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Wenn du fest genug an deine Träume glaubst, werden sie Wirklichkeit. Bloß manchmal anders, als du denkst. Wie ist dein Traum wahr geworden? Hunderte Menschen haben diese Frage Thomas Brezinas beantwortet und ihm Geschichten aus ihrem Leben geschickt. Sie erzählen von kleinen Wundern, mit denen sich große Hoffnungen erfüllten. Und sie zeigen, wie immer alles noch besser werden kann, als wir denken. 44 von ihnen finden sich in diesem Buch, gekonnt bearbeitet von Thomas Brezina.
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Seitenzahl: 137
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EIN HAUS IN DEN WOLKEN
Thomas Brezina:
Ein Haus in den Wolken
Alle Rechte vorbehalten
© 2024 edition a, Wien
www.edition-a.at
Cover:Bastian Welzer
Satz: Anna-Mariya Rahkmankina
Gesetzt in der Premiera
Gedruckt in Deutschland
1 2 3 4 5 — 27 26 25 24
ISBN: 978-3-99001-763-0
eISBN: 978-3-99001-764-7
Träume VON EINEM SINNVOLLEN TUN
Mein Leben unter Wasser
Die Buchhandlung
Der Anruf
Ein Traum aus Gold
Ein kleines schwarzes Radio
Zahlenspiele
Mama der Nation
Am Operationstisch
Eine Schachtel voller Bücher
Träume VON DEM BESONDEREN MOMENT
Ein Haus in den Wolken
Die Ballonfahrt
Die Schlittenfahrt
Der Aufstieg
Schinken und Speck
Träumen mit den Füßen
Mein Onkel, der Schafhirte
Herzen am Himmel
Träume RUND UM DIE FAMILIE
Mein Traum namens Leon
Die Weltmeisterschaft
Wir schaffen das
Die Suche nach meiner Mutter
Traumkind
Ein Lamborghini zum Geburtstag
Träume ALS BOTSCHAFTEN
Die Suche nach Mascha
Der Duft der wilden Kamille
Der Mann an meiner Seite
Abschied von Baba
Träume VON UNVERGESSLICHEN ABENTEUERN
Meine Füße im Sand
Die Stadt, die niemals schläft
Mein Freund, der Grizzly
Meine kleine Trauminsel
In 112 Tagen um die Welt
Der rote Kontinent
Träume VON DER GROßEN LIEBE
Der Traummann
Der Sommer meines Lebens
Geh mir aus der Sonne!
Ein Brief ans Universum
Träume VON EINEM NEUEN LEBEN
Eine neue Heimat
Die Brieffreundschaft
Mein Weg aus der Sucht
Wohlfühlgewicht
Der lange Weg
Jeden Atemzug genießen
Der Blick aufs Meer
Sarah
Um sechs Uhr klingelt der Wecker, ich habe nicht viel geschlafen, die Nacht war unruhig, ich habe an die vielen Meetings im Office gedacht. Habe ich alles vorbereitet? Werde ich so performen, wie ich es mir vorgestellt habe? Welche Aufgaben sind erledigt, welche stehen noch an?
Werde ich meine Ziele erreichen?
Welche Überraschungen kommen auf mich zu?
Am Ende des Arbeitstages kann ich auf einen stressigen, aber erfolgreichen Tag zurückblicken.
Ich habe wie immer funktioniert. Ich habe wie immer kaum gegessen, bloß während des Schreibens von Mails und des Beantwortens von Telefonaten am Arbeitsplatz gesnackt, bin wie jeden Tag von Meeting zu Meeting gehetzt und habe mit zahlreichen Menschen gesprochen.
Zu Hause angekommen setze ich mich auf die Couch, aber es gelingt mir nicht, mich zu entspannen. Mein Puls ist nach wie vor hoch. Ich lasse meinen Laptop eingeschaltet.
Ich schenke mir ein Glas Rotwein ein und arbeite an einem Konzept und einer Präsentation, denn die Deadline wird bald fällig. Ich bin munter, motiviert und freue mich darauf, meine Kreativität, mein Wissen und mein Engagement unter Beweis zu stellen. Ich identifiziere mich mit dem Unternehmen, in dem ich arbeite, bin stolz auf mich und meine Karriere. Ich wollte immer etwas tun, das mir Freude bereitet. Das mich erfüllt. Das war mein Traum.
Gegen Mitternacht gehe ich müde, aber zufrieden ins Bett. Von schnellem Einschlafen, trotz langsam aufsteigender Erschöpfung, ist jedoch keine Rede. Ich denke an die nächsten Tage, das positive Gefühl verändert sich ein wenig und Sorgen machen sich breit. Wie lange halte ich das noch aus? Wie lange möchte ich die Kämpfe um Macht und Positionen, gepaart mit Enttäuschungen und Angst, noch ertragen?
Bin ich glücklich?
Ich schlafe wie gewohnt nicht viel, denn um sechs Uhr klingelt erneut der Wecker. Das Unternehmen braucht mich. Es ist wichtig, viel zu arbeiten und über meine Grenzen zu gehen, physisch und psychisch. Sonst erreiche ich doch nichts.
Dieser Alltag, dieses Hamsterrad, ist normal. Es ist en vogue, karriereorientiert zu leben. Es ist normal, fleißig zu sein und dem Wunsch nach noch besseren Jobs und noch mehr Geld nachzukommen. All diese Glaubenssätze standen für mich lange nicht zur Diskussion. Ich wuchs mit ihnen auf, habe sie kaum je hinterfragt. Gleichzeitig spürte ich, dass ich mich nicht wohlfühle, dass ich nicht glücklich bin und mir der Wettkampf mit Kollegen, wer die meisten Mails nach Feierabend sendet, wer früher im Büro ist und wer mehr arbeitet, nicht guttut.
Ich habe performt, aber jahrelang still gelitten. Ich habe jahrelang die Gespräche mit Kollegen verfolgt und gehört, dass die Pension das Ziel vieler Menschen ist, dass sie unzufrieden sind, aber weitermachen, dass es keine Entwicklungsmöglichkeiten und keine Alternativen gibt.
Denn es ist halt so. Bereits im Kindergarten singen die Kleinen: »Hoch die Hände, Wochenende!« Im Radio werden die Zuhörenden am Montag motiviert, in die neue Woche zu starten, und am Freitag wünschen sich alle ein schönes und entspanntes Wochenende.
Muss es genau so sein, wie wir es vom Kindergartenalter an lernen? Muss man sich dem gesellschaftlichen Zwang der Fünf-Tage-Woche und des permanenten Performens unterwerfen, mit dem stetigen Ziel, am Wochenende und dann irgendwann mal in der Pension das Leben endlich genießen zu können?
Ich jedenfalls träumte bald von einem anderen Leben.
Ich habe von einem Job geträumt, der mich mit Leidenschaft erfüllt. Ich habe von einem Alltag abseits des Mainstreams geträumt.
Im Rahmen eines Sabbaticals habe ich ein weiteres Studium absolviert, denn der Lebenslauf muss ja top sein und zeigen, welch toller, intelligenter und erfolgreicher Mensch ich bin. Also statt Zeit für mich noch mehr Leistung.
Obwohl ich immer wieder in diese klassischen Denkmuster zurückgefallen bin, wurde mir zunehmend bewusst, dass ich darin den Sinn nicht wirklich erkenne, dass mich dieses Hamsterraddenken nicht zufrieden macht und mich in meinem Leben nicht weiterbringt.
Deshalb habe ich mich zunehmend meinem Hobby gewidmet: dem Tauchen. Die Unterwasserwelt und das Gefühl der Schwerelosigkeit erden mich und erfüllen mich mit Zufriedenheit. Es war lange mein Traum, diese Liebe zu meinem Alltag zu machen. Doch wie sollte das gelingen? Bis ich erkannte: Ich muss es einfach tun.
Nun ist mein Office das Meer. Ich habe meine eigene Tauchschule in Kroatien und lebe die Hälfte des Jahres an der Küste. Die Wintermonate verbringe ich als Rettungssanitäterin nach wie vor in Österreich. Ich habe davon geträumt, einen anderen, für viele Menschen vielleicht unkonventionellen Weg einzuschlagen und das zu machen, was mir Freude bereitet.
Diesen Traum lebe ich.
Der Wecker klingelt auch nun um sechs Uhr oder manchmal sogar um vier Uhr.
Ich mache Nachtschichten und habe im Sommer kaum freie Tage. Die Arbeit im Tauchcenter und bei der Rettung ist anstrengend und auch oft nervenaufreibend, aber ich lebe nicht mehr von Wochenende zu Wochenende, von Urlaub zu Urlaub, sitze nicht mehr in stundenlangen Meetings, fühle mich nicht mehr ausgebeutet und nicht rund um die Uhr ausgelaugt.
Der Weg dahin war nicht einfach und mit viel Anstrengung verbunden. Aber wenn man etwas mit Leidenschaft macht und an einen Traum glaubt, fühlt sich das Tun leichter und angenehmer an. Man erkennt plötzlich einen Sinn, und Schritt für Schritt gelangt man dem eigenen Traum näher.
Unsere Gesellschaft strebt nach dem »Mehr«, nach Geld und Macht, und sich diesen Mustern entgegenzusetzen kann mühsam sein. Ich habe mich daran gewöhnt, dass Menschen mein Tun manchmal belächeln und behaupten, ich würde im Sommer Urlaub machen und die ganze Zeit bloß das Meer und die Sonne genießen. Ich darf Meer und Sonne genießen, das ist Teil meines Berufs. Es ist die Belohnung für meine Arbeit und sie fühlt sich viel besser an als das Geld, das ich früher verdient habe. Es gab finanzielle Einbußen, doch auch an diese habe ich mich längst gewöhnt.
Lange hatte ich einen Traum, doch was mich davon abhielt, ihn zu leben, waren meine Gedanken, wie die Welt und die Menschen in ihr zu sein und zu leben hätten. Seit ich meinen Traum verfolge und ihn wahr werden ließ, habe ich begriffen, dass Glück und Zufriedenheit nicht im Korsett dieser Erwartungen gefunden werden können. Unsere Träume können uns aus diesem Korsett befreien.
Nicole
Seit ich denken kann, spielen Bücher für mich eine wichtige Rolle. Vom ersten Buch im Kindergarten über den Glasschrank in der Schule, in dem eine Christian-Morgenstern-Sammlung enthalten war, bis zum ersten Buch, das ich mit einer Freundin übersetzen durfte. Bücher waren Anker, Wegbegleiter, haben mich über Liebeskummer hinweggetröstet und meine Sicht auf die Welt verändert.
Es ist nun schon einige Jahre her, dass ich mich dazu entschlossen habe, meine Liebe zur Literatur im für mich einzig wahren Beruf auszuüben – dem der Buchhändlerin. Mit meinem Traum, eines Tages eine eigene Buchhandlung mein Eigen nennen zu dürfen.
Die erste Hürde war, eine unabhängige Buchhandlung zu finden, die einer Quereinsteigerin wie mir eine Chance gab. Doch ich fand eine kleine, freundliche Buchhandlung in der Steiermark, in der ich all meine Kenntnisse erlernen durfte.
Aber ich wusste, ich müsse nach Wien. Ich hatte das Gefühl, dass dort die Literatur lebte. Dort war sie zu Hause. Und so war es auch. Zuerst arbeitete ich in einer tollen Comicbuchhandlung, ehe ich in eine »richtige« Buchhandlung wechselte. Einige Jahre steckte ich all mein Herzblut in die Arbeit, ehe ich das Geschäft als Selbstständige übernehmen konnte.
Puh. Das war ein harter Brocken. Weder hatte ich reiche Eltern noch eine Immobilie, die ich der Bank als Sicherheit anbieten konnte. So war es schon eine Herausforderung, überhaupt einen Kredit zu bekommen.
Der schönste Tag in meinem Leben? Als ich eine Bank fand, die sagte, dass sie an mich glaube. Seit damals habe ich meine Entscheidung keinen Tag bereut (die Bank hoffentlich auch nicht). Noch immer freue ich mich jedes Wochenende auf den Montag, wenn ich wieder in der Buchhandlung stehen darf und das machen kann, was ich am liebsten tue: über Bücher sprechen, sie empfehlen, mich über sie mit Kunden austauschen. Kindern ihr erstes Buch in die Hand drücken. Eine Liebe entfachen, die vielleicht dazu führt, dass eines dieser Kinder irgendwann einmal selbst eine Buchhandlung führen will ...
... ein Traum, den ich mir erfüllen konnte.
Anita
Seit ich selbst Volksschülerin war, träumte ich davon, Lehrerin zu werden. Stundenlang habe ich damals meine Puppen und Plüschtiere in den verschiedensten Fächern unterrichtet.
Als ich mich nach der Matura entscheiden sollte, was ich studieren würde, war für mich also schnell klar: Lehramt mit Hauptfach Musik. Alles lief reibungslos und bald schon durfte ich tatsächlich unterrichten. Welch ein Glück, meinen Traumberuf so schnell gefunden zu haben! Acht schöne Jahre lang unterrichtete ich im slowakischen Komárno.
Durch meine Arbeit lernte ich meinen Mann kennen und zog zu ihm nach Wien. Plötzlich veränderte sich alles: Ich hatte eine erfüllte Liebe, aber mein Traumberuf war von einem Moment auf den anderen verschwunden. Noch beherrschte ich die deutsche Sprache nicht so gut. Es ist eine wirklich schwere Sprache!
Schließlich fand ich Arbeit in einem Schuhgeschäft. Es fühlte sich an wie ein Studentenjob. Vor allem am Anfang vergoss ich viele Tränen. Bis unsere lang ersehnte Tochter auf die Welt kam und sich mein Leben erneut völlig änderte.
Nach meiner Karenzzeit musste ich mich der harten Realität stellen: Die Suche nach einem neuen Job brachte nur Ablehnung mit sich. Immerhin hatte ich das Schuhgeschäft. Die Menschen dort waren sehr liebenswert und nahmen mich gern wieder auf, womit auch die Arbeit für mich leichter wurde.
Dennoch fühlte sich mein Leben unerfüllt an. Eine tiefe Leere hatte sich in mir aufgetan. Mein Umfeld versuchte mich zu trösten. Es sei ganz normal, dass ich mit Österreichern nicht um einen Beruf konkurrieren könne. Nur der Gedanke an meine Tochter und ihre Zukunft in diesem Land hielt mich davon ab, einfach wieder nach Hause zurückzugehen.
Jahr um Jahr bewarb ich mich beim Stadtschulrat, bloß um eine Ablehnung nach der anderen zu bekommen. Schließlich fand ich eine Stelle als Hortpädagogin. Die Arbeit mit den Kindern drängte meinen Traum, wieder zu unterrichten, für einige Jahre in den Hintergrund.
Doch auch in dieser Zeit gab ich nicht auf. Ich schrieb verschiedene Schulen an, bis ich unerwartet einen Anruf aus einer AHS bekam. Die Direktorin wollte mich kennenlernen. Mit großer Freude und Aufregung fuhr ich ans andere Ende der Stadt. Dort traf ich eine nette, motivierte Schulleiterin. Sofort war die gegenseitige Sympathie spürbar. Sollte ich meinen Traum endlich erreicht haben?
Ich wagte zu hoffen, bis der Bescheid des Stadtschulrates eintraf. Negativ. Ich dachte, es sollte wohl so sein. Anstatt einem Traum nachzulaufen, der sich nicht erfüllen würde, sollte ich dankbar für meine Familie sein und dafür, überhaupt einen Beruf zu haben.
Am letzten Freitag der Sommerferien klingelte mein Handy. Ich kannte die Nummer nicht, hob aber ab. Eine Stimme am anderen Ende der Leitung fragte, ob ich Interesse hätte, an jener Schule zu unterrichten, an der ich die sympathische Schulleiterin kennengelernt hatte. Ob ich bereits am kommenden Montag an der pädagogischen Konferenz teilnehmen könne? Die vom Stadtschulrat zugewiesene Person war nicht erschienen.
In meinem Kopf herrschte ein völliges Chaos an Emotionen. Freude überwältigte mich, ein wenig Schock war wohl auch dabei. Dann erst fiel mir ein, dass ich gar nicht sofort zu arbeiten anfangen konnte, immerhin musste ich erst bei dem Schuhgeschäft kündigen und meine Kündigungsfrist von einem Monat einhalten! Doch die Direktorin gab mir die Möglichkeit dazu. Meine Stunden im September wurden von einem fantastischen Musiklehrer vertreten.
Am 1. Oktober trat ich somit nach zehn Jahren wieder als Lehrerin in eine Schule. Ich fühlte mich wie ein Kind am ersten Schultag. Das ist jetzt dreizehn Jahre her. Die Möglichkeit, unterrichten zu dürfen, schätze ich noch immer als großes Privileg. Mittlerweile habe ich eine Schulband gegründet und wir führen viele Projekte mit den Schülern durch. Es ist einfach großartig, täglich mit fantastischen jungen Menschen zusammenzuarbeiten.
In dem Moment, als ich meinen Traum eigentlich schon aufgegeben hatte, erfüllte er sich doch noch. Träume haben eben ihre ganz eigene Art, sich in unser Leben zu schleichen.
Karin
Was sind Träume?
Für Kinder sind Träume Bilder, die uns in der Nacht aufsuchen, wenn wir schlafen. In Erinnerung bleiben meist die weniger schönen Träume, die Albträume, aber zum Glück ist meist jemand da, der uns tröstet. Aber was können Träume sonst noch sein?
Als ich drei Jahre alt war, wurden meine Eltern von Freunden zu einer Ballettaufführung ihrer siebenjährigen Tochter eingeladen. Weil es keinen Babysitter gab, durfte ich mit. Ich wusste natürlich nicht, was mich erwarten würde, aber offenbar habe ich mich sehr darauf gefreut. Niemand ahnte, dass sich an diesem Abend mein Schicksal und das meiner gesamten Familie besiegeln sollte.
Ab diesem Abend wollte ich Balletttänzerin werden, in den größten und schönsten Häusern dieser Welt tanzen, die beste Primaballerina werden.
Der Beginn schien noch recht klar: Ich wurde in einer Ballettschule angemeldet und siehe da, ich hatte Talent. Als kleines Mädchen durfte ich bereits bei Mitternachtseinlagen auf Bällen tanzen. Das größte Glück waren meine ersten Spitzenschuhe, die ich heute noch habe. Einmal tanzte ich sogar gemeinsam mit Susanne Kirnbauer, einer österreichischen Ballett-Legende. Kind, was willst du mehr?
Ich tat aber auch einiges dafür. Ich trainierte viel. Zum Glück empfand ich das nicht als Pflicht, sondern es machte mir Spaß. Schließlich wollte mich mein Ballettlehrer zur Staatsoper schicken, da dies aus seiner Sicht die nächste Stufe für mich darstellte. Und dann geschah ein Ereignis, das mein weiteres Leben bestimmen sollte.
Bei einer Ballettaufführung sprach meine Mutter in der Garderobe mit anderen Müttern. Eine von ihnen war ziemlich besorgt und erzählte, dass sie eine schwierige Entscheidung treffen müsse. Ihre Tochter, die bereits in der Staatsoper war und als sehr begabt galt, entwickelte sich nicht »ballettmäßig«, was bedeutete, dass ihre Oberweite zu groß zu werden drohte. Sie musste nun entscheiden, ob sie das Mädchen operieren ließ, damit es weitertanzen konnte, oder eben nicht. Diese Geschichte entsetzte meine Eltern derart, dass sie den Traum ihrer Tochter, also meinen, plötzlich in einem völlig anderen Licht sahen.
Es begann ein Kampf zwischen meinem Ballettlehrer, der die Situation verharmlosen wollte, und meinen Eltern, die mich unbedingt schützen wollten. Heute verstehe ich ihre Reaktion natürlich. Damals jedoch wollte ich das alles nicht hören. Ich wollte nur tanzen. Auf die Staatsoper gehen und es allen zeigen.
Doch schließlich gab ich nach. Ich gab meinen Traum auf und wählte eine klassische kaufmännische Ausbildung. Ab diesem Tag war ich plötzlich ziellos. Ich machte zwar alle möglichen Tanzkurse (Standard, Ausdruckstanz, Bauchtanz, Line-Dance), aber die Leidenschaft war verschwunden. Vielleicht wollte ich sie auch nicht zulassen, weil ich Angst hatte, mein nächster Traum könnte ebenso zum Platzen gebracht werden.
So verging die Zeit. Bis mir eines Tages ein Ring in die Hände fiel, den ich als kleines Kind von einer Tante bekommen hatte. Damals war ich fasziniert gewesen von dem Edelstein darauf und hatte mich gefragt, wie man so etwas überhaupt herstellen konnte. Ich entwickelte eine Sammelleidenschaft für Schmuck und wünschte mir oft zu Weihnachten oder Geburtstagen solche Kleinode, später Dorotheum-Gutscheine.
Manchmal spricht das Universum zu einem. Beruflich war ich zwar erfolgreich, arbeitete aber zu viel und war unzufrieden. Eines Tages signalisierte mir mein Körper, dass alles zu viel wurde.