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Jeder Mensch kann einen Bestseller schreiben. Wenn ein Buch berührt und begeistert, kann es zu einem Bestseller werden. Thomas Brezina weiß, wie das gelingen kann: Er hat mehr als 600 Bücher geschrieben und mehr als 45 Millionen verkauft. Was ist sein Geheimnis? Erstmals gibt der Kult-Autor Einblicke in seine Arbeitsweise. Wie baut er seine Geschichten auf? Wie entwickelt er starke Figuren? Wie bleibt er motiviert, wenn es beim Schreiben einmal nicht weitergeht? In diesem Buch präsentiert Brezina sein schriftstellerisches Handwerkszeug, erzählt über die hellen und weniger hellen Seiten seines Berufs und taucht dabei tief in die Welt der Literatur ein.
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Seitenzahl: 201
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REDEN IST SILBER,
Thomas Brezina:
Reden ist Silber, Schreiben ist Gold
Alle Rechte vorbehalten
© 2024 edition a, Wien
www.edition-a.at
Cover: Bastian Welzer
Satz: Bastian Welzer
Gesetzt in der Premiera
Gedruckt in Deutschland
1 2 3 4 5 — 27 26 25 24
ISBN: 978-3-99001-739-5
Thomas Brezina
Wie auch du einen
Bestseller schreiben kannst
Die großen Fragen vor dem Schreiben
Das Schreiben
Mein Werkzeugkasten beim Schreiben
Nach dem Schreiben
Jeder Mensch kann einen
Bestseller schreiben
Das ist mein voller Ernst.
Jeder Mensch, der etwas zu erzählen hat, kann erleben, dass aus seinem Buch ein Bestseller wird.
Das, was du erzählst, muss Menschen allerdings berühren und auf irgendeine Art begeistern. Je mehr Menschen sich für deine Geschichte interessieren, desto größer der Erfolg.
Das Wichtigste ist und bleibt: Was auch immer du im Kopf hast, muss von dort hinaus und auf Papier, in einen Laptop oder sonst wo hinkommen, wo es lesbar wird.
Das magische Wort heißt: schreiben!
Oder auch diktieren. Die Romanautorin Barbara Cartland bevorzugte es, ihre Bücher im Gehen oder im Liegen auf ihrem Sofa einer Sekretärin zu diktieren. Auf diese Weise schaffte sie es, alle zwei Wochen einen neuen Liebesroman fertigzustellen.
Insgesamt hat sie 738 Bücher veröffentlicht, die eine Auflage von einer Milliarde erreicht haben. Dass sie belächelt wurde und die Kritik sie entweder nicht beachtete oder verriss, war ihr herzlich egal. Übrigens hat sie die Titelbilder ihrer Bücher selbst gemalt.
Barbara Cartland ist auf dem großen Spektrum des Schreibens in ihrer Produktivität an einem Ende anzutreffen, auf das auch ich mich zubewege. In meinem Schriftstellerleben habe ich 620 Bücher geschrieben (Stand Juni 2024) und ich habe nicht vor, aufzuhören. Auch wenn ich nicht die Auflagenhöhe von Barbara Cartland erreicht habe, gehören das Ausdenken von Geschichten und das Schreiben zu meinen höchsten Lebensgefühlen.
Es geht aber auch völlig anders. J. D. Salinger schrieb einen einzigen Roman in seinem Leben, der zum Welterfolg wurde: Der Fänger im Roggen. Übrigens auch eines meiner Lieblingsbücher. Es geht um den 16-jährigen Holden, der aus dem Internat geworfen wird und daraufhin drei Tage durch New York streift. Holden sträubt sich gegen die Erwartungen der Erwachsenenwelt und fühlt sich gleichzeitig von Erwachsenen nicht ernst genommen.
Im englischsprachigen Raum wurde der Roman nach dem Erscheinen in einigen Ländern verboten. Er enthält 255 Mal den Ausdruck goddamn und 44 Mal das Wort fuck.
Heute gilt J. D. Salinger als einer der meistgelesenen amerikanischen Autoren der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, obwohl er nach dem Roman nur noch einige Kurzgeschichten schrieb und in den letzten fünfzig Jahren seines Lebens überhaupt nichts mehr veröffentlichte. Bis heute wurde das Buch geschätzte sechzig Millionen Mal verkauft.
So unterschiedlich sie auch waren, Barbara Cartland und J. D. Salinger haben beide etwas gemeinsam:
Sie haben beide geschrieben, was aus ihnen raus musste.
Bei der ehemaligen Klatschreporterin Cartland waren es Liebesgeschichten, bei Salinger sein Empfinden über die Welt, in der erwachsene Menschen behaupten, allwissend zu sein, und dabei gekünstelt und unecht klingen.
Barbara Cartland stillte das Verlangen vieler nach Romantik und Liebe, J. D. Salinger spricht bis heute vor allem jüngeren Menschen aus dem Herzen, weil sie genauso empfinden und sich in seiner Geschichte verstanden fühlen.
Weder Cartland noch Salinger setzten sich an ihre Schreibtische oder legten sich auf ihre Couch und dachten:
So, jetzt schreibe ich einen Weltbestseller!
Ist es überhaupt wichtig, einen Bestseller zu verfassen?
Nein!
Es sei denn, deine Lebensplanung umfasst viele Dinge, die kostspielig sind und die du auf diese Weise finanzieren willst. An diesem Punkt möchte ich dich aber warnen: Das wird dir mit dem Schreiben von Büchern mit fast hundertprozentiger Sicherheit nicht gelingen.
Wenn du schreiben willst, vergiss jede Erwartung an Verkäufe. Je mehr du darauf pfeifst und dich ausschließlich auf deine Geschichte konzentrierst, desto größer die Chance, dass dein Buch ein Erfolg werden könnte.
Außerdem musst du keinen Roman schreiben. Ratgeber oder die Aufzeichnung persönlicher Erlebnisse wollen genauso gelesen werden.
Ich verspreche dir an dieser Stelle eines:
In diesem Buch erfährst du meine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse über das Schreiben. Ich verrate dir Tricks, die mir nützlich sind, und schildere, was ich im Laufe der Jahre gelernt habe.
Ich erzähle auch von den Schreibtricks anderer Autorinnen und Autoren, von denen ich erfahren habe.
Du bekommst keine Rezepte mit Geling-Garantie, weil es die nicht gibt. Wer auch immer behauptet, die Anleitung zum Schreiben des perfekten Romans zu besitzen, lügt. Hätte dieser Mensch sie wirklich, würde er oder sie doch einen Bestseller nach dem anderen landen, statt über das Schreiben zu faseln.
Ich schmiere dir auch keinen Honig ums Maul, dass du dazu geboren bist, den nächsten Weltbestseller zu schreiben. Schließlich kenne ich dich nicht persönlich und Talent hat aus meiner Sicht überhaupt nur eine Bedeutung von 22,7 Prozent beim Schreiben. (Vielleicht sind es auch nur zwanzig Prozent oder sogar dreißig Prozent, aber 22,7 klingt einfach professioneller.)
Mit diesem Buch möchte ich:
deine Begeisterung für das Schreiben anfachen
zeigen, dass die Freude am Schreiben sich manchmal sehr gut versteckt
dir Mut und Tricks mitgeben, damit du erzählst, was du erzählen willst
Wenn du der Meinung bist, eine Geschichte zu kennen, die das Zeug zum Bestseller hat, sollst du sie schreiben.
Denn die größte Bibliothek der Welt besteht aus kilometerlangen Regalen mit Millionen Büchern, die alle leer sind und denselben Titel tragen:
Oft werde ich gefragt, was man tun muss, um ein Buch zu schreiben.
Ich finde, es gibt nur eine Antwort:
VERTRAG
Ich, [dein Name] ........................, erkläre hiermit, dass ich für die Dauer des Lesens dieses Buches und für die Zeit, in der ich an meinem Buch schreibe, …
… gegenüber anderen nicht laut verkünden werde, dass ich an einem Buch schreibe.
… jegliches Spähen nach Erfolg bleiben lasse.
… ausschließlich deshalb schreibe, weil es mich begeistert und fasziniert.
… mich mit keiner Autorin und keinem Autor vergleichen werde.
… mich anfangs für jede Zeile, später für jede Seite, die ich schaffe, ausgiebig loben werde.
… auf Beschimpfungen meiner Person in meinem Kopf verzichten werde.
… niemandem, von dem ich nicht garantiert weiß, dass er/sie nur mein Bestes will, meine geschriebenen Seiten zeigen werde.
… immer daran denke, dass ein frisch geschriebenes Kapitel wie eine Pflanze ist, die gerade aus der Erde wächst.
… mir dessen bewusst bin, dass ich mich beim Schreiben oder kurz danach so fühlen kann, als hätte mir jemand die Haut abgezogen.
… die tödlichsten Wörter überhaupt aus meinem Gedächtnis löschen werde, und ich schwöre, sie nie wieder anzuwenden, weder beim Schreiben noch sonst im Leben. (siehe nächste Seite)
Datum
Unterschrift
........................
........................
DIE TÖDLICHSTEN WÖRTER
Die zwei tödlichsten Wörter überhaupt …
Bekannt als die Alles-Killer-Wörter …
Oder auch als Totalbremsung-mit-Frontalzusammenstoß-Wörter …
Die Wörter, die wie Betäubungsmittel wirken …
… lauten:
Löschen,
streichen,
überkleben,
einen Amboss draufstellen.
Wenn sie auftauchen, sofort das große Schweigen beginnen.
Vorstellen, dass dir die Zunge abfault, wenn du sie aussprichst.
Oder dass Feuer aus deinem Mund schießt.
In aller Kürze:
Eleminiere »JA, ABER« für alle Zeiten aus deinem Sprachschatz und deinem Leben.
Besonders, wenn du etwas schreiben willst!
Klar???
Notizen
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Was sollst du schreiben?
Für wen sollst du schreiben?
Woher bekommst du Ideen?
Wie kannst du dich auf das Schreiben vorbereiten?
Gibt es ein Kraft-Training zum Schreiben?
(ÜBER) WAS WILLST
DU SCHREIBEN?
einen Roman
einen Krimi
eine Liebesgeschichte
eine sozialkritische Geschichte
einen Thriller
ein persönliches Erlebnis
eine oder mehrere Erinnerungen
ein Kinderbuch
Comedy in Buchform
Science-Fiction
eine völlig abgefahrene Geschichte mit Humor, den nicht alle verstehen
eine erotische Geschichte, die manche erröten lässt
Fantasy
Literatur, die vom Feuilleton hoch gelobt wird
Ganz egal, welches Genre du schreiben möchtest, es zählt nur das:
Lass dir von niemandem einreden, dass eine erotische Geschichte PFUI ist und du doch deine Energie besser in etwas VERNÜNFTIGES stecken solltest.
Das ist Quatsch!
DU schreibst die Geschichte und DU bestimmst, wie sie sein soll.
Bitte ausfüllen:
Am liebsten möchte ich diese Art von Roman schreiben: .................................
oder
Am liebsten möchte ich eine Erzählung oder eine Kurzgeschichte schreiben.
Das Thema ist .................................
Wenn mein Werk einmal veröffentlicht wird, widme ich es ................................. [Name einsetzen]
Überlege dir eine Widmung.
Wieso du dir jetzt schon die Widmung überlegen sollst?
Weil es immer gut ist, dem Gehirn und dem Universum klarzumachen, dass du es ernst meinst.
WAS IST EIN GUTES BUCH?
Die Unterteilung in »gute Bücher« und »schlechte Bücher« hat mir immer schon sauer aufgestoßen. Ich war nämlich lange Zeit selbst Ziel dieser Beurteilungen. Anfänglich haben sie mich gestört und sogar gekränkt.
Meine Leserschaft hat das von Anfang an anders gesehen und mir in einer Flut von Briefen und viele Male persönlich ihre Begeisterung mitgeteilt.
So wurde mir klar, dass ich durchaus gerne von Kritikerinnen und Kritikern gelobt werden möchte, aber sie nicht mein Publikum sind. Wenn ich mich verbiege und so schreibe, dass es einer bestimmten Gruppe von Menschen gefällt, die Bücher besprechen oder bewerten, dann ist das Betrug an den Leserinnen und Lesern, die meine Geschichten lieben. Und an mir selbst.
Da ich lange Zeit ausschließlich für Kinder geschrieben habe, war mir die Anerkennung durch Erwachsene manchmal wichtig. Aber auch das habe ich aufgegeben, weil es bedeuten würde, dass die Meinung von Kindern weniger zählt. Das tut sie selbstverständlich nicht. Im Gegenteil: Kinder sind in ihren Urteilen ehrlicher und härter als die meisten Kritiker.
Nun aber kommt das Unglaublichste an der Sache:
Als ich diesem Erwachsenen-Lob und dieser Anerkennung aus literarischen Fachkreisen nicht mehr nachgelaufen bin, habe ich mich nicht nur besser gefühlt, ich habe auch viel mehr positive und wertschätzende Beurteilungen erhalten.
Ich habe einige schöne und hohe Auszeichnungen bekommen, allerdings waren es keine literarischen Preise im klassischen Sinn.
Nachdem ich nun mehr als dreißig Jahre Bücher für Kinder geschrieben habe, sind meine Leserinnen und Leser von früher mittlerweile erwachsen und haben zum Teil schon selbst Kinder. Die höchste Auszeichnung, den größten Preis und das Schönste, das ich mir wünschen konnte, bekomme ich mittlerweile in Form von Nachrichten aus der halben Welt:
Ich habe mich nie an den Laptop gesetzt mit dem Vorsatz: So, jetzt bereite ich allen eine schöne Kindheit. Ich habe Geschichten erfunden und geschrieben, die mich selbst begeistern, die ich als Kind selbst gerne gelesen hätte. Dass sie so viel Erfolg finden, hätte ich mir nie träumen lassen.
Neulich hat mich in meiner zweiten Heimat London ein Student aus China auf der Straße angesprochen. Meine Buchserie Ein Fall für dich und das Tiger-Team hat in China Millionenauflagen erreicht. Man nennt mich dort »Meister der Abenteuer«. Was mich tief berührt, ist die Freundschaft, die Kinder in China mit meinen drei Buchhelden Biggi, Luk und Patrick geschlossen haben. Der Student war so aufgeregt, dass ihm das Smartphone fast aus der Hand gefallen wäre. Wir haben gemeinsam ein Selfie gemacht. Die Begeisterung dieses Studenten erfüllt mich mit unendlicher Dankbarkeit.
Ich erinnere mich an diesen Moment gerne zurück und jedes Mal sage ich dann: danke, danke, danke.
Wenn du mich also irgendwo siehst und ich scheinbar ein Selbstgespräch führe, das nur aus »Danke« besteht, so bin ich nicht verrückt geworden. Du kennst nun den wahren Grund.
Mein Rat also lautet: Vergiss diese Unterteilung in »gute« und »schlechte« Bücher. Wenn dich deine Geschichte begeistert, dann schreib sie. Die Chance, dass sie auch andere mitreißt, ist groß.
Die Freude, die deine Geschichten anderen Menschen bringen, soll die höchste Auszeichnung sein.
KANNST DU ÜBERHAUPT
SCHREIBEN?
Diese Frage stelle ich nicht dir, sondern mir.
Bis heute! In regelmäßigen Abständen.
Ja, ich weiß, es klingt zum Schieflachen. Aber es ist tatsächlich so.
Ich erzähle es dir, falls in deinem Kopf folgende Gedanken wie hungrige Adler kreisen:
Ich will gerne schreiben!
Aber kann ich das überhaupt?
Mein Rat:
TU ES!
Du wirst diese Aufforderung noch viele Male in diesem Buch lesen.
Die Gedanken-Adler in deinem Kopf sollen woanders ihre Bahnen ziehen.
Noch ein Rat:
Frage niemanden, ob sie/er denkt, du könntest schreiben oder ob du es tun solltest.
Wer soll es wissen, außer du selbst?
Es ist dein Kopf, dein Bauch, dein Solarplexus, dein Gefühl, dein Wunsch.
TU ES! SCHREIB!
Denkst du jetzt: Ja, aber wenn mir nichts einfällt oder aus meinem Geschreibsel nichts wird …
… dann, bitte, lies dir den Vertrag durch, den wir auf Seite zwölf geschlossen haben, und deine Garantie, dir jedes JA, ABER zu verkneifen.
Es gibt einige Geschichten aus meinem Schriftstellerleben, die davon handeln, dass ich mich habe verunsichern lassen. Die Bedeutendste ist im Jahr 2017 passiert, nachdem ich schon mehr als dreißig Jahre lang ziemlich erfolgreiche Bücher für Kinder und Teenager geschrieben hatte. Mein Erlebnis soll dir eine Warnung sein.
Immer wieder bin ich gefragt worden, ob ich nicht auch für Erwachsene schreiben will.
Aber ich habe stets abgelehnt.
Ich finde die Redensweise »Schreib doch auch für Erwachsene« nicht gut. Das kommt daher, dass es mich immer gestört hat, wenn bekannte Autorinnen und Autoren der Erwachsenenliteratur ein Kinderbuch geschrieben haben. Es wird dann immer davon gesprochen, wie wunderbar es doch sei, dass IX oder YPSILON nun »auch für Kinder« geschrieben hätten.
Als müsste man sich dazu herablassen.
Oder als wäre das wie ein Spaziergang im Park, nachdem man nun jahrelang an ernsthafter Literatur für ernsthafte Erwachsene geschrieben hat.
Deshalb wollte ich nie »auch« für Erwachsene schreiben.
Im Jahr 2017 habe ich Pablo Tambuscio in Buenos Aires besucht. Er ist Argentinier und hat vor vielen Jahren einen Wettbewerb gewonnen, den der spanische Verlag veranstaltet hat, der meine Buchserie Alle meine Monster verlegt. Es wurden neue Illustrationen gesucht und Pablo wurde ausgewählt, diese zu gestalten.
Ich war begeistert, als ich die fertigen Bücher gesehen habe. So begann eine Zusammenarbeit, die sich über die Jahre noch intensiviert hat. Pablo illustriert fast alle meine neuen Bücher und mittlerweile hat er ein hochkreatives Team aufgebaut.
Bei meinem Besuch in Argentinien haben Pablo und ich viele Ideen für neue Projekte gewälzt. Es war wichtig, dass wir einander persönlich gegenübersitzen und uns nicht nur via WhatsApp oder ZOOM sehen.
Nach meiner Rückkehr, bei einer Tasse Tee nach dem Aufstehen, habe ich überlegt, mit welchem Projekt ich beginnen möchte.
Ich weiß nicht, wieso und warum, aber die Idee, die in meinem Kopf geradezu explodiert ist, lautete: Ich schreibe eine erwachsene Fortsetzung meiner Krimi-Reihe Die Knickerbocker-Bande. Ein Buch, das keine Illustrationen braucht.
Ich wollte nicht »auch« für Erwachsene schreiben.
Ich wollte jetzt für Erwachsene schreiben.
Die Idee ist von vielen belächelt worden. Es hat sich anfänglich nicht einmal ein Verlag gefunden, der das Buch herausbringen wollte.
Den wichtigsten Antrieb, die größte Unterstützung und Begleitung und die wunderbarste Bestärkung bekam ich von meinem Publikum.
Von Zweifel zerfressen habe ich die ersten Kapitel geschrieben.
Schließlich habe ich mein Smartphone vor mich hingestellt und ein Video aufgenommen. Ich habe von meinem Vorhaben erzählt und gefragt, ob dieses Buch irgendjemanden interessieren würde.
Das Video habe ich auf Facebook gepostet.
Eine Stunde später hatte ich hunderte Kommentare bekommen. Alle waren begeistert. Am nächsten Tag erschien sogar in verschiedenen Medien eine Meldung über dieses Projekt.
Während des Schreibens habe ich immer wieder per Video oder Foto um die Meinung der Leserinnen und Leser von früher gefragt:
Wie könnte das Leben von Lilo, dem Superhirn der Bande, verlaufen sein? Was ist aus ihr geworden?
Und wie steht es mit den anderen Mitgliedern?
Es war sehr interessant, die Gedanken von Menschen zu lesen, die als Kinder die Bücher verschlungen haben. Natürlich hatte ich meine eigenen Vorstellungen. Die meisten haben sich mit dem gedeckt, was mir geschrieben wurde.
Aber du bist doch »nur« ein Kinderbuchautor.
Kannst du überhaupt für Erwachsene schreiben?
Das war nicht nur der übliche Zweifel, der in meinem Kopf aufgetaucht ist, sondern wortwörtlich eine Aussage verschiedener Menschen der Buchbranche.
Mir wurde dann aufgezählt, was an meinem Stil alles NICHT erwachsen sei:
zu einfache Sprache
zu kurze Sätze
zu bildhaft
zu oberflächlich
zu fantastisch
Die Liste war noch länger, aber glücklicherweise habe ich vieles mittlerweile verdrängt oder vergessen.
Und jetzt kommt’s: Ich, Thomas Brezina, Autor von damals schon weit mehr als 500 Büchern, die mehr als vierzig Millionen Leserinnen und Leser auf der Welt gefunden hatten, habe mich von all diesen Einwänden einschüchtern lassen. Ich wollte das Buch trotzdem schreiben, aber in meinem Kopf hatte sich festgesetzt, dass ich viel Hilfe benötigen würde.
Um klarzustellen: Ich halte sehr viel von gutem Lektorat. Heute arbeite ich mit dem wahrscheinlich besten Lektor zusammen, den ich jemals hatte. Später erzähle ich mehr darüber. Ich vertraue diesem Lektor völlig. Die Gründe schildere ich ebenfalls in einem anderen Kapitel. Dort erzähle ich aber auch von weniger guten Erfahrungen mit Lektorinnen und Lektoren.
Doppelt unterstrichen:
Ich halte weder mich noch meine Ideen und Geschichten oder meinen Schreibstil für perfekt und unfehlbar. Ganz im Gegenteil.
Aber damals habe ich mich viel zu sehr einschüchtern lassen, statt konkrete Fragen zu stellen, was ich denn genau an meinem Stil für Erwachsene ändern müsste.
Die Lektorin, die mir damals empfohlen wurde, hat sich wirklich sehr bemüht und gute Anmerkungen gebracht. Die Lehre, die ich aber aus dieser Arbeit gezogen habe, ist, mich nicht mehr kleinreden zu lassen, sondern mir meines Könnens bewusst zu sein. Die vielen Bücher für Kinder und Teens waren eine ausgezeichnete Basis. Mit Stolz darauf aufzubauen ist definitiv besser, als mich auf einmal wieder wie ein Anfänger zu fühlen, der ich auch beim Schreiben von »Erwachsenenbüchern« nicht war.
Mein erstes Buch für ein erwachsenes Publikum ist im November 2017 erschienen. Zur Präsentation in einer Buchhandlung sind um Mitternacht vor dem Erstverkaufstag rund 700 Menschen aufgetaucht. Weil das Geschäftslokal für diesen Ansturm zu klein war, mussten viele im Freien warten. Sie haben bis drei Uhr in der Früh im Nieselregen ausgeharrt, um ihr signiertes Exemplar zu bekommen. Für mich war diese Nacht ein Höhepunkt in meinem Leben als Schriftsteller. Wenn ich zurückdenke, bekomme ich heute noch feuchte Augen vor Rührung.
Die Tour durch Österreich, die folgte, war ein Triumphzug. Alle Veranstaltungen wurden gestürmt, ich habe Berge von Büchern signiert und Selfies ohne Ende gemacht.
Das Buch Alte Geister ruhen unsanft kam auf Platz 1 der Belletristik-Bestsellerliste. Es hat sich wochenlang unter den Top 10 gehalten.
Das war erst der Anfang für völlig andere Bücher, als ich sie bisher geschrieben hatte.
Ich wiederhole: Wenn du schreiben willst, dann
… und rede nicht viel darüber. Frag vor allem niemanden, ob man es dir zutraut oder du es tun solltest.
WILLST DU DIR DAS
WIRKLICH ANTUN?
Das sind nur einige der hundert Arten der Folter, die dir das Schreiben bescheren kann.
DAHER: Wenn du schreiben willst, MÜSSEN dich Thema und Geschichte BEGEISTERN.
Sonst lass es bleiben. Denn wenn es nicht so ist, erlebst du alle Qualen, die ich aufgezählt habe, in vielfacher Stärke. Vor allem wird das Schreiben zum Frust und du wirst ständig das Gefühl haben, was du schreibst, ist nicht gut genug. Das kann ein Loch in dein Selbstbewusstsein nagen und vielleicht bleibt lebenslang ein bitterer Nachgeschmack zurück.
Das kannst du verhindern, indem du nur schreibst, was du WIRKLICH schreiben willst. Und wenn es etwas ist, das andere als unnötig, dumm, schwach, seicht oder schmutzig ansehen, pfeif drauf.
Es ist DEINE Geschichte. Nicht ihre.
Damit kommen wir zu einer weiteren wichtigen Frage, die du dir am besten stellst, BEVOR du zu schreiben beginnst.
Notizen
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FÜR WEN WILLST DU SCHREIBEN?
Nur für dich?
Nur für dich und nur zum Spaß?
Nur für dich, weil du eine solche Geschichte schon immer lesen wolltest?
Nur für dich als eine Art Psychotherapie?
Nur für dich, weil du etwas aus deinem Leben festhalten willst?
Erst nur für dich und dann für deine Nachfahren?
Oder für andere Menschen, die …
… seelenverwandt sind?
… die Hilfe in deiner Geschichte finden könnten?
… die sich für Ähnliches interessieren wie du?
… die genau so eine Geschichte schon immer lesen wollten?
Für Menschen …
… in deinem Umkreis?
… im Land, in dem du lebst?
… auf der ganzen Welt?
Für deine Kinder?
Für deinen Hund?
Für diese verdammten Menschen dort draußen, die dein Buch kaufen sollen?
Oder hast du einfach keine Ahnung, für wen?
Oder denkst du: »Ich will nur schreiben.«?
Es ist wieder einzig und allein DEINE Entscheidung, für wen du schreiben möchtest.
Kein Publikum ist richtig oder falsch.
Du solltest nur wissen, wer oder was dein Ziel ist.
Ziele muss man einfach kennen. Sonst wird die Reise ein Herumirren, das am Ende in einer Enttäuschung endet.
Wenn du dich entscheidest, nach Italien zu reisen, ist es dir egal, ob du in Venedig, Neapel, Rom oder Mailand ankommst. Alle diese Städte liegen in Italien.
Wenn du aber unbedingt nach Neapel gelangen willst, es nicht zu empfehlen, den Zug nach Venedig zu ist es nicht zu empfehlen, den Zug nach Venedig zu nehmen.
Schreiben nur für dich
Schreibst du nur für dich und nur zum Spaß, weil du eine solche Geschichte schon immer lesen wolltest, weil du etwas aus deinem Leben festhalten willst oder als eine Art Psychotherapie, dann triffst du eine gute Wahl.
DU bist damit fürs Erste dein Publikum.
DU kennst dich. Na ja, einigermaßen zumindest. Du wirst also etwas schreiben, das DUauch lesen möchtest.
Es tut gut, sich etwas »von der Seele zu schreiben«. Ereignisse schriftlich festzuhalten ist etwas anderes als Videos zu speichern. Beim Schreiben kannst du deine Gedanken einfließen lassen. Du kannst Geschehnisse kommentieren und ernste oder humorvolle Bemerkungen hinzufügen.
Ein Video ist ein Festhalten dessen, was geschehen ist. Daraus können andere ihre Schlüsse ziehen, wenn sie es betrachten. Natürlich kannst du dem Video ein ausführliches Voiceover, verschiedene Titel und schriftliche Anmerkungen hinzufügen. Trotzdem kann ein Bericht, den du verfasst, stärker sein und viele Ereignisse werden erst durch deine persönlichen Worte Farbe und Strahlkraft bekommen.
Für dich selbst zu schreiben bedeutet, du nimmst die Herausforderung an, dich zu überraschen, dich zu begeistern, zu interessieren und zum Lachen zu bringen.
Nimm das ernst! Wenn du für dich schreibst, darfst du dich ruhig in deinen Text verlieben und dein größter Fan werden.
Das Überarbeiten und Feilen an Sätzen und Wörtern dient dazu, deinen Rhythmus, deinen Sprachfluss und deine Vorlieben beim Lesen noch stärker herauszuarbeiten.
Das ist wunderbar und kann sehr erfüllend sein.
WENN…
JA, WENN …
… du nicht die Erwartung hegst, dieser Text MÜSSE alle anderen vom Hocker reißen.
Das KANN geschehen.
Du kannst auf diese Weise einen Hit landen, wenn das Werk an die Öffentlichkeit gelangt.
Aber die Wahrscheinlichkeit ist mindestens ebenso groß, dass dein Text anderen völlig egal ist, weil er sie nicht berührt, weil sie nicht deinen Hintergrund teilen oder kennen und weil sie spüren, dass du diese Geschichte ausschließlich dir selbst erzählen wolltest.
Das darf dich weder überraschen noch enttäuschen.
Manche Schreibende fühlen sich dann verkannt.
Sie ernennen die »dumme Leserschaft«, die nur aus Neidhammeln besteht, zu ihrem Feind. (Das Wort Neidhammel habe ich schon Ewigkeiten nicht mehr verwendet. Falls eine Erklärung nötig ist: Es ist umgangssprachlich und verbindet einen neidischen Menschen mit einem Hammel, also einem männlichen Schaf.)
Wenn ein Werk, das Schreibende vor allem für sich selbst schreiben, wenig Beachtung findet, meinen sie vielleicht …
… ihre Gedanken seien wertlos.
… oder sie seien ihrer Zeit voraus und alle anderen rückständig und ignorant.
Wenn dir so etwas passiert, sind das Anzeichen dafür, dass du insgeheim eigentlich doch für andere Menschen schreiben willst …
… die seelenverwandt sind.
… die Hilfe in deiner Geschichte finden könnten.
… die sich für Ähnliches interessieren wie du.
… die so eine Geschichte schon immer lesen wollten.
Wenn dein Werk, deine Geschichte, aufs Erste nicht gut ankommt, du aber möchtest, dass sie mehr Menschen erreicht, braucht sie mit ziemlicher Sicherheit Überarbeitung.
Du willst nämlich einem Publikum etwas erzählen. Doch diese Menschen haben nicht deine persönliche Historie, sie kennen deine Gefühle nicht. Es geht also darum, so zu erzählen, dass Menschen sich in deine Worte hineinversetzen können.
Das ist ein bisschen wie mit unserer Stimme.
Wir hören uns jeden Tag reden. Wir glauben zu wissen, wie wir klingen.
Wenn wir aber eine Aufnahme von uns hören, sind wir entsetzt. Wir finden unsere Stimme zu schrill, zu hoch, zu kehlig oder zu nasal.