Ein riskanter Aufbruch - Dietmar Dressel - E-Book

Ein riskanter Aufbruch E-Book

Dietmar Dressel

4,8

Beschreibung

Die DDR in den siebziger Jahren. Viele führende Politiker leben in Saus und Braus. Die Stasi und der Polizeiapparat sorgen mit den dazu passenden Einrichtungen für Angst, Terror und Gewalt, schlimmer als die Inquisition im Mittelalter. Die Denunziation der Menschen untereinander blüht in allen Farben, die Masse des Volkes bedient sich hemmungslos am Volksvermögen, und verweigert zunehmend die Arbeitsleistung. Die Wirtschaftsleistung und die Staatsfinanzen werden nur noch durch den Verkauf von Menschen, und durch die massive, wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung der BRD aufrechterhalten. Der Untergang dieses Systems in der DDR ist bereits erkennbar, und viele Bürger sind verzweifelt auf der Suche, einen Ausweg für sich und ihre Familien zu finden. Zwei junge Menschen lernen sich kennen, verlieben sich, und wollen ihr gemeinsames Leben in einem Land verbringen, in dem sie frei von politischen Zwängen sind. Was die beiden auf diesem sehr gefährlichen Weg erleben und erleiden müssen, ist die Hölle und das Grauen an sich. Verwundet, und schwer verletzt an Seele, Geist und Körper, erreichen sie nur mit großen Mühen ihr Ziel. Das Buch verspricht viel hochgradige Spannung, in einer Atmosphäre voller Liebe, Schmerz, Leid und Hoffnung.

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Die Zukunft hat viele Gesichter. Welches sich uns zuwendet fühlen wir dann, wenn es uns berührt.

In Liebe für Barbara, Alexandra, Kai, Timon, Nele und Isabelle.

Zum Roman

Die DDR in den siebziger Jahren. Viele führende

Politiker leben in Saus und Braus. Die Stasi und der Polizeiapparat sorgen

mit den dazu passenden Einrichtungen für Angst, Terror und Gewalt,

schlimmer als die Inquisition im Mittelalter.

Die Denunziation der Menschen untereinander blüht in allen Farben, die

Masse des Volkes bedient sich

hemmungslos am Volksvermögen, und verweigert zunehmend die

Arbeitsleistung.

Die Wirtschaftsleistung und die Staatsfinanzen werden nur noch durch

den Verkauf von Menschen, und durch die massive, wirtschaftliche und

finanzielle Unterstützung der BRD aufrechterhalten.

Der Untergang dieses Systems in der DDR ist bereits

erkennbar, und viele Bürger sind verzweifelt auf der Suche, einen Ausweg

für sich und ihre Familien zu finden.

Zwei junge Menschen lernen sich kennen, verlieben sich, und wollen ihr

gemeinsames Leben in einem Land verbringen, in dem sie frei von

politischen Zwängen sind.

Was die beiden auf diesem sehr gefährlichen Weg erleben und erleiden

müssen, ist die Hölle und das Grauen an sich.

Verwundet, und schwer verletzt an Seele, Geist und

Körper, erreichen sie nur mit großen Mühen ihr Ziel.

Vor geraumer Zeit wurde auf Facebook und Twitter die Frage gestellt

Who ist Dietmar Dressel about?

Es ist für einen Buchautor und Schriftsteller nicht ungewöhnlich,

dass er mit zunehmender Aktivität im Lesermarkt das

Interesse der Öffentlichkeit weckt und diese

natürlich neugierig darauf ist, um wen es

sich dabei handelt.

Natürlich könnte ich dazu selbst etwas sagen. Ich denke, es ist

vernünftiger, eine Pressestimme zu Wort

kommen zu lassen.

Nachfolgend ein Artikel von Michel Friedmann: Jurist, Politiker Publizist und Fernsehmoderator.

'Wanderer, kommst Du nach Velden''. Wer schon einmal im kleinen Velden an der Vils war, der merkt gleich, dass an diesem Ort Kunst, Kultur und Literatur einen besonderen Stellenwert genießen. Der Ort platzt aus allen Nähten vor Skulpturen, Denkmälern und gemütlichen Ecken die zum Verweilen einladen. So ist es auch ganz und gar nicht verwunderlich, dass sich an diesem Ort ein literarischer Philanthrop wie Dietmar Dressel angesiedelt hat.

Dressel versteht es wie wenige andere seines Faches, seinen Figuren Leben und Seele einzuhauchen. Auch deswegen war ich begeistert, dass er sich an das gewagte Experiment eines historischen Romans gemacht hatte. Würde ihm dieses gewagte Experiment gelingen?

Soviel sei vorweg genommen: Ja, auf ganzer Linie!

Aber der Reihe nach. Historische Romanautoren und solche, die sich dafür halten, gibt es jede Menge. Man muß hier unterscheiden zwischen den reinen 'Fiktionisten' die Magie, Rittertum und Wanderhuren in eine grausige Suppe verrühren und historischen „Streberautoren“, die jedes noch so kleine Detail des Mittelalters und der Industrialisierung studiert haben und fleißig aber langatmig wiedergeben. Dressel macht um beide Fraktionen einen großen Bogen und findet zum Glück schnell seinen eigenen Stil. Sein Werk gleicht am ehesten einem Roman von Ken Follett mit einigen erfreulichen Unterschieden!

Follett recherchiert mit einem großen Team die Zeitgeschichte genauestens und liefert dann ein präzises, historisches Abbild. Ein literarischer und unbestechlicher Kupferstich als Zeugnis der Vergangenheit. Dressel hat kein Team und ersetzt die dadurch entstehenden Unklarheiten gekonnt mit seiner großartigen Phantasie. Das Ergebnis ist, dass seine Geschichten und Landschaften 'leben' wie fast nirgendwo anders.

Follett packt in seine Geschichten stets wahre Personen und Figuren der Zeitgeschichte hinein, die mit den eigentlichen Helden dann interagieren und sprechen. Das nimmt seinen Geschichten immer wieder ein wenig die Glaubwürdigkeit. Dressel hat es nicht nötig, historische Figuren wiederzubeleben. Das Fehlen echter historischer Persönlichkeiten gleicht er durch menschliche Gefühle und lebendige Geschichten mehr als aus.

Folletts Handlungen sind zumeist getrieben von Intrige, Verrat und Hinterhältigkeit. Er schreibt finstere Thriller, die Ihren Lustgewinn meist aus dem unsäglichen Leid der Protagonisten und der finalen Bestrafung der 'Bösen' ziehen. Dressel zeigt uns, dass auch in einer so finsteren Zeit wie der frühen, industriellen Neuzeit Freundschaft, Liebe und Phantasie nicht zu kurz kommen müssen. Er wirkt dabei jedoch keinesfalls unbeholfen sondern zeigt uns als Routinier, dass er das Metier tiefer Gefühle beherrscht, ohne ins Banale abzugleiten.

Folletts Bücher durchbrechen gerne die Schallmauer von 1000 und mehr Seiten. Er beschreibt jedes Blümchen am Wegesrand. Dressel kommt mit viel weniger Worten aus. Substanz entscheidet!

In der linken Ecke Ken Follett aus Chelsea, in der rechten Ecke Dietmar Dressel aus Velden. Zwei grundverschiedene Ansätze und Herangehensweisen an ein gewaltiges Thema. Wer diesen Kampf wohl gewinnt?

Keiner von beiden, in der Welt der Literatur ist zum Glück Platz für viele gute Autoren.

Inhalt

Die unordentliche römische Toga

Ein gefährlicher Weg

Die grüne Grenze

Eine düstere Welt

In den Händen der Stasi

Das Grauen hat einen Namen, DDR Zuchthaus

Stasigefängnis Kaßberg

Der Weg in die Freiheit

Die unordentliche römische Toga

Bei einem eisigkalten Winterabend mit heftigen, stürmischen Schneetreiben, ist es im Wohnzimmer, am warmen Heizkörper, eigentlich sehr gemütlich. Wenn - ja wenn da nicht eine Faschingsveranstaltung bei der DHFK – „Deutsche Hochschule für Körperkultur“ in Leipzig bei Peter im Terminkalender stehen würde. Er ist Student an der „Hochschule für Ökonomie“ in Leipzig, im letzten Semester kurz vor seinem Studienababschluss.

Groß gewachsen, mit einer annehmbaren, sportlicher Figur, dunkelhaarigem kurzen, welligem Haarschnitt und blauen Augen, macht er einen flotten Eindruck auf seine weibliche Umgebung. Vielleicht ist er für eine heiße Faschingsfeier zu konservativ in seinem Verhalten zu anderen Menschen – schon möglich?

Mit kurzem Blick auf das ungemütliche Wetter überlegt er hin und her, wie er wohl am besten den Abend verbringen könnte. Soll er sich mit der Straßenbahn abtuckern - ein Taxi um diese Zeit in Leipzig zu bekommen, ist wie ein Haupttreffer im Lotto, oder gemütlich in seiner mollig warmen Studentenbude ein Buch lesen, Musik hören, oder einfach nur faulenzen. Letztlich siegen bei ihm doch die Neugierde und die Freude an Rock- und Schmusemusik, Tanzen und lockere Gespräche mit Gleichaltrigen. Na ja, und die Gelegenheit eine weibliche Bekanntschaft zu machen, ist bei so einer Feier eher wahrscheinlicher als daheim.

Kurz entschlossen bastelt er sich aus einem Bettlaken eine Toga, und verwandelt sich so in einen Kaufmann der römischen Antike.

Nach einer halben Stunde Fahrt mit der Straßenbahn, ist er durchgefroren und zitternd vor Kälte, endlich am Ziel. Schon am Eingang wird er von der typischen Faschingsmusik eingefangen.

„Ihre Eintrittskarte bitte!“ Die Faschingskarten müsste Klaus bei sich haben, denkt Peter beruhigt, und wie ich ihn kenne, wird er mit seiner Freundin Brigitte vermutlich schon hier sein, und sich an der Bar rumlümmeln.

Der Einlassdienst ist unerbittlich - „Ohne Karte kein Einlass!“ Mit freundlichem Zureden, und einer kleinen finanziellen Aufmerksamkeit bekommt er zehn Minuten, um seinen Freund mit den Karten zu finden. Wie sollte es anders sein, Herzensbrecher Klaus, sein Studienfreund, sitzt an der Bar. Vertraulich eingerahmt von zwei bildhübschen jungen Damen, passt dieser Anblick zu im, wie die berühmte Faust aufs Auge.

„Na, endlich! Wo bleibst du denn so lang?“ Klaus kann es nicht fassen, wie man zu so einer Veranstaltung so spät kommen kann, ausgerechnet zum Fasching!? „Entschuldige, Klaus, das Wetter ist ein echter Hemmschuh.“ „Ok, du bist ja da, hier ist deine Eintrittskarte, wir warten auf dich! Mach los, und beeil dich!“

Fünf Minuten später kommt Peter, sichtlich erleichtert darüber nicht mehr draußen in der Kälte warten zu müssen, zur Bar.

„Darf ich euch bekannt machen, meine Freundin Brigitte, ihr beide kennt euch ja schon, und die junge Dame links von mir, ist Katrin, kurzfristig aus Griechenland eingereist - entschuldige bitte Katrin, kleiner Scherz! Und der Spätling mit den dunklen Haaren, ist mein Freund Peter.“ „Hallo, Brigitte - und sich an Katrin wendend - „Hallo, ich hoffe sie hatten eine angenehme Reise von Griechenland zu uns in die DDR?“ „Danke für die Nachfrage, aber auf den Arm kann ich mich selber nehmen.“ „Ich bitte um Nachsicht, war nicht so gemeint.“ „Ok, an meinem südländischen Aussehen sind vermutlich meine Urgroßeltern schuld.“ „Ach nein!“ „Aber ja! Sie siedelten vor Ausbruch des ersten Weltkrieges von Griechenland nach Leipzig.“

Und schon wieder etwas versöhnlicher, meint sie - „Was halten sie vom sportlichem du und von dieser ausgelassenen beschwingten und fröhlichen Faschingsmusik? Ist doch eine prima Gelegenheit zum Tanzen, oder?“ „Gute Idee, ich bin zwar in dieser Sportart nicht besonders geübt, aber ich werde mich anstrengen und mein Bestes geben.“ „Bei deiner Größe und deinem Gewicht wäre das für meine kleinen, zarten Füße vom Vorteil. Also los, Peter, auf was warten wir zwei noch, stürzen wir uns insTanzgetümmel.“

Beide winken Klaus und Brigitte kurz zu, wühlen sich mühsam durch die lustige Faschingsmeute in Richtung Tanzfläche und genießen die anschmiegsame Musik.

Nach einer längeren Folge von Schmuseliedern, die beide sichtlich genießen, bleibt Katrin einen kurzen Moment auf der Tanzfläche mit ihm stehen.

„Mein lieber Peter, wir zwei sind zwar per du, deinen Vornamen weiß ich ja, könntest du bitte trotzdem den unteren Teil deiner Toga etwas energisch zur Ordnung rufen!“ Meint Katrin mit einem leicht mahnenden Unterton in ihrer Stimme. „Warum, wieso? Was meinst du damit? Ist an meinem Gewand irgendetwas nicht so, wie es sein sollte?“ „Ja, ist es! Das kann man so sagen.“ Peter hält einen Moment inne, und schaut prüfend an sich herunter. „Ach verflixt! Entschuldige bitte, das muss an der Musik und am Tanzen mit dir liegen.“ „Ach nein! Na, da bin ich ja merklich beruhigt. Ich vermutete schon, mein kurzer Rock strahlt magische Kräfte aus.“ Au backe, denkt er, das war wohl knapp daneben. Da hat sich der untere Bereich meiner römischen Toga nicht von der schüchternsten Seite gezeigt.

„Bist du hier das erste Mal in den sportlichen Hallen der DHFK?“ Versucht er flugs das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

„Nein, ich verdiene hier jeden Tag meine belegten Brötchen.“ „Ach was! Hat das möglicherweise was mit deinem Heimatland Griechenland und dem Olymp zu tun?“ „Na, du warst bestimmt auch schon witziger!“ „Entschuldige!“ „Ich bin an dieser prächtigen Hochschule Teamleiter für das Bereich Leichtathletik, und muss mich jeden Tag mit den Sportlern, Trainern und Teamärzten auseinandersetzen und abschuften, damit die sportlichen Leistungsparameter, so wie sie von unserer Partei gefordert werden, auch gefälligst erfüllt werden.“ „Das ist sicherlich keine leichte Aufgabe für dich, oder? Wie beurteilst du das? Du siehst ja nicht nur die Erfolge der Sieger, sondern auch die Enttäuschungen der Verlierer, die körperlichen Anstrengungen, die Strapazen und vermutlich auch so manche Handlungen, die wohl für die Öffentlichkeit nicht bestimmt sind.“ „Ja, das kann man so sagen. Die Schattenseiten des Leistungssports überwiegen und glaub mir, das täglich mit ansehen zu müssen, ist nicht immer angenehm, und auch nicht leicht zu ertragen. Das alles soll ich ja auch noch mit meinem eigenen Gewissen unter einen Hut bringen. Ehrlich gesagt, das fällt mir dabei besonders schwer, zumal in unserer Presse immerfort zu lesen ist, dass solche so genannten „medizinischen Verfehlungen“ natürlich nur und ausschließlich von Sportlern in den kapitalistischen Ländern praktiziert werden. Bei uns in der DDR kämpfen die Athleten ja nicht um das liebe Geld, sondern für das Ansehen unseres Landes in der Welt, und das ist schließlich ein großer Unterschied! Entschuldige bitte, Peter, dass ich das so offen zu dir sage, ich habe mit Klaus gesprochen, und der meint, dass du nicht gut auf die Partei und die Politik unserer Regierung zu sprechen bist.“ „Da hat Klaus recht, dass bin ich wirklich nicht!“

Im Stillen denkt sie, schon wenn ich sehe was die Sportler täglich für so genannte leistungssteigernde kleine Mittelchen einnehmen sollen und dabei denken, das sind Medikamente zur Vorbeugung gegen Krankheiten. Heute glauben einige dieser Sportler, das kann ja nicht schaden, etwas Genaues über mögliche Nebenwirkungen weiß man ja sowieso nicht. Und an die möglichen Folgen denkt da wohl vermutlich keiner. Später wird man vielleicht klüger sein, nur dann kann man es nicht mehr rückgängig machen. Um einmal auf dem berühmten Siegertreppchen zu stehen, die Staatsfahne der DDR am obersten Rand des Fahnenmastes zu sehen, der Hymne zu lauschen und der Beste unter den Besten der Welt zu sein, dafür aber die gesundheitsschädigenden Torturen auf sich zu nehmen, sollte nicht unbedingt das einzige erstrebenswerte Ziel sein, das einem das Leben so bietet. Gezwungen wird ja keiner dazu, das muss man schon deutlich sagen. Letztlich ist es der Ehrgeiz jedes einzelnen Sportlers, ob er den nicht ganz ungefährlichen Weg gehen will oder nicht.

Wenn dann mit zunehmendem Alter das große gesundheitliche Jammern und Klagen kommt, sollte man die Schuld nicht nur bei den Trainern, Ärzten und Politikern suchen, sondern auch an die eigene Entscheidung denken, die letztlich mit dazu beiträgt, dass die Gesundheit großen Schaden nehmen kann.

Und so verrinnt für die beiden an diesem Abend die Zeit mit Musik, Wein und viel Spaß. Der letzte Tanz wird angekündigt und Peter überlegt, wie er sie zum Frühstück in seine Wohnung locken kann. Doch siehe da, wie das Leben so spielt, reißt sie ihn mit einer Frage aus seinen verführerischen Gedanken. „Was hältst du von einem griechischen Frühstück bei dir zu Hause, wenn du ein Zuhause hast, wo man in Ruhe und gemütlicher Zweisamkeit frühstücken kann?“ Ich weiß zwar nicht wie ein griechisches Frühstück zubereitet wird und wie es schmeckt, aber, denkt er, viel falsch machen kann ich ja eigentlich bei einem Frühstück nicht, und vor dem Frühstück ist ja noch eine Nacht, also werde ich mal fix zustimmen. „Schau in mein Gesicht, blick in meine Augen und du siehst was ich denke.“ „Ok, das ist nicht zu übersehen. Na, dann werde ich dir mal lieber erklären, wie so ein griechisches Frühstück abläuft. Also – wir zwei huschen heute Nacht zusammen ins Bett.“ „Ist das wahr?“ Peter kann vor Überraschung die gute Wende zu seinem Vorteil noch gar nicht richtig fassen. „Aber sicher! Und schlafen jeder für sich allein.“ Katrin verzieht, als sie das sagt, keine Miene. „Ach so! Ist das nicht recht langweilig?“ „Aber nein! Wie kannst du so was denken? Dafür schlafen wir uns nach dem langen Faschingsabend richtig aus, und genießen gemeinsam am Morgen ein griechisches Frühstück.“ „Ich wäre da ja mehr für ein deutsches Frühstück!“ „Wieso das? Ach ja! Entschuldige bitte! Hätte ich mir eigentlich denken können. Trotzdem - du wirst von dem griechischen Frühstück begeistert sein!“ Etwas geknickt fragt er zurück. „Hast du möglicherweise den morgigen Tag, außer mit unserem gemeinsamen Frühstück, schon anderweitig verplant, oder können wir noch ein paar Stunden miteinander verbringen?“ „Der Tag gehört, so du magst, uns beiden. In welcher Ecke von Leipzig steht denn deine warme Hütte? Na, hoffentlich ist sie warm, ich hasse Kälte!“ „Kennst du das neue Hochhaus unterhalb vom Karl-Marx-Platz neben der Staatsoper?“ „Ja, kenne ich! Sag mal bitte, wie kommst du als Student an so eine komfortable Hochhauswohnung? So ganz ohne bestimmten „Zuwendungen“ kommt man da doch nicht ran?“ „Hat mein Vater organisiert!“ „Aha - vermutlich ist er ein herausragender Genosse unserer sozialistischen Republik.“ „Nein! Eher das Gegenteil! Mein Vater ist Bäcker.“ „So, so! Gucke an! Der Herr Sohn kommt aus einer privaten, kapitalistischen Bäckerei? Sieht man deiner Figur gar nicht an.“ „Es könnte sein, dass du deine Meinung änderst, wenn ich mal meine Hüllen fallen lasse. Übrigens, für einen Kapitalisten ist der kleine Bäckerbetrieb meines Vaters viel zu klein.“ „Na, na, nicht gar so schnell mit den jungen Pferden und den Hüllen, alles zu seiner Zeit, Peter!“

Nach einer guten halben Stunde Fahrt mit der Straßenbahn, sind beide endlich in Peters Wohnung. „Du hast eine tolle Studentenbude, das muss ich neidlos zugeben, und modern eingerichtet ist deine Hütte auch.“ „Hat Mama gemacht!“

„So, aha! Machst du hie und da auch mal was alleine?“ „Ich büffle fleißig, und überlasse solche Dinge lieber meinen Eltern, die können das besser als ich!“ „Hm, kann ich mal dein Bad benutzen?“ „Handtücher und Badetücher sind rechts unten im Schrank, und mein Bademantel hängt innen an der Tür. Was hältst du von Spaghetti Bolognese?“ Ruft er ihr noch nach! „Lecker, kannst du kochen?“ „Eigentlich mehr schlecht als recht, und du?“ „Bei uns zu Hause kocht meine Mutter, und wenn Zeit ist, auch ab und zu mein Vater. Ich habe noch keinen Bock auf Kochkünste und meine Arbeit lässt mir dafür auch kaum Spielraum.“ „Du brauchst dich beim Duschen nicht beeilen, die Spaghetti brauchen eine Weile bis sie fertig sind.“

Nach einer geschlagenen halben Stunde, Peter ist noch mit der Zubereitung des Essens beschäftigt, kommt sie, eingehüllt in ein großes Badetuch, in die Küche. „Sag mal, wieso steht bei dir kein gebrauchtes Geschirr herum? Männer spülen doch ihr Geschirr nicht ab, das sollen lieber wir Frauen machen. Ich weiß das von meinem Vater, der denkt das auch. Meine lieben Kollegen im Büro sind da nicht besser, oder isst du nur in der Mensa?“ „Nein! Ich habe jemand, der mir die Arbeit mit dem Geschirr abnimmt.“ „Ach was! Vermutlich macht das auch deine Mutter?“ „Nein! Dafür habe ich Klara!“ „Ach! Wer ist denn bitte Klara? Bist du etwa verheiratet, oder lebst mit einer Frau zusammen?“ „Aber nein! Hier, sieh mal, ein Geschirrspüler. Ich nenne ihn hie und da auch Frau Klara. Das benutzte Geschirr stell ich rein, drücke auf Start, und dann arbeitet meine „Haushaltshilfe“ eine Stunde vor sich hin. Wenn ich Zeit habe, räume ich das Geschirr blitz sauber und getrocknet aus der Maschine - praktisch, oder? Schon als ich noch in die Schule ging, musste ich zu Hause bei Muttern das Geschirr abtrocknen – äußerst ungern sag ich dir! So ein Gerät gab es zur damaligen Zeit noch nicht, leider! Also habe ich einige Male, wegen meiner ungeschickten Hände, die eine oder andere Tasse fallen lassen. Es dauerte auch nicht besonders lang, und meine Mutter befreite mich von dieser Arbeit, bevor kein Geschirr mehr im Schrank stand. Dafür kam ich um die leidige Gartenarbeit nicht herum. Noch mal zur Klara! Die Geschirrspülmaschine, so ist jedenfalls der richtige Name, ist eine prima Haushaltshilfe, ich weiß was ich sage!“ „Wo hast du denn das Gerät her, so was gibt’s bei uns in der DDR überhaupt nicht, jedenfalls habe ich im Handel noch keines zu Gesicht bekommen?“ „Von unseren Verwandten aus Westdeutschland.“ „Ach nein! Und das kann man so ohne weiteres dort kaufen?“ „Aber ja! Das ist überhaupt kein Problem! Man muss nur über den dafür notwendigen Wasser- und Stromanschluss verfügen, und in Westdeutschland sollte man Verwandte haben, die einem was Gutes tun wollen. Die Firma Genex ist ein von der DDR gegründetes Unternehmen, das speziell solche Handelsbeziehungen ins westliche Ausland für die DDR Bürger abwickelt. Bei dieser Firma erhältst du für Westgeld alles was dein Herz begehrt. Konsumgüter, Urlaubsreisen, Autos - bis hin zu Fertighäusern. Natürlich alles vom bösen Klassenfeind, und grundsätzlich ohne Wartezeit, versteht sich! Stell dir mal einen total überzeugten Parteisekretär hier bei uns in der DDR vor, der sich aus politischer Überzeugung von seinen Westverwandten lossagt, und sein Lieblingsauto, einen Trabi hier bei uns kaufen möchte. Lieferzeit schlappe zehn Jahre – mindestens! Sein parteiloser Wohnungsnachbar, mit einem guten Verhältnis zur Westverwandtschaft, bekommt auch einen Trabi, allerdings als Geschenk von seinen Verwandten in der BRD - Wartezeit maximal vier Wochen. So ist das! Zahlt einer mit Westmark, Lieferung sofort. Zahlt einer mit DDR Mark, Lieferzeit zehn Jahre und mehr. Jetzt lach halt mal, Katrin! Wir leben doch in einem Arbeiter- und Bauernstaat, und da sind alle gleich, sagen jedenfalls die Politiker unseres Landes.“ „Das weiß ich doch, Peter, erklär mir lieber die Maschine, das interessiert mich mehr!“ „Also, pass auf! Ich zeige dir mal wie das Gerät funktioniert.“ „Halt, halt, musst du mich deswegen gleich auf den Kühlschrank setzen? So gefährlich kann das Gerät doch nicht sein? Oder etwa doch?“ „Ja, das muss sein, du kennst ja das Sprichwort – „Der bessere Teil der Tapferkeit, ist die Vorsicht.“ „Ok, Peter - versteh ich ja alles, aber muss der Abstand von deiner Toga zu meinem Badetuch so eng sein? Außerdem ist der untere Teil deiner römischen Toga schon wieder in einem sehr, sehr „unordentlichen Zustand“! Wenn ich das mal so anmerken darf.“

Noch außer Atem und Peter fest umschlungen denkt sie - für was doch so ein Kühlschrank alles gut sein kann.

Nach einer anstrengenden Nacht und wenig Schlaf, sitzen beide vor einem fürstlichen und geschmackvollen Frühstück.

„Ich wäre nicht traurig darüber, wenn wir so ein griechisches Frühstück für uns beide nicht mehr weglassen, und das nicht nur weil es außerordentlich gut schmeckt.“ „Meinst du, dass so ein Frühstück für ein ganzes Leben reicht, Peter?“ „Das kann ich nicht sagen, Katrin. Aber heute früh, als ich dich im Bett so liegen sah, blitzte in mir etwas auf und entfachte so bestimmte Gefühle, ich glaube nicht, dass ich die wieder loskriegen werde.“ „Ja, du Wüstling. In meinem Herzen hat sich auch jemand eingekuschelt, von dem ich mir wünsche, dass er dort bleibt.“

Katrin und Peter wachsen in ihrer Liebe zueinander immer fester zusammen und beide können sich ein Leben allein ohne dem anderen nicht mehr vorstellen. Bei ihren ernsten Gesprächen erkennen sie den gleichen sehnlichen Wunsch, die DDR zu verlassen, und zu ihren Verwandten nach Westdeutschland zu flüchten, denn die Wahl, seinen Wohnsitz frei zu wählen, ist ja für Menschen in der DDR ausgeschlossen, es sei denn, sie sind im Rentenalter.

Ihre Gedanken konzentrieren sich auf einen Plan, welcher Weg sich für die Flucht aus der DDR eignen könnte. Infrage kommt eigentlich nur die DDR und ein Ostblockland mit einer Grenze zu Österreich, der Türkei oder Westdeutschland. Schließlich einigen sich beide darauf, über Bulgarien entlang der Schwarzmeerküste die Türkei zu erreichen. Sie sind sehr gute Schwimmer und sportlich fit. Beide trauen sich zu, nachts mit einem kleinen Schlauchboot entlang der bulgarischen Schwarzmeerküste zu rudern, um unbemerkt von der dortigen Wasserpolizei, die türkische Küste zu erreichen.

Ohne mit ihren engsten Freunden darüber zu sprechen, planen sie diesen Fluchtweg im Detail durch. Sie sind sich dessen völlig bewusst, dass es nur wenige Augenblicke im Leben gibt, wo sie erkennen werden, dass sie handeln müssen, auch wenn Familienangehörige und Freunde auf diesem Weg nicht mitgehen können oder wollen. Die leise innere Stimme muss im Zweifel immer die letzte Entscheidung treffen, und eine Trennung von heute, muss das Wiedersehen von morgen ja nicht ausschließen.

Ein gefährlicher Weg

Peters Eltern sind seit vielen Jahren durch Urlaubsreisen nach Bulgarien mit einer Familie befreundet, die in Nessebar, einem bulgarischen Ferienort am Schwarzen Meer, in der Touristikbranche in einer leitenden Stelle arbeiten. Sie haben bereits telefonisch mit ihnen gesprochen, und einen Urlaubstermin im August für Katrin und Peter fest gebucht.

„Mir wird jetzt schon ganz mulmig! Wie wollen wir denn völlig unbemerkt durch die bulgarische Grenze in die Türkei kommen? Wir kennen uns doch da unten in dieser Gegend überhaupt nicht aus, Peter?“ „Einfach und ungefährlich wie ein Spaziergang wird das natürlich nicht, Katrin. Also, wie machen wir das!“

Swetlana, die Tochter unserer bulgarischen Bekannten, kann uns mit dem Auto nach Tsarevo fahren, ein PKW mit bulgarischem Kennzeichen fällt bestimmt nicht auf, jedenfalls nicht so, dass wir uns gleich verdächtig machen. Von ihren Eltern leihen wir uns das Schlauchboot, ich habe mir das mal im letzten Urlaub geborgt. Außerdem ist ja Swetlana dabei. Sollte eine Polizeikontrolle kommen, wird sie bestimmt damit fertig. Tsarevo ist der letzte offizielle Urlaubsort, der für ausländische Touristen zugängig ist. Von dort ist es auf dem Wasser- oder Landweg nur noch ein Katzensprung bis zur türkischen Grenze. Wir verbringen den Tag am Badestrand, kundschaften die Gegend aus, und machen uns nachts mit dem Schlauchboot auf den Weg in Richtung türkische Grenze.

Im Schutze der Nacht und nahe am Ufer, aber außerhalb der Brandung, paddeln wir uns, immer der Küste folgend, in Richtung Grenze. Sollte unverhofft ein bulgarisches Polizeiboot aufkreuzen, werden wir uns eben für eine Weile am Ufer verstecken und warten. Notfalls müssen wir, wenn wir es im Dunkeln nicht bis zur Grenze schaffen sollten, einen Tag versteckt am Ufer verbringen.

Etwas zum Essen und zum Trinken sollten wir vorsorglich einpacken. Sind wir einmal auf türkischem Boden, trampen wir per Anhalter, und wenn es sein muss auch mit einem Eselskarren, nach Istanbul. Dort gehen wir zur deutschen Botschaft, oder zum Konsulat und erklären, dass wir zu unseren Verwandten nach Westdeutschland möchten. Ich bin sicher, dass man uns helfen wird. Von der Türkei nach Bayern zu kommen, dürfte dann nicht mehr so schwierig sein.

Wir werden uns mit dunkler und wasserfester Kleidung warm anziehen müssen, auf dem Meer ist es trotz sommerlicher Temperaturen immer kühl. In Tsarevo verbringen wir den ganzen Tag am Wasser. Stellen wir beide fest, oder hören wir im Wetterbericht, dass ein Sturm oder ein Schlechtwettergebiet aufziehen könnte, fahren wir mit dem Bus wieder zurück nach Nessebar und verschieben unser Vorhaben solange, bis die Wetterlage wieder friedlich ist, so dass wir beide keine unnötigen Gefahren auf uns nehmen müssen. Soviel zum Fluchtweg!

Sobald wir in Nessebar sind, werden wir in den ersten Tagen auch mal abends in der Dunkelheit im Meer baden. Wir gewinnen dann einen besseren Eindruck, wie wir nachts damit umgehen. Sollte an dem Tag in Tsarevo stürmisches Wetter sein, werden wir Swetlana bitten, uns am nächsten Tag von Tsarevo wieder abzuholen.

„Ok, Peter, alles verstanden! Wann fliegen wir nach Nessebar?“ „Unseren Flug nach Burgas in Bulgarien haben meine Eltern für kommenden Samstag gebucht, Abflug vierzehn Uhr! Die Tickets habe ich schon, natürlich nur für den Hinflug. Nach Hause fahren wir mit dem Zug, was hoffentlich nicht notwendig sein wird. Swetlana holt uns vom Flughafen ab, und bringt uns in unser Hotel.“ „Haben deine Eltern schon ein bestimmtes Hotel für uns beide gebucht, Peter?“ „Nein, Katrin, ich glaube nicht. Lassen wir uns einfach überraschen. Vergiss nicht, Swetlana und ihre Eltern dürfen nicht mal ahnen, was wir wirklich vorhaben. Es geht nicht anders! Die bulgarischen Behörden würden, in Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit der DDR, ohne lange mit der Wimper zu zappeln, die gesamte Familie von Swetlana und sie selbst, wegen Beihilfe zur Republikflucht ins Gefängnis stecken, Sippenhaft nennt man so was.“ „Hör auf, Peter, mir brummt von alle dem der Kopf! Was hältst du von einem kleinen Einkaufsbummel?“ „Brauchst du noch dringend ein paar Sachen für den Urlaub, oder willst du nur einen Streifzug durch die Altstadt machen?“ „Ich bräuchte noch einen flotten Bademantel und einen schicken Bikini. Es muss ja in Nessebar, wo sicherlich auch Touristen aus Westdeutschland ihren Urlaub verbringen, nicht gleich jeder sehen, dass wir aus der DDR kommen, oder?“ „Nein, das muss wirklich nicht sein. Außerdem wollen wir uns ja langsam daran gewöhnen Bundesbürger zu werden. Bei deiner Sexyfigur könntest du allerdings den Bikini locker weglassen.“ „Also, Peter, du nun wieder!“ „Na gut, die Vorstellung, dass dir am Strand alle Männer hinterherrennen, finde ich eigentlich auch nicht so prickelnd.“ „Na siehste! Außerdem - wenn ich mich an den letzten Urlaub mit meinen Eltern in Nessebar erinnere, ist „oben ohne“ am dortigem Strand sowieso nicht erlaubt. Etwas abseits, ich glaube hinten an der Zigeunerbucht, ist Nacktbaden möglich. So wie ich dich kenne, bist du dafür viel zu prüde!“ „Ich kenne die Bucht. Meine Eltern sind nicht so für die Nackedeis, und alleine wollte ich nicht hin! Gut, du hast mich überzeugt, bleiben wir lieber bei einem Bikini. Ok, auf was warten wir zwei noch, gehen wir einkaufen und danach können wir ja zur Milchbar abzwitschern!“ „Ok, du Zuckerschlecker und Sohn eines Bäckers, ab morgen haben wir Urlaub, ich freu mich!“ „Na, von wegen Urlaub, Katrin, morgen brechen wir in eine andere Welt auf, ein Aufbruch mit einer gehörigen Portion Risiko.“ „Ich weiß, Peter, ein leichter Weg wird das bestimmt nicht!“

Mit dem Zug fahren Katrin und Peter Samstag früh nach Dresden und treffen rechtzeitig vor dem Abflug nach Nessebar am Flughafen ein. Gepäck abgeben, Pass- und Zollformalitäten erledigen, und schon sitzen beide kurze Zeit später im Flugzeug. Es ist eine Maschine vom Typ IL 18, russische Produktion. Das Flugzeug soll ja relativ sicher sein, allerdings ist diese Kiste laut wie ein Panzer. Sich mit seinem Sitznachbarn zu unterhalten, ist außerordentlich mühsam und anstrengend. Was soll’s, denkt Peter, es sind ja nur ungefähr zwei Flugstunden, die werden wir beide locker aushalten.

Nach zweieinhalb Stunden gibt es in der Ankunftshalle vom Flughafen Burgas ein großes Hallo. Peter, Katrin und Swetlana liegen sich in den Armen, und freuen sich auf die gemeinsame Zeit miteinander. Swetlana, eine junge gut aussehende typische Bulgarin, braungebrannt wie eine Afrikanerin, bringt sie mit dem Auto nach Nessebar zu ihrem Hotel. Als Katrin und Peter das Meer sehen und riechen können, gibt es für die beiden nur noch ein Thema, endlich Urlaub! Die Verständigung mit Swetlana ist kein Problem, sie beherrscht die deutsche Sprache perfekt.

„Das Hotel ist keine teure Luxusbude, aber ein schöner, moderner Hotelkomplex mit Swimmingpool, es wird euch hier gefallen. Deine Eltern, Peter, haben im Hotel Orel, so heißt die tolle Hütte, ihren letzten Urlaub verbracht und waren happy.“ „Danke, Swetlana! Was hältst du von einem dicken Kuss als kleines Dankeschön?“ „Den heb dir mal schön für Katrin auf, ihr könnt mich ja morgen zum Frühstück einladen!“ „Ok, versprochen!“ „Ich lass euch jetzt allein, ihr seid bestimmt müde von der anstrengenden Reise, und wollt sicher erstmal ausschlafen, und so in dieser Richtung.“

Dabei zwinkert Swetlana beiden schelmisch zu, und verabschiedet sich. „Bis morgen früh neun Uhr an der Rezeption!“ Ruft Swetlana noch zurück. „So ganz Unrecht hat sie ja nicht, der Flug und das ganze Drum und Dran haben mich völlig verspannt. Hast du was gegen meine Verspannung mitgenommen, lieber Peter?“ „Ich glaube schon. Eigentlich habe ich für Entspannungsübungen immer was dabei, ich muss mal suchen, so schwer kann das ja nicht zu finden sein!“ „Kann ich dir dabei helfen, mein Schatz?“ „Ach was! Kennst du dich denn mit solchen Suchaktionen aus?“ „Eigentlich nicht, aber mit dir zusammen finde ich schon das, was meine Verspannung lindert.“ „Ist das war?“ „Aber ja! Ich bin da ganz sicher, vertrau mir!“

Und so entspannen sich Katrin und Peter vom ersten Urlaubstag, und träumen ihrem Frühstück mit Swetlana entgegen. Es ist ein sonniger und warmer Morgen am Strand von Nessebar. Ein fast einmaliger, malerisch schön gelegener Badeort an der bulgarischen Schwarzmeerküste. Im Volksmund nennt man ihn einfach Sonnenstrand, als ob sich an diesem Ort die Sonne nicht getrauen würde schlafen zu gehen. Ein wunderbares Fleckchen Erde, um die Seele baumeln zu lassen.

Katrin und Peter sitzen auf der Hotelterrasse und unterhalten sich leise. „Entschuldige Katrin, ich muss noch mal an die Hotelrezeption und mit Swetlana unseren gemeinsamen Besuch im Zigeunerdorf besprechen. Außerdem wollen wir ja zusammen frühstücken.“ „Bleib nicht so lang! Die anstrengenden Entspannungsübungen mit dir in der letzten Nacht lösen zwar sehr gefühlvoll meine Verkrampfungen, machen mich aber auch sehr hungrig. Raunt Katrin ihm schmunzelnd zu. „Von wegen, ich bin daran völlig unschuldig!“ Und mit einem spitzbübischen Gesicht saust Peter davon.

Eingerahmt von exotischen Pflanzen, liegt die Hotelterrasse direkt am Meer. Die langsam aufsteigende Sonne spendet den Hotelgästen ihre ersten wärmenden Sonnenstrahlen, und das Rauschen der Wellen weckt bei den Hotelgästen die Sehnsucht nach einem Bad. Einige ältere Männer und Frauen wirken eher noch etwas schlaff und verschlafen, vermutlich macht sich das üppige Essen und das eine oder andere Glas Rotwein vom vergangenen Abend noch bemerkbar. Unternehmungslustig und mit gesundem Appetit sitzt Katrin am Tisch, und wartet ungeduldig und mit hungrigem Magen auf Peter. Das vielseitige, und appetitliche Frühstücksbuffet und der köstliche Kaffeeduft kitzeln ihre Nase. Wo bleibt er nur? Swetlana steht bestimmt schon wartend in der Hotelhalle.

„Hallo, Swetlana, guten Morgen! Hast du Appetit auf eine Tasse Kaffee oder eine heiße Schokolade? Dabei könnten wir ja die Organisation unseres heutigen Abends besprechen, was meinst du?“ „Guten Morgen, Peter, nein danke, aber jetzt nicht! Ich muss dir etwas Schlimmes sagen! Heute Nacht wurde von unserer Seepolizei ein Ehepaar aus der DDR tot aus dem Meer geborgen! Wie es zu diesem tragischen Unfall kam, wird von den Behörden noch untersucht.“ Betroffen von dieser Nachricht, fragt Peter Swetlana noch mal. „Ist das wirklich in der vergangenen Nacht passiert, und nicht irgendeine schlechte Urlaubsente?“ „Nein Peter! Keine Ente, es ist wahr! Und einen Badeunfall schließt unsere zuständige Behörde aus. Der Unfall soll sich bei Ahtopol, nahe der bulgarisch – türkischen Grenze nicht weit von Nessebar ereignet haben. Angeblich habe das Paar versucht mit einer Luftmatratze das türkische Ufer zu erreichen.“ Was für eine furchtbare Tragödie, flüstert Peter völlig fassungslos. „Was hat dieses Paar bewegt, ein solch großes Risiko einzugehen, Peter? Du und Katrin, ihr beide wohnt doch auch in der DDR, kannst du mir das erklären? Wohin wollten sie fliehen, wenn man das mal so sagen soll, und vor allem, warum und vor wem?“

Die schreckliche Nachricht von Swetlana berührt Peter sehr, und sie beeinflusst zunehmend seine eigenen Gedanken. Ihr gemeinsames Vorhaben, auch über den Wasserweg mit einem Schlauchboot die türkische Grenze zu erreichen, weckt bei ihm Zweifel und Ängste. Nachdenklich verabschiedet sich Peter von Swetlana. „Bis heute Abend, zum Zigeunerball.“ „Ja, Peter, ich freue mich drauf!“ Ruft sie zurück, und wendet sich anderen Hotelgästen zu. Mit sorgenvollen Gedanken läuft er zum Frühstückstisch. Katrin, nichts ahnend von dem Zwischenfall der letzten Nacht, ruft Peter zu - “Na endlich, du Schwerenöter, wie kannst du mich bei so einem Frühstücksangebot so lang allein lassen?“

Peter nimmt sich einen Stuhl, setzt sich zu Katrin und berichtet ihr von dem Ereignis zweier Menschen aus der DDR, die in der letzten Nacht auf tragische Weise ihr Leben verloren. Minuten vergehen, bis Katrin und Peter wieder Worte finden können. Beiden wird zunehmend klar, dass der eigentliche Grund für ihren Urlaub in Bulgarien - die Flucht über das Meer in die Türkei, nach diesem entsetzlichen Geschehen in weite Ferne rückt. Das Risiko, dass sie zu Tode kommen könnten, ist sehr groß. Und so beschließen sie, die verbleibenden Urlaubstage am Sonnenstrand zu genießen.

„Laß gut sein, Peter, jetzt frühstücken wir erstmal, ich habe Hunger, und nach dem Essen sehen wir weiter!“ „Wir können ja anschließend ein Bad im Meer nehmen, unsere Gedanken brauchen einen kühlen Kopf.“ Leise, damit sie am Nachbartisch möglichst keiner hören kann - wer weiß schon wer da sitzt, guckt und lauscht, meint Peter - „So furchtbar das auch für die zwei Menschen aus der DDR ist, uns beiden hat es vielleicht das Leben gerettet. Das Schlauchboot von Swetlanas Eltern ist auch nicht besonders seetüchtig. Wir zwei sind zwar gute Schwimmer, aber notfalls nachts zwei bis drei Stunden im kalten Wasser bleiben müssen? So ungefährlich ist das für uns auch nicht. Gut, dass wir Swetlana noch nichts von unserem geplanten Ausflug mit Übernachtung in Tsarevo erzählt haben. Ich möchte nicht wissen, was sie nach dem schrecklichen Ereignis darüber denken würde. Wir werden zu Hause noch mal gründlich über einen anderen, und möglichst ungefährlicheren Fluchtweg nachdenken müssen!“ „Ok, Peter, brechen wir unseren Plan erst mal ab. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.“

Die Tage vergehen für Katrin und Peter wie im Flug. Das tägliche Baden im Meer, abends tanzen bei Rock`n Roll Musik, lässt die Zeit davon rennen, als ob der Teufel hinter ihr her wäre. Unaufhaltsam rückt der Abschied von dieser wunderbaren Urlaubsidylle näher.

„Unser letzter Tag, Katrin! Heute Abend heißt es für uns beide Abschied nehmen. Genießen wir die wenigen Stunden, die uns noch bleiben zum Schwimmen, ein so schönes Meer haben wir in Leipzig nicht, und Essen und trinken können wir auch zu Hause.“ „Also los, Peter, rein ins Wasser, worauf wartest du, genießen wir noch mal ein Bad im Schwarzen Meer.“

Der heutige Wellengang hält sich in Grenzen, so dass die beiden auch mal etwas weiter hinaus schwimmen können. Das Meer ist hier an der Küste von Nessebar sehr flach. Man muss schon mehr als fünfzig Meter weit im nassen Element zu Fuß laufen, bevor einem das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals reicht. Katrin, gut fünfzehn Zentimeter kleiner als Peter, hält sich mit den Händen an Peters Schultern fest und umschlingt mit ihren Beinen seinen Körper. So blicken beide, Peter bis zum Hals im Wasser stehend, und Katrin fest umschlungen in seinen Armen auf das lustige und ausgelassene Treiben der Badegäste.

„Du, sag mal Peter, was soll das werden? „Wie meinst du das? Ich mache nichts! Ich steh nur mit dir im Wasser und bewundere deine wunderschönen braunen Augen. Wie soll ich diesen Blicken widerstehen können, liebste Katrin?“ „Ach was, stehen ist gut! Siehst du nicht die vielen Leute am Strand und im Wasser? Du willst mich doch nicht etwa vor all den Menschen hier im Wasser - na du weißt schon was ich meine. Mein lieber Peter, das sollten wir beide mal schön sein lassen. Obwohl - ich weiß nicht??? Und verspannt bin ich auch. Ich könnte schon mit dir – na und so - aber vor all den badenden Menschen? Kinder sind auch im Wasser – ich mein ja nur, Peter! Hör lieber damit auf, du verliebter Meeresgott.“ „Oh, Jammer lass nach! Das Entspannungsmittel in der Hand und - nix da! Alles wieder einpacken!“ „Bleib!!!“ Hauchen Katrins Lippen. Ein Aufstöhnen kommt aus ihrem Mund, und ihr Verstand vergisst für eine Weile die Umgebung.

„Du bist mir ja ein ganz Schlimmer! Und so einen Menschen will ich heiraten. Na, das können ja aufregende Zeiten werden.“ „Langweilig wäre schlechter!“ „Da ist auch was dran! Sag mal du Wüstling, hast du noch ein paar Kraftreserven übrig?“ „Du willst doch nicht nochmal, na du weißt schon – und so?“ „Möchten schon, aber im Hotelzimmer warten unsere Koffer, die wollen gepackt werden. Also los du Sportskanone, wer zuerst am Strand ankommt, hat gewonnen und darf sich nach dem Kofferpacken was wünschen.“ „Das ist eine Hundsgemeinheit von dir, du weißt genau, dass ich im Schwimmen keine Chance gegen dich habe, und ich hätte da schon so ein gewisses begehrliches Verlangen.“ „Sag mal, Peter, woher willst du wissen, dass ich nicht auch so einen ähnlichen Wunsch habe. Die „Wasserspiele“ mit dir sind schon wild, aber kurz. Du könntest schon noch einiges an und in mir nacharbeiten, so du magst?“ „Ok, der Zug fährt ja erst in fünf Stunden von Burgas ab.“

Und so erlebt das Hotelzimmer von Katrin und Peter, mit seinen Liegemöbeln, schöne und lustvolle Stunden.

„Du, Peter, die Zeit wird knapp, hast du noch Kraft zum Koffer tragen?“ „Das ist aber nicht besonders aufmunternd für mich?“ „Ach, nun sei doch nicht gleich so betrübt, war doch nur ein kleiner Scherz?“