eine nicht unerhebliche Angst vor dem Schlucken von Nahrung gleich welcher Konsistenz, die vor und während der FEES thematisiert wurde, im Verlauf der Therapie jedoch vollständig abgebaut werden konnte.

1.2.1      Ebenen und Verlauf der funktionellen Dysphagietherapie

Verlauf der funktionellen Dysphagietherapie

Die Planung des therapeutischen Vorgehens erfolgte in Anlehnung an den fiberendoskopischen Erstbefund und in Absprache mit der weiterbehandelnden Therapeutin. Das vordergründige Ziel war zunächst die Förderung muskulärer Funktionen zur Verbesserung des pharyngealen Bolustransportes. Im Wesentlichen waren dies Übungen zur:

•  Kräftigung der suprahyoidalen Muskulatur (Shaker-Manöver, Mendelsohn-Manöver)

•  Verbesserung der pharyngealen Bolusaustreibung (Masako-Manöver)

•  Kräftigung der pharyngealen Muskulatur (PNF-Kopf-Hals-Muster)