Earthventure in Las Vegas - Beatrice Sonntag - E-Book

Earthventure in Las Vegas E-Book

Beatrice Sonntag

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Beschreibung

Die erfolgreiche Geschäftsfrau Ulionk vom Planeten Angrodan sehnt sich nach Abenteuerurlaub auf einem unberührten Planeten. Wie gut, dass Odiklu die Erde entdeckt hat, die noch nicht unter Schutz steht. Im verrückten Las Vegas findet er in dem langweiligen und normalen Erdenbürger Josh den perfekten authentischen Fremdenführer für Ulionk. Die Reisevorbereitungen zwingen Josh dazu, seine Komfortzone weit hinter sich zu lassen. Er hat es plötzlich mit Gangstern, illegalen Hahnenkämpfen, Hüpfburgen, Schlammvulkanen und tonnenweise Süßigkeiten zu tun. Und dann wird auch noch die Polizei auf die laute „Tante Uli“ aufmerksam. Ein Glück, dass ihm sein Freund Henry zur Seite steht. Schafft es Josh, seinen außerirdischen Gast zufriedenzustellen, ohne dass sie als das entlarvt wird, was sie ist? In „Earthventure in Las Vegas“ lernt der Leser gemeinsam mit der schillernden Alien-Diva Ulionk die Wunder der Sin City kennen. Ein rasanter, humorvoller und unvorhersehbarer Trip durch Las Vegas. Ein Abenteuer, das so noch nie erzählt wurde.

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Seitenzahl: 245

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Beatrice Sonntag

Earthventure in Las Vegas

Abenteuerurlaub auf der Erde

Titel

 

 

 

 

 

 

 

Earthventure

in Las Vegas

Abenteuerurlaub auf der Erde

 

 

 

 

Beatrice Sonntag

 

 

 

 

 

Impressum

 

Copyright: vss-verlag

Jahr: 2023

 

 

 

Lektorat/ Korrektorat: Elfriede Schilling

Cover: Dagma Schirra und Axel Aldehoven

Portrait: Focus Maximus / Markus Scherer

 

Verlagsportal: www.vss-verlag.de

 

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig.

 

Josh hatte ein stinknormales Leben. Er hatte einmal in einem Magazin im Wartezimmer seiner Zahnärztin gelesen, dass der 11. April 1954 der langweiligste Tag im 20. Jahrhundert gewesen sei. Wissenschaftler hatten dies durch die Analyse von 300 Millionen Daten zu historischen Ereignissen herausgefunden. Josh fühlte sich mit dem 11. April 1954 sehr verbunden.

 

1

Ulionk ließ ihren Blick über das Feuilleton der Angrodan International News gleiten und las ein paar Abschnitte eines Reiseberichts über den Planeten Paphyrion Delta, auf dem sich die Bewohner der beiden größten Landmassen seit über 16 Generationen bekriegen.

„Genießen Sie blutige Schlachten zwischen den Kilonen und den Kilanen, die sich in Sachen Grausamkeit in nichts nachstehen. Aus sicherem Orbit können Sie auch das kleinste Detail hautnah miterleben, sehen die Äxte fliegen und hören das Kreischen der Kettensägen.“

Der Reisebericht ging nahtlos in eine Werbeanzeige für Reisen nach Paphyrion Delta über. Ulionk verzog leicht die Mundwinkel und wunderte sich wieder einmal darüber, wie es so weit hatte kommen können, dass sich alle Bewohner des Planeten Paphyrion Delta nur einem Ziel verschrieben hatten: Der bestialischen Ermordung aller Lebewesen auf dem Kontinent, der jeweils nicht ihr eigener war. Eigenartig. Ulionk hatte oft Langeweile, seit sie in den letzten Monaten immer mehr Bereiche ihres Jobs als Leiterin der intergalaktischen Raumfahrtbehörde von Angrodan an zwei ihrer Untergebenen delegierte. Aber so langweilig, dass sie anderen Leuten die Köpfe einschlagen wollte, war es ihr auch wieder nicht. Ein blutrünstiger Kampf wäre dennoch etwas, wobei sich Ulionk entspannen könnte. In dieser Frage war sie eine typische Angrodanerin. Sie war bereits mehrfach nach Paphyrion Delta gereist, um sich für ein paar Stunden ein unterhaltsames Gemetzel anzusehen. Aber durch die große Entfernung zum Geschehen auf dem Planeten wurde auch dieses Vergnügen irgendwann langweilig.

Vielleicht bin ich einfach zu alt für diesen Quatsch, dachte Ulionk.

Sie blickte wieder hinab auf ihr Datenpad und las eine Anzeige für Ferien in einem romantischen All-Inclusive-Resort auf Beta Kerion Prime, wo riesige pinkfarbene Zitterale am Abend das Meer in ein elektrisierendes Naturschauspiel verwandeln. Mit der Romantik war Ulionk durch. Ihr Eheleben hatte sich schon seit Jahren in eine gleichförmige Routine verwandelt, in der sie nur noch eine Nebenrolle spielte.

Da fiel Ulionks Blick auf eine Anzeige für etwas, das als „Abenteuerurlaub auf der Erde“ angepriesen wurde.

„Tauchen Sie ein in das ursprüngliche und authentische Leben eines noch unbekannten, nahezu unberührten Planeten, dessen Bewohner einen enormen Unterhaltungswert haben. Lassen Sie sich von einem echten und naturbelassenen Einheimischen in die Kultur der Erde einführen und erleben Sie einen unvergesslichen Kurzurlaub auf diesem abgelegenen und exotischen Planeten! Earthventure – Abenteuer in der Wildnis. Authentisch und ursprünglich. Rufen Sie uns gleich an!“, stand da zu lesen.

Ulionk blickte von ihrem Datenpad auf und richtete ihren Blick durch das große Fenster auf den Pool und den Garten. Naturbelassen. Das sprach Ulionk genau aus der Seele. Sie sehnte sich nach einer großen Reise mit viel Abwechslung. Sie wollte endlich mal wieder etwas erleben. Erde. Davon hatte Ulionk noch nie gehört. In letzter Zeit war es auf Angrodan Mode geworden, für Planeten die Namen der Einheimischen zu nutzen. Bestimmt war es einer dieser kleinen Planeten in dieser neu entdeckten Galaxie, die noch nicht vollständig kartografiert und daher auch noch nicht unter Schutz gestellt war. Erde. Das klang nach Romantik, Wilden und Abenteuer, dachte Ulionk.

Sie hatte während der vergangenen Jahre viele dieser Safaris unternommen, die in der Hydrion-Galaxie angeboten wurden. Ulionk hatte es genossen, den Lebewesen auf den einzelnen Planeten bei ihren täglichen Routinen zuzusehen, ihre religiösen Rituale zu verfolgen, Auseinandersetzungen mitzuerleben und ihnen mit etwas Glück sogar bei der Paarung zusehen zu können. Aber auf all diesen Planeten in der Hydrion Galaxie durften Touristen schon seit Jahrzehnten nicht mehr aus den getarnten Shuttles aussteigen. Der echte Kontakt zu den Planetenbewohnern war nicht möglich.

Ulionk fasste in diesem Moment den Entschluss, im Datenstrom mehr Informationen über die Erde zu suchen und sich bei Earthventure zu erkundigen. Sie berührte den Bildschirm ihres Datenpad mit dem kleinsten der sechs Finger ihrer rechten Hand, damit die Anzeige von Earthventure gespeichert wurde.

In dem Moment öffnete sich die Tür der Veranda und Buklu, einer von Ulionks drei Ehemännern betrat den Raum. Er grüßte höflich aber knapp und ging schnurgerade auf den Schrank zu, in dem die Süßigkeiten aufbewahrt wurden. Als Buklu den Raum wieder verließ, um zurück zu Turklu und Guriglu zu gehen, lächelte er Ulionk etwas verlegen an.

Buklu hatte noch immer seinen fülligen Körper. Hätte Ulionk die Erde besser gekannt, dann wäre ihr sicher aufgefallen, dass Buklus Körperform am besten mit der eines ausgewachsenen Walrosses vergleichbar war. Ulionk fand ihn noch immer attraktiv, aber sie hatte sich längst daran gewöhnt, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Sie war nach so vielen Jahren kaum noch enttäuscht darüber, dass ihre drei Ehemänner sich fast jeden Tag im Gartenhaus aufhielten, gemeinsam biranischen Poker spielten und Unmengen von Kuchen in sich hineinstopften. So war das wohl, wenn man schon lange verheiratet war. Dank Ulionks fast schon unverschämt hohem Gehalt als Chefin der intergalaktischen Raumfahrtbehörde von Angrodan ging es den vier Eheleuten finanziell und materiell richtig gut. Sie hatten ein schönes Haus, das kleine Poolhaus und den riesigen Pool, der stets mit kühlem blubberndem Schlamm gefüllt war. Sie besaßen mehrere Raumgleiter, sogar einen mit offenem Verdeck und die Kinder waren auf guten Universitäten oder arbeiteten an ihren eigenen Karrieren.

Ulionk war sowas von bereit, sich endlich mal wieder in ein Abenteuer zu stürzen. Erde, dachte sie erneut. Das klingt aufregend. Sie startete auf ihrem Datenpad eine Suche, um möglichst viele Informationen über diesen entlegenen Planeten zu bekommen.

„Die Erde gehört zu einer Gruppe von Planeten, die im siebzehnten Jahr des Schwanzlurches von dem Team um den Raumforscher Pubulliak III entdeckt wurde. Die Kartografierung der Erde hat bisher mangels Finanzierung der Forschung noch keine wesentlichen Fortschritte gemacht. Über die Bewohner der Erde ist bisher bekannt, dass sie sich auf einer unteren Entwicklungsstufe im Zeitalter der Verbrennungsmotoren befinden und einen primitiven Geldhandel betreiben. Dem Zeitalter der Kriege ist die Erde weitestgehend, aber nicht vollständig, entwachsen. Es sind sogar zögerliche Bemühungen zu erkennen, die fortgeschrittene Zerstörung des eigenen Planeten zu verlangsamen…“

Sehr interessant, dachte Ulionk und holte sich noch einen süßen Drink, bevor sie erneut die klobigen Füße hochlegte und weiter las.

 

 

2

 

Odiklu legte den Schalter für den Autopiloten ein. Er flog in sicherer Entfernung über eine dieser ewig langen Ausfallstraßen der Stadt, welche die Erdenbewohner als Las Vegas bezeichneten. Er hatte diese Stadt für sein erfolgversprechendes neues Tourismusprojekt auserkoren, weil es dort aus noch nicht geklärten Gründen extrem viele ungewöhnliche Erdenbewohner gab. Die Stadt schien schräge Typen in lustigen Kostümen geradezu magisch anzuziehen, weshalb es in Las Vegas am leichtesten war, als Angrodaner unterzutauchen und dabei selbst dann nicht aufzufallen, wenn man sich üble Patzer leistete.

Odiklu dachte nicht weiter darüber nach, was wohl die Gründe dafür sein mochten. Er konnte einfach sein Glück nicht fassen und war fest entschlossen, diese Gelegenheit endlich stinkreich zu werden, nicht ungenutzt zu lassen.

Über dem Zentrum von Las Vegas passte er die Geschwindigkeit seines in die Jahre gekommenen Raumgleiters den Fahrzeugen an, die auf dem langen, breiten und unglaublich bunten Boulevard entlang fuhren, welchen die Erdenbewohner liebevoll und manchmal nahezu ehrfürchtig den „Strip“ nannten. Odiklu fühlte sich fast schon ein wenig zu Hause.

Nach langen Monaten der Recherche auf der Erde hatte Odiklu den perfekten Plan. Daher war er in diesem Moment auf der Suche nach einem passenden Gastgeber für seinen ersten Touristen. Die Anzeigen in der Angrodan International News waren geschaltet und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich ein wohlhabender Tourist für sein Angebot interessierte. Odiklu war fest entschlossen, diesmal erfolgreich zu sein und nichts dem Zufall zu überlassen. Nach einer Reihe von erfolglosen Unternehmungen – die Erdenbewohner würden es Schnapsideen nennen – war dies die geniale Businessstrategie, nach der er sein Leben lang gesucht hatte.

Odiklu parkte seinen getarnten Raumgleiter oberhalb eines dieser gigantischen Parkplätze, von denen Las Vegas mehr als genug hatte. Er ließ sich in einem unbeobachteten Moment hinab auf die Erde gleiten, strich sein Superman-Kostüm glatt und steuerte dann auf das Convention Center zu, in dem die Comic Con stattfand.

Diese ungewöhnliche Veranstaltung, deren Sinn er trotz umfassender Recherche und großer Bemühungen noch immer nicht vollständig begriffen hatte, war der perfekte Ort, um einen Gastgeber zu finden. Das hatten seine Studien eindeutig ergeben. Odiklu hatte eine Liste der Kriterien, die ein idealer Gastgeber erfüllen musste und interessanterweise kamen alle Lebewesen, die diese Kriterien erfüllten, auf der Comic Con zusammen. Sein erster Ansatz war es gewesen, auf gut Glück Menschen anzusprechen und ihnen Fragen zu stellen, welche ihre Tauglichkeit schnell beweisen oder widerlegen konnten.

„Guten Tag. Finden Sie Windows oder Linux besser?“ war einer seiner Ansätze gewesen. „Guten Abend. Finden Sie, dass Leonard Nimoy oder Zachary Quinto der bessere Spock ist?“ Diese Art von Herangehensweise hatte ihm in den meisten Fällen ratlose Blicke, in manchen Fällen langatmige Vorträge und einmal sogar eine Ohrfeige eingebracht. Er hatte auf diese Weise aber von einer sehr eleganten jungen Dame in einem rosa Cocktailkleid den entscheidenden Hinweis erhalten: „Scheren Sie sich zum Teufel, Sie Nerd. Gehen Sie zurück auf die Comic Con oder wo auch immer Sie hergekommen sind!“ Er war dieser Dame noch immer dankbar.

Odiklu rieb sich die Hände und trat in das Gebäude ein. Vor ihm erstreckte sich ein heilloses Durcheinander von Menschen in Kostümen. Viele davon konnte er mittlerweile zuordnen. Odiklu wusste, wer Chubakka war, er kannte die Star Trek Uniformen, die Superhelden von Marvel und eigentlich jeden Actionhelden der vergangenen 50 Erdenjahre. Odiklu hatte seine Hausaufgaben gemacht und viele Tage damit zugebracht, Flash Gorden, Kampfstern Galactica, die X-Akten, Superman, Raumschiff Enterprise, Babylon 5, Stargate, Star Wars und alle Comicverfilmungen von Hulk bis Batman zu sehen.

Nun war er davon überzeugt, dass nur ein sogenannter Nerd seinem Profil entsprach. Er hatte sogar herausgefunden, dass nicht alle Nerds es schätzten, als Nerd bezeichnet zu werden. Also benutzte er das N-Wort nicht mehr im direkten Kontakt mit seinen potentiellen Gastgebern.

Odiklu fiel auf der Comic Con überhaupt nicht auf. Überdurchschnittlich viele Besucher hatten eine Figur, die leicht in Richtung Walross neigte. Sie alle trugen lustige Kostüme und stopften kiloweise zuckerhaltige Lebensmittel in sich hinein.

In den vergangenen fünf Tagen hatte sich Odiklu mehrmals täglich mit Dr. Düklus Greenaway-Lotion eingerieben, welche seine angrodanische Hautfarbe der der Menschen anpassen konnte. Das Produkt war jedoch noch nicht ganz ausgereift und so sahen Angrodaner, welche auf der Erde unterwegs waren, stets so aus, als hätten sie einen äußerst schmerzhaften Sonnenbrand. Die Tatsache, dass Odiklu, wie alle Angrodaner, keine Haare, sondern grünliche Knubbel und Dellen am Kopf hatte, versteckte er mit Hilfe einer Perücke. Ihm war schnell klar geworden, dass Perücken auf der Erde alles andere als ungewöhnlich waren. Einer seiner ersten kleinen Fehler war es gewesen, sich eine dieser Perücken auszusuchen, wie sie vielleicht Mozart zu einem festlichen Anlass getragen hätte. Darin hatten ihn sogar einige Leute in Las Vegas ausgelacht. Nun. Man lernt nie aus.

Schon nach wenigen Metern konnte Odiklu einige potentielle Businesspartner in der Menge ausmachen.

 

 

3

 

Nach mehreren Versuchen, mit verschiedenen Erdenbewohnern in Kontakt zu kommen, prüfte Odiklu noch einmal seinen Übersetzungsapparat, den er unauffällig wie einen Ohrring trug, so dass es einem unaufmerksamen Gesprächspartner nicht auffiel, dass die Stimme nicht direkt aus seinem Mund kam. Odiklu musste mit seinem Mund - oder besser gesagt mit seiner Zunge - ohnehin etwas vorsichtig sein, denn selbstverständlich konnte er Dr. Düklus Greenaway-Lotion, nicht auf seine grünliche Zunge auftragen. Das heißt, theoretisch hätte er das gekonnt, aber Dr. Düklus Greenaway-Lotion schmeckte einfach scheußlich.

An einem Stand, an dem Actionfiguren von Godzilla angeboten wurden, wagte Odiklu es erneut und sprach einen vollschlanken jungen Mann mit einem Ansatz von Halbglatze und Spiderman-T-Shirt an.

„Hey, gleichgesinnter Comicfan. Wie geht es Dir?“ fragte Odiklu ungelenk. Innerhalb von sieben Sekunden baute sich in seinem Gesicht ein breites aufrichtiges Angrodaner-Lächeln auf.

 

 

4

 

Josh war zunächst etwas überrascht, dass gerade ihn jemand auf der Comic Con ansprach. Er war schon bereit, sich schüchtern abzuwenden und eine Ausrede zu finden, um nicht von dem fremden Herrn in ein Gespräch verwickelt zu werden. Als er jedoch sieben Sekunden lang dabei zusah, wie sich auf dem Gesicht des Fremden in lähmend langsamer Geschwindigkeit ein Lächeln aufbaute, konnte er nicht anders, als zurück zu lächeln. Irgendetwas an dem Lächeln erschien Josh kurios, exotisch und gleichzeitig unheimlich komisch. Zudem roch der Mann eindeutig nach Lakritze.

„Hey. Danke gut. Wie geht es Dir?“ lautete seine diplomatische Antwort.

„Es geht mir hervorragend. Ich komme nicht von hier. Ich bin aber ganz begeistert von dieser Stadt. Wohnst du in Las Vegas?“ fragte Odiklu, wobei seine Aussprache von Las Vegas bewies, dass er nicht von hier kam.

Josh fragte sich, ob der Mann wohl aus Europa kam. Angeblich gab es in Europa ja jede Menge Länder, in denen exotische Dialekte der amerikanischen Sprache gesprochen wurden. Außerdem hatte er Gerüchte gehört, dass auch in den Ländern, in denen eigentlich kein Amerikanisch gesprochen wurde, den Kindern in den Schulen Amerikanisch beigebracht wurde. Vielleicht war der seltsame Herr ja Ukrainer, Norweger oder Libanese.

„Es muss traumhaft sein, in einer so aufregenden Stadt zu wohnen“, sagte Odiklu mit einem langsamen Augenaufschlag, den er für besonders menschlich hielt.

„Ich wohne nicht weit von hier. Wenn man die Stadt erst mal kennt, ist sie gar nicht mehr so verrückt, wie sie auf den ersten Blick erscheint“, erklärte Josh, „es gibt auch ganz normale Wohngebiete.“

Für normale Wohngebiete interessierte sich Odiklu aber nicht.

Dass der Fremde ihn fragte, welche Poster in seinem Zimmer hingen, wer sein liebster Marvel-Charakter sei und ob er lieber Star Wars oder lieber Star Trek mochte, erschien Josh nicht wirklich abwegig. Die Frage, ob er denn Zucker esse, fand er hingegen etwas befremdlich. Wie weit ging der Gesundheitswahn der Europäer?

„Ich bin nicht auf Diät, wenn du das meinst“, erwiderte Josh.

Das hatte Odiklu nicht gemeint und er war sich auch nicht sicher, was eine Diät war. Das Konzept, weniger zu essen, um Gewicht zu verlieren, war auf Angrodan nicht bekannt. Also wechselte er das Thema.

„Darf ich dich auf einen unanständig großen Eisbecher einladen? Du kannst mich übrigens Odie nennen.“

Josh konnte nicht ablehnen. Der Fremde weckte in ihm widersprüchliche Gefühle und zwar Neugierde, Faszination und verwirrender Weise das Bedürfnis, ihn vor der verrückten Welt von Las Vegas zu beschützen. Dabei war Josh nicht eben der fürsorgliche Typ. Er hatte als Kind mal einen Goldfisch besessen, der aber vorzeitig verstarb. Die gesamte Familie hatte im Namen des Tierwohls beschlossen, dass Josh keine weiteren Experimente in Sachen Tierhaltung mehr durchführen würde.

 

 

5

 

Wenig später saßen Odiklu und Josh in einem Eiscafé, von wo aus sie einen guten Blick auf die vorbeiströmenden Passanten hatten. Es war die übliche Mischung an gebräunten Urlaubern, Rentnern, die in der Stadt der Sünde ihre Ersparnisse verjubeln wollten und Verrückten, die sich in Las Vegas wohlfühlten, weil man hier weder mit einem gigantischen Senffleck auf dem Armani-Anzug, noch im Einhornkostüm, noch in einem knappen Badeanzug auffiel.

Mit einem verstohlenen Blick auf Odiklus Gesicht hatte Josh vorgeschlagen, sich in den Schatten zu setzen, woraufhin Odiklu erwiderte: „Ich sitze sehr gerne in der Sonne.“ Josh wollte seinem neuen Freund natürlich nicht den Spaß verderben. Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas. Das war ein altes Sprichwort, das zwar streng genommen auf Sonnenbrände nicht zutraf, schon gar nicht auf Sonnenbrände von diesem Ausmaß. Aber das sollte nicht Joshs Sorge sein.

Die beiden löffelten ihre unerhört großen Eisbecher und ließen sich die Sonne auf die dicken Bäuche scheinen. Aus einem nicht rational erklärbaren Grund fühlte sich Josh in Odiklus Gegenwart wohl. Sie sprachen über das Wetter, über die verschiedenen Spiderman-Darsteller der vergangenen Jahrzehnte und über Eiscreme. Mit letzterem schien sich Odiklu geradezu beängstigend gut auszukennen. Offenbar hatte er absolut jedes Etablissement in Las Vegas aufgesucht, das auch nur im Entferntesten etwas anbot, was wie Eiscreme aussah oder schmeckte. Hut ab, dachte Josh.

Zu Joshs großem Erstaunen bestellte sich Odiklu einen zweiten Familieneisbecher, während Josh vorsichtig den obersten Knopf seiner Hose öffnete und erst mal pausieren wollte. Mit einer Mischung aus Hochachtung und Entsetzen beobachtete Josh, wie Odiklu auch noch einen dritten Familienbecher verputzte.

Erst zwei Stunden später konnte Josh wieder langsam an Nahrungsaufnahme denken. Odiklu rieb sich die Hände und sprang sofort auf, als Josh ihm vorschlug, in eine Bar zu wechseln. Da sie in Las Vegas waren, mussten sie nicht lange suchen. Sie nahmen auf Hockern Platz und bestellten Nacho-Chips mit Käse. Josh bat um ein Glas Wasser. Die Bestellung kam schnell.

„Schmeckt es dir?“ fragte Josh, der den Eindruck hatte, dass Odie gerade zum ersten Mal in seinem Leben Nacho-Chips mit Käse aß. Wie war das möglich? War Europa so unterentwickelt, dass es dort keine Nacho Chips gab?

Odiklu blieb diplomatisch.

„Interessant“, sagte er, „gibt es das auch mit etwas mehr Zucker? Oder mit viel mehr Zucker?“

Bald darauf standen ein Stück Schokoladenkuchen, ein Donut und ein Rootbeer-Float auf dem Tisch. Odiklu fiel geradezu über die Süßspeisen her, als sei er vollkommen ausgehungert. Er kaute etwas zu laut und wirkte wie ein Kind, dessen Eltern nicht da waren und das endlich einmal essen konnte, was es wollte.

„Möchtest du Alkohol zu dir nehmen?“, fragte er Josh, dem diese Frage in so direkter Art bisher selten gestellt worden war.

„Klar. Wie wäre es mit Margaritas?“

Da sein neuer Freund die Spendierhosen anzuhaben schien, konnte Josh es sicher wagen, etwas Teures zu bestellen.

„Da ist viel Zucker drin“, fügte er hoffnungsvoll hinzu.

Odiklu zahlte mit größter Selbstverständlichkeit für alle Drinks und gab der Kellnerin jeweils ein fast obszönes Trinkgeld. Vier Margaritas später wagte sich Odiklu auf gefährlicheres Terrain.

„Glaubst du an Außerplanetarische?“ fragte er und senkte dabei ein wenig die Stimme.

Josh hatte mittlerweile Mühe, alle seine Gedanken unter Kontrolle zu halten und den Gesetzen der Grammatik zu folgen. Er war ganz offensichtlich ordentlich angetrunken, weil er so viel hochprozentigen Alkohol nicht gewöhnt war.

„Du meist Außerirdische? Ja. Auf jeden Fall“, sagte Josh mit ernster Miene und etwas langsamer als seine übliche Sprechgeschwindigkeit.

Auf Odiklus krebsrotem Gesicht breitete sich erneut wie in Zeitlupe ein besonders breites Lächeln aus.

Dieser Mann war einfach nur kurios. Alles an ihm wirkte falsch. Die Ohren, die Haare, die Hautfarbe, die Körperform war ungewöhnlich und selbst seine Stimme war manchmal fast blechern.

Odiklu spürte die Wirkung des Alkohols ebenfalls. Neben dem unangenehmen Bedürfnis, Darmgase abzulassen, hatte sich eine enthemmende Leichtigkeit in seinem Gehirn breit gemacht. Faszinierendes Zeug, diese Margaritas. Nicht so gut wie Eiscreme, aber auf andere Weise durchaus erwähnenswert. Er wartete jedoch noch eine weitere Margarita ab, bis er seinem neuen Freund seine ganze Geschichte erzählte.

„Weißt du, Josh. Ich komme nicht von hier“, setzte er einleitend an.

„Das habe ich mir schon gedacht.“ Josh musste sich konzentrieren, um das Margaritaglas zum Mund zu führen, ohne etwas zu verschütten.

„Also ich meine, überhaupt nicht von hier. Ich komme nicht einmal aus derselben Galaxie.“

Josh drehte langsam den Kopf und starrte Odiklu direkt in die Augen. Gerade in dem Moment nahm Josh erneut den Geruch wahr, der von seinem Trinkgefährten ausging und der ihn an Lakritze erinnerte.

„Was?“ Zu einer schlagfertigeren Antwort war er alkoholbedingt nicht mehr in der Lage.

„Ich komme vom Planeten Angrodan.“

Josh fiel keine passende Erwiderung ein.

„Nein“, sagte er stattdessen.

„Doch. Es ist wahr.“

Odiklu vergewisserte sich, dass die übereifrige Kellnerin, die wegen des üppigen Trinkgeldes stets um den Tisch herum schlich, nicht in Hörweite war. Dann zog er das Oberteil seines Superman-Kostüms leicht nach oben und präsentierte Josh seinen mattgrünen faltigen Bauch.

Josh schüttelte verwirrt den Kopf und bemerkte nicht, wie seine Kinnlade langsam nach unten klappte. Er musste sich stark konzentrieren. Ein Glas zu halten, aufrecht zu sitzen, über die Existenz von Außerirdischen informiert zu werden und den Mund geschlossen zu halten, war schlichtweg zu viel auf einmal.

Fast eine Minute lang herrschte angespanntes Schweigen. Dann hielt Odiklu Josh seine rechte Hand hin, damit dieser seine Finger zählen konnte. Josh zählte dreimal nach, kam aber immer auf sechs. An der linken Hand ebenso.

Das konnte natürlich eine Missbildung sein. Darüber machte man keine Scherze. Josh schwieg und starrte weiter, während er versuchte, seine in Alkoholschwaden gefangenen Gedanken zu ordnen. Odiklu befürchtete bereits, dass er seinen neuen Freund vielleicht intellektuell überfordert oder gar psychologisch beschädigt haben könnte. Da kam Odiklu eine Idee und er führte Josh seinen Übersetzer vor.

„Hier, schau mal. Du kannst ihn einstellen wie du willst. Ich habe bisher nur Las Vegas, K-Pop und die Sprache der Putzfrauen im Caesar‘s Palace einprogrammiert. Aber ich kann im Grunde jede Sprache damit übersetzen. Es braucht nur etwas Zeit.“

Zum Beweis bewegte Odiklu einen winzigen Schalter und schon sprach er Koreanisch und dann Spanisch. Er schaltete wieder auf Englisch um.

„Toll, nicht wahr? Solange das Gerät mit den Gehirnwellen gekoppelt ist und keine Patyrion-Strahlung Interferenzen erzeugt, übersetzt es tadellos!“

Langsam wurde Josh bewusst, dass er die ganze Zeit schon das Gefühl gehabt hatte, dass irgendetwas an der Stimme seines Freundes Odie ungewöhnlich gewesen war. Er hatte es für einen europäischen Akzent gehalten.

Verstohlen befestigte Odiklu den Übersetzungsapparat wieder an seinem Ohr, als die Kellnerin sich mit unterwürfigem Lächeln näherte.

„Noch zwei Margaritas, die Herren?“

„Gerne“, erwiderte Odiklu.

„Wie wäre es mit Tequila?“ fragte Josh, dem der Sinn nach etwas Stärkerem stand.

„Tequila kannnn mannnn mit Zucker mmmmischen“, ergänzte er.

Odiklu war nun überzeugt davon, den richtigen Erdenbewohner gefunden zu haben. Josh war nicht schreiend oder schimpfend davongelaufen und hatte ihn nicht geohrfeigt oder ausgelacht. Er war nicht in Ohnmacht gefallen. Josh war ganz offensichtlich ein belastbares, vernünftiges, visionäres Exemplar von der Erde, das eine Businessgelegenheit erkannte und das seine unternehmerischen Fähigkeiten auszuschöpfen wusste. Die Comic Con war einfach der richtige Ort, um tüchtige Geschäftsleute zu finden.

Perfekt, dachte Odiklu. Und dann erklärte er seinem neuen Geschäftspartner sein Businessmodell in allen Details.

„Ich werde auf Angrodan Touren zur Erde anbieten. Ganz exklusive Reisen, vielleicht eine Woche lang, vielleicht ein wenig länger“, fing er an zu erzählen.

„Du musst wissen, dass die Tage auf Angrodan ziemlich genau doppelt so lang sind wie auf der Erde. Deine Gäste werden also etwa 24 Stunden lang wach sein und dann einen gesamten Erdentag verschlafen.“

Josh blickte auf.

„Mmmeine Gäste?“ vergewisserte er sich.

„Ja. Du bist der Gastgeber hier auf der Erde. Du bist der Fremdenführer und du...“

„Mmmmeine Gäste sssagst Du?“ wiederholte Josh, während sein vernebeltes Gehirn ganz langsam begriff, was sein neuer Freund von ihm wollte.

„Selbstverständlich wirst du dabei eine Menge Geld verdienen. Es ist wie Bed and Breakfast, nur besser“, ergänzte Odiklu, der Joshs Zögern falsch gedeutet hatte. Er sah sich bereits in der Verhandlungsphase, während Joshs Gedanken noch immer um die Verarbeitung der Tatsache schwebten, dass er gerade mit einem Wesen von einem fremden Planeten fünf oder sechs Margaritas getrunken hatte. Vielleicht auch sieben. Diese Tatsache konnte im Moment nicht abschließend geklärt werden, aber sein Gehirn hielt sich an diese Frage, weil sie so viel Normalität in sich barg.

Auf jeden Fall war Odie ein Alien. Oder ein Schwindler. Aber ein grüner Schwindler, der perfekt Koreanisch und Spanisch konnte und zwölf Finger hatte. Wie hoch war wohl die Wahrscheinlichkeit, dass jemand mit zwei missgebildeten Händen Spanisch und Koreanisch konnte und einen grünen runzligen Bauch hatte? Das war auch eine gute Frage.

„Ich kann Dir für jeden Gast, der zu Dir kommt, 100.000 von diesen Dollars geben, mit denen man auch Margaritas kaufen kann“ beteuerte Odiklu.

„Hunderttausend Dollar?“ staunte Josh, dem wieder die Kontrolle über seine Kinnlade abhanden kam.

„Meinetwegen 300.000“ beeilte sich Odiklu zu sagen.

„Dreihunuderttaussssend Dollar?“ lallte Josh und verspürte kurz das Bedürfnis, seine Augen ganz fest zu reiben.

„Also gut. Fünfhunderttausend“, Odiklu streckte Josh seine krebsrote Hand entgegen, wobei der Ärmel seines Superman-Shirts etwas verrutschte und die grünliche Haut seines Armes zum Vorschein kam. Er hatte gesehen, dass sich Menschen die Hände reichten, wenn sie ein Geschäft abschlossen.

Josh starrte auf den grünlichen Arm, ergriff dann aber zögerlich die außerirdische Hand.

„Fünfhunderttausend also!“

„Ich fasse es nicht.“ Josh schüttelte die Hand und gleichzeitig ganz langsam den Kopf, was ihm nicht gut bekam.

Nun war Odiklu nicht mehr zu bremsen und er erzählte Josh von seiner ersten Werbekampagne, die gerade in der Angrodan International News erschien und sicherlich schon Wirkung zeigte.

„Wahrscheinlich wollen die meisten ein Aquarium besuchen und Delphine, Haie und andere große Fische sehen. Durchsichtiges Wasser. Sowas gibt es auf Angrodan nicht. Alle Ozeane bestehen aus Schlamm. Falls es da Fische gibt, dann hat sie auf jeden Fall noch keiner gesehen. Vielleicht wollen sie auch mit einer Achterbahn fahren oder sich ein Baseballspiel ansehen. Ich hatte an einen Hundekampf gedacht oder einen Boxkampf zwischen Menschen, denn die Angrodaner lieben blutige Aktivitäten.“

Odiklu war kaum zu bremsen.

„Blutig, aha“ wiederholte Josh leise.

„Mit am wichtigsten ist allerdings der kulinarische Aspekt. Zucker. Eiscreme. Kuchen. Und diese Donuts sollten unbedingt auch dabei sein. Am besten sehr viele davon.“

„Zucker“ wiederholte Josh. „Kein Problem.“

Seine Gedanken waren erstaunlich langsam. Aber sie reiften heran: Es gibt Außerirdische. Und sie wollen Zucker.

 

6

 

Am kommenden Morgen wachte Josh in seiner Zweizimmerwohnung in Artesian Hights auf. Vorsichtig drehte er den Kopf und stellte fest, dass er einen ordentlichen Kater hatte. Er erinnerte sich nicht daran, wie er nach Hause gekommen war.

Meine Güte, ich war wohl ziemlich blau, dachte er. Der Geschmack in seinem Mund verhieß nichts Gutes, ließ aber auch keine eindeutigen Schlüsse zu.

Während er an die Wand seines kleinen Schlafzimmers starrte, an der das Poster von Akte X hing, stach ihm der Satz „I want to believe“ ins Auge. Häppchenweise kehrte seine Erinnerung zurück. Aliens. Margaritas. Grüne Haut. Mehr Margaritas. Übermenschlich viel Eiscreme. Urlaub auf der Erde. Fünfhunderttausend Dollar. Zucker. Odie.

Langsam reihten sich die meisten Ereignisse des vergangenen Abends wieder aneinander. Nicht ganz lückenlos, aber doch ausreichend, um Josh erneut ins Grübeln zu versetzen. Das alles war so verrückt, dass es sich eigentlich nicht um einen Traum handeln konnte. So viel Fantasie hatte Josh einfach nicht. Er war schließlich ein einfacher Angestellter mit einem ziemlich kläglichen Job bei Walmart und damit nicht einmal besonders unzufrieden.

Josh beschloss, seine Zähne zu putzen. Einerseits weil er den schlechten Geschmack in seinem Mund loswerden wollte und andererseits, weil ihm eine so normale Tätigkeit sicher gut tun würde. Er trottete ins Bad, spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und drückte etwas blaue Paste aus der Zahnpastatube. Kreisende Bewegungen. Alles ist ganz normal.

Leider machte schon nach wenigen Sekunden ein rötliches Gesicht, das im Türrahmen erschien und seinem Spiegelbild ein sehr langsam immer breiter werdendes Lächeln zuwarf, Joshs Morgenidylle zunichte.

„Guten Morgen“, sagte Odiklus Übersetzer. Josh musste sich bemühen, nicht den Schaum in seinem Mund oder gar die gesamte Zahnbürste zu verschlucken. Er hüstelte und warf Odiklu einen Was-zur-Hölle-Blick zu. Privatsphäre im Badezimmer musste es doch auch auf Odies Planeten geben. Wenn nicht, stand ihm eine äußerst peinliche Zeit mit seinem neuen Freund bevor.

„Alles klar. Ich warte auf dich im Wohnzimmer. Ich habe Frühstück gemacht“, sagte Odiklu und schloss vorsichtig die Badezimmertür.

Alles klar? Nichts hätte die Situation schlechter beschreiben können. Josh war fast wütend auf den Außerirdischen, weil er ihn so aus dem Konzept gebracht hatte. Dabei hatte er eigentlich sein Leben lang davon geträumt, einmal einem Wesen von einem anderen Stern zu begegnen. Nur hatte er sich diese immer hochintelligent, elegant und irgendwie erhaben vorgestellt. Nicht grün und sonnenbrandrot, mit fetten Leibern und einer Vorliebe für Süßigkeiten. Das war ganz und gar nicht erhaben. Nicht einmal cool. Die sechs Finger pro Hand waren allerdings nicht schlecht. Und die Tatsache, dass Odiklu offenbar mit Geld um sich warf, fand Josh auch auf Anhieb sympathisch.

Etwas versöhnt spülte er also seinen Mund aus, trug großzügig Deo auf, wischte mit einem fast sauberen Handtuch durch sein Gesicht und wappnete sich für die neuerliche Begegnung der dritten Art in seinem eigenen Wohnzimmer.

Odiklu hatte zielsicher alle Lebensmittel in der Küche zusammengetragen, in denen größere Mengen an Zucker enthalten waren und war dabei, diese zu verspeisen. Die Familienpackung bunter Frühstückscerealien war schon fast leer, als Josh sich zu ihm auf die Couch setzte.

„Du bist also wirklich ein Außerirdischer“, begann er unbeholfen das Gespräch.

„Ja. Ich dachte, das hätten wir gestern schon abschließend geklärt“, sagte Odiklu fast vorwurfsvoll. Seine gute Laune war allerdings nicht zu bremsen. Er löffelte Froot Loops aus einer Schale mit Cola und aß dazu Pop Tarts mit Geburtstagskuchenfüllung.

„Könntest du es mir irgendwie beweisen. Also nicht nur mit deinem hochmodernen Übersetzer und einem grünen Bauch und sechs Fingern. Ich meine einen richtigen Beweis. Etwas, das Hollywood nicht kann.“

Odiklu dachte nach. Er war noch nie dazu aufgefordert worden, zu beweisen, dass er nicht von der Erde stammte. Niemand hätte ihn jemals für einen Erdling gehalten. Zumindest nicht zuhause. Allerdings konnte er auch Joshs Blickwinkel verstehen.

„Wie wäre es, wenn ich dir die Blutarie vorsinge? Die kennen auf Angrodan alle.“