Eine Geschichte von bindungsgestörten Socken und freilaufenden Egos - Tamara L. Una - E-Book

Eine Geschichte von bindungsgestörten Socken und freilaufenden Egos E-Book

Tamara L. Una

4,6

Beschreibung

Dieses kleine Werk handelt von der Suche nach sich selbst, dem Versuch erwachsen zu werden, persönlichen Wahrheiten, Depressionen, Socken, Drachen, und noch einigem mehr. Eine Geschichte von bindungsgestörten Socken und freilaufenden Egos, ist eine Entwicklungsgeschichte der etwas anderen Art. Mit Fantasie und Humor macht sich die Autorin auf den Weg zu sich selbst.

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Buchbeschreibung:

Dieses kleine Werk handelt von der Suche nach sich selbst, dem Versuch erwachsen zu werden, persönlichen Wahrheiten, Depressionen, Socken, Drachen, und noch einigem mehr. „Eine Geschichte von bindungsgestörten Socken und freilaufenden Egos“ ist eine Entwicklungsgeschichte der etwas anderen Art. Mit Fantasie und Humor macht sich die Autorin auf den Weg zu sich selbst.

Über die Autorin:

Die Autorin Tamara L. Una, lebt mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung, im Rahmen einer Trauma Therapie entstand die Idee zu dieser Geschichte.

Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen der Autorin

Vorwort

Von Depressionen und bindungsgestörten Socken

Von Helga, der schuppigen Wut

In dem ich mit mir fühle, wenn’s denn sein muss

In dem Ego meine Mutter aus meinem Ohr schmeißt

Gewidmet den Menschen, die an mich glaubten, als ich es noch nicht konnte.

1. Anmerkungen der Autorin

Es gibt viele Bücher von traumatisierten Menschen, oft sind es schonungslose Berichte darüber was Menschen einander antun können, auch Kindern. Des Weiteren gibt es natürlich auch jede Menge Fachliteratur. Beides ist notwendig und wichtig. Das kleine vor Ihnen liegende Werk ist weder das eine noch das andere. Es ist der Versuch, mein Wunsch, aktiv, kreativ, und flexibel mit Erlebnissen umzugehen. Mit persönlichen Erfahrungen zu arbeiten, und vielleicht sogar aus diesen schlimmen Erfahrungen etwas entstehen zu lassen, das eine gewisse Schönheit in sich trägt. Herausgekommen ist eine Suche nach einer rein subjektiven durch und durch persönlichen Wahrheit. Ich als Autorin, beschreibe hier mein Erleben, Denken, Fühlen und wie ich es verändern konnte. Das Schreiben dieser Geschichte hat mich einen neuen Blick auf mich werfen lassen, und mir geholfen mir endlich selbst die Hand zu reichen. Nun hege ich die Hoffnung, dass das Schreiben dieser Geschichte nicht nur in mir etwas in Gang gesetzt hat, sondern das es auch beim Lesen für andere etwas in Gang setzt, das eine gewisse Schönheit in sich birgt..

Tamara L Una

2. Vorwort

Es geschah an einem Tag, irgendeinem, voll wurscht welchem, als mich eine Erkenntnis traf. Oder nein doch nicht. Es herrschte Nacht, tiefste Nacht passt viel besser, war nämlich keine hübsche, nette Erkenntnis. Also es war Nacht, ich stand in meinem Zimmer, planlos, ziellos. Meine kleine Nachttischlampe brannte und das warme Licht spielte mit den Schatten, auf eine Art, die an Liebende erinnerte. Und da kam sie angerauscht, mit wildem Schritt, die Erkenntnis, und ich taumelte im Geiste getroffen zurück, weil ich fand, das gehörte sich so bei einer ordentlichen, ausgewachsenen Erkenntnis. Ich war einsam und zwar, in ganz neuen, unerforschten Dimensionen. Nicht auf die Art, die sagt, ach könnten wir doch bei einander ankommen so richtig, so ganz, uns erkennen als das, was wir sind, uns halten, verstehen, streiten, lieben, guten Sex haben oder so.

Sondern auf die Art, die gar kein Gegenüber erfordert. Es ging gar nicht um andere, nicht um ein Gegenüber, das fehlte. Es ging um Verlust. Ich hatte etwas ganz Entscheidendes verloren: mich. Ich hatte mich verlassen, und mich noch nicht mal verabschiedet. Frechheit eigentlich. Daher fühlte ich mich so tot, wie ein Lebender sich nur tot fühlen konnte. Und es machte sowas von keinen Spaß. Wer will schon Zombie sein, Hexe vielleicht oder Werwolf, sogar Troll würde ich mir notfalls einreden lassen. Aber lebend Leiche, nö, voll doof.

Dass ich an der Situation vielleicht ein bisschen sehr, selber Schuld war, machte sie nicht wirklich besser. Weise Menschen sagten mir, schon vor einer ganzen Weile, das Leben sei eine viel leichtere Angelegenheit, wenn man sich selber kennt, Bedürfnisse und so was. Nur hat von denen keiner gesagt, dass es passieren könnte, dass einem nicht gefällt, was man sieht, oder dass man sich so erschreckt, vor sich selbst, dass man schreiend davonrennt. Dabei ging‘s mir gut; ich stellte nie Fragen und war Profi darin, so zu tun als würde ich leben. Damals war ich vielleicht auch ohne mich unterwegs, aber das wusste ich nicht, und es störte nicht, da ich von Menschen und deren Innenleben umzingelt war, die meiner Aufmerksamkeit bedurften. Doch ich war neugierig, daher begann ich vorsichtig nach mir zu suchen, sah mich aufblitzen und wieder verschwinden. Am Anfang war das sogar noch ganz nett, ich fühlte mich gestärkt und weniger wie ein schlechter Schauspieler, der versuchte zu sein, was andere möglicherweise brauchten. Ich wollte Ich sein, kein Requisit, angepasst an fremde Leben. Doch mit der Zeit sah ich immer mehr an mir, in mir, das ich hässlich fand, abstoßend, beängstigend. Zu viele Schatten und Menschen hatten mich zu etwas gemacht, das ich nie sein wollte. Und je mehr dieses Etwas in mir aufflackerte und brannte, desto mehr Energie verwendete ich darauf, mir irgendwie zu entkommen. Dem was ich sein könnte, dem was ich nicht sein könnte. Und da stand ich nun bei Nacht in meinem Zimmer und stellte fest - es war geglückt. In mir pure Leere. Nicht so eine verwässerte, billig Leere, sondern eine träge, satte, schwere, die einen in sich hinunter zieht, bis man den persönlichen Tiefpunkt eines ungelebten Lebens erreicht. Würde ich eine Geschichte schreiben, würde der Held, nun an diesem Punkt angekommen, tief seufzen, den Blick heben in Richtung Welt und dann die Ärmel hoch und sein Leben umkrempeln. Wie das Helden nun mal tun, im Angesicht von Leid, Gefahr und Erkenntnis. Aber Helden stehen gerade nicht zur Verfügung, nur meine Wenigkeit, die den Blick in Richtung Himmel hob und jammerte. Weil halt sonst grad keiner da war, musste eben Gott herhalten. Machte aber auch keinen Spaß, weil Gott nicht angemessen, verständnisvoll und bestürzt auf mein geklagtes Leid reagierte, was bedeutet er reagierte gar nicht. Ich wandte mich ab von Gott, und mein Blick landete zufällig beim Spiegel, bei meinem Ich ohne mich. Ich winkte in den Spiegel hinein, und von dort zu mir zurück. War sehr angenehm, mir so zuzuwinken, als wäre ich noch bei mir. Daher tat ich es eine ganze Weile, bis ich das neue und noch ganz frisch glänzende Bedürfnis hatte, mir die Hand zu schütteln, hallo zu sagen, und über irgendwas Belangloses wie das Wetter zu reden. Ich streckte den Arm aus, langsam und vorsichtig, und erreichte den Spiegel, wo meine Finger meine Finger berührten. Ohne dass ich es fühlen konnte, ohne mich zu erreichen. War irgendwie traurig das Ganze.

Das Leer sein strengte mich an, und das am persönlichen Tiefpunkt Rumgammeln, und das Spielen mit dem Spiegelbild auch. Ich legte mich ins Bett, hoffte auf den Tod, und schlief mit dem Gedanken ein, dass alles viel leichter wäre, wenn ich weniger Angst vor mir hätte, dem Leben, meinen Mitmenschen, Spinnen, Käfern, grün blinkenden Ampeln, betrunkenen Männern, schönen Frauen, Nächten, schnell fahrenden Autos, Enge, Nähe in so ziemlich jeder Form, Prüfungen, Leere, sich schließenden Türen, sich öffnenden Türen, Bienen… ich erstelle gerne Listen. Beruhigt die Nerven.

Am nächsten Morgen erwachte ich mit etwas Flauschigem in meinen Armen, dass mich groß anschaute. Ich warf es auf den Boden und konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, hysterisch darauf herum zu trampeln. Es war eine „ich tue dir nichts, hab mich ruhig lieb“ Version meiner selbst. Wir hatten einen schlechten Start. Seither ist ein wenig Zeit vergangen. Und wir befinden uns mittlerweile an einem neuen verhängnisvollen Tag, der eigentlich auch schon wieder hinüber ist, und nur noch Erinnerung. Schließlich schreibe ich hier ja aus der „Ich-blicke zurück-Perspektive“, damit das Gefühl entstehen kann, ich hätte irgendeinen Plan oder so was, wüsste bereits, wo es lang geht und wäre aus meiner eigenen Geschichte heil und nur ganz leicht angeknackst wieder herausgekommen…

3. Von Depressionen und bindungsgestörten Socken

Ego lat. Ich

Eines verhängnisvollen Morgens so um 13:30 Uhr erwachte ich ziemlich geknickt. Das Sandmännchen hatte in der Nacht voll die Sau raus gelassen. Es hatte den ganzen Sandsack in meine Augen gestreut, dann hatte es den Reservesand in seinen Hosentaschen zusammen geklaubt und auch noch den in meine Augen gekippt. Das nervte natürlich ordentlich, doch es war einer dieser Morgen, an denen man nicht klar sehen musste, um die unbequemen Dinge des Lebens überdeutlich vor Augen zu haben. Auf meinem Bett saß die graue Lady, unübersehbar durch den Schleier meiner Augen, und blickte erhaben und freundlich auf mich herab. Mit einem Sinn für Humor, der mir nicht besonders gefiel, sagte sie: „Depression meldet sich zum Dienst. Schlecht geschlafen? Du schaust beschissen aus!“ Während sich ihr Lächeln vertiefte, fragte ich mich, ob es mir wohl gelingen konnte wieder einzuschlafen. Ich kniff die Augen so fest zusammen, dass ich den eingebildeten Sand in ihnen knirschen hörte. Nachdem der sich mit meiner Tränenflüssigkeit verbunden hatte, bekam ich sie dann fast nicht mehr auf. Was ich dringend musste weil meine kleine, begrenzte Welt bedenklich zu wackeln und zu wanken anfing. Depression sah vielleicht aus wie eine Lady, aber sie benahm sich fast nie so. Und als es mir endlich gelang, die Augen wieder zu öffnen, konnte ich sehen, wie sie auf meinem Bett herumsprang. Sie mochte es nicht besonders, wenn man sie ignorierte, das rächte sie fast immer.

Nachdem ich dringend einen Liter Kaffee und mindestens fünf Zigaretten rauchen musste, da ich durch das lange Schlafen schon im Rückstand war, begann ich nach meinem Ego zu suchen, denn aus Erfahrung wusste ich, dass es ein schlechtes Ende nehmen würde, wenn ich es zu lange mit der grauen Lady alleine ließ. Doch das war nicht so leicht zu finden. In Anbetracht der Tatsache, dass ich vorgehabt hatte, mehr schlecht als recht vom Schreiben zu leben, und nichts schrieb, und wenn doch, dann nichts zu Ende, war mein Ego in letzter Zeit auf handliche Handtaschengröße zusammengeschrumpft. Nur, ich hatte keine Handtasche, vielleicht sollte ich eine kaufen…

Mein Ego hatte in letzter Zeit die lästige Angewohnheit, sich an den unmöglichsten Orten vor mir zu verstecken. Immer wieder lief es mir davon. Ich hatte ihm schon mit der Leine gedroht, was die Sache im Nachhinein betrachtet nicht besser gemacht hatte. Also erhob ich mich mühsam, schwerfällig und mit leichter Trauermiene, um meiner Depression meinen Respekt zu bekunden, in der irrwitzigen Hoffnung sie milde zu stimmen, und startete meine Suche. Ich schaute unters Bett, in sämtliche Schreibtischschubladen, und - in einem spontanen Anfall von Panik - in der von gestern stehen gebliebenen Kaffeetasse, vielleicht hatte es sich ja ertränkt. Doch Ego war nicht in Sicht. Ein paar Mal rief ich nach ihm, doch wenig überraschend kam keine Antwort. Meine Depression erklärte mir pflichtbewusst, dass es schon 13:45 Uhr war und ich heute (Sonntag) noch nichts geleistet hatte, genauso wie am Tag davor, und das ich wohl der überflüssigste Mensch war, den es je gegeben hatte. Ich beschloss indes, mir erst mal Socken zu organisieren. Mit warmen Füßen war das Leben ein wenig leichter zu ertragen, entschied ich zu glauben. Naiv wie ich war, dachte ich, das Lösen des Problems mit den kalten Füßen würde mich aufmuntern. Tat es aber nicht, denn ich brauchte zehn Minuten um ein Paar Socken zu finden, das keine Löcher hatte und die, wenn man nicht genau hinsah, so aussahen, als würden sie zusammenpassen. Ganz plötzlich während ich ganz unelegant auf einem Bein hüpfend versuchte, in eine der Socken zu gelangen, überlief es mich kalt. Fasziniert und schockiert fragte ich mich, ob ich wohl Haare am Rücken hatte, denn ich hätte schwören können das sie aufrecht, stramm und salutierend von selbigem abstanden. Ich ahnte etwas. Etwas Böses. Und plötzlich wurde mir klar, dass es still im Zimmer war, viel zu still. Ich drehte mich langsam um zur Depression in meinem Rücken und riss vor Schreck den Mund auf, um einen hysterischen Schrei auszustoßen. Die Depression hielt mein armes, kleines, auf flauschige Art verrücktes Ego in der Hand. Und streichelte es so, wie böse, kranke Männer, die die Weltherrschaft an sich reißen wollen, einen Globus streicheln würden. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, lachte sie natürlich unbeherrscht und schrill. Meine Depression machte in der Regel keine halben Sachen. Ich beschloss erstens, meiner Depression eine Zigarre zu kaufen und zweitens mein Ego zu retten und drittens nach bedenklich langem Überlegen, mit Schritt zwei zu beginnen.

Als verantwortungsbewusste Erwachsene startete ich die Rettungsaktion natürlich erstmal mit einem erhobenen Zeigefinger, der in Richtung meines Egos pikste, während ich streng sagte „ Na, siehst du was passiert, wenn du wegläufst? Siehst du?“ Mein Ego verdrehte die Augen, meine Depression blinzelte überrascht, weil sie mit einem Angriff gegen sich selbst gerechnet hatte. Und ich nutzte den Moment, um ihr mein Ego zu entreißen. Ich erlaubte mir ein kurzes, stolzes „Ha!“, in Richtung Depression, zog mich schnell an, was nicht wirklich schnell war, da ich mein Ego dabei fest in der rechten Hand hielt und daher nur eine Hand frei hatte. Als das vollbracht war, stopfte ich mein sich wehrendes Ego in die Hosentasche, für die es dann doch ein wenig zu groß war, und eilte in die Küche, zur Kaffeemaschine. Als ich schon fast aus dem Zimmer draußen war, schielte ich kurz auf meine Hosentasche, und sah wie mein haariges, flauschiges, grünes und glubschäugiges Ego mit großen, runden Augen einen fast sehnsüchtigen Blick in Richtung Depression warf. Das ärgerte mich, daher knallte ich die Zimmertür zu, meine Depression war Gesundheitsfreak genug, um mir entweder gar nicht erst zu folgen, oder, falls doch, mit einem gewissen Abstand, wenn ich rauchte, einen großen Schluck Kaffee kippte, oder mich betrank. Und tatsächlich hörte ich von der anderen Seite der Zimmertür, „Ich warte dann solang hier auf dich“.