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Roxy und Dave sind seit zwanzig Jahren ein glückliches Paar, zwei fröhliche Kinder scheinen das Familienleben perfekt zu machen. Als Roxys Vater stirbt, eilt sie zu ihrer Mutter, um ihr in der schweren Zeit beizustehen. Aber als sie am Tag nach der Beerdigung nach Hause kommt, erwischt sie ihren Ehemann in flagranti mit der Nachbarin. Mit einem Schlag steht alles in Frage, was Roxy bislang für die Grundfesten ihres Lebens hielt.
Jetzt muss sie Entscheidungen treffen, die ihr Leben komplett verändern werden: Soll sie Dave verzeihen und ihrer Ehe noch eine Chance geben? Oder allein einen Neuanfang wagen? Schließlich hat sie sich lange genug nur um die Anderen gekümmert. Und der neue Job als Chauffeurin macht nicht nur Spaß, sondern führt auch zu reizvollen Begegnungen …Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 551
Veröffentlichungsjahr: 2022
Sheila O'Flanagan
Ein unvollkommener Ehemann
Aus dem Englischen von Susann Urban
Insel Verlag
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Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel Her Husband’s Mistake bei Headline Review, London
eBook Insel Verlag Berlin 2022
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des insel taschenbuchs 4911.
Erste Auflage 2022insel taschenbuch 4911Deutsche Erstausgabe©der deutschsprachigen AusgabeInsel Verlag Anton Kippenberg GmbH & Co. KG, Berlin, 2022Copyright ©2019 Sheila O’FlanaganTranslated from the English language: Her Husband’s MistakeFirst published in Great Britain by Headline Review,an imprint of Headline Publishing GroupAlle Rechte vorbehalten.Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Textund Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.
Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.
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Umschlagabbildungen: Getty Images, München
eISBN 978-3-458-77347-4
www.suhrkamp.de
Ein unvollkommener Ehemann
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Informationen zum Buch
Cover
Titel
Impressum
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
Danksagung
Schlussbemerkung
Informationen zum Buch
Als ich am Morgen nach der Beerdigung meines Vaters heimkam, fand ich meinen Mann mit der Nachbarin im Bett vor.
Als ich sah, wie Julie Halpin auf Dave auf und ab hüpfte wie ein nacktes Cowgirl beim Rodeo, hätte ich das Ganze am liebsten ignoriert. Ich wollte mich auf Zehenspitzen aus dem Haus schleichen und so tun, als wäre ich gar nicht da gewesen. Eine beschämend schwache Reaktion für eine Frau, die sich für stark, unverwüstlich und krisenkompetent hält. Aber in diesem Augenblick fühlte ich mich kein bisschen stark und unverwüstlich. Zudem waren meine Beine so zittrig, dass sie mich ohnehin nicht aus dem Haus getragen hätten.
Hinter mir lagen schwere Zeiten. Es war mir gelungen, mich während Dads monatelanger Krankheit zusammenzureißen, als Mum sich hartnäckig weigerte, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen, und mein Bruder zu aufgewühlt war, um eine Hilfe zu sein. Ich hatte Krankenhausbesuche koordiniert, mit dem Pflegepersonal gesprochen, dafür gesorgt, dass Dad nie lange allein war, und sogar sein Geschäft am Laufen gehalten. Stark und unverwüstlich, keine Frage. Sagten sowohl Mum als auch Aidan. Selbst Dad, schwach, wie er war, hatte meinen Arm gedrückt und mir für alles gedankt.
Für mich selbst war das eher normal, denn wenn es hart auf hart kommt, bin ich immer diejenige, die eine Lösung findet. Und ja, ich bin stolz auf meine Fähigkeit, Schwierigkeiten zu bewältigen.
Aber ich wusste nicht, wie ich mit dem Anblick von Dave und Julie in flagranti umgehen sollte. Weiß ich immer noch nicht.
Wenn ich diese Situation je im Geiste durchgespielt hätte, wozu es keinen Grund gab, denn ich lebte im Glauben, Dave wäre der Mann meines Lebens, der Mann, mit dem ich alt werden würde, hätte ich mich als Herrin der Lage gesehen, die Julies üppigen Hintern von meinem Mann herunter- und sie die Treppe hinunterzerrte – vielleicht gar an ihren Rauschgoldengellocken – und aus meinem Haus warf. Als Herrin der Lage hätte ich ihn ebenfalls aus dem Haus geworfen. Das wäre zwar hart geworden, aber ich hätte mich auf mein Leben nach Dave konzentrieren können.
Doch es ist anders gekommen. Ich bin innerlich wie erstarrt und völlig ratlos, was ich tun soll.
Ich habe Dave nämlich völlig vertraut. Wir waren Partner. Ein Team. Wir waren lange Zeit ein Team. Dave und Roxy. Mica und Tom. Er war der Manager. Ich der Coach. Doch dann holte er eine Auswechselspielerin aufs Feld und parkte mich auf der Ersatzbank. In dem Moment konnte ich es nicht glauben und wünsche mir immer noch, es wäre ein Irrtum. Aber es ist keiner. Ich muss das Geschehene akzeptieren, so weh es auch tut.
Das Gefühl, das mich überwältigte, als ich zusah, wie Julies chemisch aufgehellte Locken ihr um die Schultern wippten, und dabei das Quietschen der Bettfedern hörte, ist geblieben. Es heißt Bedauern. Bedauern, dass ich früh aufstand und heimfuhr mit nichts als einem leichten Mantel über meinem Seidenshorty, weil ich Dave überraschen wollte, ehe er zur Arbeit fuhr. Bedauern, dass ich nicht blieb, wo ich war, in meinem alten Jugendbett im Haus meiner Mutter, in wohliger Gewissheit, dass mein Mann ebenfalls allein im Bett lag und mich ebenso vermisste wie ich ihn. Wäre ich geblieben, befände ich mich weiterhin in seliger Unwissenheit und müsste jetzt nicht mein gesamtes Leben auf den Prüfstand stellen. Ich müsste die Trauer um den Tod meines Vaters bewältigen, mich um Mum kümmern und würde ansonsten mein altes Leben führen.
Doch jetzt ist alles anders.
An jenem Morgen war ich heimgefahren, weil ich mich nach all den stressigen Wochen, die hinter uns lagen, nach Normalität sehnte. Mir drehte sich noch immer der Kopf. Keine Sekunde lang bereue ich, dass ich so viel Zeit mit Dad und Mum verbracht habe. Natürlich nicht. Für meine Familie würde ich alles tun. Doch an diesem Morgen wollte ich einfach in meinem eigenen Bett liegen und ausnahmsweise einmal selbst umsorgt werden.
Natürlich ist das Blödsinn. Nicht zu ahnen, dass Dave mich betrog, wäre im Endeffekt sicher viel schlimmer gewesen. In den beiden Monaten, die seitdem vergangen sind, habe ich jede Menge Artikel über Menschen gelesen, die ihre Partner betrügen. Manche sind der Meinung, man wäre besser dran, wenn man es nicht wüsste. Aber ich glaube, dass man früher oder später unweigerlich dahinterkommt. Und dann fühlt man sich doppelt beschissen.
Wäre ich an diesem Morgen nicht um sechs Uhr heimgefahren, müsste ich mich nicht mit Dingen beschäftigen, die ich lieber ignorieren würde. Ich hätte in der irrigen Meinung dahingelebt, meine Ehe wäre in Stein gemeißelt und ich nicht gezwungen, Entscheidungen zu treffen, für die ich noch nicht bereit bin. Entscheidungen, bei denen es nicht nur um mich, sondern auch um Mica und Tom geht. Ich wäre immer noch die betrogene Ehefrau, aber nicht derart in meinen Grundfesten erschüttert wie jetzt.
Und ich würde mir keine Vorwürfe machen, meine gesamte Kraft in das Drama bei meinen Eltern gesteckt zu haben, so dass für die Krise im eigenen Haus keine Reserven mehr vorhanden sind.
Zum damaligen Zeitpunkt schien es eine gute Idee, einige Tage zu meiner Mutter zu ziehen. Sie brauchte Menschen um sich, und die Kinder waren eine willkommene Ablenkung. Auch Dave fand den Schritt richtig. Nur war mir nicht klar, dass ich damit zwar eine Front absicherte, eine andere jedoch entblößte.
Entblößt wie Julies runder und – so ungern ich es zugebe – ziemlich knackiger Arsch.
All das schoss mir beim Anblick der beiden durch den Kopf. Ich versuchte, ein Keuchen zu unterdrücken, vergeblich. Weshalb es für keinen von uns ein Entrinnen gab; Daves entsetzter Blick begegnete über Julies Lockenkopf hinweg meinem. Die Dinge hatten sich für immer verändert und wir uns mit ihnen. Und wir beide mussten damit zurechtkommen.
Alle haben eine Meinung, wie ich mit dieser Katastrophe umgehen soll. Meine Mum. Meine besten Freundinnen Debs, Alison und Michelle. Sogar die Frauen in meiner »Schlank siegt«-WhatsApp-Gruppe. (Seit dem Vorfall bin ich bei keinem Treffen gewesen, aber sie schicken mir aufmunternde Nachrichten.) In der Beechgrove-Siedlung machen Neuigkeiten schnell die Runde, vor allem weil Becca Brophy von gegenüber, die größte der Menschheit bekannte Klatschbase, Julie aus unserem Haus rennen sah, die Unterhose in der Hand. Garantiert waren alle von ihr per SMS, WhatsApp oder einen anderen Messengerdienst informiert, noch ehe Julie ihre eigene Haustür erreicht hatte. Seitdem bekomme ich mehr Ratschläge, als ich je umsetzen könnte. Dennoch ist meine Sichtweise die Einzige, die zählt. Wenn ich bloß wüsste, welche Sichtweise ich habe. Wenn ich bloß wüsste, wie mit meinen Gefühlen umgehen.
Als ich »untreue Ehemänner« googelte, bekam ich über 32 Millionen Ergebnisse, aber ungeachtet aller Ratschläge gibt es nur zwei Möglichkeiten: vergeben und vergessen oder Schluss machen.
Der letzte Artikel, den ich mir zu Gemüte führte (momentan lese ich wie eine Verrückte), suggerierte, wenn jemand fremdgehe, habe dies nichts mit einem selbst zu tun, sondern der andere sei mit sich nicht glücklich. Ich glaube nicht, dass Dave mit sich nicht glücklich ist. Im Gegenteil, als ich ihn mit Julie entdeckte, wirkte er für meinen Geschmack höchst selbstzufrieden. Nein – er sah eine Gelegenheit und ergriff sie. Und hat mir das Herz gebrochen.
In den letzten Wochen schlafe ich mit dem Bild meines Mannes ein, auf dem meine Nachbarin herumhoppelt, und wache damit am Morgen auf. Ein Bild, das sich durch nichts verbannen lässt. Ich habe Meditationsmusik laufen lassen, um mich in den Schlaf zu wiegen. Ich habe mich an meinen Wohlfühlort zurückgezogen, doch das ist schwierig, denn das Schlafzimmer in Beechgrove Park hat seinen Wohlfühlstatus komplett eingebüßt. Manchmal, wenn ich in meinem alten Jugendzimmer liege, wandern meine Gedanken zu allen anderen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, und für fünf bis zehn herrliche Minuten vergesse ich die abgrundtiefe Demütigung, doch irgendwann bricht sich höhnisch die Erinnerung an Dave und Julie Bahn, wie sie in unserem Ehebett herumtollen, und erinnert mich daran, wie schnell ein geliebter Mensch einen zum Weinen bringen kann.
Ich liebe Dave McMenamin, seit ich sechzehn bin. Wir wohnten in derselben Siedlung im Dubliner Vorort Raheny und besuchten dieselbe Schule. Daves jüngerer Bruder Phil war mit meinem älteren Bruder Aidan befreundet. Lange Zeit nahm ich ihn zwar wahr, schenkte ihm aber keine große Beachtung. Ich hatte kurze Affären mit Jungs, die ein paar Wochen lang in meinem Leben die Hauptrolle spielten und dann geräuschlos in der Versenkung verschwanden. Ich schwärmte für Popstars und andere Promis und unerklärlicherweise auch für Dean Marinaro, den ziemlich süßen Nerd in meiner Klasse. Vielleicht hätte ich mich an Dean Marinaro halten sollen, der (soweit ich weiß) noch nie mit einem Mädchen ausgegangen war. In dem Jahr, als ich sechzehn wurde, ging ich zur üblichen Halloween-Party im Gemeindezentrum, und zwar als ziemlich sexy Hexe. Dave kam als blutverschmierter Vampir. Wir küssten uns, während wir am Lagerfeuer standen, und damit war es besiegelt. Ich vergaß Promis, Popstars und Dean Marinaro. Ich war Dave McMenamins Mädchen und blieb es die restliche Schulzeit über und auch nachdem wir abgegangen waren und zu arbeiten anfingen. Dave und Roxy. Roxy und Dave. Ab jenem Abend sprach man von uns nur noch als Paar, was mir nichts ausmachte. Ich wollte, dass wir für immer zusammenblieben. Und glaubte fest daran.
Als Dave zwanzig und ich neunzehn war, bot man ihm eine Stelle als Klempner in den London Docklands an. Dave entstammt einer Klempnerfamilie, und er wollte nie einen anderen Beruf ausüben. Für viele ist Klempnerei bloß ein ordinäres Handwerk, doch Dave ist ein wahrer Künstler. Das Jobangebot in London war eine große Chance, die er keinesfalls ausschlagen wollte. Obwohl ich mitten in meiner Ausbildung zur Steuerfachangestellten steckte, ging ich mit nach England. Ich ertrug den Gedanken an eine Fernbeziehung nicht, dabei ist London eigentlich nicht so weit weg. Ohnehin war Steuerfachangestellte nicht mein Traumberuf, sondern lediglich eine Ausbildung, die mir hoffentlich zu einer Arbeitsstelle verhelfen würde. Doch die abgebrochene Lehre erwies sich nicht als Hindernis. Einige Tage nach unserer Ankunft ergatterte ich einen Job als Rezeptionistin bei einem Jaguar-Händler. Dank Dad kenne ich mich mit Autos ziemlich gut aus, auch wenn ich bis dahin noch nie einen Jaguar aus der Nähe gesehen hatte. Der Job erwies sich als ideal, ich kam gut mit Kollegen und Kunden aus und obwohl ich Heimweh hatte, fühlte ich mich wohl, das Leben in London war toll.
Wir blieben sechs wunderbare Jahre. Dann wurde Dave eine Stelle bei einem riesigen Bauprojekt daheim in Dublin angeboten. Wir dachten keine Sekunde lang nach. Zwar war ich in London sehr glücklich gewesen, doch die Heimkehr begeisterte mich hellauf. Wir hatten darüber gesprochen, Kinder zu bekommen, wollten sie aber nicht in London großziehen. Nichts gegen die Stadt, die gut zu uns gewesen war, aber eine Familie gründen wollte ich daheim in Irland.
Wir kauften ein Haus in Baldoyle, das mit dem Auto zehn Minuten von dem Ort entfernt lag, wo wir aufgewachsen waren. Zunächst wohnten wir einige Monate bei meinen Eltern, während Dave und seine Kumpel unser neues Heim renovierten. Ich glaube, ich wurde gleich in unserer ersten Nacht unterm eigenen Dach schwanger. Einige Monate nach Michaelas Geburt heirateten wir in prunkvollerem Rahmen, als wir uns angesichts der Riesensumme leisten konnten, die wir ausgegeben hatten, um das Haus in unser Traumhaus zu verwandeln.
»Bis dass der Tod uns scheidet, Babes«, sagte Dave in jener Nacht. »Deshalb ist es das wert.«
Oder bis Julie Halpin mit ihrem Knackarsch nebenan einzog.
Ich bin zehn Minuten vor dem Weckerklingeln wach, und schon wieder sehe ich die beiden vor meinem inneren Auge. Ich wache immer zehn Minuten vor dem Läuten auf, eine eher unnütze Gabe, aber immerhin kann ich mich so vor dem Aufstehen einige Minuten sammeln. Früher dachte ich in dieser Zeit über den vor mir liegenden Tag nach, empfand diesen Moment als höchst geschätzte Oase der Ruhe, ehe ich mich ins Getümmel stürzen musste. Jetzt scheinen diese zehn Minuten mit Bildern von Dave und Julie angefüllt zu sein und der Tatsache, dass sie obenauf war.
Ich wische mir die heißen Tränen aus den Augen, greife nach meinem Handy und stelle den Wecker aus, bevor er klingelt. Dann gehe ich auf Zehenspitzen aus meinem Zimmer über den Gang ins Badezimmer, vermeide sorgfältig das knarrende Dielenbrett, um niemand zu stören. Als ich Mum auf den neuesten Stand der Dinge brachte und fragte, ob wir eine Weile bei ihr wohnen könnten, schlug sie vor, ich solle in ihr Schlafzimmer ziehen, das über ein eigenes Bad verfügt. Das sei viel geeigneter, meinte sie. Aber meine Mutter aus ihrem Schlafzimmer zu vertreiben, kam überhaupt nicht in Frage. Ich bestand darauf, in mein altes Jugendzimmer zu ziehen, auch wenn das Einzelbett eine gewaltige Umstellung bedeutet, nachdem ich so lange Zeit mit Dave in einem gemütlich großen Doppelbett geschlafen hatte. Ich nahm an, in dem schmalen Bett würde ich ihn weniger vermissen. Leider vermisse ich ihn dort umso mehr.
Ich schließe die Badezimmertür hinter mir. Um Lärm zu vermeiden, schalte ich den Ventilator nicht ein, sondern öffne das Fenster, auch wenn gerade erst die Dämmerung am Horizont hochkriecht und die Morgenluft eher herbstlich als hochsommerlich ist. Aber Mum hat einen leichten Schlaf, und nach Dads monatelanger Krankheit braucht sie ihre Ruhe.
Bestimmt hätte sie gut darauf verzichten können, dass ich unerwartet zu ihrer Untermieterin mutiert bin, überdies mit den beiden Kindern im Schlepptau. Aber wohin hätte ich sonst gehen sollen? An wen mich wenden?
Ich zwirble mein Haar zu einem Knoten zusammen und stülpe mir eine Bademütze über. Mum unterstützt mich nach besten Kräften, aber ich kann hier nicht auf Dauer mein Lager aufschlagen. Für die Kinder ist das Intermezzo bei ihrer Großmutter Teil der Ferien, und sie kommen bisher gut damit zurecht. Aber ich merke, dass Mica sich langsam fragt, ob da mehr dahintersteckt als lediglich Granny Gesellschaft zu leisten. Ihre Fragen werden immer unverblümter. Tom ist weiterhin von unbekümmerter Wurschtigkeit. Ich bin immer noch völlig durch den Wind.
Ich drehe die Dusche auf und warte, bis das Wasser warm wird. Während es sich aufheizt, überlege ich, ob ich die Dusche daheim vielleicht mehr vermisse als meinen Mann. Unsere Nobeldusche gehört nämlich zum Besten, was die Sanitärwelt zu bieten hat, gewissermaßen Fitnesstraining für die Haut. Ein luxuriöses Badezimmer gehört zu den Vorteilen, wenn man mit einem Klempner verheiratet ist. Ein Nachteil ergibt sich, wenn es sich dabei um einen Klempner handelt, der einen belügt und betrügt.
Ich höre auf, mich mit meinem verpfuschten Leben zu quälen, seife mich ein und dusche mich ab. Beim Abtrocknen halte ich wie immer inne und betrachte meine zwei verblassten Kaiserschnittnarben. Beim zweiten Kind wurde ich mit Höchstgeschwindigkeit ins Krankenhaus gebracht und wusste, dass die Sache diesmal nicht komplikationslos verlaufen würde. Während wir auf den Krankenwagen warteten, tupfte Dave mit Lippenstift eine Linie auf meinen Riesenbauch und schrieb darüber: »Hier schneiden«. Obwohl ich krank vor Angst war, musste ich lachen. Dave hat mich immer zum Lachen gebracht. In meinen Augen ein Zeichen, dass wir einander guttaten.
Während ich vor dem Schminktisch sitze und mir das Haar zum üblichen Businesspferdeschwanz zusammenbinde, versuche ich, an gar nichts zu denken, tupfe mir getönte Feuchtigkeitscreme aufs Gesicht und perlgrauen Lidschatten auf die Augenlider. Mein übliches Make-up – Experimentieren liegt mir nicht. (Hat Dave es deshalb mit Julie Halpin getrieben? Sie ist viel mondäner als ich und schminkt ihre hohen Wangenknochen und den Schmollmund immer wieder anders.) Seit Teenagertagen benutze ich die gleiche dunkelbraune Wimperntusche. Es gibt keinen Grund, dies zu ändern.
Selbst Dave findet, dass meine Wimpern das Beste an mir sind. Sie sind lang und dicht, und ich wurde mehr als einmal gefragt, ob sie echt seien. Daher reicht meine Maybelline-Mascara völlig, die zusammen mit dem Lidschatten von Boots das kühle Blau meiner Augen unterstreicht. (Zu kühl, zu blau? Julies Augen sind intensiv schokoladenbraun und viel verführerischer.) Noch einen Hauch pfirsichfarbenes Rouge und korallenroten Lippenstift aufgelegt, dann schlüpfe ich in mein Arbeitsoutfit, eine weiße Baumwollbluse und einen dunkelblauen Hosenanzug. Ich lege ein Paar Goldstecker an, das zweite Paar Ohrlöcher wird nur geschmückt, wenn ich ausgehe, niemals aber zur Arbeit.
Ich mustere mich im Spiegel. Dave meint, in meinem Hosenanzug sähe ich aus wie Claire Danes in Homeland. Homeland gehört zu unseren Lieblingsserien, daher schmeichelt mir dieses Kompliment natürlich, auch wenn er unrecht hat. Ich bin lediglich ein blasses Abziehbild, bin weder Hollywoodschauspielerin noch Superspionin, sondern eine siebenunddreißigjährige Mutter zweier Kinder, die nicht weiß, welche Falten dem Alter, welche dem Kummer zuzuschreiben sind.
Julie Halpin hat keine Falten. Sie hat keine Kinder. Und auch keinen Mann mehr. Nach der Trennung von Doug zog sie nebenan ein, und ich gab mir Mühe, wenn auch eindeutig weniger als Dave, damit sie sich in der Nachbarschaft herzlich aufgenommen fühlte. Ich starre mein Spiegelbild an und überlege kurz, ob Botox oder Filler Dave davon abgehalten hätten, mich zu betrügen. Ich weiß es nicht, und die Roxy, die zurückstarrt, hat auch keine Antwort.
Entschlossen verdränge ich den Gedanken an meinen untreuen Mann und greife nach meiner Satchel Bag, in der sich Geldbeutel, Kreditkarten und iPad befinden. Ich verlasse das Zimmer, in der Hand bequeme Schuhe mit Blockabsatz, und schleiche durch den Flur. An der ersten Tür bleibe ich stehen und öffne sie leise.
Tom, mein Siebenjähriger, hat sich freigestrampelt, die dünne Decke liegt zusammengeknüllt am Bettende. Das rotblonde Haar fällt ihm ins schlafgerötete Gesicht. Er rührt sich nicht, selbst als ich ihn flüchtig auf die Stirn küsse und »bis später« flüstere. Geräuschlos schließe ich die Tür hinter mir und gehe die steile Treppe zum Dachboden hoch, den Dad vor Jahren ausbaute, als Aidan und ich noch zu Hause wohnten. Ich wollte unbedingt dort einziehen, aber Aidan beharrte, dieses Recht stehe ihm als Älteren zu. Mein Argument, es sei doch dämlich, in ein Zimmer zu ziehen, wo er ständig mit dem Kopf gegen die Dachschräge knalle, stieß auf taube Ohren. Mein Bruder bekam das Dachzimmer, und ich blieb, wo ich war. Genau genommen ist mein Jugendzimmer völlig in Ordnung, und morgens strahlt herrlich die Sonne herein, aber ich war wochenlang untröstlich. Es änderte nichts. In unserem Haus herrschte Gleichberechtigung. An weinende Weibspersonen wurden keine Zugeständnisse gemacht. Daher hörte ich irgendwann mit jammern auf und fand mich damit ab.
So bin ich. Roxy, die sich mit allem abfindet. Die Dinge akzeptiert und weitermacht. Wobei es leichter ist, über ein Zimmer hinwegzukommen, als über das, was sich in einem Zimmer abgespielt hat, beispielsweise unserem Schlafzimmer.
Ich hatte mit einem kleinen Streit zwischen Mica und Tom wegen der Zimmeraufteilung gerechnet, aber Tom ist ein sehr gelassenes Kind und freute sich überdies so sehr über den längeren Aufenthalt bei seiner Granny, dass ihm egal war, wo er schlief. Mica (elf Jahre alt und auf der Schwelle, sich von meinem kleinen Mädchen in einen Teenager zu verwandeln) war völlig entzückt von ihrem Dachparadies, das viel netter ist als ihr Zimmer in Beechgrove Park. Doch ob es sie für den Verlust des Vaters entschädigen wird, wenn Dave und ich verkünden, dass unsere zeitweilige Trennung endgültig ist? Ohnehin ist ihr Aufenthalt im Dachzimmer nur vorübergehend, denn auf Dauer kann ich uns drei meiner Mutter unmöglich zumuten. Ich liebe meine Mum über alles, aber jede von uns führt ihr eigenes Leben.
Bald muss ich eine Entscheidung treffen. Mache ich auch. Ehrlich. Nur jetzt noch nicht.
Mica schläft ebenfalls tief, allerdings hat sie sich fest in die Bettdecke eingemummelt. Tom kommt ganz nach seinem Vater und dessen Wikingererbe, Mica hingegen ist eine Miniaturausgabe von mir: weizenblondes Haar, herzförmiges Gesicht und blaue Augen. Außerdem wacht sie wie ich leicht auf, bekommt daher nur einen Luftkuss.
»Hoffentlich bricht dir nie jemand das Herz, so wie dein Vater mir«, flüstere ich. »Schlaf schön, Kleines. Bis später.«
Dann schließe ich auch hier die Tür hinter mir und gehe leise nach unten.
»Herrje, weshalb bist du denn schon auf?« Mein Tonfall ist halb anklagend, halb gereizt, als ich meine Mutter am Tisch sitzen sehe, vor sich eine Tasse Kaffee und eine trockene Scheibe Ryvita-Knäckebrot. »Noch leiser kann ich nicht sein.«
»Ich wusste, dass du früh aufstehst«, antwortet sie. »Also bin ich aufgewacht. Tut mir leid. Macht der Gewohnheit.«
Sofort bereue ich meine Worte; meine Mutter ist immer noch weiß wie die Wand und hat tiefe Augenringe. »Das muss dir doch nicht leidtun. Ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss. Ich bin diejenige, die im Weg ist.«
»Das stimmt nicht«, sagt sie, »du bist mir nie im Weg.«
»Das weiß ich doch«, beruhige ich sie, »andererseits sollte ich mich als erwachsene Frau, die selbst Familie hat, nicht wie ein Kind in die Arme meiner Mutter flüchten.«
»Bist du denn nicht immer noch mein Kind?« Mum lächelt mich an und bestreicht ihr Knäckebrot mit fettarmer Butter. »Es hätte mich getroffen, wenn du danach nicht zu mir gezogen wärst.«
Ob Dave meine Idee, während mein Vater im Hospiz war zu meiner Mutter zu ziehen, gut fand, weil er dadurch die Gelegenheit zu außerehelichen Aktivitäten mit Julie bekam? Ich würde mir gern einreden, dass dies nicht der Fall war, obwohl er das letzte Jahr viel Zeit bei ihr verbracht hat.
Allerdings brachte Julies Bruder Robbie, als er bei ihr einzog, weil seine eigene Miete ins Unbezahlbare gestiegen war, einen 75-Zoll-OLED-Fernseher mit. Daher nahm ich an, die beiden würden Fußball schauen. So lautete jedenfalls die Erklärung meines Mannes. Möglicherweise war das jedoch nur ein Vorwand, und ich bin völlig naiv.
»Die Kaffeemaschine ist noch an«, unterbricht Mum meine Gedanken. »Und im Kocher ist heißes Wasser. Willst du was, bevor du gehst?«
»Nur heißes Wasser mit Zitrone.« Auf der Arbeitsplatte liegen Zitronen; ich schneide mir eine dicke Scheibe ab und lasse sie in eine Tasse heißes Wasser plumpsen. »Ich trinke am Flughafen einen Kaffee, während ich auf Gina Hayes warte.«
»Mir war nicht klar, dass man den hirnrissigen Ideen der Menschen folgen muss, die man durch die Gegend chauffiert.«
»Wenn ich die Energie hätte, all ihren Ratschlägen zu folgen, wäre ich mittlerweile eine Elfe.« Ich fahre mit einem Finger innen den Hosenbund entlang. Allmählich setze ich Kummerspeck an, habe aber momentan nicht den Nerv für Schlank siegt. »Viele Leute trinken morgens heiße Zitrone«, schiebe ich hinterher. »Gut für die Verdauung. Das ist nicht allein auf Gina Hayes' Mist gewachsen.«
»Ein ordentliches Frühstück wäre besser.«
»Sagt die Frau mit der einsamen Knäckebrotscheibe auf ihrem Teller.«
Mum schaut kurz verlegen drein und lächelt dann. Sofort sieht sie um Jahre jünger aus. »Ertappt«, gibt sie zu. »Aber es ist erst halb sechs. Wenn die Kinder aufstehen, esse ich noch was.«
Schon halb sechs! Ich muss los. Ich trinke die heiße Zitrone (insgeheim wünschte ich, ich hätte mich doch für Kaffee entschieden) und sehe aus dem Fenster, während ich die Tasse ausspüle.
Mittlerweile ist es hell; der Himmel ist in zartgrauen Dunst gehüllt, der einen leichten Sommerregen mitgebracht hat.
»Pass auf dich auf«, sagt Mum. »Melde dich zwischendurch, wie es läuft.«
»Tut mir leid, dass ich dich mit den Kindern allein lasse«, sage ich. »Es ist ein langer Tag, ich weiß.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich mache es gern. Fahr vorsichtig, ja?«
Ich nehme die Autoschlüssel aus der Schüssel, die auf dem Küchentisch steht. Bereits im Gehen begriffen, drehe ich mich nochmals um. Mum sieht mich fragend an, und ich gehe zu ihr und umarme sie.
»Hab dich lieb.« Ich drücke sie so fest, dass man beinahe ihre Rippen knacken hört.
»Ich dich auch«, erwidert sie.
Und dann gehe ich.
Der silbergraue Mercedes steht in der Auffahrt neben meinem Auto, einem vier Jahre alten, roten Toyota. Mum besitzt ebenfalls einen Toyota, der einige Meter entfernt im Wendehammer parkt, in dem ihre Straße endet.
Ich schließe den Mercedes auf und rutsche auf den Fahrersitz.
Das satte Schließgeräusch der Tür ist ebenso tröstlich wie der intensive Ledergeruch der cremefarbenen Innenausstattung. Wenn ich einatme, fühlt es sich an, als säße mein Dad neben mir im Auto und passte auf mich auf, wie er das stets tat. Dad kaufte sich die luxuriöse E-Klasse-Limousine vor sechs Jahren, als er beschloss, sein Leben als Taxifahrer aufzugeben und selbstständiger Chauffeur zu werden. Er habe genug davon, in der Nacht herumzugondeln, teilte er uns mit, genug davon, dass Wildfremde ihm auf der Pelle hockten, genug davon, sich mit Leuten herumschlagen zu müssen, die besoffen seien oder unter Drogen stünden – Letzteres Menschen, die seiner Meinung nach lieber überhaupt nicht unterwegs sein sollten. »Fürs Taxi bin ich zu alt«, sagte er. »Aber die Wirtschaft zieht wieder an, und ich habe gute Kontakte zu etlichen Unternehmen in der Stadt, die einen etwas persönlicheren Fahrservice wünschen. Viele wollen lieber in einem Nobelschlitten als in einem Taxi herumkutschiert werden. Außerdem habe ich auch gute Beziehungen zu privaten Transportfirmen. Die Sache könnte ein Erfolg werden und ich dann mit fünfundsechzig in Rente gehen.«
Dieses Jahr wäre er fünfundsechzig geworden.
Ich atme langsam aus und lege den Rückwärtsgang ein. Leise rollt der Wagen aus der Einfahrt. Als Dad seine Diagnose bekam, erklärte ich mich bereit, während seiner Chemotherapie für ihn einzuspringen. Ich bin im Besitz eines Personenbeförderungsscheins, weil ich, nachdem wir aus England zurückgekehrt waren, eine Zeitlang Taxi fuhr. Wir brauchten das Geld, und ich übernahm die Morgenschicht, während Dad nach seinen Nachtfahrten ins Bett kroch. Mum passte so lange auf Mica und Tom auf. Ich bin schon immer gern Auto gefahren. Das gehört zu den Dingen, die meinen Vater und mich verbanden. Er vertraute mir seinen Mercedes an, und ich freute mich über sein Vertrauen.
Auch um seine Buchhaltung kümmerte ich mich. Die Erinnerung an meine Ausbildung zur Steuerfachangestellten war noch einigermaßen frisch, und außerdem bin ich gut mit Zahlen. Wann immer es nötig war, half ich Dad aus, daher war es nur logisch, dass ich während seiner Krankheit für ihn einsprang. Er sollte glauben, dass ich nur vorübergehend die Stellung hielt, sozusagen den Fahrersitz warm hielt, bis er selbst wieder hinters Steuer konnte. Dies würde nicht der Fall sein, das wussten wir beide, aber auf diese Weise kamen wir besser mit der Situation zurecht.
Er hinterließ mir das Auto. Ungefähr zehn Tage vor seinem Tod teilte er mir seinen Plan mit. Ich könne das Geschäft weiterführen oder auch nicht, aber der Mercedes sei so oder so ein ordentliches Sümmchen wert. Er solle sofort mit diesem Thema aufhören, brachte ich ihn zum Schweigen, das sei momentan so ziemlich mein letzter Gedanke.
Ich hatte nicht vor, das Geschäft nach seinem Tod weiterzuführen, zog aber auch nicht in Erwägung, das Auto zu verkaufen. Ehrlich gesagt hatte ich über beides kaum nachgedacht. Und dann erwischte ich Dave und Julie in flagranti, und alles änderte sich.
Mein unwillkürliches Aufkeuchen machte Dave auf meine Anwesenheit an der Schlafzimmertür aufmerksam. Er sah völlig entsetzt drein und stieß Julie so heftig von sich, dass sie beinahe vom Bett fiel.
»Was machst du denn hier?«, wollte er wissen. »Du solltest doch bei deiner Mutter sein.«
Ich brachte kein Wort heraus, sah zu, wie Julie sich ihr blaues Sommerkleid, das auf dem Boden lag, schnappte und über den Kopf streifte. Bei Dads Beerdigung hatte sie ein schwarzes Kleid getragen. Das eventuell etwas kurz war. Aber dem Ernst der Situation angemessen. Auch das blaue Sommerkleid war angemessen – für ein heimliches Date mit meinem Mann.
»Natürlich würde ich nicht … würden wir nicht …« Dave hielt die Augen auf mich gerichtet. »Es ist nicht so, wie du denkst.«
»Du willst mich wohl verarschen?« Ich fand meine Stimme wieder, auch wenn sie zitterte. »Es ist genau so, wie ich denke.«
Julie griff nach ihrer Handtasche (und ihrem Unterhöschen), schlüpfte in ein Paar mit Glitzersteinchen besetzte Flipflops und hastete wortlos aus dem Zimmer. Als ich zur Seite trat, um sie vorbeizulassen, stieg mir ein Hauch ihres Parfüms in die Nase, vermischt mit Daves vertrautem Geruch. Dann hörte ich die Haustür zuschlagen und war allein mit meinem untreuen, verlogenen Ehemann.
»Schatz, es tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte das nicht.«
»Was genau?«, erkundigte ich mich. »Du wolltest niemand in unserem Haus bumsen oder du wolltest nicht, dass ich dich dabei ertappe?«
Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich eventuell doch unverwüstlich. Oder klang zumindest so, denn in mir sah es ganz anders aus. Es kostete mich Mühe, nicht in Tränen auszubrechen.
»Ach, komm schon, Süße. Mach kein großes Drama daraus«, schmeichelte Daves Stimme. Als stellte ich unverschämte Ansprüche! Als wäre dies nicht das größte Drama meines Lebens, ihn nackt im Bett mit der Nachbarin anzutreffen.
»Wovon faselst du, verdammt noch mal?«, wollte ich wissen. »Du hast Julie Halpin gevögelt, und ich habe dich dabei erwischt. Wenn das kein Drama ist, dann weiß ich auch nicht. Du hast mich mit der Frau von nebenan betrogen, Herrgott. Du … du …« Ich schlug die Hände vors Gesicht, weinte aber immer noch nicht. Als hätte ich meinen gesamten Tränenvorrat für Dad aufgebraucht.
»Es ist einfach passiert«, behauptete Dave. »Es tut mir wirklich leid, ich wollte dir nicht wehtun, nichts liegt mir ferner. Als ich gestern Abend heimkam, kam Julie rüber und wollte wissen, wie es dir geht. Aber natürlich warst du noch bei deiner Mutter und bist fast schon eine Woche lang nicht zu Hause gewesen –«
»Fünf Tage!«, krächzte ich. »Es waren fünf poplige Tage, und du hast bereits eine andere in unser Bett eingeladen.«
»So war es doch gar nicht«, protestierte er. »Wenn du dich erinnerst, war ich damit beschäftigt, zwischen Krankenhaus und Beerdigungsinstitut, zwischen Kirche und weiß Gott noch wo hin und her zu flitzen. Auch für mich ist das alles nicht einfach. Als Julie klopfte, konnte sie sehen, dass ich durch den Wind war, und bestand darauf, mir einen Tee zu machen. Dann kamen wir ins Reden und –«
»Ich rede mit einer Menge Männer, aber die schleppe ich nicht heim und schlafe mit ihnen!« Plötzlich brach sich meine Wut Bahn, ein gutes Gefühl.
»Aber es war ein aufwühlender Tag«, sagte Dave. »Und ich grübelte über das Leben, den Tod und den ganzen Rest nach und wollte meine Gedanken mit dir teilen, aber du warst nicht da.«
»Du gibst mir die Schuld?« Ich starrte ihn fassungslos an. »Du hast mit Julie Halpin geschlafen und gibst mir die Schuld?«
»Nein. Du musstest deine Mutter unterstützen. Aber ich habe auch jemanden gebraucht. Die letzten Wochen waren hart.«
»Und ob du mir die Schuld gibst, ich fasse es nicht.« In meinem Hinterkopf kündigten sich pochend Kopfschmerzen an. »Du wirfst mir vor, ich sei nicht da gewesen und da dir nach Sex gewesen sei, hättest du dir daher die Nächstbeste schnappen müssen. Nicht dass Julie keine Mitschuld trägt«, fügte ich hinzu. »Sie stand vor der Kirche und sprach mir ihr Beileid aus. Und ein paar Stunden später schwingt sie sich auf meinen Mann.«
»Ich weiß, auf den ersten Blick sieht es nicht gut aus«, gab Dave zu. »Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe. Aber du darfst das nicht überbewerten. Es war eine einmalige Sache, die den Umständen geschuldet ist, mehr nicht.«
»Und du meinst, damit ist jetzt alles in Butter?« Ich rieb mir die Augen. »Du hast mit Julie geschlafen, trotzdem sind wir weiterhin beste Nachbarn und du gehst samstags rüber, um mit Robbie Fußball zu gucken – wo war der eigentlich gestern Abend?«
»Wahrscheinlich auf ein paar Pints im Pub«, antwortete Dave.
Auf der Beerdigung hatte ich Julies Bruder nicht gesehen, aber er war bestimmt da gewesen. Die Kirche war brechend voll gewesen. Dad war sehr beliebt.
»Seit wann?«, fragte ich.
»Seit wann was?«
»Seit wann seid ihr scharf aufeinander?«
»Sie sieht gut aus«, sagte er. »Aber das ist mir vorher nie aufgefallen.«
»Ich geh nach unten«, ignorierte ich seine widersprüchliche Aussage. »Ich brauche einen Tee. Denk nicht mal im Traum daran, die Küche zu betreten.«
»Ich muss sowieso zur Arbeit«, sagte Dave, »ich komme ohnehin zu spät.«
Ich verschwendete kein weiteres Wort, ging die Treppe hinunter, wobei ich mich am Geländer festhielt, um nicht zu fallen. Dann ging ich durch die Hintertür in den Garten, wo ich blieb, bis Daves Lieferwagen unsere Einfahrt verließ.
Der Mercedes schnurrt die Straße entlang, und ich schalte das Radio ein, meinen Lieblingssender, der Unterhaltungsmusik bringt. Bei Stadtfahrten höre ich am liebsten Easy Listening; die Frühstückssendungen mit ihren unerträglich gutgelaunten Moderatoren sind nichts für mich. Sie erinnern mich an Mica und Tom, wenn sie zu viele Süßigkeiten gefuttert haben.
Von der Wohnsiedlung biege ich auf die Hauptstraße ab. Für einen Pendlerstau ist es noch zu früh, daher wird es eine entspannte Fahrt, auch wenn aufgrund des Regens später mit mehr Verkehr zu rechnen ist. Um das Haus meiner Kundin zu finden, brauche ich das Navi nicht, denn ich habe sie bereits einmal gefahren. Es handelt sich um Thea Ryan, die preisgekrönte Schauspielerin, die heute Morgen mit ihrem Mann nach London fliegt, um in verschiedenen Talkshows Werbung für ihre neue Fernsehserie zu machen. Desmond Ryan ist Dramatiker, und laut Ms Ryan (ich bringe es nicht fertig, sie mit Thea anzureden, obwohl sie mich darum gebeten hat) basiert die Serie auf einem Vorfall, der sich während des Spanischen Bürgerkriegs in einem abgelegenen Bauernhaus zutrug. Hört sich interessant an, ich freue mich darauf.
Thea, die ungefähr Mitte siebzig ist, gehörte zu Dads ersten Kunden. Die Firma, die letztes Jahr eine kleine Serie produzierte, bei der sie die Erzählerin sprach, hatte immer Dad als Fahrer gebucht, und danach fuhr sie lieber mit ihm als mit dem Taxi. Dad mochte Thea, die er eine »zähe alte Schachtel« nannte, woraufhin ich ihn zurechtwies, dies sei eine höchst sexistische Beschreibung jener Frau, die von der ganzen Nation verehrt werde. Dad verdrehte die Augen und meinte, ich solle von meinem hohen Feminismusross steigen. Da mussten wir beide lachen. Ich bin keine Feministin. Genau genommen verabscheue ich sämtliche »Ismen«.
Das Haus der Ryans liegt auf der anderen Seite des Flusses, deshalb muss ich quer durch die Stadt – um diese Uhrzeit kein Problem. Hoffentlich habe ich Thea und Desmond am Flughafen abgesetzt, bevor der Berufsverkehr einsetzt. Wenn es irgendwie geht, vermeide ich Dublin zur Rushhour. Stop-and-go ist enorm anstrengend. Wenn es jedoch verwaist ist, fahre ich gern durchs Zentrum. Ich bin durch und durch ein Stadtkind. Ich mag Straßen, Häuser, Läden und Gebäude in allen Erscheinungsformen. Ich mag das Gefühl, Menschen um mich zu haben. Ich mag den Trubel. Das Versprechen, dass alles möglich ist.
Nach fünfundzwanzig Minuten erreiche ich das alte rote Backsteinhaus in Rathgar. Normalerweise schicke ich dem Kunden eine Nachricht, dass ich vor der Tür stehe, doch kaum halte ich an der Bordsteinkante, geht die hell gestrichene Tür auf und Thea und ihr Mann stehen da, umrahmt vom Licht des Hausflurs.
Ich steige aus und hole aus dem Kofferraum einen Regenschirm, dessen wildes Palmen-und-Flamingomuster diesem grauen Morgen einen fröhlichen Farbklecks verleiht.
»Was machen Sie denn da?«, ruft Thea, als ich den geplättelten Weg zum Haus eile. »Wir kommen doch schon. Völlig unnötig, dass Sie nass werden.«
»Oder Sie«, erwidere ich und halte den Regenschirm über sie. »Das ist übrigens Ihrer. Den haben Sie letztes Mal vergessen, obwohl ich fragte, ob Sie alles haben«, füge ich hinzu, »und ich habe ihn nicht gesehen, weil er unter den Sitz gerutscht war.«
»Was Schirme betrifft, bin ich ein hoffnungsloser Fall«, meint Thea heiter. »Ständig lasse ich sie liegen. Aber heute hat Desmond seinen dabei.«
Desmond, ein großer Mann mit Patriziergesicht und erstaunlich vollem, fast weißem Haar schwenkt seinen schwarzen, in einem Kunstlederetui steckenden Taschenschirm.
»Also wirklich«, sage ich. »Ich bringe Sie beide jetzt zum Auto. Den Einsatz dieses Schirms sparen Sie sich besser für London auf, da wartet bestimmt noch genug Regen.«
Das sehen sie ein, auch wenn Desmond sich die Bemerkung nicht verkneifen kann, dass er mich beschirmen sollte und nicht umgekehrt.
»Roxy ist eine moderne Frau, die Karriere macht«, sagt Thea, nachdem sie im Auto sitzen. »Da braucht sie keinen Mann, der beschützend um sie herumscharwenzelt.«
Darüber muss ich unwillkürlich lächeln, obwohl bei mir von Karriere nicht die Rede sein kann. Die Chauffeurdienste mit dem Mercedes sind Therapie, keine Berufswahl. Zudem weiß ich nicht, wie lange ich das noch machen werde.
»Ausweis, Handy, Kreditkarten?« Diese Frage stelle ich immer auf Fahrten zum Flughafen. Man glaubt es nicht, wie viele Leute etwas vergessen.
»Alles dabei«, versichert Desmond, und dann fragt Thea, wie es Mum gehe. »Gut«, erwidere ich, was hoffentlich auch stimmt, trotz ihrer tiefen Augenringe heute Morgen.
Manche Kunden unterhalten sich gern, andere schweigen lieber. Thea fällt in die erste Kategorie. Wenn sie gelegentlich im Auto ein Drehbuch lesen muss, sagt sie, ich solle bitte nicht beleidigt sein, wenn sie mich heute ignoriere. Auf diese Idee käme ich nie. Thea Ryan war sehr lieb zu mir, als ich sie zum ersten Mal nach Dads Diagnose fuhr. Sie stellte viele Fragen zu seiner Behandlung, zur Prognose, was ich bei anderen eventuell aufdringlich gefunden hätte. Weil aber alle anderen sorgfältig vermieden, seine Krankheit zu erwähnen, war es erfrischend, wenn auch deprimierend, darüber reden zu müssen. Zur Beerdigung schickte sie einen gewaltigen Kranz. Mum war sehr gerührt.
»Bestimmt ist Ihre Mum noch sehr mitgenommen«, meint sie jetzt. »Trauern braucht Zeit und die gestehen wir uns heutzutage nicht zu. Wir kehren gern alles unter den Teppich und tun so, als ginge es uns in der Woche darauf bereits wieder blendend. Aber das stimmt nicht. Das ist eines unserer Probleme – wir lassen uns nicht die Zeit, uns von Schicksalsschlägen zu erholen. Verrückt.«
Ich bin ganz ihrer Meinung. Manchmal scheint es unwirklich, dass Dad für immer von uns gegangen ist. Ich betrete mein Elternhaus in der Erwartung, sein gut gelauntes »Hallo, Häschen« zu hören, über dem Küchenstuhl seine Jacke hängen zu sehen. Gleich darauf schneidet mir die Erkenntnis, dass es sich um einen Irrtum handelt, wie ein Messer durchs Herz.
Thea erkundigt sich nach meinem Befinden, und wieder antworte ich »gut«, obwohl das ganz offensichtlich gelogen ist. Dann wendet sie sich an Desmond und erkundigt sich nach dem genauen Tagesablauf. Lauter Interviews und andere Marketingaktionen für die neue Serie, die Desmond geschrieben hat und in der Thea die Hauptrolle spielt. Offenbar ist dies ihre erste Zusammenarbeit seit langem. Alles hört sich glamourös und aufregend an, es ist schön, dass diese prickelnde Atmosphäre für kurze Zeit auch den Mercedes erfüllt. Die meisten meiner Kunden sind schlipstragende Geschäftsleute, was so gar nicht glamourös oder aufregend ist.
»Wie immer pünktlichst«, sagt Thea, als ich in der Drop-off-Zone halte. »Vielen Dank.«
»Ich hole Sie nächsten Montagabend ab, richtig?«
»Ja.« Desmond nickt mir zu.
»Viel Glück in London.« Ich hole das Gepäck aus dem Kofferraum und halte den Regenschirm über die beiden. »Ich halte in den Talkshows Ausschau nach Ihnen.«
Die Frau, die von der ganzen Nation verehrt wird, gibt mir ein Küsschen auf die Wange, was so gar nicht zur üblichen Kundenverabschiedung gehört, aber bei Thea Ryan kommt es mir ganz normal vor.
»Sie sind ein Schatz«, sagt sie. »Wir sehen uns hier am Montag wieder. Passen Sie bis dahin gut auf meinen Schirm auf.«
»Mach ich. Sehen Sie bitte nochmals nach, ob Sie nichts vergessen haben.«
Sie seien startklar, versichern die beiden, und ich warte neben dem Mercedes, bis sie sich erfolgreich ins Flughafengebäude geschlängelt haben. Dann setze ich mich wieder hinters Steuer und lasse den Motor an.
Es hatte sich geschickt ergeben, dass ich gleich die nächste Kundin am Flughafen abholen kann, da Thea und Desmond jedoch vom Terminal 2 abfliegen und die Ernährungsberaterin und Starköchin Gina am Terminal 1 ankommt, muss ich einen großen Bogen zum Parkplatz fahren. Ginas Flug kommt ungefähr in einer Stunde an. Mum wohnt nur zehn Kilometer entfernt, doch mittlerweile ist das Verkehrsaufkommen garantiert so hoch, dass es sinnvoller ist, hierzubleiben und einen Kaffee zu trinken, auch wenn ich dadurch Tom und Mica erst später sehe. Ich mag es gar nicht, wenn ich morgens nicht für sie da bin, doch das lässt sich manchmal nicht ändern.
Im Terminal steuere ich direkt auf das Café bei den Ankunftsgates zu. Ich brauche dringend Koffein und Zucker, denn ehrlich gesagt, so gesund eine heiße Zitrone am Morgen angeblich ist, einen dynamischen Tagesstart legt man damit nicht hin. Ich erinnere mich, einmal gelesen zu haben, ein warmes, deftiges Frühstück sei gut für Körper und Seele, was meine volle Zustimmung findet. Aber glauben kann ich es nicht, denn was mir schmeckt, steht normalerweise auf der Verbotsliste. Liebend gern äße ich jetzt ein großes Frühstück mit Spiegelei, Würstchen und gebratenem Speck, stattdessen bestelle ich Cappuccino und einen Muffin, was wahrscheinlich noch ungesünder ist. Jedenfalls reicht fast schon der Kaffeeduft allein, um mich richtig wach zu machen. Nach einem Schluck Cappuccino und einem Bissen Muffin öffne ich meinen iPad und scrolle durch meine Facebook-Chronik.
Bei einem Foto von Dave mit den Kindern, das ich vor einigen Monaten gepostet habe, bleibe ich hängen. Alle tragen Fußballklamotten, das Trikot des Ortsvereins, für den die Kinder kicken. Beide Mannschaften hatten das Turnier ihrer Altersgruppe gewonnen und ließen sich mit ihren Pokalen fotografieren. Tom steht vor Dave, einen Fuß auf dem Ball, in der Hand seine Siegertrophäe, neben ihm hält Mica ihre in die Höhe. Jemand, der eindeutig keine Ahnung hat, wie es um unsere Ehe steht, hat einen Kommentar hinterlassen, der den Eintrag in meiner Chronik nach oben geschoben hat. Mir tut das Herz weh, wenn ich daran denke, wie glücklich wir an diesem Tag waren. Ob wir wohl jemals wieder glücklich sein können? Übrigens sind Dave und ich auf Facebook immer noch befreundet, was möglicherweise wichtiger ist, als immer noch verheiratet zu sein. Was wir auf Facebook ebenfalls noch sind. Keiner von uns hat seinen Status auf »Es ist kompliziert« geändert. Aber es ist kompliziert, auch wenn Dave das anders sieht. In seinen Augen hat er einen Fehler gemacht, den er bereut. Ihm ist klar, dass es fatal war, sich inmitten des Fehlers erwischen zu lassen. Doch er findet, ich sollte ihm vergeben. Um seinetwillen. Um meinetwillen. Um der Kinder willen.
Vergeben und vergessen. Oder Schluss machen. Weiterhin schwingt das Pendel zwischen diesen beiden Polen. Demnächst wird es stehen bleiben. Wo, ist ungewiss.
An jenem Tag kam Dave gleich nach Arbeitsschluss bei Mum vorbei, um sich bei mir richtig zu entschuldigen, wie er es formulierte. Ich wollte ihn nicht sehen, aber Mum sagte, das sei falsch. Mit den Worten, sie wolle zu McDonald's, scheuchte sie Tom und Mica aus dem Wohnzimmer und da es das bei uns nur höchst selten gibt, waren die beiden ganz aus dem Häuschen. Aber ich fand es grauenvoll, dass meine Mutter einen Tag, nachdem sie ihren Mann beerdigt hatte, unsere Bedürfnisse über ihre stellen musste.
Was ich auch Dave umgehend an den Kopf warf.
»So sind Mütter nun mal«, sagte er.
»Nachdem du meine aus ihrem eigenen Haus vertrieben hast, rückst du am besten schnell mit dem raus, was du sagen willst.«
»Gibt keinen Grund, sich so aufzuführen«, entgegnete er. »Ich habe gesagt, es tut mir leid, Roxy, und das stimmt wirklich. Es war ein großer Fehler. Und ich schwöre, dass ich dir davor noch nie, kein einziges Mal untreu war. Das mit Julie hatte …«, er verstummte, »keine Bedeutung.«
»Für mich schon.«
»Das verstehe ich«, erklärte Dave. »Echt. Ich habe mich wie ein Arschloch verhalten. Es tut mir leid.«
Er sah tatsächlich so aus, als täte es ihm leid. Er klang auch so. Ich nahm es ihm ab.
»Ich bin maßlos wütend und schockiert, dass dir so was überhaupt in den Sinn kam«, knallte ich ihm vor den Latz.
»Ich war betrunken.«
»Und das entschuldigt deinen Seitensprung?«
»Nein. Aber es erklärt ihn, ansonsten hätte ich mich nicht mit ihr abgegeben.«
Unvermittelt tat mir Julie leid, deren Ehe nach wenigen Jahren zerbrochen war, weil ihr Mann mit einer Kollegin eine Affäre hatte. Doch dann unterdrückte ich jegliches Mitgefühl, denn gerade sie hätte wissen müssen, wie man sich als betrogene Ehefrau fühlt.
»Komm heim«, sagte Dave, »du fehlst mir und die Kinder fehlen mir. Ich hätte mich nicht mit Julie abgegeben, wenn ich dich nicht so vermisst hätte.«
Schweigend hörte ich zu, wie er seine männliche Logik ausbreitete. Einerseits geriet ich ins Wanken, verstand ihn sogar. Andererseits wäre ich nach fünf Tagen Alleinsein nicht mit einem anderen Mann ins Bett gehüpft. Und wenn man Daves Erklärungen Glauben schenken konnte, hatte Julie die gesamte Nacht bei uns verbracht und sie hatten es zweifellos schon miteinander getrieben, bevor ich nach Hause kam. Also hatten sie mehr als einmal miteinander geschlafen. Vielleicht hätte ich ihm ein Mal verzeihen können. Aber zwei Mal? Eventuell sogar drei? Das war kein Ausrutscher mehr.
Das Pendel schwang in Richtung Schlussmachen.
»Ich kann nicht heimkommen«, entgegnete ich, »dazu bin ich viel zu wütend.«
»Verständlich, dass du etwas Zeit brauchst«, sagte er, »aber die Kinder brauchen ihren Vater.«
»Daran hättest du früher denken sollen.«
»Was soll ich tun, Roxy?«, fragte er. »Ich mache alles. Wirklich alles.«
Auch das nahm ich ihm ab. Dave ist ein guter Mensch. Er hatte einen Fehler gemacht. Für den er bezahlen sollte; doch laut einem der Artikel über untreue Ehemänner ist zwar der Wunsch nach Bestrafung verständlich, aber nicht unbedingt die Lösung.
Das Pendel schwang in Richtung Vergeben und Vergessen.
»Ich brauche Zeit«, erklärte ich.
»Bitte nicht zu lange«, sagte er.
Und dann ging er.
Zwei Tage lang hörte ich nichts. Dann schickte er mir eine lange, weitschweifige Nachricht (wahrscheinlich aus dem Pub um die Ecke), wie sehr er mich liebe und dass er Julie Halpin seitdem nicht mehr gesehen habe und wenn sie ihm doch über den Weg laufen sollte, werde er sie links liegen lassen und es täte ihm unendlich leid.
Er erwähnte nicht mehr, dass ich heimkommen solle, doch als er am Samstag die Kinder bei Mum abholte, um mit ihnen den Tag zu verbringen, hatte er einen gigantischen Strauß dabei.
»Die Blumen sind für dich. Ich gehe mit den beiden zum Fußballspielen in den Park«, sagte er, als er mir das Gebinde in die Hand drückte. »Die Kinder können heute bei mir übernachten. Könntest du auch, wenn du möchtest.«
Ich vergrub das Gesicht in den Blumen, keine gute Idee, denn ich fing sofort an zu niesen.
»Für eine Nacht?« Ich legte den Strauß weg und schnäuzte mich.
»Vielleicht verändert die alles.«
Ich schüttelte den Kopf. Er nahm die Kinder mit, und ich blieb bei meiner Mutter. Sie verteilte die Blumen auf drei Vasen.
Das ist der Stand der Dinge seit der Rodeonacht. Tag für Tag schickt er mir Nachrichten, wie leid es ihm tut. Alle beinhalten ein traurig dreinguckendes Emoji und ein Halbdutzend Herzchen. Manchmal gibt es obendrein ein kitschig-romantisches Video. Er bittet mich, heimzukommen. Ich lösche Nachrichten und Videos, antworte, dass ich noch Zeit brauche. Er erklärt, ich könne mir so viel Zeit nehmen, wie ich benötigte, aber er brauche mich. Er brauche auch die Kinder um sich herum, wir sollten heimkommen. Er versichert mir, nie wieder werde er sich mit einer anderen Frau allein in einem Raum aufhalten. Er sagt, er liebe mich sehr. Und ich schreibe jedes Mal zurück, dass ich mehr Zeit brauche. Wie viel, hat er bisher nicht gefragt. Früher oder später wird er das tun. Früher oder später wird es ihm nicht mehr leidtun, er wird mir keine Videos mehr schicken, sondern sauer auf mich sein. Mir würde es nicht anders gehen. Was bedeutet, dass ich das Pendel nicht ewig in Bewegung halten kann. Ich muss eine Entscheidung fällen.
Doch egal, wie gut ich angeblich beim Treffen von Entscheidungen bin, diese will ich noch nicht fällen.
Meine beste Freundin Debs bemüht sich, die Sache unvoreingenommen zu betrachten, meint, alle Männer seien Dummköpfe, Dave gehöre jedoch zu den besseren Exemplaren dieser Gattung, auch wenn er eine absolute Dummheit begangen habe. Natürlich hat sie recht. Doch ich komme nicht darüber hinweg, wie sehr er mich enttäuscht hat. Und obwohl ich ihm verzeihen möchte, bin ich noch nicht dazu bereit.
Ich starre weiterhin auf das Foto, das meine Kinder mit ihrem Vater zeigt. Sie gehören ebenso sehr zu ihm wie zu mir. Kinder brauchen beide Elternteile. Unentschlossen schweben meine Finger über der Tastatur, soll ich ihm die Nachricht »Ich komme heim« schicken?
Warum kann ich nicht akzeptieren, dass Dave einen schwachen Moment hatte? Warum sitze ich jedes Mal, wenn ich glaube, ich hätte den Vorfall ad acta gelegt, erneut wutbebend da? Warum kann ich ihm nicht einfach vergeben? Aber warum sollte ich? Schließlich hat er mir das Herz gebrochen.
Früher war mein Leben wohlgeordnet, zwar nicht besonders glamourös oder aufregend, aber rundum gut. Doch binnen weniger Wochen habe ich die beiden Männer verloren, die mir am meisten bedeuteten. Alles, was mein Leben ausmachte, ist zusammengebrochen, und ich hocke verlassen und verwirrt da. Ich bin nicht mehr die, die ich war. Im Augenblick weiß ich nicht, wer ich überhaupt bin.
Die Ankündigung, dass ein Flug Verspätung hat, reißt mich zurück in meine Arbeitswirklichkeit. Ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr und überprüfe Ginas Flugstatus.
Ihr Flugzeug ist gelandet; in fetten Großbuchstaben tippe ich »GINA HAYES« auf mein iPad und stelle mich in die bereits ziemlich volle Ankunftshalle.
»Roxy, Schätzchen, wie geht's, wie steht's?«
Ich habe mich bis zur Schranke durchgeschlängelt, wo mich Eric Fallon, ein anderer Fahrer begrüßt. Passagiere am Flughafen abzuholen, gehört zum täglich Brot, bei dem man nach und nach die anderen Fahrer kennenlernt. Einmal verspäteten sich aufgrund eines gewaltigen Gewitters sämtliche Flüge nach Dublin, weshalb ich mit Eric fast drei Stunden gemeinsam im Café verbrachte. Es war eine meiner ersten Fahrten nach Dads Diagnose, und Eric, fast im selben Alter, war freundlich und verständnisvoll.
»Gut«, antworte ich. »Auf welchen Flug wartest du?«
»Den um neun aus Paris«, sagt er. »Schlipsträger.« Er hält mir sein iPad hin, auf dem »Ivo Lehane« steht. »Will zum Kongresszentrum. Irgendeine Veranstaltung zum Thema neue Geschäftsmodelle.« Er schnaubt.
Ich lächle ihn an. Wie mein Vater findet Eric, dass sich Großunternehmen und Ethik ausschließen. Er misstraut jedem Schlipsträger zutiefst, ebenso jedem, der ihm Anlagetipps geben will. In der Finanzkrise 2008 geriet Eric schwer unter die Räder. Seitdem ist er gegen das Establishment, weil sich das seiner Meinung nach um Menschen wie ihn einen Dreck schert.
Ich stimme ihm zumindest teilweise zu. Die einfachen Leute werden vom System missachtet und manipuliert. Wir haben nichts zu melden. Reiche verabschieden Gesetze für Reiche, und wir können nichts dagegen unternehmen. Ich bin keinesfalls so radikal wie Eric, der den Großteil der Rezession auf Protestmärschen gegen die Sparpolitik verbrachte und kurzzeitig sogar einer neugegründeten Partei beitrat. Doch auch mir geht der Hut hoch, wenn Politiker andeuten, man wäre selbst schuld, wenn es einem schlecht gehe. Ich mache mir Sorgen, was wohl passiert, sollten die Kinder und ich nicht zu Dave zurückkehren, denn damit wäre ich alleinerziehend. Wie könnte ich mir da ein eigenes Haus leisten? Es ist ein Fiasko, an dem ich nicht schuld bin. Bestimmt gibt es aber Menschen, die mir trotzdem gern die Schuld an dieser Lage gäben.
Die Schiebetüren gleiten auf, und ein Passagierstrom schwappt in die Ankunftshalle. Eric und ich halten unsere iPads hoch. Weder Gina Hayes noch Ivo Lehane sind bei der ersten Gruppe dabei, und wir lassen unsere Tablets sinken. Nach einer kurzen Pause kommt der nächste Schwung, darunter ein großgewachsener Mann im anthrazitfarbenen Anzug, der auf Eric zugeht und sich als Ivo vorstellt. So ein Glück wie Eric möchte ich auch mal haben, ein Kunde, der aussieht wie Patrick Dempsey in seinen besten Zeiten. Dr McDreamy ist an Eric völlig verschwendet. Ich muss über mich selbst lachen, als spielte es eine Rolle, ob meine Kunden wie Fernsehstars aussehen. In aller Regel nehmen sie von mir keine Notiz. Zumindest nicht, wenn sie erst einmal eingestiegen sind.
»Hier entlang, Mr Lehane«, sagt Eric. Und zu mir gewandt: »Bis bald, Schätzchen. Fahr vorsichtig.«
Gemeinsam mit seinem Schlipsträger verlässt er das Terminalgebäude. Ich halte weiterhin mein iPad hoch und warte auf meine zweite Kundin des Tages.
Gina Hayes ist Kundin einer PR-Firma, für die Dad viel arbeitete. Als Grady PR ihn zu ihrem Fahrer auserkor, war er hocherfreut, denn obwohl die Firma klein ist, verfügt sie über eine beeindruckende Kundenliste.
Die Sache mit Dads Geschäft ist ein weiteres Pendel, das in meinem Kopf hin und her schwingt. Wie schon gesagt, Fahren ist für mich Therapie. Ich machte damit weiter, nachdem ich wieder zu Mum gezogen war, unter anderem damit ich mich nicht in die Misere mit Dave hineinsteigere (der gewünschte Effekt bleibt eindeutig aus), aber auch, weil ich ihr so nicht den ganzen Tag im Weg bin und es Geld einbringt, obwohl sie sich hartnäckig weigert, etwas anzunehmen.
Mittlerweile geht das Chauffieren für mich jedoch weit darüber hinaus. Seit Jahren mache ich zum ersten Mal wieder etwas Eigenes, was ich trotz der Umstände genieße. Erst als ich Dads Nachfolge antrat, fiel mir auf, wie lange es her war, dass ich etwas nur für mich getan hatte. Man hat mir noch nie besonderen Ehrgeiz vorwerfen können. Mein einziger Wunsch war es, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Arbeit, welcher Art auch immer, war lediglich Mittel zum Zweck. Meine ganze Welt dreht sich um Haushalt und Familie. Seit Tom auf der Welt ist, hatte ich beruflich nichts weiter gemacht, lediglich die eine oder andere Fahrt für Dad übernommen und seine Buchhaltung erledigt, aber das waren Aushilfsjobs, die nicht viel Zeit in Anspruch nahmen. Fast fünf Jahre lang war ich als Tagesmutter im Einsatz gewesen, die Familie zog jedoch vor achtzehn Monaten in ein anderes Viertel und obwohl in der Beechgrove-Siedlung immer jemand auf der Suche nach einer Kinderbetreuung ist, wollte ich eine kleine Auszeit. Dann wurde Dad krank, und ich hatte anderes zu tun. Wahrscheinlich hat sich Dave in der traditionellen Rolle des Haushaltsvorstands gesehen, während ich … keine Ahnung, was ich bin. Jedenfalls abhängig von ihm. Mittlerweile kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass Dave mich betrog, weil er den Respekt vor mir verloren hat. Weil er fand, dass ich nicht genug beitrug.
Julie Halpin arbeitet als Büroleiterin. Zwar mag sie keinen Ehemann mehr haben, fährt aber täglich in ihrem blauen Sportwägelchen zur Arbeit, geht in den Urlaub, wann immer ihr danach ist, und trägt stets die neueste Mode. Und ich … ich bin mehr oder weniger genau diejenige, die ich vor gut zwanzig Jahren war, als Dave und ich anfingen, miteinander zu gehen, nur dass ich jetzt zusätzlich etliche Dehnungsstreifen habe.
Falls wir wieder zusammenkommen sollten – und das ist immer noch ein großes Falls –, muss sich etwas ändern. Ich muss den Teil von mir wiederfinden, von dem mir nicht klar war, wie wichtig er ist. Die rebellische Roxy. Die Roxy, die auf dem Fußballplatz kämpfte. Die Roxy, die zuerst an sich und dann erst an andere dachte (auch wenn das nun nicht mehr möglich ist). Mit dem Mercedes Kunden herumzukutschieren, ist ein Anfang. Leider ist es nicht so einfach, Dads Unternehmen fortzuführen, so maßgeschneidert es auch für mich ist. Die Arbeitsstunden sind unregelmäßig, was einen hohen Organisationsaufwand bei der Kinderbetreuung erfordern würde. Und trotzdem ist das Fahren das Einzige, was mich in den Wirren der letzten Wochen geerdet hat, weil es eine Aufgabe ist. Überdies ist es tröstlich, im Wagen Dads Anwesenheit zu spüren und mag sie noch so vage sein.
Weitere Menschen strömen in die Ankunftshalle, doch es dauert noch eine Viertelstunde, bis die Ernährungsberaterin auftaucht. Ich erkenne sie sofort. Gina Hayes hat eine Ausstrahlung, von der ich nur träumen kann, auch wenn sie nicht für einen Fernsehauftritt herausgeputzt ist. Sie ist großgewachsen und gepflegt, die glänzenden haselnussbraunen Locken reichen ihr knapp über die Schultern. Sie trägt eine bunte Umhängetasche und einen leichten Regenmantel in Zartrosa, darunter Skinny Jeans und ein weißes T-Shirt sowie hochhackige Stiefel. Kurioserweise ist der Regenmantel Ginas Signature Look, denn ihre Sendung fand anfangs im Freien statt, wo dieses Kleidungsstück zweckmäßig schien. Mittlerweile ist sie in ein gläsernes Studio umgezogen, trägt den Regenmantel aber immer noch. Hört sich albern an, funktioniert aber.
Ich habe keinen Signature Look. Es sei denn, der dunkelblaue Hosenanzug, die weiße Bluse und die winzigen Goldohrringe fallen darunter, ein Outfit, das definitiv zu Roxy im Arbeits-, nicht im Freizeitmodus gehört. Die Roxy im Freizeitmodus mag leuchtende Farben, viele Accessoires und hochhackige Schuhe; nach einem Tag als Chauffeurin werfe ich mich allerdings gleich nach dem Heimkommen in Jeans, T-Shirt und Turnschuhe. Und »werfen« ist wörtlich zu nehmen. Im Gegensatz zu Gina style ich mich nicht, ich trage einfach Klamotten.
Ich halte mein iPad hoch. Gina entdeckt ihren Namen und schreitet durch die Ankunftshalle auf mich zu.
»Ich bin Gina Hayes.« Sie hält mir die Hand hin. »Sie sind meine Fahrerin?«
»Roxy McMenamin. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Wieder bringe ich Thea Ryans Schirm zum Einsatz, als ich Gina zum Parkplatz führe – es ist nicht weit, doch ich bin nicht sicher, ob der Designerregenmantel dem irischen Niesel gewachsen ist, der einen bis auf die Haut durchnässt, ehe man überhaupt bemerkt, dass es regnet. Zudem darf ihr kunstvoll gestyltes Haar nicht nass werden. Irgendwie geht durch den exotischen Schirm etwas von Theas kiloweise vorhandenem Selbstvertrauen, ihrer Ausstrahlung auf mich über, so dass mich Gina Hayes, die Powerfrau, weniger einschüchtert.
»Ich hatte noch nie eine Fahrerin«, meint Gina, während sie im Fond des Mercedes Platz nimmt. »Und mir ist nie in den Sinn gekommen, dass es welche gibt. Eine sehr unfeministische Sichtweise, höchst ärgerlich.«
»Ich bin nicht Fahrerin, um etwas zu beweisen«, erkläre ich, »sondern weil es mein Beruf ist.«
»Trotzdem schön, wenn Frauen traditionell männliche Berufe ausüben«, sagt Gina.
Bitte um diese frühe Uhrzeit keine Unterhaltung über Gleichberechtigung, bitte nicht. Bei einem Blick in den Rückspiegel sehe ich, dass sich Gina glücklicherweise ihrem Handy widmet.
»Zuerst geht es für Ihr Fernsehinterview zum Sender«, fasse ich den Ablauf des heutigen Tages zusammen, »wo Sie Ihre PR-Agentin treffen. Dann zum Signieren in die Buchhandlung. Und anschließend fahre ich Sie nach Belfast, wo ich Sie nach Beendigung Ihres Programms am Flughafen absetze.«